Inhalt

OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss v. 10.08.2022 – 8 U 840/22
Titel:

Keine Passivlegitimation eines Maklerpool-Betreibers für Schadensersatzansprüche des Versicherungsnehmers

Normenketten:
VVG § 59, § 63
ZPO § 286 Abs. 1 S. 1, § 309, § 355 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
Zur Passivlegitimation für Schadensersatzansprüche aus Beratungspflichtverletzung bei Einschaltung eines sog. Maklerpools. (Rn. 26 – 30)
1. Der Umstand, dass nach der Beweisaufnahme ein Richterwechsel stattgefunden hat, steht der Verwertung der Beweisergebnisse nicht entgegen, wenn die Aussagen der vernommenen Personen ausführlich dokumentiert worden sind und es auf die persönliche Wahrnehmung durch den Richter nicht entscheidend ankommt, weil schon der objektive Inhalt der Beweisaufnahme sowie des sonstigen Akteninhalts nicht ausreicht, um eine zweifelsfreie Überzeugung des Gerichts zu begründen. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Betreiber eines sog. Maklerpools, d.h. Servicegesellschaften, die für Versicherungsmakler akquirierte Verträge bündeln, die organisatorische Abwicklung und Provisionsabrechnung mit den Versicherern übernehmen und in der Regel keinen Kontakt zum Endkunden haben, sind selbst keine Versicherungsmakler. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Betreiber eines Maklerpools, der durch eigenes Verhalten nicht den Eindruck erweckt, eigenständige Vermittlungsleistungen zu erbringen, und sich nicht bereit erklärt, Angebote unterschiedlicher Versicherer für den Versicherungsnehmer zu beschaffen, ist kein Anscheinsmakler iSd § 59 Abs. 3 S. 2 VVG. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Versicherungsmaklerpool, Passivlegitimation, Schadensersatz, Beratungspflichtverletzung, Anscheinsmakler, Richterwechsel, Verwertung des Beweisergebnisses, Wiederholung der Beweisaufnahme
Vorinstanz:
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 09.03.2022 – 2 O 7331/20
Fundstellen:
LSK 2022, 22778
r+s 2023, 431
BeckRS 2022, 22778
ZfS 2023, 269

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 09.03.2022, Az. 2 O 7331/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Vermittlung eines Versicherungsvertrages.
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Die Klägerin schloss mit Beginn zum 26.04.2012 bei der A. V. AG eine gewerbliche Sachversicherung für das Anwesen … in A. ab (Anlage K 1). Gegenstand dieses Produktes ist auch eine Leitungswasserversicherung für die Betriebseinrichtung und für Vorräte mit einer Versicherungssumme von 100.000 €, was dem Wert des versicherten Inventars der Klägerin bei Vertragsschluss entsprach.
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Der Abschluss des genannten Versicherungsvertrages kam unter Mitwirkung des Streithelfers der Klägerin - des Zeugen R. - zustande. Dieser reichte eine auf den 20.04.2012 datierte Angebotsanforderung für die Klägerin bei der A. V. AG ein (Anlage K 2). In diesem Anforderungsformular ist die Beklagte als Vermittlerin aufgeführt. Der Streithelfer wird zusätzlich handschriftlich als „V. … Finanzmakler“ genannt. Die Klägerin behauptet in diesem Zusammenhang, dass der Streithelfer die Beklagte vertreten habe, welche gegenüber der Klägerin als selbständige Versicherungsmaklerin aufgetreten sei.
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Die Klägerin macht ferner geltend, dass es in dem versicherten Gewerbeobjekt am 19.03.2020 zu einem Leitungswasserschaden gekommen sei, wodurch an dem Inventar ein Gesamtschaden in Höhe von 64.298,33 € entstanden sei. Zu diesem Zeitpunkt habe der Wert des versicherten Inventars 471.132,44 € betragen. Aufgrund der dadurch eingetretenen Unterversicherung habe die A. V. AG - insofern unstreitig - lediglich einen Betrag von 13.647,61 € erstattet (Anlage K 4).
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Die Klägerin nimmt die Beklagte unter dem Vorwurf der fehlerhaften Beratung auf Schadensersatz in Anspruch. Bei Vermittlung des Vertrages sei sie nicht über die Gefahr der Unterversicherung aufgeklärt worden. Auch in der Folgezeit sei die Klägerin nicht darüber informiert worden, dass bei einer Werterhöhung des Inventars eine Unterversicherung drohe und ggf. eine Anpassung des Versicherungsschutzes notwendig sei. Die zu erstattende Vermögenseinbuße bestehe in der ungedeckten Summe aus dem Leitungswasserschaden.
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Das Landgericht hat die auf Zahlung von 50.650,72 € gerichtete Klage nach Beweisaufnahme vollständig abgewiesen. Es hat dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Beklagte schon nicht passivlegitimiert sei. Bei der Vermittlung des Versicherungsvertrages sei die Beklagte nur als sog. Maklerpool in Erscheinung getreten. Eine eigenständige Maklerleistung gegenüber der Klägerin habe sie nicht erbracht. Die Beklagte hafte auch nicht als Anscheinsmaklerin. Bei Abschluss des Vertrages habe keine Unterversicherung bestanden. Selbst wenn man unterstelle, dass die Beklagte über die Gefahr der Unterversicherung bei Erhöhung des Wertes des Inventars habe aufklären müssen, sei ein etwaiger Aufklärungsfehler nicht kausal gewesen. Denn die Klägerin habe eine erheblichen nicht gedeckten Inventarwert in Kauf genommen.
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Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgt. Der Streithelfer hat sich diesem Antrag angeschlossen.
II.
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Der Senat ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die in erster Instanz festgestellten Tatsachen gebunden. Durchgreifende und entscheidungserhebliche Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen ergeben sich nicht. Die maßgeblichen Tatsachen rechtfertigen keine von der des Landgerichts abweichende Entscheidung und dessen Entscheidung beruht auch nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
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Zu Recht und mit ebenso ausführlicher wie überzeugender Begründung hat das Landgericht einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 63 Satz 1 VVG verneint. Mit den hiergegen erhobenen Einwendungen kann die Berufung nicht durchdringen.
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1. Der Beweis der tatbestandlichen Anspruchsvoraussetzungen des § 63 Satz 1 VVG oblag nach allgemeinen Grundsätzen der Klägerin als Anspruchstellerin. Lediglich das Verschulden wird gemäß § 63 Satz 2 VVG gesetzlich vermutet. Für sonstige Beweiserleichterungen ist im Streitfall kein Raum.
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Die Klägerin hatte daher mit dem Beweismaß des § 286 Abs. 1 ZPO nachzuweisen, dass die Beklagte im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vertrages bei der A. Versicherung als Versicherungsvermittlerin i.S.v. § 59 VVG gehandelt hat. Denn nur der Versicherungsvermittler ist Adressat der in §§ 60 f. VVG geregelten Pflichten.
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Diesen Beweis hat die Vorinstanz fehlerfrei für nicht geführt angesehen (LGU 5-8).
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a) Die Berufungsinstanz stellt einerseits keine vollständige zweite Tatsacheninstanz dar. Daher ist die Beweiswürdigung des Erstgerichts im Rahmen der §§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO im Wesentlichen darauf zu untersuchen, ob erhebliches Parteivorbringen übergangen worden ist, notwendige Beweise nicht erhoben worden sind, die Beweislast oder das Beweismaß verkannt worden sind oder im Rahmen der Würdigung gegen Denk- und Naturgesetze verstoßen worden ist (vgl. etwa BGH, Urteil vom 21.06.2016 - VI ZR 403/14, NJW-RR 2017, 219 Rn. 10 m.w.N.; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 19. Aufl., § 529 Rn. 5).
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Andererseits dient auch die Berufungsinstanz der Gewinnung einer fehlerfreien und überzeugenden und damit richtigen Entscheidung des Einzelfalls. Daher hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Überzeugungsbildung nicht nur auf Rechtsfehler zu überprüfen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 04.09.2019 - VII ZR 69/17, NJW-RR 2019, 1343 Rn. 11 m.w.N.).
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Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der vom erstinstanzlichen Gericht aufgrund erhobener Beweise getroffenen Feststellungen sind allerdings nur begründet, wenn aus der Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass eine (ergänzende oder wiederholte) Beweisaufnahme in zweiter Instanz zu abweichenden Feststellungen führen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 21.03.2018 - VII ZR 170/17, NJW-RR 2018, 651 Rn. 15 m.w.N.).
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Solange die Beweiswürdigung innerhalb der zuvor genannten Grenzen sachlich überzeugt, wird die Berufung keinen Erfolg haben (vgl. OLG Koblenz, BeckRS 2018, 28845 Rn. 9; Jäckel, Das Beweisrecht der ZPO, 3. Aufl., Rn. 857). Dies ist hier der Fall.
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b) Das Landgericht hat den Geschäftsführer der Klägerin gemäß §§ 137 Abs. 4, 141 ZPO informatorisch befragt und den Streithelfer als Zeugen vernommen.
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Der Umstand, dass nach der Beweisaufnahme ein Richterwechsel stattgefunden hat, steht der Verwertung der Beweisergebnisse nicht entgegen. Denn die Aussagen der vernommenen Personen im Termin vom 07.09.2021 sind ausführlich dokumentiert worden. Auf die persönliche Wahrnehmung durch die letztlich zuständige Einzelrichterin kam es nicht entscheidend an, da schon der objektive Inhalt der Beweisaufnahme sowie des sonstigen Akteninhalts nicht ausreichte, um eine zweifelsfreie Überzeugung des Gerichts zu begründen. Im Übrigen wurde dem Erfordernis der §§ 309, 156 Abs. 2 Nr. 3 ZPO durch eine Überleitung in das schriftliche Verfahren Genüge getan (vgl. BGH, Beschluss vom 13.05.1971 - X ZB 3/71, NJW 1971, 1936).
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Der Geschäftsführer der Klägerin erklärte, dass der Streithelfer, den er von früher kannte, auf ihn zugekommen sei und gefragt habe, ob die Klägerin „nicht einmal [ihr] Warenlager versichern möchte“. Die Buchhaltung der Klägerin habe einen Warenbestand von ca. 90.000 € ermittelt und man habe dann „einen Vertrag über 100.000 € gemacht“. Das Gespräch mit dem Streithelfer habe ca. 10 Minuten gedauert. Der Geschäftsführer der Klägerin sei damals davon ausgegangen, dass er in einem Schadensfall eine Summe von bis zu 100.000 € ausgezahlt bekomme. Über das Risiko einer Unterversicherung habe der Streithelfer nichts gesagt. Dieser habe erklärt, er suche die richtige Versicherung heraus und besorge das entsprechende Angebot. Für ihn - den Geschäftsführer der Klägerin - sei der Streithelfer der Ansprechpartner gewesen. Um „das andere“ habe er sich nicht gekümmert. Vor dem 20.04.2012 habe es kein Gespräch zwischen ihm und dem Streithelfer zu der hier gegenständlichen Versicherung gegeben. Zur Frage, ob der Streithelfer bei der „D… Finanz“ tätig gewesen sei, konnte der Geschäftsführer der Klägerin nichts sagen. Die Beklagte kenne er nicht als Maklerin, sondern als Versicherung.
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Schon diesen Aussagen ist zu entnehmen, dass die Vermittlung des Versicherungsvertrages offenbar nicht im Namen der Beklagten erfolgt ist. Gegenüber der Klägerin hat ausschließlich der Streithelfer gehandelt. Über die Beklagte ist in diesem Zusammenhang nicht gesprochen worden und dem Geschäftsführer der Klägerin war die Beklagte auch nicht als Versicherungsmaklerin bekannt.
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Ein anderes Beweisergebnis folgt im Streitfall entgegen der Ansicht der Berufung auch nicht aus der als Anlage K 2 vorgelegten Angebotsanforderung. Dieses Formular der A. V. AG benennt die Klägerin als Kundin. Zwar ist dort auf Seite 1 die hiesige Beklagte als „Vermittler“ aufgeführt. Jedoch ist daneben handschriftlich „V. … Finanzmakler R. …“ vermerkt. Auf Seite 8 des Formulars befindet sich unter „Vermittler“ ausschließlich die Unterschrift des Streithelfers mit der Bezeichnung „D… Finanzmakler“. Ein Vertretungszusatz fehlt. Soweit sich die Berufung auf den objektiven Erklärungsgehalt der als Anlage K 2 vorliegenden Urkunde fokussiert, blendet sie sonstige Umstände und den Inhalt der Beweisaufnahme aus. Entgegen der Interpretation der Klägerin (Berufungsbegründung, Seite 7) ist die als Anlage K 2 vorliegende Urkunde auch nicht durch beide Parteien unterschrieben worden, sondern durch den Geschäftsführer der Klägerin und durch den Streithelfer. Im Verhältnis der Streitparteien gilt daher die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Urkunde nicht (vgl. Jäckel, aaO. Rn. 658 m.w.N.). Im Übrigen hat die Klägerin diese Angebotsanforderung unterzeichnet, als der Streithelfer die A. als empfehlenswerten Versicherer und das entsprechende Produkt bereits ausgewählt hatte. Die Klägerin durfte daher nicht davon ausgehen, dass sie die Beklagte erst noch beauftragen müsse, um für sie tätig zu werden sowie einen bedarfsgerechten Versicherungsschutz am Markt ausfindig zu machen und auszuwählen (vgl. hierzu OLG Saarbrücken, Urteil vom 20.03.2013 - 5 U 356/12, juris Rn. 16 m.w.N.).
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Der als Zeuge vernommene Streithelfer erklärte, dass er ein guter Freund des Geschäftsführers der Klägerin sei. Anfänglich habe er sich um die Kfz-Versicherungen der Klägerin gekümmert (s. Anlage B 3). Als von dort die Anfrage wegen einer Gebäudeinhaltsversicherung gekommen sei, habe er Kontakt zur Beklagten aufgenommen und bei dieser gefragt, ob „wir eine Gebäudeinhaltsversicherung im Portfolio haben“. Dann habe er das Angebot der A. Versicherung zur Klägerin mitgenommen und anschließend die Anfrage direkt an den Versicherer gefaxt, aus Zeitgründen nicht - wie sonst üblich - erst an die Beklagte. Zu diesem Zeitpunkt sei er als „Vermittler/Bote“ für die D… tätig gewesen. Eine entsprechende Visitenkarte dieses Finanzvertriebs habe er dem Geschäftsführer der Klägerin bei dem Gespräch übergeben. Die D… habe eine „Unternummer“ bei der Beklagten gehabt. Über diese Unternummer sei auch die hier betroffene Versicherung eingereicht worden. Die D… sei ein Partner der Beklagten gewesen, welche wiederum einen Maklerpool betrieben habe, aus dessen Portfolio sich verschiedene Makler bedienen könnten. Die Beklagte verhandele die spezifischen Konditionen mit den verschiedenen Versicherern. Sie selbst habe nie Kontakt mit den Versicherungsnehmern gehabt. Der Zeuge bekundete ferner, dass er nicht berechtigt gewesen sei, für die Beklagte zu handeln. Warum die Beklagte seitens des Versicherers als „Ansprechpartner“ des Kunden benannt werde (Anlage K 3), könne er - der Zeuge - sich nicht erklären. Das als Anlage K 2 vorliegenden Anforderungsformular habe er von der Beklagten erhalten. Er habe nachträglich sich selbst als Vermittler und seine Zuordnungsnummer hinzugefügt, damit klar sei, „wer hier Makler der Versicherung war“ und eine Maklercourtage erhalte. Dementsprechend sei er - der Zeuge - davon ausgegangen, dass er selbst die Versicherung vermittelt habe. Eine etwaige Courtage hätte er von der Beklagten erhalten, nicht von dem Versicherer.
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Das Verhältnis des Streithelfers bzw. der Fa. D… zur Beklagten wird untermauert durch die als Anlage B 1 vorliegende Maklervereinbarung. Danach werden die einzelnen Makler nicht im Namen der Beklagten und auch nicht als deren Erfüllungsgehilfe tätig.
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Auffällig ist schließlich, dass die A. V. AG das unter der Nr. … angeforderte Angebot auf Abschluss eines Versicherungsvertrages (Anlage K 2) mit Datum vom 30.04.2012 unmittelbar an die Klägerin übersandte, verbunden mit allen Vertragsdokumenten, den Informationen nach § 7 VVG und der zugehörigen Annahmeerklärung (Anlage B 5). Der Versicherer hat das Vertragsangebot also nicht an einen für empfangsbevollmächtigt gehaltenen Versicherungsmakler gesandt, namentlich nicht an die Beklagte.
25
c) Unter Würdigung dieser Aussagen und aller sonstigen Umstände verbleiben auch dem Senat ganz erhebliche Zweifel daran, dass die Beklagte eine Maklertätigkeit gegenüber der Klägerin entfaltet hat und als solche in Erscheinung getreten ist. Dies steht einer Überzeugungsbildung i.S.d. § 286 Abs. 1 ZPO entgegen.
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Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, spricht hier sehr viel dafür, dass die Beklagte (lediglich) einen sog. Maklerpool betreibt (LGU 6). Hierbei handelt es sich um Servicegesellschaften, die akquirierte Verträge bündeln und für ihre Vertragspartner - selbstständige Versicherungsmakler - die organisatorische Abwicklung sowie insbesondere die Provisionsabrechnung mit den Versicherungsgesellschaften übernehmen (vgl. Schönleiter in: Landmann/Rohmer, GewO, § 34d Rn. 74 [Stand: Februar 2021]). Sie haben in der Regel keinen Kontakt zum Endkunden (vgl. Michaelis in: Schwintowski/Brömmelmeyer/Ebers, Praxiskommentar zum VVG, 4. Aufl., § 59 Rn. 4) und sind selbst keine Versicherungsmakler (vgl. Schwintowski in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., § 59 Rn. 64).
27
Folglich obliegen dem Betreiber eines Maklerpools gegenüber dem Versicherungsnehmer keine Aufklärungs- und Beratungspflichten, sondern nur gegenüber dem Versicherungsmakler die Pflicht, den vermittelten Versicherungsantrag beim Versicherer einzureichen (vgl. Baumann in: Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, 4. Aufl., § 4 Rn. 60). Für eine hiervon abweichende Handhabung bietet das Ergebnis der Beweisaufnahme keine tragfähige Grundlage. Es ist daher auch unmaßgeblich und kann als wahr unterstellt werden, dass die Vermittlungsprovision seitens des Versicherers - jedenfalls zunächst - an die Beklagte gezahlt worden ist (Berufungsbegründung, Seite 8). Nach der unter Ziffer VI. b) der Maklervereinbarung getroffenen Abrede war die Beklagte zur regelmäßigen Abrechnung der vereinnahmten Provisionen gegenüber den einzelnen Maklern verpflichtet (Anlage B 1).
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d) Die Beklagte haftet auch nicht als Anscheinsmaklerin (§ 59 Abs. 3 Satz 2 VVG). Dies hat das Landgericht ebenfalls fehlerfrei entschieden (LGU 8/9).
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Schon nach dem Wortlaut des Gesetzes wäre hierfür erforderlich, dass die Beklagte den Anschein erweckt hat, sie erbringe ihre Leistungen als Versicherungsmaklerin. Entscheidend ist hierbei das Auftreten gegenüber dem Kunden, nicht allein die Eintragung in das Vermittlerregister nach § 34d Abs. 10 GewO (vgl. BeckOK-VVG/Gansel/Horacek, § 59 Rn. 159 [Stand: 02.05. 2022]).
30
Nachdem gegenüber der Klägerin - wie oben dargestellt - ausschließlich der Streithelfer aktiv tätig geworden ist und dieser nach außen hin auch keinen Bezug zur Beklagten hergestellt hat, genügt es nicht, dass die Beklagte als „Vermittlerin“ (Anlage K 2) bzw. „Ansprechpartner“ (Anlage K 3) bezeichnet worden ist. Durch eigenes Verhalten hat die Beklagte jedenfalls nicht den Eindruck erweckt, sie erbringe eigenständige Vermittlungsleistungen. Vor allem hat sich die Beklagte selbst nicht bereit erklärt, Angebote unterschiedlicher Versicherer für die Klägerin zu beschaffen.
31
2. Bei dieser Sachlage kommt es auf die weiteren Feststellungen des Landgerichts zur fehlenden Kausalität einer unterstellten Pflichtverletzung (LGU 10) und zur mangelnden Pflicht, ungefragt nachträgliche Beratung zu leisten (LGU 12), sowie die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung nicht mehr entscheidungserheblich an.
III.
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Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Senat, die Berufung zurückzunehmen. Hierdurch würden sich die Gerichtskosten von 4,0 auf 2,0 Gebühren reduzieren (Nr. 1222 KV GKG).