Inhalt

VGH München, Beschluss v. 07.09.2022 – 10 ZB 22.831
Titel:

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag

Normenketten:
ZPO § 224 Abs. 2
VwGO § 56 Abs. 2, § 57 Abs. 2, § 124a Abs. 4 S. 4
Leitsatz:
Bei der zweimonatigen Frist des § 124a Abs. 4 S. 4 VwGO handelt es sich um eine gesetzliche Frist, die nicht verlängerbar ist. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antrag auf Zulassung der Berufung, Begründungsfrist, Säumnis, Gerichtsbescheid, Berufungszulassung, Verlängerung, gesetzliche Frist
Vorinstanz:
VG München, Gerichtsbescheid vom 21.02.2022 – M 24 K 21.2584
Fundstelle:
BeckRS 2022, 23700

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf EUR 5.000,-- festgesetzt.

Gründe

1
1. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung vom 22. März 2022 gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts vom 21. Februar 2022 (M 24 K 21.2584) ist mangels fristgerechter Einreichung der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung unzulässig.
2
a) Wird die Berufung nicht in der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist gemäß § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung der vollständigen Entscheidung zu beantragen und gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der vollständigen Entscheidung zu begründen. So liegt der Fall hier. Das Verwaltungsgericht hat in dem streitbefangenen Gerichtsbescheid die Berufung nicht zugelassen.
3
Ausweislich des bei den Gerichtsakten befindlichen Empfangsbekenntnisses ist der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Gerichtsbescheid dem Kläger am 1. März 2022 gemäß § 56 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO zugestellt worden (vgl. GA S. 12 u. VG München, Gerichtsakte, Bl. 75). Die zweimonatige Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO für die Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung ist damit gemäß § 57 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 222 Abs. 1 und 2 ZPO sowie §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 2. Mai 2022 verstrichen. Bis dahin ging bei dem Verwaltungsgerichtshof keine Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung ein. Eine solche hat die Klägerseite lediglich in dem Antrag vom 22. März 2022 angekündigt (vgl. Senatsakte, Bl. 2).
4
b) An der festgestellten Verfristung ändert auch der Umstand nichts, dass der Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 20. April 2022 beantragt hat, die Begründungsfrist bis zum 15. Mai 2022 zu verlängern. Bei der zweimonatigen Frist des § 84 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO in Verbindung mit § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO handelt es sich um eine gesetzliche Frist im Sinne von § 57 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 224 Abs. 2 ZPO, die nicht verlängerbar ist, da das Gesetz keine Verlängerung vorsieht (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.2012 - 10 ZB 11.2431 - juris Rn. 1; stellvertretend für das Schrifttum: Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 38 m.w.N.). Darauf hat der Senat die Klägerseite auch mit Schreiben vom 22. April 2022 hingewiesen.
5
Die Begründungsfrist ging zudem ohne Weiteres aus der, wie bereits erörtert, ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung in dem Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts hervor. Einer Belehrung darüber, dass eine Begründungfrist nicht verlängert werden kann, bedarf es nicht (vgl. BayVGH, B.v. 25.3.2004 - 12 CS 04.554 - juris Rn. 5).
6
c) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht, weil die Klägerseite die Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht unverschuldet versäumt hat.
7
Die Wahrung der prozessualen Fristen ist eine der wesentlichen Aufgaben eines Bevollmächtigten, der er seine besondere Sorgfalt widmen muss. Dazu gehört die Kenntnis der insoweit einschlägigen Rechtsprechung, insbesondere wenn sie in einschlägigen Kommentierungen nachgewiesen ist (s.o.). Die Rechtsunkenntnis, dass es unmöglich ist, die gesetzliche Begründungsfrist zu verlängern, kann die Fristversäumnis daher nicht entschuldigen. Das Verschulden des Bevollmächtigten muss sich die Klägerin wie eigenes Verschulden nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl. 2022, § 60 Rn. 20). Die Klägerseite hat im Übrigen auch im Anschluss an das über den Rechtsirrtum aufklärende Schreiben des Senats nicht alles dafür getan, um den Antrag auf Zulassung der Berufung fristgemäß zu begründen.
8
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
9
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 GKG sowie § 52 Abs. 2 GKG.
10
4. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig.