Titel:
Weder Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch Abschiebungsverbot für staatenlosen Palästinenser
Normenketten:
AsylG § 3, § 3c, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
Leitsätze:
1. Einem Staatenlosen palästinensischer Herkunft ist gem. § 3 Abs. 3 S. 2 iVm Abs. 1 AsylG als ipso facto-Flüchtling die Flüchtlingseigenschaft zu gewähren, wenn er im Land seines vorangegangen gewöhnlichen Aufenthaltes tatsächlich den Schutz und Beistand der UNRWA in Anspruch genommen hat, er das Einsatzgebiet der UNRWA unfreiwillig verlassen musste und es ihm im gem. § 77 Abs. 1 Hs. 2 AsylG relevanten Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht möglich oder zumutbar ist, sich dem Schutz der UNRWA durch Rückkehr in eines der fünf Operationsgebiete der UNRWA erneut zu unterstellen. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein gesunder, arbeitsfähiger, junger Mann mit Sprachkenntnissen ist in der Lage, im Gazastreifen sein Existenzminimum zu sichern. (Rn. 59) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
staatenloser Palästinenser, aus G., 23-jähriger junger arbeitsfähiger Mann, Auseinandersetzungen wegen Freundschaft mit Hamas-Mädchen mit deren Brüder, Erbstreitigkeiten des Vaters mit Onkel, Flüchtlingsanerkennung, subsidiärer Schutz, Abschiebungsverbot, Palästinenser, staatenlos, Gazastreifen, Flüchtlingseigenschaft, Existenzminimum, Asylrecht, Freundschaft mit einem Hamas-Mädchen, inländische Fluchtalternative, innerstaatlicher bewaffneter Konflikt
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 14.09.2022 – 15 ZB 22.30934
Fundstelle:
BeckRS 2022, 25930
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
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Der am ... 1998 in G. … geborene Kläger ist ohne Staatsangehöriger, islamischer Glaubenszugehörigkeit und palästinensischer Volkszugehörigkeit.
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1. Der Kläger reiste nach eigenen Angaben am ... 2017 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er beantragte am ... 2019 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) seine Anerkennung als Asylberechtigter.
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Am ... 2019 wurde der Kläger beim Bundesamt befragt. Hierbei gab er Folgendes zu Protokoll: Bis zu seiner Ausreise im November 2016 habe er in seinem Geburtsort T..-A.-H. … im G. …streifen zusammen mit seiner Familie gewohnt. Er sei dann zunächst nach Ägypten gereist, dann vom Februar 2017 über die Türkei nach Zypern geflogen, nach Ablauf seines Visums sei er über Ankara und Kiew nach Düsseldorf geflogen. In seiner Heimat habe er eine Liebesgeschichte mit einem Hamas-Mädchen gehabt. Mit diesem sei er spazieren gegangen und dabei gesehen worden. Die Brüder des Mädchens hätten ihn zur Polizei gebracht, wo er verhört worden sei. Dabei sei er und sein Vater beleidigt worden. Er habe unterschreiben müssen, dass er das Mädchen nicht wiedersehen werde. Nach seiner Freilassung habe er anonyme Anrufe bekommen, wobei er mit dem Tode bedroht worden sei. Dann habe er zwei Vorladungen der Militärpolizei bekommen, denen er aber nicht nachgekommen sei. Bei der letzten Ladung habe der Vater dem Boten gesagt, dass sein Sohn außer Landes sei. Danach sei in dieser Angelegenheit von den Behörden nichts mehr unternommen worden. Ausschlaggebend für die Ausreise sei die Vorladung der Militärpolizei gewesen. Sein Vater habe auch gesagt, das sei die Gelegenheit, im Ausland zu studieren. Bei einer Rückkehr nach G. … habe er Angst vor den Brüdern seiner damaligen Freundin. Er habe auch Angst vor dem Onkel väterlicherseits, da es in der Familie zu Erbstreitigkeiten gekommen sei. Die Frau des Onkels sei bei der Hamas und habe in der Sache Unterstützung bekommen. Sein Vater habe den Onkel im Jahr 2015 wegen der Erbstreitigkeiten angezeigt, bis heute habe es aber keinen Prozess und kein Urteil gegeben. Er habe dann in Deutschland einen Asylantrag gestellt, da sein Vater den Aufenthalt hier nicht mehr habe finanzieren können und er keine Arbeit habe finden können.
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2. Mit Bescheid vom ... 2020, dem Kläger zugestellt am ... 2020, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1) sowie auf Asylanerkennung (Ziffer 2) ab. Der subsidiäre Schutzstatus wurde nicht zuerkannt (Ziffer 3). Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Ziffer 4). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen zu verlassen, andernfalls ihm die Abschiebung in die Palästinensischen Autonomiegebiete/ …streifen angedroht wurde (Ziffer 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate befristet (Ziffer 6).
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Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen nicht vor. Der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne des § 3 AsylG. Der Kläger habe in der Anhörung vor dem Bundesamt weder substantiiert noch nachvollziehbar das Vorliegen einer Verfolgung oder das Drohen einer Verletzung im Sinne von §§ 3 ff. AsylG bei einer Rückkehr nach G. …streifen darlegen können. Der Vortrag hinsichtlich der Verfolgungen durch die Brüder der Freundin verfange in diesem Zusammenhang nicht. Es handele sich nicht um eine Verfolgung aufgrund der in § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründe. Vorliegend sei nicht ersichtlich, dass die staatlichen Strukturen in G. …streifen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens seien, Schutz vor derartigen Verfolgungen zu bieten. Der Kläger habe lediglich unsubstantiiert und vage vorgetragen, dass er einmal bei der Polizei gewesen sei und dort eine Unterschrift habe leisten müssen, womit er versichert habe, dass er das Mädchen nicht mehr treffen würde. Der Vortrag hinsichtlich der Vorladungen durch die Militärpolizei stelle ebenfalls keine Verfolgung im Sinne des Gesetzes dar. Schließlich stellten die Erbstreitigkeiten und die mögliche Bedrohung durch den Onkel bzw. die Frau des Onkels, die bei der Hamas sei, keine Verletzung im Sinne dieses Gesetzes dar; es handele sich um bloße privatrechtliche Streitigkeiten.
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Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Dem Kläger drohe in seinem Herkunftsland nicht die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe. Der Kläger sei in den palästinensischen Autonomiegebieten/G. …streifen weder von der Todesstrafe bedroht gewesen noch drohe ihm eine solche bei einer Rückkehr. Der Kläger sei auch bei seiner Rückkehr nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von Folter, unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung bedroht, so dass kein Schutz gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG festzustellen sei. Eine Schutzfeststellung nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG scheide aus, da im Herkunftsland des Klägers kein Konflikt bestehe.
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Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Wie bereits festgestellt, drohe dem Kläger in den Palästinensischen Autonomiegebieten/G. …streifen keine, durch einen staatlichen oder nichtstaatlichen Akteur verursachte, Folter oder relevante unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Die derzeitigen humanitären Verhältnisse in den Palästinensischen Autonomiegebieten/G. …streifen führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Der Kläger sei ein gesunder und arbeitsfähiger Mann, von dem zu erwarten wäre, dass er seinen Lebensunterhalt selbst verdiene. Es drohe auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen.
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3. Am 20. November 2020 ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigte Klage erheben mit den A n t r ä g e n,
die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 9. November 2020 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger subsidiären Schutz zuzuerkennen,
weiter hilfsweise festzustellen, dass ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegt.
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Zur Begründung der Klage werde vorgebracht: Der Kläger habe sein Heimatland vorverfolgt bzw. aus begründeter Furcht vor politischer Verfolgung verlassen; auf die Angaben im Rahmen der Vorprüfung werde Bezug genommen. Zum einen mache der Kläger ein persönliches Verfolgungsschicksal geltend, da er von der Hamas aufgrund des Vorfalls bedroht worden sei. Da die Hamas den gesamten G. …streifen kontrolliere, bestehe für den Kläger auch keine Möglichkeit anderweitig Schutz zu finden. Weiterhin bestehe ein Familienkonflikt im Hinblick auf das Familienerbe, der für den Kläger sehr gefährlich geworden sei. Im Hinblick auf die aktuelle Lage werde auf die aktuellen Reisehinweise des Auswärtigen Amtes verwiesen.
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4. Das Bundesamt stellt für die Beklagte den A n t r a g,
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Zur Begründung bezog sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.
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5. Mit Beschluss der Kammer vom 20. November 2020 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
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In der mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2022 war der Kläger persönlich mit seiner Bevollmächtigten erschienen. Für die Beklagte war trotz ordnungsgemäßer Ladung niemand erschienen. In das Verfahren wurde die Erkenntnismittelliste Palästinensische Autonomiegebiete/G. …streifen des Verwaltungsgerichts Würzburg, Stand Mai 2022, auf die Bezug genommen wird, eingeführt. Die Sach- und Rechtslage wurde mit dem Kläger und seiner Bevollmächtigten erörtert und der Kläger informatorisch gehört. Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird verwiesen.
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Im Übrigen wird auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage, über die in Abwesenheit eines Vertreters der Beklagten entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, jedoch unbegründet. Dem Kläger stehen unter Zugrundelegung der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Der Bescheid des Bundesamts vom 9. November 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG. Im Einzelnen:
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1.1. Der Kläger hat zum einen keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als ipso facto-Flüchtling nach § 3 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 AsylG.
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Denn gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer dann nicht Flüchtling, wenn er den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Art. 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Konvention - GK) genießt. Der Kläger ist bei der UNRWA als palästinensischer Flüchtling registriert (vgl. das vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Schreiben der UNRWA vom 23.5.2021 - VR/21/S416) und unterfällt damit der Ausschlussklausel des § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG. Insoweit würde ein entsprechender Anspruch schon an § 3 Abs. 3 Satz 1 AsyIG scheitern.
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Darüber hinaus kommt hier auch nicht die Einschlussklausel des § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG zur Anwendung. Diese Regelung bestimmt ergänzend, dass § 3 Abs. 1 und 2 AsylG dann Anwendung finden, wenn ein solcher Schutz oder Beistand nicht länger gewährt wird, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig geklärt worden ist.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U.v. 27.4.2021 - 1 C 2/21) ist einem Staatenlosen palästinensischer Herkunft gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 AsylG als ipso facto-Flüchtling die Flüchtlingseigenschaft zu gewähren, wenn er im Land seines vorangegangen gewöhnlichen Aufenthaltes tatsächlich den Schutz und Beistand der UNRWA in Anspruch genommen hat, er das Einsatzgebiet der UNRWA unfreiwillig verlassen musste, und es ihm im gemäß § 77 Abs. 1 Halbs. 2 AsylG relevanten Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht möglich oder zumutbar ist, sich dem Schutz der UNRWA durch Rückkehr in eines der fünf Operationsgebiete der UNRWA erneut zu unterstellen.
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Liegen diese Voraussetzungen vor, ist die Flüchtlingseigenschaft ipso facto zuzuerkennen, ohne dass der Ausländer nachweisen muss, dass er in Bezug auf das Gebiet, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, eine begründete Furcht vor Verfolgung hat (vgl. EuGH, U.v. 19.12.2012 - C-364/11).
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Nach dieser Maßgabe hat der Kläger aber keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Denn er war zwar bei der UNRWA als palästinensischer Flüchtling registriert (vgl. das vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Schreiben der UNRWA vom 23.5.2021 - VR/21/S416), er hat aber nicht das Geringste dafür vorgetragen, dass er Zuwendungen der UNRWA erhalten hätte. Umstände, die für eine tatsächliche Inanspruchnahme von Hilfsgütern der UNRWA sprechen sind vom Kläger weder vorgetragen noch ersichtlich.
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1.2. Zum anderen hat der Kläger - wie bereits das Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid festgestellt hat - zur Überzeugung des Gerichts in den Palästinensischen Autonomiegebieten/G. …streifen keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung zu erwarten. Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG.
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Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Nach § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798), das zuletzt durch Art. 1 des Gesetzes vom 4. Dezember 2018 (BGBl I S. 2250) geändert worden ist (AsylG), anzuwenden. Dieses Gesetz setzt in §§ 3 bis 3e AsylG - wie die Vorgängerregelungen in §§ 3 ff. AsylVfG - die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der RL 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl Nr. L 337, S. 9) - Qualifikationsrichtlinie (QRL) - in deutsches Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK (BGBl 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen. Schutz vor Verfolgung kann gemäß § 3d AsylG nur geboten werden vom Staat oder von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz zu bieten. Der Schutz muss gemäß § 3d Abs. 2 AsylG wirksam und nicht nur vorübergehender Art sein. Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3e AsylG jedoch nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zum Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat, sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Bei Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes diese Voraussetzungen erfüllt, sind gemäß § 3e Abs. 2 AsylG die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Art. 4 der RL 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Nach Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU ist die Tatsache, dass ein Ausländer bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Ausländers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Ausländer erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Wer bereits Verfolgung bzw. einen ernsthaften Schaden erlitten hat, für den streitet somit die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden (BVerwG, U.v. 7.9.2010 - 10 C 11/09 - juris).
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Bei der Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft ist der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Dies setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei ist maßgeblich, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - NVwZ 2013, 936/940).
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Der Schutzsuchende muss sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darlegen. Er muss die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, zu denen insbesondere seine persönlichen Erlebnisse fallen, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, den geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dies ist nicht der Fall, wenn der Schutzsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen unauflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich erachtet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VGH BW, U.v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).
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Dies zugrunde gelegt hat der Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und Abs. 4 AsylG.
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1.2.1. Dabei ist bei der Beurteilung der Frage, ob dem Kläger in flüchtlingsrechtlich relevanter Weise Verfolgung droht, grundsätzlich auf den Staat abzustellen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Der Kläger ist als Inhaber eines palästinensischen Reisepasses palästinensischer Staatsangehöriger, gilt in der Bundesrepublik Deutschland jedoch als staatenlos, da die Bundesrepublik, wie viele Staaten der Europäischen Union, Palästina derzeit nicht als Staat anerkennt (vgl. Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages, „Sachstand - Zur Staatenlosigkeit von Palästinensern und zur Anerkennung Palästinas und der von seinen Behörden ausgegebenen Reisedokumente“, 7.5.2018, S. 4).
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In diesem Fall ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 b) AsylG auf den Staat abzustellen, in dem der Ausländer seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, wobei dieser nicht rechtmäßig gewesen sein muss. Es genügt vielmehr, dass der Staatenlose in dem betreffenden Land tatsächlich seinen Lebensmittelpunkt gefunden hat, dort demnach nicht nur vorübergehend verweilt, ohne dass die zuständigen Behörden des Aufenthaltsstaates aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen den Staatenlosen einleiten (vgl. BVerwG, U.v. 26.2.2009 - 10 C 50/07 - juris Rn. 31). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist vorliegend davon auszugehen, dass der Kläger seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Gazastreifen hatte, da er sich seit seiner Geburt ausschließlich dort aufgehalten hat, seine gesamte Familie dort ist bzw. war und er daher im G. …streifen seinen Lebensmittelpunkt zuletzt hatte. Zwar hat er sich nach seiner Ausreise zunächst in Ägypten und auf Zypern aufgehalten, der Aufenthalt von lediglich drei Monaten (Ägypten) bzw. sechs Monaten (Zypern) ist jedoch nicht geeignet, um von der Begründung eines neuen Lebensmittelpunktes in der Türkei ausgehen zu können, wenngleich dies hinsichtlich Zyperns wohl zunächst vom Kläger beabsichtigt war.
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1.2.2. Es kann vorliegend dahinstehen, ob dem Kläger sein Vortrag seiner in den Palästinensischen Autonomiegebieten/G. …streifen erfolgten Verfolgung durch den Onkel väterlicherseits bzw. die Brüder des Hamas-Mädchens geglaubt werden kann. Insoweit bestehen erhebliche Bedenken als der Kläger seinen Vortrag in der mündlichen Verhandlung deutlich gesteigert hat, indem er nun erstmals vorgetragen hat, dass seine Familie G. … schon im Jahr 2019 (wegen der Bedrohung durch den Onkel) habe verlassen müssen und sein Vater zuvor vom Bruder des Mädchens auf ihn - den Kläger - und dessen Verbleib angesprochen worden sei und auch ihr Haus im Jahr 2021 während des Krieges beschädigt worden sei, so dass er nicht wisse, wo er unterkommen solle. Es spricht einiges dafür, dass maßgeblicher Grund für die Ausreise des Klägers im November 2016 der Abschluss des Abiturs in diesem Jahr und die geplante Durchführung eines Studiums im Ausland gewesen ist, zumal der Kläger im Rahmen der Anhörung beim Bundesamt selbst angegeben hat, dass er nach Nikosia geflogen sei, wo ein Studium vorgesehen gewesen sei, und er, als die Behörden dort den Aufenthalt nicht hätten verlängern wollen über verschiedene Stationen mit einem Studenten-Visum und einer Zulassungsbescheinigung der Hochschule Ingolstadt am 1. Oktober 2017 nach Deutschland gereist sei, wo er ein Jahr studiert habe und, als er dann nicht mehr genügend Geld gehabt habe, vor der Alternative gestanden sei, entweder Asyl zu beantragen oder nach G. … zurückzukehren.
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1.2.3. Unabhängig hiervon scheitert der Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aber daran, dass der Kläger ein flüchtlingsrelevantes Anknüpfungsmerkmal nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 3b Abs. 1 AsylG nicht geltend machen kann.
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Denn jedenfalls knüpft das von dem Kläger vorgetragene zentrale Verfolgungsgeschehen, wonach er wegen der Freundschaft mit einem Hamas-Mädchen von den Brüdern des Mädchens verfolgt worden sei, zwei Vorladungen der Miltärpolizei erhalten habe und im Falle einer Rückkehr nach G. … er Angst vor den Brüdern seiner damaligen Freundin habe und er auch Angst habe vor dem Onkel väterlicherseits, da es in der Familie zu Erbstreitigkeiten gekommen sei, bereits nicht an eines der Verfolgungsmerkmale nach § 3b AsylG an.
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Eine dem Kläger möglicherweise weiterhin drohende Verfolgung durch die Brüder bzw. die Familie des Mädchens bzw. auch den Onkel väterlicherseits steht nach Auffassung des Gerichts nämlich in keinem Zusammenhang mit einem flüchtlingsrechtlich relevanten Merkmal. Der Kläger befindet sich nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes. Die vom Kläger vorgebrachte Gefahr aufgrund der drohenden Rache seitens der Familie des Mädchens bzw. des Onkels stellt insbesondere keine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe dar, vielmehr handelt es sich hierbei um rein private Auseinandersetzungen bzw. privatrechtliche Streitigkeiten.
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1.2.4. Auch stellen die Übergriffe des Onkels des Klägers wie auch die Maßnahmen der Polizeibehörden wie auch die Vorladungen der Militärpolizei wie auch das Verhalten der Brüder des Mädchens keine Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG dar. Als solche gelten Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist, oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, die zu einer gleich schweren Beeinträchtigung von Menschenrechten führen.
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Angesichts des Umstandes, dass der Kläger sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in der mündlichen Verhandlung erklärte, von Seiten des Onkels nicht selbst bedroht worden zu sein und auch von den Brüdern des Mädchens nur zur Polizei verbracht worden zu sein, wo er dann verhört worden sei und nach dem Unterschreiben einer Erklärung, dass er das Mädchen nicht mehr treffen werde, entlassen worden sei und später lediglich zwei Vorladungen der Militärpolizei bekommen habe, ist das Maß einer schweren Menschenrechtsverletzung im Sinne einer hier allein in Betracht kommenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung nach Art. 3 EMRK ersichtlich nicht erreicht.
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Darüber hinaus stellt der Onkel des Klägers keinen tauglichen Verfolgungsakteur im Sinne des § 3c AsylG dar. Zwar können nach § 3c Nr. 3 AsylG auch nichtstaatliche Akteure taugliche Verfolgungsakteure sein, dies setzt jedoch voraus, dass weder der Staat noch quasistaatliche Akteure im Sinne des § 3c Nr. 2 AsylG in der Lage oder willens sind, Schutz vor diesen zu bieten, § 3c Nr. 3 AsylG. Dabei besteht eine Schutzunfähigkeit oder -willigkeit des Staates nicht bereits dann, wenn im Einzelfall kein effektiver Schutz vor Übergriffen Privater gewährleistet worden ist, da kein Staat einen lückenlosen Schutz vor kriminellem Unrecht zu gewährleisten imstande ist. Vielmehr liegt ein staatliches Schutzversagen nur dann vor, wenn der Staat grundsätzlich gegen Repressionen Dritter keinen effektiven Rechtsschutz gewährt. Daher besteht umgekehrt eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates, wenn er die Sicherheitsbehörden verpflichtet, die Bevölkerung ohne Ansehen der Person zu schützen und dazu auch tatsächlich landesweit anhält und Fälle von staatlich ungewollter Schutzverweigerung Einzelfälle bleiben (vgl. grundsätzlich: BVerwG, U. v. 5.7.1994 - 9 C 1/94 - juris Rn. 9; OVG Nordrhein-Westfalen, U.v. 11.9.2020 - 9 A 2837/17.A - juris Rn. 42 ff.).
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Zwar wird Rechtssicherheit in Palästina insgesamt dadurch erschwert, dass immer noch Elemente des osmanischen, britischen, jordanischen, ägyptischen, israelischen (israelische Militärverordnungen) und palästinensischen Rechts nebeneinander existieren und darüber hinaus Gewohnheitsrecht und religiöses Recht angewendet wird, Justizgrundrechte nicht effektiv gewährleistet sind und es Richtern und Staatsanwälten an der erforderlichen Ausbildung und Erfahrung fehlt. Es kommt zu willkürlichen Verhaftungen von Gegnern und Kritikern der Hamas (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen (BFA), „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Palästinensische Gebiete - G. …“, Stand: 29.4.2020, S. 14ff.). Dass die für die innere Sicherheit zuständige Zivilpolizei, die Wach- und Schutztruppen jedoch generell nicht gewillt oder in der Lage sind, Schutz vor Übergriffen Privater zu bieten, lässt sich den zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln nicht entnehmen, wenngleich auch aufgrund der weitverbreiteten Korruption (vgl. BFA, „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Palästinensische Gebiete - G. …“, Stand: 29.4.2020, S. 18 f.), nicht auszuschließen ist, dass insbesondere vor zahlungskräftigen privaten Verfolgungsakteuren ein effektiver Schutz nicht besteht.
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Aus dem klägerischen Vorbringen vor dem Bundesamt wie auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung geht jedoch hervor, dass der Kläger zwar von der Polizei verhört worden, dann aber relativ zügig wieder entlassen worden ist und dass seinem Vater auf dessen Klage - trotz des Umstandes, dass sein Onkel und dessen Frau mächtige Angehörige der Hamas seien - von dem angerufenen Gericht ein Urteil erstritten haben, das ihm einen Anteil an dem umstrittenen Erbe zugebilligt habe. Dies zeigt, dass eine grundsätzliche Schutzbereitschaft der staatlichen Sicherheitsbehörden besteht, der Kläger diese möglicherweise jedoch nicht bis zur letzten Konsequenz in Anspruch genommen hat.
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1.2.5. Darüber hinaus bestünde für den Kläger - wenn man eine relevante Bedrohungslage in Bezug auf seine Person unterstellen würde - eine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 3e AsylG.
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Sehr fraglich ist schon, ob seitens der Familie des Mädchens - nachdem die Angelegenheit schon nahezu sechs Jahre zurückliegt - überhaupt noch ein Interesse besteht, den Kläger bei einer Rückkehr zu bedrohen. Gleiches gilt für die Angst des Klägers vor seinem Onkel wegen der Erbstreitigkeiten. Insoweit ist schon nichts für eine relevante Bedrohungslage dem Kläger gegenüber ersichtlich.
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Darüber hinaus besteht sowohl hinsichtlich seiner Familienangehörigen als auch der Angehörigen des Mädchens eine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 3e AsylG. Zwar kann der Kläger nicht auf das Westjordanland oder Ostjerusalem verwiesen werden, da Palästinenser aus G. … sich dort nicht niederlassen können (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 10.7.2020, GZ.: …; VG Freiburg, U.v. 16.11.2020 - A 1 K 6527/17 - juris Rn. 55), jedoch ist es dem Kläger als junge, gesunden und arbeitsfähigen Mann zuzumuten, sich in einem anderen Teil des G. …streifens niederzulassen. Dem steht die geringe räumliche Ausdehnung des G. …streifens nicht per se entgegen (vgl. BayVGH, B.v.20.9.2018 - 15 ZB 18.32223 - juris Rn. 13). Zu berücksichtigen ist auch die überdurchschnittliche Ausbildung des Klägers. Dass der Onkel des Klägers diesen auch in anderen Landesteilen verfolgen würde, ist nicht ersichtlich, da sich der Konflikt immer an den Eigentums- bzw. Erbverhältnissen entzündete und die Übergriffe nicht gezielt der Person des Klägers galten. Dass die Angehörigen des Mädchens von einer Rückkehr des Klägers und dessen Umzug ohne Zutun des Klägers erfahren würde, ist ebenfalls nicht ersichtlich.
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2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht (§ 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG).
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2.1. Dem Kläger droht nach Überzeugung des Gerichts nicht die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG. Er hat hierzu keine Tatsachen vorgetragen.
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2.2. Der Kläger hat auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden durch Folter oder durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG droht.
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Der Begriff der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ist im Gesetz nicht näher definiert. Da die zuletzt genannte Vorschrift der Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 (ABl L 337, S. 9) - QRL - dient, ist dieser Begriff jedoch in Übereinstimmung mit dem entsprechenden Begriff in Art. 15b QRL auszulegen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) legt Art. 15b QRL wiederum in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg zu Art. 3 EMRK aus (z.B. EuGH, U.v. 17.2.2009 - Elgafaji, C - 465/07 - juris Rn. 28; ebenso BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris Rn. 22 ff. m.w.N.). Danach ist eine unmenschliche Behandlung die absichtliche, d.h. vorsätzliche Zufügung schwerer körperlicher oder seelischer Leiden (EGMR, U.v. 21.1.2011 - 30696/09 - ZAR 2011, 395, Rn. 220 m.w.N.; Jarass, Charta der Grundrechte, Art. 4 Rn. 9), die im Hinblick auf Intensität und Dauer eine hinreichende Schwere aufweisen (EGMR, U.v. 11.7.2006 - Jalloh, 54810/00 - NJW 2006, 3117/3119 Rn. 67; Jarass a.a.O.). Es muss zumindest eine erniedrigende Behandlung in der Form einer einen bestimmten Schweregrad erreichenden Demütigung oder Herabsetzung vorliegen. Diese ist dann gegeben, wenn bei dem Opfer Gefühle von Furcht, Todesangst und Minderwertigkeit verursacht werden, die geeignet sind, diese Person zu erniedrigen oder zu entwürdigen und möglicherweise ihren psychischen oder moralischen Widerstand zu brechen. Eine Bestrafung oder Behandlung ist nur dann als unmenschlich oder erniedrigend anzusehen, wenn die mit ihr verbundenen Leiden oder Erniedrigungen über das in der Bestrafungsmethode enthaltene, unausweichliche Leidens- oder Erniedrigungselement hinausgehen, wie z.B. bei bestimmten Strafarten wie Prügelstrafe oder besonders harten Haftbedingungen.
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Anhaltspunkte, die die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Falle einer Rückkehr des Klägers nach G. … begründen könnten wurden von Klägerseite weder vorgetragen noch sind solche sonst wie ersichtlich.
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Darüber hinaus wäre auch von einer innerstaatlichen Fluchtalternative auszugehen.
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2.3. Dem Kläger droht auch keine individuelle und konkrete Gefahr eines ernst-haften Schadens i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
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Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt liegt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes vor, wenn reguläre Streitkräfte eines Staates auf eine oder mehrere bewaffnete Gruppen treffen oder in der zwei oder mehrere bewaffnete Truppen aufeinandertreffen, ohne dass dieser Konflikt als bewaffneter Konflikt, der keinen internationalen Charakter aufweist, im Sinne des humanitären Völkerrechts eingestuft zu werden braucht und ohne dass die Intensität der bewaffneten Auseinandersetzung, der Organisationsgrad der vorhandenen bewaffneten Streitkräfte oder die Dauer des Konflikts Gegenstand einer anderen Beurteilung als der des im betreffenden Gebiet herrschenden Grads an Gewalt ist (vgl. EuGH, U.v. 30.1.2014 - C 285/12 (Diakite) - juris Rn. 35). Das Bundesverwaltungsgericht verweist demgegenüber darauf, dass der Konflikt jedenfalls von einiger Dauer und Intensität sein müsse. Es genüge zudem, wenn die Konfliktparteien in der Lage seien, anhaltende und koordinierte Kampfhandlungen von solcher Intensität und Dauerhaftigkeit durchzuführen, dass die Zivilbevölkerung davon typischerweise erheblich in Mitleidenschaft gezogen werde. Bloße innere Unruhen oder Spannungen genügen hingegen nicht (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 23 f.).
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Insoweit hat das Verwaltungsgericht Trier im Urteil vom 26. Oktober 2021 (1 K 2656/21.TR - juris - Bl. 18 ff. des amtl. Umdruckes) folgende Ausführungen gemacht, denen sich der erkennende Einzelrichter anschließt:
„Die Sicherheitslage im G. …streifen ist im Wesentlichen vom Konflikt zwischen Israel und Palästina geprägt. Immer wieder kommt es zu wechselseitigen Raketenangriffen, bei denen auch Zivilisten sterben und verletzt werden. Seit Ende März 2018 kommt es zudem vermehrt zu Massenprotesten entlang des Grenzzauns zu Israel, bei denen es immer wieder zu Konfrontationen zwischen Demonstranten und der israelischen Armee kommt, die, vor allem auf palästinensischer Seite, zahlreiche Todesopfer fordern (vgl. BFA, „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Palästinensische Autonomiegebiete - G. …“, Stand: 29.04.2020, S. 12). Mit solchen und anderen gewaltsamen Eskalationen ist jederzeit zu rechnen. Die Lage ist insgesamt instabil und unvorhersehbar. Zuletzt kam es zwischen dem 10. und 21.05.2021 zur gewaltsamen Eskalation des Konflikts in dessen Folge israelische Streitkräfte Luft- und Artillerieangriffe auf dicht besiedelte Gebiete des G. …-Streifens verübten. Dabei sind insgesamt 261 Palästinenser im G. …-Streifen gestorben, von denen mindestens 64 Mitglieder bewaffneter Gruppen waren. 2.210 Personen wurden verletzt (vgl. UN OCHA, Occupied Palestinian Territory (oPt): Response to the escalation in the oPt Situation Report No. 10: September 2021, 14.10.2021, S. 1; ACAPS, PALESTINE Social impacts of the humanitarian situation, 19.10.2021, S. 1). Die am 21.05.2021 in Kraft getretene Waffenruhe wurde seither jedoch weitestgehend eingehalten (vgl. UN OCHA, Occupied Palestinian Territory (oPt): Response to the escalation in the oPt Situation Report No. 10: September 2021, 14.10.2021, S. 1). Angesichts gerade der sich zuletzt entspannenden Lage und der Tatsache, dass sich die Konflikthandlungen in der Regel auf das Gebiet entlang des Grenzzauns zu Israel beschränken, spricht einiges dafür, dass ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt jedenfalls aktuell nicht besteht.
(…). Dies kann jedoch letztlich dahinstehen, da der Grad willkürlicher Gewalt derzeit jedenfalls nicht das vom Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 - 10 C 4/09 -,juris, Rn. 33) geforderte Niveau erreicht, um von einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der körperlichen oder psychischen Unversehrtheit im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG allein durch die physische Anwesenheit im Land ausgehen zu können. Wenn gefahrerhöhende Umstände in der Person des Betroffenen - wie vorliegend - fehlen, ist eine solche erst dann anzunehmen, wenn der Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht hat, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das Land oder die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit tatsächlich Gefahr liefe, getötet oder verletzt zu werden (vgl. EuGH, Urteile vom 10.06.2021 - C-901/19 -, juris Rn. 28; vom 30.01.2014 -C 285/12 - juris, Rn. 30 und vom 17.02.2009 - C 465/07 - juris, Rn. 35 und 39; BVerwG, Urteile vom 17.11.2011 - 10 C 13.10 - juris, Rn. 18 ff. und vom 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 32).
Das Schädigungsniveau ist dabei anhand einer Vielzahl quantitativer und qualitativer Kriterien, etwa die Gesamtzahl der Akte willkürlicher Gewalt, die von den Konfliktparteien gegen Leib und Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden im Verhältnis zur Zahl der im Konfliktgebiet lebenden Zivilpersonen, die hierdurch hervorgerufene Anzahl ziviler Verletzungs- und Todesfälle, die Art der eingesetzten Kampfmittel, die Schwere der Schädigungen, die Fähigkeit des Staates, Zivilpersonen zu schützen, die Leistungen vor Ort ansässiger Hilfsorganisationen und die geographische Verbreitung der Konflikthandlungen, zu ermitteln (vgl. EuGH, Urteile vom 10.06.2021 - C-901/19 -, juris Rn. 43 und 31; BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 - 10 C 4/09 -, juris, Rn. 33; EGMR, Urteil vom 28.06.2011 - 8319/07, 11449/07 -, [Sufi und Elmi], Rn. 241). Dabei sind in jedem Fall die individuellen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Nicht ausreichend ist es daher, allein von einer nicht ausreichend hohen Gesamtzahl ziviler Opfer im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung systematisch und unter allen Umständen auf das Nichtvorhandensein der Gefahr einer solchen Bedrohung im Sinne des Art. 15 lit. c der RL 2011/95 zu schließen und damit automatisch und ausnahmslos den subsidiären Schutz zu verweigern (vgl. EuGH, Urteile vom 10.06.2021 - C-901/19 -, juris Rn. 33).
(…). Im G. …streifen wurden im Jahr 2021 bislang 264 Palästinenser durch israelische Streitkräfte getötet und 2.300 verletzt (UNOCHA, Protection of Civilians Report 21 September - 4 October), was bei einer Gesamtbevölkerungszahl von ca. 1,9 Millionen (vgl. BFA, „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Palästinensische Autonomiegebiete - G. …“, Stand: 29.04.2020, S. 8) etwa 0,13% ausmacht. Dabei ereignete sich die weit überwiegende Anzahl der Todesfälle und Verletzungen im Jahr 2021 in dem aufflammenden Konflikt zwischen dem 10. und 21.05.2021, bei denen 261 Palästinenser starben und 2.210 verletzt wurden (UN OCHA, „Occupied Palestinian Territory (oPt): Response to the escalation in the oPt Situation Report No. 10: September 2021“, 14.10.2021, S. 1). Die übrigen Vorfälle gingen auf vereinzelte Gefechte unmittelbar am Grenzzaun zu Israel oder vor der Küste zurück. Dabei eröffnen Israelische Streitkräfte das Feuer, um die Zugangsbeschränkungen durchzusetzen (vgl. exemplarisch: UNOCHA, „Protection of Civilians Report -21 September - 4 October 2021 “, S. 2). In wenigen Fällen resultieren die Todesfälle auch aus dem Umgang von Zivilisten mit nicht explodierten Geschossen (vgl. UNOCHA, „Protection of Civilians Report - 16 February - 1 March 2021, abrufbar unter: https://reliefweb.int/report/occupied-palestinian-territory/occupiedpalestinian-territory-protection-civilians-report-7, zuletzt am 25.04.2021). Es werden derzeit auch keine Waffen, wie etwa Bomben oder Raketen eingesetzt, die typischerweise eine Vielzahl ziviler Opfer fordern. Vielmehr rühren die Todesfälle aus dem Beschuss israelischer Streitkräfte auf einzelne Palästinenser her, die sich dem Grenzzaun nähern oder zu weit auf das Meer hinausfahren.“
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Auch unter Zugrundelegung neuerer Erkenntnismittel wie des von der Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung angesprochenen aktuellen Reports des UNHCR zur Situation von Rückkehrern in die Palästinensischen Gebiete vom März 2022 (UNHCR Position in Returns to G. … March 2022) ergibt sich keine andere Einschätzung, so dass sich der Einzelrichter den Ausführungen im vg. Urteil vollinhaltlich anschließt. Es besteht keine landesweite und auch in der Stadt T..-A. H. …, in der der Kläger zuletzt wohnhaft gewesen ist, keine Gefahr für Leib oder Leben allein aufgrund der physischen Anwesenheit im G. …streifen.
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3. Der Kläger hat unter Zugrundelegung der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) auch keinen Anspruch auf die weiter hilfsweise begehrte Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
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3.1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich der Palästinensischen Autonomiegebiete.
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Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK setzt voraus, dass der Betroffene im Falle einer Rückkehr einer besonderen Ausnahmesituation ausgesetzt wird. Dies ist bei dem Kläger gegenwärtig nicht der Fall, wenn er in die Palästinensischen Autonomiegebiet/G. …streifen zurückkehren müsste.
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Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Nach der Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs ist der Schutzbereich des § 60 Abs. 5 AufenthG auch bei einer allgemeinen, auf eine Bevölkerungsgruppe bezogenen Gefahrenlage eröffnet (BayVGH, Ue.v. 21.11.2014 - 13a B 14.30284 - Asylmagazin 2015, 193; 13a B 14.30285 - AuAS 2015, 43 = InfAuslR 2015, 212). Die Vorschrift des § 60 Abs. 5 AufenthG verweist auf die EMRK, soweit sich aus dieser zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse ergeben (Hailbronner, Ausländerrecht, § 60 AufenthG, Rn. 154). Nach Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Eine schlechte humanitäre Lage und die allgemeinen Lebensbedingungen können eine auf eine Bevölkerungsgruppe bezogene Gefahrenlage darstellen, die zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK führt (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - BVerwGE 146, 12; U.v. 13.6.2013 - 10 C 13.12 - BVerwGE 147, 8; EGMR, U.v. 28.6.2011 - Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich, Nr. 8319/07 - NVwZ 2012, 681; U.v. 21.1.2011 - M.S.S./Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413; U.v. 13.10.2011 - Husseini/Schweden, Nr. 10611/09 - NJOZ 2012, 952). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte liegt eine Verletzung des Art. 3 EMRK zum einen in ganz außergewöhnlichen Fällen vor, in denen humanitäre Gründe einer Ausweisung „zwingend“ entgegenstünden. Dieses Kriterium sei angemessen, wenn die schlechten Bedingungen überwiegend auf die Armut zurückzuführen seien oder auf die fehlenden staatlichen Mittel, um mit Naturereignissen umzuge-hen. Zum anderen könne - wenn Aktionen von Konfliktparteien zum Zusammenbruch der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Infrastruktur führten - eine Verletzung darin zu sehen sein, dass es dem Betroffenen nicht mehr gelinge, seine elementaren Bedürfnisse, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft, zu befriedigen (EGMR, U.v. 28.6.2011 - Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich, Nr. 8319/07 - NVwZ 2011, 413 Rn. 278, 282 f.). Das Bundesverwaltungsgericht hat im Anschluss an diese Rechtsprechung darauf abgestellt, ob es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene tatsächlich Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung ausgesetzt zu werden (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - BVerwGE 146, 14). Demnach bedarf die Annahme einer unmenschlichen Behandlung basierend auf der humanitären Lage und den allgemeinen Lebensbedingungen eines sehr hohen Gefährdungsniveaus (BayVGH, Ue.v. 21.11.2014 - 13a B 14.30284 - Asylmagazin 2015, 193; 13a B 14.30285 - AuAS 2015, 43 = InfAuslR 2015, 212; B.v. 30.9.2015 - 13a ZB 15.30063 - juris; B.v. 17.3.2015 - 13a ZB 14.30396 - juris).
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Dies ist insbesondere auch dann der Fall, wenn es dem Betroffenen nicht (mehr) gelingen würde, seine elementaren Bedürfnisse, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft, zu befriedigen (vgl. BayVGH, U.v. 21.11.2014 - 13a B 14.30285 - Asylmagazin 2015, 197) und die aus zu erwartenden schwierigen Lebensbedingungen resultierenden Gefährdungen im Einzelfall eine solche Intensität aufweisen, dass auch ohne konkret drohende Maßnahmen von einer unmenschlichen Behandlung auszugehen ist.
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Hier liegen diese besonders strengen Voraussetzungen nicht vor. Der Kläger würde im Fall seiner Abschiebung in die Palästinensischen Autonomiegebiete/G. …streifen keiner besonderen Ausnahmesituation ausgesetzt sein, die mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führen würde, dass seine elementarsten Bedürfnisse im Sinne eines absoluten Existenzminimums nicht gesichert wären.
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Insoweit hat das Verwaltungsgericht Trier im Urteil vom 26. Oktober 2021 (1 K 2656/21.TR - juris - Bl. 23 ff. des amtl. Umdruckes) folgende Ausführungen gemacht, denen sich der erkennende Einzelrichter anschließt:
„Die Palästinensischen Autonomiegebiete bestehen aus dem Westjordanland, dem G. …-Streifen und Ost-Jerusalem. Da der Kläger aus dem G. …streifen stammt, ist auf diesen als Zielregion einer Abschiebung abzustellen. Die Bevölkerung im G. …streifen beläuft sich auf 1,9 Millionen Menschen, von denen etwa 1,57 Millionen registrierte palästinensische Flüchtlinge sind (vgl. BFA, „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Palästinensische Autonomiegebiete - G. …“, Stand: 29.04.2020, S. 8).
Im G. …streifen besteht eine chronische Wohnungsnot, da immer wieder Wohnhäuser zerstört werden und die Mittel zum Wiederaufbau derselben fehlen (vgl. BFA, „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Palästinensische Autonomiegebiete - G. …“, Stand: 29.04.2020, S. 38). Etwa eine halbe Million palästinensische Flüchtlinge im G. …streifen leben in Flüchtlingslagern der UNRWA (vgl. UNHCR, Country of Origin Information on the Situation in the G. … Strip, Including on Restrictions on Exit and Return, 23.02.2018, S. 7f., abrufbar unter: https://www.refworld.org/docid/5a9908ed4.html, zuletzt am 26.10.2021).
Die Arbeitslosenquote liegt bei über 50%, wobei sie bei Frauen mit 80% deutlich höher ist als bei Männern. Etwa 54% der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze, ca. zwei Drittel der Bevölkerung sind auf humanitäre Hilfe der UNRWA angewiesen. (vgl. BFA, „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Palästinensische Autonomiegebiete - G. …“, Stand: 29.04.2020, S.33, 38; UNHCR, Country of Origin Information on the Situation in the G. … Strip, Including on Restrictions on Exit and Return, 23.02.2018, S. 7f., abrufbar unter: https://www.refworld.org/docid/5a9908ed4.html, zuletzt am 26.10.2021).
Aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit und der, in Folge der seit 2007 andauernden Blockade durch Israel, hohen Nahrungsmittelpreise, ist die Versorgung mit Nahrung für 68% der Bevölkerung unsicher und teilweise von Hilfsorganisationen abhängig. (vgl. European Asylum Support Office (EASO), „Security situation, civilian casualties, damage to civilian infrastructure and displacement in the G. … Strip, between 1 May 2020-31 May 2021“, 08.06.2021, S. 7).
Die Wasserversorgung bleibt prekär, hat sich aber mit der Fertigstellung der Kläranlage im Norden des Landes durch die nunmehr mögliche nachhaltige Abwasserbewirtschaftung etwas entspannt. Dennoch gehört die Wasserqualität im G. …streifen zu den weltweiten schlechtesten, nur etwa 3% des zur Verfügung stehenden Wassers sind trinkbar. (vgl. BFA, „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Palästinensische Autonomiegebiete - G. …“, Stand: 29.04.2020, S.28). Im September 2021 lag die durchschnittliche Menge an zur Verfügung stehenden Leitungswasser pro Kopf zuletzt bei 79l pro Tag (vgl. UNOCHA, „G. … Strip: Critical Humanitarian Indicators“, lfd. aktualisiert, abrufbar unter: https://www.ochaopt.org/page/gaza-strip-critical-humanitarian-indicators, zuletzt am: 26.10.2021). Trinkwasser kann darüber hinaus aus Tankwagen erhalten werden, die Wasser aus den Entsalzungsanlagen liefern. Die Kapazität der Entsalzungsanlagen erreichte im September 2021 8.811 Kubikmeter pro Tag, (vgl. UNOCHA, „G. … Strip: Critical Humanitarian Indicators“, lfd. aktualisiert, abrufbar unter: https://www.ochaopt.org/page/g. …-strip-critical-humanitarian-indicators, zuletzt am: 26.10.2021) und reichte daher aus, um die 1,9 Millionen Menschen statistisch mit zusätzlich 4,63l Trinkwasser pro Tag und Person zu versorgen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit abgepacktes Wasser zuzukaufen. Zusätzlich versorgen die zahlreichen ortsansässigen Nichtregierungsorganisationen Bedürftige mit Trinkwasser.
Die Versorgung mit Elektrizität ist nach einem Abfall auf 9 Stunden pro Tag im Mai 2021 seither sprunghaft wieder auf zuletzt 13 Stunden pro Tag im August 2021 angestiegen (vgl. UNOCHA, „G. … Strip: Critical Humanitarian Indicators“, lfd. aktualisiert, abrufbar unter: https://www.ochaopt.org/page/g. …-strip-critical-humanitarian-indicators, zuletzt am 26.10.2021).
Das Gesundheitssystem im G. …streifen ist mangelhaft und durch unzureichende Medikamenteneinfuhr, Stromausfälle und Mangel an Personal gekennzeichnet. Es besteht die Möglichkeit einer Überweisung in israelische Krankenhäuser, die jedoch von der Genehmigung durch israelische Behörden abhängt, die teilweise nicht oder verzögert erteilt werden, was insbesondere für chronisch erkrankte und Krebspatienten problematisch ist (vgl. BFA, „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Palästinensische Autonomiegebiete - G. …“, Stand: 29.04.2020, S. 38).
Insgesamt ist die Versorgungslage angespannt, kann aber insbesondere mit Hilfe der ansässigen Hilfsorganisationen auf niedrigem Niveau sichergestellt werden.
An dieser Beurteilung ändert auch die aktuelle weltweite Covid-19 Pandemie nichts. Aufgrund der Abschottung des G. …streifens und zahlreicher präventiver Maßnahmen, konnte der Ausbruch des sog. Corona-Virus in G. … erheblich verzögert werden. Zu den Maßnahmen zählten das Verbot sozialer Zusammenkünfte, die Schließung von Moscheen, Hochzeitssälen, Restaurants, Cafes und aller anderen nicht notwendigen Geschäfte. Weiterhin wurde eine Quarantänepflicht für alle Reisenden von zwei und später drei Wochen eingeführt. Nicht sofort notwendige medizinische Behandlungen und Operationen wurden verschoben. Zusätzlich wurden Quarantäne- und Behandlungszentren aufgebaut. Schulen wurden geschlossen, auch jene, die von der UNRWA betrieben werden. Zudem wechselte die UNRWA bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln von einer zentralen Verteilung zu einem Liefersystem. Die WHO und andere internationale Partner lieferten Schutzausrüstung, Testkits und 3 PCR-Maschinen (vgl. Refugee International, „Double Quarantine in Gaza: COVID-19 and the Blockade“, 09.09.2020). Diese Maßnahmen wurden zunächst schrittweise gelockert, wenngleich sie in den „Hochrisikogebieten“ aufrechterhalten werden. Seit dem 26.10.2020 hat die UNRWA damit begonnen die Schulen, sofern sie nicht in Hochrisikozonen liegen, schrittweise wieder zu öffnen. Die Quarantäne für Einreisende wurde aufgehoben, sofern ein negativer Corona-Test vorgelegt werden kann. Angesichts zuletzt wieder steigender Zahlen, wurde eine nächtliche Ausgangssperre ab 27.03.2021 eingeführt, Ansammlungen in Parks und auf öffentlichen Plätzen sowie auf der Straße abgehaltene Hochzeiten und Beerdigungen sind verboten. Hochzeiten dürfen in Hochzeitssälen jedoch mit maximal 100 Gästen stattfinden, sofern die Hygienemaßnahmen eingehalten werden (vgl. WHO, „Coronavirus disease 2019 (COVID-19) Situation Report 69“, 25.03.2021, abrufbar unter: https://who18.createsend.com/campaigns/reports/viewCampaign.aspx?d =j& c=99FA4938D049E3A8& ID=E1F8E2CA2F7467E42540EF23F30FEDED& temp =False& tx=0& source=Report, zuletzt am: 26.10.2021). Im G. …streifen wurden insgesamt bislang, Stand: 15.10.2021, 179.637 Personen positiv auf das Virus getestet, 1.506 Menschen sind bislang infolge einer Covid-19 Erkrankung gestorben. Die für COVID-19-Patienten bereitgestellte Anzahl von Krankenhausbetten und Intensivpflegeeinheiten betrug zuletzt 555 Betten. Von den für COVID-19-Patienten zur Verfügung stehenden Krankenhausbetten sind derzeit (Stand: 15.10.2021) 46% belegt, von den bereitgestellten Intensiveinheiten 38% (WHO, „COVID-19 CASES IN THE G. … STRIP Monthly epidemiological bulletin from (16/08 TO 15/09 2021) AND (16/09 TO 15/10 2021)“, abrufbar unter: http://www.emro.who.int/images/stories/palestine/documents/COVID-19_G. …_epidemiological_bulletin_15_Oct.pdf? ua=1, zuletzt am 26.10.2021). Bereits im Juli 2020 erreichten die Palästinensischen Autonomiegebiete Hilfeleistungen zur Gewährleistung der Nahrungsmittelsicherheit. Die Weltbank hat zusätzlich 30 Mio. USD bereitgestellt, von denen 20 Mio. an 90.000 arme Haushalte und andere besonders vulnerable Gruppen verteilt wurden, die besonders durch Einkommensverluste betroffen waren (vgl. UN OCHA, „COVID-19 Emergency Situation Report 14 (15 - 28 July 2020)“, 28.07.2020). Am 22. Februar 2021 startete darüber hinaus die Impfkampagne in G. … Bis 15.10.2021 haben G. … 768.590 Impfdosen erreicht. Bis zum 15.10.2021 haben bereits 463.730 Personen ihre erste Impfung und 191.779 ihre zweite Impfung erhalten (WHO, „COVID-19 CASES IN THE G. … STRIP Monthly epidemiological bulletin from (16/08 TO 15/09 2021) AND (16/09 TO 15/10 2021)“, abrufbar unter: http://www.emro.who.int/images/stories/palestine/documents/COVID-19_G. …_epi demiological_bulletin_15_Oct.pdf?ua=1, zuletzt am 26.10.2021). Es ist daher nicht ersichtlich, dass sich die Lage im G. …streifen aufgrund der COVID-19-Pandemie derart verschlechtert hat, dass nunmehr von einer, die Schwelle des Art. 3 EMRK erreichenden, humanitären Notlage auszugehen wäre.“
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Auch unter Zugrundelegung neuerer Erkenntnismittel wie des aktuellen Reports des UNHCR zur Situation von Rückkehrern in die Palästinensischen Gebiete vom März 2022 (UNHCR Position in Returns to G. … March 2022) ist das Gericht nicht überzeugt, dass der Kläger bei einer Rückkehr in den G. …-Streifen sein Existenzminimum nicht sichern kann. Der Kläger ist ein gesunder, arbeitsfähiger, junger Mann mit Sprachkenntnissen. Der Kläger hat überdies in Deutschland studiert. Darüberhinaus ist auch eine Unterstützung durch seine im G. …treifen lebende weitere Verwandtschaft zu erwarten, denn es ist im Kulturkreis des Klägers üblich, dass in Notsituationen Unterstützung geleistet wird und es ist nichts dafür ersichtlich, dass dies vorliegend nicht geschehen könnte und würde. Des Weiteren hat der erkennende Einzelrichter erhebliche Bedenken an dem erstmals in der mündlichen Verhandlung getätigten Vorbringen des Klägers, dass seine engere Familie nicht mehr in G. … leben würde. Dass der Vater des Klägers und der Bruder den G. …-Streifen bereits im Jahr 2019 wegen der Erbauseinandersetzungen verlassen haben, erscheint wenig glaubhaft, zumal der Kläger hiervon im Rahmen der Anhörung beim Bundesamt am 12. Dezember 2019 nichts erwähnt hat. Dass der Dolmetscher dies „wohl falsch verstanden“ habe - wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Vorhalt des Einzelrichters erklärt hat -, erscheint wenig plausibel. Schließlich kann auch davon ausgegangen werden, dass der Kläger jedenfalls in seinem Elternhaus ein Obdach finden kann, wenn dieses Gebäude auch beschädigt sein mag. Darüber hinaus ist der Kläger auf die ortsansässigen Hilfsorganisationen zu verweisen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach G. … mit Unterstützung seiner Angehörigen, in gemeinschaftlicher Anstrengung (sowie ggf. der Hilfsleistungen von UNRWA) seine elementaren Bedürfnisse und sein Existenzminimum betreffend Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung wird sichern können. Ernsthafte gesundheitliche Einschränkungen - und damit zwingende humanitäre Gründe (näher dazu unter 3.2.) - die dem entgegenstehen könnten, wurden nicht glaubhaft gemacht.
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3.2. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt ebenfalls nicht vor.
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Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine er-hebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dies kann aus individuellen Gründen - etwa wegen drohender An- oder Übergriffe Dritter oder auf Grund von Krankheit - der Fall sein, kommt aber ausnahmsweise auch infolge einer allgemein unsicheren oder wirtschaftlich schlechten Lage im Zielstaat in Betracht (VGH Mannheim, U.v. 12.10.2018 - A 11 S 316/17 - juris).
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Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG sind die Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde anordnen, dass die Abschiebung für längstens sechs Monate ausgesetzt wird. Eine Abschiebestopp-Anordnung besteht jedoch für die Personengruppe, der der Kläger angehört, nicht.
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Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit strengeren Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Von einer solchen Unzumutbarkeit ist auszugehen, wenn der Ausländer ansonsten gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde. Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (BVerwG, U.v. 13.6.2013 - 10 C 13.12 - NVwZ 2013, 1489; U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - juris; vgl. zudem BVerwG, B.v. 8.8.2018 - 1 B 25.18 - juris Rn. 13).
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Eine solche, extreme Gefahrenlage kann vorliegend nicht angenommen werden. Zum einen besteht - wie sich unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen bereits ergibt - keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit des Klägers aus individuellen Gründen. Insbesondere bestehen in seiner Person keine Besonderheiten gesundheitlicher Art. Der Kläger hat zwar im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass er Asthmatiker sei. Eine irgendwie geartete gravierendere gesundheitliche Einschränkung hat der Kläger aber nicht konkretisiert bzw. glaubhaft gemacht und schon gar nicht durch (fach-)ärztliche Atteste belegt. Zum anderen droht dem Kläger auch aufgrund der unzureichenden Versorgungslage in den Palästinensischen Autonomiegebietn/G. …-Streifen keine extreme Gefahr infolge einer Verdichtung der allgemeinen Gefahrenlage, die zu einem Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG führen könnte. Liegen die Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK wegen schlechter humanitärer Bedingungen nicht vor, so scheidet auch eine im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG relevante, extreme Gefahrenlage aus (BayVGH, U.v. 8.11.2018 - 13a B 17.31960; VGH Mannheim, U.v. 12.10.2018 - A 11 S 316/17 - juris). Vorliegend vermögen die Lebensverhältnisse nach den vorstehenden Ausführungen keinen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen. Dass gerade der Kläger als leistungsfähiger, erwachsener Mann mit den von ihm erworbenen Kenntnissen und Erfahrungen im Falle einer Rückkehr alsbald sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde, vermag das Gericht danach nicht festzustellen.
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4. Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschließlich der Zielstaatsbestimmung (Nr. 5 des Bescheids) bestehen im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken.
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5. Aus den genannten Gründen ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.