Titel:
Konkurrentenstreit bei Besetzung eines Dienstpostens – hier: Anforderungsprofil mit Mindestnote
Normenketten:
GG Art. 33 Abs. 2
VwGO § 123
BeamStG § 9
Leitsätze:
1. Der Anordnungsgrund in Form der besonderen Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Anordnung ist gegeben, wenn mit der endgültigen anderweitigen Besetzung einer Stelle das Besetzungsverfahren grundsätzlich abgeschlossen wäre mit der Folge, dass dem Begehren des Antragstellers, die Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten vorzunehmen, nicht mehr entsprochen werden könnte, weil der Dienstherr die Ernennung des anderen Bewerbers in der Regel nicht mehr rückgängig machen könnte (stRspr BVerwG BeckRS 2011, 45441). (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Wege des Abbruchs des Auswahlverfahrens und einer Neuausschreibung ist der Dienstherr nicht an das Anforderungsprofil des abgebrochenen Verfahrens gebunden, sondern er ist grundsätzlich berechtigt, den "Zuschnitt" eines Dienstpostens zu ändern und auch dem konstitutiven Anforderungsprofil Kriterien hinzuzufügen (ebenso BVerwG BeckRS 2001, 30199525; VGH München BeckRS 2007, 27851); die Modifizierung kann auch in der Verengung des Bewerberfeldes durch zusätzliche Anforderungen bestehen (ebenso OVG Münster BeckRS 2003, 20863). (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine bestimmte Mindestnote in der dienstlichen Beurteilung bereits als Kriterium im konstitutiven Anforderungsmerkmal aufzunehmen, dürfte in der Regel wegen zu eng gefasstem Anforderungsprofil und damit unzulässiger Verengung des Bewerberfelds eher rechtswidrig sein; das konstitutive Anforderungsprofil dürfte zudem als ganz neuer, von den dienstlichen Beurteilungen jedenfalls vom Ausgangspunkt her abgekoppelter Maßstab zu qualifizieren sein (ebenso VGH München BeckRS 2007, 30817; OVG Koblenz BeckRS 2007, 24073), sodass das Gesamturteil periodischer Beurteilungen wohl erst auf Ebene des Leistungsvergleichs seine maßgebliche Bedeutung entfaltet. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein Anordungsanspruch kann nicht glaubhaft gemacht werden, wenn der ausgewählte Bewerber über einen nicht kompensierbaren Leistungsvorsprung von vier Punkten gegenüber dem Gesamturteil des Mitkonkurrenten verfügt, sodass kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich ist, dass sich dies in einem neuen Auswahlverfahren zugunsten des unterlegenen Bewerbers verändern würde. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Einstweilige Anordnung, Stellenbesetzung, Begründung der Auswahlentscheidung, Dienstliche Beurteilung (inzidente Überprüfung), Konstitutives Anforderungsprofil, Chancenloser Bewerber, einstweilige Anordnung, dienstliche Beurteilung (inzidente Überprüfung), konstitutives Anforderungsprofil, chancenloser Bewerber, Mindestnote, Abbruch des Verfahrens, Neuausschreibung, Änderung Anforderungsprofil
Fundstelle:
BeckRS 2022, 22913
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 21.852,55 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich im Rahmen eines Konkurrentenstreitverfahrens um die Veterinäramtsleitung am Landratsamt X gegen die Auswahl des Beigeladenen.
2
Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz schrieb am … Mai 2021 geschäftsbereichsintern eine Stelle für die Leitung der Veterinärsverwaltung am Landratsamt X aus, die als entwicklungsfähig bis zur Besoldungsgruppe A 16 qualifiziert wurde. Auf diese Stelle bewarben sich neben dem Antragsteller auch der Beigeladene sowie drei weitere Bewerber.
3
Der 1963 geborene Antragsteller ist als Veterinäroberrat (Besoldungsgruppe A14) in Diensten des Antragsgegners am Landratsamt Y tätig. Er verfügt über ein Gesamturteil in der aktuellen periodischen dienstlichen Beurteilung für den Beurteilungszeitraum … Oktober 2017 bis … September 2020 im Amt A14 von 10 Punkten.
4
Der 1959 geborene Beigeladene steht als Veterinäroberrat (Besoldungsgruppe A14) in Diensten des Beklagten und ist seit 2018 stellvertretender Abteilungsleiter am Landratsamt Z. In der aktuellen periodischen dienstlichen Beurteilung für den Beurteilungszeitraum … Oktober 2017 bis … September 2020 im Amt A14 erhielt er das Gesamturteil 14 Punkte.
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Im Auswahlvermerk vom ... August 2021 reihte das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz den Beigeladenen an erster Stelle und den Antragsteller an fünfter Stelle von fünf Bewerbern. Der Landrat A entschied sich nach der Durchführung strukturierter Interviews für den an zweiter Stelle gereihten Bewerber.
6
Mit Schreiben vom … August 2021 erhielten sowohl der Antragsteller als auch der Beigeladene eine negative Mitteilung der Auswahlentscheidung. Auf den Widerspruch des Beigeladenen vom … August 2021 hin brach das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz mit Vermerk vom … Oktober 2021 die Ausschreibung endgültig ab. Dem Auswahlvermerk sei eine Gewichtung bzw. Anteile einer Gewichtung von dienstlicher Beurteilung und Auswahlgespräch nicht zu entnehmen. Ebenso wenig sei eine Bewertung der Antworten der Bewerber dokumentiert.
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Mit Schreiben vom … Oktober 2021, versandt am … Oktober 2021, informierte das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz alle Bewerber über den Verfahrensabbruch. Weiter teilte das Ministerium mit, dass die Stelle neu ausgeschrieben werde und die Bewerbungen aller Bewerber in das neue Verfahren mit einbezogen würden.
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Dies geschah dann auch mit der Neuausschreibung der zu besetzenden Stelle am … Dezember 2021. Das Anforderungsprofil der Ausschreibung entsprach dem der ersten Ausschreibung, mit dem Unterschied, dass explizit ein Mindestpunktwert in der aktuellen periodischen Beurteilung von 11 Punkten verlangt wurde.
9
Mit Schreiben vom … Januar 2022 teilte das Ministerium dem Antragsteller mit, dass dessen Bewerbung aufgrund seines aktuellen Beurteilungsergebnisses von 10 Punkten nicht in die weitere Auswahl einbezogen werden könne. In den Schreiben vom … Februar 2022 und … März 2022 begründete das Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die endgültige Ablehnung der Bewerbung damit, dass der Antragsteller das konstitutive Anforderungsprofil von 11 Punkten in der aktuellen periodischen Beurteilung nicht erfüllt habe.
10
Gegen diese Ablehnungsentscheidung, die noch keine abschließende Auswahlentscheidung beinhaltete, beantragte der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die streitgegenständliche Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen, solange über die Bewerbung des Antragstellers keine neue Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts getroffen worden ist (Az.: M 5 E 22.2141). Nachdem der Antragsgegner zugesagt hatte, die abschließende Auswahlentscheidung zu gegebener Zeit dem Antragsteller mitzuteilen, um eine gerichtliche Überprüfung der Auswahlentscheidung zu ermöglichen, erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt. Das Verwaltungsgericht München stellte das Verfahren durch Beschluss vom 8. Juni 2022 ein.
11
Laut Auswahlvermerk des Bayerischen Staatsministeriums für ... vom … Mai 2022 fiel die von Landrat A am ... Mai 2022 getroffene Auswahl für die streitgegenständliche Stelle auf den Beigeladenen. Die Auswahl sei ausschließlich auf das gegenüber den Mitbewerbern um zwei bzw. vier Punkte bessere Gesamturteil der aktuellen dienstlichen Beurteilung von 14 Punkten gestützt worden. Die Bewerbung des Antragstellers sei dem Landrat im Schreiben vom … Februar 2022 nicht übersandt worden, da er das konstitutive Anforderungsprofil von 11 Punkten in der dienstlichen Beurteilung nicht erfülle. In diesem Schreiben wurden die übrigen Bewerber mit dem Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung genannt. Es wurde dabei unterstrichen, dass der Beigeladene das beste Gesamturteil des Bewerberfeldes erhalten hatte.
12
Mit Schreiben vom … Juni 2022, dem Antragsteller zugegangen am … Juni 2022, ließ das Staatsministerium dem Antragsteller eine Negativmitteilung auch für das zweite Ausschreibungsverfahren zukommen und informierte darüber, dass der Beigeladene für die zu besetzende Stelle ausgewählt wurde.
13
Am 30. Juni 2022 hat der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt beantragt,
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Dem Antragsgegner wird untersagt, die Stellenleitung der Veterinärverwaltung am Landratsamt X mit dem Beigeladenen zu besetzen, solange über die Bewerbung des Antragstellers keine neue Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts getroffen worden ist.
15
Es gebe keinen sachlichen Grund für die Aufnahme des Mindestpunktwerts in das konstitutive Anforderungsprofil. Eine derartige Vorgabe verstoße gegen den Leistungsgrundsatz. Der Mindestpunktwert diene nur dazu, den Antragsteller auszuschließen. Die in den Beförderungsrichtlinien des Antragsgegners festgelegten Mindestpunktwerte könnten nicht zu einem Ausschluss der Bewerbung des Antragstellers aus dem Verfahren führen. Der Antragsgegner hätte sich mit der aktuellen dienstlichen Beurteilung befassen müssen. Diese sei fehlerhaft, da der Antragsteller ohne Begründung gegenüber der Beurteilung von 2017 (11 Punkte) abgewertet worden sei.
16
Der Antragsteller hat rein vorsorglich Widerspruch gegen die periodische Beurteilung vom … April 2021 und mit Schriftsatz vom ... August 2022 Widerspruch gegen die endgültige Auswahlentscheidung eingelegt. Über die eingelegten Widersprüche ist noch nicht entschieden worden.
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Das Bayerische Staatsministerium … hat mit Schriftsatz vom 05. Juli 2022 beantragt,
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den Antrag als unbegründet abzuweisen.
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Die Beanstandungsmöglichkeit der Abbruchentscheidung im ersten Auswahlverfahren sei mittlerweile verwirkt. Im Übrigen sei ein anerkannter Sachgrund für die Abbruchentscheidung der ersten Ausschreibung gegeben. Das in der erstmaligen Stellenausschreibung festgelegte Anforderungsprofil sei für die Neuausschreibung nicht verbindlich. Die Festlegung eines Mindestpunktwerts von 11 Punkten in der aktuellen periodischen Beurteilung sei Ausdruck der Organisationshoheit und des verfassungsrechtlich anerkannten Leistungsgrundsatzes. Dieser Mindestpunktwert sei in den internen Beförderungsrichtlinien festgelegt. Diese Vorgehensweise schränke den Leistungsgrundsatz nicht über Gebühr ein, da die Leistungsstärke in der staatlichen bayerischen Veterinärverwaltung ausreichend hoch sei. Von 163 beurteilten Amtstierärztinnen und Amtstierärzten bayernweit hätten nur 16, darunter der Antragsteller, ein Gesamturteil der periodischen Beurteilung von unter 11 Punkten (Stichtag … September 2020) erzielt. Aufgrund dieses Leistungsstandes sei eine Auswahl des Antragstellers auch bei Wiederholung der Auswahlentscheidung nicht möglich. Die periodische Beurteilung sei nicht fehlerhaft und jedenfalls nicht kausal für die Auswahlentscheidung. Die Widerspruchsbehörde habe zum Ausdruck gebracht, dass auch nach erneuter Ermessensbetätigung die Bewertung einzelner Beurteilungsmerkmale oder des Gesamturteils nicht angehoben werde. Die bisherigen periodischen Beurteilungen des Antragstellers enthielten in den Jahren 2008, 2011, 2014 und 2020 jeweils ein Gesamturteil von 10 Punkten und einmalig ein Gesamturteil von 11 Punkten im Jahre 2017, sodass prognostisch von einem vergleichbaren Beurteilungsergebnis ausgegangen werden könne.
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Der ausgewählte Beamte wurde mit Beschluss vom 6. Juli 2022 zum Verfahren beigeladen. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er verwies in seinem Schriftsatz vom 4. August 2022 auf den nicht kompensierbaren Leistungsvorsprung von vier Punkten und die daraus resultierende Chancenlosigkeit des Antragstellers.
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Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
22
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
23
1. Der Antrag ist zulässig. Es liegt ein Rechtsschutzbedürfnis vor. Die endgültige Auswahlentscheidung ist nicht bestandskräftig geworden, unabhängig davon, ob diese als Verwaltungsakt zu qualifizieren wäre. Denn der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 3. August 2022 und damit vor Fristablauf Widerspruch erhoben. Die Auswahlentscheidung erging ohne Rechtsbehelfsbelehrung, sodass für die Erhebung des Widerspruchs bzw. der Anfechtungsklage die Jahresfrist gilt (§§ 70 Abs. 2, 58 Abs. 2 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). Diese Frist begann erst am Tag nach der Zustellung der Auswahlentscheidung (23. Juni 2022 per PZU) am 24. Juni 2022 zu laufen und wird erst am 23. Juni 2023 enden (§§ 58 Abs. 2 VwGO, 222 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO), 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Alt. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).
24
2. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung - vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen - notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, das heißt ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, das heißt die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Der Antragsteller hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
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3. Der Anordnungsgrund in Form der besonderen Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Anordnung ist gegeben. Das Auswahlverfahren für die streitgegenständliche Stelle ist grundsätzlich abgeschlossen. Eine Ernennung des Beigeladenen steht unmittelbar bevor. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers als übergangener Bewerber lässt sich nur vor der Ernennung des ausgewählten Konkurrenten mittels einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO effektiv sichern, da sich der um eine Stellenauswahl geführte Rechtsstreit mit der endgültigen Besetzung der ausgeschriebenen Stelle erledigt (vgl. BVerfG, B.v. 29.6.2003 - 2 BvR 311/03 - NVwZ 2004, 95, juris Rn. 11 f.). Nach herrschender Auffassung in der Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 - 2 C 16/09 - BVerwGE 138, 102, juris Rn. 31 f.) ist mit der endgültigen anderweitigen Besetzung einer Stelle das Besetzungsverfahren grundsätzlich abgeschlossen mit der Folge, dass dem Begehren des Antragstellers, die Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten vorzunehmen, nicht mehr entsprochen werden könnte, weil der Dienstherr die Ernennung des Beigeladenen in der Regel nicht mehr rückgängig machen könnte.
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4. Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
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Einen Rechtsanspruch auf Übertragung der streitgegenständlichen Stelle hat der Antragsteller nicht. Ein solcher lässt sich nach herrschender Rechtsprechung nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten, die sich auf das vom Beamten bekleidete Amt beschränkt und somit amtsbezogen ist. Der Antragsteller hat aber einen Bewerbungsverfahrensanspruch, d.h. einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr den Dienstposten unter Berücksichtigung des in Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG), Art. 94 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung für den Freistaat Bayern (BV), § 9 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) und Art. 16 Abs. 1 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der Bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz - LlbG) normierten Leistungsgrundsatzes vergibt und seine Auswahlentscheidung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfG, B.v. 26.11.2010 - 2 BvR 2435/10 - NVwZ 2011, 746 und B.v. 2.10.2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194).
28
Anhand dieser Vorgaben hat der Dienstherr unter mehreren Bewerbern den am besten Geeigneten ausfindig zu machen. Diese Vorgaben dienen zwar vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung von Beamtenstellen, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Ein Bewerber hat daher Anspruch auf rechtsfehlerfreie Anwendung (BVerwG, U. v. 25.8.1988 - 2 C 51/86 - juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 25.5.2011 - 3 CE 11.605 - juris Rn. 28; VG München, B.v. 24.10.2012 - M 5 E 12.2637 - juris Rn. 22). Aus der Verletzung dieses Anspruchs folgt zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Beförderung oder auf Vergabe des begehrten Dienstpostens. Der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B. v. 26.11.2010 - 2 BvR 2435/10 - juris Rn. 11).
29
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ausschließlich die Negativmitteilung vom … Juni 2022. Der Abbruch des ersten Auswahlverfahrens, der mit Schreiben vom … Oktober 2021 den Bewerbern mitgeteilt wurde, wurde vom Antragsteller nicht angegriffen. Anders als vom Antragsteller mit Schriftsatz vom … August 2022 vorgetragen wurden die Akten vom Antragsgegner auch vollständig vorgelegt.
30
Die streitgegenständliche Auswahlentscheidung genügt den formellen rechtlichen Anforderungen an die Darstellung der wesentlichen Auswahlerwägungen (a)). In inhaltlicher Hinsicht ist jedenfalls zweifelhaft, ob die explizite Aufnahme des Mindestpunktwerts von 11 Punkten in der periodischen Beurteilung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu konstitutiven Anforderungsprofilen in Einklang steht und der Antragsteller dementsprechend in den Leistungsvergleich hätte einbezogen werden müssen (b)). Dies kann jedoch offenbleiben, da eine Auswahl des Antragstellers in einem neuen Verfahren ausgeschlossen erscheint. Der Antragsteller wäre aufgrund des ganz erheblichen Leistungsunterschieds im Ergebnis der periodischen Beurteilungen auch bei einer Wiederholung des Auswahlverfahrens chancenlos (c)).
31
a) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Auswahlentscheidung durch den Landrat A vom … Mai 2022 keine Begründung enthielt, sondern dass die ausführliche Begründung im Vermerk vom … Mai 2022 der Auswahlentscheidung des Landrats nachfolgte.
32
aa) Für den Bereich des Beamten- und Richterrechts geht die Rechtsprechung davon aus, dass der Dienstherr verpflichtet ist, die seinen Personalentscheidungen zu Grunde liegenden maßgeblichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, um zum einen dem für die Auswahlentscheidung Verantwortlichen eine Selbstkontrolle zu ermöglichen und zum andern im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung der Auswahlentscheidung tatsächlich wirksamen Rechtsschutz zu gewährleisten (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 9.7.2007 - 2 BvR 206/07 - BVerfGK 11, 398 - juris Rn. 20 ff.; B.v. 25.11.2015 - 2 BvR 1461/15 - NJW 2016, 309 - juris Rn. 14 m.w.N.; B.v. 20.9.2016 - 2 BvR 2453/15 - BVerfGE 143, 22 - juris Rn. 20; vgl. etwa BVerwG, B.v. 25.4.2007 - 1 WB 31/06 - DVBl 2007, 1119 - juris Rn. 50).
33
Auszugehen ist hierbei regelmäßig von einem „Besetzungsvorschlag“ oder „Besetzungsvermerk“, der vom Entscheidenden selbst erstellt worden oder ihm vorgelegt und von ihm in erkennbarer Weise akzeptiert und so zum Gegenstand seiner eigenen Entscheidung geworden ist. Auch der zeitlich vor dem dokumentierten Entscheidungszeitpunkt liegende Akteninhalt (insbesondere des Besetzungsakts) ist bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Stellenbesetzung berücksichtigungsfähig, so weit die Annahme gerechtfertigt erscheint, dass entweder derjenige, der die Auswahlentscheidung zuständiger Weise getroffen hat, davon Kenntnis genommen hat oder dass dieser Akteninhalt bei der Formulierung etwa des Besetzungsvermerks angemessen berücksichtigt worden ist (BayVGH, B.v. 22.11.2007 - 3 CE 07.2274 - juris Rn. 50).
34
Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt der letzten - tatsächlich getroffenen - Behördenentscheidung, also der Entscheidung über die Stellenbesetzung durch den dafür zuständigen Amtsträger (BVerwG, B.v. 25.4.2007 - 1 WB 31/06 - DVBl 2007, 1119, juris Rn. 46). Zeitlich danach (also grundsätzlich: nach dem Besetzungsvermerk) liegende Vorgänge können wegen des nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bestehenden Gebots, aus Gründen der Transparenz des Besetzungsverfahrens die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, regelmäßig nicht mehr berücksichtigt werden (vgl. BayVGH, B.v. 22.11.2007 - 3 CE 07.2274 - juris Rn. 51 mwN.).
35
bb) Die Auswahlentscheidung erfolgte am … Mai 2022 durch den Landrat A, ohne dass der Entscheidung selbst eine Begründung beigefügt war. Ausführlich begründet wurde die Auswahlentscheidung zeitlich nach der eigentlichen Auswahlentscheidung durch das Staatsministerium im Vermerk vom … Mai 2022. Dass die Begründung nicht in der Auswahlentscheidung des Landrats X selbst enthalten ist, ist gleichwohl im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden.
36
Denn das Ministerium hat bereits mit an den Landrat A gerichtetem Schreiben vom … Februar 2022 unter Darstellung des Leistungsprinzips den Leistungsstand der Bewerber dargelegt und den Beigeladenen als am besten beurteilten Bewerber benannt. Dadurch hat das Ministerium die spätere Auswahlentscheidung, die der Landrat zu treffen hatte, vorbereitet. Der Landrat, der die Auswahlentscheidung getroffen hat, hat von diesem Schreiben und den hierin enthaltenen Erwägungen Kenntnis genommen und sie bei seiner Auswahlentscheidung berücksichtigt hat. Denn in der E-Mail vom … Mai 2022, in dem die Entscheidung des Landrats, dem Beigeladenen die Stelle der Leitung der Veterinärverwaltung am Landratsamt X übertragen zu wollen, durch die Personalstelle des Landratsamts X dem Ministerium mitgeteilt worden ist, wird ausdrücklich auf das Schreiben vom … Februar 2022 und den darin enthaltenen Besetzungsvorschlag des Ministeriums Bezug genommen. Daraus ergibt sich, dass die Ausführungen im Schreiben vom … Februar 2022 Grundlage der Entscheidung des Landrats geworden sind.
37
Die im Schreiben vom … Februar 2022 enthaltene Begründung für die Auswahl, die im Vermerk vom … Mai 2022 noch näher ausgeführt wird, ist ausreichend. Dort sind die Auswahlerwägungen hinreichend dargestellt.
38
b) Die Hinzufügung neuer Kriterien in das konstitutive Anforderungsprofil nach Abbruch des Auswahlverfahrens ist dem Grunde nach möglich. Im Rahmen einer Neuausschreibung ist der Dienstherr nicht an das Anforderungsprofil des abgebrochenen Verfahrens gebunden, sondern grundsätzlich (solange dem normative Festlegungen nicht entgegenstehen) berechtigt, den „Zuschnitt“ eines Dienstpostens zu ändern und die Anforderungen, die an den Inhaber gestellt werden, zu modifizieren. Dazu steht ihm der Weg des Abbruchs des Auswahlverfahrens und eine entsprechenden Neuausschreibung offen (BVerwG, B.v. 16.8.2002 - 2 A 3/00 - juris Rn. 31 und U.v. 25.4.1996 - 2 C 21/95 - juris Rn. 21 f.; BayVGH, B.v. 13.6.2007 - 3 CE 07.807 - juris Rn. 27). Die Modifizierung kann auch in der Verengung des Bewerberfeldes durch zusätzliche Anforderungen bestehen (vgl. z. B. OVG NRW, B.v. 15.1.2003 - 1 B 2230/02 - juris Rn. 12 ff.).
39
Zwar sind Mindestnoten in dienstlichen Beurteilungen in der Rechtsprechung bereits als Kriterium mit unmittelbarem Leistungsbezug behandelt worden (SächsOVG, B.v. 15.8.2011 - 2 B 93/11 - juris Rn. 17) und könnten daher vom in Artikel 33 Abs. 2 GG zu beachtenden Leistungsprinzip gerechtfertigt sein. Allerdings wird das konstitutive Anforderungsprofil als ganz neuer, von den dienstlichen Beurteilungen jedenfalls vom Ausgangspunkt her abgekoppelter Maßstab qualifiziert (BayVGH, B.v. 22.11.2007 - 3 CE 07.2274 - juris Rn. 66 f.; BayVGH, B.v. 27.3.2008 - 3 CE 08.352 - juris Rn. 34; OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 23.05.2007 - 10 B 10318/07 - juris Rn. 7 ff.), sodass das Gesamturteil periodischer Beurteilungen wohl erst auf Ebene des Leistungsvergleichs seine maßgebliche Bedeutung entfaltet. Zudem weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass im Rahmen einer Auswahlentscheidung nur dann Anforderungen eines konkreten Dienstpostens herangezogen werden dürfen, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann (BVerwG, B.v. 20.6.2013 - 2 VR 1/13 - juris Rn. 31, 34). Mindestnoten von Einzelprädikaten und des Gesamtprädikats in dienstlichen Beurteilungen könnten jedenfalls als Nachweis bestimmter Kenntnisse und Fähigkeiten herangezogen werden, die im Anforderungsprofil vorausgesetzt werden, ohne dass der Ausschreibungstext explizit auf die Mindestnote abstellt (so zum Nachweis überdurchschnittlicher fachlicher und pädagogischer Fähigkeiten BayVGH, B.v. 20.6.2016 - 3 CE 16.126 - juris Rn. 14). Die (reine) Bezugnahme auf das Gesamturteil einer periodischen Beurteilung bereits im konstitutiven Anforderungsprofil scheint diesen Grundsätzen nicht zu entsprechen.
40
c) Dies kann jedoch dahinstehen. Selbst wenn das konstitutive Anforderungsprofil rechtswidrig wäre (der Antragsgegner hat den Antragsteller ausdrücklich nicht in den Leistungsvergleich einbezogen, siehe den Auswahlvermerk vom …5.2022 nach dem Schreiben vom …2.2022) und der Antragsgegner in den Leistungsvergleich hätte einbezogen werden müssen, könnte sich dies auf den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers nicht auswirken. Denn aufgrund des ganz erheblichen Leistungsunterschieds im Ergebnis der aktuellen periodischen Beurteilungen des Antragstellers im Vergleich zu dem Beigeladenen erscheint eine Auswahl des Antragstellers in einem neuen Auswahlverfahren ausgeschlossen. Bei einem erneuten Vergleich besteht keine Chance auf Auswahl zugunsten des Antragstellers.
41
aa) Der unterlegene Beamte kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Aussichten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, d. h. wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B.v. 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 - juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 5.11.2015 - 3 CE 15.1606 - juris Rn. 32). Die Voraussage, das mit einem Eilantrag letztlich verfolgte Ziel, dass der Dienstherr das Auswahlermessen zugunsten der Antragstellerin ausübt, sei unerreichbar, ist nur in Ausnahmefällen zu treffen (BayVGH, B.v. 1.12.2015 - 3 CE 15.1947 - juris Rn. 39). Die Möglichkeit eines Erfolgs der Bewerbung ist jedoch dann zu verneinen, wenn bei einer Gesamtbetrachtung des vorgenommenen Leistungsvergleichs die Auswahl des Antragstellers offensichtlich ausgeschlossen erscheint (VGH BW, B.v. 27.10.2015 - 4 S 1733/15 - juris Rn. 77 f.; BVerfG, B.v. 4.2.2016 - 2 BvR 2223/15 - ZBR 2016, 312, juris Rn. 83 ff.).
42
Die Auswahl des unterlegenen Bewerbers ist auszuschließen, wenn ein ganz erheblicher Leistungsunterschied zwischen dem ausgewählten Bewerber und dem Antragsteller vorliegt. Dabei muss der Leistungsunterschied so deutlich sein, dass unter keinem denkbaren Gesichtspunkt die Auswahl zugunsten des Antragstellers möglich und der Leistungsabstand der dienstlichen Beurteilungen kompensierbar erscheint. Die höchstrichterliche Rechtsprechung bejaht dies bei einem Abstand der Endergebnisse der dienstlichen Beurteilungen von vier Punkten (in einem Beurteilungssystem von 16 Punkten) zwischen ausgewähltem und unterlegenen Bewerber (BayVGH, B.v. 25.1.2016 - 3 CE 15.2012 - juris Rn. 35; ebenso BVerfG, B.v. 4.2.2016 - 2 BvR 2223/15 - juris Rn. 86 - zwei volle Notenstufen; BayVGH, B.v. 2.9.2020 - 6 CE 20.1351 - juris Rn. 35 ff. - zwei volle Notenstufen bzw. vier Zwischennoten).
43
Ist unter mehreren Bewerbern eine Auswahl für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens zu treffen, so sind die Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung von Bewerbern um eine Beförderungsstelle in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu stützen, denn sie bilden den gegenwärtigen bzw. zeitnah zurückliegenden Stand ab und können somit am besten als Grundlage für die Prognose dafür dienen, welcher der Konkurrenten die Anforderungen der zu besetzenden Stelle voraussichtlich am besten erfüllen wird (BVerwG, B.v. 27.9.2011 - 2 VR 3/11 - NVwZ-RR 2012, 71; vgl. zum Ganzen auch: BayVGH, B.v. 18.6.2012 - 3 CE 12.675 - juris; VG München, B.v. 26.10.2012 - M 5 E 12.3882 - juris; B.v. 24.10.2012 - M 5 E 12.2637 - juris). Hierbei ist darauf zu achten, dass die dem Vergleich der Konkurrenten zugrunde gelegten Beurteilungen untereinander vergleichbar sind.
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Maßgeblich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, welches anhand einer Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte gebildet wurde (BVerfG, B.v. 16.12.2015 - 2 BvR 1958/13 - juris Rn. 58; B.v. 17.2.2017 - 2 BvR 1558/16 - juris Rn. 21; VG Bayreuth, B.v. 31.8.2019 - B 5 E 18.411 - juris Rn. 29).
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bb) Unter Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die für ein etwaiges neues Auswahlverfahren anzunehmende Chancenlosigkeit des Antragstellers, für den in Rede stehenden Beförderungsdienstposten (Leiter der Veterinärsverwaltung) ausgewählt zu werden. Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Antragsteller, würde dessen Bewerbung in einem neuen Auswahlverfahren in den Leistungsvergleich einbezogen, im Ergebnis aus dem Feld der potenziell aussichtsreichen Bewerber herausfallen würde.
46
Der Vergleich der Beurteilungen aus demselben Beurteilungszeitraum (... Oktober 2017 bis … September 2020) im gleichen Statusamt (A14) ergibt, dass der Beigeladene über ein deutlich besseres Gesamtergebnis in der periodischen Beurteilung verfügt. Der Beigeladene erzielte ein Gesamturteil von 14 Punkten, der Antragsteller ein Gesamturteil von 10 Punkten.
47
Der Beigeladene verfügt über einen nicht kompensierbaren Leistungsvorsprung von vier Punkten gegenüber dem Gesamturteil des Antragstellers von 10 Punkten. Bereits im ersten Auswahlverfahren ist der Antragsteller an letzter Stelle gereiht worden. Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass sich dies in einem neuen Auswahlverfahren zugunsten des Antragstellers verändern würde. Dieser verfügt über einen Leistungsstand, der nicht erwarten lässt, dass seine Auswahl in einem erneuten Auswahlverfahren möglich erscheint. Zur Verdeutlichung sei darauf verwiesen, dass der Antragsteller mit seinen Leistungen im Vergleich zu den gleichzeitig beurteilten Amtstierärztinnen und Amtstierärzten in Bayern im letzten Zehntel einzuordnen ist (Stichtag der periodischen Beurteilungen … September 2020).
48
c) Der Antragsteller kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass die für den Leistungsvergleich herangezogene dienstliche Beurteilung rechtswidrig sei und diese nach Korrektur in einem Rechtsbehelfsverfahren mit einem wesentlich höheren Gesamtergebnis zu erstellen sei. Denn durchgreifende Mängel in der aktuellen periodischen Beurteilung sind weder hinreichend vorgetragen, noch anderweitig für das Gericht erkennbar.
49
Erweist sich eine Beurteilung, die Grundlage eines Vergleichs zwischen Bewerbern um einen Beförderungsdienstposten ist, als fehlerhaft, hat das Gericht den Dienstherrn auf die Klage des unterlegenen Beamten hin zu einer Neubescheidung zu verpflichten, wenn das Ergebnis des Auswahlverfahrens auf der fehlerhaften Grundlage beruhen kann. Dementsprechend ist die mögliche Fehlerhaftigkeit einer Beurteilung bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu beachten, wenn sie Einfluss auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens haben kann (BVerwG, U.v. 18.4.2002 - BverwG 2 C 19.01 - juris Rn. 16; BVerwG, B.v. 20.1.2004 - 2 VR 3/03 - juris Rn. 11).
50
Dienstliche Beurteilungen sind aufgrund der Beurteilungsermächtigung des Dienstherrn nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle von Beurteilungen beschränkt sich auf die Prüfung, ob und inwieweit der Beurteiler einen unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, ob er den gesetzlichen Rahmen oder anzuwendende Begriffe verkannt hat, ob er allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat und ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten ist (BVerwG, U.v. 21.3.2007 - 2 C 2/06 - juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 11.3.2013 - 3 ZB 10.602 - juris Rn. 4).
51
Von dem bei der Beförderungsauswahl unterlegenen Beamten, der die Rechtswidrigkeit der Beurteilung rügt, ist zu verlangen, dass er dem Gericht schlüssig vorträgt, aus welchem Gründen er seine dienstliche Beurteilung für rechtswidrig hält und warum dieser Mangel auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung durchschlägt (BayVGH, B.v. 17.3.2015 - 3 CE 14.2503 - juris Rn. 27 ff.; OVG NRW, B.v. 5.6.2012 - 1 B 368/12 - juris Rn. 8).
52
Das bloße Vorbringen, die Abwertung der aktuellen gegenüber der vorhergehenden dienstlichen Beurteilung um einen Punkt sei unzureichend begründet worden, genügt diesem Erfordernis nicht. Es besteht keine Pflicht des Beurteilers, vorherige dienstliche Beurteilungen bei der nachfolgenden Beurteilung vergleichend in den Blick zu nehmen und kleinere Abweichungen zu begründen.
53
Im Übrigen hat bereits die Widerspruchsbehörde darauf hingewiesen, dass auch nach erneuter Ermessensbetätigung die Bewertung einzelner Beurteilungsmerkmale oder des Gesamturteils nicht angehoben werde.
54
Zudem ist das Gesamturteil des Antragstellers von 10 Punkten hinreichend plausibel dargelegt. Die Bewertung in den Einzelmerkmalen tragen das Gesamtergebnis schlüssig. Gegen die Vergabe der Einzelprädikate sind von Antragstellerseite im Übrigen keine substantiierten Einwände geltend gemacht worden. Denn unter Berücksichtigung der periodischen dienstlichen Beurteilungen der letzten Jahre mit Gesamturteilen von 10 Punkten in den Beurteilungen der Jahre 2008, 2011 und 2014 und einer einzigen höheren Bewertung von 11 Punkten im Jahre 2020 scheint die Beurteilung dem Leistungsvermögen des Antragstellers zu entsprechen. Prognostisch ist auch in Zukunft ein vergleichbares Beurteilungsergebnis zu erwarten.
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5. Der Antragsteller hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst, da er weder einen Antrag gestellt noch sonst das Verfahren wesentlich gefördert hat (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 162 Rn. 41).
56
6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 Gerichtskostengesetz (GKG) - ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen. Nach der Auskunft des Antragsgegners würden sich die Jahresbezüge für den Antragsteller in dem mit der Stelle verbundenen Amt A 15 auf 87.410,23 EUR belaufen (Bezüge von 6.912,27 EUR im Monat und Jahressonderzahlung von 4.462,99 EUR), hiervon ein Viertel (BayVGH, B.v. 3.7.2019 - 3 CE 19.1118 - juris).