Titel:
Klage unzulässig, Klage nicht statthaft, Aufhebung des angefochtenen Bescheids
Normenkette:
VwGO § 42 Abs. 1
Schlagworte:
Klage unzulässig, Klage nicht statthaft, Aufhebung des angefochtenen Bescheids
Fundstelle:
BeckRS 2022, 24353
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Niederschlagswassergebühren durch den Beklagten.
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Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks H.weg 34a in … (Fl.Nr. …, Gemarkung …). Für dieses Grundstück zog der Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 31. Juli 2018 zu Niederschlagswassergebühren in Höhe von insgesamt 506,35 EUR für den Zeitraum vom 1. März 2016 bis 31. Dezember 2018 heran.
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Der Kläger erhob mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 4. August 2018, eingegangen bei dem Beklagten am 7. August 2018, Widerspruch gegen diesen Bescheid.
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Mit Bescheid vom „31. Juli 2018“, der nach dem Vortrag des Beklagten EDVbedingt als Erlassdatum den 31. Juli 2018 trägt, tatsächlich aber erst zu einem späteren Zeitpunkt erlassen und dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde am 2. November 2019 zugestellt wurde, wurde der Gebührenbescheid vom 31. Juli 2018 aufgehoben.
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Nach Nichtabhilfe und Vorlage des Widerspruchs bei der Widerspruchsbehörde wies die Regierung von Oberbayern mit Bescheid vom 19. Juni 2020, zugestellt am 20. Juni 2020, den Widerspruch (mangels Kenntnis des Aufhebungsbescheids als unbegründet) zurück.
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Der Kläger hat mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 8. Juli 2020, eingegangen bei dem Verwaltungsgericht München am 20. Juli 2020, Klage erhoben und beantragt,
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Der Gebührenbescheid Niederschlagswasser des Beklagten vom 31. Juli 2018 für das Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung …, H.weg 34a in … in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 19. Juni 2020 wird aufgehoben.
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Zur Begründung wird vorgetragen, der streitgegenständliche Gebührenbescheid sei am 31. Juli 2018 und der diesem zugrunde liegende Flächenfeststellungsbescheid am 30. Oktober 2019 aufgehoben worden. Da dem Widerspruchsbescheid die Rechtsgrundlage sowohl eines Flächenfeststellungs- als auch eines Gebührenbescheids fehle, sei der Widerspruchsbescheid aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 18. August 2020:
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Die Klage wird abgewiesen.
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Die erhobene Anfechtungsklage sei mangels Statthaftigkeit unzulässig, da der angegriffene Gebührenbescheid aufgehoben worden sei.
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Hierauf hat der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsätzen vom 24. August und 17. September 2020 repliziert, dass die Anfechtungsklage zulässig sei, da der Widerspruchsbescheid einen anfechtbaren Verwaltungsakt darstelle.
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Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2022 hat das Gericht auf die Unzulässigkeit der Klage hingewiesen. Hierzu hat die Klagepartei mit Schreiben vom 9. März 2022 Stellung genommen: Durch den Erlass des Widerspruchsbescheids sei der ursprüngliche Gebührenbescheid wieder aufgelebt. Dieser sei daher anfechtbar.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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1. Über die Klage kann trotz Ausbleibens der Klagepartei in der mündlichen Verhandlung gemäß § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entschieden werden. Der Bevollmächtigte des Klägers ist ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 23. Mai 2022 ordnungsgemäß zum Termin geladen worden. Mit der Ladung ist auf die Folgen des Ausbleibens hingewiesen worden. Da der Bevollmächtigte des Klägers in seinem unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung gestellten Terminsaufhebungsgesuch erhebliche Gründe weder substantiiert geltend gemacht noch nachgewiesen hat, war der Termin auch nicht aufzuheben (vgl. hierzu die ablehnende Vorsitzendenverfügung in der mündlichen Verhandlung).
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2. Die Klage gegen den Niederschlagswassergebührenbescheid des Beklagten vom 31. Juli 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 19. Juni 2020 hat keinen Erfolg, da sie unzulässig ist.
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Die Anfechtungsklage ist nicht statthaft (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO), da der angefochtene Gebührenbescheid vom 31. Juli 2018 mit Bescheid des Beklagten vom „31. Juli 2018“, der nach dem Vortrag des Beklagten mit Schriftsatz vom 18. August 2020 EDVbedingt als Erlassdatum den 31. Juli 2018 trägt, tatsächlich aber erst zu einem späteren Zeitpunkt erlassen und ausweislich der Postzustellungsurkunde am 2. November 2019 zugestellt wurde, aufgehoben worden ist. Aufgrund dessen ist der den Kläger ursprünglich belastende Gebührenbescheid nicht mehr wirksam. Er hat sich (bereits vor Klageerhebung) erledigt (Art. 43 Abs. 2 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz). Die Beschwer des Klägers ist daher weggefallen.
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Auch der Vortrag des Klägerbevollmächtigten, der Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 19. Juni 2020 sei ein anfechtbarer Verwaltungsakt, kann der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Abgesehen davon, dass eine isolierte Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid nicht erhoben worden ist, ist eine eigenständige Beschwer durch diesen weder behauptet worden noch ersichtlich (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Jedenfalls ist der Widerspruchsbescheid im Ergebnis zutreffend, auch wenn der Widerspruchsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung der Aufhebungsbescheid vom „31. Juli 2018“ nicht vorlag. Denn aufgrund der Aufhebung des angefochtenen Gebührenbescheids wäre der Widerspruch ebenso zurückzuweisen gewesen, jedoch nicht - wie geschehen - als unbegründet, sondern - wie bereits dargelegt - als unzulässig.
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Entgegen der Rechtsauffassung des Klägerbevollmächtigten ist durch den Erlass des Widerspruchsbescheids der ursprüngliche Gebührenbescheid vom 31. Juli 2018 auch nicht wieder aufgelebt.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung fußt auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.