Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 22.06.2022 – W 4 K 21.1153
Titel:

baurechtliche Nachbarklage, keine Abstandsflächenpflicht bei regelloser halboffener Bauweise, zulässige Grenzbebauung trotz Abstandsflächenübernahme, Wirksamkeit einer Abstandsflächenübernahme, Wirkung einer Abstandsflächenübernahme, keine Auswirkung auf Bauplanungsrecht, kein Verstoß gegen subjektiv-rechtliches Rücksichtnahmegebot

Normenketten:
BayBO Art. 6 Abs. 1 S. 1
BayBO Art. 6 Abs. 1 S. 3
BayBO Art. 6 Abs. 2 S. 4
BauGB § 34
BauNVO § 15
Schlagworte:
baurechtliche Nachbarklage, keine Abstandsflächenpflicht bei regelloser halboffener Bauweise, zulässige Grenzbebauung trotz Abstandsflächenübernahme, Wirksamkeit einer Abstandsflächenübernahme, Wirkung einer Abstandsflächenübernahme, keine Auswirkung auf Bauplanungsrecht, kein Verstoß gegen subjektiv-rechtliches Rücksichtnahmegebot
Fundstelle:
BeckRS 2022, 22883

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben gesamtschuldnerisch die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

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Die Kläger wenden sich gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit zwei Stellplätzen.
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1. Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …5 der Gemarkung Stockstadt am Main. Unmittelbar nordwestlich angrenzend liegt das Baugrundstück mit der Fl.Nr. …1/3, für das die Beigeladenen unter dem 28. Februar 2021 einen Bauantrag für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit zwei Stellplätzen einreichten. Die Bauvorlagen sahen zunächst den Standort des geplanten Wohnhauses traufseitig an der Grenze zum nordwestlich gelegenen Grundstück mit der Fl.Nr. …8 vor. Am 12. Juli 2021 wurde von den Beigeladenen geänderte Planunterlagen vorgelegt, wonach das Wohnhaus nunmehr mit einer traufseitigen Grenzbebauung zum südöstlichen Grundstück mit der Fl.Nr. …5, dem Grundstück der Kläger, errichtet werden soll. Wegen der Vorhabensplanung im Einzelnen wird auf die Bauvorlagen Bezug genommen. Die vorgenannten Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich.
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Mit Bescheid vom 10. August 2021 erteilte das Landratsamt A. den Beigeladenen die begehrte Baugenehmigung zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit zwei Stellplätzen auf dem Grundstück Fl.Nr. …1/3. Ein Abdruck der Baugenehmigung wurde den Klägern ausweislich der in den Behördenakten befindlichen Zustellungsurkunden jeweils am 14. August 2021 zugestellt.
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2. Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 2. September 2021, eingegangen bei Gericht am 3. September 2021, erhoben die Kläger Klage gegen die vorgenannte Baugenehmigung und beantragen,
die vom Landratsamt A. erteilte Baugenehmigung vom 10. August 2021 (...) aufzuheben.
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Begründet wurde die Klage im Wesentlichen damit, dass die Baugenehmigung die Kläger in ihren Rechten verletzte. Notwendige Abstandsflächen würden nicht eingehalten. Darüber hinaus verstoße die Baugenehmigung gegen eine von der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen im August 1996 übernommene Abstandsflächenübernahme. Auch gehe von dem Vorhaben eine erdrückende und einmauernde Wirkung aus. Zudem würden mit dem Bauvorhaben Einblicke in Räumlichkeiten der Kläger uneingeschränkt möglich. Auch die Belichtung auf dem Grundstück der Kläger würde durch das Bauvorhaben massiv beeinträchtigt. Diese vom Bauvorhaben der Beigeladenen ausgehenden Beeinträchtigungen führten schließlich zu einer Wertminderung des klägerischen Anwesens.
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3. Mit Schriftsatz des Landratsamts A. vom 19. November 2021 beantragt der Beklagte,
die Klage abzuweisen.
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Der Antrag wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich das Vorhaben in die nähere Umgebung einfüge und die Kläger nicht in ihren Rechten verletze. Ein Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht liege nicht vor, da aufgrund der konkreten örtlichen Situation der halboffenen Bauweise das Bauvorhaben keine Abstandsflächen zur Grundstücksgrenze der Kläger einhalten müsse. Dem stehe auch nicht die im Zuge des Neubaus des Zweifamilienhauses auf dem Grundstück der Kläger abgegebene Abstandsflächenübernahme vom August 1996 entgegen, da sich eine seitliche Grenzbebauung als planungsrechtlich zulässig erweise. Einer Abstandsflächenübernahme hätte es seinerzeit gar nicht bedurft. Zudem wies das Landratsamt A. darauf hin, dass die seitliche Grenzwand des Bauvorhabens zum Klägergrundstück als Brandwand gem. Art. 28 BayBO geplant sei, und auch der erforderliche Brandabstand von 2,50 m sei vorhanden. Schließlich gehe von dem Bauvorhaben keine erdrückende Wirkung aus. Das Bauvorhaben sei nicht besonders groß und stimme im Übrigen mit der vorhandenen Umgebungsbebauung hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, insbesondere mit Blick auf Geschossigkeit und Wandhöhe, überein. Zudem sei zu berücksichtigen, dass sich das Baugrundstück und das Grundstück der Kläger in einem sehr dicht bebauten innerörtlichen Bereich befänden. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots sei daher ebenfalls nicht erkennbar.
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4. Die mit Beschluss vom 6. September 2021 Beigeladenen haben sich im Verfahren weder schriftsätzlich geäußert noch einen Sachantrag gestellt.
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5. Aufgrund Beschlusses vom 2. März 2022 hat die Kammer am 26. April 2022 durch die Einnahme eines Augenscheins Beweis erhoben über die örtlichen und baulichen Verhältnisse im Bereich des Grundstücks Fl.Nr. …1/3 der Gemarkung Stockstadt am Main. Insoweit wird auf das diesbezügliche Protokoll und die dabei angefertigten Lichtbilder Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Behördenakten und das Protokoll über den Augenschein vom 26. April 2022 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage, über die ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, weil die Beteiligten hierauf im Rahmen des durchgeführten Augenscheintermins verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, aber nicht begründet.
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Die Kläger sind durch die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 10. August 2021 nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. hierzu etwa BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht, auch nicht teilweise, dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind.
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Weiter ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 - 4 B 244/96, NVwZ 1998, 58 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2132 - juris Rn. 3; VG Würzburg, U.v. 8.11.2016 - W 4 K 16.418 - juris Rn. 17).
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Weiterhin gilt es zu berücksichtigten, dass nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung maßgeblicher Zeitpunkt bei Nachbarklagen im Baurecht grundsätzlich der der Genehmigungserteilung ist (vgl. hierzu etwa BVerwG, B.v. 23.4.1998 - 4 B 40.98 - NVwZ 1998, 1179 = juris Rn. 3; BVerwG, U.v. 20.8.2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 = juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 6.11.2008 - 14 ZB 08.2326 - juris Rn. 4; Posser/Wolff, BeckOK VwGO, zu § 113 Rn. 22 und 22.6).
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2. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben und der im Rahmen des Augenscheintermins vor Ort festgestellten örtlichen und baulichen Verhältnissen liegt eine Rechtsverletzung der Kläger durch die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 10. August 2022 nicht vor. Die Baugenehmigung verstößt nicht gegen nachbarschützende Vorschriften, die im vorliegend einschlägigen Genehmigungsverfahren zu prüfen waren.
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2.1. Da das beantragte Bauvorhaben keinen Sonderbau im Sinne von Art. 2 Abs. 4 BayBO darstellt, wurde es zu Recht im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO genehmigt. Nach Art. 59 BayBO in der hier maßgeblichen Fassung ist im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren der Prüfungsrahmen beschränkt. Die Bauaufsichtsbehörde prüft danach lediglich (1.) die Übereinstimmung mit a) den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB, b) den Vorschriften über Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO, c) den Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinn des Art. 81 Abs. 1 BayBO, (2.) beantragte Abweichungen im Sinn des Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 sowie (3.) andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt, ersetzt oder eingeschlossen wird.
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2.2. Soweit sich die Kläger darauf berufen, das Vorhaben verstoße gegen die Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayBO des Abstandsflächenrechts, vermag dieser Einwand der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn vorliegend muss das Vorhaben der Beigeladenen zur gemeinsamen Grundstücksgrenze mit den Klägern nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsflächen einhalten.
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Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO sind Abstandsflächen nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf. Diese Regelung räumt dem Städtebaurecht den Vorrang ein, soweit es um die Errichtung von Gebäuden ohne Grenzabstand geht. Dieser Vorrang des Städtebaurechts gilt ausweislich des eindeutigen Gesetzeswortlauts „nach planungsrechtlichen Vorschriften“ nicht nur für Festsetzungen in Bebauungsplänen. Auch dort, wo sich die planungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben nach § 34 BauGB richtet, können Grenzanbauten im dargestellten Sinn zulässig sein: § 34 Abs. 1 BauGB nennt ausdrücklich die Bauweise als ein für die Zulässigkeit des Vorhabens relevantes Tatbestandsmerkmal (vgl. hierzu etwa BayVGH, U.v. 20.10.2010 - 14 B 09.1616 - juris Rn. 30; Kraus in Busse/Kraus, BayBO; Stand: 09/2021, Art. 6 Rn. 47). Dies gilt dabei selbst dann, wenn man im Hinblick auf die insoweit maßgebliche Umgebungsbebauung von einer regellosen Grenzbebauung ausginge (BayVGH, U.v. 20.10.2010 - 14 B 09.1616 - juris Rn. 31).
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Als nähere Umgebung i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB ist der Bereich anzusehen, innerhalb dessen sich einerseits das Vorhaben auf die benachbarte Bebauung und andererseits diese Bebauung auf das Baugrundstück prägend auswirkt (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369 ff., BayVGH, U.v. 24.11.2010 - 9 B 10.363 - juris m.w.N.). Die Grenzen sind dabei nicht schematisch, sondern nach der jeweiligen städtebaulichen Situation zu bestimmen. Dabei ist die nähere Umgebung für jedes der Merkmale des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gesondert zu ermitteln, weil die wechselseitige Prägung unterschiedlich weit reichen kann.
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Hinsichtlich des hier fraglichen Merkmals der Bauweise ist bezüglich der näheren Umgebung nach den im Augenschein gewonnenen Erkenntnissen auf den Bereich nordöstlich der O. S. abzustellen, der im Nordwesten durch die W. S. und im Südosten durch das Grundstück Fl.Nr. …0, O. S. *3, auf dem sich ein großes Werksgebäude befindet und daher die hier relevante, nordwestlich gelegene Umgebungsbebauung unterbricht, begrenzt wird. Aufgrund der Breite der … S. und der deutlich größeren Grundstücke samt der damit einhergehenden andersartigen Siedlungsstruktur südwestlich dieser Straße kommt der O. S. im soeben umrissenen Abschnitt trennende Wirkung zu, wie der Augenschein ergeben hat.
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In der soeben festgelegten näheren Umgebung ist eine halboffene Bauweise absolut vorherrschend, wobei regellos mal an der nordwestlichen Grundstücksgrenze, mal an der südwestlichen Grundstückgrenze gebaut wurde. Gebäude in offener Bauweise, also mit beidseitigem seitlichen Grenzabstand, wie im Fall der Kläger, sind dort die absolute Ausnahme und damit nicht als maßstabs- bzw. rahmenbildend anzusehen (neben dem Grundstück der Kläger auf Fl.Nr. …5 finden sich nur noch auf den Fl.Nrn. …3 und …0 Gebäude mit beidseitigem Grenzabstand, wobei dies beim ersten Grundstück wohl primär der Grundstückslage unmittelbar zwischen O. und W. S. geschuldet sein dürfte; der nordwestliche Grenzabstand auf dem Grundstück Fl.Nr. …0 ist zudem deutlich geringer als der des klägerischen Anwesens, insoweit dürfte es sich um eine sog. Traufgasse handeln).
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Unter Berücksichtigung dieser Umgebungsbebauung, die eine regellose halboffene Bauweise aufweist, darf das Vorhaben der Beigeladenen an die Grundstücksgrenze zu den Klägern errichtet werden, so dass gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsflächen einzuhalten sind. Eine diesbezügliche Rechtsverletzung der Kläger scheidet damit aus.
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2.3. Auch die im August 1996 von der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen übernommenen Abstandsflächenübernahme auf dem Baugrundstück führt nicht zur Rechtswidrigkeit der hier streitgegenständlichen Baugenehmigung. Insbesondere liegt insoweit kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 4 oder Abs. 3 BayBO vor.
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2.3.1. Die Abstandsflächenübernahme wurde im August 1996 zu Lasten des Grundstücks mit der Fl.Nr. …1/2 mit einer Tiefe von 0,5 m übernommen (vgl. hierzu Blatt 9 f. der Gerichtsakte). Das Baugrundstück mit der Fl.Nr. …1/3 entstand aufgrund einer späteren Teilung des Grundstücks mit der Fl.Nr. …1/2. Die Zustimmungserklärung zur Abstandsflächenübernahme ist eine einseitige, (amts-)empfangsbedürftige, öffentlich-rechtliche Willenserklärung des Nachbarn gegenüber der Bauaufsichtsbehörde (vgl. Hahn in Busse/Kraus, BayBO, Stand: 145. EL, 1/2022, Art. 6 Rn. 124); für sie ist die Schriftform (§ 126 BGB) vorgeschrieben (vgl. Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO). Da eine Abstandsflächenübernahme dingliche Wirkung hat, gilt sie auch für und gegen den Rechtsnachfolger (vgl. Art. 6 Abs. 2 Satz 3 letzter Halbsatz BayBO). Eine Abstandsflächenübernahme hat zudem ausschließlich öffentlich-rechtliche, aber keine privatrechtliche Wirkung (vgl. hierzu Hahn in Busse/Kraus, BayBO, Stand: 145. EL, 1/2022, Art. 6 Rn. 131). Damit greift die Regelung des Art. 68 Abs. 5 BayBO nicht, so dass eine bestehende Abstandsflächenübernahme von der zuständigen Baubehörde grundsätzlich jedenfalls im Rahmen der Prüfung hinsichtlich der Übereinstimmung mit den Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO (vgl. insb. Art. 6 Abs. 2 Satz 4 BayBO) zu berücksichtigen ist (siehe Art. 59 Satz 1 Nr. 1b) BayBO).
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2.3.2. Vorliegend spricht jedoch alles dafür, dass die Abstandsflächenübernahme vom August 1996 aufgrund entgegenstehenden Bauplanungsrechts unwirksam ist. Denn von den Möglichkeiten der Verlagerung von Abstandsflächen auf ein Nachbargrundstück nach Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO, zu denen auch die Abstandsflächenübernahmeerklärung zählt, kann kein Gebrauch gemacht werden, wenn planungsrechtliche Vorschriften oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften (z.B. Brandschutzanforderungen) entgegenstehen (vgl. Hahn in Busse/Kraus, BayBO, Stand: 145. EL, 1/2022, Art. 6 Rn. 103 ff.; zu einem Fall einer unwirksamen Abstandsflächenübernahme vgl. auch VG München, B.v. 12.3.2013 - M 8 SN 13.680 - juris Rn. 43).
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Wie oben unter 2.2. bereits dargestellt wurde, ist die hier maßgebliche Umgebungsbebauung durch eine halboffene Bauweise gekennzeichnet, wobei insoweit regellos an die südöstliche oder an die nordwestliche Grundstücksgrenze gebaut wurde. Diese Sachlage hat ausweislich des entsprechenden Auszugs aus dem Katasterkartenwerk bereits 1996 so bestanden (Blatt 28 der Behördenakte zum Bauvorhaben der Kläger - BA-Vz.: …). Damit hätten die Kläger nach den Vorgaben des damals geltenden Bauplanungsrechts selbst an eine seitliche Grundstücksgrenze bauen müssen. Die Situierung ihres Zweifamilienhauses mit beidseitigem seitlichen Grenzabstand stellt eine den diesbezüglichen Rahmen der Umgebungsbebauung überschreitende Ausnahme dar (vgl. hierzu ebenfalls bereits oben unter 2.2.). Hätten die Kläger ihr Zweifamilienhaus in Einklang mit der vor Ort vorgegebenen halboffenen Bauweise errichtet, hätte es der eingeholten Abstandsflächenübernahme folglich erst gar nicht bedurft, weil das Zweifamilienhaus entweder direkt an der nordwestlichen Grundstücksgrenze hätte gebaut werden dürfen oder - im Fall der Errichtung an der südöstlichen Grundstücksgrenze - ausreichend Freifläche im nordwestlichen Grundstücksbereich für die dort dann notwendige Abstandsfläche vorhanden gewesen wäre (vgl. hierzu den Abstandsflächenplan auf Blatt 32 der Behördenakte zum Bauvorhaben der Kläger - BA-Vz.: …).
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Die Abstandsflächenübernahme der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen aus dem Jahr 1996, auf die sich die Kläger berufen, ist daher wegen Verstoßes gegen bauplanungsrechtliche Vorgaben unwirksam. Schon aus diesem Grund vermag die Abstandsflächenübernahme die hier streitgegenständliche Baugenehmigung nicht rechtswidrig zu machen bzw. liegt kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 4 BayBO vor.
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Auch der Hinweis der Kläger während des Augenscheins, bereits vorher hätte auf ihrem Grundstück ein Wohnhaus in offener Bauweise bestanden, stellt die vorangegangene rechtliche Einschätzung nicht in Frage. Denn insoweit können sich die Kläger insbesondere nicht auf Bestandsschutz berufen. Denn sowohl nach der Größe als auch nach der Situierung auf dem Grundstück unterscheidet sich das aktuelle Zweifamilienhaus auf dem Grundstück der Kläger deutlich vom dort zuvor stehenden Wohnhaus (vgl. hierzu Blatt 27 einerseits und Blatt 28 andererseits der Behördenakte zum Bauvorhaben der Kläger - BA-Vz.: 1295/96). Dementsprechend haben die Kläger im Jahr 1996 auch eine (neue) Baugenehmigung beantragt. Dass das dort zuvor stehenden Wohnhaus einen geringen Grenzabstand auch zur nordwestlichen Grundstücksgrenze hatte, ändert schließlich auch nichts am Umstand, dass sich bereits 1996 - also im Zeitpunkt der Genehmigung des aktuellen Zweifamilienhauses auf dem Grundstück der Kläger - die Umgebungsbebauung durch eine regellose halboffene Bauweise ausgezeichnet hat (vgl. Blatt 27 der Behördenakte zum Bauvorhaben der Kläger - BA-Vz.: …).
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Mangels Wirksamkeit der Abstandsflächenübernahme aus dem Jahr 1996 kann diese keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Baugenehmigung haben. Eine Rechtsverletzung der Kläger scheidet daher auch mit Blick auf Art. 6 Abs. 2 Satz 4 BayBO aus.
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2.3.3. Aber selbst wenn man von der Wirksamkeit der Abstandsflächenübernahme ausgehen wollte, würde diese keine Rechte der Kläger verletzen und somit der den Beigeladenen erteilten Baugenehmigung nicht entgegenstehen.
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So ist anerkannt, dass die Abstandsflächenübernahme neben ihrer dinglichen Wirkung auch eine verfahrensrechtliche und eine materiell-rechtliche Wirkung hat (vgl. hierzu Hahn in Busse/Kraus, BayBO, Stand: 145. EL, 01/2022, Art. 6 Rn. 130). Diese besagen, dass der Nachbar, der die Übernahmeerklärung abgegeben hat, später die erteilte Baugenehmigung nicht mehr mit der Begründung anfechten kann, dass die Abstandsfläche nicht eingehalten ist (verfahrensrechtliche Wirkung). Die materiell-rechtliche Wirkung der Abstandsflächenübernahme hat zum Inhalt, dass der Nachbar auf die Einhaltung der ihn schützenden Abstandsflächenvorschriften verzichtet und ferner die materielle Voraussetzung für die abstandsflächenrechtliche Rechtmäßigkeit des Vorhabens geschaffen wird.
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Eine darüber hinaus gehende Wirkung kommt der Abstandsflächenübernahmeerklärung dagegen nicht zu, insbesondere vermag diese als Instrument des Bauordnungsrechts nicht bestehendes Bauplanungsrecht abzuändern (in diesem Sinne auch VG München, U.v. 18.2.2008 - M 8 K 07.291 - juris Rn. 32).
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Schließlich gilt es weiter zu beachten, dass selbst bei einer (wirksamen) Abstandsflächenübernahme diese nicht zur Folge hat, dass auf übernommenen Abstandsflächen jegliche Bebauung unzulässig ist. Unzulässig ist auf solchen Flächen vielmehr nur eine Bebauung, die innerhalb der Abstandsflächen unzulässig ist; denn die vom Nachbarn übernommene Verpflichtung, die verlagerte Abstandsfläche von baulichen Anlagen freizuhalten, geht nicht weiter als es Art. 6 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 6 und Abs. 7 BayBO verlangen (vgl. Hahn in Busse/Kraus, BayBO, Stand: 145. EL, 1/2022, Art. 6 Rn. 142; Schönfeld in BeckOK BayBO, Stand: 22. Edition, 1.5.2022, Art. 6 Rn. 110 a.E.; Grziwotz, BayVBl. 1997, 365/366). Bei einer halboffenen Bauweise, wie sie die hier maßgebliche Umgebungsbebauung vorgibt (s.o. unter 2.2.), müssen gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO aber auf der Seite ohne seitlichen Grenzabstand gerade keine Abstandsflächen eingehalten werden. Das Vorhaben der Beigeladenen darf somit aufgrund der bauplanungsrechtlichen Situation vor Ort trotz der Abstandsflächenübernahme aus dem Jahr 1996 auf die Grenze zum klägerischen Grundstück gebaut werden.
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Dieses Ergebnis wird durch systematische und teleologische Erwägungen bestätigt. So besagt Art. 6 Abs. 2 Satz 4 BayBO, dass Flächen, auf denen übernommene Abstandsflächen liegen, nicht auf Abstandsflächen angerechnet werden dürfen, die für eine Bebauung auf dem Nachbargrundstück „erforderlich“ sind (vgl. zu Art. 6 Abs. 2 Satz 4 BayBO etwa Hahn in Busse/Kraus, BayBO, Stand: 145. EL, 01/2022, Art. 6 Rn. 141). Auch Art. 6 Abs. 3 Halbsatz 2 Nr. 3 BayBO macht vom Grundsatz, dass sich Abstandsflächen nicht über-decken dürfen, eine Ausnahme, wenn Gebäude und andere bauliche Anlagen in den Abstandsflächen zulässig sind. Die Vorschrift nimmt dabei Bezug auf Art. 6 Abs. 7 BayBO (vgl. hierzu Hahn in Busse/Kraus, BayBO, Stand: 145. EL, 1/2022, Art. 6 Rn. 148). Wenn somit Gebäude und bauliche Anlagen gem. Art. 6 Abs. 7 BayBO auf übernommenen Abstandsflächen errichtet werden dürfen, also bauliche Anlagen, die an sich abstandsflächenpflichtig gem. Art. 6 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BayBO sind, dann muss dies erst recht gelten für Gebäude und bauliche Anlagen, die gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO aufgrund bauplanungsrechtlicher Vorgaben von vornherein nicht abstandsflächenpflichtig sind. Denn Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO bezweckt, dem Bauplanungsrecht den Vorrang vor dem Abstandsflächenrecht und den dahinterstehenden Rechtsgütern (Belichtung, Belüftung und Sozialabstand) einzuräumen, etwa aus Gründen der Nachverdichtung oder der flächensparenden Bauweise (vgl. Hahn in Busse/Kraus, BayBO, Stand: 145. EL, 1/2022, Art. 6 Rn. 14).
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Damit steht fest, dass die Beigeladenen aufgrund der bauplanungsrechtlichen Situation, die eine Grenzbebauung in Form der halboffenen Bauweise zulässt, trotz der Abstandsflächenübernahmeerklärung der Rechtsvorgängerin aus dem Jahr 1996 hier direkt an die Grenze bauen dürfen. Eine bauplanungsrechtliche Wirkung kommt einer (wirksamen) Abstandsflächenübernahme als Instrument des Bauordnungsrechts nicht zu. Dies wäre mit den unterschiedlichen Regelungszwecken des Bauordnungsrechts einerseits und des Bauplanungsrechts andererseits sowie den jeweils unterschiedlichen Gesetzgebungszuständigkeiten hierfür nicht vereinbar.
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Die streitgegenständliche Baugenehmigung verstößt somit auch nicht gegen die von der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erklärten Abstandsflächenübernahme aus dem Jahr 1996. Die Kläger sind auch insoweit nicht in ihren Rechten verletzt sind, unabhängig davon, ob man die Abstandsflächenübernahme als wirksam erachtet oder nicht.
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2.4. Die Kläger können sich schließlich auch nicht mit Erfolg auf eine Verletzung des subjektiv-rechtlichen Rücksichtnahmegebots berufen. Dieses kommt im vorliegenden Zusammenhang im Tatbestandsmerkmal des „Einfügens“ im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB sowie über § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zum Tragen.
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2.4.1. Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position innehat (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn. 9 m.w.N.). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22.75, BVerwGE 52, 122 - juris Rn. 22; U.v. 28.10.1993 - 4 C 5.93, NVwZ 1994, 686 - juris Rn. 17; U.v. 18.11.2004 - 4 C 1/04, NVwZ 2005, 328 - juris Rn. 22; U.v. 29.11.2012 - 4 C 8/11, BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 4).
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Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22.75, BVerwGE 52, 122 - juris Rn. 22). Das Gebot der Rücksichtnahme gibt den Nachbarn aber nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (BayVGH, B.v. 22.6.2011 - 15 CS 11.1101 - juris Rn. 17).
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2.4.2. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben kann das Gericht unter Berücksichtigung der zugrundeliegenden Bauvorlagen und der im Rahmen des Augenscheins gewonnenen Erkenntnisse über die örtlichen Verhältnisse keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots erkennen.
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Eine erdrückende Wirkung des Bauvorhabens scheidet vorliegend schon deswegen aus, weil dieses in seiner Gesamthöhe noch unter dem des klägerischen Zweifamilienhauses zurückbleibt (vgl. Blatt 84 BA). Auch der Einwand der Kläger, dass durch das Vorhaben unzumutbare Einsichtsmöglichkeiten in ihr Anwesen ermöglicht würden, ist offensichtlich unbegründet. Denn das geplante Einfamilienhaus der Beigeladenen sieht an seiner südöstlichen Seite, mit dem es an die Grundstücksgrenze zu den Klägern errichtet werden soll, keinerlei Öffnungen vor (vgl. Blatt 80, 81 und 85 BA).
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Auch den vorgetragenen Einwand, das Vorhaben der Beigeladenen führe für das Anwesen der Kläger zu einer „Gefängnishof-Situation“, vermag die Kammer nicht zu teilen. Dies bereits deswegen nicht, weil das Anwesen der Kläger zur O. S. hin völlig frei bleibt. Darüber hinaus reicht das Bauvorhaben der Beigeladenen nur bis etwa zur Mitte des klägerischen Zweifamilienhauses. Dass die Kläger ihr Anwesen in nordöstliche Richtung selbst mit Nebenanlagen bebaut haben, kann ebenso wenig den Beigeladenen angelastet werden wie die durchgehende Grenzbebauung entlang der südöstlichen Grundstücksgrenze der Kläger auf dem Grundstück Fl.Nr. …8/2. Die beengten Verhältnisse vor Ort sind vielmehr den schmalen Grundstücken und der halboffenen Bauweise geschuldet.
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Das Vorhaben der Beigeladenen wird zwar eine gewisse Verschlechterung der Belichtungs- und Belüftungssituation auf dem Anwesen der Kläger zur Folge haben. Allerdings stuft diese die Kammer nicht als unzumutbar ein. Denn zum einen wird das Vorhaben der Beigeladenen nordwestlich vom Anwesen der Kläger liegen, so dass mit einer unmittelbaren Verschattung hierdurch allenfalls in den Abendstunden während der Sommerzeit zu rechnen ist. Zum anderen sind derartige Einschränkungen bei einer auf halboffener Bauweise beruhenden Grenzbebauung die Regel und damit regelmäßig hinzunehmen (vgl. hierzu etwa BayVGH, B.v. 8.8.2001 - 8 N 00.690 - NVwZ-RR 2002, 259/260). Zu berücksichtigen ist insoweit zudem, dass die Kläger durch ihre von der Umgebungsbebauung abweichende Bauweise im Sinne einer offenen Bauweise rund um ihr Zweifamilienhaus Freiraum haben (immerhin 2,5 m zur nordwestlichen Grenze) und damit nicht schlechter stehen, als wenn sie der Umgebungsbebauung folgend selbst an eine Grundstücksgrenze gebaut hätten.
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Die Kläger können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, ihr Anwesen werde aufgrund der - allerdings zumutbaren - Beeinträchtigungen durch das Bauvorhaben der Beigeladenen einen Wertverlust erleiden. Unter dem Gesichtspunkt der Wertminderung kommt ein nachbarlicher Abwehranspruch nämlich nur dann in Betracht, wenn die Wertminderung die Folge einer dem Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten seines Grundstücks ist (BVerwG, B.v. 24.04.1992 - 4 B 60.92 - juris Rn. 6; B.v. 13.11.1997 - 4 B 195.97 - juris Rn. 6; BayVGH B.v. 1.3.2016 - 15 CS 16.244 - juris Rn. 24 ff.). Hierfür bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte.
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Eine unzumutbare Beeinträchtigung durch das Bauvorhaben der Beigeladenen, die zu einer Verletzung des subjektiv-rechtlichen Rücksichtnahmegebots führen würde, liegt damit ebenfalls nicht vor. Auch insoweit ist eine Rechtsverletzung der Kläger nicht gegeben.
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2.5. Eine Verletzung sonstiger nachbarschützender Vorschriften, die vorliegend im Genehmigungsverfahren zu prüfen waren, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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Die Klage war demnach abzuweisen.
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3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladenen keinen eigenen Sachantrag gestellt haben und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).
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4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.