Inhalt

VGH München, Beschluss v. 19.09.2022 – 1 ZB 22.625
Titel:

Vorbescheid für Mehrparteienhäuser in Nachbarschaft zu Baudenkmälern

Normenketten:
BauGB § 1 Abs. 6 Nr. 5, Abs. 7, § 2 Abs. 3
BayBO Art. 71
Leitsätze:
1. Bedeutsam für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind solche Maße, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche, prägen das Bild der maßgeblichen Bebauung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung an. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Denkmalgeschützte Anlagen können den Anknüpfungspunkt für städtebauliche Festsetzungen bilden, sei es dass sie Art und Maß denkmalrechtlich geschützter Gebäude bestimmen oder dass sie Maßnahmen des Denkmalschutzes ergänzen, indem sie nutzungsbedingte Beeinträchtigungen von Baudenkmälern oder Denkmalbereichen abwehren oder mindern (Freihalten von Sichtschneisen, Vermeidung einer die Aufgaben des Denkmalschutzes störenden Nutzung in der Umgebung des geschützten Bereichs). (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
3. Baugrundstück und Buchgrundstück sind nicht ausnahmslos gleichzusetzen. Ausnahmen sind nicht nur vertretbar, sondern geboten, wenn bei Verwendung des grundbuchrechtlichen Begriffs die Gefahr bestände, dass der Sinn einer bestimmten bau- und bodenrechtlichen Regelung handgreiflich verfehlt würde. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorbescheid, Rechtmäßigkeit von Bebauungsplanfestsetzungen, Städtebauliche Belange des Denkmalschutzes, Maß der baulichen Nutzung, Zusammenfassung zweier Grundstücke zu einem Baugrundstück, Buchgrundstück, Sichtachse, Geschossigkeit
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 16.09.2021 – M 11 K 18.1503
Fundstelle:
BeckRS 2022, 25923

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren - in Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses - und das Zulassungsverfahren auf jeweils 120.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Kläger begehren die Erteilung eines Vorbescheids für die Errichtung von drei Mehrparteienhäusern auf den Grundstücken FlNr. …/19 und …/20, Gemarkung H. Die beiden Grundstücke sollen zu einem Buchgrundstück verschmolzen werden. Die geplanten Baukörper haben eine Grundfläche von 195 m² und sind dreigeschossig, dass dritte Geschoss soll ein deutlich zurückversetztes Staffelgeschoss sein. Die maximale talseitige Wandhöhe soll 7,90 m betragen (ohne Berücksichtigung des Staffelgeschosses, mit Staffelgeschoss 10,90 m). Auf den benachbarten Grundstücken FlNr. …/4 und …/3 befinden sich jeweils Baudenkmäler. Es werden Fragen zu Art und Maß der baulichen Nutzung, zur Bauweise und den überbaubaren Grundstücksflächen sowie zur denkmalrechtlichen Zulässigkeit der Bauvorhaben gestellt.
2
Den Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 27. Februar 2018 aufgrund der von der Beigeladenen erlassenen Veränderungssperre ab. Der Bebauungsplan mit integrierter Grünordnungsplanung „G.straße“, der die Vorhabengrundstücke, die zwei mit Denkmälern bebauten Grundstücke sowie ein Zuwegungsgrundstück umfasst und ein reines Wohngebiet festsetzt, wurde am 7. Juni 2021 als Satzung beschlossen und am 9. Juni 2021 bekannt gemacht. Für die Vorhabengrundstücke sind drei Bauräume vorgesehen, für die Maßfestsetzungen (zulässige Grundfläche 180 m², höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse - II -, maximal zulässige talseitige Wandhöhe 6,5 m, maximal zulässige Firsthöhe 10 m) bestehen. Weiter wird die zulässige Grundfläche grundstücksbezogen festgesetzt; die Vorhabengrundstücke werden dabei als ein Baugrundstück zusammengefasst.
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Der erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht statt, soweit der Vorbescheid den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht (Art der Nutzung und Bauweise) und die Anforderungen des Denkmalschutzrechts erfüllt sind (Art. 6 BayDSchG). Im Übrigen wurde das Verpflichtungsbegehren der Kläger abgelehnt, da die Festsetzungen des Bebauungsplans zum Maß der baulichen Nutzung und zur überbaubaren Grundstücksfläche wirksam seien. Eine nicht gerechtfertigte massive Reduzierung des bestehenden Baurechts sei nicht erfolgt. Das Anwesen G.straße 18 gehöre nicht mehr zur maßgeblichen näheren Umgebung. Die übrige Bebauung im Bereich des Vorhabenstandorts weise an der G.straße lediglich bis zu zwei Vollgeschosse mit ausgebauten Dachgeschossen auf. Unabhängig von der Frage, ob vor Erlass des Bebauungsplans eine Gesamthöhe von 10,90 m tatsächlich zulässig gewesen sei, wäre an einer Reduzierung auf das nunmehr zugelassene Maß rechtlich jedenfalls nicht zu erinnern. Die örtliche Situation mit den beiden Denkmälern stelle bei der baulichen Entwicklung des Bereichs ein gewichtiges städtebauliches Anliegen der Beigeladenen dar, welches eine Einschränkung eines bestehenden Baurechts rechtfertige. Weiter sei der Bebauungsplan auch nicht aufgrund einer unzureichenden Festsetzung des Maßes der maximal zulässigen Grundfläche von baulichen Anlagen unwirksam.
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Mit dem Zulassungsantrag wenden sich die Kläger gegen den klageabweisenden Teil des verwaltungsgerichtlichen Urteils und machen die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 VwGO geltend. Die Festsetzungen im Bebauungsplan „G.straße“ könnten dem Bauvorhaben nicht entgegengehalten werden, weil dieser unwirksam sei. So habe die Beigeladene das auf den Vorhabengrundstücken gegebene Baurecht nach § 34 BauGB nicht richtig erkannt und deshalb nur völlig unzureichend als berücksichtigungsfähigen Belang in die Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 7 BauGB eingestellt. Das bestehende Baurecht sei auch ohne sachlich rechtfertigen Grund reduziert worden, den Belangen des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege sowie der Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes im Sinn des § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB sei nur eine untergeordnete Bedeutung zuzumessen. Die Festsetzungen zur maximal zulässigen Grundfläche genügten nicht den Anforderungen des § 16 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 19 BauNVO. Die Beigeladene hätte vorliegend das auf die Baugrundstücke bezogene „Summenmaß“ nicht durch Festlegung der absoluten Größe der maximal zulässigen Grundfläche angeben dürfen, sondern eine Grundflächenzahl festlegen müssen, da der genaue Zuschnitt der Baugrundstücke zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses noch nicht festgestanden habe. Für das mittlere Baufeld fehle es zudem an der städtebaulichen Erforderlichkeit gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, da es sich sowohl auf eine Teilfläche des Vorhabengrundstücks FlNr. …/19 als auch auf FlNr. …/20 erstrecke. Rechtsfragen zum Einfügen im Sinn des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB und zur Festsetzung der maximal zulässigen Grundfläche durch Angabe absoluter Quadratmeterzahlen seien grundsätzlich bedeutsam.
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Der Beklagte tritt dem Beschwerdevorbringen entgegen, die geltend gemachten Zulassungsgründe lägen nicht vor. Soweit sich die Kläger gegen die Behandlung der Grundstücke FlNr. …/19 und …/20 als ein Baugrundstück wenden würden, setzten sie sich in Widerspruch zu ihren eigenen Bebauungsvorstellungen. Ermittlungs- und Abwägungsfehler im Hinblick auf ein nach § 34 BauGB bestehendes Baurecht seien jedenfalls nicht beachtlich. Auf die gestellten Rechtsfragen komme es nicht an.
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Die Beigeladene äußerte sich nicht.
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Ergänzend wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.
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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 8.5.2019 - 2 BvR 657/19 - juris Rn. 33; B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838). Das ist nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die angegriffenen Festsetzungen des Bebauungsplans „G.straße“ wirksam sind und der beantragten Erteilung des Vorbescheids entgegenstehen.
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1.1. Soweit die Kläger in der Zulassungsbegründung vortragen, dass Ausgangspunkt für die Fehlerhaftigkeit des im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Abwägungsergebnisses sei, dass die Beigeladene den Umfang des bislang bestehenden Baurechts verkannt und dieses deshalb nur völlig unzureichend als berücksichtigungsfähigen Belang in die Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 7 BauGB eingestellt habe, machen sie ein Ermittlungsdefizit gemäß § 2 Abs. 3, § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB geltend. Wenn man davon ausgeht, dass die Jahresfrist des § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB mit einer Rüge in einem Klageverfahren, in dem die Gemeinde nur Beigeladene ist, gewahrt werden kann (vgl. BayVGH, U.v. 18.1.2016 - 2 N 14.2499 - juris Rn. 74), bedurfte es vorliegend keiner vertieften Ermittlung des Baubestands auf den einzelnen Grundstücken in der Umgebung. Die Beigeladene war sich mit der Aufstellung des Bebauungsplans anlässlich des beantragten Vorbescheids bewusst, dass auf dem Vorhabengrundstück ein Baurecht nach § 34 BauGB besteht und sie mit den Festsetzungen des Bebauungsplans ggf. Baurecht einschränkt. Maßgeblich für das zulässige Maß der Baukörper auf den Vorhabengrundstücken war die Unterordnung in Bauvolumen und Höhe im Hinblick auf die bestehenden denkmalgeschützten Villen auf den Grundstücken FlNr. …/3 und …/4 (vgl. 4.2 der Begründung des Bebauungsplans). Die Beigeladene hat für die Maßfestsetzungen auch die Umgebungsbebauung in den Blick genommen und „in Anlehnung an die in unmittelbarer Umgebung befindlichen Bebauung einen Zuschlag von bis zu 30%“ gegenüber der Grundfläche der denkmalgeschützten Gebäude gegeben.
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Bestehendes Baurecht wird entgegen dem Vortrag in der Zulassungsbegründung auch nicht massiv eingeschränkt. So liegen substantiierte Einwände gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass das Anwesen G.straße 18 hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht mehr prägend sei, nicht vor. Die nähere Umgebung ist für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen. Dabei ist bei der Bestimmung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung eines Grundstücks der Umkreis der zu beachtenden Bebauung „in der Regel“ enger zu begrenzen als bei der Ermittlung des Gebietscharakters (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2014 - 4 B 38.13 - NVwZ 2014, 1246). Diesen Grundsatz hat das Verwaltungsgericht berücksichtigt und nach dem gewonnenen Eindruck im Augenschein festgestellt, dass das Anwesen G.straße 18 nicht mehr zur maßgeblichen näheren Umgebung gehört. Soweit vorgetragen wird, dass aufgrund des Verlaufs der G.straße in Richtung Nordosten davon auszugehen sei, dass von den Vorhabengrundstücken aus - jedenfalls in Teilen - hinreichende Sichtbeziehungen zur Bebauung auf dem Anwesen G.straße 18 bestünden, ist dieser Vortrag weder substantiiert noch ist die Blickbeziehung allein maßgeblich für die Frage, ob sich zwei Grundstücke gegenseitig prägen oder beeinflussen (vgl. OVG NW, B.v. 29.7.2019 - 10 A 2624/18 - juris Rn. 4). Auch das gegenüberliegende Wohngebäude G.straße 29 gehört damit nicht mehr zur maßgeblichen Umgebungsbebauung. Warum die Anwesen, die nördlich der G.straße an der R. Straße (R. Straße 39 + 41 sowie 43 + 45) liegen und auch nicht Gegenstand der Ortsbesichtigung waren, für die Vorhabengrundstücke als Umgebungsbebauung prägend sein sollen, wird weder ausgeführt noch ist dies ersichtlich.
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Soweit im Übrigen mit der Zulassungsbegründung insbesondere auf die Geschossigkeit der Umgebungsbebauung abgestellt wird, prägen Gebäude ihre Umgebung nicht durch einzelne Maßbestimmungsfaktoren im Sinn des § 16 Abs. 2 BauNVO, sondern erzielen ihre optische maßstabsbildende Wirkung durch ihr gesamtes Erscheinungsbild. Bedeutsam für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind solche Maße, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche, prägen das Bild der maßgeblichen Bebauung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung an (vgl. BVerwG, B.v. 3.4.2014 - 4 B 12.14 - BauR 2014, 1126; B.v. 14.3.2013 - 4 B 49.12 - BauR 2013, 1245; U.v. 23.3.1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277). Die Übereinstimmung nur in einem Maßfaktor genügt nicht, weil sie dazu führen könnte, dass durch eine Kombination von Bestimmungsgrößen, die einzelnen Gebäuden in der näheren Umgebung jeweils separat entnommen werden, Baulichkeiten entstehen, die in ihrer Dimension kein Vorbild in der näheren Umgebung haben (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 - 4 C 7.15 - BVerwGE 157, 1). Die geltend gemachte massive Reduzierung des Baurechts, die mit der Aufzählung einzelner in der Umgebung vorhandener Größen zu Grundfläche, Wand- bzw. Firsthöhe und Vollgeschossen begründet wird, ist, soweit die Baukörper überhaupt zur maßgeblichen Umgebungsbebauung gehören, daher nicht gegeben. Soweit auf die Referenzliste Bezug genommen wird, in der die Objekte dargestellt seien, genügen die Kläger damit bereits ihrer Darlegungspflicht nicht; auch sind die Vorhaben z.T. nur aus einer Ansicht (z.B. seeseitig) dargestellt bzw. aufgenommen.
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1.2. Das Verwaltungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass eine vorliegende Einschränkung des bestehenden Baurechts und die Situierung der Baufenster durch die städtebaulichen Belange des Denkmalschutzes gerechtfertigt sind. Wie bereits oben ausgeführt war es u.a. Ziel der Bauleitplanung, die neuen Gebäude den bestehenden denkmalgeschützten Gebäuden unterzuordnen, wobei dieses Ziel insbesondere im Hinblick auf die Höhenentwicklung der neuen Gebäude verfolgt wurde. Zur Erhaltung baulicher Anlagen und Gärten können die Instrumente der Bauleitplanung ebenso wie die des Denkmalschutzrechts eingesetzt werden. Das Bodenrecht (vgl. § 1 Abs. 6 Satz Nr. 5 BauGB) nimmt die zu erhaltenden baulichen Anlagen, Straßen-, Platz- oder Ortsbilder in ihrer Beziehung zur aktuellen Gemeindestruktur und ihrer räumlichen Funktion für das gegenwärtige und künftige Zusammenleben der Menschen in den Blick. Es bezieht vorhandene Anlagen von historischem Wert in ihrer Bedeutung für eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodenordnung und eine menschenwürdige Umwelt in seine Regelungen ein. Denkmalgeschützte Anlagen können den Anknüpfungspunkt für städtebauliche Festsetzungen bilden, sei es dass sie Art und Maß denkmalrechtlich geschützter Gebäude bestimmen oder dass sie Maßnahmen des Denkmalschutzes ergänzen, indem sie nutzungsbedingte Beeinträchtigungen von Baudenkmälern oder Denkmalbereichen abwehren oder mindern (Freihalten von Sichtschneisen, Vermeidung einer die Aufgaben des Denkmalschutzes störenden Nutzung in der Umgebung des geschützten Bereichs) (vgl. BVerwG, B.v. 4.1.2007 - 4 B 74.06 - BauR 2007, 667; U.v. 18.5.2001 - 4 CN 4.00 - BVerwGE 114, 247). Bei der Abwägung der städtebaulichen Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege mit den privaten Belangen der Kläger durfte die Beigeladene danach ersteren den Vorrang einräumen. Die mit dem Zulassungsantrag geltend gemachten Einwände führen zu keinem anderen Ergebnis.
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Soweit vorgetragen wird, dass die maßgeblichen Sicht- und Wirkachsen der Denkmäler bereits gegenwärtig weitgehend beschränkt würden, ist es legitimes Ziel der Bauleitplanung, die Sichtbeziehungen nicht noch weiter einzuschränken. Zu der geltend gemachten Hauptwirkachse vom See aus hat das Verwaltungsgericht nachvollziehbar ausgeführt, dass die Wahrnehmung der Denkmäler im Sinn einer städtebaulichen Betrachtung im Hinblick auf das Orts- und Landschaftsbild auch durch eine hinter den Denkmälern liegende, übergroße Bebauung verändert bzw. beeinträchtigt werden kann (vgl. auch Abb. 8 auf S. 17 der Bebauungsplanbegründung). Auch die Schlussfolgerung, dass die Beigeladene bei der Aufstellung des Bebauungsplans keine städtebaulichen Ziele verfolgt habe, weil in der Bebauungsplanbegründung ähnliche Formulierungen wie in den Bewertungen des Landesamts für Denkmalpflege und der unteren Denkmalschutzbehörde verwendet worden seien, ist unbegründet. Die Beigeladene wollte mit der Bauleitplanung die baurechtlichen Grundlagen für eine maßvolle Entwicklung eines Wohngebiets unter Berücksichtigung der denkmalschutzrechtlichen Belange schaffen. Dabei sollte auch dem bestehenden Baumbestand besonders im Umfeld der denkmalgeschützten Villen Rechnung getragen werden. Maßnahmen des Denkmalschutzes und des Städtebaus können ein und dasselbe Objekt betreffen und sich gegenseitig ergänzen (vgl. BVerwG, U.v. 18.5.2001 - 4 CN 4.00 - BVerwGE 114, 247). Das Abrücken der Neubebauung möglichst weit von den Denkmälern dient neben dem Erhalt von Bäumen dem städtebaulichen Ziel eines möglichst ungestörten Blicks auf die bestehenden Denkmäler im Sinn eines Ortsbildes und verliert ihren städtebaulichen Charakter nicht dadurch, dass es von den Denkmalschutzbehörden vorgetragene Belange unterstützt; gerade wenn diese Belange nicht mit dem Landesdenkmalrecht geschützt werden können. Es ist auch nicht widersprüchlich und abwägungsfehlerhaft, wenn ein bestehendes, deutlich niedrigeres Nebengebäude als das bestehende Baudenkmal auf FlNr. …/3 mit den Bebauungsplanfestsetzungen geringfügig erweitert werden kann. Inwieweit ein historischer Plan mit geplanten Grundstücksteilungen den heutigen städtebaulichen Zielvorstellungen der Beigeladenen entgegenstehen sollte, ist nicht ersichtlich. Dies mag allenfalls denkmalschutzrechtliche Bedeutung für den Gartenbereich haben (vgl. hierzu auch die Ausführungen des Verwaltungsgerichts UA Rn. 43).
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Soweit sich die Kläger gegen die ortsgestalterischen Festsetzungen hinsichtlich der Dachform für Hauptbaukörper wenden, wird die geltend gemachte Prägung durch Flachdächer in der Umgebung mit der Zulassungsbegründung nur behauptet, aber nicht dargelegt.
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1.3. Die Bildung eines Baugrundstücks aus den Vorhabengrundstücken FlNr. …/19 und …/20 ist weder nach dem Planungsgrundsatz der Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB), der nicht nur für den Anlass der Bauleitplanung, sondern auch für deren Inhalt und damit für jede Festsetzung gilt (vgl. BVerwG, B.v. 20.10.2020 - 4 BN 55.20 - juris Rn. 4; U.v. 18.3.2004 - 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239), noch hinsichtlich der für dieses Baugrundstück festgesetzten zulässigen Grundfläche zu beanstanden.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind das Baugrundstück und das Buchgrundstück keineswegs ausnahmslos gleichzusetzen. Ausnahmen sind nicht nur vertretbar, sondern geboten, wenn bei Verwendung des grundbuchrechtlichen Begriffs die Gefahr bestände, dass der Sinn einer bestimmten bau- und bodenrechtlichen Regelung handgreiflich verfehlt würde (vgl. BVerwG, U.v. 19.9.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50; B.v. 30.11.2000 - 4 BN 57.00 - ZfBR 2001, 421). Das ist hier der Fall. Für die städtebauliche Planung hat sich die Beigeladene zum einen an den Planvorstellungen der Kläger orientiert, die eine Gesamtplanung für die beiden Grundstücke eingereicht, den mittleren Baukörper ungeachtet der Grundstücksgrenzen situiert und mit dem Vorbescheidsantrag ausgeführt haben, dass die Grundstücke zu einem Buchgrundstück verschmolzen werden sollen, zum anderen ist für die zugelassene Bebauung eine einheitliche Tiefgarage vorgesehen, die sich für den notwendigen Zugang zu den Häusern ebenfalls auf die zwei Vorhabengrundstücke erstreckt. Es obliegt der Gemeinde, die planerische Konzeption festzulegen. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (stRspr., vgl. BVerwG, U.v. 10.9.2015 - 4 CN 8.14 - BVerwGE 153, 16 m.w.N.). Angesichts des ausdrücklich erklärten Willens der Kläger im Antragsverfahren ist auch nicht erkennbar, dass die Verwirklichung des eingeräumten Baurechts nicht möglich ist. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob es den Klägern nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (hier „venire contra factum proprium“) bereits verwehrt ist, die Unwirksamkeit der Zusammenfassung der zwei Vorhabengrundstücke zu einem Baugrundstück geltend zu machen.
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Da räumliche Bezugsgröße für die zulässige Grundfläche das Baugrundstück ist (vgl. BVerwG, B.v. 30.11.2000 - 4 BN 57.00 - ZfBR 2001, 421), ist auch die Festsetzung der zulässigen Grundfläche, die für das Baugrundstück (Baugrundstück III) insgesamt festgesetzt wird, einschließlich der Überschreitungsregelung nach § 19 Abs. 4 BauNVO nicht zu beanstanden. Die Kritik der Kläger zu der Festsetzung der zulässigen Grundfläche betrifft die Zusammenfassung der Vorhabengrundstücke zu einem Baugrundstück und ist aus den oben genannten Gründen unerheblich. Die Beigeladene konnte bei Satzungsbeschluss davon ausgehen, dass die Vorhabengrundstücke zu einem Buchgrundstück verschmolzen werden. Sie musste keine Vorsorge für Grundstücksteilungen treffen; zudem ist die Fläche für die verpflichtende Tiefgarage, für die vor allem die Überschreitungsregelung nach § 19 Abs. 4 BauNVO maßgeblich ist, räumlich festgelegt. Der allgemeine Hinweis zu ev. späteren Grundstücksteilungen in der Bebauungsplanbegründung, der das gesamte Plangebiet betrifft, rechtfertigt keine andere Einschätzung.
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2. Aus den genannten Gründen weist die Rechtssache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) auf.
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3. Auch der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 BauGB liegt nicht vor.
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Die Rechtsfrage,
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ob es bei der Beurteilung des Einfügens eines Bauvorhabens in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung im Sinn des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauG im Hinblick auf die optische Geschossigkeit keinen Unterschied macht, ob ein Geschoss als zurückversetztes Staffelgeschoss oder aber als ein nach außen sichtbarer, großzügig ausgebauter und befensterter Dachraum ausgeführt wird,
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ist nach den Ausführungen unter 1. bereits nicht entscheidungserheblich, da die Beigeladene mit den Bebauungsplanfestsetzungen Baurecht einschränken konnte, die vorgetragene massive Einschränkung von Baurecht nicht vorliegt, insbesondere benannte Objekte nicht zur maßgeblichen Umgebungsbebauung gehören, es für die Frage von bestehendem Baurecht auf eine isolierte Betrachtung der Geschossigkeit von Baukörpern nicht ankommt und es im Übrigen an einer substantiierten Darlegung von Referenzobjekten, soweit diese zur Umgebungsbebauung gehören, im Zulassungsverfahren fehlt. Weiter sind die Grundsätze zur Berücksichtigung der Geschosszahl, bei der es auf den optischen Eindruck ankommt und nicht auf die Frage, ob ein Dachgeschoß ein Vollgeschoss ist, in der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits geklärt (vgl. BVerwG, B.v. 14.3.2013 - 4 B 49.12 - BauR 2013, 1245 zu BayVGH, U.v. 30.7.2012 - 1 B 12.906 - juris Rn. 21; BayVGH, U.v. 26.10.2021 - 15 B 19.2130 - juris Rn. 51 m.w.N.). Die Beurteilung, ob der Ausbau des Luftraumes unter dem Dach mit einzelnen Räumen oder als Ganzes als weiteres Geschoss angesehen werden kann, ist anhand des konkreten Einzelfalls zu treffen.
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Auch die weiter gestellte Rechtsfrage,
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ob es im Fall der Festsetzung der maximal zulässigen Grundfläche für bauliche Anlagen durch Angabe absoluter Quadratmeterzahlen planungsrechtlich geboten ist, das nach der Rechtsprechung des BayVGH zugleich - bezogen auf das gesamte Baugrundstück - festzusetzende „Summenmaß“ (jedenfalls zusätzlich) durch Festlegung der zulässigen Grundflächenzahl festzulegen, wenn für die planende Stelle bei Satzungserlass der genaue Zuschnitt der Baugrundstücke des zu überplanenden Bereichs noch nicht hinreichend erkennbar ist, seitens der planenden Stelle aber bereits zu diesem Zeitpunkt der Bedarf besteht, aus ortsgestalterischen Gründen auch die flächenmäßige Ausdehnung der Baukörper zu steuern, um die Entstehung von überdimensioniert erscheinenden Gebäuden in einer optisch empfindlichen Lage zu verhindern,
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ist nicht entscheidungserheblich, da wie oben ausgeführt die Beigeladene bei Satzungsbeschluss davon ausgehen konnte, dass die beiden Vorhabengrundstücke ein Baugrundstück sind.
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4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG, die Abänderungsbefugnis hinsichtlich des Streitwerts für das erstinstanzliche Verfahren auf § 63 Abs. 3 GKG. Wird mit dem Vorbescheid - wie hier - abschließend über die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens entschieden, besteht regelmäßig kein Anlass für eine Reduzierung im Vergleich zum vollen Streitwert für eine entsprechende Baugenehmigung (vgl. BayVGH, B.v. 16.11.2015 - 1 C 15.2348 - juris Rn. 2).
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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).