Titel:
erfolgloses Asylbegehren (Tunesien)
Normenketten:
AsylG § 4, § 78 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 S. 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
Leitsätze:
1. Wendet sich der Kläger mit seinen Einwendungen in der Sache im Gewand einer Grundsatzrüge ausschließlich gegen die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, stellt dies keinen im Asylverfahren vorgesehenen Zulassungsgrund dar. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Parallelverfahren BeckRS 2022, 23715 (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asylsuchender aus Tunesien, Antrag auf Zulassung der Berufung (abgelehnt), grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (nicht dargelegt), subsidiärer Schutz, Abschiebungsverbot
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 14.06.2022 – M 26a K 19.32548
Fundstelle:
BeckRS 2022, 23715
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Gründe
1
Der Kläger - nach eigenen Angaben ein tunesischer Staatsangehöriger - wendet sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 5. Juli 2019, mit dem sein Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt wurde, ihm die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wurden, ferner festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, und die Abschiebung nach Tunesien oder einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht wurde. Der Kläger ließ hiergegen Klage beim Verwaltungsgericht München erheben. Mit Urteil vom 14. Juni 2022 stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren ein, soweit die Klage zurückgenommen wurde, und wies die Klage mit den zuletzt gestellten Anträgen, die Beklagte unter (teilweiser) Aufhebung des Bescheids vom 5. Juli 2019 zu verpflichten, dem Kläger den subsidiären Schutz zuzuerkennen, sowie hilfsweise festzustellen, dass bei ihm die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen, ab. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakten Bezug genommen.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der vom Kläger ausschließlich geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor bzw. ist nicht gemäß den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG substantiiert dargelegt worden.
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Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht. Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit und der Entscheidungserheblichkeit muss hinreichend substantiiert dargetan werden, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als nach den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zu entscheiden sein könnte (vgl. BayVGH, B.v. 8.12.2021 - 15 ZB 21.31689 - juris Rn. 4 m.w.N.; B.v. 16.3.2022 - 15 ZB 22.30278 - juris Rn. 17). Eine Grundsatzrüge, die sich auf tatsächliche Verhältnisse stützt, erfordert überdies die Angabe konkreter Anhaltspunkte dafür, dass die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen etwa im Hinblick auf hierzu vorliegende gegensätzliche Auskünfte oder abweichende Rechtsprechung einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich sind. Insoweit ist es Aufgabe des Rechtsmittelführers, durch die Benennung von bestimmten begründeten Informationen, Auskünften, Presseberichten oder sonstigen Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Bewertungen in der Zulassungsschrift zutreffend sind, so dass es zur Klärung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf (BayVGH, B.v. 16.3.2022 a.a.O.; SächsOVG, B.v. 15.9.2021 - 6 A 1078/19 A - juris Rn. 3 m.w.N.).
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Diese Darlegungsanforderungen erfüllt die Antragsbegründung nicht. Der Kläger formuliert schon keine konkrete Frage, derentwegen der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Vielmehr beschränkt sich sein Vortrag darauf, warum das Verwaltungsgericht aus seiner Sicht unrichtig entschieden habe.
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Soweit der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass für ihn die konkrete Gefahr bestehe, dass er im Falle der Rückkehr nach Tunesien einen ernsthaften Schaden erleiden werde, weil er aufgrund massiver psychischer Beeinträchtigungen, die er aufgrund der Behandlung durch seinen Vater erlebt habe, derart geprägt und belastet sei, dass im Falle der Rückkehr in das Land seiner Pein der Aufbau eines normalen Lebens nicht möglich sei, wird auch in der Sache nicht herausgearbeitet, inwiefern bei diesem individuell geprägten Sachverhalt Rechtsfragen mit über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung eine Rolle spielen könnten. Dasselbe gilt für die weitergehende Rüge, dass das Erstgericht übersehen habe, dass sein Vater anlässlich des Verschwindens seiner Söhne deutlich gemacht habe, diese im Falle ihrer Rückkehr zu finden, sodass die Erwägung im angegriffenen Urteil, wonach er - der Kläger - nun erwachsen sei und er sich über Hilfsangebote helfen lassen könne, nicht schlüssig sei.
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Soweit der Kläger die erstinstanzliche Entscheidung dahingehend kritisiert, dass das Sozialsystem in Tunesien und der Arbeitsmarkt dort davon geprägt seien, dass man als Einstellungsreferenz grundsätzlich seine familiäre Abstammung in Bezug nehme und nicht allein darauf abstelle, welche Ausbildungsziele ein Bewerber erreicht habe, und dass ihm somit ohne Bezug auf die eigene Familie der Arbeitsmarkt verschlossen bleibe, fehlt es zudem an einer hinreichenden sachlichen Auseinandersetzung mit den weiteren Erwägungen des Erstgerichts und dem von diesem in Bezug genommenen Erkenntnisquellen (vgl. im Einzelnen UA S. 9 f., 11 f.) und damit an einer hinreichend substantiierten Darlegung, warum die Rechtssache im Berufungsverfahren anders als nach den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zu entscheiden sein könnte.
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Mit seinen Einwendungen wendet sich der Kläger in der Sache mithin im Gewand einer Grundsatzrüge ausschließlich gegen die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, was aber keinen im Asylverfahren vorgesehenen Zulassungsgrund darstellt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).