Titel:
Anordnung zum Tragen vollständig gesäß- und genitalienbedeckender Bekleidung im Umgriff zweier Grundschulen
Normenketten:
LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 1
OWiG § 118 Abs. 1
Schlagwort:
Anordnung zum Tragen vollständig gesäß- und genitalienbedeckender Bekleidung im Umgriff zweier Grundschulen
Fundstelle:
BeckRS 2022, 24368
Tenor
I. Der Bescheid der Beklagten vom ... wird in Nr. 3 und in Nr. 4 Satz 2 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger 4/5, die Beklagte 1/5.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Kläger wendet sich gegen eine Verfügung der Beklagten, mit der ihm aufgegeben wird, bei einem Aufenthalt im Umgriff von zwei in der Nähe seiner Wohnung gelegenen Grundschulen Oberbekleidung zu tragen, die vollständig gesäß- und genitalienbedeckend ist.
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Nach den Feststellungen der Beklagten hielt sich der Kläger am … und am ... spärlich bekleidet an der Grundschule … auf. Am ... sei er mit einer kurzen Hose mit Löchern bekleidet gewesen sein, sodass ein rosafarbener Stringtanga hervorgeschaut habe. Er habe Kindern erklärt, wie sie über die Straße zu gehen hätten. Am ... habe er erneut Kinder angesprochen und diesen angeboten haben, sie in die Schule zu begleiten.
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Mit Schreiben vom ... forderte die Beklagte (Kreisverwaltungsreferat) den Kläger auf, sich künftig vor allem an Orten, an denen sich Kinder aufhalten, in angemessener Kleidung zu zeigen.
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Am ... gegen … Uhr gingen mehrere Meldungen bei der Polizei ein, wonach sich eine männliche Person nur mit einem T-Shirt und einem Stringtanga bekleidet im Bereich der Grundschule … aufhalte. Nach den Angaben der Mitteiler soll die Person regelmäßig in dieser Weise bekleidet auf der Straße sitzen und Kinder ansprechen. Bei der polizeilichen Nachschau vor Ort wurde der Kläger angetroffen, dem ein Platzverweis erteilt wurde.
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Am ... hielt sich der Kläger nur mit Mütze, Jacke, Stringtanga und Schuhen bekleidet (gegen … Uhr) vor der Grundschule am … auf. Gegenüber Polizeibeamten, die ihn aus Anlass dieses Vorfalls in seiner Wohnung aufgesucht haben, erklärte er, dass er regelmäßig so leicht bekleidet draußen herumlaufen würde und beabsichtige, sich auch in Zukunft ohne Hose - am liebsten nackt - außerhalb seiner Wohnung aufzuhalten.
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Mit Schreiben vom ... teilte die Beklagte dem Kläger unter Bezugnahme auf die Vorfälle mit, sie erwäge, eine Anordnung des Inhalts zu erlassen, dass dem Kläger aufgegeben werde, im Umgriff von Grundschulen Beinkleidung zu tragen, die vollständig genitalien- und gesäßbedeckend sei. Dem Kläger werde Gelegenheit gegeben, sich hierzu zu äußern.
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Der Kläger nahm mit E-Mails vom ... und ... zu der Angelegenheit Stellung. Er brachte u.a. vor, die Beklagte müsse beweisen, dass nackte Pobacken außerhalb von FKK-Gebieten Kinder gefährden würden, was ihr aber nicht möglich sei.
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Mit Bescheid vom ... verpflichtete die Beklagte den Kläger für die Dauer von zwei Jahren ab Zustellung des Bescheides im Umkreis um die Grundschule … und die Grundschule … Oberbekleidung zu tragen, die vollständig gesäß- und genitalienbedeckend ist (Tenor Nr. 1). Die sofortige Vollziehung der Verfügung wurde angeordnet (Tenor Nr. 2). Für den Fall, dass der Kläger der Verpflichtung nicht nachkomme, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von … Euro angedroht (Tenor Nr. 3). Weiter wurde bestimmt, dass der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, die Bescheidsgebühr auf … Euro festgesetzt und Auslagen für die Bescheidszustellung in Höhe von … Euro in Ansatz gebracht (Tenor Nr. 4 Satz 1 bis 3).
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In den Bescheidsgründen wurde ausgeführt, Rechtsgrundlage für die Anordnung in Nr. 1 des Bescheidtenors (Bekleidungsverpflichtung) sei Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 Landesstraf- und Verordnungsgesetz - LStVG - i.V.m. § 118 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten - OWiG. Danach könne die Beklagte als Sicherheitsbehörde für den Einzelfall Anordnungen treffen, um rechtswidrige Taten, die den objektiven Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, zu verhüten oder zu unterbinden (Nr. 1) und um Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen, die Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheine, bedrohen oder verletzen würden (Nr. 3).
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Das Verhalten des Klägers, sich im Bereich der Grundschulen … und … nur mit einem Stringtanga bekleidet aufzuhalten und Kinder anzusprechen, stelle eine Belästigung der Allgemeinheit im Sinne des § 118 Abs. 1 OWiG dar. Danach handle ordnungswidrig, wer eine grob ungehörige Handlung vornehme, die geeignet sei, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen.
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Als grob ungehörig oder ungebührlich werde eine Handlung bezeichnet, wenn sie sich bewusst nicht in die für das gedeihliche Zusammenleben der jeweiligen Rechtgemeinschaft erforderliche Ordnung einfüge und dadurch in deutlichem Widerspruch zur Gemeinschaftsordnung stehe. Das sei dann der Fall, wenn die Handlung in einer Weise gegen die anerkannten Regeln von Sitte, Anstand und Ordnung verstoße, dass dadurch eine unmittelbare psychische oder physische Belästigung oder Gefährdung der Allgemeinheit und gleichzeitig eine Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung in Betracht kommen würden. Zu den schutzwürdigen Interessen zähle insoweit auch das Schamgefühl.
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Dem Schamgefühl könne es widerstreben, mit Personen konfrontiert zu werden, deren Gesäß nicht bedeckt sei und deren Genitalbereich durch das Tragen eines Stringtangas noch hervorgehoben werde. Auch in der heutigen freizügigen Gesellschaft gehöre die Bedeckung des Gesäßes und des Genitalbereichs außerhalb von ausgewiesenen FKK- und sonst dafür vorgesehenen Bereichen zur kulturellen Norm. In Bereichen, die überwiegend von Kindern aufgesucht würden (Grundschulen, Kitas, Spielplätze), müsse dagegen nicht damit gerechnet werden, unvermittelt mit einer spärlich bekleideten Person konfrontiert zu werden. Ein solches Verhalten verletze das Anstands- und Schamgefühl, stelle eine grobe Regelmissachtung dar und weiche wesentlich von den üblichen Verhaltensweisen ab. Das vorliegend inmitten stehende Verhalten richte sich auch gegen die Allgemeinheit im Sinne des § 118 Abs. 1 OWiG, da eine unbestimmte, nicht individuell abgegrenzte Mehrheit von Personen (Kinder, Eltern, Lehrer) hiervon betroffen sein könne.
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Weiter sei festzustellen, dass sich im Bereich von Grundschulen Kinder im Alter zwischen sechs und zehn Jahren aufhalten würden und diese vom Anblick eines Erwachsenen im Stringtanga schockiert oder zumindest irritiert oder verunsichert sein könnten. Da Grundschulkinder den Schulweg in der Regel alleine ohne Erziehungsberechtigte bewerkstelligen, könnten sie in einer solchen Situation auch nicht auf pädagogische oder erzieherische Unterstützung zurückgreifen, um das Geschehene verarbeiten und einordnen zu können. Hierdurch könnten betroffene Kinder auch in ihrer Gesundheit und ihrem psychischen Wohlbefinden verletzt werden.
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Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die Verhaltensweise des Klägers auch bei Eltern und Lehrern großes Unbehagen auslösen würde und als verdächtig eingestuft werde.
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Nach dem bisherigen Verhalten des Klägers könne davon ausgegangen werden, dass er beabsichtige, sich auch künftig ohne gesäß- und genitalienbedeckende Oberbekleidung sich im Umfeld der beiden Grundschulen aufzuhalten. Es liege daher eine konkrete Gefahr vor, die zu einem sicherheitsbehördlichen Tätigwerden ermächtige.
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Die angeordnete Maßnahme stelle sich als ermessensgerecht und insbesondere verhältnismäßig dar. Sie sei geeignet und erforderlich, um den abzuwehrenden Gefahren zu begegnen. Hinzuweisen sei in diesem Zusammenhang auch darauf, dass sie eine Appellfunktion im Sinne einer auffordernden und aufrüttelnden Mahnung gegenüber dem Kläger beinhalte, künftig von Interaktionen mit Kindern und einer unangemessenen Oberbekleidung in deren Anwesenheit abzusehen. Mit Blick auf das Gebot der Wahrung der Verhältnismäßigkeit sei die Verfügung zeitlich auf zwei Jahre befristet worden und das Bekleidungsgebot auf den Umkreis von 150 m um die beiden Schulen beschränkt worden.
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Der Kläger hat am ... 2020 Klage erhoben und beantragt,
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den Bescheid vom ... aufzuheben.
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Zur Begründung trägt er vor, das Vorgehen gegen ihn stelle eine Denunzierung und Diskriminierung dar und verstoße gegen Menschenrechte und die Entfaltungsfreiheit. Er sehe nicht, gegen welche Regel ein nackter Po verstoßen solle. Das Schamgefühl werde hierbei nicht berührt. Wenn andere Menschen sich durch die Ansicht eines nackten Pos angegriffen fühlen sollten, so müsste dies auch für die … und den … Garten gelten. Der Kläger vermöge auch nicht zu erkennen, warum ein nackter Po im Widerspruch zur Gemeinschaftsordnung stehen und gegen welche Sitte, Anstand und Ordnung er verstoßen solle.
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Die Beklagte beantragt,
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Sie hat in ihrer Klageerwiderung die Bescheidsgründe vertieft und ergänzt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig und hat teilweise Erfolg. Die Hauptregelung zur Bekleidungsverpflichtung im Umgriff der beiden Grundschulen (Tenor Nr. 1 des Bescheids) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Die Klage war daher insoweit abzuweisen. Erfolg hat die Klage dagegen hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung (Tenor Nr. 3) und in der Folge auch in Bezug auf die Gebührenfestsetzung (Tenor Nr. 4 Satz 1).
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1. Die Regelung in Nr. 1 des Bescheidtenors begegnet keinen Bedenken.
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Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Verhalten des Klägers, sich im Bereich der beiden Grundschulen im Wesentlichen nur mit einem Stringtanga bekleidet aufzuhalten und Kinder anzusprechen, eine Belästigung der Allgemeinheit im Sinne von § 118 Abs. 1 OWiG darstellt und daher, weil zu erwarten war, dass der Kläger dieses Verhalten fortsetzen wird, die Voraussetzungen für ein sicherheitsrechtliches Tätigwerden zur Verhütung der Begehung von entsprechenden Ordnungswidrigkeiten nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG vorgelegen haben.
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Der Hinweis des Klägers auf das akzeptierte „Zurschaustellen von Körperteilen“ an der …, im … Garten bzw. allgemein an Seen, Flüssen und Sonnenwiesen vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Dabei handelt es sich um nicht vergleichbare Sachverhalte, da das entsprechende spärliche Bekleiden an dafür vorgesehenen Flächen (bzw. der gänzliche Verzicht auf eine Bekleidung in FKK-Bereichen) nach den mittlerweile herrschenden Vorstellungen sich durchaus als mit den der Gemeinschaftsordnung zugrundeliegenden Wertvorstellungen und der sich daraus abzuleitenden Toleranzgrenze vereinbar darstellt. Anders verhält es sich aber bei dem hier in Rede stehenden Verhalten. Das Aufdrängen des Anblicks eines nahezu nackten bzw. nackt wirkenden Körpers in Bereichen bzw. unter Umständen, in denen mit einer solchen Begegnung nicht zu rechnen ist, stellt sich als grob ungehörig zu wertende Verletzung des natürlichen Schamgefühls dar, zumal wenn das Verhalten wie vorliegend gezielt gegenüber Kindern gezeigt wird, die hierauf möglicherweise verunsichert oder verängstigt reagieren könnten. Darüber hinaus ist festzustellen, dass auch etwa anwesende Erwachsene (Eltern, Lehrer, Passanten) ein solches Verhalten regelmäßig - nachvollziehbar - als nicht hinnehmbare gravierende Belästigung empfinden werden. Es steht danach außer Frage, dass das Verhalten, dessen Verhütung die angefochtene Verfügung bezweckt, als grob ungehörige Handlung einzustufen ist, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen und mithin die objektiven Voraussetzungen des § 118 Abs. 1 OWiG erfüllt.
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Die Beklagte hat hinsichtlich der Regelung zur Bekleidungsverpflichtung auch das ihr zukommende Ermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt und insbesondere das Übermaßverbot (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) beachtet, da die Maßnahme räumlich auf die Schulen, die in der Nähe der Wohnung des Klägers liegen, beschränkt wurde und die Anordnung auf zwei Jahre befristet wurde.
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Weiter ist hier darauf hinzuweisen, dass allerdings nicht zweifelsfrei erscheint, ob das klägerische Verhalten wegen seiner potentiellen Auswirkungen auf die Befindlichkeit davon betroffener Kinder auch die Wertung rechtfertigt, dass hierdurch die konkrete Gefahr einer Gesundheitsgefährdung herbeigeführt würde und folglich nicht nur die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG i.V.m. § 118 Abs. 1 OWiG vorliegen, sondern auch jene der Nr. 3 der Bestimmung, wovon die Beklagte ausgegangen ist. Eine Ermessensfehlerhaftigkeit der Verfügung wäre, wollte man dies verneinen, gleichwohl nicht anzunehmen, da die Ausführungen in den Bescheidsgründen dazu, dass das Vorgehen zur Verhütung von Ordnungswidrigkeiten nach § 118 Abs. 1 OWiG sachgerecht erscheint, die Verfügung selbständig tragen und nichts dafür ersichtlich ist, dass die Beklagte hiervon Abstand genommen hätte, wenn sie hinsichtlich der Frage möglicher (über bloße Befindlichkeitsstörungen und Belästigungen hinausgehender) Gesundheitsgefährdungen den Sachverhalt anders beurteilt hätte (zur Frage, unter welchen Voraussetzungen von einer Bedrohung der Gesundheit i.S.v. Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG auszugehen ist, vgl. Holzner in: BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht in Bayern, Art. 7 LStVG Rn. 43 und Art. 11 PAG Rn. 124).
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Das Gericht sieht hinsichtlich der rechtlichen Würdigung der Regelung in Nr. 1 des Bescheidtenors von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist hierzu ergänzend auf die Bescheidsgründe, denen es folgt, mit der Maßgabe, dass sich der Verweis auf die Ausführungen zu den tatbestandlichen Voraussetzungen und die Ermessenserwägungen, soweit die Maßnahme auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG i.V.m. § 118 OWiG gestützt wird, beschränkt (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO).
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2. Erfolg hat die Klage hinsichtlich des in Nr. 3 des Bescheidtenors angedrohten Zwangsgeldes.
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Nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz - VwZVG - ist bei der Androhung von Zwangsmitteln für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb welcher dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zuzumuten ist. Über die Länge der Frist ist nach Ermessen zu entscheiden.
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Eine solche Frist wurde vorliegend in der Zwangsmittelandrohung nicht ausdrücklich bestimmt. Allerdings kann aus dem Umstand, dass nach der Regelung in Nr. 1 des Bescheides der Bekleidungsverpflichtung ab Zustellung des Bescheides nachzukommen ist und die Zwangsmittelandrohung hierauf Bezug nimmt, geschlossen werden, dass in der Sache eine sog. Nullfrist gesetzt werden sollte. Eine solche Regelung kann je nach den Umständen des Einzelfalles durchaus zulässig sein, wenn es geboten erscheint, die umgehende Umsetzung der angeordneten Verpflichtung auch mittels einer hierauf gerade durch die Nullfrist hinwirkenden Zwangsgeldandrohung sicherzustellen. Zu beachten ist bei der Entscheidung über die Fristbestimmung aber auch, dass hierbei nicht allein das Interesse an der Schleunigkeit der Ausführung in Rechnung zu stellen, sondern auch zu berücksichtigen ist, dass jedenfalls im Regelfall die Frist so bemessen sein soll, dass es dem Pflichtigen möglich ist, vor deren Ablauf ggf. noch um Rechtsschutz nachzusuchen (vgl. BVerwG, U.v. 2.9.1963 - I C 142/59 - NJW 1964, 314; Lemke in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021; § 13 VwVG Rn. 10 f.). Soll eine Frist gesetzt werden, bei der dies nicht gewährleistet ist, bedarf es daher der Darlegung der Umstände, die ein Zurücktreten dieses Belangs nach den Gegebenheiten des Einzelfalls rechtfertigen.
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Den Bescheidsgründen lässt sich nicht entnehmen, dass die Beklagte hierzu Erwägungen angestellt hätte. Es kann folglich nicht festgestellt werden, dass die Setzung der Nullfrist ermessensfehlerfrei erfolgt ist. Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass die Zwangsmittelandrohung rechtswidrig ist und den Kläger auch in seinen Rechten verletzt. Die Regelung war daher antragsgemäß aufzuheben.
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4. Infolge der Aufhebung der Zwangsmittelandrohung kann auch die Festsetzung der Bescheidsgebühr von … Euro (Tenor Nr. 4 Satz 2 des Bescheides) keinen Bestand haben.
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Für eine Zwangsmittelandrohung, die mit dem Grundverwaltungsakt verbunden ist, werden keine gesonderten Gebühren festgesetzt. Die entsprechende Amtshandlung ist vielmehr mit der Gebühr für den Grundverwaltungsakt mit abzugelten (vgl. Rott/Stengel, Verwaltungskostenrecht in Bayern, Stand: Juli 2019, Erl. zu Nr. 1.I.8.1 des Kostenverzeichnisses - KVz). Es ist mithin davon auszugehen, dass bei der nach Ermessen zu bestimmenden Höhe der Bescheidsgebühr - hier nach Nr. 2.II.1.1 KVz, die einen Gebührenrahmen zwischen 15 und 600 Euro vorsieht - anteilig auch die Zwangsmittelandrohung wertmäßig in Ansatz gebracht wurde. Da es sich bei der Bemessung der Gebührenhöhe im vorliegenden Fall um eine einheitliche Ermessensentscheidung handelt, folgt aus der Aufhebung der Zwangmittelandrohung daher notwendig auch die Aufhebung der Gebührenfestsetzung.
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5. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die Kostengrundentscheidung (Tenor Nr. 4 Satz 1 des Bescheides) ungeachtet der teilweisen Aufhebung des Bescheides nicht zu beanstanden ist. Der Kläger hat als Veranlasser der Amtshandlung hinsichtlich der Regelung in Nr. 1 des Bescheides die Kosten des Verfahrens zu tragen (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Kostengesetz - KG). Die Aufhebung der Gebührenfestsetzung berührt auch nicht die Zulässigkeit der Anforderung der Auslagen für die Bescheidszustellung (vgl. Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG). Auch hinsichtlich dieser beiden Regelungen war die Klage somit abzuweisen.
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6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.