Inhalt

VGH München, Beschluss v. 05.09.2022 – 10 C 22.1729
Titel:

keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei mangelnder Glaubhaftmachung

Normenketten:
VwGO § 166 Abs. 1 S. 1
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1
Leitsatz:
Die vage und unsubstantiierte Behauptung über eine Äußerung einer nicht näher bezeichneten Bediensteten einer JVA über die Einhaltung der Klagefrist vermag keine unverschuldete Säumnis zu begründen und ist daher nicht im Sinne von § 60 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO dargelegt und glaubhaft gemacht. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beschwerde, Prozesskostenhilfe, Ausweisung, Klagefrist, Säumnis, Wiedereinsetzung, Verschulden, Glaubhaftmachung
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 13.06.2022 – Au 1 K 22.1064
Fundstelle:
BeckRS 2022, 23692

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

1
Der Kläger, nach eigenen Angaben ein gambischer Staatsangehöriger, wendet sich mit seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 13. Juni 2022, mit dem dieses seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe - unter Beiordnung seines Bevollmächtigten für seine Klage gegen die mit Bescheid der Beklagten vom 17. März 2022 verfügte Ausweisung abgelehnt hat.
2
1. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil das Verwaltungsgericht den genannten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht unter Verweis auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Klage nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO abgelehnt hat.
3
a) Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dies ist der Fall, wenn der vorgetragene Rechtsstandpunkt der um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Partei bei summarischer Prüfung wenigstens vertretbar erscheint und die Möglichkeit der Beweisführung besteht (vgl. Reichling in Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, 45. Aufl., Stand: 1.7.2022, § 114 Rn. 28 m.w.N.).
4
b) Gemessen daran ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat.
5
aa) Der Senat verweist hierbei zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die Gründe des angegriffenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts.
6
bb) Im Übrigen ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht eine Wiedereinsetzung nach § 60 VwGO in die versäumte Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO wegen Verschuldens abgelehnt hat. Das Verwaltungsgericht hat den Vortrag der Klägerseite, eine Bedienstete der JVA habe dem Kläger erklärt, er könne die Klage nach seiner Entlassung über einen Rechtsanwalt erheben, als vage und unsubstantiiert erachtet. Dabei hat es insbesondere moniert, dass die Klägerseite die Person, welche diese Aussage getätigt haben soll, und auch den Kontext, in dem sie gefallen sein soll, nicht näher erläutert hat. Des Weiteren hat es darauf abgestellt, dass der Kläger trotz Sprachbarriere in der Lage gewesen war, zuvor im Anhörungsverfahren für die beabsichtigte Ausweisung aus der Justizvollzugsanstalt heraus frist- und sachgerecht eine Stellungnahme abzugeben, dass er den Erhalt des Urteils des Verwaltungsgerichts persönlich mit seiner Unterschrift quittiert hatte, was eine herausgehobene Bedeutung indiziert, dass er in der Vergangenheit bereits zwei Klageverfahren im Bundesgebiet durchlaufen und daher Kenntnis von dem Verfahren hatte und in der gerichtlichen Praxis eine Vielzahl von Klagen aus der Haft heraus eingereicht werden (vgl. BA S. 5 f.). Diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts sind in der Sache überzeugend. Die Klägerseite hat demgegenüber, obwohl das Verwaltungsgericht die Lücken aufgezeigt hat, ihr Vorbringen auch im Beschwerdeverfahren nicht weiter konkretisiert (vgl. Senatsakte, Bl. 20: „Er wandte sich deshalb an eine ihm namentlich nicht (mehr) bekannte Mitarbeiterin der JVA“). Eine unverschuldete Säumnis ist daher nicht im Sinne von § 60 Abs. 1 und 2 VwGO dargelegt und glaubhaft gemacht.
7
2. Aus den vorgenannten Gründen scheidet auch eine Beiordnung des Bevollmächtigten nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 ZPO aus.
8
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Anders als das Prozesskostenhilfeverfahren erster Instanz ist das Beschwerdeverfahren in Prozesskostenhilfesachen kostenpflichtig. Eine Streitwertfestsetzung ist entbehrlich, weil gemäß Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG eine Festgebühr anfällt. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet.
9
3. Diese Entscheidung ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.