Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 28.07.2022 – AN 4 K 19.31257
Titel:

Sambia, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, Homosexualität

Normenkette:
AsylG § 3 Abs. 1
Schlagworte:
Sambia, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, Homosexualität
Fundstelle:
BeckRS 2022, 23338

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 13. November 2019 verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und ihn als Asylberechtigten anzuerkennen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% der jeweils zu vollstreckenden Kosten leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger, nach eigenen Angaben sambischer Staatsangehöriger, dem Volke der Bemba zugehörig und christlich-katholischen Glaubens, reiste nach eigenen Angaben am 20. August 2019 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 24. September 2019 einen Asylantrag.
2
In der persönlichen Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 9. Oktober 2019 trug der Kläger im Wesentlichen vor, dass er 2015 von Sambia über Simbabwe nach Südafrika gereist sei und sich dort bis 2019 aufgehalten habe. In Sambia habe er noch seine Eltern, drei Schwestern, zwei Brüder, drei Onkel und zwei Tanten. Er habe 12 Jahre die Schule besucht und drei Jahre ein duales Studium im Bereich Elektronik und industrielle Elektronik gemacht.
3
Nach seinen Asylgründen befragt führte der Kläger aus, dass er homosexuell sei. Der Bruder des Klägers habe einen Laden mit Elektrogeräten gehabt, in dem der Kläger arbeiten sollte. Der Lieferant der Waren sei ein homosexueller Mann gewesen. Der Kläger habe angefangen, ihn zu daten. Die Leute hätten es gemerkt und herausfinden wollen, was zwischen ihnen los sei. Deswegen habe sich der Kläger dazu entschlossen, nach Südafrika zu gehen. Dort habe er angefangen zu studieren. In Sambia habe der Kläger wegen seiner Situation nicht länger bleiben können. Er habe nicht frei leben und sich nicht frei ausdrücken können. Seine Familie und die Gemeinde hätten es auch nicht akzeptiert. Denen habe die Lebensweise des Klägers nicht gefallen, weshalb er weggemusst habe.
4
Danach gefragt, wann ihm seine sexuelle Orientierung bewusst geworden sei, erklärte der Kläger, dass er sich nach Beendigung des Gymnasiums mit diesem Mann getroffen habe. Der Kläger habe gemerkt, dass er sehr an ihm hänge. Der Mann habe einen sehr femininen Charakter gehabt, viele Leute hätten ihn deshalb gemieden. Der Kläger habe mit ihm geredet und ihn besser kennen lernen wollen. Sie hätten geredet und eins hätte zum nächsten geführt. Die Leute hätten viele Fragen gestellt, warum der Kläger sich mit ihm treffen würde und ihm so nah sei. Der Kläger habe Angst bekommen, da er in Sambia wegen des Gesetzes Schwierigkeiten deshalb bekommen könne. Der Kläger habe zunächst nicht gewusst, dass der Mann homosexuell gewesen sei. Nachdem sie ein paar Mal miteinander geredet hätten, habe der Kläger gemerkt, wie der Mann sich benehme. Auch die Leute hätten gesagt, dass der Mann homosexuell sei und irgendwann habe der Kläger sich auch gedacht, dass der Mann homosexuell sei. Der Kläger habe schon vor Kennenlernen des Mannes eine homosexuelle Neigung gehabt, aber noch nie so stark wie bei ihm. Erst als er den Mann kennengelernt habe, habe er sich sehr von ihm angezogen gefühlt. Auf die Frage, wie der Kläger seine homosexuelle Neigung ausgelebt habe, bevor er den Mann kennengelernt habe, erklärte der Kläger, dass es gegen das Gesetz gewesen sei und er es nicht öffentlich habe zeigen können. Er habe nicht in einer Beziehung sein können. Hätten die Leute es herausgefunden, wäre er in Schwierigkeiten gewesen.
5
In Südafrika habe der Kläger eine Studentenwohnung gehabt. Der Mann sei häufig geschäftlich in J. gewesen, er habe dort gelebt und sein Geschäft gehabt. Der Kläger sei dann oft zu ihm gegangen. Er habe ihn während der Semesterferien besucht und wenn er nicht mit der Uni beschäftigt gewesen sei. Danach gefragt, wie der Kläger seine Homosexualität in K. ausgelebt habe, führte der Kläger aus, dass er die ersten zwei Jahre nur studiert habe. Im dritten Jahr, einem Praxisjahr, habe er den Mann nicht mehr so oft besuchen können, da er während der Semesterferien habe arbeiten müssen. Immer wenn er frei gehabt habe, habe er ihn besucht. Der Mann heiße B. … Nachdem ein Geschäft von B. zerstört worden sei, habe B. Angst bekommen und sei weggegangen. Der Kläger habe versucht, B. anzurufen, habe ihn aber seitdem nicht mehr erreicht. Als die Leute in Sambia es bemerkt hätten, hätten sie zusammen Sambia verlassen. Jetzt könne er nicht dorthin zurückgehen.
6
Der Kläger nutze das Internet für das Ausleben homosexueller Interessen. Er chatte auf Facebook und Instagram mit Leuten, die die gleichen Gefühle wie er hätten. Andere Netzwerke für Homosexuelle nutze er derzeit nicht, da er sein Mobiltelefon verloren habe, das er immer benutzt habe. Danach gefragt, warum der Kläger mit seinem neuen Mobiltelefon keine typischen Netzwerke für Homosexuelle nutzen würde, erklärte der Kläger, dass er sich damit nicht auskenne. Wenn er solche Netzwerke finden würde, würde er sie nutzen. Danach gefragt, mit wem der Kläger in Sambia über seine Homosexualität gesprochen habe, erklärte der Kläger, dass er es in Sambia niemanden habe erzählen können. Erst in Südafrika habe er Leute kennengelernt, denen er es habe erzählen können. Darauf angesprochen, dass der Kläger zuvor ausgeführt habe, dass seine Familie und die Gemeinde es nicht akzeptiert hätten und ihnen seine Lebensweise nicht gefallen habe, was bedeute, dass die Homosexualität des Klägers in Sambia ein Thema gewesen sei, führte der Kläger aus, dass sie es nicht genau gewusst, nur vermutet hätten. Der Kläger habe dort seine Interessen aus Angst vor einer Festnahme nicht öffentlich ausleben können. Als er nach Südafrika gezogen sei, hätten sie es herausgefunden. B. sei die erste Erfahrung des Klägers gewesen. In Südafrika habe der Kläger sich mit Leuten getroffen, die die gleichen Gefühle wie er hatten, um mit ihnen zu reden. Hier sei er nicht frei, um allein rumzulaufen und habe noch niemanden getroffen. In Südafrika habe er immer noch sehr viel Druck von den Leuten bekommen. Sie hätten ihn angerufen und gefragt, warum er so viel Zeit mit B. verbracht habe und warum er weggezogen sei. Deswegen habe er nicht länger dort bleiben können.
7
In der ergänzenden Anhörung beim Bundesamt am 12. November 2019 erklärte der Kläger auf Nachfrage, dass aus seiner Familie seine Mutter von seiner Homosexualität wisse. Er habe es seiner Mutter gesagt und denke, dass sie es der Familie erzählt habe. Auf die Frage, ob er mittlerweile Kontakte im Internet zu Gleichgesinnten gesucht habe, erklärte der Kläger, dass die meisten nur Deutsch könnten und man nur mit wenigen auf Englisch chatten könne. Er übersetze es zuerst und schreibe es dann. Er benutze Instagram und „Bigo“. Dort gebe es offene Profile und er spreche mit Leuten, die sich die Live-Streams ansehen würden. Danach gefragt, wie das homosexuelle Leben in K. aussehe, führte der Kläger aus, dass es auf den Stadtteil ankomme. In Stadtteilen mit vielen schwarzen Menschen sei es schwer, in Stadtteilen mit weißen und schwarzen Menschen sei es einfacher. Es sei besser als in Sambia, aber es komme darauf an, wo man lebe und auf wen man treffe. In K. gebe es viele Menschen, die homosexuell seien. Sein Nachbar sei auch homosexuell gewesen, habe aber schon einen anderen gehabt. Es gebe Restaurants und Bars, in denen man Gleichgesinnte finden könne. Sie seien zu Orten wie McDonalds oder Kentucky Fried Chicken gegangen. In Sambia wäre es sehr schwer für den Kläger, seine Sexualität auszuleben, da es vom Gesetz her nicht erlaubt sei. Darauf angesprochen, dass der Kläger seine Homosexualität in Südafrika und Deutschland nicht ausgelebt habe, erklärte der Kläger, dass er nicht wisse, wie lange er hierbleibe. Deswegen sei es schwer. In Südafrika habe er mit seinem Nachbarn gesprochen. Sie seien als Freunde ausgegangen und hätten miteinander geredet. Sie seien zu Partys oder anderen Events gegangen. Der Kläger sei in K. auch allein in Bars für Homosexuelle gegangen. Danach gefragt, wie diese Lokalitäten hießen, erklärte der Kläger, dass es z.B. Kentucky Fried Chicken sei. Der Kläger trinke nicht und sei allgemein nicht viel ausgegangen, nur auf Partys.
8
Danach gefragt, wie er B. nähergekommen sei, erklärte der Kläger, dass sie miteinander geredet hätten. Er habe versucht, B. Selbstwertgefühl zu verbessern, da er schlecht behandelt worden sei. Über die Zeit, die sie gesprochen und gechattet hätten, habe B. ihm erzählt, dass er homosexuell sei. B. habe aus Tansania angerufen, um dem Kläger seine Gefühle für ihn zu berichten. Zuerst habe der Kläger Angst gehabt, aber nach und nach sei es ihm angenehmer gewesen. Bevor B. in sein Leben getreten sei, habe er nicht gewusst, dass er homosexuell sei. Als B. gekommen sei, seien die Gefühle aufgetreten. Auf Vorhalt, dass der Kläger bei der ersten Anhörung gesagt habe, dass er schon vor B. homosexuelle Gefühle gehabt habe, erklärte der Kläger, dass ihm aufgefallen sei, wie Menschen reagierten, wenn sie von der Homosexualität einer Person wüssten. Er habe sich in die Lage dieser Menschen versetzt und gemerkt, dass er mit Menschen, die das gleiche Geschlecht wie er hätten, etwas anfangen könne. Zu B. habe er keinen Kontakt mehr, dieser reagiere nicht auf Anrufe oder Textnachrichten. B. Shop in Südafrika sei zerstört worden. Er habe dem Kläger am Telefon davon berichtet und gesagt, dass er zurückkommen solle, wenn die Situation geregelt sei. Sie hätten die meiste Zeit über WhatsApp kommuniziert, Facebook habe B. nicht gemocht. Der Kläger fühle sich schlecht, weil er nicht wisse, was B. mache und wo er sei.
9
Mit Bescheid vom 13. November 2019, als Einschreiben zur Post gegeben am 18. November 2019, wurde dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt (Ziffer 1), der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt (Ziffer 2), der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (Ziffer 3), das Nichtvorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festgestellt (Ziffer 4), dem Kläger unter Setzung einer Ausreisefrist von 30 Tagen die Abschiebung - in erster Linie - nach Sambia angedroht (Ziffer 5) und das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6). Auf den weiteren Inhalt des Bescheides wird ergänzend Bezug genommen.
10
Der Kläger ließ am 28. November 2019 Klage erheben und beantragt,
1. unter teilweiser Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 13. November 2019, die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten gemäß Art. 16a GG, hilfsweise als Flüchtling im Sinne von § 3 AsylG anzuerkennen,
2. äußerst hilfsweise unter teilweiser Aufhebung des vorbezeichneten Bescheids die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus im Sinne von § 4 AsylG zuzuerkennen,
3. weiter hilfsweise unter teilweiser Aufhebung des angeführten Bescheids die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass im Hinblick auf den Kläger in Bezug auf eine Abschiebung nach Sambia einer solchen Hindernisse im Sinne von § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG entgegenstehen
4. die Beklagte zu verpflichten, das im angefochtenen Bescheid festgesetzte Einreise- und Aufenthaltsverbot vollumfänglich aufzuheben.
11
Zur Klagebegründung führt der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Wesentlichen aus, dass der Kläger im Verwaltungsverfahren glaubhaft ausgeführt habe, homosexuell veranlagt zu sein und mit dem Lieferanten seines Bruders eine Beziehung begonnen zu haben. Da die Familie und Kirchengemeinde misstrauisch geworden sei und der Kläger Angst vor einer Entdeckung und Gefängnisstrafe gehabt habe, sei er im November 2015 nach Südafrika geflüchtet. Von Südafrika aus habe er seine Mutter über seine Veranlagung informiert, die jedoch nicht bereit gewesen sei, diese zu akzeptieren. In Südafrika habe der Kläger seine Beziehung zu B. fortgesetzt. Der Kläger habe auch mehrfach Kontakt zu anderen Homosexuellen gehabt und sei Gast bei einschlägigen Partys gewesen. Freunde und Verwandte hätten den Kläger auch in Südafrika angerufen und vorgeworfen, zu viel Zeit mit B. zu verbringen. Da sich der Kläger beim Ausleben seiner sexuellen Neigung auch in Südafrika nicht sicher gefühlt habe, sei er im August 2019 nach Deutschland geflohen. Der Kläger sei sich nach anfänglichem Zögern nunmehr seiner homosexuellen Veranlagung sicher und wolle diese auch zukünftig ausleben. Dem Kläger drohe im Fall einer Rückkehr nach Sambia Verfolgung durch den sambischen Staat und private Dritte, da Homosexualität in Sambia als unnormal empfunden werde und regelmäßig strafrechtlich geahndet werde. Homosexuelle Handlungen seien in Sambia nach Kapitel 87 der §§ 155-157 des Strafgesetzbuches strafbar. LGBT-Communities bestünden in Sambia nicht. Dem Kläger drohe im Fall einer Rückkehr konkret eine Anklage wegen ausgelebter Homosexualität und eine Verurteilung zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe unter menschenunwürdigen Bedingungen, sodass eine staatliche Verfolgung vorliege. Jedenfalls bestehe für den Kläger aber die ernsthafte Gefahr der Verfolgung, Misshandlung und Ermordung durch private Dritte wegen seiner Neigung. Eine inländische Fluchtalternative bestehe nicht. Weiter drohe dem Kläger konkret wegen seiner Neigung von seiner Familie verstoßen zu werden und zu verelenden, sodass auch ein Abschiebungshindernis festzustellen sei.
12
Mit Schriftsatz vom 9. März 2021 legte der Klägervertreter den Ausdruck einer englischsprachigen WhatsApp-Nachricht des Bruders des Klägers vom 1. Februar 2021 vor, aus der hervorgehe, dass die Familie die sexuelle Orientierung des Klägers ablehne und als Schande für die Familie empfinde. Mit weiterem Schriftsatz vom 2. September 2021 übersandte der Klägervertreter neun Lichtbilder, die den Kläger auf der Veranstaltung zum Christopher-Street-Day am … 2021 in … vor dem … zeigen sollen.
13
Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2019,
die Klage wird abgewiesen.
14
Zur Begründung bezog sie sich auf den angefochtenen Bescheid.
15
Mit Beschluss der Kammer vom 27. Mai 2022 ist der Rechtsstreit der Berichterstatterin zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen worden. In der mündlichen Verhandlung am 28. Juli 2022 machte der Kläger auf zahlreiche Nachfragen umfangreiche Ausführungen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte sowie die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 2022 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16
Über die Klage konnte trotz Ausbleibens der Beklagten verhandelt und entschieden werden, da sie hierauf bei der Ladung hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
17
I. Die zulässige Klage ist begründet.
18
Der angefochtene Bescheid des Bundesamts ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5, Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (1.) und auf die Anerkennung als Asylberechtigter (2.).
19
1. Der Kläger hat Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 4, Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG.
20
a) Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen.
21
Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten die in § 3a Abs. 1 AsylG genannten Handlungen. Die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Verfolgungsgründe werden in § 3b Abs. 1 AsylG konkretisiert. Zwischen den Verfolgungsgründen und den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylG). Die Verfolgung kann ausgehen (Nr. 1) von dem Staat, (Nr. 2) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder (Nr. 3) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c AsylG). Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).
22
Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG) oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Zu den Rechten, von denen nach Art. 15 Abs. 2 EMRK in keinem Fall abgewichen werden darf, gehört Art. 3 EMRK, der Folter und unmenschliche oder erniedrigende Strafen und Behandlungen verbietet. Eine Behandlung ist unmenschlich, wenn sie vorsätzlich und ohne Unterbrechung über Stunden zugefügt wird und entweder körperliche Verletzungen oder intensives physisches oder psychisches Leid verursacht; sie ist erniedrigend, wenn sie eine Person demütigt oder erniedrigt, es an Achtung für ihre Menschenwürde fehlen lässt oder sie herabsetzt oder in ihr Gefühle der Angst, Beklemmung oder Unterlegenheit erweckt, geeignet, den moralischen oder körperlichen Widerstand zu brechen (EGMR, U.v. 21.1.2011 - 30696/09 - M.S.S./Belgien u. Griechenland - NVwZ 2011, 413 Rn. 220). Um unter Art. 3 EMRK zu fallen, muss die Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen, das unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Falles zu beurteilen ist, wie der Dauer der Behandlung, ihrer physischen und psychischen Auswirkungen sowie, in manchen Fällen, des Geschlechts, des Alters und des Gesundheitszustands der Person (EuGH, U.v. 15.10.2019 - C-128/18 - juris Rn. 59).
23
Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer bei einer hypothetisch zu unterstellenden Rückkehr die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Die beachtliche Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine individuelle Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegensprechenden Tatsachen überwiegen. Diese Würdigung ist auf der Grundlage einer „qualifizierenden“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung vorzunehmen. Entscheidend ist, ob in Anbetracht der Gesamtumstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 4.7.2019 - 1 C 33.18 - juris Rn. 15; U.v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67 - juris Rn. 32). Bei der Abwägung aller Umstände ist die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in die Betrachtung einzubeziehen. Besteht bei quantitativer Betrachtungsweise nur eine geringe mathematische Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung, macht es auch aus der Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen erheblichen Unterschied, ob er z.B. lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber die Todesstrafe riskiert. Maßgebend ist damit letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit; sie bildet das vorrangige qualitative Kriterium, das bei der Beurteilung anzulegen ist, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr „beachtlich“ ist (BVerwG, U.v. 4.7.2019 - 1 C 33.18 - juris Rn. 15; B.v. 7.2.2008 - 10 C 33.07 - juris Rn. 37).
24
Dieser Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit gilt unabhängig von der Frage, ob der Antragsteller vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. Vorverfolgte werden nicht über einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab, sondern über die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 privilegiert (BVerwG, U.v. 4.7.2019 - 1 C 33.18 - juris Rn. 17). Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde bzw. von solcher Verfolgung unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung bedroht wird. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigen Antragsteller eine widerlegbare tatsächliche Vermutung dafür, dass sie erneut von einer solchen Verfolgung bedroht sind (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 - juris Rn. 20).
25
Das Gericht trifft seine Entscheidung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnen Überzeugung. Auch in Asylstreitsachen muss das Gericht sich die für seine Entscheidung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gebotene Überzeugungsgewissheit dergestalt verschafft haben, dass es die volle Überzeugung von der Wahrheit und nicht etwa nur von der Wahrscheinlichkeit des vom Kläger behaupteten individuellen Schicksals erlangt hat. Das Gericht darf keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit verlangen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, auch wenn sie nicht völlig auszuschließen sind. Dem persönlichen Vorbringen des Klägers und dessen Würdigung kommt gesteigerte Bedeutung zu. Zur Asylanerkennung kann schon allein der Tatsachenvortrag des Asylsuchenden führen, sofern seine Behauptungen unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände in dem Sinne „glaubhaft“ sind, dass sich das Tatsachengericht von ihrer Wahrheit überzeugen kann (BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 - juris Rn. 16; VGH BW, U.v. 12.10.2018 - A 11 S 316/17 - juris Rn. 38 f.).
26
Der Asylsuchende hat aufgrund seiner Mitwirkungspflicht die Gründe für seine Furcht vor Verfolgung schlüssig vorzutragen. Er muss unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich - als wahr unterstellt - ergibt, dass er bei verständiger Würdigung die Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten hat. Hierzu gehört, dass er zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u. a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Asylsuchenden berücksichtigt werden. Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann dem Schutzsuchenden aber nur geglaubt werden, wenn die Widersprüche und Ungereimtheiten überzeugend aufgelöst werden (BVerwG, B.v. 19.10.2001 - 1 B 24.01 - juris Rn. 5; U.v. 24.3.1987 - 9 C 321.85 - juris Rn. 9; OVG NW, U.v. 29.10.2020 - 9 A 1980/17.A - juris Rn. 36; BayVGH, B.v. 11.1.2019 - 13a ZB 17.31521 - juris Rn. 4; VGH BW, U.v. 12.10.2018 - A 11 S 316/17 - juris Rn. 43 f.).
27
Ausschlussgründe, wonach ein Ausländer nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, sind in § 3 Abs. 2 und 3 AsylG geregelt.
28
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen droht dem Kläger bei einer Rückkehr nach Sambia mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG.
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aa) Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung zur vollen Überzeugung der Einzelrichterin seine Homosexualität dargelegt.
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In der mündlichen Verhandlung konnte der Kläger nachvollziehbar schildern, wie er sich seiner Homosexualität im Alter von 14 oder 15 Jahren bewusst geworden ist und was er zunächst über seine homosexuelle Neigung gedacht hat. Bei der vom Kläger konkret benannten Reaktion seiner Mitschüler auf den Umstand, dass der Kläger in der Schulzeit keine Freundin hatte, handelt es sich um eine Hänselei, die Jugendlichen in diesem Alter nachvollziehbar zugetraut werden kann. Der Kläger konnte glaubhaft darlegen, welche Gefühle es in ihm ausgelöst hat, im Alter von ca. 18 Jahren in der Schule über die gesetzliche Situation Homosexueller in Sambia zu erfahren. Des Weiteren waren auch die Ausführungen des Klägers zu seiner Beziehung mit B., dem Lieferanten seines Bruders, glaubhaft. Der Kläger schilderte anschaulich, wie er B. kennengelernt und wie sich ihre Beziehung angebahnt hat. Er erklärte das anfängliche Unvermögen beider, über ihre Gefühle offen zu sprechen und schilderte, wie es letztlich zur ersten offenen Aussprache über die Gefühlslage gekommen ist und welche durchaus gemischten Emotionen dies im Kläger ausgelöst hat. Der Kläger legte überzeugend dar, dass er zunächst trotz seiner Gefühle für B. aufgrund der Situation Homosexueller in Sambia keine Beziehung wollte und sich erst nach dem Vorschlag B., nach Südafrika zu gehen, wo B. bereits gearbeitet hatte und um die bessere Lage Homosexueller wusste, auf eine Beziehung mit B. eingelassen hat. Im weiteren Verlauf konnte der Kläger die Veränderung in der Beziehung zu B. durch den Umzug nach Südafrika und das Studium des Klägers nachvollziehbar wiedergeben. Dass der Kläger und B. sich in Südafrika nur gelegentlich gesehen haben, konnte der Kläger plausibel damit erklären, dass B. in J. gearbeitet und gelebt hat, während der Kläger in K. studiert hat, da er dort einen Studienplatz für ein Elektroingenieursstudium bekommen hatte. Der Kläger verbrachte den Großteil seiner Zeit mit dem Studium, B. mit der Arbeit, sodass die beiden sich vor allem in den Semesterferien des Klägers gesehen haben. Zwischen den persönlichen Treffen hielten sie über Nachrichten und Telefonate Kontakt. Der Kläger erklärte zwar, in Südafrika durchaus sexuelles Interesse an einem Freund seines ebenfalls homosexuellen Nachbarn gehabt zu haben, in diese Richtung jedoch keine Schritte unternommen zu haben, da B. der Einzige gewesen sei, dem er vertraut und den er geliebt habe. Die Ausreise B. nach Tansania aufgrund der Zerstörung seines Geschäfts in J. und den schleichenden Kontaktabbruch seitens B., der letztlich zum Ende der Beziehung führte, schilderte der Kläger detailreich. Als Grund für die eigene Ausreise des Klägers aus Südafrika nannte der Kläger die zunehmenden fremdenfeindlichen Übergriffe von Südafrikanern auf Migranten aus anderen afrikanischen Ländern, die auch zur Zerstörung von B. Geschäft geführt hatten. Der Kläger konnte überzeugend darlegen, warum ihm vor dem Hintergrund seiner Sexualität eine Rückkehr nach Sambia unmöglich erschien und er sich für Deutschland entschieden hat. Der Kläger schilderte sichtlich emotional die Reaktion seiner Mutter und seines Bruders auf die Entdeckung der Homosexualität des Klägers und sein eigenes Unvermögen, seiner Familie die Situation so zu erläutern, dass diese Verständnis für den Kläger entwickelt könnte. Schließlich überzeugten auch die Ausführungen des Klägers zum Umgang mit seiner Homosexualität in Deutschland, vor allem im Zusammenleben mit den anderen Bewohnern der Asylbewerberunterkunft. Insgesamt konnte der Kläger die Entwicklung seiner Homosexualität schlüssig und nachvollziehbar schildern. Fragen nach seiner Gefühls- und Gedankenlage in bestimmtem Lebenssituationen konnte der Kläger stets spontan beantworten, wobei er teilweise - vor allem bei der Schilderung des Beginns der Beziehung zu B. und der ablehnenden Reaktion seiner Familie - durchaus emotional, jedoch ohne Überzeichnung reagierte.
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bb) Der Kläger hat Sambia zwar unverfolgt verlassen, da ihm vor seiner Ausreise nach Südafrika 2015 in Sambia aufgrund seiner Homosexualität nichts wiederfahren ist. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Homosexualität des Klägers in Sambia - mit Ausnahme von B. - niemandem bekannt. Es gab lediglich Gerüchte darüber, dass B. homosexuell sei, und die Familie des Klägers habe sich gefragt, warum der Kläger so viel Zeit mit B. verbringe. Zu konkreten Drohungen oder Übergriffen auf den Kläger ist es nicht gekommen. Jedoch ist davon auszugehen, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Sambia aufgrund seiner Homosexualität mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung seitens des Staates in Form einer unverhältnismäßigen und diskriminierenden Strafverfolgung (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG) droht.
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(1) Homosexuelle bilden in Sambia eine „soziale Gruppe“ im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG.
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Nach § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG gilt eine Gruppe als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn deren Mitglieder angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird; als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet. Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich diese Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern sie ihm von seinem Verfolger zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylG).
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In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist geklärt, dass die sexuelle Ausrichtung einer Person ein Merkmal darstellt, das so bedeutsam für ihre Identität ist, dass sie nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten (EuGH, U.v. 7.11.2013 - C-199/12 bis C-201/12 - juris Rn. 45). Weiter hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass das Bestehen strafrechtlicher Bestimmungen, die spezifisch Homosexuelle betreffen, die Feststellung erlaubt, dass diese Personen als eine bestimmte soziale Gruppe anzusehen sind (EuGH, U.v. 7.11.2013 - C-199/12 bis C-201/12 - juris Rn. 49). In Sambia existieren strafrechtliche Normen, die homosexuelle Handlungen unter Strafe stellen und damit spezifisch Homosexuelle betreffen. Beteiligungen an „Handlungen gegen die Ordnung der Natur“ werden mit Haftstrafen von 15 Jahren bis lebenslänglich bestraft. Eine Verurteilung wegen des geringeren Vorwurfs der groben Unanständigkeit zieht eine Strafe von bis zu 14 Jahren Haft nach sich. Damit wird einvernehmliches gleichgeschlechtliches Sexualverhalten unter Strafe gestellt (United States, Department of State, Zambia 2021 Human Rights Report, 12.4.2022, S. 29). Darüber hinaus werden Homosexuelle von der Gesellschaft als andersartig betrachtet. Aus den Erkenntnismitteln ergibt sich eindeutig, dass Homosexualität in Sambia nicht für „normal“ gehalten wird. So hat sich Edgar Lungu, der ehemalige Präsident Sambias, öffentlich gegen die Rechte von Homosexuellen ausgesprochen (Bertelsmann Stiftung, BTI 2022 Country Report, Zambia, S. 24). In einer Live-Radiosendung am 10. April 2013 schlug ein religiöser Führer vor, dass der angemessenste Weg, mit schwulen Menschen umzugehen, der Tod sei. Eine Polizeisprecherin, Elizabeth Kanjela, sagte den Medien, dass Homosexualität ein schweres Vergehen sei und appellierte an die Öffentlichkeit, alle Beteiligten bei der Polizei anzuzeigen (Human Rights Watch, Zambia: Stop Prosecuting People for Homosexuality, 20.5.2013). Im Selbstverständnis der sambischen Gesellschaft stellt Homosexualität ein „westliches Konzept“ dar, dessen Export nach Afrika auf die Unterminierung der „afrikanischen Kultur“ ziele (Frankfurter Allgemeine Zeitung, Homosexualität in Afrika, Lebenslänglich für Lebensgemeinschaft, 4.7.2014).
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(2) Die Lage homosexueller Männer in Sambia stellt sich wie folgt dar:
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Das Gesetz stellt einvernehmliches gleichgeschlechtliches Sexualverhalten unter Strafe. Laut United States Department werden Beteiligungen an „Handlungen gegen die Ordnung der Natur“ mit Haftstrafen von 15 Jahren bis lebenslänglich bestraft. Eine Verurteilung wegen des geringeren Vorwurfs der groben Unanständigkeit zieht eine Strafe von bis zu 14 Jahren Haft nach sich (United States, Department of State, Zambia 2021 Human Rights Report, 12.4.2022, S. 29). Laut Human Dignity Trust wird nach Artikel 155 des Strafgesetzbuches jeder, der „Geschlechtsverkehr gegen die Ordnung der Natur hat“, mit einer Freiheitsstrafe von maximal 14 Jahren bestraft. Nach Artikel 156 des Strafgesetzbuches wird jeder, der versucht, eine Straftat nach Artikel 155 zu begehen, mit einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren bestraft. Nach Artikel 158 des Strafgesetzbuches wird jeder Mann, der „öffentlich oder privat eine grob unanständige Handlung mit einer männlichen Person begeht“ mit einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren bis 14 Jahren bestraft (Human Dignity Trust, Zambia, https://www.humandignitytrust.org/country-profile/zambia/, abgerufen am 30.5.2022).
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Am 6. Mai 2013 verhaftete die Polizei im Distrikt Kapiri Mposhi zwei Männer, James Mwansa/Mwape und Philip Mubiana, als Reaktion auf Berichte von Nachbarn, wonach die beiden an homosexuellen Handlungen beteiligt waren. Sie wurden im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen gegen ihren Willen von Gerichtsmedizinern im Bezirkskrankenhaus Kapiri Mposhi analen Untersuchungen unterzogen. Am 8. Mai wurde gegen sie Anklage erhoben. Am 3. Juli 2014 sprach das Gericht von Kapiri Mposhi die beiden Männer frei und befand, dass die Anklage den Tatvorwurf des „Geschlechtsverkehrs gegen die Ordnung der Natur“ nicht zweifelsfrei nachgewiesen haben. Gleichwohl forderte der Richter in seiner Urteilsbegründung, Homosexualität zum Schutz der „sambischen Identität“ weiterhin strafrechtlich zu ahnden. Die Männer verbrachten bis zu ihrem Freispruch 14 Monate in Untersuchungshaft. Sie waren am 25. April 2013 zum ersten Mal festgenommen und bis zum 2. Mai in Haft gehalten worden, bevor sie gegen Kaution freikamen. Am 5. Mai 2013 wurden sie erneut festgenommen (Human Dignity Trust, Zambia, https://www.humandignitytrust.org/country-profile/zambia/, abgerufen am 30.5.2022; Amnesty International, Amnesty Report, Sambia, 8.5.2015; Frankfurter Allgemeine Zeitung, Homosexualität in Afrika, Lebenslänglich für Lebensgemeinschaft, 4.7.2014; Human Rights Watch, Zambia: Stop Prosecuting People of Homosexuality, 20.5.2013).
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Im August 2013 wurde ein Mann festgenommen, weil er angeblich einvernehmlichen sexuellen Aktivitäten mit einem anderen Mann nachging, nachdem er vom im selben Zimmer schlafenden Hausbesitzer auf frischer Tat ertappt worden sei (Human Dignity Trust, Zambia, https://www.humandignitytrust.org/country-profile/zambia/, abgerufen am 30.5.2022).
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Ende 2018 saßen drei Personen aus Gründen im Zusammenhang mit ihrer sexuellen Orientierung im Gefängnis, Ende 2019 waren es vier, darunter zwei Männer, die im November 2019 verurteilt wurden (United States, Department of State, Zambia 2019 Human Rights Report, 11.3.2020, S. 25). Zum ersten Mal seit Jahren verurteilte der Oberste Gerichtshof von Lusaka am 27. November 2019 ein schwules Paar, Japhet Chataba und Steven Samba, wegen „widernatürlicher Handlungen“ zu 15 Jahren Haft mit Zwangsarbeit. Die beiden Männer wurden 2017 in einem Hotel vom Personal beim Sex gesehen. Während der Haft wurden sie erzwungenen Analuntersuchungen unterzogen. Das Amtsgericht von Kapiri Mposhi verurteilte die beiden Männer am 3. August 2018 wegen „unnatürlichen Geschlechtsverkehrs“. Am 27. November 2019 bestätigte der Oberste Gerichtshof von Lusaka ihre Verurteilung. Der US-Botschafter Daniel Foote reagierte auf diese Verurteilung „entsetzt“ und flehte die sambische Regierung an, den Fall und die Homosexualitätsgesetze zu überprüfen. Es kam zu einem öffentlichen Streit zwischen der US-Botschaft und der sambischen Regierung, der zum Abzug des US-Botschafters auf Ersuchen der sambischen Regierung führte. Die beiden Männer wurden am 25. Mai 2020 zusammen mit fast 3.000 anderen Gefangenen anlässlich des afrikanischen Freiheitstages begnadigt (Bertelsmann Stiftung, BTI 2022 Country Report, Zambia, S. 24; BBC, Zambian jailed gay couple pardoned in presidential amnesty, 26.5.2020; Human Dignity Trust, Zambia, https://www.humandignitytrust.org/country-profile/zambia/, abgerufen am 30.5.2022; International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association [ILGA World], State-Sponsored Homophobia, Global Legislation Overview Update, 2020, S. 125; United States, Department of State, Zambia 2019 Human Rights Report, 11.3.2020, S. 25; United States, Department of State, Zambia 2018 Human Rights Report, 13.3.2019, S. 26).
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Die Polizei verübte im Jahr 2021 Gewalt und verbale und körperliche Belästigungen gegen Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung. LGBT-Personen waren länger andauernden Inhaftierungen ausgesetzt. Laut LGBT-Interessenvertretungen forderte die Polizei routinemäßig Bestechungsgelder von festgenommenen LGBT-Personen zwischen 500 bis 15.000 Kwacha (30 bis 900 US-Dollar) (United States, Department of State, Zambia 2021 Human Rights Report, 12.4.2022, S. 29). 2018 nutzte die Polizei ihre Einheit für Cyberkriminalität, um zu versuchen, schwule Personen zu identifizieren, die auf Bildern in sozialen Medien geoutet wurden (Bertelsmann Stiftung, BTI 2022 Country Report, Zambia, S. 24). Im Laufe des Jahres 2017 verhaftete die Polizei mehrfach mutmaßliche LGBTI-Personen unter falschen Anschuldigungen und zwang sie, mindestens eine Nacht im Gefängnis zu verbringen. In den meisten Fällen forderte die Polizei Bestechungsgelder bevor sie die Personen freiließ (United States, Department of State, Zambia 2017 Human Rights Report, S. 22).
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Mitglieder der LGBT-Gemeinschaft sind einem hohen Maß an Diskriminierung ausgesetzt (Bertelsmann Stiftung, BTI 2022 Country Report, Zambia, S. 12). Aufgrund vorherrschender Vorurteile, falscher Rechtsauffassungen, fehlenden Rechtsschutzes und fehlenden Zugangs zu Gesundheitsdiensten begegnen LGBT-Personen dem Risiko gesellschaftlicher Gewalt. Die Diskriminierung von LGBT-Personen bei der Beschäftigung, bei Wohnen, beim Zugang zu Bildung und zur Gesundheitsversorgung hielt an. LGBT-Gruppen berichten von häufiger Belästigung von LGBT-Personen und ihrer Familien einschließlich Drohungen per SMS und E-Mail, Vandalismus, Stalking und offener Gewalt (United States, Department of State, Zambia 2021 Human Rights Report, 12.4.2022, S. 29).
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Der ehemalige Präsident Edgar Lungu hat sich öffentlich gegen die Rechte von Homosexuellen ausgesprochen (Bertelsmann Stiftung, BTI 2022 Country Report, Zambia, S. 24). Im September 2019 bekräftigte er während der Teilnahme an der 74. Sitzung der UN-Generalversammlung, dass LGBTI-Rechte „in Sambia nicht repliziert werden können, weil sie in der lokalen Kultur ein Tabu sind“ (United States, Department of State, Zambia 2020 Human Rights Report, 30.3.2021, S. 23). Viele Politiker, Medienschaffende und religiöse Führer sprachen sich gegen grundlegende Schutzmaßnahmen und Menschenrechte für LGBT-Personen und die gleichgeschlechtliche Ehe aus (United States, Department of State, Zambia 2021 Human Rights Report, 12.4.2022, S. 29).
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Meinungsfreiheit oder die Freiheit zu friedlichen Versammlungen zu LGBT-Angelegenheiten gibt es nicht (United States, Department of State, Zambia 2021 Human Rights Report, 12.4.2022, S. 29). Am 6. April 2013 trat der Menschenrechtsaktivist Paul Kasokomona in einer Fernsehsendung auf und forderte die Regierung auf, Homosexualität zu entkriminalisieren, die Menschenrechte der LGBT-Gemeinschaft und von Sexarbeiterinnen zu schützen und die Verbreitung von HIV in diesen Gruppen zu bekämpfen. Beim Verlassen des Fernsehsenders wurde er festgenommen und nach fünf Tagen Haft auf Kaution freigelassen. Er wurde gemäß Artikel 178 (g) des Strafgesetzbuches angeklagt, der jede Handlung des „Anwerbens zu unmoralischen Zwecken an einem öffentlichen Ort“ kriminalisiert. Das Amtsgericht sprach Kasokomono frei, da der Staat es versäumt habe, den Sachverhalt glaubhaft zu machen. Der Staat legte beim Obersten Gerichtshof Berufung gegen das Urteil ein, der das Urteil bestätigte und den Angeklagten freisprach (International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association [ILGA World], State-Sponsored Homophobia, Global Legislation Overview Update, 2020, S. 150; Human Rights Watch, Zambia: Stop Prosecuting People for Homosexuality, 20.5.2013; Columbia University, Global Freedom of Expression, The People v. Kasonkomona, https://globalfreedomofexpression.columbia.edu/cases/case-of-paul-kasonkomona/; abgerufen am 12.5.2022).
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Ausgehend von dieser Erkenntnislage droht dem Kläger wegen seiner Homosexualität in Sambia mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit staatliche Verfolgung in Form einer unverhältnismäßigen und diskriminierenden Strafverfolgung (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG). Einvernehmliche sexuelle Handlungen zwischen Männern werden als „Handlungen gegen die Ordnung der Natur“ mit Haftstrafen von 15 Jahren bis lebenslänglich geahndet. Dieses Strafgesetz kommt auch zur Anwendung. Im Jahr 2013 wurden zwei Männer wegen des Verdachts homosexueller Handlungen 14 Monate in Untersuchungshaft gehalten und angeklagt. Auch wenn es mangels zweifelsfreien Nachweises des Tatvorwurfs zu keiner Verurteilung kam, zeigt dieser Vorfall doch, dass die sambischen Behörden durchaus willens sind, gleichgeschlechtlichen Geschlechtsverkehr strafrechtlich zu verfolgen. Im November 2019 verurteilte der Oberste Gerichtshof in Lusaka in zweiter Instanz zwei Männer, die 2017 in einem Hotel beim Sex gesehen worden waren, wegen „widernatürlicher Handlungen“ zu 15 Jahren Haft mit Zwangsarbeit. Die beiden Männer wurden zwar im Mai 2020 freigelassen, jedoch nicht etwa aufgrund einer geänderten Gesetzeslage oder eines Umdenkens der Regierung im Hinblick auf die Verfolgung Homosexueller, sondern im Zuge einer 3.000 Gefangene umfassenden Begnadigung anlässlich des afrikanischen Freiheitstages. Aktuell ist keine Änderung der Rechtslage oder Strafverfolgungspraxis in Sambia absehbar. Sollte der Kläger in Sambia bei sexuellen Handlungen mit einem anderen Mann beobachtet werden, würde ihm mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine entsprechende Strafverfolgung und Verurteilung drohen.
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2. Der Kläger hat darüber hinaus Anspruch auf die Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 GG.
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Nach Art. 16a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Eine Verfolgung ist dann eine politische, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an seine Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, B.v. 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 - BVerfGE 80, 315 - juris 2. Leitsatz; BVerwG, U.v. 6.8.1996 - 9 C 172.95 - BVerwGE 101, 328 - juris Rn. 17). Politische Verfolgung ist grundsätzlich staatliche Verfolgung (BVerfG, B.v. 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 - BVerfGE 80, 315 - juris 1. Leitsatz), Verfolgungshandlungen können dem Staat aber auch zuzurechnen sein, wenn er Einzelne oder Gruppen zu Verfolgungsmaßnahmen anregt oder derartige Handlungen unterstützt, billigt oder tatenlos hinnimmt und damit den Betroffenen den erforderlichen Schutz versagt, weil er dazu nicht willens oder in der Lage ist (BVerfG, B.v. 2.7.1980 - 1 BvR 147/80 - BVerfGE 54, 341 - juris Rn. 48). Der Verfolgte muss landesweit in eine ausweglose Lage versetzt werden, weil er in anderen Teilen seines Heimatstaates eine zumutbare Zuflucht nicht finden kann (BVerfG, B.v. 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 - BVerfGE 80, 315 - juris Rn. 61). Die politische Verfolgung muss in absehbarer Zeit mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit drohen. Wenn der Betroffene bereits politische Verfolgung erlitten hat, ist zu prüfen, ob eine Wiederholung gleicher oder ähnlicher Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist (BVerfG, B.v. 1.7.1987 - 2 BvR 478/86 - BVerfGE 76, 143 - juris Rn. 58). Grundsätzlich muss zwischen Verfolgung und Flucht ein Kausalzusammenhang bestehen (BVerfG, B.v. 26.11.1986 - 2 BvR 1058/85 - BVerfGE 74, 51 - juris Rn. 37). Da die Voraussetzungen des Asylgrundrechts insoweit weitgehend deckungsgleich mit denen nach § 3 AsylG sind, kann bezüglich der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung des Klägers in Sambia aufgrund seiner Homosexualität auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
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Sambia ist kein sicherer Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG, Anlage II zu § 29a AsylG, bei dem vermutet wird, dass ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, dass er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
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Die Tatbestandsausnahme des Art. 16a Abs. 2 GG greift nicht. Nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG kann sich auf Art. 16a Abs. 1 GG nicht berufen, wer aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Letztere Staaten werden durch Gesetz bestimmt (Art. 16a Abs. 2 Satz 2 GG) und umfassen momentan Norwegen und Schweiz (Anlage I zu § 26a AsylG). Der Kläger ist mit einem deutschen Visum auf dem Luftweg aus Südafrika kommend in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und damit nicht aus einem sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 GG.
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3. Nachdem dem Kläger die oben genannten Ansprüche aus § 3 AsylG und Art. 16a GG zustehen, war der Bescheid in Gänze aufzuheben.
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II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG.
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III. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.