Inhalt

BayObLG, Urteil v. 20.06.2022 – 204 StRR 180/22
Titel:

Untreue durch pflichtwidrige Zahlungsanweisungen eines Bürgermeisters

Normenkette:
StGB § 266 Abs. 1
Leitsätze:
1. Stehen pflichtwidrige Zahlungsanweisungen in Rede, kann es dahinstehen, ob die Strafbarkeit des Bürgermeisters nach dem Missbrauchstatbestand oder nach dem Treubruchtatbestand zu beurteilen ist. Ein Verstoß gegen die Vermögensbetreuungspflicht durch im Außenverhältnis wirksame Verfügungen stellt sich zugleich als Verstoß gegen die Vermögensfürsorgepflicht dar (Bestätigung von BGH BeckRS 2006, 6081). (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es ist als Untreue zu werten, wenn ein Bürgermeister einer bayerischen Gemeinde private Aufwendungen über den Gemeindehaushalt abrechnet (Bestätigung von BGH BeckRS 2011, 9688). (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
3. Grundsätzlich stellen gegen den Täter wegen der pflichtwidrigen Handlung gerichtete Ersatzansprüche keinen die Annahme eines Vermögensnachteils ausschließenden Verlustausgleich dar, und zwar auch dann nicht, wenn der Täter zum Ersatz fähig und bereit ist. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
bayerische Gemeinde, private Aufwendungen, Gemeindehaushalt, Ersatzansprüche, Verlustausgleich
Vorinstanz:
LG Ansbach, Urteil vom 05.10.2021 – 2 Ns 1061 Js 6987/19
Fundstellen:
DVBl 2022, 1108
BeckRS 2022, 25287
LSK 2022, 25287

Tenor

I. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das mit Beschluss vom 20. Dezember 2021 im Rubrum berichtigte Urteil des Landgerichts Ansbach vom 5. Oktober 2021 mit den Feststellungen aufgehoben.
II. Aufrechterhalten bleiben jedoch die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen mit Ausnahme der widersprüchlichen Feststellungen zu den Jahreszahlen unter Ziffer III. 1 auf Seiten 5 und 6 des Berufungsurteils.
II. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Ansbach zurückverwiesen.

Entscheidungsgründe

I.
1
Das Amtsgericht Ansbach hat die Angeklagte mit Urteil vom 07.10.2020 wegen Untreue in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr zwei Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt sowie die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 3.291,86 € gegen die Angeklagte angeordnet.
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Hiergegen haben die Angeklagte und die Staatsanwaltschaft - letztere beschränkt auf den Rechtsfolgenausspruch - form- und fristgerecht Berufung eingelegt.
3
Das Landgericht Ansbach hat mit Urteil vom 05.10.2021 die Berufung der Staatsanwaltschaft verworfen, auf die Berufung der Angeklagten das Urteil des Amtsgerichts Ansbach vom 07.10.2020 aufgehoben und die Angeklagte teils aus rechtlichen, teils aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Die Strafkammer hat in allen vier angeklagten Fällen eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Untreue (§ 266 StGB) verneint, da sie weder die Zufügung eines „Nachteils“ im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB noch einen hierauf gerichteten Vorsatz der Angeklagten feststellen konnte.
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Hiergegen richtet sich die von der Generalstaatsanwaltschaft M. vertretene Revision der Staatsanwaltschaft A., mit der diese die Verletzung materiellen Rechts rügt.
II.
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Die gemäß §§ 333, 341 Abs. 1, §§ 344, 345 StPO zulässige Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der erhobenen Sachrüge Erfolg. Die Annahme des Berufungsgerichts, es fehle an der Zufügung eines Vermögensnachteils sowie am entsprechenden Vorsatz der Angeklagten, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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1. Das Berufungsgericht hat - zusammengefasst - festgestellt, dass die Angeklagte, als sie hauptamtliche erste Bürgermeisterin der Stadt L. war, unter der Internetadresse https://www.l…tips eine Homepage betrieb, auf der als „Kontakt“ unter anderem ihre Büroadresse der Stadt L., die E-Mail: „s.de“ sowie ein Hinweis auf F. hinterlegt waren, und die auch einen Tagebuch-Blog beinhaltete. Inhalt dieses Blogs seien ausschließlich Themen mit Bezug zu der Amtstätigkeit der Beklagten gewesen. Die Angeklagte, die im Januar 2018 in ihrer Funktion als erste Bürgermeisterin die Wiedereröffnung der Arztpraxis des W. S. in L. besucht hatte, veröffentlichte am 29.04.2018 einen Blog-Eintrag, in dem sie sich unter anderem mit der „ALL“ (Alternative Liste L.) beschäftigte und über den genannten Arzt folgendes äußerte:
„Herr S. (ALL) ist übrigens der frühere Stadtrat, der nach eigenen Aussagen im Gremium war, um „Informationen zu bekommen“ und „gegen Herrn R… zu arbeiten“. Er hätte es gern gesehen, wenn die Stadt (also die Bürger) die Renovierung seiner neuen Praxisräume bezahlt hätten, wie er im Rahmen der Praxis-Eröffnung mir gegenüber kundgetan hat. Es gibt also durchaus auch andere Motive als „Gemeinwohl“, denen ich aber nicht gerecht werden kann, weil ich im Sinne aller Bürger zu handeln habe.“
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Die daraufhin von W. S. gegen die Angeklagte erhobene Klage vom 31.07.2018 auf Unterlassung dieser Äußerung hatte vor dem Landgericht Ansbach und dem Oberlandesgericht Nürnberg Erfolg. Die Angeklagte veranlasste, dass die Kostenrechnungen ihres eigenen Prozessbevollmächtigten erster und zweiter Instanz, die Kostenrechnung der Landesjustizkasse für das Berufungsverfahren sowie die außergerichtlichen Kosten erster Instanz des Klägers aus dem Haushalt der Stadt L. beglichen wurden.
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2. Da sich das Berufungsurteil hinsichtlich der objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale des § 266 Abs. 1 StGB allein mit der Frage der Nachteilszufügung und des hierauf bezogenen Vorsatzes befasst und den Freispruch auf das Fehlen dieser beiden Tatbestandsvoraussetzungen stützt, ist für die revisionsrechtliche Prüfung zu unterstellen, dass die übrigen Tatbestandsmerkmale, vor allem ein pflichtwidriges Handeln der Angeklagten im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB, vorliegen.
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Es liegt auch kein Fall vor, in dem ein pflichtwidriges Handeln der Angeklagten ausscheiden würde. Vielmehr ist nach den vom Berufungsgericht zum Tatsachverhalt getroffenen Feststellungen von einem solchen auszugehen.
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a) Wenn pflichtwidrige Zahlungsanweisungen in Rede stehen, kann es letztlich dahinstehen, ob die Strafbarkeit des Bürgermeisters nach dem Missbrauchstatbestand oder nach dem Treubruchtatbestand zu beurteilen ist (vgl. BGH, wistra 2006, 306, in juris), was davon abhängt, ob die Angeklagte als erste Bürgermeisterin mit Vertretungsmacht für die Gemeinde handelte. Die Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des Missbrauchstatbestandes und die Vermögensfürsorgepflicht im Sinne des Treubruchtatbestandes stimmen nämlich vorliegend überein. Hinsichtlich des Schuldumfangs sind sie hier gleich zu bewerten. Ein Verstoß gegen die Vermögensbetreuungspflicht durch im Außenverhältnis wirksame Verfügungen stellt sich zugleich als Verstoß gegen die Vermögensfürsorgepflicht dar (vgl. zum Bürgermeister einer bayerischen Stadt: BGH, wistra 2006, 306, in juris; zum Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft: BGH, NJW 2006, 453, juris Rn. 20; BGHSt 47, 187 = NJW 2002, 1585, juris Rn. 16; BGH NJW 1984, 2539, juris Rn. 21). Als erste Bürgermeisterin der Stadt L. war die Angeklagte jedenfalls verpflichtet, deren Vermögensinteressen im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB eigenverantwortlich zu betreuen (vgl. zur Treupflicht des Bürgermeisters allgemein: BGHSt 64, 245 = NJW 2020, 628, juris Rn. 12 m.w.N.; BGH, NJW 2019, 378, juris Rn. 17; BGH, NStZ-RR 2005, 83, juris Rn. 17; BGH, NStZ 2003, 540, juris Rn. 23; Fischer, StGB, 69. Aufl. § 266 Rn. 48; zu Bürgermeistern bayerischer Gemeinden: BGH, NStZ 2011, 520, juris Rn. 6; BGH, wistra 2006, 306, in juris). Der erste Bürgermeister einer Gemeinde vertritt die Gemeinde nach außen (Art. 38 Abs. 1 GO), erledigt einen erheblichen Teil der Gemeindeangelegenheiten in eigener Zuständigkeit (Art. 37 GO) und hat im Rahmen des Art. 59 Abs. 2 GO die Möglichkeit, Entscheidungen des Gemeinderats zu beanstanden, ihren Vollzug auszusetzen und gegebenenfalls eine Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde herbeizuführen. Das nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 1 und § 6 BeamtStG, Art. 1 Abs. 3 Satz 1 KWBG bestehende Dienst- und Treueverhältnis zur Gemeinde als Dienstherrn ist für ihn mit hinreichender Selbständigkeit sowie Verantwortlichkeit (vgl. BGHSt 13, 315, 317 ff.) und Entscheidungsspielraum (BGH, StV 1987, 535, juris Rn. 1) ausgestattet, so dass eine Vermögensfürsorgepflicht aufgrund Treueverhältnisses im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB grundsätzlich anzunehmen ist (BayObLGSt 1988, 16, juris Rn. 13).
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b) Der Inhalt der Treupflicht der Angeklagten wurde durch die rechtlichen Rahmenbedingungen ihrer Tätigkeit als erster Bürgermeisterin bestimmt.
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aa) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 lit. a der gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 2 GO aufgestellten Geschäftsordnung des L. Stadtrats gehörte zu den Aufgaben der ersten Bürgermeisterin in allen Angelegenheiten mit finanziellen Auswirkungen für die Stadt die Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln im Vollzug zwingender Rechtsvorschriften und im Rahmen von Richtlinien des Stadtrats, in denen die Leistungen nach Voraussetzung und Höhe festgelegt sind; im Übrigen bis zu einem Betrag von 5.000, € im Einzelfall. Hierbei musste die Angeklagte bei der eigenen Auftragsvergabe die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beachten (Art. 61 Abs. 2 Satz 1 GO; Art. 34 Abs. 2 Satz 1 HO).
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bb) Zudem dürfen nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 KWBG Beamte oder Beamtinnen keine Amtshandlungen vornehmen, die ihnen selbst einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil verschaffen würden.
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Demgemäß ist es als Untreue zu werten, wenn ein Bürgermeister einer bayerischen Gemeinde private Aufwendungen über den Gemeindehaushalt abrechnet (so BGH, NStZ 2011, 520, juris Rn. 6; soweit das Bundesverfassungsgericht diese Entscheidung und das zugrundeliegende Urteil des Landgerichts München vom 16.06.2020 aufgehoben hat, betraf dies nicht diesen Teil der Entscheidung, vgl. BVerfGK 20, 114, in juris).
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Ein Verstoß gegen die Kardinalspflicht des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 KWBG steht im Raum, da die von der Angeklagten veranlassten Zahlungsanweisungen Gerichts- und Anwaltskosten betreffen, die sie als im Zivilprozess persönlich beklagte und unterlegene Partei grundsätzlich selbst zu begleichen hat (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dies dürfte letztlich auch für die Begleichung der eigenen Anwaltskosten gelten. Die Angeklagte hat nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen die mit ihrem Rechtsanwalt geschlossene Mandatsvereinbarung zwar mit einem Stempel versehen, aus dem die Amtsbezeichnung „1. Bürgermeisterin“ hervorging. Die Stellung der ersten Vorschussrechnung durch ihren Rechtsanwalt an sie selbst zeigt jedoch, dass auch dieser von einer Mandatierung durch die Angeklagte selbst als damalige Beklagte und nicht durch die Stadt L., vertreten durch die Angeklagte, ausging. Die daraufhin von der Angeklagten veranlasste Umschreibung dieser Rechnung auf die Stadt L. als Schuldnerin dürfte somit nichts mehr daran geändert haben, dass es sich bei den Kosten des eigenen Anwalts originär um Verbindlichkeiten der Angeklagten selbst handelte, deren Bezahlung diese durch die Stadtkasse veranlasst hat. Letztlich bleibt dies jedoch nach Zurückverweisung der Sache der tatrichterlichen Klärung vorbehalten.
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Soweit der Verteidiger im Schlussvortrag eine Pflichtverletzung der Angeklagten deshalb in Abrede gestellt hat, weil es in der heutigen Zeit üblich sei, dass Mandats- und Amtsträger über die sozialen Medien kommunizieren und - im Fall eines Bürgermeisters oder einer Bürgermeisterin - nicht nur über das Amtsblatt der jeweiligen Gemeinde, mag dies zwar zutreffen. Dies ändert aber nichts daran, dass es sich nach den Feststellungen im Berufungsurteil im Falle der Angeklagten nicht um einen offiziellen Internetauftritt der Stadt L., sondern um einen privaten Tagebuch-Blog der Angeklagten auf der von dieser unter einer nicht städtischen Internetadresse betriebenen Homepage handelte. Der Umstand, dass dort die städtische Büroadresse der Angeklagten hinterlegt worden war, ändert hieran nichts. Denn zum einen wurde die Amtsbezeichnung der Angeklagten dort nicht angegeben, zum anderen wurde als Kontaktmöglichkeit keine städtische, sondern eine private E-Mail-Adresse genannt.
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Auch wenn nach den Feststellungen im Berufungsurteil Inhalt des Blogs ausschließlich Themen mit Bezug zu der Amtstätigkeit der Angeklagten waren, handelte es sich zwar um einen durch ihre Amtstätigkeit veranlassten, aber dennoch privaten Auftritt der Angeklagten, so dass diese für ihre dort getätigten Äußerungen - wie geschehen - von den hiervon betroffenen Personen persönlich in Anspruch genommen werden konnte und somit für die hieraus resultierenden Gerichts- und Anwaltskosten selbst und nicht die Stadt L. haftete.
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3. Entgegen der Auffassung des Landgerichts Ansbach erfüllen die auf Seite 3 ff. des Urteils unter Ziff. III festgestellten Handlungen der Angeklagten das Tatbestandsmerkmal der Zufügung eines Vermögensnachteils zu Lasten der Stadt L..
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a) Da der Vermögensnachteil ein selbstständiges, neben der Voraussetzung der Pflichtverletzung stehendes Tatbestandsmerkmal darstellt, das nicht in dem Merkmal der Pflichtwidrigkeit aufgehen darf (sog. Verschleifungsverbot; vgl. BVerfGE 126, 170, juris Rn. 78, 148, 154), ist der Vermögensnachteil - von einfach gelagerten und eindeutigen Fällen abgesehen - eigenständig zu ermitteln, zu konkretisieren und zu beziffern (vgl. BGH, NJW 2019, 378, juris Rn. 24 m.w.N.).
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Unter Nachteil im Sinne des § 266 StGB ist jede durch die Tathandlung verursachte Vermögenseinbuße zu verstehen, wobei die Vermögensminderung nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung aufgrund eines Vergleichs des Vermögensstandes vor und nach der treuwidrigen bzw. missbräuchlichen Handlung festzustellen ist. Ein Nachteil liegt dann nicht vor, wenn durch die Tathandlung zugleich unmittelbar ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs bewirkt wird, etwa durch Befreiung des betreuten Vermögens von einer Verbindlichkeit in gleicher Höhe (sogenannte schadensausschließehde Kompensation; vergleiche etwa BGH, NStZ 2020, 294, juris Rn. 22; BGH, NJW 2019, 378, juris Rn. 22; BGH, NStZ 2004, 205, juris Rn. 5; OLG Frankfurt, ZWH 2013, 68, juris Rn. 22; Fischer, a.a.O., § 266 Rn. 115a). Hat der Täter einen Geldanspruch gegen das von ihm verwaltete Vermögen, so fehlt es an einem Schaden, wenn er über das Vermögen in entsprechender Höhe zu eigenen Gunsten verfügt (vgl. BGH, NStZ 2020, 418, juris Rn. 22 bei zweckwidriger Verwendung von Mandantengeldern zur Befriedigung bestehender Honoraransprüche eines Rechtsanwalts).
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b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt nicht der Fall vor, dass die ungetreue Handlung Vermögenseinbuße und deren Kompensation zugleich und derart hervorbringt, dass Verlust und Gewinn sich die Waage halten.
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aa) Die Zahlungsanweisungen der Angeklagten führten nämlich zu einem Abfluss von Haushaltsmitteln, ohne dass die geschädigte Stadt in gleicher Höhe von etwaigen Verbindlichkeiten freigeworden wäre. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen der Staatsanwaltschaft in ihrer Revisionsbegründung (dort Seiten 3 ff.) Bezug genommen.
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(1) Hinsichtlich der Gerichtskosten beider Instanzen und der (verfahrensgegenständlichen) anwaltlichen Kosten des Klägers erster Instanz im Zivilprozess war die Angeklagte als unterlegene Partei gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO selbst und nicht die Stadt L. zur Tragung der Kosten verpflichtet.
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(2) Dies gilt ebenso hinsichtlich der Kosten ihres eigenen Rechtsanwalts.
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Auch wenn die vom Tatgericht nach Zurückverweisung zu treffenden Feststellungen ergeben sollten, dass insoweit die Stadt L. Auftraggeberin des anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrags war, wurde diese durch die Zahlung des Anwaltshonorars nicht von Verbindlichkeiten im Sinne einer Kompensation frei. Denn im Falle einer Pflichtverletzung nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 KWBG war die Angeklagte nicht befugt, den Anwaltsvertrag im Namen der Stadt abzuschließen. Der erste Bürgermeister kann gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GO Verpflichtungsgeschäfte mit Dritten nur rechtswirksam abschließen, soweit es sich um den Vollzug von Gemeinderatsbeschlüssen nach Art. 36 Satz 1 Alt. 2 GO oder um die Ausübung eigener Befugnisse nach Art. 37 GO handelt. Solche Befugnisse stehen ihm im Fall des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 KWBG nicht zu.
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Die von einem gemeindeintern unzuständigen Vertreter eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen muss eine Gemeinde demnach nicht erfüllen; der Vertragspartner kann sich gemäß § 179 BGB nur persönlich an den als Vertreter ohne Vertretungsmacht („falsus procurator“) handelnden Amtsträger, hier also die Angeklagte, halten (BayVGH, BayVBl 2022, 268, juris Rn. 35). In Abkehr von den kommunalrechtlichen Vorschriften anderer Bundesländer und von dem für die Vertretung juristischer Personen des Privatrechts allgemein geltenden Trennungs- und Abstraktionsprinzip schlägt damit seit der am 01.04.2018 (GVBl. S. 145) in Kraft getretenen Neuregelung des Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GO (LT-Drs. 17/14651, 17) ein Mangel des „Vertreten-Dürfens“ im Innenverhältnis auf das „Vertreten-Können“ des ersten Bürgermeisters im Außenverhältnis durch (BeckOK KommunalR Bayern/Wernsmann/Neudenberger, 14. Ed. 1.5.2022, GO Art. 38 Rn. 5).
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Eine Genehmigung des somit gemäß § 177 Abs. 1 BGB schwebend unwirksamen (vgl. Becker/Heckmann/Kempen/Manssen, Öffentliches Recht in Bayern, 7. Aufl., 2. Teil., Abschn. D, Rn. 169) anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages durch das hierfür zuständige Organ der Stadt L., den Stadtrat, ist nicht erfolgt.
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bb) Entgegen der Auffassung der Berufungskammer besteht auch keine als Kompensation dienende Rechtspflicht der Stadt L. zur Erstattung der der Angeklagten entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten. Zwar kann in bestimmten Fällen eine solche Erstattungspflicht aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht folgen. Diese würde aber nicht zu einem Nachteilsausgleich führen, da - wie ausgeführt - ein Nachteil nur dann nicht vorliegt, wenn durch die Tathandlung zugleich unmittelbar ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs bewirkt wird.
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(1) In der vom Berufungsgericht zu dieser Frage herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHSt 37, 226 = NJW 1991, 990, juris Rn. 26 ff.) ging es nicht um die Schadenskompensation, sondern um die Frage, ob sich der Vorsteher eines Abwasserverbandes der pflichtwidrigen Verwendung von Verbandsvermögen gemäß § 266 Abs. 1 StGB dadurch schuldig gemacht hatte, dass er die Erstattung von strafrechtlichen Gerichts- und Anwaltskosten von Mitarbeitern einer Kläranlage angeordnet hatte, die wegen vorsätzlicher Gewässerverunreinigung verurteilt worden waren, oder ob die Erstattung dieser Kosten im Rahmen der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht gerechtfertigt war.
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(2) Vorliegend ist die Pflichtwidrigkeit revisionsrechtlich zu unterstellen und es stellt sich die Frage der Kompensation des der Stadt entstandenen Vermögensschadens durch deren Pflicht zur Tragung dieser Kosten unter dem Gesichtspunkt der beamtenrechtlichen Fürsorge.
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Eine solche besteht nicht.
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(2.1) Die Generalstaatsanwaltschaft weist in ihrer Antragsschrift vom 22.03.2022 zutreffend darauf hin, dass nach beamtenrechtlichen Grundsätzen der im Zivilprozess persönlich verklagten Angeklagten aus der Fürsorge des Dienstherren allenfalls ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Prüfung der Übernahme der Anwalts- und Gerichtskosten zustand, mangels Beschlussfassung des hierfür zuständigen Stadtrats aber jedenfalls kein Zahlungsanspruch. Da der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten das Grundverhältnis der ersten Bürgermeisterin zu ihrem Dienstherren, der Stadt L., berührt und es sich damit nicht um eine laufende, also routinemäßig anfallende Angelegenheit der Verwaltung handelt, war das zuständige Vertretungsorgan vorliegend allein der Stadtrat (Art. 1 Abs. 2 Nr. 1, Art. 2 Abs. 1 KWBG i.V.m. Art. 29, 30 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 GO).
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(2.2) Wie die Generalstaatsanwaltschaft weiter zutreffend ausführt, ist nichts dafür ersichtlich, dass das Ermessen des Stadtrats in der Weise auf Null reduziert gewesen wäre, dass nur eine Übernahme sämtlicher Anwalts- und Gerichtskosten in voller Höhe in Betracht gekommen wäre.
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Für die Ermessensausübung sind die Regelungen der Bekanntmachung des bayerischen Staatsministeriums der Finanzen über die Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht vom 13.07.2009 (FMBl. 2009, S. 190, StAnz. Nr. 35, VV-BeamtR) einschlägig. Diese gelten zwar unmittelbar nur für staatliche Beamte (vgl. Abschn. 1 Nr. 1.1 Satz 1), deren Anwendung wird den Kommunen aber empfohlen (vgl. Abschn. 18, Nr. 1.1), so dass sie entsprechend heranzuziehen sind (vgl. BayVGH, BayVBl. 1991, 660, 661 zur entsprechenden Anwendung der früheren „Bekanntmachung über den Rechtsschutz für Bedienstete des Freistaats Bayern in Strafverfahren vom 27.02.1968“, FMBl 1968, 72, deren Regelungen in die VV-BeamtR Eingang gefunden haben, auf Kommunalbeamte; offen gelassen von VG Regensburg, Urteil vom 11.03.2009 - 1 K 07.1530, juris Rn. 26).
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Nach diesen Verwaltungsvorschriften haben Bedienstete, die wegen einer dienstlichen Verrichtung oder eines Verhaltens, das mit einer dienstlichen Tätigkeit in unmittelbarem Zusammenhang steht, vor den Zivilgerichten persönlich in Anspruch genommen werden (Passivprozess), gemäß Abschnitt 12 Nr. 2.3.1 i.V.m. Nr. 2.1.5 Satz 1 VV-BeamtR, wenn sie - wie die Angeklagte - verurteilt werden, die Kosten der Rechtsverfolgung grundsätzlich selbst zu tragen. Liegt nur ein geringes Verschulden vor, so können die anderweitig nicht gedeckten notwendigen Rechtsverteidigungskosten, falls es aus Gründen der beamtenrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht geboten erscheint, zu einem angemessenen Teil, ausnahmsweise auch in voller Höhe, endgültig auf den Staatshaushalt übernommen werden (Abschn. 12 Nr. 2.1.5 Satz 2 VV-BeamtR). Hierbei hat der Beamte grundsätzlich eine sich nach seiner Besoldungsgruppe richtende Eigenbeteiligung zu tragen, die etwa bei der Besoldungsgruppe A 16 20 % beträgt (vgl. Abschn. 12 Nr. 2.1.5 Satz 3 i.V.m. Nr. 2.5.3 VV-BeamtR).
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Für die Gewährung von Rechtsschutz hat das Bundesverwaltungsgericht die Befugnis des Dienstherrn anerkannt, die ihm durch das Gesetz eingeräumte Gestaltungsfreiheit in der Ausübung der Fürsorgepflicht durch Verwaltungsvorschriften für bestimmte Fallgruppen nach generellen Gesichtspunkten zu binden, sofern die zugrundeliegenden Erwägungen der Zielsetzung der vom Gesetz eingeräumten Ermächtigung entsprechen. Im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG haben derartige im Interesse einer einheitlichen Ausübung der Fürsorgepflicht erlassene Verwaltungsvorschriften zur Folge, dass der Dienstherr alle in ihnen angesprochenen Fälle hiernach behandeln muss und nur davon abweichen darf, wenn wesentliche Besonderheiten dies rechtfertigen (vgl. BVerwG, NJW 1985, 1041, juris Rn. 3; RiA 2014, 146, juris Rn. 9; so auch VG Regensburg, Urteil vom 11.03.2009 - 1 K 07.1530, juris Rn. 26).
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Solche sind vorliegend nicht erkennbar. Der Regelung für die grundsätzliche Kostentragungspflicht des Beamten beim Unterliegen liegt zugrunde, dass für die Verfolgung solcher zivilrechtlicher Rechtspositionen, die von der Rechtsordnung nicht anerkannt werden, im Allgemeinen ein öffentliches Interesse an einer Kostenbeteiligung nicht besteht. Fehlt das öffentliche Interesse, steht der Erstattung das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entgegen, welches alle staatlichen Stellen, einschließlich der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften, zu beachten haben (vgl. dazu BGH, wistra 2022, 74, juris Rn. 20 f.; BGHSt 37, 226 = NJW 1991, 990, juris Rn. 28).
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(2.3) Zwar ist nach der neueren Rechtsprechung eine Kompensation auch dann nicht ausgeschlossen, wenn eine noch nicht fällige Forderung eigenmächtig vorzeitig erfüllt wird, da auch solche nur dem Grunde nach bestehenden Forderungen wirtschaftlichen Wert haben können (vgl. dazu BGH, NStZ-RR 2011, 312, juris Rn. 3; Graf/Jäger/Wittig/Waßmer, Wirtschaft- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 266 StGB Rn. 182 m.w.N.). Allerdings war die Forderung der Angeklagten gegen die Stadt, weil diese im Zivilprozess unterlegen war, unter Anwendung der genannten Verwaltungsvorschriften nicht werthaltig. Jedenfalls durfte das Landgericht nicht ohne weiteres von einer solchen Werthaltigkeit der Forderung ausgehen.
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(2.4) Es liegt somit auch keine Fallkonstellation vor, die mit derjenigen vergleichbar ist, die der vom Verteidiger herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 14.04.2010 - 5 StR 72/10, StraFo 2010, 301) zugrunde lag. Dort hatte ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft die von deren Rechtsvorgängerin zu seinen Gunsten abgeschlossene Lebensversicherung auf sich übertragen und auf sein Konto auszahlen lassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wäre bei der Aktiengesellschaft kein Nachteil eingetreten, wenn der zum Zeitpunkt der Umwandlung bereits entstandene Kapitalwert der Versicherung schon dem Vermögen des Angeklagten zuzurechnen und somit ein Anspruch des Angeklagten auf Übertragung des Kapitalwerts der Lebensversicherung bestanden hat.
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(3) Ob der Zivilprozess bei richtiger Rechtsanwendung mangels Passivlegitimation der Angeklagten nicht gegen diese, sondern gegen die Stadt selbst hätte geführt werden müssen, wie die Strafkammer annimmt, kann dahinstehen. Denn diese Frage betrifft einen letztlich hypothetischen, im konkreten Rechtsstreit nicht zum Tragen gekommenen Gesichtspunkt, zumal nichts dafür ersichtlich ist, dass die Angeklagte die Rüge der Unzulässigkeit des Rechtswegs zu den Zivilgerichten nach § 17 Abs. 3 Satz 2 GVG erhoben hätte. Eine Kompensation durch Zugrundelegung hypothetischer Sachverhalte findet bei der Schadensberechnung nicht statt (vgl. BGH, NJW 2011, 3528, juris Rn. 10; Fischer, a.a.O., § 266 Rn. 115b).
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(4) Soweit der Verteidiger der Angeklagten in seinem Schlussvortrag die Ansicht vertreten hat, eine Nachteilszufügung scheide auch deshalb aus, weil die Stadt im Fall der zu Unrecht erfolgten Zahlungsanweisungen einen Rückzahlungsanspruch gegen die Angeklagte bzw. hinsichtlich der Kosten ihres eigenen Anwalts möglicherweise gegen diesen habe, ist dem nicht zu folgen.
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Grundsätzlich stellen gegen den Täter wegen der pflichtwidrigen Handlung gerichtete Ersatzansprüche - diese setzen einen Schaden gerade voraus - keinen die Annahme eines Vermögensnachteils ausschließenden Verlustausgleich dar, und zwar auch dann nicht, wenn der Täter zum Ersatz fähig und bereit ist (vgl. Schönke/Schröder/Perron, 30. Aufl., StGB § 266 Rn. 42). Allerdings vertritt der Bundesgerichtshof etwa für den Fall, dass ein Rechtsanwalt, der sich im Rahmen eines bestehenden Anwaltsvertrags zur Weiterleitung bestimmte Fremdgelder auf sein Geschäftskonto einzahlen lässt, ebenso wie für den Vermieter, der die Mietkaution auf seinem Privatkonto eingezahlt hat, die Auffassung, dass sich dieser dann nicht wegen Untreue strafbar macht, wenn er uneingeschränkt bereit und jederzeit fähig ist, einen entsprechenden Betrag aus eigenen flüssigen Mitteln vollständig auszukehren (BGH, NStZ 2020, 418, juris Rn. 13; NJW 2015, 1190, juris Rn. 17; NStZ 2015, 277, juris Rn. 8; BGHSt 52, 182, juris Rn. 27; so auch OLG Köln, StraFo 2019, 522, juris Rn. 15). Ein vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor. Zudem fehlen jegliche Feststellungen im Berufungsurteil zu der uneingeschränkten Bereitschaft der Angeklagten zum Ausgleich des der Stadt entstandenen Vermögensnachteils (eine solche dürfte eher nicht bestanden haben, da die Angeklagte die Meinung vertritt, die Stadt sei zur Tragung der Gerichts- und Anwaltskosten verpflichtet) und zur Fähigkeit der Angeklagten hierzu.
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Unabhängig hiervon kommt das Fehlen eines Nachteils nur bei einer unmittelbaren Kompensation in Betracht. Demgemäß ist eine Rückführung der entzogenen Mittel allenfalls eine Schadenswiedergutmachung, die auch bei § 266 StGB tatbestandlich unbeachtlich (vgl. BGHSt 52, 323 = NJW 2009, 89, juris Rn. 46; BGHSt 55, 266 = NStZ 2010, 700, juris Rn. 45; BGH NJW 2011, 3528, juris Rn. 9; BeckOK StGB/Wittig, 53. Ed. 1.5.2022, StGB § 266 Rn. 59) und lediglich für die Strafzumessung von Bedeutung ist.
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4. Ausgehend von dem Vorstehenden halten auch die Ausführungen des Landgerichts zum Nichtvorliegen des Tatvorsatzes in Bezug auf den Eintritt des Nachteils rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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Dies ergibt sich - wie die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend anmerkt - schon daraus, dass das Landgericht bereits in objektiver Hinsicht von falschen Maßstäben ausgegangen ist und daher die Rückschlüsse auf die subjektiven Vorstellungen der Angeklagten sich als nicht tragfähig erweisen. Die Strafkammer hat die Gründe, aus denen heraus die Angeklagte sich nicht an den Stadtrat gewandt, sondern die Auszahlung zu ihrem eigenen Vorteil unter Verstoß gegen Art. 38 Abs. 1 Satz 1 bei KWBG selbst angeordnet hat, nicht näher erörtert. Hierin liegt eine durchgreifende Lücke der Beweiswürdigung. Insoweit erscheint es nämlich durchaus naheliegend, dass die Angeklagte, deren Amtsführung, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt, in der Gemeinde offensichtlich sehr umstritten war, aus diesem Grund mit der Zustimmung des Stadtrats von vornherein nicht rechnete.
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Zwar dürfte eine relevante, gemäß einer Parallelwertung in der Laiensphäre erfolgte Fehlvorstellung der Angeklagten, wonach die Stadt zur Übernahme der angewiesenen Rechtsverfolgungskosten verpflichtet sei, nicht nur zu einem Verbots-, sondern zu einem Tatbestandsirrtum und damit zum Entfallen des Schädigungsvorsatzes führen (vgl. MüKO-StPO/Dierlamm, 3. Aufl., § 266 Rn. 285; Graf/Jäger/Wittig/Waßmer, a.a.O., § 266 StGB Rn. 228).
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Allerdings setzt die Annahme einer relevanten Fehlvorstellung die zutreffende Erfassung und Würdigung aller erkennbaren Umstände voraus. Letzteres ist hier nicht erfolgt, worauf die Staatsanwaltschaft in ihrer Revisionsbegründung ausführlich hingewiesen hat. Die Strafkammer hat zwar bei der Würdigung der Einlassung der Angeklagten darauf abgestellt, diese sei der Meinung gewesen, dass die Stadt L. verpflichtet war, die Prozesskosten zu tragen, da der Inhalt Ihrer Webseite Teil ihrer Amtsausübung gewesen sei. Auch ihr Rechtsanwalt habe die Ansicht vertreten, dass sie als Bürgermeisterin in Anspruch genommen werde und die Stadt L. die Verfahrenskosten zu tragen hätte.
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Die Strafkammer hat hierbei aber nicht berücksichtigt, dass die Angeklagte nach den getroffenen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen in der Vergangenheit unter anderem als Groß- und Außenhandelskauffrau, Betriebswirtin, Betriebsfachwirtin tätig war sowie Diplomjuristin ist und als solche vor ihrer Wahl zur ersten Bürgermeisterin auch auf kommunaler Ebene Verwaltungstätigkeiten im Bereich der Wirtschaftsförderung ausübte.
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Sie war persönlich vor dem Zivilgericht verklagt und als beklagte Partei in den Urteilen des Landgerichts Ansbach und des Oberlandesgerichts Nürnberg zur Kostentragung verpflichtet worden. Aufgrund ihrer Ausbildung und ihres Studiums kann davon ausgegangen werden, dass sie die Bedeutung ihrer eigenen Parteistellung im Prozess und die daraus herrührenden Verpflichtungen im Unterschied zu einer Parteistellung der Stadt L. kannte.
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Der bloße Umstand, dass die Angeklagte bereits die Mandatsvereinbarung mit ihrem Rechtsanwalt mit einem Stempel versehen hatte, aus dem die Amtsbezeichnung „1. Bürgermeisterin“ hervorging, deutet darauf hin, dass sie von Anfang an eine Stellung der Anwaltshonorarrechnung an die Stadt zu erreichen versuchte, sagt aber nichts darüber aus, dass sie diesbezüglich keinen - zumindest bedingten - Schädigungsvorsatz hatte. Wie die Staatsanwaltschaft in der Revisionsbegründung zutreffend ausführt, wäre mindestens zu erörtern gewesen, inwieweit die Zurückweisung der gleichwohl an sie persönlich gerichteten Vorschussrechnung ihres Prozessbevollmächtigten auf tatsächlicher Unkenntnis über ihre Rolle als selbst Beklagte oder auf bloßem „Nichtwahrhabenwollen“ und „Augenverschließen vor der Wahrheit“ als juristisch vorgebildeter Angeklagter beruhte.
III.
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Aufgrund der aufgezeigten Mängel ist auf die Revision der Staatsanwaltschaft das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 353 Abs. 1 StPO) und das Verfahren an eine andere Strafkammer des Landgerichts Ansbach, die auch über die Kosten der Revision zu befinden haben wird, zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).
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Die vom Berufungsurteil getroffenen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen können mit Ausnahme der bei der Datumsangabe 27.08.2019 und 30.08.2019 unter Ziffer III. 1 auf Seiten 5 und 6 offensichtlich unrichtigen Jahreszahlen „2019“ statt richtig „2018“ (vgl. hierzu auch die Datumsangabe „24.08.2018“ auf Seite 12 des Urteils) trotz des erfolgten Freispruchs aufrechterhalten bleiben, da sie rechtsfehlerfrei getroffen worden sind und sich die Angeklagte insoweit geständig eingelassen hat. Sie können um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.