Titel:
Nebenbestimmungen für die gewerbliche Bootsvermietung an der Wiesent
Normenketten:
BayWG Art. 28 Abs. 4, Abs. 5
BayVwVfG Art. 41 Abs. 5
VwGO § 74 Abs. 1 S. 2
Leitsätze:
1. Die Befristung der Genehmigung der gewerblichen Vermietung von Booten an der Wiesent ist angesichts noch ausstehender fachlicher Gutachten ermessensgerecht. Die Behörde ist insbesondere nicht darauf verwiesen, eine unbefristete Genehmigung zu erteilen, um sie eventuell zu widerrufen. (Rn. 64 – 68) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Deckelung der täglichen Anzahl von durchfahrenden Mietbooten auf einen Höchstwert ist ermessensgerecht, um die Störwirkung auf die Fische in der Wiesent zu begrenzen. Dabei steht der Behörde ein Bewirtschaftungsermessen zur Berücksichtigung von naturschutzfachlichen Belangen zu. (Rn. 70) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nebenbestimmungen zu einer Schifffahrtsgenehmigung für die gewerbliche, Bootsvermietung an der Wiesent, Befristung, Höchstzahl von Bootsfahrten, Widerrufs- und Auflagenvorbehalt, fakultative förmliche Zustellung, Klagefrist, Widerrufsvorbehalt, Ermessen, Auflagenvorbehalt
Fundstelle:
BeckRS 2022, 25383
Tenor
1. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt.
2. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
3. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 1, 2 und 3 sowie der Beklagte und der Beigeladene jeweils 20%. Von den außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen tragen die Kläger jeweils 20%. Im Übrigen trägt der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst.
4. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar, für die Kläger und den Beigeladenen jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Tatbestand
1
Die Kläger wenden sich gegen verschiedene Inhalts- und Nebenbestimmungen einer durch das Landratsamt … erteilten Schifffahrtsgenehmigung für die gewerbliche Bootsvermietung an der Wiesent vom 14.05.2021.
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Die gewerbliche Vermietung von Booten im streitgegenständlichen Bereich der Wiesent zwischen der Einstiegsstelle bei Doos (Stadt Waischenfeld) und Rothenbühl (Stadt Ebermannstadt) - häufig bezeichnet als „Bootsverleih“ - wird seit vielen Jahren praktiziert und ist Teil des touristischen Angebots in der Fränkischen Schweiz.
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Die Genehmigungshistorie reicht mit Blick auf die den Klägern erteilten Schifffahrtserlaubnisse zurück bis in die Jahre 2005/2006. Auch das Verwaltungsgericht Bayreuth war seither wiederholt mit entsprechenden Klage- bzw. Antragsverfahren befasst. Die Regierung von Oberfranken hat mit Verordnung vom 11.05.2005, geändert durch Verordnung vom 09.04.2008, Regelungen hinsichtlich des Gemeingebrauchs an der Wiesent und ihrer Nebengewässer erlassen.
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Vor dem hier streitgegenständlichen Bescheid hatte das Landratsamt … mit Bescheid vom 12.04.2018 (in der Fassung vom 28.08.2019) eine den Klägern erteilte Schifffahrtsgenehmigung bis zum 30.09.2020 verlängert. In einem Erörterungstermin vom 02.08.2019 konnte eine Klage des hiesigen Beigeladenen sowie ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf der Basis verschiedener Zusagen und gewisser Änderungen des Bescheids übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt werden (Az. B 7 K 19.317 und B 7 S 19.450).
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Im Februar 2021 beantragten die Kläger wiederum die Erteilung bzw. Verlängerung der wasserrechtlichen Erlaubnis für die gewerbliche Bootsvermietung an der Wiesent mit unbefristeter Gültigkeit. Beigefügt war ein „Konzept zum Genehmigungsantrag für den gewerblichen Kajakverleih der ortsansässigen Kajakvermieter an der Wiesent ab der Saison 2021“.
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Nach Anhörung der Kläger sowie Beteiligung verschiedener Fachstellen, Verbände und weiterer Betroffener erteilte das Landratsamt … den Klägern mit Bescheid vom 14.05.2021 die vorliegend streitgegenständliche Schifffahrtsgenehmigung.
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In Nr. I.1 dieses Bescheids wurde die zuletzt mit den Bescheiden des Landratsamts … vom 28.04.2016, 12.04.2018 und 28.08.2019 angepasste und befristet verlängerte Schifffahrtsgenehmigung für die Wiesent, flussabwärts ab der Einstiegsstelle Doos, zugunsten der Kläger, in der Gestalt, die sie durch die gerichtlichen Vergleiche vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth vom 19.12.2012 sowie vom 02.08.2019 gefunden hat, unter nachstehenden Maßgaben bis längstens 30.09.2022 verlängert. Beigefügt war ein Hinweis, wonach flussaufwärts, oberhalb der Einstiegsstelle Doos, die bisherige Regelung fort gilt.
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In Nr. II.1 wurde den Klägern nach Art. 28 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 BayWG und §§ 3, 4 Schifffahrtsordnung (SchO) jeweils die Genehmigung erteilt, die Schifffahrt an der Wiesent flussabwärts auf den drei unten genannten Teilstrecken mit zugelassenen Mietruderbooten im Zeitraum vom 15.05. bis 30.09. auszuüben.
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In Nr. II.2 wurde die Gesamtzahl der täglich auf der Wiesent im Vermietungsbetrieb genutzten Boote beschränkt, und zwar hinsichtlich der Klägerin zu 1 auf nicht mehr als 60 Stück, hinsichtlich der Klägerin zu 2 ebenfalls auf nicht mehr als 60 Stück und hinsichtlich des Klägers zu 3 auf nicht mehr als 40 Stück. Die Gesamtzahl der täglich im Verleih genutzten Boote kann vom Vermieter variabel auf die jeweils genehmigten Strecken aufgeteilt werden. Dabei können Boote am Tag auch auf mehreren Streckenabschnitten eingesetzt werden.
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Ferner wurde verfügt: Gleichzeitig wird für jeden Gewässerabschnitt an der Wiesent eine tägliche Höchstzahl an Bootsfahrten festgelegt. Zwischen Doos und Rothenbühl dürfen die drei Kläger zusammen nie mehr als 101 Bootsfahrten täglich pro Streckenabschnitt durchführen. An keiner Stelle des Flusses darf die tägliche Anzahl von durch- und abfahrenden Mietbooten (Bootsfahrten) den Höchstwert von 101 überschreiten.
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a) Für die Klägerin zu 1 alleine sind auf folgenden Teilstrecken maximal die folgenden Bootsfahrten pro Tag zulässig:
- Riesenburg - Muggendorf: 30 Fahrten
- Behringersmühle (Bhf.) - Muggendorf: 43 Fahrten
- Muggendorf - Rothenbühl: 50 Fahrten
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b) Für die Klägerin zu 2 alleine sind auf folgenden Teilstrecken maximal die folgenden Bootsfahrten pro Tag zulässig:
Doos - Muggendorf: 29 Fahrten
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c) Für den Kläger zu 3 alleine sind auf folgenden Teilstrecken maximal die folgenden Bootsfahrten pro Tag zulässig:
- Riesenburg - Muggendorf: 20 Fahrten
- Behringersmühle - Streitberg: 29 Fahrten
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Für die Klägerin zu 1 wurde weiter festgelegt: Nachdem die angebotenen Touren Riesenburg - Muggendorf und Behringersmühle - Muggendorf ab Behringersmühle denselben Gewässerabschnitt nutzen, ist die Zahl der ab Riesenburg stattfindenden Fahrten von der ab Behringersmühle geltenden Höchstzahl von 43 in Abzug zu bringen, damit die für die Verleiher maßgebende Gesamtzahl von 101 Fahrten je Streckenabschnitt eingehalten wird.
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Für den Kläger zu 3 wurde festgelegt: Nachdem die angebotenen Touren Riesenburg - Muggendorf und Behringersmühle - Streitberg ab Behringersmühle bis Muggendorf denselben Gewässerabschnitt nutzen, ist die Zahl der ab Riesenburg stattfindenden Fahrten von der ab Behringersmühle geltenden Höchstzahl von 29 in Abzug zu bringen, damit die für die Verleiher maßgebende Gesamtzahl von 101 Fahrten je Streckenabschnitt eingehalten wird.
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In Nr. II.3 wurde bestimmt, dass von jedem der Kläger antragsgemäß an den Landkreis … zweckgebunden für die Durchführung von in den FFH-Verträglichkeitsprüfungen unter 7.5 aufgeführten „Maßnahmen zur Schadensbegrenzung für kumulative Beeinträchtigungen“ an der Wiesent (wiedergegeben in den Gründen dieses Bescheids) pro Kanusaison 500,00 EUR zu zahlen sind. Der Betrag ist jeweils spätestens zum 30.06. eines Jahres zu begleichen. Die untere Naturschutzbehörde wird die Ausführung der Maßnahmen in Abstimmung mit dem Wasserwirtschaftsamt sowie der Fachberatung für Fischerei planen, festlegen und deren Durchführung sicherstellen. Hierfür wird ein Zeitrahmen vorgegeben. Bei der Umsetzung kann die untere Naturschutzbehörde auf insgesamt 50 Arbeitsstunden der Bootsverleiher (Hand- und Spanndienste) möglichst außerhalb der laufenden Bootsaison zurückgreifen.
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Unter Nr. II.4 wurden die festgelegten Ein- und Ausstiegsstellen konkret nach Flusskilometer angegeben, für die die Schifffahrtsgenehmigung gilt.
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Die Genehmigung wurde in Nr. II.5 mit folgenden Nebenbestimmungen versehen:
5.1 Die Fahrer der Boote haben die Beschränkungen der Verordnung der Regierung von Oberfranken über die Regelung des Gemeingebrauchs an der Wiesent und ihrer Nebengewässer in der jeweils gültigen Fassung zu beachten. Dies gilt auch für eine etwaige Neuregelung des Gemeingebrauchs.
5.2 Die Vermieterinnen haben die Fahrer der Boote über die Beschränkungen aufzuklären.
5.3 Die Vermieterinnen haben jeweils ein Fahrtenbuch zu führen, in dem neben der Bootsnummer die Namen und Adressen aller Bootsfahrer und die Mietzeit nach Datum aufzuzeichnen sind. Dieses Fahrtenbuch ist dem Landratsamt … bzw. dem Landratsamt … auf Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind in einer auslesbaren elektronischen Form, z.B. in Form einer Excel-Datei, zu führen. Nach Ende der Saison ist dem Landratsamt eine Auswertung auf dieser Grundlage zur Verfügung zu stellen, auf Anforderung auch früher.
5.4 Jedes Boot muss mit einem vom Landratsamt … zugeteilten Kennzeichen versehen sein, das auf beiden Seiten des Fahrzeugs an gut sichtbarer und lesbarer Stelle anzubringen ist. Die Schriftzeichen und Ziffern müssen mindestens 8 cm hoch sein. Die Kennzeichen müssen auf dem Bootskörper dauerhaft angebracht sein; sie können auch aufgeklebt werden.
5.5 Es dürfen nur zugelassene Boote zum Einsatz kommen.
5.6 Die Vermieterinnen haben die Bootsfahrer zu verpflichten, beim Befahren des Gewässers auf andere Gewässerbenutzer größtmögliche Rücksicht zu nehmen.
5.7 Wegen der Betroffenheit des FFH-Gebietes „Wiesenttal mit Seitentälern“ und des Vogelschutzgebietes „Felsen- und Hangwälder in der Fränkischen Schweiz“ ist vor dem Start durch eine Belehrung aller Bootsfahrer hinsichtlich der Belange des Naturschutzes und der Fischerei auf ein entsprechendes Verhalten auf dem Gewässer und am Ufer hinzuwirken. Die Belehrungen durch das Personal der örtlichen Bootsverleiher sind miteinander abzustimmen.
5.8 Die Boote sind gruppenweise einzusetzen (Schwallbetrieb). Die Boote der Gruppe haben unmittelbar nacheinander loszufahren und während der Fahrt ist darauf zu achten, dass der Gruppenverband während der Fahrt nicht aufgelöst wird. Die Belehrung muss diese Regelung umfassen.
5.9 Der Vermietungsbetrieb ist bei Hochwasser einzustellen. Dies gilt spätestens bei Erreichen der Meldestufe 1 des Pegels Muggendorf/Wiesent (200 cm). Diese Regelung entbindet die Unternehmer nicht von ihren Sorgfaltspflichten gegenüber den Mietern bzw. Bootsfahrern, aus Sicherheitsgründen ggf. schon früher oder zumindest in Teilabschnitten das Befahren einzustellen.
5.10 Ab einem Pegelstand von 115 cm am Pegel Muggendorf kann das Landratsamt … die Befahrung von Flachwasserbereichen untersagen.
Die Behörde kann sich dabei folgenden Verfahrens bedienen:
Unterschreitet dieser Pegel den Pegelstand von 115 cm, wird die Strecke nachmittags von einem Mitarbeiter der Bootsvermietung befahren und die Befahrung protokolliert. Folgende Punkte sind im Protokoll festzuhalten: Datum, Uhrzeit, Schwierigkeiten bei der Befahrung (z.B. Grundberührungen mit Ortsangabe), Beobachtung von Auffälligkeiten anderer Bootsfahrer (unabhängig ob gewerblich oder Gemeingebrauchler). Die Befahrung ist fotografisch zu dokumentieren.
Ist eine Befahrung z.B. durch Aufsetzen und notwendiges Aussteigen nicht mehr möglich, darf die Strecke ab dem Folgetag nicht mehr befahren werden, bis sich die Verhältnisse im Gewässer im notwendigen Umfang verbessert haben.
Über Einschränkungen der Befahrung kann die Behörde auch aufgrund eigener Erkenntnisse entscheiden.
5.11 Die Auflagen im Hinblick auf Niedrigwassersituationen können und sollen aufgrund verfeinerter Erkenntnisse geändert werden. Sobald die Fachbehörden eine abflussabhängige Regelung vorschlagen können, wird eine Anpassung der Auflagen erfolgen.
5.12 Für die Pegelhöhe wird der 24 h-Durchschnittspegel von 12:00 Uhr des vorletzten Tages bis 12:00 Uhr des Vortages herangezogen. Der Pegel kann unter folgendem Link abgerufen werden: (Link wurde angegeben).
5.13 Abweichend von der Gemeingebrauchsverordnung der Regierung von Oberfranken darf die Wiesent in dem Bereich zwischen der Wehranlage Sachsenmühle und der Ausstiegsstelle Muggendorf (BorgWarner, früher Beru) zwischen 17:00 Uhr und 9:00 Uhr nicht befahren werden.
5.14 Durch ein schutzgutbezogenes Monitoring ist zu überprüfen, ob sich die Inhalts- und Nebenbestimmungen dieser Genehmigung sowie die zu ergreifenden Maßnahmen bewährt haben und sich der Erhaltungszustand der Schutzgüter nicht verschlechtert hat. Die Antragstellerinnen haben in Übereinstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde ein Monitoring durchzuführen, um bei einer weiteren Verlängerung der Genehmigungen Umweltschäden im Sinne von § 19 BNatSchG auszuschließen. Dabei sollte möglichst eine befahrene und eine nichtbefahrene Strecke der Wiesent im FFH-Gebiet untersucht und verglichen werden, sofern die sonstigen Randbedingungen insbesondere hinsichtlich der Hydromorphologie vergleichbar und somit die rein auf den Kanubetrieb zurückzuführenden Effekte darstellbar sind. Für das Erfolgsmonitoring in Bezug auf die relevanten Brutvögel am Fluss hat eine Bestandserfassung der Brutvögel in den Jahren 2021 und 2022 im Vergleich zu den bisherigen Erhebungen zu erfolgen (mit Fokus auf Eisvogel und Zwergtaucher, ggf. Wasseramsel).
Das Monitoring ist durch die Vermieter auf deren Kosten bei einem unabhängigen Unternehmen unmittelbar nach Aufnahme des Vermietungsbetriebes zu beauftragen. Die Beauftragung ist der unteren Naturschutzbehörde zu gegebener Zeit möglichst umgehend nachzuweisen. An den für das Monitoring entstehenden Kosten wird sich das Landratsamt … angesichts der Betroffenheit durch den Gemeingebrauch wie bisher zu einem Viertel beteiligen. Mit dem Monitoring ist unverzüglich zu beginnen. Über die Ergebnisse des Monitorings ist die untere Naturschutzbehörde zeitnah nach dessen Abschluss durch einen aussagekräftigen Bericht in Kenntnis zu setzen.
5.15 Die Genehmigung gilt bis längstens 30.09.2022 und ist widerruflich.
5.16 Wasserwirtschaftliche Inhalts- und Nebenbestimmungen a) Die Unterhaltungs- und Verkehrssicherungspflicht der Ein- und Ausstiegsstellen sowie der Umtragestellen obliegt, insbesondere auf Grundstücken des Freistaates Bayern, der jeweiligen Vermieterin.
b) Die Vermieterinnen haben in eigener Zuständigkeit für die gefährdungsfreie Befahrbarkeit der Wiesent zu sorgen.
c) Sofern neben den durch das Wasserwirtschaftsamt … durchgeführten Gehölzarbeiten am Gewässer einzelne Rückschnitte erforderlich werden, sind diese nur nach Absprache mit dem Wasserwirtschaftsamt und der unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt … zulässig.
d) Ein Befahren des Gewässers mit Booten darf nur erfolgen, soweit eine Gefährdung der Bootsfahrer ausgeschlossen werden kann.
e) Aus der Genehmigung können keinerlei Ansprüche hinsichtlich Unterhaltung, Gewässerfreihaltung und Verkehrssicherung abgeleitet werden.
f) Bei einem Gewässerausbau im öffentlichen Interesse besteht kein Anspruch auf bestimmte Wasserführung oder Gewässergestaltung.
g) Die Vermieterinnen haben dafür Sorge zu tragen, dass sowohl Aus- und Einstieg als auch Umtragen von Booten an Hindernissen nur an den dafür vorgesehenen, i.d.R. befestigten, Stellen erfolgt.
5.17 Auflagenvorbehalt Weitere Inhalts- und Nebenbestimmungen, die sich im öffentlichen Interesse als notwendig erweisen, bleiben vorbehalten.
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Nachdem bereits der Beigeladene am 14.06.2021 Klage gegen die Schifffahrtsgenehmigung vom 14.05.2021 erheben ließ (Az. B 7 K 21.703), haben die Kläger durch ihren Bevollmächtigten am 18.06.2021 ebenfalls Klage erheben lassen. Das Landratsamt ordnete mit Bescheid vom 17.06.2021 die sofortige Vollziehung der Nr. I.1 und II. des Bescheids vom 14.05.2021 auf einen entsprechenden Antrag der Kläger hin an.
20
Mit Schriftsatz vom 25.10.2021 wurde die Klage begründet und es wurden Anträge für die mündliche Verhandlung angekündigt:
21
I. Folgende Inhalts- und Nebenbestimmungen aus der Schifffahrtsgenehmigung des Landratsamts … vom 14.05.2021 (Az. ) werden aufgehoben:
- 1.
-
die in Nr. I.1 und Nr. II.5.15 geregelte Befristung,
- 2.
-
die in Nr. II.1 geregelte Einschränkung des jährlichen Zeitraums auf den Zeitraum vom 15. Mai bis 30. September (gegenüber dem beantragten Zeitraum vom 1. Mai bis zum 30. September),
- 3.
-
die in Nr. II.2 geregelte Einschränkung der Bootszahlen,
- 4.
-
die in Nr. II.5.3 geregelte Form der Aufzeichnungen im Excel-Format,
- 5.
-
die in Nr. II.5.14 geregelte Monitoring-Auflage und
- 6.
-
die in Nr. II.5.15 und II.5.16 (gemeint: II.5.17) geregelten Widerrufs- und Auflagenvorbehalte.
II. Hilfsweise: Der Beklagte wird verpflichtet, über die Anträge der Kläger auf Erteilung einer Schifffahrtsgenehmigung vom 24.02.2021 im Hinblick auf die unter I. genannten Nebenbestimmungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
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Bei den mit der Klage angegriffenen Verfügungen handele es sich um isoliert anfechtbare Nebenbestimmungen, dies gelte auch für die Befristung in Nr. I.1 des Bescheids, selbst wenn diese formal zum verfügenden Teil der Genehmigung gehöre. Die Wiederholung in Nr. II.5.15 mache jedoch deutlich, dass es sich auch der Form nach um eine Nebenbestimmung handele. Ausführlich erläutert wird zunächst, dass es sich bei der Erteilung einer Schifffahrtsgenehmigung nach Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayWG um eine Ermessensentscheidung handele und welche rechtlichen Ausgangspunkte der gerichtlichen Überprüfung zugrunde zu legen seien. In Bezug auf das in der Norm genannte „Wohl der Allgemeinheit“ kämen auch Belange des Naturschutzes in Betracht, wobei allerdings zu beachten sei, dass insoweit, wie eigenständige naturschutzrechtliche Zulassungsvorbehalte oder Pflichten zur Verträglichkeitsprüfung bestünden, konkret auf die sich daraus ergebenden Maßstäbe abzustellen sei und nicht allgemein auf Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayWG. Die sich aus dem Naturschutzrecht ergebenden spezialgesetzlich geregelten Maßstäbe gingen dem allgemeinen Maßstab des Allgemeinwohls wegen des Spezialitätsgrundsatzes vor. Eine „Doppelprüfung“ desselben Belangs im Rahmen des Naturschutzrechts einerseits und unter dem Aspekt des Allgemeinwohls im Rahmen von Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayWG andererseits finde nicht statt.
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Zur Befristung der Genehmigung wird auf die Begründung des Bescheids eingegangen, in der auf die Stellungnahmen der unteren und höheren Naturschutzbehörde, der Bezirksfischereifachberatung und weitere Stellungnahmen verwiesen wurde. Mangels konkreter Bezugnahmen werde nicht ganz deutlich, welche der in den verschiedenen Stellungnahmen vorgetragenen Argumente tatsächlich für die Befristung ausschlaggebend gewesen seien. Die untere Naturschutzbehörde (uNB) weise darauf hin, dass die Ergebnisse der seitens der Fachberatung beauftragten fischereilichen Untersuchungen noch nicht vollständig vorlägen, weshalb eine abschließende Stellungnahme aus naturschutzfachlicher Sicht derzeit noch nicht abgegeben werden könne. Auf der Grundlage der bislang zur Verfügung stehenden Unterlagen werde die Erteilung einer unbefristeten Genehmigung außerordentlich kritisch gesehen. Die Stellungnahme selbst stütze sich insoweit neben dem Fehlen der Beurteilung der Fischereifachberatung auch auf das Fehlen einer Niedrigwasserregelung und das Fehlen des im Managementplan für das FFH-Gebiet für erforderlich erachteten und vom Landratsamt beauftragten „Kanukonzepts“. Die uNB habe aber auch bestätigt, dass die Verträglichkeitsprüfungen (VP) für das FFH-Gebiet und das Vogelschutzgebiet zu dem Ergebnis gelangen würden, dass keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten seien. Es werde nicht ausgeführt, dass das Fehlen der zuvor genannten Unterlagen dieses Ergebnis in Frage stellen könnte. Dabei handele es sich aus Sicht der Kläger um den ausschlaggebenden Aspekt. Der Bescheid referiere auch die Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU), wonach die beiden Verträglichkeitsstudien fachlich fundiert seien und alle wesentlichen Aspekte beinhalteten und mache sich diese zu eigen. In beiden Verträglichkeitsprüfungen werde auch ausdrücklich ausgeführt, dass für die Beurteilung des aktuellen Vorkommens der Arten und Lebensräume keine Datenlücken bestünden. Ein Monitoring werde folgerichtig in den VP für keines der beiden Schutzgebiete vorgeschlagen. Dass das Fischereigutachten zum Zeitpunkt der Genehmigungsentscheidung noch nicht vorgelegen habe, stelle die Beurteilung, dass die beantragte Genehmigung mit dem Vogelschutzgebiet und dem FFH-Gebiet verträglich sei, nicht in Frage (wurde weiter ausgeführt). Bei der Erstellung des Kanukonzepts, das im Managementplan für die Schutzgebiete vorgesehen sei, handele es sich um eine Managementaufgabe der Naturschutzbehörden.
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Eine Befristung als mögliche Nebenbestimmung sei in Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayWG nicht genannt, was auch nicht erforderlich sei, weil die Genehmigung nach dieser Vorschrift widerrufen werden könne, wenn einer der in der Norm geregelten Versagungsgründe dies rechtfertige. Auch das Fehlen einer Niedrigwasserregelung rechtfertige die Befristung nicht. Es werde nicht erläutert, was sich die Behörde von der noch zu erarbeitenden Niedrigwasserregelung verspreche. Es scheine im Übrigen Aufgabe der Fischereifachberatung zu sein, die Voraussetzungen für die Niedrigwasserregelung zu schaffen, indem sie die sensiblen Bereiche der Wiesent ermittle, wo bei geringen Wasserständen aus fischbiologischer Sicht Probleme durch das Bootsfahren entstünden. Damit sei kein für die Verträglichkeit des Bootsfahrens mit den Erhaltungszielen der Schutzgebiete relevanter Aspekt angesprochen. Auch aus der Stellungnahme der höheren Naturschutzbehörde ergebe sich keine Rechtfertigung für die Befristung. Es sei ausgeführt worden, eine unbefristete Genehmigung solle vorerst nicht erteilt werden, denn die Schutzgüter, die Nutzungsansprüche und das gesamte Gewässersystem würden eine beträchtliche Veränderung bzw. Beeinträchtigung bezüglich des Klimawandels erfahren. Aus diesem Grund könne eine Anpassung der Nutzungskonzepte nötig werden und ein behördliches Handeln solle entsprechend möglich bleiben. Um jedoch eine Reaktion auf geänderte Umstände oder geänderte Erkenntnisse zu ermöglichen, sehe Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayWG anstelle der Befristung den Widerruf der Genehmigung, ggf. als Teilwiderruf mit dem Ziel vor, die Nebenbestimmungen nachträglich zu verschärfen.
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Die Fischereifachberatung gehe in ihrer Stellungnahme nicht auf die konkreten Auswirkungen des auf die Kläger zurückgehenden Bootsfahrens auf der Wiesent ein, sie führe insbesondere nicht aus, dass die fischereiliche Bewirtschaftung dadurch erheblich beeinträchtigt werde. Die Forderung nach einer Befristung der Genehmigung werde sehr allgemein auf die Dynamik von Fließgewässern, insbesondere im Karstsystem und den bereits augenfälligen Veränderungen beim Lebensraumangebot und der Kanunutzung in den letzten Jahren gestützt. Eine so allgemeine Aussage, die sich nicht einmal konkret auf die Wiesent, geschweige denn auf die von der Genehmigung betroffenen Flussabschnitte beziehe, sei nicht geeignet, einen Versagungsgrund nach Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayWG zu tragen. In der Stellungnahme des LfU werde die Befristung der Genehmigung mit der Erwähnung eines Monitorings verbunden, aber nicht näher begründet, so dass auch daraus die Befristung nicht zu rechtfertigen sei. Ferner vertreten die Kläger die Ansicht, dass generell die Widerrufsmöglichkeit die Befristung verdränge. Jedenfalls sei die Befristung hier unverhältnismäßig, weil durch sie ein wegen der Widerrufsmöglichkeit überflüssiger großer Verfahrensaufwand bei den Klägern, aber auch bei den beteiligten Behörden hervorgerufen werde. Dadurch sei außerdem die Genehmigung als Dispositionsgrundlage für die Kläger, die die Bootsvermietung beruflich betrieben, erheblich erschwert.
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Zur Thematik der Befristung hat das Landratsamt ausgeführt, diese sei zulässig, auch wenn dies nicht ausdrücklich im Gesetz erwähnt sei und dies folge daraus, dass die gesamte Entscheidung im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde stehe. Demnach könne als milderes Mittel im Vergleich zu einer Versagung auch eine Befristung gewählt werden. Einzubeziehen gewesen seien in die Überlegungen das zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung noch ausstehende Fischereigutachten, das noch nicht vollständig vorliegende Kanukonzept für das Bootsfahren auf der Wiesent sowie die noch nicht absehbaren Folgen des Klimawandels. Nachdem aber eine vollständige Versagung der Genehmigung in Anbetracht der wirtschaftlichen Interessen der Kläger unverhältnismäßig erschien, sei unter Ausnutzung des zur Verfügung stehenden Ermessens eine Befristung gewählt worden. Die Erteilung einer unbefristeten Genehmigung und ein dann unter Umständen nötig werdender Widerruf sei bei gegebener Sachlage ausgeschlossen gewesen. Dass das Fischereigutachten und das Kanukonzept bis dato noch nicht vorlägen, zeige die Komplexität und Vielschichtigkeit der Problematik, was wiederum darauf hindeute, dass eine unbefristete Genehmigung nicht ohne Weiteres erteilt werden könne.
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Der Beigeladene hat auf die Klage im Verfahren B 7 K 21.703 verwiesen, die Schifffahrtsgenehmigung sei rechtswidrig und daher aufzuheben. Wäre sie dagegen rechtmäßig, dann nur deshalb, weil die Nebenbestimmungen angeordnet worden seien. Den Klägern stehe kein Recht auf eine isolierte verwaltungsgerichtliche Aufhebung der Nebenbestimmungen zu, da dies mit der Konsequenz verbunden wäre, dass der materiell rechtswidrige und dem Adressaten nicht zustehende Verwaltungsakt weiterhin Geltung beanspruchen würde. Für den Fall, dass man von einer isolierten Anfechtbarkeit ausgehen wolle, sei die Klage gegen die Nebenbestimmungen unbegründet. Ohne die Nebenbestimmungen würde die Genehmigung nicht den Anforderungen aus §§ 34, 44 BNatSchG genügen. Es wurde auf das der Behörde zustehende Ermessen hingewiesen, eine Reduzierung auf null liege nicht vor (wurde ausführlich begründet). Speziell zur Befristung wurde geltend gemacht, diese sei Ausdruck davon, dass die Auswirkungen des Bootsverleihs weder hinreichend ermittelt noch bewertet worden seien. Auf die Ausführungen in der Klage, Az. B 7 K 21.703, wurde hingewiesen. Aus systematischen Gesichtspunkten sei es nicht zutreffend, dass die Widerrufsmöglichkeit im Bescheid die Möglichkeit der Befristung verdränge. Einem Widerruf komme nur deklaratorische Bedeutung zu, wenn sich die Zulässigkeit aus der gesetzlichen Grundlage ergebe. Vorliegend regele die Norm, dass die Schifffahrtsgenehmigung widerruflich sei, andere Zulässigkeitsvoraussetzungen lägen nicht vor, so dass für einen Widerruf die Generalklausel nach §§ 48, 49 VwVfG greife.
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Auch ohne den Zusatz „ist widerruflich“ bestünde die Möglichkeit eines Widerrufs für die Behörde in den gesetzlichen Grenzen der Generalklausel. Damit gelte jedoch nicht zwangsläufig, dass die Behörde keine (weiteren) Nebenbestimmungen bezüglich der Erfolgskontrolle der sachgemäßen Ausübung der Genehmigung erlassen könne, was sich aus der allgemeinen Ermächtigung zum Erlass von Nebenbestimmungen nach § 36 VwVfG ergebe.
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Zudem sei die Befristungsregelung rechtsicherer und somit vorteilhafter für die Kläger als ein etwaiger Widerruf. Durch den Erlass der Genehmigung mit Befristung signalisiere die Behörde von Anfang an, dass sie die Sach- und Rechtslage nach Ablauf der Frist erneut erörtern werde. Der Vertrauensschutz des Adressaten gelte „nur“ in diesem zeitlichen Rahmen. Ein spontaner, für die Kläger unvorhergesehener Widerruf der Genehmigung aufgrund von behördeninternen Abwägungsprozessen stelle einen deutlich härteren Eingriff in den Vertrauensschutz der Adressaten dar, da diese sich nicht auf eine entsprechende Abwägung einstellen könnten und ihnen auch die Möglichkeit genommen werde, ggf. neue Informationen einzubringen. Die Befristung sei somit ein milderes Mittel und auch geeignet. Sie sei mangels Vorliegens des Managementkonzepts auch erforderlich, angemessen und verhältnismäßig.
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Weiter halten die Kläger die Kürzung der Zahl der Bootsfahrten von 140 gemäß ihrem Antrag auf 101 für rechtswidrig, weil ermessensfehlerhaft und mit einem Ermittlungsdefizit belastet. Die Genehmigungsanträge der Kläger seien so aufeinander abgestimmt gewesen, dass in der Summe in keinem Abschnitt der Wiesent mehr als 140 ihrer Mietboote an einem Tag fahren würden. Die Zahl sei in dem Antrag zwischen den drei Unternehmen aufgeteilt gewesen. Im Bescheid seien die entsprechenden Bootszahlen gekürzt worden, so dass in keinem Flussabschnitt mehr als 101 Mietboote pro Tag fahren würden. Gegen diese Kürzung hätten sich die Kläger bereits im Rahmen der Anhörung gewandt. Ihrem eigenen Konzept liege bereits einiges an Verzicht zugrunde, um sensible Bereiche der Wiesent effizient zu schützen und den Kritikern entgegenzukommen. Im Konzept sei dargelegt worden, dass die Streckenabschnitte und Bootszahlen keine „Verhandlungsbasis“ darstellten, sondern das absolute Minimum seien, um die Verleihe bei aktueller Mitarbeiterzahl weiterhin wirtschaftlich betreiben zu können. Eine Kürzung der Zahl der Bootsfahrten treffe die Kläger daher schwerwiegend. Soweit der Kläger zu 2 in einer E-Mail vom 01.05.2021 das Angebot eines Kompromisses von 120 Bootsfahrten unterbreitet habe, führe dies bereits dazu, dass die Mitarbeiterzahl reduziert werden müsse. Diesen Aspekt habe die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensausübung nicht hinreichend berücksichtigt. Es werde im Bescheid auf die Stellungnahme der Fischereifachberatung Bezug genommen, wonach eine störungsfreie Zeit für die Fische von mindestens 15 Minuten erforderlich sei. Die Störungshäufigkeit ergebe sich aus der Anzahl der Einzelboote und Bootsgruppen, die in einem bestimmten Zeitraum ein Fischhabitat passierten. Woraus sich der Zeitraum von 15 Minuten ergebe, teile die Fischereifachberatung in ihrer Stellungnahme allerdings nicht mit. Es werde lediglich behauptet, dazu „belastbare Untersuchungsdaten“ zu haben. Der Bescheid übernehme die entsprechende Behauptung ungeprüft. Da die Stellungnahme der Fischereifachberatung auch an anderen Stellen unvollständig sei, hätte die Behörde auch an dieser Stelle weiter ermitteln müssen.
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Der Beigeladene hat zur Auflage der Begrenzung der Anzahl der Boote ausgeführt, dass er die Genehmigung bereits deshalb für rechtswidrig halte, weil eine zu große Anzahl an Booten zugelassen worden sei. Mit dieser Anzahl sei eine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets nicht ausgeschlossen und würden artenschutzrechtliche Verbote ausgelöst.
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Des Weiteren halten die Kläger den Widerrufsvorbehalt und den Auflagenvorbehalt in Nr. II.5.15 und 5.17 für rechtswidrig. Nebenbestimmungen dürften einem Zulassungsbescheid nicht generell zu dem Zweck beigefügt werden, auf nachträgliche Veränderungen oder Erkenntnisse reagieren zu können bzw. sicherzustellen, dass die jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen auch künftig erfüllt blieben, sonst würden die gesetzlichen Voraussetzungen der Widerrufsvorschriften und etwaiger ergänzender gesetzlicher Reaktionsmöglichkeiten (z.B. § 75 Abs. 2 VwVfG, § 17 BImSchG) unterlaufen. Eine Zulassung könne nicht allein wegen der Möglichkeit einer späteren Änderung der Sach- oder Rechtslage mit Widerrufs- oder Auflagenvorbehalt versehen werden. Der Widerrufsvorbehalt sei im Übrigen schon deshalb überflüssig und unverhältnismäßig, weil bereits Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayWG den Widerruf ermögliche.
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Die Kläger halten die angefochtenen Nebenbestimmungen für rechtswidrig; sollte das Gericht eine Aufhebung gemäß dem Hauptantrag nicht für möglich halten, weil Art. 28 Abs. 4 BayWG eine Ermessensvorschrift sei, wäre jedenfalls dem Hilfsantrag stattzugeben und der Beklagte dazu zu verurteilen, über die angefochtenen Nebenbestimmungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Denn die Kläger hätten jedenfalls Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung.
34
Das Landratsamt hält den Widerrufsvorbehalt für rechtmäßig, schon das Gesetz sehe die Widerrufsmöglichkeit vor. Die Auflage gehe auch nicht darüber hinaus, eine deklaratorische Wiederholung mache diese nicht unzulässig. Soweit sich die Kläger gegen den Auflagenvorbehalt wendeten, sei dieser nicht rechtswidrig und auch nicht pauschal hinzugefügt worden. Da zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung sowohl das Fachgutachten der Fischereifachberatung als auch das sog. Kanukonzept noch ausständig gewesen seien, habe es jedenfalls eine nicht auszuschließende Möglichkeit gegeben, den Bescheid mit weiteren Auflagen zu versehen und die bestehenden Auflagen zu ändern, um die Genehmigung weiter aufrechterhalten zu können. Dies sei der Genehmigungsbehörde bereits bei Erlass des Bescheids bewusst gewesen. Aus Verhältnismäßigkeitsgründen sei das Ermessen dahingehend ausgeübt worden, die Genehmigung trotzdem zu erteilen und einen Auflagenvorbehalt anzuwenden. Dasselbe gelte auch für Nr. II.5.11, Anpassung der Auflage zur Niedrigwassersituation. Die Pegelstandsregelung in Nr. II.5.10 werde von verschiedenen Seiten in unterschiedlicher Weise als nicht unbedingt geeignet kritisiert. Eine Variante, die alle Beteiligten habe zufrieden stellen können, sei jedoch bisher in der Komplexität der Wirkungen noch nicht gefunden worden. Bereits bei der Erteilung der Genehmigung sei deshalb klar gewesen, dass diese Auflage geändert werde, wenn sich eine geeignetere Regelung finde. Um die Genehmigung nicht zu versagen, sei insgesamt auf einen Auflagenvorbehalt zurückgegriffen worden. Ermessensfehler seien insgesamt nicht ersichtlich.
35
Der Beigeladene hält die Klage darüber hinaus für verfristet. Der Bescheid sei an die Kläger bereits vorab per Telefax übersandt worden, was die in der Behördenakte befindlichen Faxberichte belegten. Die Übermittlung vorab sei am 14.05.2021 erfolgt, ebenfalls sei an diesem Tag der Bescheid per Mail an die Adressaten erfolgreich übertragen worden. Am 17.05.2021 sei das Datum auf dem Bescheid berichtigt worden (Jahreszahl 2021 anstelle von 2020). Dieser berichtigte Bescheid sei sodann per Mail an die Kläger übersandt worden. Da es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler gehandelt habe, sei er einer einfachen Berichtigung zugänglich gewesen, so dass es bei der Bekanntgabe am 14.05.2021 bleibe. Selbst wenn die Übermittlung des berichtigten Bescheids fristauslösend gewesen wäre, wäre die am 18.06.2021 erhobene Klage verfristet. Für die Bekanntgabe existiere kein Formerfordernis, es reiche die elektronische Übermittlung, um die Monatsfrist auszulösen. Eine förmliche Zustellung sei nicht gesetzlich angeordnet (Art. 41 Abs. 5 BayVwVfG). Nach Art. 41 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG gelte auch bei Bekanntgabe durch elektronische Übermittlung der Bescheid nach drei Tagen, somit am 17.05.2021, als bekanntgegeben.
36
Die Klägerseite hat sich am 31.01.2022 erneut geäußert. Die Klage sei zulässig, denn die Bescheide seien allen drei Klägern per Postzustellungsurkunde zugestellt worden. Eine solche Art der Zustellung sei gemäß Art. 1 Abs. 5 VwZVG angeordnet worden, so dass die Klagefrist nicht vor der Zustellung am 19.05. bzw. 20.05.2021 zu laufen begonnen habe. Die Vorabübermittlung per E-Mail oder Telefax sei nicht fristauslösend gewesen.
37
Soweit der Beigeladene meine, die hiesige Klage sei schon deshalb unbegründet, weil die Genehmigung ohnehin rechtswidrig sei und er auf seinen Vortrag im parallelen Klageverfahren B 7 K 21.703 verwiesen habe, werde auf die Äußerung der Kläger im dortigen Verfahren Bezug genommen. Es sei nicht zutreffend, dass die gewählte Befristung für die Kläger vorteilhafter sei als ein Widerruf nach Art. 28 Abs. 4 BayWG, weil eine Befristung den Verwaltungsakt mit Fristablauf automatisch unwirksam werden lasse, während ein Widerruf an Voraussetzungen gebunden sei und eine Ermessensentscheidung der Behörde erforderlich mache. Ein Widerruf erfolge auch nicht „unvorhergesehen“, sondern erfordere eine Anhörung und der Widerruf müsse an einen angemessenen, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz berücksichtigenden Zeitpunkt gebunden werden. Es sei auch nicht richtig, dass mangels Vorliegens eines Managementkonzepts die Befristung erforderlich sei, weil ohne sie die in dem Managementkonzept herausgearbeiteten Belange keinen Eingang in die Abwägung finden könnten (wurde näher erläutert). Das Landratsamt habe im Schriftsatz vom 09.12.2021 die Belange benannt, die aus dortiger Sicht bei einer Entscheidung über die Befristung einzubeziehen gewesen seien (ausstehendes Fachgutachten der Fischereifachberatung, noch nicht vollständig vorliegendes Kanukonzept sowie nicht absehbare Folgen des Klimawandels). Auf welchen dieser Aspekte die Befristung tatsächlich gestützt worden sei, lasse sich der Begründung des Bescheids allerdings nicht entnehmen. Es würden nur Inhalte von verschiedenen Stellungnahmen referiert, ohne jedoch dazu selbst Stellung zu nehmen und die verschiedenen Belange zu gewichten und ins Verhältnis zueinander zu setzen. Insbesondere sei der Klimawandel nicht geeignet, die Befristung zu rechtfertigen. Sie sei mit zwei Jahren sehr kurz bemessen, während der Klimawandel sich zwar bemerkbar mache, seine Auswirkungen aber erst in längeren Zeiträumen konkret feststellbar sein würden.
38
Es sei nicht richtig, dass der Widerrufsvorbehalt alleine schon deshalb rechtmäßig sei, weil auch das Gesetz in Art. 28 Abs. 4 BayWG eine Widerrufsmöglichkeit vorsehe. Gesetzliche Widerrufsmöglichkeiten seien stets an bestimmte Voraussetzungen gebunden, speziell die Widerrufsmöglichkeit nach Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayWG setze voraus, dass ein Versagungsgrund gemäß dieser Norm bestehe und einen Widerruf rechtfertige. Der Widerrufsvorbehalt in der angefochtenen Nebenbestimmung enthalte dagegen nach seinem Wortlaut keinerlei Widerrufsvoraussetzungen und erlaube zumindest nach seinem Wortlaut die Interpretation, dass ein Widerruf „jederzeit“ ohne Weiteres erklärt werden könne. Jedenfalls sei durch den Widerrufsvorbehalt nicht sichergestellt, dass ein Widerruf nur unter denselben Voraussetzungen auf den Widerrufsvorbehalt gestützt werden könne, unter denen auch Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayWG einen Widerruf gestatten würde. Selbst wenn aber der Widerrufsvorbehalt inhaltlich exakt gleich wie die Widerrufsmöglichkeit im Gesetz zu interpretieren sein sollte, wäre er rechtswidrig, denn überflüssig und somit nicht erforderlich im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Der zuvor erläuterte potentielle Interpretationsspielraum sei ein weiteres Argument für die Rechtswidrigkeit des Widerrufsvorbehalts.
39
Der Auflagenvorbehalt werde mit ausstehenden Unterlagen gerechtfertigt und damit mit demselben Argument, mit dem auch die sehr kurze Befristung auf zwei Jahre gerechtfertigt werde. Im Ergebnis werde dadurch die Rechtssicherheit und Dispositionsgrundlage für die Kläger durch insgesamt vier Regelungen aufgrund ein und desselben Gedankengangs eingeschränkt, nämlich durch
- die Befristung auf zwei Jahre (Nr. I.1 des Bescheids),
- die Befristung gemäß Nr. II.5.15 des Bescheids,
- durch den Widerrufsvorbehalt gemäß Nr. II.5.15 des Bescheids und
- durch den Auflagenvorbehalt gemäß Nr. II.5.17 des Bescheids.
40
All diese Einschränkungen seien jedoch nicht nötig, sondern die von der Behörde genannte Zielsetzung lasse sich allein durch die bereits gesetzlich geregelte Widerrufsmöglichkeit erreichen (wurde näher ausgeführt). Auch der Auflagenvorbehalt sei im Übrigen tatbestandlich weiter formuliert als die Widerrufsmöglichkeit in Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayWG. Denn der Auflagenvorbehalt nach dem Bescheid ermögliche weitere Inhalts- und Nebenbestimmungen, die sich im öffentlichen Interesse als notwendig erwiesen. Damit sei der Kreis der öffentlichen Interessen, die solche nachträgliche Inhalts- und Nebenbestimmungen ermöglichen sollten, weiter formuliert als Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayWG.
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Der Beigeladene macht geltend, die Einlassungen des Beklagten seien in Bezug auf die relevanten Auswirkungen auf das Europäische Artenschutz- und Gebietsschutzrecht widersprüchlich. Das Fachgutachten der Fischereifachberatung und das Kanukonzept lägen aufgrund der Komplexität und Vielschichtigkeit immer noch nicht in finaler Fassung vor. Aus diesem Grund sei die beantragte unbefristete Genehmigung nicht erteilt worden. Hierzu stehe im Widerspruch, dass die Genehmigung erteilt worden sei, ohne dass die bereits vorliegenden Erkenntnisse aus dem Fachgutachten, die bereits im Dezember 2020 von den Gutachtern vorgestellt worden seien, zur Versagung der Genehmigung geführt hätten. Denn aus den Ergebnissen der bereits beendeten Untersuchungen hätte sich entgegen der VP eine erhebliche Beeinträchtigung des LRT 3260 und weiterer Erhaltungsziele ergeben. Dies bestätige nun auch der Beklagte, wenn er ausführe, dass die Pegelstandsregelung in Nr. II.5.10 von verschiedenen Stellen in unterschiedlicher Weise als nicht unbedingt geeignet kritisiert werde. Dass noch keine Klärung über die Möglichkeit der Prüfung der Abflussgeschwindigkeit vorliege, um bei Niedrigwasser das Bootsfahren einzustellen, hätte zur Versagung der Genehmigung führen müssen. Bereits im Zeitpunkt der Genehmigung habe festgestanden, dass nur durch eine Prüfung der Abflussgeschwindigkeit und der hieraus sich ergebenden Betriebsbeschränkungen die erheblichen Beeinträchtigungen auszuschließen wären.
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Auf Art. 1 Abs. 5 VwZVG könnten sich die Kläger nicht stützen. Einen gesetzlichen Vorrang der Postzustellung gebe es nicht, die Klagefrist werde bereits durch die erste Zustellung durch Bekanntmachung per Fax/Mail, die in den Behördenakten dokumentiert sei, ausgelöst.
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Der Beigeladene stütze sich für seine Bewertung der erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele der Natura 2000-Gebiete neben den jahrelangen eigenen Beobachtungen und der fachlichen Expertise seiner Mitarbeiter auf die in der Klagebegründung im Verfahren
44
B 7 K 21.703 zitierten (behördlichen) Stellungnahmen. Entgegen der Bewertung der Kläger würden die fachlich zuständigen Behörden zu dem Ergebnis gelangen, dass insbesondere durch das Befahren der Wiesent bei Niedrigwasser die Arten und Habitate beeinträchtigt würden. Auch für dieses Verfahren wurde hingewiesen auf den Entwurf des Gutachtens von …, das im Parallelverfahren vorgelegt worden sei. Zu den Untersuchungen und Ergebnissen des Gutachtens seien die Gutachter als Sachverständige zu laden. Es wurde nochmals um eine zeitnahe Terminierung nachgesucht. Es stehe zu befürchten, dass sich die erheblichen Beeinträchtigungen auch in diesem Jahr fortsetzten. Wie den Schriftsätzen der Gegenseite zu entnehmen sei, sei auch im letzten Jahr weder dafür Sorge getragen worden, eine Regelung zur Abflussgeschwindigkeit zu treffen noch die in den VP genannten Maßnahmen umzusetzen.
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Am 07.03.2022 haben sich die Kläger erneut geäußert. Die Einlassungen des Beklagten im Hinblick auf die Auswirkungen des Europäischen Artenschutz- und Gebietsschutzrechts seien keinesfalls widersprüchlich (wurde weiter ausgeführt). Aus dem Umstand, dass noch keine Klärung über die Möglichkeit der Prüfung des Abflusses vorliege, um bei Niedrigwasser das Bootsfahren einzustellen, müsse auch nicht zwingend die Versagung der Genehmigung folgen. Der Beigeladene lege hier einen falschen rechtlichen Maßstab an, wenn er meine, es müssten „Beschädigungen ausgeschlossen werden“. Ausgeschlossen werden müssten nicht jegliche Beschädigungen, sondern erhebliche Beeinträchtigungen der Schutzgebiete in ihren für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen. Da der Beigeladene von einem unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt ausgehe, sei seine Schlussfolgerung nicht tragfähig. Dass die Genehmigung Nebenbestimmungen enthalte, die dem Zweck dienten, erhebliche Beeinträchtigungen zu vermeiden, sei nach Auffassung der Kläger kein Zeichen dafür, dass eine erhebliche Beeinträchtigung vorliege. Vielmehr seien die Nebenbestimmungen nicht erforderlich und deshalb als rechtswidrig aufzuheben.
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Unter dem 22.03.2022 vertraten die Kläger die Auffassung, dass die Regelungen des VwZVG der Regelung des Art. 41 BayVwVfG vorgingen. Auch dann, wenn die Zustellung als Form der Bekanntgabe von der Behörde gewählt werde, sei Voraussetzung für das Wirksamwerden des Verwaltungsakts die Wirksamkeit der Zustellung. Die Klagefrist sei daher erst mit der förmlichen Zustellung ausgelöst worden.
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Zu den Anträgen auf Einholung einer fachlichen Auskunft der Herren … sowie auf Ladung der Gutachter von … als Sachverständige sei das Thema, zu dem diese nach den Ausführungen des Beigeladenen befragt werden sollten, nicht entscheidungserheblich. § 34 BNatSchG verbiete nicht jede Beeinträchtigung von Arten oder Habitaten, sondern lediglich die erhebliche Beeinträchtigung von Natura 2000-Gebieten in ihren für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen. Selbst wenn die genannten Personen die Aussage träfen, bei Niedrigwasser würden „die Arten und Habitate beeinträchtigt“, würde dies zur rechtlichen Beurteilung der vorliegenden Genehmigung nichts beitragen. Denn dass damit eine erhebliche Beeinträchtigung der Gebiete in ihren für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen verbunden sei, folge daraus gerade nicht. Diese Frage sei auch nicht Gegenstand der jeweiligen fachlichen Beurteilungen bzw. Gutachtensaufträge gewesen; die Fischereifachberatung sei für die Beurteilung der Beeinträchtigung von Natura 2000-Gebieten nicht zuständig. Diese Beurteilung sei vielmehr in den Verträglichkeitsstudien von … sowie in den darauf fußenden VP durch den Beklagten vorgenommen worden.
48
Weiteren z.T. umfangreichen Vortrag haben die Beteiligten auch zu denjenigen Klagegegenständen angebracht, die in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt wurden (hierzu sogleich).
49
In der mündlichen Verhandlung vom 27.07.2022 hat das Landratsamt die angefochtene Monitoringauflage (Nr. II.5.14) aufgehoben und die „Fahrtenbuchauflage“ in Nr. II.5.3 neu gefasst (vgl. S. 16 des Protokolls), so dass der Rechtsstreit insoweit - wie auch in Bezug auf den streitgegenständlich gewesenen Zeitraum der Befahrung vom 01.05. bis 14.05. - in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde. Anknüpfend an die aufgehobene Monitoringauflage hat die Behörde jedoch darauf hingewiesen, dass das in Nr. II.5.14 des Bescheides beschriebene Monitoring für künftige Genehmigungszeiträume durchgeführt werden sollte (vgl. zum Ganzen S. 16/17 des Protokolls).
50
Die Kläger beantragen zuletzt,
I. Folgende Inhalts- und Nebenbestimmungen aus der Schifffahrtsgenehmigung des Landratsamts … vom 14.05.2021 (Az. …*) werden aufgehoben:
- 1.
-
die in Nr. I.1 und Nr. II.5.15 geregelte Befristung,
- 2.
-
die in Nr. II.2 geregelte Einschränkung der Bootszahlen,
- 3.
-
die in Nr. II.5.15 und II.5.17 geregelten Widerrufs- und Auflagenvorbehalte.
II. Hilfsweise: Der Beklagte wird verpflichtet, über die Anträge der Kläger auf Erteilung einer Schifffahrtsgenehmigung vom 24.02.2021 im Hinblick auf die unter I. genannten Nebenbestimmungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
51
Der Beklagte und der Beigeladene beantragen,
52
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte samt Protokoll über die mündliche Verhandlung und die vorgelegten Behördenakten sowie auf die Gerichtsakte im Parallelverfahren Az. B 7 K 21.703 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
Entscheidungsgründe
53
I. Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen, soweit der Rechtsstreit in Bezug auf die streitgegenständlich gewesene Monitoringauflage, die „Fahrtenbuchauflage“ und den Zeitraum der Befahrung vom 01.05. bis 14.05. übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde. Im Hinblick auf die hier vorliegende Teilerledigung konnte die Entscheidung über die Verfahrenseinstellung zusammen mit der Sachentscheidung über den nicht erledigten Teil der Hauptsache im Urteil erfolgen.
54
II. Die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weiterhin anhängigen Klagen gegen die Befristung der Schifffahrtsgenehmigung bis zum 30.09.2022, gegen die Deckelung auf maximal 101 Bootsfahrten täglich pro Streckenabschnitt sowie gegen den Widerrufs- und Auflagenvorbehalt sind zulässig (siehe hierzu Nr. 1), in der Sache jedoch nicht begründet (siehe hierzu Nr. 2).
55
1. Die Klagen sind zulässig.
56
a) Die Klagen wurden insbesondere fristgerecht erhoben. Nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO muss die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes erhoben werden. Vorliegend war eine Zustellung des Bescheids vom 14.05.2021 zwar nicht schon aufgrund gesetzlicher Anordnung erforderlich, doch hat die Behörde bereits bei der Fertigung des Bescheidsentwurfs verfügt, dass der Bescheid den Klägern mit Postzustellungsurkunde zugestellt werden soll (Art. 41 Abs. 5 BayVwVfG i.V.m. Art. 3 VwZVG). Ergänzend wurde verfügt, dass der Bescheid den Klägern „vorab“ per Telefax zugeleitet werden solle (Bl. 573 d.A.). Wenn aber die Behörde - wie hier - freiwillig die Bekanntgabeform der Zustellung wählt, so setzt die schlichte Bekanntgabe die Klagefrist nicht in Lauf, sondern erst die förmliche Zustellung; insoweit gilt nichts anderes als in den Konstellationen, in denen der Verwaltungsakt bereits nach dem Fachrecht kraft Gesetzes zugestellt werden muss (vgl. Eyermann/Wöckel, VwGO, § 74, Rn. 4). Hier erfolgte die Zustellung an die Kläger zwischen dem 19.05.2021 und 21.05.2021, so dass die Klageerhebung am 18.06.2021 die Monatsfrist wahrte.
57
b) Nachdem sich die noch streitgegenständlichen „Nebenbestimmungen“ des Bescheids vom 14.05.2021 als rechtmäßig erweisen (hierzu sogleich), bedarf es keiner vertieften Auseinandersetzung mit der Frage, ob insoweit jeweils bereits der Anfechtungsantrag (Hauptantrag) in zulässigerweise zum Zug kommt oder jedenfalls die ebenfalls anhängig gemachte Verpflichtungsklage (Hilfsantrag) mit dem Ziel einer Neuverbescheidung eingreift. Während in Bezug auf die Klagen gegen die Befristung der Schifffahrtsgenehmigung sowie gegen die Widerrufs- und Auflagenvorbehalte - soweit man beim Widerrufsvorbehalt überhaupt von einer Regelungswirkung und nicht nur von einer deklaratorischen Wiederholung des Gesetzeswortlauts ausgeht (vgl. S. 26) - viel für die Zulässigkeit einer Anfechtungsklage spricht, erscheint aber jedenfalls hinsichtlich der Limitierung auf 101 Fahrten täglich je Streckenabschnitt ausschließlich eine Verpflichtungskonstellation statthaft, da es sich insoweit um eine Inhaltsbestimmung zur Genehmigung (die nicht isoliert anfechtbar ist) handelt. Bei der Deckelung der täglichen Fahrten handelt es sich offensichtlich um einen so wesentlichen Bestandteil der Genehmigung, dass nicht von einer bloßen Nebenbestimmung ausgegangen werden kann.
58
2. Die Klagen bleiben in der Sache ohne Erfolg. Die noch streitgegenständlichen „Nebenbestimmungen“ aus der Schifffahrtsgenehmigung vom 14.05.2021 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
59
a) Die Entscheidung des Landratsamts, die vorliegende Genehmigung auf zwei Kanusaisons zu befristen, kann rechtlich nicht beanstandet werden.
60
Nach Art. 28 Abs. 5 BayWG unterliegt der Genehmigungspflicht nach Art. 28 Abs. 4 BayWG auch das Bereithalten von Wasserfahrzeugen an oder in Gewässern für die Ausübung des Gemeingebrauchs durch Dritte. Die Genehmigung kann nach Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayWG versagt, an Bedingungen und Auflagen geknüpft oder widerrufen werden, soweit das Wohl der Allgemeinheit, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, die öffentliche Ruhe, der Schutz des Eigentums oder der Fischerei oder die Reinhaltung oder Unterhaltung des Gewässers es erfordern.
61
Schon aus dem Wortlaut der Norm ergibt sich, dass ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung nicht besteht. Vielmehr besteht, soweit keine zwingenden Versagungsgründe vorliegen, ein Ermessensspielraum der Wasserrechtsbehörde. Für diese Auslegung spricht nicht zuletzt auch, dass es sich bei den Regelungen in Art. 28 BayWG um ein repressives Verbot mit rechtsverleihendem Befreiungsvorbehalt handelt. Der jeweilige Antragsteller hat aber einen Anspruch auf fehlerfreien Ermessensgebrauch durch die Genehmigungsbehörde.
62
Die zuständige Behörde kann im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung über den Genehmigungsantrag die Genehmigung erteilen, versagen oder unter Auflagen und Bedingungen erteilen, wobei die Ermessensentscheidung rechtmäßig ist bei Beachtung der Erfordernisse des Wohls der Allgemeinheit und weiterer - darunter zu subsumierender - Voraussetzungen, die Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayWG nennt.
63
Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayWG enthält keine erschöpfende Aufzählung der Voraussetzungen für die Möglichkeiten der Versagung oder des Widerrufs der Genehmigung oder für Auflagen und Bedingungen in der Genehmigung. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes („kann“ im Gegensatz zu einem „darf nur“), folgt aber auch aus der Rechtsnatur der Entscheidung als repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt (vgl. zum Ganzen Sieder/Zeitler/Schenk, BayWG, Art. 28, Rn. 27, 33, 47 m.w.N.).
64
Ausgehend von diesen rechtlichen Überlegungen ist gegen die hier vom Landratsamt vorgenommene Befristung nichts zu erinnern, auch wenn dieses Instrument nicht ausdrücklich im Gesetz erwähnt ist (vgl. Sieder/Zeitler/Schenk, BayWG, Art. 28, Rn. 36).
65
Gleichwohl trifft es jedoch nicht zu, dass - wie der Beigeladene meint - die Befristung gegenüber einem etwaigen Widerruf als milderes Mittel anzusehen sei, denn ein solcher Widerruf würde freilich nicht „spontan“ und unvorhergesehen erfolgen, sondern nach Anhörung und seinerseits den allgemeinen rechtlichen Bindungen (insbesondere Verhältnismäßigkeit; sachgerechter Ermessensausübung) unterliegen.
66
Das Landratsamt hat die ihm zugeleiteten Fachstellungnahmen umfassend ausgewertet; jene haben sich z.T. ausdrücklich kritisch gegen eine unbefristete Erteilung der Schifffahrtsgenehmigung ausgesprochen. Gerade wegen der Problematik der Anknüpfung an den Pegel Muggendorf in Nr. II.5.10 der Genehmigung (vgl. hierzu eingehend die Darstellungen im Verfahren B 7 K 21.703 - U.v. 27.07.2021) und einer ggf. künftig noch zu erarbeitenden/findenden anderweitigen Regelung für Niedrigwasser bzw. zum Schutz von Flachwasserbereichen war es nicht ermessensfehlerhaft, auf das Instrument der Befristung zurückzugreifen.
67
Sollten die Ausführungen der Kläger dahin zu verstehen sein, dass sie es als Aufgabe der Behörden ansehen möchten, die Voraussetzungen für eine abweichende Niedrigwasserregelung zu schaffen, erscheint dies zu weitgehend, denn es handelt sich um das Vorhaben der Kläger und letztlich haben diese darzulegen, dass das Projekt zulassungsfähig ist. Freilich kann die Arbeit der (Fach-)Behörden mit dazu beitragen, die Zulassungsfähigkeit des gewerblichen Bootsfahrens auf der Wiesent verlässlich zu beurteilen. Vorliegend stand das Gutachten von … im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung noch aus, das Gutachten ließ jedoch nicht unwesentliche weitere Erkenntnisse erwarten, nachdem vorab bereits Untersuchungsergebnisse mitgeteilt und in die behördlichen Stellungnahmen eingeflossen waren. Es erscheint nicht als Ermessensfehler, wenn das Landratsamt vor der Erteilung einer länger befristeten oder gar unbefristeten Genehmigung die Fertigstellung der Studie von … abwarten wollte, auch wenn diese freilich eine andere Aufgabenstellung verfolgt als z.B. die vorliegenden das FFH- und VS-Gebiet betreffenden Verträglichkeitsstudien. Es lag auf der Hand, dass die zu erwartenden fachlichen Überlegungen und Vorschläge von … in einem künftigen weiteren Genehmigungsverfahren würden Eingang zu finden haben. Das Landratsamt brauchte sich nicht auf eine evtl. Modifikation oder Teilrücknahme einer unbefristeten ober länger befristeten Genehmigung zu beschränken, sondern durfte das Verfahren mit Ablauf der Saison 2022 gleichsam wiederum auf „null“ stellen, um die Möglichkeit zu haben, insgesamt - nicht nur bezogen auf einzelne „Nebenbestimmungen“ - ergebnisoffen für die Zeit ab Oktober 2022 zu prüfen und sodann entscheiden zu können.
68
Zutreffend hat das Landratsamt auch darauf hingewiesen, dass die Gesamtthematik durchaus als komplex und vielschichtig anzusehen ist, was umso mehr Geltung beansprucht, wenn - in der Zukunft - die Regelungen für die Kläger und diejenigen Vorgaben, die für den Gemeingebrauch insgesamt gelten, einmal noch stärker zusammengeführt bzw. aufeinander abgestimmt werden sollen (vgl. zum Sachstand S. 14 des Protokolls).
69
Soweit für die Befristung auch das Argument des Klimawandels herangezogen wurde, erscheint dies wegen der Langfristigkeit des Phänomens bei einer auf zwei Kanusaisons befristeten Genehmigung weniger durchschlagend, hält sich aber mit Blick auf die zunächst notwendige Entscheidung, ob überhaupt eine Befristung in den Bescheid aufgenommen wird, durchaus (noch) im Rahmen einer ermessensfehlerfreien Entscheidung. Denn wegen der sich längerfristig verändernden Rahmenumstände erscheint es nicht unverhältnismäßig, wenn sich die Behörde dazu entscheidet, nach einiger Zeit einen durch eine Genehmigung geregelten Sachverhalt insgesamt einer neuen Überprüfung zuzuführen, anstatt ein umfangreiches Regelungswerk (hier: Vielzahl von Auflagen) stückweise zu hinterfragen und so womöglich eher die Problematik virulent wird, dass die zahlreiche Belange berücksichtigende Schifffahrtsgenehmigung Inkonsistenzen aufweist. Im Übrigen ist für das Gericht auch nicht ersichtlich, dass die Behörde den Aspekt des Klimawandels überproportional gewichtet hätte, sondern sie hat vorrangig zutreffend auf die hier durchschlagenden Kriterien abgestellt.
70
b) Die mit dem Bescheid geregelte Deckelung der täglichen Anzahl von durch- und abfahrenden Mietbooten auf den Höchstwert von 101 erweist sich ebenfalls als ermessensgerecht.
71
Dabei wird nicht verkannt, dass das Landratsamt im Vergleich zum vormaligen Bescheid vom 12.04.2018 eine ganz erhebliche Kürzung bei der Zahl der zulässigen Bootsfahrten vorgenommen hat und auch in Bezug auf die jeweiligen Anträge der Kläger eine empfindliche Reduzierung vorgenommen wurde.
72
Das Landratsamt hat seine Entscheidung bereits im Bescheid nachvollziehbar erläutert (vgl. S. 25 des Bescheids). Maßgeblich ist danach jeweils der Störreiz bzw. die Störwirkung der passierenden Boote. Es ist nicht zu beanstanden, dass Gruppen mit bis zu 4 Booten in ihrer Störwirkung wie ein Einzelboot bewertet werden. Relevant ist - insoweit hat die Rechtsbehörde die Vorschläge der Fischereifachberatung aufgegriffen und umgesetzt - mit Blick auf die von passierenden Booten auf Fische ausgehende Störwirkung letztlich die Zahl der (zulässigen) Störungen in einem Zeitabschnitt. Nach den fachlichen Äußerungen wird nach einer Störung eine störungsfreie Zeit von mindestens 15 Minuten benötigt. Die Behörde ist dementsprechend davon ausgegangen, dass alle 15 Minuten also maximal 4 Boote passieren können. Sie ist somit schlüssig zu maximal 4 x 4 = 16 Booten pro Stunde gelangt. Die effektive Befahrungszeit an jedem Tag wurde - in Abweichung zu der Stellungnahme der Fachberatung - mit 8 Stunden (und nicht nur 7 Stunden) angesetzt, so dass sich insgesamt maximal 16 x 8 = 128 Boote täglich ergeben. Hier hat die Rechtsbehörde zugunsten der Kläger in nicht zu beanstandender Weise auf die nach der Gemeingebrauchsverordnung zulässige tägliche Befahrungszeit von 9:00 bis 17:00 Uhr abgestellt (unterhalb der Wehranlage Sachsenmühle - und damit aufgrund aktueller Anfangspunkte von gewerblichen Bootstouren gleichsam ab Muggendorf - gilt sogar ein Zeitraum bis 18:00 Uhr - vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 VO) und einer Kürzung um eine Stunde wegen der mathematisch hergeleiteten Belastungsgrenze in schlüssiger Weise eine Absage erteilt. Hierzu hat die Klägerseite in der mündlichen Verhandlung erläuternd ausgeführt, dass das zulässige Zeitfenster ab 9.00 Uhr durchaus ausgenutzt werde, indem man sich vor Ort in der Regel bereits vor 9.00 Uhr treffe und dann zur vollen Stunde mit dem Bootsfahren beginne (vgl. S. 15 des Protokolls). Dass das Landratsamt eine „Einwasserungszeit“ nicht zu Lasten der Kläger berücksichtigt hat, erscheint damit durchaus sachgerecht.
73
Nicht verkannt hat das Landratsamt darüber hinaus, dass der reine Gemeingebrauch mit einem angemessenen Kontingent vorausschauend zu berücksichtigen ist. Die Behörde hat hierzu ein Viertel von 128 Fahrten in Abzug gebracht, was 32 Fahrten entspricht, so dass sich die Zahl 96 ergibt. Diese Zahl wurde auf 100 gerundet und auf die drei Kläger anteilig verteilt (43, 29 und 29 Fahrten), so dass sich unter Inkaufnahme einer Rundungsdifferenz die festgesetzten 101 Fahrten ergeben. Diese „Berechnung“ gibt im Ergebnis keinen Anlass zur Beanstandung durch das Gericht, zumal in Konstellationen wie der Vorliegenden ein exakt „richtiges“ Ergebnis ohnehin nicht zu identifizieren ist, sondern das der Behörde zustehende Bewirtschaftungsermessen berücksichtigt werden muss. Im Übrigen existieren Fallkonstellationen - wie hier -, in denen es einen Bereich gibt, in dem es an einem Maßstab zur sicheren Unterscheidung von richtig und falsch fehlt, so dass die plausible Einschätzung der Behörde nach weitestmöglicher Aufklärung von Seiten des Gerichts nicht zu beanstanden ist, da hier die gerichtliche Kontrolle an die Grenze des Erkenntnisstandes naturschutzfachlicher Wissenschaft und Praxis stößt (vgl. BVerfG, B.v. 23.10.2018 - 1 BvR 2523/13 u.a. - juris). Soweit es die Behörde bei der Berücksichtigung von naturschutzfachlichen Belangen ablehnt, an die Grenze dessen zu gehen, was nach der angewandten „Berechnung“ gerade noch vertretbar erscheint, führt dies jedenfalls dann nicht auf einen Rechtsfehler des Bescheids, wenn sie ihre Entscheidung bei Ausübung ihres Bewirtschaftungsermessens auf sachliche Gründe stützt. Hier hat die Behörde einen gewissen „Puffer“ zugunsten der naturschutzfachlichen bzw. fischereilichen Belange dadurch vorgesehen, dass sie bei ihrer „Berechnung“ die längere täglich zulässige Zeit der Befahrung ab der Wehranlage Sachsenmühle ausgeblendet hat, andererseits hat sie im Zuge der Rechnung eine Rundung von 96 auf 100 vorgenommen und hat wiederum gegenläufig zugunsten der öffentlichen Belange den Anteil des reinen Gemeingebrauchs mit 25% angesetzt, obwohl die freilich schwankenden Angaben hierzu in den letzten Jahren womöglich auch einen niedrigeren Ansatz erlaubt hätten. So wird nach den Ausführungen in der das FFH-Gebiet betreffenden VP (dort S. 61) laut Kanumonitoring insoweit ein Rückgang des Anteils von ca. 30% im Jahr 2010 auf ca. 24% im Jahr 2016 und gar nur mehr ca. 16% im Jahr 2019 angegeben. In der mündlichen Verhandlung hat die Behörde bestätigt, dass sie bei Erlass des Bescheids über keine aktuelleren Zahlen zum Anteil des reinen Gemeingebrauchs verfügt habe und ihr auch aktuell keine abweichenden Werte vorlägen (vgl. S. 15 des Protokolls).
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Die Kläger haben zum einen (schwerwiegende) wirtschaftliche Belange dargestellt, die die verfügte Begrenzung auf 101 Fahrten rechtswidrig erscheinen ließen; die Behörde hätte diese Aspekte nicht hinreichend bei ihrer Ermessensausübung berücksichtigt. Dem vermag das Gericht nicht zu folgen, denn das Landratsamt hat sich im Bescheid wiederholt dazu geäußert, dass wirtschaftliche Interessen der Kläger (insoweit) zurücktreten müssten (vgl. hier z.B. S. 25 des Bescheids). Soweit zum anderen ein Ermittlungsdefizit gerügt wird, da im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids nicht klar gewesen sei, woraus sich der benötigte störungsfreie Zeitraum von 15 Minuten ergebe bzw. um welche „belastbaren Untersuchungsdaten“ es sich hierzu handele - auf die die Fachberatung verwiesen habe -, führt auch dies nicht zum Erfolg der Klage. Allerdings ist auf den Folien zur Vorstellung der Ergebnisse von … im Dezember 2020 in der Tat nicht klar zu erkennen, wie die Ersteller der Studie im Einzelnen auf den Ansatz von 15 Minuten gekommen sind; zu dem Punkt „Beobachtung mit UW Kamera“ wird vielmehr ausgeführt, Störungsdauer, -intensität und -häufigkeit seien noch eingehender zu untersuchen. Soweit die Kläger darin ein Ermittlungsdefizit erblicken möchten und die Kürzung auf 101 Fahrten für ermessensfehlerhaft halten, dringen sie nicht durch. Nach Dezember 2020 haben … freilich „weitergearbeitet“ und von einem fachlichen Austausch mit der Fachberatung bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheids (und darüber hinaus) darf freilich ausgegangen werden; das Landratsamt hat diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung verdeutlicht, dass laufend Abstimmungen unter den Behörden erfolgt seien und entsprechende Erörterungen laufend hinterfragt würden (vgl. S. 8 des Protokolls). Auf Seite 7 ihrer Stellungnahme vom 15.04.2021 hat die Fachberatung die hier relevanten Größen (4 Boote als „eine Störung“) und die genannten 15 Minuten störungsfreie Zeit ins Spiel gebracht. Näher erläutert wurde dies schriftlich (zunächst) nicht. Dies war aber auch nicht zwingend nötig, denn die zugehörigen Erläuterungen und eine diesbezügliche Ergänzung der behördlichen Ermessenserwägungen konnten noch im gerichtlichen Verfahren erfolgen (vgl. § 114 Satz 2 VwGO). In der Endfassung des Gutachtens von … wird dezidiert auf die Zeit eingegangen, nach deren Verstreichen verschiedene Fischarten nach einer Störung zurückgekehrt sind; ferner wird eine zusätzliche „Erholungszeit“ für notwendig erachtet (vgl. etwa S. 60, 76, 141/142). … halten an den 15 Minuten fest (S. 98) und weisen schlüssig darauf hin, dass letztlich nicht die absolute Zahl der Boote relevant ist, sondern die Anzahl der Störungen; auch die Gruppengröße von 4 (begriffen als eine Störung) wurde in der Endfassung bestätigt (S. 97 des Gutachtens).
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Das Landratsamt hat in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht, dass man sich für das vorliegende Verfahren an dem von … postulierten Zeitraum von 15 Minuten (störungsfreie Zeit) orientiere (vgl. S. 15 des Protokolls). Soweit sich die Behörde demnach die im dortigen Gutachten enthaltene Begründung dieses Zeitraums zu Eigen gemacht hat, liegt zugleich eine Ergänzung der behördlichen Ermessensbetätigung vor, die - fokussiert zunächst auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids, jedoch unter Berücksichtigung der ergänzenden Erwägungen - in der vorliegenden Sache keinen rechtserheblichen Fehler aufweist.
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Die Klägerseite hat moniert, dass das Gutachten von … zu sehr alles Negative den Verleihern zuschreibe, wobei doch klar sei, dass hier auch andere Faktoren eine Rolle spielten, wie etwa der Gemeingebrauch, die Durchgängigkeit oder auch die Fischerei (S. 15 des Protokolls). Eine detaillierte Auswertung des Gutachtens von … und die Prüfung, inwieweit sich daraus belastbare Aspekte für den gewerblichen Bootsverleih an der Wiesent mit ggf. notwendigen (weiteren) Einschränkungen oder auch möglichen Lockerungen gegenüber dem hiesigen Bescheid ergeben, muss jedoch dem zu erwartenden Genehmigungsverfahren für die Saison ab 2023 vorbehalten bleiben.
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c) Der Ausspruch in Nr. II.5.15 des Bescheids vom 14.05.2021, dass die Genehmigung widerruflich ist, verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Kläger weisen selbst auf die gesetzlich vorgesehene Widerrufsmöglichkeit des Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayWG hin. Die Wiederholung der ohnehin kraft Gesetzes bestehenden Widerrufsmöglichkeit mag „überflüssig“ erscheinen, weil es sich um eine deklaratorische Wiederholung handele, doch führt dies nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung der Kläger, sondern zu keinerlei Schlechterstellung gegenüber der Situation, die ohne die Aufnahme des Vorbehalts in den Bescheid bestünde. Diese Sichtweise ergibt sich bereits aus dem Bescheid und wurde vom Landratsamt im Klageverfahren noch einmal bekräftigt.
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Soweit geltend gemacht wurde, dass gesetzliche Widerrufsmöglichkeiten stets an bestimmte Voraussetzungen gebunden seien, kommen eben diese hier zum Zug. Eine Interpretation des Bescheids dahin, dass mit der angefochtenen „Auflage“ die Möglichkeit verbunden sein solle, ein Widerruf könne jederzeit ohne Angabe von Gründen erfolgen, kommt nicht in Betracht. In der Begründung des Bescheids findet sich der Passus, dass der Widerrufsvorbehalt in Anlehnung an § 18 Abs. 1 WHG verfügt worden sei. Auch dort ist ein Widerruf aber nur möglich, soweit es hierfür entsprechende Gründe gibt (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, § 18, Rn. 9 ff). Möchte man mit den Klägern die Wiederholung des gesetzlich ohnehin bestehenden Widerrufsvorbehalts für unnötig und damit womöglich rechtswidrig halten, so fehlte es jedenfalls an einer damit einhergehenden Rechtsverletzung der Kläger. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass vorliegend ein „potentieller Interpretationsspielraum“ bestünde, denn spätestens mit der Klageerwiderung hat das Landratsamt den Gleichlauf mit der gesetzlichen Widerrufsmöglichkeit und damit den letztlich deklaratorischen Charakter der Nebenbestimmung klargestellt.
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d) Der in Nr. II.5.17 des Bescheids enthaltene Auflagenvorbehalt, wonach weitere Inhalts- und Nebenbestimmungen, die sich im öffentlichen Interesse als notwendig erweisen, vorbehalten bleiben, ist ebenso nicht zu beanstanden.
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Wie bereits erwähnt, ist im Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayWG schon keine erschöpfende Aufzählung der Voraussetzungen für die Möglichkeiten der Versagung oder des Widerrufs der Genehmigung oder für Auflagen und Bedingungen in der Genehmigung enthält. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes („kann“) und wird durch die gesetzliche Konstruktion eines repressiven Verbots mit rechtsverleihendem Befreiungsvorbehalt bestätigt (vgl. Sieder/Zeitler/Schenk, BayWG, Art. 28, Rn. 47 m.w.N.). Die Zulässigkeit eines Auflagenvorbehalts im Rahmen von Art. 28 Abs. 4 BayWG fügt sich auch in die wasserrechtliche Systematik im Übrigen ein. So können wasserrechtliche Erlaubnisse im Rahmen der Ausübung des wasserbehördlichen Bewirtschaftungsermessens, anstatt sie nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BayVwVfG i.V.m. § 18 Abs. 1 WHG zu widerrufen, mittels Inhalts- und Nebenbestimmungen so modifiziert werden, wie dies auch bei einem Neuerlass in der gegenwärtigen Situation zulässig wäre (vgl. SZDK/Knopp/Müller, WHG, § 13, Rn. 14).
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Letztlich gebietet es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - und dies ist ein ganz wesentlicher Aspekt -, eine erteilte Schifffahrtsgenehmigung, die - siehe hierzu oben - kraft Gesetzes widerruflich ist, nur dann (vollständig) zu widerrufen, wenn eine Aufrechterhaltung unter Beifügung von weiteren Inhalts- und Nebenbestimmungen nicht in Betracht kommt.
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Es versteht sich, dass im Rahmen der behördlichen Ermessensausübung nicht nur das öffentliche Interesse bzw. die in Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayWG ausdrücklich genannten Aspekte zu würdigen sind, sondern auch die Belange des Erlaubnisinhabers, die jedoch ggf. zurückzustehen haben. Ausgehend von dieser Prämisse ist nicht ersichtlich, dass mit dem Auflagenvorbehalt eine Rechtsverletzung der Kläger verbunden wäre, auch wenn das im Bescheid genannte „öffentliche Interesse“ weit formuliert ist, jedoch mit der Anlehnung an
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§ 18 Abs. 1 WHG in der Begründung des Bescheids bereits eine Anbindung an wasserwirtschaftliche Gründe erfährt (vgl. hierzu bereits oben). Das Landratsamt hat in der Klageerwiderung schlüssig einige Gründe angegeben, die im Verlauf ggf. dazu führen können, dass nachträgliche „Auflagen“ erforderlich werden, um einen sonst womöglich notwendigen Widerruf zu vermeiden. Die angeführten Gesichtspunkte (vgl. z.B. ausstehendes Kanukonzept und damals noch nicht vorliegendes Gutachten von …*) sind den Beteiligten bekannt und zielen auf Gründe des Wohls der Allgemeinheit im Sinne von Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayWG ab, die bei entsprechender Notwendigkeit sogar einen vollständigen Widerruf rechtfertigen könnten, soweit die Interessen der Kläger bei Abwägung in Einzelfall hintanzustehen hätten. Es versteht sich, dass die Kläger die Möglichkeit haben, eine im konkreten Fall angeordnete nachträgliche Auflage gerichtlicherseits überprüfen zu lassen.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO unter Berücksichtigung der Wertung des § 161 Abs. 2 VwGO für die übereinstimmend für erledigten Teile des Rechtsstreits. Nachdem der Beigeladene mit der Stellung eines Sachantrages nach § 154 Abs. 3 VwGO ein Kostenrisiko eingegangen ist, entspricht es nach § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, den Klägern im Umfang ihres Unterliegens - auch diesbezüglich ist im Umfang der teilweisen Hauptsacheerledigung die Wertung des § 161 Abs. 2 VwGO eingeflossen - auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.