Titel:
Anordnung zur Baubeseitigung und Wiederherstellung des natürlichen Verlaufs der Geländeoberfläche - Kirchweih-Notschänke
Normenketten:
BayBO Art. 2 Abs. 1 S. 1, Art. 76 S. 1
BauGB § 30 Abs. 1
BayDSchG Art. 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, Art. 6 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1, Art. 15 Abs. 4
GG Art. 14
Leitsätze:
1. Regelungen über Beseitigung und Nutzungsuntersagung des BayDSchG stehen zu Art. 76 S. 1 BayBO nicht im Verhältnis der Spezialität, sondern der Alternativität, sodass eine Anordnung sowohl auf Art. 76 S. 1 BayBO als auch auf eine entsprechende Befugnisnorm des BayDSchG gestützt werden kann. (Rn. 62) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein denkmalgeschütztes Ensemble erfordert nicht, dass nur alte Bausubstanz vorhanden ist. (Rn. 82) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei einer jeweils gebotenen Einzelfallbetrachtung und -bewertung sprechen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes bei einer Ensembleveränderung jedenfalls dann für die Beibehaltung des bisherigen Zustands iSv Art. 6 Abs. 2 S. 1 BayDSchG, wenn sich das strittige Vorhaben auf die Eigenart des Ensembles in seiner originalen Struktur und mit seinen typischen Merkmalen auswirkt. (Rn. 89) (redaktioneller Leitsatz)
4. Mit Blick auf den hohen Rang des Denkmalschutzes und den Grundsatz der Sozialpflichtigkeit des Eigentums muss ein Eigentümer es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums. (Rn. 94) (redaktioneller Leitsatz)
5. Auf Art. 76 S. 1 BayBO kann zwar das Verlangen der vollständigen Beseitigung einer Anlage, also einschließlich der Fundamente und der Betonbodenplatte, sowie Entfernung der Baumaterialien, von Restbauteilen, von Schutt sowie von Auf- und Anschüttungen im Rahmen der illegal geschaffenen Anlagen vom Grundstück sein, nicht aber positiver Baumaßnahmen, mit denen die Wiederherstellung des natürlichen Verlaufs der Geländeoberfläche verbunden wäre. (Rn. 103) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Baueinstellungsverfügung und Anordnung der Wiederherstellung des natürlichen Geländeverlaufs, Auslegung eines Bebauungsplanes, Ensemble-Schutz nach BayDSchG, Entfallen der Schutzwürdigkeit eines Ensembles durch störende Bebauung (hier verneint), Störung des Erscheinungsbildes eines Ensembles, Beseitigungsanordnung, Ermessen, Zumutbarkeit
Fundstelle:
BeckRS 2022, 25473
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2021, Az.: …, wird in den Ziffern 2 und 4 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger trägt 2/3 und die Beklagte trägt 1/3 der Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger und die Beklagte können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweils andere vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen eine Baubeseitigungsanordnung für das Grundstück B.-straße in Höhe des Hauses Nr. … sowie die Anordnung, nach Beseitigung der Anlage den natürlichen Verlauf der Geländeoberfläche wiederherzustellen.
2
Der Kläger ist Eigentümer verschiedener Grundstücke am … sowie Pächter eines Teils des Grundstücks B.-straße, Gemarkung …, FlNr. … Dort betreibt er die Gastronomie … als Biergarten.
3
Das Grundstück südlich des Weges „A.“ liegt im Geltungsbereich des am 3. Juli 1981 rechtsverbindlich gewordenen Bebauungsplanes Nr. …, der für die Teilfläche des Grundstücks zeichnerisch eine Grünfläche mit zu erhaltendem wertvollem Baumbestand mit der Nutzung „Festplatz“ festsetzt. Unter Ziff. 7 der textlichen Festsetzungen wird ausgeführt: „Innerhalb der Grünfläche Festplatz sind zweckgebundene bauliche Anlagen (gem. Art. 5 BayBO) zulässig“. In der Begründung für den Bebauungsplan Nr. … wird u.a. ausgeführt: „Im Bebauungsplanbereich wird für die Freifläche am Fuß des … „Festplatz“ festgesetzt. Das dient der Sicherung der Flächen der traditionellen …-kirchweih. Bei den Festsetzungen für bauliche Anlagen wurde von dem Gebäudebestand ausgegangen.“
4
Die Schänke liegt auch im Denkmalensemble „…“, für das der Bayerischen Denkmalliste u.a. folgender Listentext zu entnehmen ist:
„Das Ensemble … umfasst den der Stadt … zugewandten Südhang des … sowie Teilbereiche des West- und Nordhangs in ihrer überlieferten, mindestens bis ins 15. Jahrhundert zurückgehenden Anlage. Der … erstreckt sich von der … ca. 1.500 m in östlicher Richtung und überragt das Niveau der Stadt … um etwa 50 m. Eine namensgebende … konnte nicht belegt werden. An dem klimatisch begünstigten Südhang ist seit dem 15. Jahrhundert Obst- und Weinanbau nachweisbar. Die starke Durchgrünung und der dichte Baumbestand sind bis heute ein wichtiges Charakteristikum des … Daneben wurden wohl bereits seit dem Hochmittelalter, nachweislich seit 1619, am … Sandsteinquader abgebrochen. So wurden für den Bau der Neustadt (…) und für den Wiederaufbau der Altstadt … hauptsächlich Steine vom … verwendet. Eine neue Bedeutung für die Stadt gewann der … um 1700, als … Brauereien begannen, an der Südseite Felsenkeller für die Lagerung des Biers ins Gestein zu treiben. So entstanden im Laufe der nächsten 150 Jahre insgesamt 16 Felsenkeller mit einer Länge von über 21 km. Der Schauplatz der …-kirchweih, eines der größten bayerischen Volksfeste, ist als besonderer Bereich des Ensembles durch zahlreiche ehemalige Gartenhäuser, terrassierte Biergärten und die den Festplatz begründenden Felsenkeller der Bierbrauereien gekennzeichnet. […]“
Am 16. November 2020 stellte die Bauaufsicht der Beklagten fest, dass der Kläger auf dem Grundstück B.-straße, Gemarkung …, FlNr. … dabei war, ein Gebäude für eine dauerhafte Ausschankstelle fertigzustellen, das einen bisher bestehenden Bretterbau (sogenannte Notschänke) ersetzen sollte. Die Bedachung besteht aus Teilen eines kupfernen Sudkessels, die Außenwände sind in Holzbauweise ausgeführt und das Fundament besteht aus Beton. Die am 16. November 2020 dem Kläger gegenüber mündlich erteilte Anordnung zur Einstellung der Bauarbeiten wurde mit Bescheid vom 18. November 2020 bestätigt. Der Kläger wurde aufgefordert, sämtliche Bauarbeiten zur Errichtung einer Ausschankstelle (sogenannte Notschänke) zu unterlassen. Die Anordnung wurde für sofort vollziehbar erklärt. Im Falle der Zuwiderhandlung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR angedroht. Ein Rechtsmittel hiergegen wurde nicht erhoben.
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Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege führte mit E-Mail vom 24. November 2020 unter Bezugnahme auf den Text zum Ensemble … in der Bayerischen Denkmalliste aus: „Sowohl die Begrünung als auch die terrassierte Struktur ist demnach konstituierend für das Ensemble. Als historische Bebauung sind in diesem Bereich vor allem die Kellerhäuschen zu nennen. Jegliche zusätzliche kleinteilige Bebauung beeinträchtigt das Erscheinungsbild des Ensembles maßgeblich. Als temporäre Einrichtungen während der …-kirchweih werden vergleichbare Aufbauten akzeptiert, nicht jedoch als dauerhafte Bebauung. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege bittet die Stadt … mit Nachdruck, hier konsequent vorzugehen und keine (weiteren) Präzedenzfälle zu schaffen.“
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Mit Schreiben vom 13. April 2021 wurde der Kläger darüber informiert, dass mit dem Vorhaben die im Zeitpunkt der Aufstellung des Bebauungsplanes (1979/1980) auf dem Festplatz vorhandenen baulichen Anlagen (Ziff. 7 der textlichen Festsetzung) erweitert würden, was den planerischen Leitgedanken in der Begründung zum Bebauungsplan zuwiderlaufe. Es bestehe damit eine bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit. Von den Festsetzungen könne auch nicht nachträglich befreit werden, weil dies städtebaulich nicht vertretbar sei und die Grundzüge der Planung berührt seien. Das Vorhaben sei auch rechtswidrig, weil die dafür erforderliche denkmalschutzrechtliche Erlaubnis fehle und auch nicht nachträglich erteilt werden könne.
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Da keine baurechtsgemäßen Zustände geschaffen werden könnten, wurde der Kläger aufgefordert, die Ausschankstelle freiwillig bis 21. Mai 2021 zu beseitigen und den erforderlichen Rückbau dem Bauaufsichtsamt schriftlich zu bestätigen. Sollte der Kläger der Aufforderung nicht fristgerecht nachkommen, werde ein kostenpflichtiger Bescheid zur Beseitigung des Bauwerks mit Unterkonstruktion erlassen. Dem Kläger wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
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Die Bitte des Klägers um ein persönliches Gespräch zur gütlichen Regelung der Angelegenheit wurde unter Verweis darauf, dass der Sachverhalt hinreichend bekannt sei, abgelehnt. Die daraufhin angekündigte schriftliche Äußerung erfolgte nicht.
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Die Beklagte erließ am 28. Mai 2021, dem Kläger zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 29. Mai 2021, folgenden Bescheid:
10
1. Herr … … wird aufgefordert, die auf dem vorgenannten Anwesen angebrachte Notschänke vollständig vom oben genannten Grundstück zu entfernen. Dem Bauaufsichtsamt ist die Erledigung der Arbeiten schriftlich zu bestätigen.
11
2. Herr … … wird aufgefordert, nach Beseitigung der Anlage den natürlichen Verlauf der Geländeoberfläche wiederherzustellen. Dem Bauaufsichtsamt ist die Erledigung der Arbeiten schriftlich zu bestätigen.
12
3. Für den Fall, dass die Anordnungen unter Ziff. 1 nicht innerhalb von einem Monat nach Bestandskraft des Bescheides erfüllt werden, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 EUR zur Zahlung fällig.
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4. Für den Fall, dass die Anordnungen unter Ziff. 2 nicht innerhalb von einem Monat nach Bestandskraft des Bescheides erfüllt werden, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR zur Zahlung fällig.
14
5. Herr … … hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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6. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 150,00 EUR festgesetzt. Die Auslagen betragen 3,13 EUR. Die Kosten dieses Bescheides von insgesamt 153,13 EUR sind bis 30.06.2021 auf eines der vorstehend angegebenen Konten der Stadt Erlangen zu überweisen.
16
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei der Ausschankstelle um eine bauliche Anlage i.S.d. Art. 2 BayBO handele. Dahinstehen könne, ob das Vorhaben genehmigungsfrei sei, da die Verfahrensfreiheit nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung von Anforderungen, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an Anlagen gestellt würden, entbinde, Art. 55 Abs. 2 BayBO. Die Schänke befinde sich im Geltungsbereich des rechtswirksamen Bebauungsplanes Nr. … Ziff. 7 der textlichen Festsetzung erlaube innerhalb der Grünflächen „Festplatz“ zweckgebundene bauliche Anlagen. Gemeint seien damit dem Festbetrieb dienende Bauten, die in der Folge nur in einem begrenzten Zeitraum errichtet würden. Eine dauerhafte Schankstelle sei demnach unzulässig. Daneben würden mit der Errichtung der Schänke auch die im Zeitpunkt der Aufstellung des Bebauungsplanes auf dem Festplatz vorhandenen baulichen Anlagen erweitert, was den planerischen Leitgedanken zuwiderlaufe. Von den Festsetzungen des Bebauungsplanes könne das Vorhaben selbst nachträglich nicht befreit werden, weil es sowohl die Grundzüge der Planung berühre als auch städtebaulich nicht vertretbar sei.
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Weiterhin sei die Errichtung der Schänke rechtswidrig, weil die dafür erforderliche denkmalschutzrechtliche Erlaubnis fehle. Die Ausschankstelle liege im Bereich des baudenkmalgeschützten Ensembles „…“ und ihre Errichtung erfordere eine Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 Bayerisches Denkmalschutzgesetz (BayDSchG), die weder beantragt noch erteilt worden sei. Die Erlaubnis könne auch nicht nachträglich erteilt werden, weil die Schänke eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung für das Erscheinungsbild des Ensembles darstelle. Es bestehe ein besonderes öffentliches Interesse daran, dass nicht genehmigungsfähige Anlagen beseitigt würden, um den Bestimmungen des Baurechts und des Denkmalschutzes Geltung zu verschaffen. Außerdem gelte es, die Entstehung von Bezugsfällen zu verhindern. Demgegenüber müsste das Interesse des Klägers am Fortbestand der Ausschankstelle zurücktreten. Da die von der rechtswidrigen Schänke ausgehenden nachteiligen Auswirkungen nicht auf andere Weise behoben werden könnten, sei es verhältnismäßig, die Beseitigung der Anlage anzuordnen. Die vollumfängliche Beseitigung bedeute Beseitigung samt Unterkonstruktion, Baumaterialien, Restbauteile, Schutt sowie Auf- und Anschüttungen im Rahmen der illegal geschaffenen Anlage. Es sei auch verhältnismäßig und zumutbar, die Wiederherstellung des natürlichen Verlaufs der Geländeoberfläche zu verlangen, Art. 15 Abs. 4 BayDSchG. Der Umstand, dass die Stadt … über Jahre hinweg den an dieser Stelle befindlichen Bretterbau samt Unterkonstruktion geduldet habe, begründe keinen Vertrauenstatbestand zugunsten des Bauherrn in Bezug auf die grundsätzliche Zulässigkeit der vorgenommenen Bebauung bzw. deren Verfestigung. Zu keinem Zeitpunkt sei durch die Beklagte kommuniziert worden, dass mit dem Bauwerk Einverständnis bestehe.
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Hiergegen ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 28. Juni 2021, über das besondere Anwaltspostfach beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen am 28. Juni 2021, Klage erheben.
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Zur Begründung der Klage trugen die Bevollmächtigten des Klägers vor, dass auf dem Grundstück der Beklagten südlich des Weges „A.“ bereits seit Jahrzehnten ein Fundament bestehe, welches im Hangbereich errichtet sei und wodurch eine Fläche geschaffen worden sei, auf welcher eine Schänke errichtet werden könne. Bis zum Jahr 2020 sei dort eine Schänke verwirklicht gewesen, die während der Dauer der …-kirchweih für den Bierausschank benötigt worden sei. Auf den eigenen und gepachteten Grundstücken des Klägers sei ein Biergartenbetrieb etabliert, der während der Sommermonate seit der Nachkriegszeit ausgeübt werde. Er finde jährlich in der Zeit von April bis zum letzten Sonntag im September statt. Die baulichen Anlagen auf den dem Kläger gehörenden Grundstücken existierten zum Teil schon sehr lange und hätten bereits bestanden, als die Beklagte in den Jahren 1979 und 1981 die beiden aneinandergrenzenden Bebauungsplannummern … (für das Gebiet beiderseits der B.-straße zwischen B.-steig und S.-weg) und Nr. … (B.-straße, für das Gebiet zwischen der S., der B. Straße, der Straße A. und der R. Straße) als Satzung beschlossen habe. Der Kläger habe für die Errichtung einer Ausschankstelle und eines Bierkellers mit Werkstattraum auf seinem eigenen Grundstück am 23. Oktober 2015 eine Baugenehmigung erhalten. Diese Schänke liege nördlich zum Standort der verfahrensgegenständlichen Schänke im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. … Für die Maßnahme sei dem Kläger eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans gewährt worden. Im gesamten Gebiet der beiden aneinandergrenzenden Bebauungspläne mit der jeweiligen Festsetzung „Grünfläche Festplatz“ fänden sich bauliche Anlagen. Diese dienten meist der …-kirchweih, seien aber ganzjährig vorhanden. Auf dem Grundstück, auf denen der Kläger einen Biergartenbetrieb etabliert habe, fänden sich bauliche Anlagen, die diesem Zweck dienten und auch während der Zeit der …-kirchweih genutzt würden. Es handele sich dabei nicht nur um historische Anlagen. Auf dem Grundstück der Beklagten im Bereich, der von den Betreibern des … gepachtet werde, seien vor einigen Jahren neben einer neu hergestellten Treppe ein in den Hang gebautes Fundament mit weitaus größeren Ausmaßen als das verfahrensgegenständliche Fundament verwirklicht worden. Die streitgegenständliche Schänke stehe in großer Distanz zu den historischen Kellergebäuden, die das Ensemble im Sinne des Denkmalschutzrechts bildeten. Im Frühjahr 2021 sei die verfahrensgegenständliche Schänke mit einem Bruttorauminhalt von weniger als 75 Kubikmetern repariert und mit einem neuen Dach aus einer alten Sudpfanne versehen worden.
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Der rechtswidrige Bescheid sei aufzuheben, da keine rechtswidrige bauliche Maßnahme vorliege. Das Gebäude sei gemäß Art. 57 Abs. 1 a BayBO verfahrensfrei und bedürfe keiner Baugenehmigung. Es liege auch keine materielle Illegalität vor, da der Bebauungsplan ausdrücklich zulasse, dass im Gebiet der Festsetzung zweckgebundene bauliche Anlagen errichtet werden könnten. Eine Schänke sei sowohl für die …-kirchweih als auch für den Biergartenbetrieb eine zweckgebundene bauliche Anlage und somit bauplanungsrechtlich zulässig.
21
Auch im Hinblick auf das Denkmalschutzrecht liege kein Verstoß vor. Veränderungen im Bereich eines Ensembles seien nur dann erlaubnispflichtig, wenn sich die Veränderung auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken könne. Der Standort der Schänke sei nicht Teil des Ensembles. Ein Ensemble sei eine Mehrheit von baulichen Anlagen. Ein Ensemble sei in der Nähe zum Standort der Schänke nur hinsichtlich der Kellerhäuschen auf der Nordseite des Weges „A.“ gegeben, nicht aber hinsichtlich der baulichen Anlagen südlich dieses Weges. Wäre die Schänke Teil eines Ensembles, würde sie keine Beeinträchtigung darstellen (VG München, U.v. 15.7.2019 - M 8 K 19.1250 Rn. 101 ff.). Die Schänke stelle bereits wegen der großen Distanz zwischen den baulichen Anlagen keine Beeinträchtigung des Ensembles der Kellerhäuschen dar.
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Die formell und materiell rechtmäßig errichtete bauliche Anlage könne daher nicht Gegenstand einer Beseitigungsanordnung werden. Wäre ein Rechtsverstoß feststellbar, so wäre die Beseitigungsanordnung einschließlich des Fundaments unverhältnismäßig. Das Fundament bestehe bereits seit vielen Jahrzehnten und würde zum Betrieb einer Schänke für die Dauer der …-kirchweih genutzt. Dieser Bedarf werde auch in Zukunft für die Dauer der …-kirchweih gegeben sein. Auch an anderer Stelle seien Fundamente im Bereich des Hanges verwirklicht, so dass mit vorliegendem Bescheid gegen die seitens der Beklagten etablierte Verwaltungspraxis verstoßen werde, diese baulichen Anlagen, die im Hinblick auf die …-kirchweih benötigt würden, in ihrem Bestand zu belassen. Die Verpflichtung zur Beseitigung der Schänke einschließlich des Fundaments sei demnach in ermessensfehlerhafter Weise beschieden worden. Da das Fundament Bestandteil des Grundstücks der Beklagten sei, wäre eine Beseitigung ohne Zustimmung des Liegenschaftsamtes nicht zulässig.
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Die Verpflichtung zur Wiederherstellung des natürlichen Verlaufs der Geländeoberfläche sei bereits aus Gründen fehlender Bestimmtheit unzulässig. Niemand könne mehr sagen, wie der natürliche Geländeverlauf im Bereich des Bauwerks gewesen sei, da bereits viele bauliche Umgestaltungen stattgefunden hätten, nicht zuletzt durch die Stützmauer, welche das Gelände von …-kirchweih und Biergarten stabilisiere.
24
Eine Verpflichtung zur Wiederherstellung eines Geländes werde nicht von Art. 76 Satz 1 BayBO gedeckt. Die Verpflichtung könne sich auch nicht aus Art. 15 Abs. 4 BayDSchG ergeben, da der ursprüngliche Zustand sich auf den ursprünglichen Stand des Denkmals beziehe und nicht auf den ursprünglichen Zustand eines Geländes ohne Denkmaleigenschaft (VG Ansbach, U.v. 8.8.2018 - AN 3 K 18.00510).
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Soweit Zwangsgelder in Höhe von 10.000,00 und 1.000,00 EUR angedroht würden, sei der Bescheid ebenfalls rechtswidrig. Das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Schänke und deren Fundament werde nicht mit diesen Beträgen abgebildet. Es handele sich um eine „Notschänke“. Sie sei für den Biergartenbetrieb nicht zwingend erforderlich, trage also auch nicht zum wirtschaftlichen Ergebnis des Unternehmens bei.
26
Die Bevollmächtigten des Klägers beantragen,
1. Der Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2021 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits.
27
Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 16. September 2021,
28
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass gemäß Art. 76 Satz 1 BayBO die teilweise und vollständige Beseitigung der Anlagen angeordnet werden könne, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert würden und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden könnten.
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Die Beseitigungsanordnung sei formell rechtmäßig, insbesondere da der Kläger vor Erlass des Bescheides angehört worden sei.
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Die Beseitigungsanordnung sei auch materiell rechtmäßig. Nicht entscheidend sei, ob das Vorhaben nach Art. 57 BayBO verfahrensfrei sei, da die Verfahrensfreiheit nicht von der Verpflichtung entbinde, andere öffentlich-rechtliche Vorschriften, insbesondere hier die bauplanungsrechtlichen und denkmalschutzrechtlichen Vorschriften, zu beachten. Die Beseitigungsanordnung sei ausreichend bestimmt (BVerwG, U.v. 02.07.2008 - 7 C 38/07 - juris Rn. 11).
31
Entgegen der klägerischen Auffassung sei das Bauvorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig. Die Schänke befinde sich im Geltungsbereich des rechtswirksamen Bebauungsplans Nr. … Ziff. 7 der textlichen Festsetzung zum Bebauungsplan Nr. … erlaube innerhalb der Grünflächen „Festplatz“ zweckgebundene bauliche Anlagen. Erfasst hiervon seien dem Festbetrieb dienende Bauten, die in der Folge nur für einen begrenzten Zeitraum, nämlich für die Dauer der …-kirchweih, errichtet würden. Daneben würden mit der Errichtung der Schänke auch die im Zeitpunkt der Aufstellung des Bebauungsplanes auf dem Festplatz vorhandenen baulichen Anlagen erweitert, was den planerischen Leitgedanken zuwiderlaufe (siehe Begründung zum Bebauungsplan Seite 2 und 3).
32
Es liege auch ein Verstoß gegen Denkmalschutzrecht vor. Unzutreffend sei die Auffassung, der Standort der Schenke sei nicht Teil des Ensembles im Sinne von Art. 1 Abs. 3 BayDSchG und nur eine Mehrheit von baulichen Anlagen könne ein Ensemble im Rechtssinne bilden. Der Standort der Schenke liege nachweislich innerhalb des räumlich ausgewiesenen Ensembles „…“. Ensembles müssten nicht notwendigerweise nur aus baulichen Anlagen bestehen. So könnten zum Beispiel auch Gartenanlagen Teil eines Ensembles sein, obwohl sie begrifflich nicht unbedingt bauliche Anlagen darstellten. Diese Abweichung vom Wortlaut des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG ergebe sich im Rückschluss aus Art. 1 Abs. 2 Satz 3 BayDSchG, der historische Gartenanlagen zu Baudenkmälern im Sinne des BayDSchG erkläre, soweit sie als Zeugnisse der Kunst, des Städtebaus oder der Geschichte erhaltenswert seien. Dies treffe auf das Ensemble … expliziert zu, wie sich aus dem Listentext des Ensembles entnehmen lasse. Damit verkörpere das verfahrensgegenständliche Gelände eine Denkmaleigenschaft. Aus dem vorgenannten Listentext ergebe sich aber auch der ursprüngliche - und somit wiederherzustellende - Zustand des Geländes, der durch Naturnähe und starke Durchgrünung gekennzeichnet sei. Auch das Landesamt für Denkmalpflege (BayLfD) stelle in seiner anlässlich des Vorgangs erbetenen Stellungnahme vom 24. November 2020 ausdrücklich klar, dass sowohl die Begrünung als auch die terrassierte Struktur konstituierend für das Ensemble … sei. Hieraus rechtfertige sich auch die Forderung nach einer Wiederherstellung des natürlichen Verlaufs der Geländeoberfläche. Erforderlich sei hierfür ein unverbauter und begrünter Zustand des Hanges, der die oben genannte Durchgrünung an dieser Stelle wiederherstelle. Die Forderung der Beklagten unter Ziffer 2 des Bescheides sei somit auch hinreichend bestimmt.
33
Die Schenke stelle weiterhin auch eine erhebliche Beeinträchtigung des Ensembles dar. Das BayLfD weise in seiner Stellungnahme ausdrücklich darauf hin, dass jegliche zusätzliche kleinteilige Bebauung zu den vorhandenen Kellerhäuschen, die dauerhaft errichtet werde, das Erscheinungsbild des Ensembles maßgeblich beeinträchtige. Hieraus begründe sich auch die Erlaubnispflicht der Maßnahmen nach Art. 6 Abs. 1 Ziffer 2 Satz 3 BayDSchG, der zugleich die Rechtsgrundlage für die Forderung der Beklagten darstelle. Eine Bebauung des Hangs beeinträchtige nicht nur das Ensemble, vielmehr würde auch ein Bezugsfall geschaffen, der weitere Bebauungen am Hang nach sich ziehen und somit mittelfristig einen Verlust des naturnahen Charakters des …-kirchweihgeländes verursachen würden.
34
Der vom Kläger in Ansatz gebrachten Treppe am Hang des Geländes sei von Seiten des Denkmalschutzes nach einer umfassenden Abwägung aller Belange zugestimmt worden, da diese als Rettungsweg während der …-kirchweih fungiere und somit bebauungsplankonform deren Umsetzung diene. Weiteren Anbauten im Bereich des Hangs sei denkmalrechtlich nicht zugestimmt beziehungsweise diese nicht genehmigt worden.
35
Es sei darauf hinzuweisen, dass die Schenke nicht, wie vom Kläger behauptet, repariert worden sei. Vielmehr sei die alte Schenke, die ebenfalls ohne Zustimmung der Beklagten errichtet worden sei, entfernt und eine neue Schenke errichtet worden.
36
Die Beseitigungsanordnung bezüglich des gesamten Fundamentes sei rechtmäßig. Die bauliche Anlage sei ohne die Zustimmung der Beklagten als Grundstückeigentümerin auf dem gepachteten Grundstück errichtet worden und werde vom Liegenschaftsamt überdies auch in privatrechtlicher Hinsicht nicht geduldet, so dass auch das Liegenschaftsamt der vollständigen Beseitigung des Fundamentes ausdrücklich zustimme. Es sei bereits seit Langem ein erklärtes Ziel der Beklagten, dass die errichtete Schenke entfernt werden solle. Aus Gründen der Gleichbehandlung gelte dies selbstverständlich auch für die anderen auf dem Gesamtgelände der …-kirchweih ohne Genehmigung in der Vergangenheit errichteten Notschenken/Aufbauten. Insofern finde auch keine Benachteiligung des Klägers in Bezug auf etwaige Referenzobjekte statt.
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Die Höhe der Zwangsgelder unter Ziffer 3 und 4 des angegriffenen Bescheides sei nicht zu beanstanden. Da es sich um ein Beugemittel handle, seien die Zwangsgelder der Höhe nach angemessen. Sie bemessen sich im Rahmen der Verhältnismäßigkeit unter anderem auch nach dem wirtschaftlichen Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlungen habe, sowie dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung der Anordnung. Die Beklagte habe sich bei der Festsetzung des Zwangsgeldes an Erfahrungswerten orientiert, die in ähnlich gelagerten Fällen üblicherweise anfielen. Die angedrohten Zwangsgelder stünden auch nicht außer Verhältnis zu den Kosten, die voraussichtlich für den Abbruch der baurechtswidrigen Maßnahmen erforderlich sein werden, zumal darunter auch die Beseitigung des Fundamentes und die Wiederherstellung der Geländeoberfläche fielen.
38
Die Bevollmächtigten des Klägers replizierten mit Schriftsatz vom 4. November 2021 und führten aus, dass nicht der Kläger das Fundament der Notschenke errichtet habe, sondern der Vater des Klägers, der zu Lebzeiten an der streitgegenständlichen Stelle Musik auf einem für die Bühne errichteten Fundament habe spielen lassen. Nach dem Tod des Vaters 1975 sei das Podest nicht mehr als Bühne, sondern auf Veranlassung des Ordnungsamtes der Beklagten seit Anfang der 80er Jahre als Schenke genutzt worden. Das …-kirchweihgelände werde auch von Stützmauern, Treppenanlagen, massiven Absturzsicherungen und Fundamenten für Buden und Behelfsschenken geprägt. Es liege keine naturnahe Gestaltung vor, vielmehr handle es sich um eine vom Menschen kultivierte Gestaltung mit Baumbestand. Zum Beweis werde angeboten eine Inaugenscheinnahme durch das Gericht.
39
Das Fundament sei zu einem Zeitpunkt errichtet worden, als es den Bebauungsplan noch gar nicht gegeben habe. Insofern könne seine Herstellung nicht gegen die Festsetzungen des Bebauungsplanes verstoßen haben. Das Fundament diene zudem der Aufnahme einer Schenke, die während des …-kirchweihbetriebes erforderlich sei. Hierzu sei das Fundament seit Anfang der 80er Jahre genutzt worden. Das aus Brettern bestehende Gebäude sei von der Brauerei … alljährlich zur …-kirchweih auf- und danach wieder abgebaut worden. Seit 2011 sei es wie die anderen fünf Notschenken ganzjährig stehen geblieben. Über die Jahre hinweg sei das Holzgebäude im Sockelbereich morsch geworden und sei durch ein kleineres Gebäude ersetzt worden. Insofern könne in der Tat nicht von Reparatur gesprochen werden.
40
Entgegen der Ansicht der Beklagten setzte der Bebauungsplan lediglich fest, dass zweckgebundene bauliche Anlagen zulässig seien. Der Bebauungsplan fordere nicht den Bestand der Anlagen für die Dauer der …-kirchweih. Anlagen seien auch die Treppen, die Geländer, die Stützmauern, die Tische und Bänke. Diese seien das ganze Jahr vorhanden und würden nicht alljährlich nur zur …-kirchweih verwirklicht und danach wieder zurückgebaut. Demnach finde die Interpretation der Beklagten, eine dauerhaft präsente Anlage wiederspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans, dort keinen Rückhalt. Da das Fundament bereits zum Zeitpunkt des Entstehens des Bebauungsplanes vorhanden gewesen sei, könne es auch nicht einem aus der Begründung entnommenen planerischen Leitgedanken entgegenstehen. Ein Bebauungsplan könne nur dann rechtmäßige Festsetzungen treffen, wenn er den vorhandenen Bestand an baulichen Anlagen bei der Planung berücksichtige und diese nicht negiere.
41
Das Denkmalschutzrecht definiere mit Art. 1 Abs. 3 BayDSchG den Begriff des Ensembles als eine Mehrheit von baulichen Anlagen. Vorliegend handle es sich um das Ensemble „…“, welches aus vom BayLfD beschriebenen baulichen Anlagen und einzelnen Gärten bestehe. Soweit tatsächlich auch Gartenanlagen und Bauerngärten Teil eines Ensembles sein könnten, so müsse es sich um Anlagen handeln, die Zeugnis geben könnten. Dies könne man von dem Bereich südlich der Stützmauer, wo das Fundament und die darauf installierte Notschenke bestünden, nicht sagen. Die Besichtigung vor Ort werde zeigen, dass durch die Treppen, Stützmauern und Absturzsicherungen konkret im Umgriff um das streitgegenständliche Gebäude kein durch Naturnähe geprägter Zustand bestehe. Die Besichtigung vor Ort werde weiter zeigen, dass der südliche Bereich entlang der Straße a. lediglich von den Stützmauern, den Absturzsicherungen, der Treppenanlage und den Fundamenten geprägt sei. Die vom BayLfD angesprochene terrassierte Struktur finde sich nördlich der Straße a. Wie bereits dargelegt, sei neben der Treppe auch ein großes Fundament errichtet worden. Es handle sich hier um ein kultiviertes Gelände, welches den Bedürfnissen der Bewirtung diene. Zu diesem Fundament nehme die Beklagte nicht Stellung und es könne auch nicht nachvollzogen werden, weshalb neben der Treppe von der Beklagten anscheinend unbeanstandet ein Fundament mit geschätzt vier Mal so großer Fläche wie das streitgegenständliche Fundament habe entstehen dürfen.
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Es bestünden derzeit fünf Notschenken, die für die Bewirtung während der …-kirchweih erforderlich seien. Es könne demnach nicht nachvollzogen werden, dass durch die Notschenke des Klägers ein Bezugsfall geschaffen werden solle. Auch wenn die Schenke weggedacht werde, seien Bezugsfälle vorhanden. Zudem sei das aus der Zeit vor dem Bebauungsplan stammende Fundament nicht geeignet, einen Bezugsfall darzustellen, wenn etwas weiter östlich ein weitaus größer dimensioniertes Fundament bereits verwirklicht worden sei. Wenn neben der Treppe unter den Augen der Beklagten ein massives Fundament errichtet habe werden können, könne das Ziel der Beklagten, das …-kirchweihgelände von jeglichen nicht ausdrücklich genehmigten Anlagen zu säubern, nicht nachvollzogen werden.
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Die Beklagte erwiderte mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2021, dass die klägerische Annahme, der Bebauungsplan Nr. … setzte nicht fest, dass die zweckgebundene bauliche Anlage nicht auch außerhalb der Dauer der …-kirchweih zulässig sei, unzutreffend sei. Die Festsetzung „Festplatz“ beinhalte nämlich bereits denknotwendigerweise auch eine zeitliche Komponente. Auch finde die klägerische Annahme sonst im Bebauungsplan keine Entsprechung. Verwiesen werde auf die klarstellende Ziffer 7 der textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan Nr. … Zulässig sei danach nur dem Festbetrieb dienende Bauten, die folglich auch nur für einen begrenzten Zeitraum, nämlich für die Dauer der …-kirchweih, errichtet würden. Eine dauerhaft präsente Anlage widerspreche somit den Festsetzungen des Bebauungsplanes.
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Entgegen der klägerischen Darstellung zeichne sich der gegenständliche Bereich durchaus durch eine naturnahe Gestaltung aus. Eine naturnahe Gestaltung bedeute nämlich nicht, dass hier keine von Menschen kultivierte Gestaltung mit Baumbestand vorliegen könne. Vielmehr sei hiermit ein nicht versiegelter Bereich gemeint, der eine Vegetation aufweise. Mit dieser Feststellung ändere auch der vom Kläger in Ansatz gebrachte „Umgriff“ des streitgegenständlichen Gebäudes nichts. Der Hang als solcher sei weiterhin wesentlich durch Grünung geprägt.
45
Das Gelände werde in der Denkmalliste charakterisiert. Der durch das BayLfD festgelegte Umgriff des Ensembles beziehe den Hang zwischen der Straße a. und dem anschließenden Biergartenbereich zur B.-straße ausdrücklich mit ein. Dieser Umgriff sei bereits formell betrachtet logisch, da eine Abgrenzung an einer gewachsenen Hangkante wohl schwer möglich erscheine und die B.-straße im Gegensatz hierzu einen klaren Bezugspunkt bilde. Somit sei auch der Bereich südlich der Stützmauer, wo sich das Fundament und die darauf installierte Notschenke befinde, logisch und inhaltlich zwingend Bestandteil des Umgriffs des Ensembles. Es lägen weiterhin auch keine Gründe vor, diesen Umgriff anzuzweifeln.
46
Die Treppen, Geländer und Stützmauern seien im Zusammenhang mit der Beschaffung des Geländes zu betrachten. Sie gehörten demnach zur notwendigen Infrastruktur des Hanggeländes und könnten nicht mit einer Schenke verglichen werden, die tatsächlich immer wieder zurückgebaut werden könne. Die Tische und Bänke seien Elemente, die zur traditionellen Möblierung des Biergartenbereichs am …-kirchweihgelände gehörten. Sie seien keine baulichen Anlagen, die einen Bezugsfall für Schenken darstellen könnten.
47
Sofern der Kläger behaupte, dass Podest sei bereits zum Zeitpunkt des Entstehens des Bebauungsplanes vorhanden gewesen und könne daher dem planerischen Leitgedanken nicht entgegenstehen, sei zu entgegnen, dass sich das Podest durch eine provisorische Bauweise auszeichne und somit niemals für den dauerhaften Verbleib bestimmt gewesen sei. Angesichts der zahlreichen Ab-/Umbausowie Ertüchtigungsmaßnahmen an dem Podest könne weiterhin auch nicht nachvollzogen werden, ob das Podest in seiner nunmehr vorgefundenen Form auch tatsächlich schon zur Zeit der Erstellung des Bebauungsplanes vorhanden gewesen sei. Vor dem Aspekt einer potenziellen Gefährdung sei im Hinblick auf die provisorische Bauweise eher zu überprüfen, ob die Standsicherheit des bestehenden Podests inklusive der Stützung überhaupt gewährleistet werden könne.
48
Abschließend werde nochmals darauf hingewiesen, dass die bauliche Anlage von dem Kläger ohne die Zustimmung der Beklagten als Grundstückseigentümerin auf dem gepachteten Grundstück errichtet worden sei. Die Anlage werde vom Liegenschaftsamt der Beklagten auch in privatrechtlicher Hinsicht nicht geduldet und es sei bereits seit Langem ein erklärtes Ziel der Beklagten, dass das errichtete Podest entfernt werden solle.
49
Die Bevollmächtigten des Klägers erklärten mit Schriftsatz vom 4. Januar 2022, dass weder die Formulierung der Ziffer 7 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans noch die in Bezug genommene Vorschrift des Art. 5 BayBO 1974 eine zeitliche Komponente ergebe. Eine Schenke und ein Fundament dienten auch dann dem Zweck eines Festplatzes, wenn sie das ganze Jahr über aufgestellt seien. Eine Notwendigkeit zum permanenten Auf- und Abbau ergebe sich nicht. Hätte die satzungsgebende Beklagte dies festsetzen wollen, dann hätte sie keine zweckgebundenen baulichen Anlagen für zulässig erklären, sondern fliegende Bauten im Sinne des Art. 102 Abs. 1 BayBO 1974 als allein möglich beschreiben dürfen. Bezüglich des Erklärungsgehaltes des Wortes „Natur“ werde auf Wikipedia verwiesen. Entsprechend sei eine Kulturlandschaft nicht natürlich. Ein unversiegelter Bereich sei nicht automatisch natürlich. Auch das Vorhandensein von Bäumen bedinge keine Zuordnung zur Natur. In einem kulturell geprägten Gebiet könne nicht die Zulässigkeit eines zweckentsprechenden Bauwerks mit dem Argument, eine naturnahe Gestaltung sei gestört, verneint werden.
50
Nach Art. 1 Abs. 3 BayDSchG stelle ein Ensemble eine Mehrheit von baulichen Anlagen dar. An dieser Entscheidung des Gesetzgebers vorbei könne nicht das BayLfD eine Landschaft zum Ensemble machen. Nach der Beschreibung der Denkmalliste seien bauliche Anlagen des Ensembles unter anderem die Felsenkeller, Gartenhäuser und terrassierten Biergärten. Diese seien an dem Abhang, wo die Schenke errichtet sei, nicht anzutreffen. Dass das BayLfD den von der Beklagten bezeichneten Umgriff festgesetzt habe, sei hier nicht bekannt und werde bestritten. Die vorgetragene Differenzierung zwischen Treppen, Geländer, Stützmauern, Tischen und Bänken auf der einen Seite und der Schenke mit ihrem Fundament auf der anderen Seite sei nicht nachvollziehbar. Bei alledem müsse berücksichtigt werden, dass die Beklagte westlich der großen, südlich des … gelegenen Zugangstreppe ein großes Fundament genehmigt habe und insofern eine Differenzierung zu dem Fundament für die Schenke des Klägers schon gar nicht festgestellt werden könne. Es treffe nicht zu, dass das Fundament nicht für einen dauerhaften Verbleib bestimmt gewesen sei. Das Fundament sei zu einem Zeitpunkt errichtet worden, als der Bebauungsplan noch nicht in Kraft gewesen sei. Der Umstand, dass eine bauliche Anlage instandgehalten werde, führe nicht dazu, dass mit solchen Maßnahmen im rechtlichen Sinn eine neue Errichtung stattfinde.
51
Die Beklagte teilte mit Schriftsatz vom 24. Januar 2022 mit, dass die Verpflichtung zum Auf- und Abbau der zweckgebundenen baulichen Anlagen sich aus dem Zusammenhang mit der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzung „Festplatz“ ergebe. Zulässig seien demnach dem Festbetrieb, nämlich der …-kirchweih dienende Bauten. Die …-kirchweih finde jährlich über … an insgesamt 12 Tagen statt. Da die Bauten den Festbetrieb denknotwendigerweise nur in diesem Zeitraum dienen könnten, seien sie in Folge dessen im restlichen Zeitraum unzulässig.
52
Zu den Aufgaben des BayLfD gehöre die Inventarisation wie die Erstellung und Fortführung der Denkmalliste. Unter Inventarisation verstehe man die vollständige und präzise Erfassung aller nach dem Denkmalschutzgesetz geschützten Denkmäler (Einzelbaudenkmäler einschließlich dafür bestimmter historischer Ausstattungsstücke, Ensembles, Gartenanlagen, Bodendenkmäler, eingetragene bewegliche Denkmäler). Die wissenschaftliche Inventarisation müsse nach landeseinheitlichen Maßstäben erfolgen und könne nur von einer zentralen Stelle durchgeführt werden, weil sie den gleichen Kenntnisstand und ständig amtsinterne Absprachen voraussetze. Dieser ureigenen Aufgabe sei das BayLfD nachgekommen und habe den Umgriff des Ensembles … festgelegt. Der Umgriff des Ensembles … könne dabei inhaltlich dem Denkmallistentext und zeichnerisch dem bayerischen Denkmalatlas entnommen werden. Sowohl Denkmalliste in Textform sowie der bayerische Denkmalatlas könnten von jedermann eingesehen werden. Der gegenständliche Bereich liege innerhalb des festgesetzten Ensembleumgriffs. Hinsichtlich der Ausführungen des Klägers zum Begriff „Natur“ bestehe offenbar ein Missverständnis, da zwischen den Begriffen „Natur“ und „naturnah“ zu unterscheiden sei: Der gegenständliche Bereich sei durch eine naturnahe Gestaltung gekennzeichnet, welche aufrechterhalten werden solle. Die Begriffsdefinition des Klägers zum Begriff „Natur“ führe insofern nicht weiter. Hinsichtlich des Begriffs „naturnah“ werde auf Wikiwörterbuch Wiktionary verwiesen. Zwischen den Begriffen „Natur“ und „naturnah“ bestehe somit ein signifikanter Unterschied.
53
Soweit sich der Kläger auf eine Ungleichbehandlung berufe, sei anzumerken, dass das große Fundament bzw. die Plattform westlich der Zugangstreppe des … von der Beklagten nicht genehmigt worden sei, und somit auch nicht als Bezugsfall herangezogen werden könne.
54
Weiterhin stelle der Abbruch und der Neubau der Schenke auch keine Instandhaltungsmaßnahme mehr dar. Unter Instandhaltungsarbeiten seien bauliche Maßnahmen zu verstehen, die der Erhaltung der Gebrauchsfähigkeit und der baulichen Substanz einer Anlage dienten, ohne deren Identität zu verändern. Mit ihnen könnten einzelne Bauteile ausgebessert oder ausgetauscht werden, um die durch Abnutzung, Alterung oder Witterungseinflüsse entstandenen baulichen Mängel zu beseitigen, wenn hinsichtlich Konstruktion, Standsicherheit, Bausubstanz und äußerem Erscheinungsbild keine wesentlichen Änderungen erfolgten.
55
Eine Änderung einer baulichen Anlage liege hingegen vor, wenn das Bauwerk seiner ursprünglichen Identität beraubt werde. Ein solcher Identitätsverlust trete ein, wenn der Eingriff in den vorhandenen Bestand so intensiv sei, dass er die Standfestigkeit des gesamten Bauwerks berühre und eine statische Nachberechnung erforderlich mache oder wenn die für die Instandsetzung notwendigen Arbeiten den Aufwand für einen Neubau erreichten oder gar überstiegen oder wenn die Bausubstanz ausgetauscht oder das Bauvolumen wesentlich erweitert werde oder die Baumaßnahme sonst praktisch einer Neuerrichtung gleich komme (BayVGH, B.v. 28.6.2021 - 1 ZB 19.2067 - juris). Vorliegend habe der Kläger bereits in der Vergangenheit widerrechtlich eine Schenke auf dem Podest errichtet. Diese habe er in der Folge abgerissen und im November 2019 erneut eine neue Schenke in der nunmehr aufgegriffenen Form errichtet. Es liege somit unzweifelhaft eine neue bauliche Identität vor, die nichts mehr mit einer Instandhaltungsmaßnahme des Podests gemein habe.
56
Es werde darauf hingewiesen, dass die vom Kläger vorgenommene Konstruktion im Hinblick auf dies statischen Eigenschaften ganz erheblichen sicherheitsrechtlichen Bedenken begegne.
57
Die Bevollmächtigten des Klägers wiederholten mit Schreiben vom 28. Februar 2022 zum Teil den bisherigen Vortrag. Bezüglich der Ausführungen zum Begriff „naturnah“ könne gefolgt werden. Wenn nach Ansicht der Beklagten eine geringe Kultivierung zulässig sei, könne dies auch in der Schenke mit ihrem Fundament gesehen werden. Entsprechend sei die Schenke Teil einer naturnahen Gestaltung, da sie anhand ihres Flächenbedarfs im Vergleich zum Gesamtgebiet nur für eine geringe Kultivierung stehe.
58
Auch die Beklagte wiederholte mit Schriftsatz vom 23. März 2022 einen Teil des bisherigen Vorbringens. Es wurde darauf hingewiesen, dass sowohl die Stahlträger als auch die Platte des Podests stark korrodiert seien. Wie die Stahlplattenform gegen horizontale Verschiebungen gesichert sei, könne nicht nachvollzogen werden. Eine geschweißte oder geschraubte Verbindung zwischen dem Podest und den augenscheinlich einbetonierten Stahlstützen sei nicht zu erkennen. Lediglich einzelne Schweißpunkte, die wahrscheinlich zur Lagesicherung bei der Montage dienten, seien vorhanden.
59
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte sowie die Niederschrift über den gerichtlichen Augenschein und die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2022 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
60
Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet. Der Bescheid vom 28. Mai 2021 ist hinsichtlich der Ziffern 1 und 3 rechtmäßig (unter 1.). Er ist jedoch hinsichtlich der Ziffern 2 und 4 rechtswidrig und verletzt insoweit den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (unter 2.).
61
1. Die angefochtene Beseitigungsanordnung unter Ziffer 1 des Bescheids erweist sich insgesamt als rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen liegen vor, Ermessensfehler sind nicht auszumachen.
62
Nach Art. 76 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden, die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Regelungen über Beseitigung und Nutzungsuntersagung des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes (BayDSchG) stehen zu Art. 76 Satz 1 BayBO nicht im Verhältnis der Spezialität, sondern der Alternativität, sodass eine Anordnung sowohl auf Art. 76 Satz 1 BayBO als auch auf eine entsprechende Befugnisnorm des BayDSchG gestützt werden kann (Decker in: Busse/Kraus, BayBO Art. 76 Rn. 32 unter Verweis auf BayVGH v. 21.1.1982, NuR 1983, 158).
63
Eine Beseitigungsanordnung kann ergehen, wenn die zu beseitigende Anlage sich in ihrem Bestand als formell und materiell illegal darstellt (BayVGH, B. v. 20.1.2003 - 20 ZB 99.3616 - juris Rn. 3). Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung; Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage nach Ergehen der Anordnung sind ausnahmsweises dann beachtlich, wenn dadurch eine zunächst rechtmäßige Beseitigungsanordnung nachträglich rechtswidrig wird (BVerwG v. 23.1.1989, Az.: 4 B 132/88; BayVGH v. 24.1.1978, Az.: 31 XV 74; Busse/Kraus/Decker BayBO Art. 76 Rn. 451).
64
1.1 Die Baubeseitigungsanordnung ist formell rechtmäßig. Insbesondere wurde dem Kläger vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides mit Schreiben vom 13. April 2021 gemäß Art. 28 Abs. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
65
1.2 Die Baubeseitigungsanordnung ist auch materiell rechtmäßig.
66
Eine Anordnung nach Art. 76 Satz 1 BayBO erfasst die Errichtung oder Änderung von baulichen Anlagen im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayBO.
67
Unstreitig handelt es sich bei der Notschänke um eine bauliche Anlage, da diese über ein Fundament und eine darauf befestigte Metallplatte fest mit dem Erdboden verbunden ist. Dies ergibt sich bereits daraus, dass für den Abbau aufgrund des Gewichtes und der Größe der als Dach verwendeten Sudpfanne ein Kran erforderlich wäre.
68
Auch ist von einer Neuerrichtung der Notschänke auszugehen. Es handelt sich gerade nicht um Reparatur- bzw. Instandsetzungsarbeiten der ursprünglichen Notschänke. Die bisher auf dem Fundament befestigte Notschänke wurde vollständig entfernt und durch eine neue Holzhütte mit geringeren Abmessungen und einer besonderen Dachform (Sudpfanne) ersetzt. Der Neuerrichtung steht dabei nicht entgegen, dass das bereits seit den 1970er Jahren bestehende Fundament unverändert weitergenutzt wird. Das verbliebene Fundament mit Metallplatte ist gegenüber der Notschänke als untergeordnetes Bauteil zu bewerten. Der Charakter der neu errichteten Schänke wird gerade durch das neue Dach geprägt, von dessen Blickfangwirkung sich die Kammer während der Inaugenscheinnahme überzeugen konnte. Insoweit kann die Weiternutzung des Fundamentes, das von der Straße A. nicht einmal wahrgenommen werden kann, gerade nicht dazu führen, dass die Identität des wiederhergestellten mit dem ursprünglichen Gebäude gewahrt bleibt (BayVGH, U.v. 18.7.2005 - 14 B 04.2285 - juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 28.6.2021 - 1 ZB 19.2067 - juris Rn. 5).
69
1.3 Die streitgegenständliche Notschänke wurde auch im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet. Dabei kommt es bei genehmigungsfreien Vorhaben - wie hier nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO - allein auf die materielle Rechtslage an (BayVGH, B.v. 20.1.2003 - 20 ZB 99.3616 - juris Rn. 3). Öffentlichrechtliche Vorschriften im Sinne des Art. 76 Satz 1 BayBO sind grundsätzlich alle auf die Anlage anwendbaren Vorschriften (König in: Schwarzer/König, BayBO Art. 76 Rn. 10).
70
Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten widerspricht das Vorhaben zwar nicht bauplanungsrechtlichen Vorschriften (1.3.1), jedoch denkmalschutzrechtlichen Vorschriften (1.3.2).
71
1.3.1 Die auch als bauliche Anlage im Sinne des § 29 Satz 1 BauGB zu bewertende Notschänke liegt im Geltungsbereich des am 3. Juli 1981 rechtsverbindlich gewordenen Bebauungsplanes Nr. …, der für die Teilfläche des Grundstücks, auf der die streitgegenständliche Notschenke errichtet worden ist, zeichnerisch eine Grünfläche mit zu erhaltendem wertvollen Baumbestand mit der Nutzung „Festplatz“ festsetzt. Unter Ziff. 7 der textlichen Festsetzungen wird ausgeführt, dass innerhalb der Grünfläche Festplatz zweckgebundene bauliche Anlagen (gem. Art. 5 BayBO) zulässig sind. Art. 5 BayBO in der ab 1. Oktober 1974 geltenden Fassung regelte, dass auf öffentlichen Verkehrsflächen, Versorgungsflächen oder Grünflächen bauliche Anlagen zwar unzulässig sind, jedoch gestattet werden können, wenn es sich um bauliche Anlagen für den zivilen Bevölkerungsschutz, für die Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser, für die Verwertung oder Beseitigung von Abwasser und festen Abfallstoffen, für das Fernmeldewesen und für den Verkehr sowie für Sport, Spiel und Erholung handelt und sie mit der Zweckbestimmung dieser Flächen vereinbar sind.
72
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass mit diesen Regelungen dem Festbetrieb der …-kirchweih dienende Anlagen grundsätzlich zulässig sind. Auch das Gericht schließt sich dieser Einschätzung an, da es sich bei der Notschänke um eine der …-kirchweih dienende Anlage handelt, die nach Einlassung des Klägers der Versorgung der …-kirchweihbesucher mit Getränken dient und auch jeweils nur zu …-kirchweihzeiten in Betrieb sein soll.
73
Als nicht zutreffend erachtet das Gericht jedoch die Rechtsauffassung der Beklagten, wonach sich aus der Festlegung „zweckgebundene bauliche Anlagen“ eine zeitliche Komponente, dass derartige bauliche Anlagen auch nur während der Dauer der …-kirchweih zulässig sind und deshalb nur vorrübergehend errichtet werden dürften, ergibt.
74
Dass der Festlegung des Bebauungsplanes eine zeitliche Komponente nicht immanent ist, ergibt sich bereits aus dem Begriff der baulichen Anlage, der auf eine gewisse Dauerhaftigkeit der Errichtung abstellt. Das Bundesverwaltungsgericht geht insoweit davon aus, dass das Merkmal der Dauerhaftigkeit auch erfüllt sein kann, wenn eine Anlage zwar jeweils nur für kurze Zeit besteht, sich dieser Zustand aber ständig wiederholt, erwartet aber gleichzeitig, dass durch die ständige Wiederholung im Wesentlichen das erreicht wird, was anderenfalls nur durch eine ununterbrochen an dieser Stelle stehende Anlage erreicht werden könnte (BVerwG, U. v. 17.12.1976 - IV C 6.75 - juris Rn. 24). Dies trifft aber für eine Anlage, die nach Auffassung der Beklagten nur für eine Dauer von jährlich zwölf Tagen (offizielle Dauer der …-kirchweih) errichtet werden soll, gerade nicht zu. Dies insbesondere bereits deshalb, da das Bauordnungsrecht für derartige Fallgestaltungen Regelungen für fliegende Bauten vorsieht.
75
Ein entsprechender Planungswille ergibt sich aber auch nicht aus den zeichnerischen und textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes bzw. der beigefügten Begründung. Die festgelegte Zweckbindung lässt nicht den Willen der Beklagten erkennen, dass bauliche Anlagen ausschließlich während der …-kirchweih zulässigerweise errichtet werden können. Nach Überzeugung der Kammer lässt sich vielmehr entnehmen, dass bauliche Anlagen dann zulässig sein sollen, wenn sie der …-kirchweih dienen, also zum Gelingen der …-kirchweih beitragen bzw. für deren ungestörten Ablauf erforderlich sind. Ggf. kann sich aus dieser Zweckgebundenheit eine Einschränkung der Nutzungsdauer ergeben, nicht aber eine Einschränkung, für welche Dauer die einzelnen Anlagen errichtet werden können. Mit dieser Auslegung in Einklang steht letztlich auch die Handhabung der Beklagten, die z.B. Treppenanlagen oder Podeste/Fundamente, die für die …-kirchweih erforderlich sind, in eigener Verantwortung dauerhaft errichtet, eine Nutzung aber nur während der …-kirchweih ermöglicht.
76
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Verweis auf die Begründung des Bebauungsplanes. Auch wenn unter Ziff.
I. 2 - Leitgedanken ausgeführt wird, dass „der Bestand insb. des südlichen Teils des …-kirchweihgeländes und der Bereich des … in ihrem Bestand erhalten bleiben sollen“ bzw. „bei den Festsetzungen für bauliche Anlagen von dem Gebäudebestand ausgegangen wurde“, ist dem nicht zu entnehmen, dass sich der Bestand nach Inkrafttreten des Bebauungsplanes nicht dauerhaft verändern könnte. Vielmehr wird dieser Bestand als bestehend vorausgesetzt. Hätte die Beklagte tatsächlich verhindern wollen, dass weitere bauliche Anlagen auf Dauer hinzukommen, so hätte sie deutlich darauf hinweisen müssen, dass der …-kirchweih dienende baulichen Anlagen jeweils nur für die Dauer der …-kirchweih errichtet werden sollen.
77
1.3.2 Die Notschenke ist jedoch denkmalschutzrechtlich nicht zulässig. Die nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayDSchG erforderliche Erlaubnis liegt nicht vor. Darüber hinaus ist das Vorhaben auch nicht erlaubnisfähig.
78
1.3.2.1 Es liegt der erforderliche denkmalschutzrechtliche Bezug vor. Die streitgegenständliche Notschenke ist für sich gesehen zwar unstreitig kein Baudenkmal, liegt aber im Ensemble „…“.
79
Baudenkmäler sind nach Art. 1 Abs. 1 und 2 Satz 1 BayDSchG bauliche Anlagen aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Zu den Baudenkmälern kann nach Art. 1 Abs. 3 BayDSchG auch eine Mehrheit von baulichen Anlagen (Ensemble) gehören, und zwar auch dann, wenn keine oder nur einzelne dazugehörige Anlagen Baudenkmäler im vorgenannten Sinne sind, das Orts-, Platz- oder Straßenbild aber insgesamt erhaltenswürdig ist.
80
Der „…“ ist in seiner Gesamtheit als Ensemble im Sinne von Art. 1 Abs. 3 BayDSchG geschützt und mit dem dort beschriebenen Umgriff in der Bayerischen Denkmalliste eingetragen (vgl. Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Ensemble …, …, abrufbar unter: www.blfd.bayern.de sowie unter: http://geoportal.bayern.de).
81
Die Kammer hat sich bei dem Ortstermin davon überzeugt, dass es sich um ein denkmalschutzwürdiges Ensemble handelt. Das Ensemble umfasst in dem vorliegend maßgeblichen Bereich des …-kirchweihgeländes die terrassierten Biergärten mit den Felsenkellern. Nördlich der Straße „A.“ befinden sich noch mehrere zweistöckige Kellerhäuschen als Eingang zu den Bierkellern. Das Erscheinungsbild ist durch eine - vom Bevollmächtigten des Klägers als perlenkettenartig bezeichnete - Aneinanderreihung der Kellerhäuschen geprägt. Südlich der Straße „A.“ befindet sich mit einigen Ausnahmen keine Bebauung und das …-kirchweihgelände läuft mit einer ebenen Fläche, auf der fest mit dem Boden verbundene, selbstgezimmerte Biertischen und -bänken vorhanden sind, zur B.-straße hin aus. Der in Augenschein genommene Teil ist geprägt durch eine starke Durchgrünung mit überwiegend ausladenden Parkbäumen. Aus der Denkmalliste ergibt sich, dass die Kellerhäuschen mit den dazugehörigen Bierkellern und Biergärten zum Teil auch als Einzeldenkmäler bewertet sind (… bis …, … bis …, …).
82
Nicht entgegensteht dem Ensemblecharakter die eher moderne Gestaltung des … mit Stahlstreben und Betonelementen. Ein denkmalgeschütztes Ensemble erfordert nicht, dass nur alte Bausubstanz vorhanden ist (BayVGH, B.v. 2.1.2021 - 9 ZB 19.282 - juris Rn. 7 m.w.N.). Auch wenn der … durchaus als eine Art Bausünde in dem Ensemble betrachtet werden könnte, so ist er doch nicht geeignet, die Schutzwürdigkeit des Ensembles insgesamt in Zweifel zu ziehen. Trotz der störenden Gestaltung beseitigt der … nicht die Wirkung der verbliebenen Kellerhäuschen und terrassierten Biergärten, insbesondere da westlich des modernen Gebäudeteiles das alte Kellerhäuschen des … noch vorhanden ist und dadurch die durch den modernen Gebäudeteil unterbrochene „Perlenkette“ bestehend aus den übrigen - östlich des … gelegenen - Kellerhäuschen fortgesetzt wird. Auch wenn die im Biergarten des … verwendeten Materialien z.T. nicht den in den übrigen Biergärten vorhandenen Materialien entsprechen, so ist zumindest die für das …-kirchweihgelände typische Terrassierung auch im … vorhanden. Damit kann der … trotz seines modernen Erscheinungsbildes zumindest hinsichtlich der seit 1700 entstandenen Bierkeller und der darauf errichteten terrassierten Biergärten Zeugnis abgeben. Dies sowie die ansonsten vorhandene historische Bausubstanz in Gestalt der Kellerhäuschen berücksichtigend kann gerade nicht davon ausgegangen werden, dass ein Funktionszusammenhang oder ein gemeinsames Grundprinzip, um den Gebäuden einen sich daraus ergebenden gesteigerten Zeugniswert für bestimmte geschichtliche Entwicklungen oder städtebauliche Gegebenheiten an einem Ort zu vermitteln, nicht mehr festgestellt werden könnte (BayVGH, B.v. 2.1.2021 - 9 ZB 19.282 - juris Rn. 8 m.w.N.).
83
Die Randlage der streitgegenständlichen Notschänke an der südlichen Grenze des Ensembles hin zur B.-straße führt nicht dazu, dass das Vorhaben nicht unter denkmalschutzrechtlichen Aspekten gewürdigt werden müsste.
84
1.3.2.2 Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayDSchG bedarf derjenige, der ein Ensemble verändern will, eine Erlaubnis, wenn die Veränderung eine bauliche Anlage betrifft, die für sich genommen ein Baudenkmal ist, oder wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann.
85
Dies trifft für die Notschänke zu. Ein Ensemble ist wie ein Einzeldenkmal, allerdings vorrangig hinsichtlich seines Erscheinungsbildes, vor - selbst geringfügigen - von außen sichtbaren Änderungen, deren Durchführung den bestehenden Zustand betreffen, geschützt. Das überlieferte Erscheinungsbild eines Ensembles wird durch das erhaltungswürdige Orts-, Platz- oder Straßenbild (Art. 1 Abs. 3 BayDSchG), das nicht nur aus einzelnen Teilen baulicher Anlagen, sondern aus einem Gesamteindruck besteht, geprägt. Es genießt vor dem Hintergrund, dass ein denkmalrechtlich geschütztes Ensemble selbst Baudenkmal ist, insoweit keinen geringeren Schutz vor Veränderungen als ein Einzeldenkmal (BayVGH, B.v. 2.1.2021 - 9 ZB 19.282 - juris Rn. 9 m.w.N.). Veränderung im denkmalschutzrechtlichen Sinne ist grundsätzlich jede Änderung des bisherigen Zustandes. Dabei kommt es nicht auf eine nach dem Empfinden des so genannten gebildeten Durchschnittsmenschen zu beurteilende Wirkung an, sondern auf denkmalschutzfachliche Gesichtspunkte. Maßgebend ist insoweit das überlieferte Erscheinungsbild eines Ensembles (VG München, U.v. 25.6.2019 - M 1 K 17.1445 - juris Rn. 26 m.w.N.).
86
Die Inaugenscheinnahme hat ergeben, dass die streitgegenständliche Notschenke innerhalb des Ensembles stark wahrgenommen wird und insbesondere aufgrund des stark glänzenden, kupferfarbenen Daches die Blicke auf sich zieht. Darüber hinaus hat die Vertreterin der Beklagten als Untere Denkmalschutzbehörde in der sich an die Inaugenscheinnahme anschließenden mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend erläutert, dass der für das Gelände prägende Eindruck aufgrund des Zugangs zu den Kellern über die Kellerhäuschen und der terrassierten Geländeoberflächliche durch jedwede kleinteilige Bebauung gestört werden kann. Entsprechend kann sich die Errichtung der Notschenke auf das Erscheinungsbild auswirken.
87
1.3.2.3 Die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis ist nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSchG nicht wegen des Vorrangs eines etwaigen Baugenehmigungsverfahrens entbehrlich, da die Errichtung der Notschänke nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO verfahrensfrei ist.
88
1.3.2.4 Die Errichtung der Notschenke ist auch nicht nachträglich erlaubnisfähig, da gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen.
89
Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG räumt der Behörde ein der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegendes Versagungsermessen ein (BayVGH, U.v. 26.10.2021 - 15 B 19.2130 - juris 32). Die „gewichtigen Gründe“ sind nicht dahin zu verstehen, dass dem Baudenkmal im Vergleich mit der allgemein für die Begründung der Denkmaleigenschaft maßgebenden Bewertung eine gesteigerte Bedeutung zukommen muss. Sie ergeben sich vielmehr grundsätzlich bereits aus der Bedeutung, auf der die Denkmaleigenschaft beruht. Es ist daher bereits für den Regelfall davon auszugehen, dass bei Baudenkmälern - und damit auch bei einem denkmalschutzrechtlich geschützten Ensemble ein Erhaltungsinteresse anzuerkennen ist und damit „gewichtige Gründe“ für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands indiziert sind. Gewichtige Gründe sind allenfalls bei völlig unbedeutenden Baudenkmälern oder völlig geringfügigen Beeinträchtigungen zu verneinen. Im Hinblick auf die Gleichstellung von Ensembles und Einzelbaudenkmälern über Art. 1 Abs. 3 BayDSchG kann für eine Veränderung des Ensembles durch die Hinzufügung einer neuen baulichen Anlage, die im Ensemble liegen wird, nichts anderes gelten. Bei einer jeweils gebotenen Einzelfallbetrachtung und -bewertung sprechen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes bei einer Ensembleveränderung jedenfalls dann für die Beibehaltung des bisherigen Zustands i.S. von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG, wenn sich das strittige Vorhaben auf die Eigenart des Ensembles in seiner originalen Struktur und mit seinen typischen Merkmalen auswirkt (BayVGH, U.v. 26.10.2021 - 15 B 19.2130 - juris 33 m.w.N.).
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Eine Auswirkung auf die Eigenart des Ensembles in seiner originalen Struktur und mit seinen typischen Merkmalen ergibt sich vorliegend schon durch die Nähebeziehung der Notschenke zu den prägenden Kellerhäuschen und den terrassierten Biergärten. Das BayLfD, dessen Stellungnahme bei der Beurteilung ein erhebliches Gewicht zukommt (BayVGH, U.v. 26.10.2021 - 15 B 19.2130 - juris 34; U.v. 2.8.2018 - 2 B 18.742 - juris Rn. 45; U.v. 18.7.2013 - 22 B 12.1741 - juris Rn. 27; VG Ansbach, U.v. 4.11.2020 - AN 3 K 19.01575 - juris Rn. 68) führt aus, dass jede kleinteilige Bebauung das Erscheinungsbild des Ensembles maßgeblich beeinträchtigt. Dies hat die Vertreterin der Unteren Denkmalschutzbehörde während der Inaugenscheinnahme und anschließenden mündlichen Verhandlung dahingehend erläutert, dass alleine schon das Vorhandensein weiterer baulicher Anlagen - unabhängig von deren Gestaltung - störend wirke, da diese einen Gegensatz zu den Kellerhäuschen bildeten und damit der einer Perlenkette ähnliche Charakter geschwächt würde. Aufgrund der Vorbildwirkung einer baulichen Anlage könnte das Hinzukommen weiterer Vorhaben dazu führen, dass die Wirkung irgendwann kippen könnte.
91
Das Gericht konnte sich insoweit bei der Inaugenscheinnahme von der klaren, lediglich durch den … unterbrochenen Linie der Kellerhäuschen, die gerade auch durch das ebene Auslaufen des Biergartenbereichs auf der südlichen Seite der Straße „…“ betont wird, überzeugen. Dabei wurde auch nachvollziehbar, dass - wie vom Bevollmächtigten des Klägers vorgetragen - die Lage der Notschänke am südlichen Rand des Ensembles nicht dazu führt, dass ein Einfluss der Notschänke auf das Erscheinungsbild des Ensembles ausgeschlossen ist. Insoweit führte die Vertreterin der Unteren Denkmalschutzbehörde aus, dass ein Ensemble gerade keine Rückseite habe und sich der Blick nicht immer nur Richtung „Inneres“ richte, sondern der Blick auch auf der Südseite befindliche Bauwerke wahrnehme. Dies bestätigt sich auch durch den Eindruck aufgrund der Inaugenscheinnahme, da gerade abhängig vom jeweiligen Standort die Notschenke einmal mehr und einmal weniger in den Blick kam, letztlich aber - unabhängig von der Dachgestaltung - immer als Erhebung in dem an sich flachen Biergartenbereich südlich der Straße A. wahrgenommen wurde und damit einen Kontrast zu den Kellerhäuschen nördlich der Straße A. darstellt. Insoweit erklärt sich auch die durch die Vertreterin der Unteren Denkmalschutzbehörde erwähnte „Verunklarung“ durch jedewede kleinteilige Bebauung auch auf der Südseite des Ensembles. Damit wirkt sich das Vorhaben auf die Eigenart des Ensembles in seiner originalen Struktur und mit seinen typischen Merkmalen aus. Insoweit konnte der Kläger mit Ausnahme der Lage der Notschenke am Ensemble-Rand der Annahme, dass in der Regel „gewichtige Gründe“ für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen, keine substantiierten Einwendungen entgegenstellen.
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1.3.3 Da demnach bereits das dauerhafte Vorhandensein der Notschänke das Erscheinungsbild der Ensembles stört, konnte die Beseitigungsanordnung gegen den Kläger als Handlungsstörer ergehen. Nicht zu beanstanden ist dabei, dass sich die Anordnung auf die Notschänke als Ganzes, also die Holzbude mit Sudkessel und das Fundament mit Metallplatte, bezieht. Insoweit sind die Holzbude und das Fundament als Einheit zu sehen, da das Fundament als untergeordneter Bestandteil zu bewerten ist (s.o.). Dem steht nicht entgegen, dass das Fundament bereits seit den 1970er Jahren durch die Beklagte unbeanstandet vorhanden ist. Durch den Abriss der ursprünglichen Schenke und die Errichtung der neuen Schenke ist ein neues Objekt entstanden. Ein ggf. bestehender Bestandschutz hinsichtlich des Fundamentes ist aufgrund der dauerhaften Verbindung der neuen Notschenke mit dem Fundament und der darauf montierten Metallplatte entfallen (BayVGH, U.v. 18.7.2005 - 14 B 04.2285 - juris Rn. 24).
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1.3.4 Die Beklagte hat ihr Ermessen diesbezüglich ordnungsgemäß ausgeübt. Die vorgenommene Abwägung geht zutreffend zu Lasten des Klägers aus.
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Der Denkmalschutz ist eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang (vgl. Art. 141 Abs. 2 BV) und kann als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Eingriffe in das Eigentum rechtfertigen. Mit Blick auf den hohen Rang des Denkmalschutzes und den Grundsatz der Sozialpflichtigkeit des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG muss ein Eigentümer es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums. Wo die Grenze der Zumutbarkeit verläuft, ist eine Frage der Prüfung des Einzelfalls. Hierbei spielen insbesondere die Bedeutung des Denkmals, die in Frage stehende Maßnahme, die Nutzungsmöglichkeiten des geschützten Objekts und auch subjektiv-individuelle Gesichtspunkte eine Rolle. Die Grenze der Zumutbarkeit ist erst erreicht, wenn von dem Eigentümer Aufwendungen verlangt werden, die in einem offenkundigen Missverhältnis zum wirtschaftlichen Nutzen des geschützten Objektes stehen (VG München, U.v. 25.6.2019 - M 1 K 17.1445 - juris Rn. 32 m.w.N.).
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Diese Grenze der Zumutbarkeit ist im vorliegenden Fall nicht überschritten. Zwar hat sich die Beklagte zur Verhältnismäßigkeit und zu dem ihr zustehenden Ermessen lediglich knapp geäußert, jedoch ist dem Bescheid trotzdem zu entnehmen, dass die Beklagte ihr Ermessen erkannt hat und in die Verhältnismäßigkeitsprüfung das öffentliche Interesse, die wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Kläger sowie die Duldung des bereits seit den 1970er Jahren vorhandenen Fundaments eingestellt hat. Entsprechend konnte die Beklagte Ergänzungen hinsichtlich der angestellten Ermessenserwägungen auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vornehmen, § 114 Satz 2 VwGO.
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Wie bereits ausgeführt, wirkt sich die Notschenke auf die Eigenheit des Ensembles … aus. So hat die Beklagte zutreffend ausgeführt, dass einziges Mittel - wolle man dem Denkmalschutz ausreichend Geltung verschaffen - die Beseitigung der Anlage sei. Dass mit der Beseitigung der Anlage unzumutbare Aufwendungen verbunden sein könnten, ist nicht ersichtlich und im Übrigen vom Kläger auch nicht vorgetragen.
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Des Weiteren trägt die Beklagte dem Einwand des Klägers, dass die Notschenke zwingend für den Betrieb während der …-kirchweih erforderlich sei, dahingehend Rechnung, dass nach Beseitigung der Notschenke ein weitgehend unsichtbares Fundament errichten werden solle, auf dem dann temporär während der …-kirchweih mittels Anbringung eines Podests eine Notschänke errichtet werden könne, denn grundsätzlich erhebe die Beklagte keine Einwände bei einer nur vorübergehenden Aufstellung. Die Kammer konnte sich insoweit während der Inaugenscheinnahme, die während der Abbauarbeiten zur …-kirchweih stattgefunden hat, davon überzeugen, dass Aufbauten anderer Betreiber abgebaut wurden, insbesondere war ein Podest, auf dem während der …-kirchweih Musikdarbietungen stattgefunden haben, soweit zurückgebaut, dass nur noch das Fundament vorhanden war.
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Soweit der Kläger andere Anlagen in Bezug genommen hat, die dauerhaft stehen dürften, ist eine gleichheitswidrige, willkürliche und damit fehlerhafte Ausübung des Ermessens nicht festzustellen. Eine solche setzt grundsätzlich eine unterschiedliche Behandlung vergleichbarer Sachverhalte voraus. Geht es im Ausgangsfall um eine jüngere denkmalschutzrechtlich relevante Veränderung, in dem als Vergleich herangezogenen Fall jedoch um einen Altfall, so sind die Sachverhalte nicht vergleichbar (vgl. BayVGH, U.v. 9.11.2017 - 2 B 17.1742 - juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 23.10.2012 - 1 ZB 10.2062 - juris Rn. 13; VG München, U.v. 25.6.2019 - M 1 K 17.1445 - juris Rn. 34; VG Ansbach, U.v. 8.3.2021 - AN 3 K 18.00143 - juris Rn. 55). Eine Vollzugspraxis, die sich auf Neufälle beschränkt, ist verhältnismäßig. Eine Ungleichbehandlung muss zudem ausscheiden, wenn in dem als Vergleich herangezogenen Fall rechtswidrig gehandelt wurde. Es gibt wegen des Vorrangs des Gesetzes keine Gleichheit im Unrecht und daher auch keinen Anspruch auf die Wiederholung und Perpetuierung von Fehlern (VG München, U.v. 25.6.2019 - M 1 K 17.1445 - juris Rn. 34). Bei den in Bezug genommenen Anlagen (z.B. WC-Anlage, …*) handelt es sich um derartige Altfälle. So steht die Bratwurstbude nach Einlassung des Klägers seit 1953, während die streitgegenständlichen Notschenke erst ab 2020 ohne erforderliche denkmalschutzrechtliche Erlaubnis errichtet worden ist. Im Übrigen hat die Beklagte überzeugend ausgeführt, dass sie bemüht sei, auf eine Beseitigung der störenden Anlagen hinzuwirken.
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1.4 Die in Ziff. 3 des angegriffenen Bescheides ausgesprochene Zwangsgeldandrohung ist gemäß Art. 29 Abs. 1 und 2 Nr. 1, Art. 30, 31 und 36 VwZVG ebenfalls rechtmäßig.
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Insbesondere sind Anhaltspunkte für eine unangemessene Höhe des angedrohten Zwangsgeldes angesichts der vorgenannten Umstände und Erwägungen nicht ersichtlich. Unter Berücksichtigung, dass die Notschenke ausschließlich dem Betrieb während der …-kirchweih dient, ist davon auszugehen, dass das Zwangsgeld nur einen Bruchteil des während dieser Zeit erzielten Umsatzes darstellt. Im Übrigen hat sich der Kläger auch nur pauschal dahingehend geäußert, dass das Zwangsgeld zu hoch angesetzt sei.
101
Der Beklagte hat nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist bestimmt, innerhalb welcher dem Kläger der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann. Anhaltspunkte dafür, dass die Frist unverhältnismäßig wäre, sind angesichts der vorgenannten Umstände und Erwägungen ebenfalls nicht erkennbar. Dass der Rückbau innerhalb dieser Frist nicht möglich sein sollte, wurde nicht vorgetragen.
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2. Als rechtswidrig stellen sich jedoch die Ziff. 2 und 4 des streitgegenständlichen Bescheides dar.
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2.1 Als Rechtsgrundlage kommt nur Art. 15 Abs. 4 BayDSchG in Betracht. Auf Art. 76 Satz 1 BayBO kann zwar das Verlangen der vollständigen Beseitigung einer Anlage, also einschließlich der Fundamente und der Betonbodenplatte, sowie Entfernung der Baumaterialien, von Restbauteilen, von Schutt sowie von Auf- und Anschüttungen im Rahmen der illegal geschaffenen Anlagen vom Grundstück sein, (Decker in: Busse/Kraus, BayBO Art. 76 Rn. 39), nicht aber positiven Baumaßnahmen, mit denen die Wiederherstellung des natürlichen Verlaufs der Geländeoberfläche verbunden wäre (BayVGH, B.v. 4.7.1997 - 27 B 95.2273 - juris Rn. 18; Busse/Kraus/Decker BayBO Art. 76 Rn. 52).
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2.2 Nach Art. 15 Abs. 4 BayDSchG kann die Untere Denkmalschutzbehörde bei Handlungen nach Art. 6, 7, 8 Abs. 2 oder Art. 10 Abs. 1 des BayDSchG ohne die erforderliche Erlaubnis, Baugenehmigung oder abgrabungsaufsichtliche Genehmigung verlangen, dass der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt wird, soweit dies noch möglich ist, oder dass Bau- und Bodendenkmäler und eingetragene bewegliche Denkmäler auf andere Weise wieder instandgesetzt werden.
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Die Verpflichtung auf Wiederherstellung ist durch einen Verwaltungsakt zu konkretisieren, in dem genau anzugeben ist, in welcher Weise der angerichtete Schaden durch Rückführung auf einen „ursprünglichen Zustand“ wiederherzustellen ist (Martin in: PdK Bayern, Denkmalschutzrecht in Bayern, G-11, Ziff. 4.7.2).
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Die Beklagte verwies in Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheides lediglich darauf, dass nach Beseitigung der Anlage der natürliche Verlauf der Geländeoberfläche wiederherzustellen ist. Was darunter allerdings zu verstehen ist, wie sich der natürliche Verlauf der Geländeoberfläche tatsächlich darstellt und welche Maßnahmen hierzu zu ergreifen sind, ist nicht weiter erläutern. Demnach entspricht die Anordnung nicht dem Sinn und Zweck des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, denn dieser besteht im Falle eines Verwaltungsakts, der die Vornahme einer Handlung zum Gegenstand hat, darin, dem Betroffenen deren Inhalt klar und unzweideutig in einer Weise mitzuteilen, dass er sein Verhalten danach richten kann und der Verwaltungsakt Gegenstand etwaiger Vollstreckungsmaßnahmen sein kann (OVG Brandenburg, B.v. 1.2.1996 - 3 A 92/95 - juris Rn. 28 ff.).
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So ergibt sich aus der Anordnung schon nicht, was die Beklagte unter dem natürlichen Verlauf der Geländeoberfläche tatsächlich versteht. Unwidersprochen besteht nach Vortrag des Klägers das fragliche Fundament seit den 1970er Jahren. Nicht ohne Weiteres lässt sich daher feststellen, wie sich der Geländeverlauf zum Zeitpunkt der Errichtung des Fundamentes darstellte. Vorgaben hierzu finden sich im Bescheid der Beklagten gerade nicht. In Anlehnung an den Rechtsgedanken, dass von der Maßgeblichkeit einer veränderten Geländeoberfläche dann auszugehen ist, wenn die Veränderung der Geländeoberfläche schon lange zurückliegt (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2017 - 1 ZB 15.1839 - juris Rn. 5, wonach im Abstandsflächenrecht allein aufgrund des Zeitablaufs von der Rechtmäßigkeit einer Veränderung auszugehen ist, wenn die Geländeoberfläche in den letzten 30 Jahren nicht verändert worden ist), müssen fehlende Konkretisierungen zu Lasten der Beklagten zu Lasten der Beklagten gehen.
108
Hinzu kommt, dass die Beklagte nach vollständiger Beseitigung der Notschänke einschließlich Fundament ohnehin in eigener Verantwortung ein neues Fundament erbauen will, das von dem Kläger für den temporären Aufbau seiner Notschenke genutzt werden kann. Nach Auffassung des Gerichts bedarf es hierfür offensichtlich erneut Baumaßnahmen an der Geländeoberfläche, so dass im Vorfeld durch den Kläger vorgenommene Wiederherstellungsarbeiten zum Teil oder ggf. auch vollumfänglich wieder überbaut würden. Entsprechend erscheint die Anordnung der Wiederherstellung fast schon willkürlich, jedenfalls aber unverhältnismäßig.
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2.3 In Folge des Wegfalls der Grundverfügung in Ziff. 2, ist auch die darauf beruhende Zwangsgeldandrohung in Ziff. 4 des Bescheides aufzuheben.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 Abs. 2, 173 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.