Inhalt

VG Würzburg, Beschluss v. 28.07.2022 – W 4 S 22.1106
Titel:

Androhung einer Ersatzvornahme

Normenkette:
BayVwZVG Art. 21a, Art. 32, Art. 36, Art. 38 Abs. 1 S. 3
Leitsatz:
Gem Art. 38 Abs. 1 S. 3 BayVwZVG kann die Androhung einer Ersatzvornahme, nachdem der zugrundeliegende Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist, nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
bestandskräftige Beseitigungsanordnung, Androhung der Ersatzvornahme, Zwangsmittel, Ersatzvornahme, Androhung, Anordnung der aufschiebenden Wirkung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 20.09.2022 – 9 CS 22.1766
Fundstelle:
BeckRS 2022, 25947

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 12.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …7, am P. … in … A. …, G. … Im Zuge des Neubauvorhabens auf dem östlichen Grundstück, P. …, wurde die Antragsgegnerin auf eine Halle aufmerksam auf dem Grundstück des Antragstellers. Die Halle weist eine Grundfläche von ca. 24 m x 8 m und eine Höhe von ca. 3 m auf. Das Grundstück selbst befindet sich im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans Nr. … vom … … 1990 (ergänzt am …1991). Dieser setzt eine vordere und eine hintere Baugrenze fest, sowie eine Grundflächenzahl von 0,25. Mit Schreiben vom 13. August 2021 wurde der Antragsteller in Kenntnis gesetzt, dass die Antragsgegnerin beabsichtige, eine Beseitigungsanordnung gegen ihn wegen der Halle zu erlassen.
2
Am 30. August 2021 erließ die Antragsgegnerin einen Bescheid, mit dem der Antragsteller verpflichtet wurde, die Halle zu beseitigen und die Beseitigung durch einen geeigneten Nachweis zu belegen. Es wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,00 EUR angedroht für den Fall, dass er die Halle nicht innerhalb eines Monats nach Bestandskraft dieses Bescheids beseitige sowie ein Zwangsgeld in Höhe von 200,00 EUR falls er den Nachweis nicht erbringe. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
3
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2021 stellte die Antragsgegnerin das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 3.200,00 EUR fällig und drohte dem Antragsteller ein weiteres, doppelt so hohes Zwangsgeld an, da die Halle bis zu diesem Zeitpunkt nicht beseitigt war.
4
Mit weiterem Schreiben vom 22. Februar 2022 stellte die Antragsgegnerin das erneut angedrohte Zwangsgeld in Höhe von insgesamt 6.400,00 EUR zur Zahlung fällig und drohte ein weiteres doppelt so hohes Zwangsgeld für den Fall an, dass der Antragsteller der Beseitigung auch innerhalb der nächsten sechs Wochen nicht nachkomme.
5
Mit weiterem Schreiben vom 20. Juni 2022 stellte die Antragsgegnerin das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von insgesamt 12.800,00 EUR zu Zahlung fällig und erließ den streitgegenständlichen Bescheid, mit dem dem Antragsteller die Ersatzvornahme angedroht wurde. Die Kosten der Ersatzvornahme wurden vorläufig auf 25.000,00 EUR veranschlagt.
6
Mit Schriftsatz vom 30. Juni 2022 an das Verwaltungsgericht Würzburg ließ der Antragsteller Klage erheben, die beim Verwaltungsgericht Würzburg unter dem Az. W 4 K 22.1105 geführt wird und über die noch nicht entschieden ist.
7
Gleichzeitig ließ er beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Androhung der Ersatzvornahme in dem Bescheid vom 20. Juni 2022 anzuordnen.
8
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Halle sei rechtmäßig errichtet worden, die Vollstreckungsvoraussetzungen seien nicht gegeben. Der Antragsteller habe eine mündliche Zusage des damaligen Oberbürgermeisters der Stadt A. … bekommen, dass er die Halle genehmige und insbesondere eine Beseitigung nicht gefordert werde. Des Weiteren sei der Antragsteller über 80 Jahre alt und nutze die Halle zum Unterstellen verschiedener Gerätschaften und Brennholz. Diese würden dort vor Witterungseinflüssen geschützt. Alternative Unterstellmöglichkeiten habe der Antragsteller nicht. Die privaten Belange habe die Antragsgegnerin nicht hinreichend berücksichtigt.
9
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
10
Begründet wird dies im Wesentlichen damit, dass der Antragsteller sich nur mehr gegen die Androhung der Ersatzvornahme wenden könne, da der zugrundeliegende Verwaltungsakt vom 30. August 2021 bestandskräftig sei. Trotz wiederholter Androhung von Zwangsgeldern sei der Antragsteller der Verpflichtung nicht nachgekommen. Deshalb habe eine Ersatzvornahme angedroht werden können.
11
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Akten der Behörde verwiesen.
II.
12
Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist unbegründet.
13
Nach Art. 21a Satz 1 VwZVG haben Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung keine aufschiebende Wirkung. Jedoch kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, Art. 21a Satz 2 VwZVG auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht die Interessen des Antragstellers mit den Interessen der Allgemeinheit gegeneinander abzuwägen, soweit sie nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Überprüfung festzustellen sind. In die Interessensabwägung sind insbesondere auch die Erfolgsaussichten der Klage einzustellen.
14
Die Klage des Antragstellers gegen die Androhung der Ersatzvornahme im Bescheid vom 20. Juni 2022 hat keine Aussicht auf Erfolg, da der streitgegenständliche Bescheid rechtmäßig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt.
15
Gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG kann die Androhung einer Ersatzvornahme, nachdem der zugrundeliegende Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist, nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird. Der Bescheid der Stadt A. … vom 30. August 2021 mit der Anordnung, die gesamte Halle zu beseitigen und die Beseitigung durch einen geeigneten Nachweis zu belegen, die vollstreckt werden soll, ist bestandskräftig und vollstreckbar, Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG. Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 30. August 2021 sind daher unerheblich. Insbesondere kann der Antragsteller nicht damit durchdringen, er habe eine mündliche Bauzusage des damaligen Oberbürgermeisters erhalten oder es gebe keine alternativen Unterstellmöglichkeiten. Einwendungen, die erst nach Erlass des zu vollstreckenden Bescheides entstanden sind, wurden nicht vorgebracht (Art. 21 VwZVG).
16
Die Ersatzvornahme zur Vollstreckung der Verpflichtung begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzung für die Androhung der Ersatzvornahme sind erfüllt, Art. 32, 36 VwZVG. Die Beseitigung der Halle stellt eine vertretbare Handlung dar. Der Antragsteller hat diese Verpflichtung auch nicht innerhalb der verlängerten Frist erfüllt. In der Vergangenheit wurde bereits mehrfach ein Zwangsgeld festgesetzt, ohne dass der Antragsteller seiner Verpflichtung nachgekommen wäre. Die Antragsgegnerin konnte daher davon ausgehen, dass die Androhung von Zwangsgeldern gegenüber dem Antragsteller keinen Erfolg erwarten lässt. Die Androhung der Ersatzvornahme ist daher rechtmäßig, insbesondere sind in die Androhung die vorläufig veranschlagten Kosten aufgenommen, Art. 36 Abs. 4 VwZVG.
17
Wird die Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Juni 2022 somit voraussichtlich erfolglos bleiben, so ist dies ein ganz wesentliches Indiz gegen den Erfolg des vorliegenden Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Wegen der in Art. 21a VwZVG zum Ausdruck kommenden Wertung, dass Maßnahmen der Zwangsvollstreckung grundsätzlich sofort vollzogen werden können, ergibt die Abwägung, dass die Interessen, die für den Sofortvollzug streiten, höher einzuschätzen sind, als das Suspensivinteresse des Antragstellers. Daran könnte auch das Vorbringen des Antragstellers, die Kosten der Ersatzvornahme könne er wirtschaftlich nicht verkraften, nichts ändern, da diese Kosten nur deshalb entstehen, weil der Antragsteller seinen Verpflichtungen in rechtswidriger Weise nicht freiwillig selbst nachkommt.
18
Ob die Fälligstellung des Zwangsgelds in ordnungsgemäßer Weise erfolgt ist, kann vorliegend dahinstehen, da der Antragsteller sich hiergegen mit seinem Eilantrag nicht gewendet hat. Dies wäre im Rahmen einer Feststellungsklage über die Fälligkeit des Zwangsgeldes zu klären.
19
Dementsprechend war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Das Gericht hält in Anlehnung an Ziffer 1.7.1 des Streitwertkatalogs einen Streitwert in Höhe der Hälfte der veranschlagten Kosten für die Ersatzvornahme für angemessen.