Titel:
Kein Verstoß gegen den prozessualen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs
Normenketten:
GG Art. 103 Abs. 1
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 3
Leitsätze:
1. Es ist Sache des Asylbewerbers, sein Verfolgungsschicksal ausreichend darzulegen und in seine Sphäre fallende Ereignisse, insbesondere persönliche Erlebnisse, in sich stimmig zu schildern (vgl. VGH München BeckRS 2022, 3137). (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dem Zulassungsvorbringen lässt sich auch nicht entnehmen, dass sich dem Verwaltungsgericht auf Grundlage seiner Rechtsauffassung eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG BeckRS 2017, 139297). (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asylrecht (Palästina), rechtliches Gehör, Verfolgungsschicksal, Zulassung der Berufung, Zulassungsvorbringen, Sachaufklärung, in die Sphäre des Asylbeerbers fallende Ereignisse, Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 30.06.2022 – M 17 K 17.41910
Fundstelle:
BeckRS 2022, 25927
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
1
Der Kläger ist staatenloser Palästinenser und begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie hilfsweise die Feststellung von Abschiebungshindernissen. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage mit Urteil vom 30. Juni 2022 abgewiesen. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
2
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die vom Kläger sinngemäß geltend gemachte Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG) liegt nicht vor.
3
Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere, dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden. Es gewährleistet im Sinn der Wahrung eines verfassungsrechtlich gebotenen Mindestmaßes, dass ein Kläger die Möglichkeit haben muss, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gibt einem Prozessbeteiligten das Recht, alles aus seiner Sicht Wesentliche vortragen zu können. Eine Verletzung des Grundsatzes liegt vor, wenn das Gericht einen entscheidungserheblichen Vortrag der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen bzw. bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat oder einen entsprechenden Vortrag dadurch vereitelt hat, dass es unter Verstoß gegen das Prozessrecht den Beteiligten die Möglichkeit zu weiterem Vortrag abgeschnitten hat, und dieser übergangene bzw. vereitelte Vortrag nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des Gerichts entscheidungserheblich war. Im Übrigen brauchen sich die Gerichte nicht mit jedem Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich und im Detail auseinanderzusetzen. Denn es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Beteiligtenvorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Anderes gilt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.6.2022 - 15 ZB 22.30617 - juris Rn. 3).
4
Der Kläger sieht einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör, da das Verwaltungsgericht zu hohe Anforderungen an den Sachvortrag und die Nachweise der Verfolgung stelle. Das Verwaltungsgericht geht allerdings zutreffend davon aus, dass es Sache des Asylbewerbers ist, sein Verfolgungsschicksal ausreichend darzulegen und in seine Sphäre fallende Ereignisse, insbesondere persönliche Erlebnisse, in sich stimmig zu schildern (UA S. 7; vgl. BayVGH, B.v. 22.2.2022 - 15 ZB 22.30197 - juris Rn. 11). Es kommt sodann zu dem Ergebnis, dass der Vortrag des Klägers nicht glaubhaft sei (UA S. 8) und - auch unter Würdigung der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 30. Juni 2022 vorgelegten Unterlagen und Ausführungen - nicht mit dem bisherigen Sachvortrag in Übereinstimmung zu bringen sei (vgl. UA S. 10), weil der Kläger nicht vorgetragen habe, dass und welche Verfahren gegen ihn eröffnet worden seien. Dem Zulassungsvorbringen lässt sich auch nicht entnehmen, dass sich dem Verwaltungsgericht auf Grundlage seiner Rechtsauffassung eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2017 - 1 C 39.16 - juris Rn. 22 m.w.N). Mit der Formulierung, das Ersturteil begegne „erheblichen rechtlichen Zweifeln“ wendet sich der Kläger vielmehr im Gewand einer Gehörsrüge gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, was jedoch keinen im Asylverfahrensrecht vorgesehenen Zulassungsgrund darstellt (vgl. BayVGH, B.v. 23.6.2022 - 15 ZB 22.30617 - juris Rn. 4).
5
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
6
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
7
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).