Titel:
erhöhter Hundesteuersatz für Kampfhunde, Vorlage eines Negativattests, Verweisung auf die Kampfhundeverordnung, Kampfhundebegriff
Normenketten:
KAG Art. 3 Abs. 1
LStVG Art. 37 Abs. 1
KampfhundeVO § 1
Schlagworte:
erhöhter Hundesteuersatz für Kampfhunde, Vorlage eines Negativattests, Verweisung auf die Kampfhundeverordnung, Kampfhundebegriff
Fundstelle:
BeckRS 2022, 25360
Tenor
1. Der Hundesteuerbescheid der Beklagten vom 02.10.2020, Az. ..., wird aufgehoben, soweit darin eine höhere jährliche Hundesteuer als 40,-- EUR festgesetzt worden ist.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen einen Hundesteuerbescheid der Beklagten, soweit darin für ihren Hund der (erhöhte) Steuersatz für Kampfhunde zugrunde gelegt wurde.
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Die Beklagte erhebt gemäß ihrer Satzung vom 16.05.2006 eine Jahresaufwandsteuer für das Halten über vier Monate alter Hunde in ihrem Stadtgebiet. Die Klägerin ist Halterin eines am 31.05.2015 geworfenen Mischlingsrüden namens „…“, den sie seit dem 01.05.2020 im Stadtgebiet der Beklagten hält.
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§ 5 der Hundesteuersatzung der Beklagten hat folgenden Wortlaut:
„Steuermaßstab und Steuersatz
(1) Die Steuer beträgt für jeden Kampfhund 600,- €;
im Übrigen beträgt die Steuer für jeden Hund 40,- €
(2) Als Kampfhunde gelten Hunde im Sinne von Art. 37 des Bayerischen Landesstraf- und Verordnungsgesetzes in Verbindung mit der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit in der jeweils gültigen Fassung.“
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Die Klägerin wandte sich mit E-Mail vom 08.06.2020 an die Beklagte und teilte unter anderem mit, sie habe in der Vergangenheit in ihrer Wohnsitzgemeinde (Markt …*) stets 45,- EUR Hundesteuer pro Jahr gezahlt. Eine eindeutige Rassenzuordnung ihres Hundes gebe es nicht. Laut Erzählungen sei das Muttertier ein Boxer-Mischling, der Vater ein Dalmatiner-Dogo Argentino-Mischling. Die Rasse Dogo Argentino gehöre in Bayern zu den sog. Listenhunden der Kategorie II. Um niemals in einen Zwiespalt zu geraten, habe sie seinerzeit auf Empfehlung der Hundeschule in Nürnberg einen Wesenstest mit dem Hund machen lassen, um zu diesem liebevollen Familienhund etwas vorweisen zu können. Es werde gebeten, die zuvor getroffene Aussage, es fielen jährlich 600,- EUR Hundesteuer für den Hund an, zu überdenken.
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Aus dem zugleich übermittelten Gutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Hundewesen U. vom 21.09.2016 geht unter anderem hervor, dass es sich bei dem vorgestellten Hund „mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen Dogo Argentino-Mischling, mithin der Kategorie 2 der bayerischen Verordnung zugehörig“ handele. Im Rahmen der am 20.09.2016 durchgeführten Überprüfungen sei der Hund als „nicht aggressiv und nicht gefährlich“ eingestuft worden.
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Die Marktgemeinde … teilte der Beklagten mit E-Mail vom 06.08.2020 mit, dass der Hund der Klägerin dort steuerlich angemeldet gewesen und als Kampfhund der Kategorie II (Dogo Argentino-Mix) mit einem Negativzeugnis gehalten worden sei. Da ein Negativzeugnis bei einem Wohnortwechsel obsolet werde, werde auf die mögliche Haltung eines Kategorie II-Hundes im Gebiet der Beklagten hingewiesen.
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Mit Schreiben vom 12.08.2020 teilte die Beklagte der Klägerin mit, es sei vorliegend maßgeblich, dass der Dogo Argentino in Bayern als Kampfhund gelistet sei. Eine Ermäßigung der „Kampfhundesteuer“ nach der Erteilung eines Negativattests sei in der Hundesteuersatzung der Beklagten nicht vorgesehen. Verwiesen werde auch auf eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26.09.2012 (Az. 4 B 12.1389), die sich mit einer Reihe grundsätzlicher Fragen zur Hundesteuer befasse.
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Dem trat die Klägerin mit einem bei der Beklagten am 24.08.2020 eingegangenen Schreiben entgegen und führte unter Verweis auf eine Passage aus einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs aus, dass ihr Hund steuerrechtlich gerade nicht als Kampfhund einzustufen sei.
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Unter dem 22.09.2020 erteilte die Beklagte der Klägerin im Rahmen des Vollzugs des Sicherheitsrechts für ihren Hund ein sogenanntes Negativzeugnis für das Gemeindegebiet.
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Mit Bescheid vom 02.10.2020 setzte die Beklagte die Hundesteuer für das Jahr 2020 in Höhe von 555,- EUR - wobei eine bereits geleistete Hundesteuer in Höhe von 45,- EUR angerechnet wurde - sowie für die Jahre ab 2021 in Höhe von je 600,- EUR fest. Zur Berechnung der Hundesteuer finden sich im Bescheid die Angaben „Kampfhundesteuer“ sowie „Rasse: Dogo Argentino Mischling“. Auf den Hundesteuerbescheid wird im Übrigen Bezug genommen.
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Mit begleitendem Schreiben vom selben Tag erläuterte die Beklagte der Klägerin, dass die um Stellungnahme gebetene Rechtsaufsichtsbehörde die Rechtsauffassung der Beklagten bestätigt habe. Von einer Hundesteuersatzung einer bestimmten Gemeinde könne auch keine Ableitung für andere Gemeinden getroffen werden, da jeweils mittels eigener Satzungen eigene Rechtsgrundlagen geschaffen würden.
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Gegen diesen Bescheid ließ die Klägerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 30.10.2020 - bei Gericht eingegangen am selben Tag - Klage erheben.
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Die Klägerin beantragt,
Der Hundesteuerbescheid der Beklagten vom 02.10.2020, Az. …, wird aufgehoben, soweit darin gegenüber der Klägerin eine Hundesteuer von mehr als 40 Euro jährlich festgesetzt wird.
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Der von der Beklagten erlassene Steuerbescheid sei rechtswidrig, weil die zugrunde liegende Satzung eine Besteuerung von Hunden als Kampfhunde nicht zulasse, wenn diese über ein Negativattest verfügten. Nach § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit werde die Kampfhundeeigenschaft von Kreuzungen der Rasse Dogo Argentino vermutet, solange nicht der zuständigen Behörde für den einzelnen Hund nachgewiesen werde, dass dieser keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Tieren aufweise. Diesen Nachweis habe die Klägerin aber geführt. Die Satzung der Beklagten differenziere nicht zwischen Kampfhunden im sicherheitsrechtlichen und im steuerrechtlichen Sinne, sondern verweise stattdessen pauschal auf Art. 37 LStVG. Ihr lasse sich gerade nicht entnehmen, dass auch solche Hunde als Kampfhunde im steuerrechtlichen Sinne gelten sollen, bei denen die Kampfhundevermutung durch Vorlage eines Negativzeugnisses widerlegt worden sei. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 29.11.2017 - 4 CS 17.1894).
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Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 19.11.2020,
die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
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Sie führte mit Schriftsatz vom 16.12.2020 aus, die Vorgehensweise der Beklagten sei sachlich wie rechtlich nicht zu beanstanden. Wie aus der klägerseits zitierten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hervorgehe, könne eine Gemeinde den an die Kampfhundeeigenschaft anknüpfenden erhöhten Hundesteuersatz auch dann festsetzen, wenn der Halter über einen Nachweis darüber verfüge, dass der Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit aufweise. Der positive Wesenstest lasse zwar die sicherheitsrechtliche Erlaubnispflicht entfallen, ändere aber nichts daran, dass es sich um Hunde handele, bei denen aufgrund ihrer Rassemerkmale von einer abstrakten Gefährlichkeit auszugehen sei. Dies genüge als rechtfertigender sachlicher Grund für den Erlass einer Lenkungssteuer mit dem Ziel der Minimierung einer als gefährlich vermuteten Hundepopulation. Die erkennende Kammer des Verwaltungsgerichts Bayreuth habe sich in einem Gerichtsbescheid vom 16.01.2020 (Az. B 4 K 18.1164) in einem vergleichbaren Fall genau dieser Auffassung vollumfänglich angeschlossen.
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Dem entgegnete der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 12.01.2021, die Beklagte verkenne, dass sie gemäß ihrer Satzungsautonomie gerade nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, solche Hunderassen steuerrechtlich als Kampfhunde einzustufen, bei denen die sicherheitsrechtliche Vermutung der Kampfhundeeigenschaft widerlegt worden sei. Aus dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gehe ausdrücklich hervor, dass im Falle der Widerlegung der aus der Rassenzugehörigkeit resultierenden generellen Vermutung der gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit auch im engeren steuerrechtlichen Sinne nicht mehr von einem Kampfhund auszugehen sei. Möchte die Beklagte dieser Rechtsfolge entgehen, sei es an ihr, ihre Hundesteuersatzung entsprechend anzupassen. Hieran ändere auch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Bayreuth nichts, da diese sich nicht mit der Frage auseinandersetze, wie eine grundsätzlich zulässige Lenkungssteuer satzungsrechtlich korrekt abzusichern sei. Das Gebot der Klarheit und Eindeutigkeit von Regelungen, die dem Bürger Zahlungspflichten auferlegten, verbiete die Annahme, es werde entgegen dem eindeutigen Wortlaut eigentlich etwas anderes gewollt als eine Gleichstellung von „steuerrechtlichen“ und „sicherheitsrechtlichen“ Kampfhunden. Die Klägerin stelle nicht in Abrede, dass es der Beklagten unbenommen sei, in der Zukunft eine entsprechende Hundesteuersatzung zu erlassen. Der angefochtene Hundesteuerbescheid vom 02.10.2020 könne jedoch nicht auf eine derartige Grundlage gestellt werden.
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Mit Schriftsatz vom 19.01.2021 hielt die Beklagte an ihrer Rechtsauffassung fest.
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Das Gericht gab mit Schreiben vom 18.06.2021, auf welches Bezug genommen wird, zur Gewährung rechtlichen Gehörs erste rechtliche Hinweise hinsichtlich der Anwendung des Kampfhundesteuersatzes im konkreten Fall sowie auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes zu Kampfhundekreuzungen.
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Hierzu wies der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 15.07.2021 darauf hin, dass im vorliegenden Fall bereits fraglich sei, ob überhaupt eine Kampfhundekreuzung vorliege. Hierfür trage die Beklagte die materielle Beweislast. Selbst wenn ein solches Rassegutachten ergeben sollte, dass eine Kampfhundekreuzung im Rechtssinne vorliege, wäre der Klage aufgrund der unzureichenden Satzungsbestimmung stattzugeben.
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Der Bevollmächtigte der Beklagten führte aus, dass mangels durchgeführten DNA-Tests unter Berücksichtigung der derzeitigen Satzungsbestimmung offen sei, ob ein Kampfhund vorliege. Die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 05.01.2021 (Az. 4 ZB 20.644) verweise auf die Vollzugsbekanntmachung des Bayerischen Innenministeriums und werfe die Frage auf, ob die Elternteile bekannt seien, was hier nicht der Fall sei. Die Vollzugsbekanntmachung sei am 05.06.2021 geändert und ergänzt worden.
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Hinsichtlich der mündlichen Verhandlung vom 09.03.2022 wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die weiteren gewechselten Schriftsätze vom 06.08.2021, 07.10.2021, 27.10.2021, 17.11.2021 und 07.03.2022 nebst Anlagen, sowie auf die vorgelegte Behördenakte ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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I. Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der Hundesteuerbescheid der Beklagten vom 02.10.2020 ist, soweit er angefochten wurde, rechtswidrig und verletzt die Klägerin damit in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die hier streitgegenständliche Festsetzung des erhöhten Hundesteuersatzes erweist sich als rechtswidrig, da der Hund der Klägerin nicht als Kampfhund i.S.v. § 5 der Hundesteuersatzung der Beklagten (im Folgenden: HStS) eingeordnet werden kann. Der Beklagten ist es zwar - was auch die Klägerin nicht in Abrede stellt - grundsätzlich unbenommen, auf Grundlage einer entsprechenden Satzung einen an die Kampfhundeeigenschaft anknüpfenden erhöhten Hundesteuersatz auch dann festzusetzen, wenn der Halter eines Hundes i.S.v. § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit (KampfhundeVO) über einen Nachweis darüber verfügt, dass der Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist (vgl. BayVGH, B.v. 29.11.2017 - 4 CS 17.1894 - juris m.w.N.).
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Jedoch hat die Beklagte von dieser Möglichkeit in § 5 HStS keinen Gebrauch gemacht. Angesichts der inmitten stehenden Satzungsbestimmung ist es dabei unerheblich, ob der Hund der Klägerin als Kampfhundekreuzung der sog. „F1-Generation“ einzustufen ist, ob es sich also bei mindestens einem Elternteil um einen reinrassigen „Listenhund“ i.S.v. § 1 KampfhundeVO - insbesondere einen Dog(o) Argentino - handelt (vgl. BayVGH, B.v. 05.01.2021 - 4 ZB 20.644 - juris Rn. 13 unter Verweis auf die sicherheitsrechtliche Rechtsprechung, z.B. BayVGH, B.v. 02.04.2019 - 10 CS 19.277 - juris Rn. 15). Denn selbst wenn es sich beim Hund … um eine Kampfhundekreuzung in diesem Sinne handelt, darf auf Basis von § 5 Abs. 1 und 2 HStS angesichts des erfolgen Nachweises, dass dieser keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Tieren aufweist, lediglich eine jährliche Hundesteuer von 40,- EUR festgesetzt werden. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der maßgeblichen Satzungsbestimmung (nachfolgend 1.), der auch unter Berücksichtigung des verfolgten Normzwecks keiner anderen Auslegung zugänglich ist (nachfolgend 2.).
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1. Nach § 5 Abs. 2 HStS gelten als Kampfhunde „Hunde im Sinne von Art. 37 des Bayerischen Landesstraf- und Verordnungsgesetzes in Verbindung mit der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit in der jeweils gültigen Fassung“. Entscheidend für die Auslegung dieser Norm ist, wie die im Gebiet der Beklagten ansässigen Hundehalter als Adressaten der Hundesteuersatzung die für Kampfhunde geltende Bestimmung des § 5 HStS verstehen müssen (vgl. BayVGH, B.v. 05.01.2021 - 4 ZB 20.644 - juris Rn. 14).
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Der vorliegende Verweis auf Hunde i.S.v. Art. 37 LStVG i.V.m. § 1 KampfhundeVO ist aus Sicht der Normadressaten dahingehend zu verstehen, dass für die Erhebung der Hundesteuer gerade jene Hunde als Kampfhunde gelten sollten, die auch aus dem Blickwinkel des Sicherheitsrechts als Kampfhunde eingestuft werden. Denn anders als in anderen Satzungsbestimmungen, beispielsweise auch in der aktuellen „Mustersatzung für die Erhebung einer Hundesteuer“ des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration vom 28.07.2020 (Az. B4-1536-4-2, BayMBl. 2020 Nr. 471), wird hier nicht auf die in § 1 der KampfhundeVO „genannten Rassen und Gruppen von Hunden“ (sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden) verwiesen, sondern schlechthin auf Hunde im Sinne der genannten sicherheitsrechtlichen Vorschriften. Nach der sicherheitsrechtlichen Regelungssystematik und Terminologie ist indes bei Hunden i.S.v. § 1 Abs. 2 KampfhundeVO die Vermutung der Kampfhundeeigenschaft im Einzelfall durch ein entsprechendes Gutachten (Wesenstest) widerlegbar. Gelingt die Widerlegung, handelt es sich beim konkreten Hund nicht um einen Kampfhund (BeckOK PolR Bayern/Schwabenbauer, 17. Ed. 01.09.2021, LStVG Art. 37 Rn. 24; BayVGH, B.v. 31.07.2020 - 10 CS 20.1432 - juris Rn. 4). Dies begründet nicht nur einen rein sprachlichen, sondern vielmehr einen erheblichen inhaltlichen Unterschied. Denn während ein Verweis auf „genannte“ Rassen und Gruppen von Hunden zum Ausdruck bringt, es sollen sämtliche in § 1 KampfhundeVO enumerativ aufgeführten Hunderassen bzw. Gruppen von Hunden (inkl. Kreuzungen) erfasst werden, ist die vorliegende Formulierung dahingehend zu verstehen, dass Kampfhunde im steuerrechtlichen Sinne all jene Hunde sein sollen, die auch Kampfhunde im sicherheitsrechtlichen Sinne sind, sich der Satzungsgeber also die Regelungssystematik des Verordnungsgebers des LStVG und der KampfhundeVO zu eigen machen wollte. Für diesen Befund spricht ferner, dass im Sinne einer sog. dynamischen Verweisung auf die jeweils gültige Fassung der KampfhundeVO Bezug genommen wird. Auch hierdurch hat die Beklagte zum Ausdruck gebracht, sich der (jeweiligen) Beurteilung des Verordnungsgebers anschließen zu wollen, welche Hunde als Kampfhund zu klassifizieren sind und welche nicht.
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2. Eine teleologische Auslegung des § 5 HStS führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar zwingen weder das Gebot der Bestimmtheit von Abgabetatbeständen noch der abgaberechtliche Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit dazu oder legen es auch nur nahe, von mehreren denkbaren Auslegungsmöglichkeiten von vornherein nur die engste als maßgeblich zu erachten; innerhalb der Grenzen des Wortsinns gelten vielmehr die üblichen Interpretationsmethoden (BVerwG, U.v. 01.03.1996 - 8 C 29/94 - juris Rn. 18). Ist diese Grenze jedoch überschritten, greift das im Abgabenrecht geltende Analogieverbot zu Lasten des Abgabenschuldners (BVerwG, U.v. 24.03.1999 - 8 C 27/97 - juris Rn. 18).
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Anders als in anderen Fallkonstellationen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 29.11.2017 - 4 CS 17.1894 - juris), in denen etwa die betreffende Gemeinde gerade für Hunde mit Negativattest nach bestandenem Wesenstest einen erhöhten Hundesteuersatz festsetzen möchte und deswegen ein (durch die Satzung nachvollziehbar zum Ausdruck gebrachtes) anderes Verständnis des Begriffs „Kampfhund“ zugrunde legt, finden sich für eine derartige Regelungsabsicht im hiesigen Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte. Insbesondere kann nicht eingewandt werden, die Beklagte verfolge den - wohlgemerkt: an sich zulässigen - Lenkungszweck, generell und langfristig solche Hunde im Stadtgebiet zurückzudrängen, die aufgrund ihres Zuchtpotenzials in besonderer Weise die Eignung in sich tragen, ein gefährliches Verhalten zu entwickeln, also auch Kampfhunde der sog. Kategorie II mit Wesenstest und Negativattest.
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Wie aus den Materialien zum ursprünglichen Beschluss der Hundesteuersatzung hervorgeht (Niederschrift der Sitzung des Stadtrates der Beklagten vom 12.07.2001, Beschluss Nr. 111), hatte die Beklagte seinerzeit gerade solche Hunde im Blick, die nach Art. 37 LStVG i.V.m. § 1 KampfhundeVO nur mit Erlaubnis gehalten werden dürfen - also gerade nicht Hunde der Kategorie II mit positiver Wesensbegutachtung, deren Haltung erlaubnisfrei zulässig ist. Beabsichtigt war insoweit eine „zusätzliche, vorbeugende Abschreckung“. Sollte dies vom Stadtrat der Beklagten anders gemeint gewesen sein, findet es jedenfalls in den vorliegenden Unterlagen keinen Niederschlag. Auch im Rahmen der Neufassung des § 5 Abs. 2 HStS ist kein Wille der Beklagten zu erkennen, solche Hunde erhöht zu besteuern. Den Materialien zum Beschluss der vierten Satzung zur Änderung der HStS (Niederschrift der Sitzung des Stadtrates der Beklagten vom 14.11.2002, Beschluss Nr. 160) ist zu entnehmen, dass der nunmehrige Verweis in § 5 Abs. 2 HStS auf die KampfhundeVO - anstelle der in der vorherigen Fassung erfolgten Aufzählung der betreffenden Rassen - dem Umstand geschuldet war, dass sich die in § 1 KampfhundeVO gelisteten Rassen geändert haben (u.a. Aufnahme der Rasse Rottweiler, Streichung der Rasse Rhodesian Ridgeback m.W.v. 01.11.2002). Über die ursprüngliche Beschlussfassung hinausgehende Erwägungen zum verfolgten Lenkungszweck finden sich hingegen nicht.
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Die ursprüngliche, mittlerweile außer Kraft getretene Formulierung des § 5 Abs. 2 HStS mag über die zugrundeliegende Regelungsabsicht hinausgegangen sein, da sie auch Hunde der Kategorie II mit bestandenem Wesenstest der erhöhten Kampfhundesteuer unterworfen hat. Für die hier vorzunehmende teleologische Auslegung des § 5 Abs. 2 HStS ist dieser Umstand aber ohne Belang. Denn insoweit ist allein maßgeblich, ob hinter dem nun maßgeblichen Wortlaut ein Wille der Beklagten zu erkennen ist, gerade oder zumindest auch Hunde der Kategorie II mit erfolgter Widerlegung der Kampfhundeeigenschaft erhöht zu besteuern. Dies ist, wie dargestellt, jedoch nicht der Fall. Hätte die Beklagte dieses Ziel verfolgt, wäre es an ihr gewesen, diese Intention hinreichend deutlich zum Ausdruck zu bringen.
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Selbst wenn man - entgegen dem vorstehend Ausgeführten - aber davon ausginge, dass die Beklagte mit § 5 HStS die Zurückdrängung sämtlicher in § 1 KampfhundeVO genannten Rassen und Gruppen von Hunden inklusive Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden beabsichtigt hätte, wäre der Klage gleichwohl stattzugeben. Eine derartige erweiternde Auslegung des § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 HStS wäre vom Wortsinn der Norm (vgl. hierzu unter I. 1.) nicht mehr gedeckt, mithin ein im Abgabenrecht unzulässiger Analogieschluss.
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II. Als unterlegener Beteiligter hat die Beklagte gem. § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung basiert auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
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III. Die Zulassung der Berufung folgt aus § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Beschluss vom 24.06.2009 - 4 ZB 08.2507 - juris Rn. 11 ausgeführt: „Ob die Hundesteuersatzung auf die in § 1 KampfhundeVO genannten Rassen oder wie vorliegend auf Hunde im Sinne des Art. 37 Abs. 1 LStVG i.V.m. § 1 KampfhundeVO verweist, beinhaltet lediglich einen sprachlichen, nicht aber einen inhaltlichen Unterschied.“ Dem folgt die Kammer aus den vorstehenden Gründen nicht, sondern misst der hier gewählten, im Ergebnis gleichen Formulierung einen anderen Sinngehalt bei. Dies gilt angesichts der vorgenannten, insoweit eindeutigen Aussage des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs unbeschadet der Frage, ob in jener Fallkonstellation systematische Gründe - namentlich der ansonsten leerlaufende § 5a Abs. 2 HStS - für das dortige Ergebnis sprechen.