Inhalt

VGH München, Beschluss v. 27.07.2022 – 9 ZB 22.431
Titel:

Versagung der Baugenehmigung für Einfamilienhaus - Außenbereich im Innenbereich

Normenketten:
VwGO § 86 Abs. 2, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 5
BauGB § 34 Abs. 1, § 35 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 1, Nr. 5, Nr. 7
Leitsätze:
1. Für die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich und damit auch zwischen Baulücke und „Außenbereichsinsel“ ist maßgeblich, ob das unbebaute Grundstück, das sich an einen Bebauungszusammenhang anschließt, diesen Zusammenhang fortsetzt und inwieweit nach der maßgeblichen Verkehrsauffassung die aufeinanderfolgende Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit sowie der Zusammengehörigkeit vermittelt. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Altbestand, der beseitigt worden ist, verliert nicht automatisch die prägende Kraft, von der § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB es abhängen lässt, wie weit der Bezugsrahmen reicht. Die Prägung dauert fort, solange mit einer Wiederbebauung zu rechnen ist. Innerhalb welcher zeitlicher Grenzen Gelegenheit besteht, an die früheren Verhältnisse wieder anzuknüpfen, richtet sich nach der Verkehrsauffassung. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
3. Mit der Zulassung von (Wohn-)Bauten im Außenbereich ist regelmäßig die Gefahr verbunden, dass damit der Vorgang einer mit der Funktion des Außenbereichs unvereinbaren Zersiedelung eingeleitet oder gar schon vollzogen wird. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
4. In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass sich zur Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich häufig das Beweismittel der Ortsbesichtigung zur sachgerechten und umfassenden Tatsachenfeststellung anbieten wird. Insoweit gilt aber der allgemeine Grundsatz, dass das Gericht Umfang und Art der Tatsachenermittlung nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt. (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich, überwirkender Bestandsschutz (verneint), „Außenbereichsinsel“, „Außenbereich im Innenbereich“ (bejaht), sonstiges Vorhaben im Außenbereich, Widerspruch zu Darstellungen des Flächennutzungsplans, Entstehung einer Splittersiedlung., Entstehung einer Splittersiedlung, Zeitmodell, Ortsbesichtigung
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 25.11.2021 – AN 3 K 20.965
Fundstelle:
BeckRS 2022, 22304

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese selbst trägt.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Kläger wendet sich gegen die Versagung der von ihm beantragten Baugenehmigung für den Neubau eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung C… Das Baugrundstück ist Teil einer im Bereich der Ortsmitte liegenden und größtenteils bewaldeten Grünfläche (sog. „H…park“ oder „H…park“), auf der sich früher ein Steinbruch befand und die eine Gesamtausdehnung in Ost-West-Richtung von etwa 250 m sowie in Nord-Süd-Richtung von etwa 125 m bis 130 m aufweist. Im Flächennutzungsplan des Beigeladenen ist das Gebiet als „Wald, Fläche für die Forstwirtschaft“ und - mit Ausnahme des Baugrundstücks - als geschützter Landschaftsbestandteil dargestellt. Nördlich des streitgegenständlichen Grundstücks schließt sich die U… … straße an, die auf ihrer Nordseite überwiegend mit ein- und zweigeschossigen Wohnhäusern bebaut ist. Der Vorgängerbau, ein zweigeschossiges Sandsteingebäude, wurde Anfang 2011 abgebrochen. Von einer mit Bescheid vom 7. Dezember 2010 erteilten und mehrfach verlängerten Baugenehmigung für den Neubau eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück machte der Kläger keinen Gebrauch.
2
Mit Urteil vom 25. November 2021 hat das Verwaltungsgericht die auf Erteilung einer Baugenehmigung gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung führte es u.a. aus, dass sich das Baugrundstück im Außenbereich befinde und es sich um ein sonstiges Vorhaben handele, das öffentliche Belange beeinträchtige (Darstellungen des Flächennutzungsplans, natürliche Eigenart der Landschaft sowie ihres Erholungswertes und Entstehung einer Splittersiedlung). Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung.
3
Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
4
Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die vom Kläger bezeichneten Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO) liegen nicht vor bzw. sind nicht in einer Weise dargelegt worden, die den gesetzlichen Anforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO genügt. Gleiches gilt für die sinngemäß geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.
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a) Die Richtigkeit der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Zuordnung des Vorhabenstandorts zum bauplanungsrechtlichen Außenbereich ist auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrags nicht ernstlich zweifelhaft. Vor allem vermögen die Einwendungen des Klägers die vom Verwaltungsgericht umfassend begründete Annahme, der Standort des streitgegenständlichen Vorhabens liege nicht im Innenbereich i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB, auch wenn die gesamte Freifläche von Bebauung umgeben ist (vgl. zum sog. „Außenbereich im Innenbereich“ bzw. zu sog. „Außenbereichsinseln“, BVerwG, B.v. 15.9.2005 - 4 BN 37.05 - ZfBR 2006, 54 = juris Rn. 3), nicht infrage zu stellen.
7
Von einem Außenbereichsgrundstück ist - entgegen dem Zulassungsvorbringen - auszugehen, wenn die bestehende Freifläche so groß ist, dass sich ihre Bebauung nicht als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung aufdrängt. Dagegen liegt eine Baulücke - und damit ein Innenbereich - vor, wenn das Baugrundstück noch durch die den Rahmen für die Umgebungsbebauung bildende Bebauung (vor-)geprägt wird. Wesentliche Kriterien sind der Grundstückszuschnitt und die Struktur der Umgebungsbebauung. Maßgeblich ist insofern, ob die Umgebungsbebauung das Baugrundstück in einer Weise prägt, dass eine Bauleitplanung nicht erforderlich ist, weil die bereits vorhandene Bebauung die unerlässlichen Grenzen selbst setzt. Daran fehlt es, wenn eine Fläche wegen ihrer Größe einer von der Umgebung gerade unabhängigen geordneten städtebaulichen Entwicklung und Beplanung fähig ist. Für die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich und damit auch zwischen Baulücke und „Außenbereichsinsel“ ist maßgeblich, ob das unbebaute Grundstück, das sich an einen Bebauungszusammenhang anschließt, diesen Zusammenhang fortsetzt und inwieweit nach der maßgeblichen Verkehrsauffassung die aufeinanderfolgende Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit sowie der Zusammengehörigkeit vermittelt. Entgegen dem klägerischen Vortrag reicht es allerdings nicht aus, dass ein Gebiet von Bebauung umgeben ist, um es dem Innenbereich zuzuordnen. Ob ein Bebauungszusammenhang besteht, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Wertung und Bewertung des im Einzelfall gegebenen konkreten Sachverhalts zu entscheiden. Besondere topographische Gegebenheiten wie etwa Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte (Dämme, Böschungen, Gräben, Flüsse usw.) oder eine Straße können als äußerlich erkennbare Umstände dazu führen, dass der Bebauungszusammenhang im Einzelfall nicht - wie dies allerdings der Regel entspricht - am letzten Baukörper endet, sondern dass ihm noch ein oder auch mehrere unbebaute Grundstücke bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, U.v. 19.9.1989 - 4 C 15.84 - BVerwGE 75, 34 = juris Rn. 15; B.v. 15.9.2005 - 4 BN 37.05 - a.a.O.; B.v. 8.10.2015 - 4 B 28.15 - ZfBR 2016, 67 = juris Rn. 5 f.; BayVGH, B.v. 8.2.2022 - 15 ZB 21.2602 - juris Rn. 10 m.w.N.; Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl. 2022, § 34 Rn. 7 ff.).
8
Das Verwaltungsgericht hat diese Maßstäbe zu Grunde gelegt und ist anhand der in den Akten befindlichen Lichtbilder sowie allgemein zugänglicher Luftaufnahmen zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass das Vorhaben nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt, sondern lediglich an einen solchen angrenzt. Dabei hat es neben der Größe der Freifläche auf die mangelnde Prägung durch die Umgebungsbebauung abgestellt. Die dagegen vorgebrachten Einwendungen überzeugen nicht. Der Kläger bestreitet lediglich die gerichtlichen Feststellungen, ohne zu begründen, warum der Bebauungszusammenhang hier nicht - wie dies der Regel entspricht - am letzten Baukörper endet und warum der U… … straße verbindende Wirkung zukommen soll. Eine besondere örtliche Situation, die dazu führen würde, dass das streitgegenständliche Grundstücke noch dem Bebauungszusammenhang zuzuordnen wäre, wird nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Dafür genügt weder der Umstand, dass der gesamte H…park von Bebauung umgeben ist, noch der pauschale Verweis auf die frühere Nutzung als Steinbruch und die dadurch entstandenen Böschungen und Gräben. Es hätte hier konkreter topographischer Merkmale bedurft, die nach Überzeugung des Senats aber nicht gegeben sind. Die in der Zulassungsbegründung geltend gemachte Erhöhung des gesamten Geländes im Verhältnis zur Umgebungsbebauung steht einer Zuordnung zum Bebauungszusammenhang dabei erst recht entgegen.
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Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Vorgängerbau auf dem Baugrundstück bei der Beurteilung des Bebauungszusammenhangs zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2022 - 9 ZB 21.1850 - juris Rn. 9) hätte einbezogen werden müssen. Für die Frage, ob ein Grundstück oder ein Grundstücksteil an einem Bebauungszusammenhang teilnimmt, kann eine sog. nachwirkende Prägung baulicher Anlagen zu berücksichtigen sein. Ein Altbestand, der beseitigt worden ist, verliert nicht automatisch die prägende Kraft, von der § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB es abhängen lässt, wie weit der Bezugsrahmen reicht. Die Prägung dauert fort, solange mit einer Wiederbebauung zu rechnen ist. Innerhalb welcher zeitlicher Grenzen Gelegenheit besteht, an die früheren Verhältnisse wieder anzuknüpfen, richtet sich nach der Verkehrsauffassung (BVerwG, U.v. 27.8.1998 - 4 C 5.98 - juris Rn. 22; B.v. 2.10.2007 - 4 B 39.07 - ZfBR 2008, 52 = juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 12.5.2017 - 15 ZB 16.1568 - juris Rn. 22 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil nach der Verkehrsanschauung - auch unter Berücksichtigung des Vortrags im Zulassungsverfahren - eine Wiederbebauung nicht mehr zu erwarten war. Der Altbestand wurde nach den unbestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts spätestens Anfang 2011 beseitigt. Bei Heranziehung des von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten sog. Zeitmodells als Orientierungshilfe (vgl. BVerwG, B.v. 2.10.2007 - 4 B 39.07 - a.a.O.; BayVGH, U.v. 21.6.2007 - 26 B 05.3141 - juris Rn. 16; B.v. 12.5.2017 - 15 ZB 16.1568 - juris Rn. 24 m.w.N.) spricht bereits die lange Zeitspanne von mehr als 10 Jahren gegen eine prägende Fortwirkung des ehemaligen Gebäudebestandes auf dem Vorhabenstandort. Die (Wieder-)Errichtung des Wohnhauses scheiterte bzw. verzögerte sich auch nicht aufgrund behördlicher Einwendungen (vgl. BVerwG, U.v. 19.9.1989 - 4 C 15.84 - a.a.O. Rn. 22). Vielmehr hat der Kläger von der Möglichkeit einer Nachfolgebebauung mit einem Einfamilienhaus, wie sie nunmehr streitgegenständlich ist, keinen Gerbrauch gemacht. Die entsprechende Baugenehmigung ist deshalb inzwischen erloschen. Das Bauvorhaben hat im Übrigen nicht die gesamte Freifläche zum Gegenstand, sondern nur einen begrenzten Teil, so dass aus Sicht der Verkehrsanschauung der besondere Umfang eines Bauprojekts und daraus resultierende Verzögerungen (vgl. dazu BVerwG, U.v. 19.9.1989 - 4 C 15.84 - a.a.O. Rn. 21) keine maßgebliche Rolle spielen können. Etwas Anderes würde erst dann gelten, wenn es alle oder einen wesentlichen Teil der unbebauten Flächen betreffen würde.
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b) Es ist auch nicht ernstlich zweifelhaft, dass das abgelehnte („sonstige“) Vorhaben nicht gemäß § 35 Abs. 2 BauGB genehmigt werden kann, weil öffentliche Belange i.S. von § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beeinträchtigt werden. Darauf, dass das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang unzutreffend von einem „Doppelhaus“ gesprochen hat, kommt es nicht entscheidend an. Die Beeinträchtigungen liegen bei dem streitgegenständlichen Einfamilienhaus in gleicher Weise vor.
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aa) Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Nach den Angaben des Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren sowie laut Behördenakten ist das Baugrundstück gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 9 Buchst. b) BauGB als „Wald, Fläche für die Forstwirtschaft“ dargestellt. Das Verwaltungsgericht hat darin im Ergebnis einen negativen Planungswillen in Form eines Freihaltungsinteresses gesehen, was angesichts der innerörtlichen Lage sowie der Gesamtumstände nachvollziehbar erscheint und im Zulassungsverfahren nicht in Abrede gestellt wird. Dazu steht die Errichtung eines Einfamilienhauses im Widerspruch. Der klägerische Einwand, durch das Vorhaben bliebe der Baumbestand unangetastet und forstwirtschaftliche Funktionen würden nicht beeinträchtigt, weil es im Bereich einer Wiese verwirklicht werden solle, greift nicht durch. Es kommt auf das Freihaltungsinteresse sowie die Beibehaltung des derzeitigen Zustandes an und nicht auf den Schutz einzelner Bäume oder auf naturschutzrechtliche Belange. Ebenso wenig kann sich der Kläger mit Erfolg darauf berufen, auf der Fläche des H…parks könne deshalb keine Forstwirtschaft betrieben werden, weil keine „originäre Wald- und Forstwirtschaftsfläche“ vorliege und weil der alte Baumbestand auf dem ehemaligen Steinbruchgelände diesem Zweck nicht dienen könne. Die Darstellungen eines Flächennutzungsplans geben die künftige Bodennutzung nur in den Grundzügen wieder und sind anders als die Festsetzungen eines Bebauungsplans nicht ohne weiteres wie Rechtssätze anwendbar (BVerwG, B.v. 13.4.1995 - 4 B 70.95 - Buchholz 406.11 § 35 Nr. 309 = juris Rn. 13). Hinzu kommt, dass ein Flächennutzungsplan nicht nur dann ein beachtlicher öffentlicher Belang ist, wenn seine Darstellungen mit der tatsächlichen Situation vollumfassend übereinstimmen (vgl. BVerwG, B.v. 1.4.1997 - 4 B 11.97 - juris Rn. 18). Etwas Anderes gilt erst, wenn seine Darstellungen den besonderen örtlichen Verhältnissen nicht mehr gerecht werden, weil sie etwa durch die zwischenzeitliche Entwicklung überholt sind. Dass dies hier der Fall wäre, ist nicht ersichtlich.
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bb) Mit seinen Einwänden gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, das streitgegenständliche Vorhaben beeinträchtige Belange i.S. von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB, vermag der Kläger ebenfalls nicht durchzudringen. Es sah die Gefahr einer städtebaulich zu missbilligenden Ausweitung der Bebauung über die U… … straße hinweg in den H…park und bejahte insofern zu Recht eine negative Vorbildfunktion des Vorhabens.
13
Soweit der Kläger dem entgegenhält, die Entstehung einer Splittersiedlung auf dem Parkgelände komme wegen der Topographie des ehemaligen Steinbruchs sowie aufgrund der dortigen Eigentumsverhältnisse - Grundstückseigentümer seien nur er und der Beigeladene - nicht in Betracht, überzeugt dies nicht. Die Argumentation des Verwaltungsgerichts richtet sich ersichtlich gegen eine Ausweitung der Bebauung in den Außenbereich (hier in eine Außenbereichsinsel), worin ein Vorgang der städtebaulich unerwünschten, unorganischen Siedlungsweise zu sehen wäre. Dies zu vermeiden stellt einen öffentlichen Belang im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB dar (vgl. BayVGH, B.v. 30.7.1998 - 1 B 96.1428 - juris Rn. 43; B.v. 8.2.2022 - 15 ZB 21.2602 - juris Rn. 18 m.w.N.). Ausreichend ist dabei, dass das Vorhaben negative Vorbildwirkung hätte und den konkreten Anlass dafür geben könnte, dass die bisher von Bebauung freigehaltene Fläche entgegen dem im Flächennutzungsplan manifestierten Planungswillen des Beigeladenen weiter zugebaut würde (vgl. BayVGH, B.v. 30.7.1998 - 1 B 96.1428 - a.a.O.). Es liegt auf der Hand, dass das Vorhaben solche unerwünschten Baubegehren auch auf dem klägerischen Grundstück selbst nach sich ziehen könnte und dass die Gründe, die dem entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßen würden, was als ausreichend anzusehen ist (vgl. BVerwG, U.v. 8.4.2014 - 4 B 5.14 - juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 3.2.2022 - 9 ZB 20.2336 - juris Rn. 19). Vor allem aber ist mit der Zulassung von (Wohn-)Bauten im Außenbereich regelmäßig die Gefahr verbunden, dass damit der Vorgang einer mit der Funktion des Außenbereichs unvereinbaren Zersiedelung eingeleitet oder gar schon vollzogen wird (BVerwG, B.v. 1.4.1997 - 4 B 11.97 - juris Rn. 21; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Oktober 2021, § 35 Rn. 105). Dass diese „Regelvermutung“ aufgrund der Geländestruktur hier ausnahmsweise nicht zutrifft, ist nicht ersichtlich. Maßgeblich ist insofern - entgegen der Zulassungsbegründung - auch nicht der gesamte Bereich des Parks, sondern sind nur die Flächen südlich der U… … straße, für die eine derartige Vorbildwirkung nicht widerlegt wurde.
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cc) Angesichts der beeinträchtigten Belange kommt es nicht mehr darauf an, ob das Verwaltungsgericht zu Recht auch von einer Beeinträchtigung eines Belangs gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB ausgegangen ist. Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, inwiefern das Baugrundstück als Teil des eingefriedeten Steinbruchgeländes aufgrund erheblicher Vorbelastung seine Schutzwürdigkeit eingebüßt hat, wie der Kläger vorträgt.
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2. Die Rechtssache weist auch nicht die geltend gemachten besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, ist der Sachverhalt geklärt und die aufgeworfenen Rechtsfragen lassen sich ohne weiteres anhand der gesetzlichen Vorschriften sowie der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Zulassungsverfahren beantworten.
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3. Die Zulassung der Berufung hat schließlich auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zu erfolgen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
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Ein solcher muss nach höchstrichtlicher Rechtsprechung sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substanziiert dargetan werden (vgl. BVerwG, B.v. 19.8.1997 - 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328 = juris Rn. 4 m.w.N.). Das ist nicht geschehen. Hierfür reicht der Vortrag, das Verwaltungsgericht habe schriftsätzliche Beweisangebote zur Einnahme eines Augenscheins übergangen, nicht aus.
18
Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat (§ 86 Abs. 2 VwGO). Wenn von einem solchen Beteiligten kein förmlicher, unbedingter Beweisantrag gestellt wird, muss sich dem Gericht eine entsprechende Beweisaufnahme von Amts wegen in der Regel nicht aufdrängen (BayVGH, B.v. 18.4.2007 - 22 ZB 07.222 - juris Rn. 17; B.v. 21.08.2014 - 22 ZB 14.1611 - juris Rn. 3, jeweils m.w.N.; vgl. auch BVerwG, B.v. 20.12.2012 - 4 B 20.12 - BRS 79 Nr. 73 = juris Rn. 7). Entsprechendes gilt, wenn wie hier Beweisanträge vor dem Verzicht auf mündliche Verhandlung gestellt worden sind, weil sich die Beteiligten dann der Möglichkeit zur Geltendmachung des Anspruchs auf Vorabentscheidung aus § 86 Abs. 2 VwGO begeben haben (BVerwG, B.v. 29.3.1979 - 7 B 27.78 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 106 S. 160 = juris Rn.11; B.v. 10.10.2013 - 1 B 15.13 - juris Rn. 7 f.).
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Dass kein förmlicher Beweisantrag gestellt wurde, ist nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht eine weitere Ermittlung des Sachverhalts (im konkreten Einzelfall) auch ohne einen solchen hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B.v. 20.12.2012 - 4 B 20.12 - a.a.O.; B.v. 29.7.2015 - 5 B 36.14 - a.a.O.). Die Geltendmachung eines derartigen Verfahrensmangels setzt wiederum eine substanziierte Darlegung voraus, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin muss dargelegt werden, aus welchen Gründen sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen von Amts wegen hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 10.10.2013 - 1 B 15.13 - juris Rn. 11 m.w.N.). Hieran fehlt es. In der Zulassungsbegründung wird nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zur weiteren Aufklärung hätte sehen müssen. Angesichts der in den Akten befindlichen Lichtbilder und Karten sowie der frei zugänglichen Luftbilder, denen sich die wesentlichen tatsächlichen Umstände entnehmen lassen, konnte es vielmehr davon ausgehen, dass keine weitere Aufklärung des Sachverhalts erforderlich ist. Auf naturschutzrechtliche Fragen kam es - entgegen dem klägerischen Vorbringen - nicht an. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung zwar anerkannt, dass sich zur Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich häufig das Beweismittel der Ortsbesichtigung zur sachgerechten und umfassenden Tatsachenfeststellung anbieten wird. Insoweit gilt aber der allgemeine Grundsatz, dass das Gericht Umfang und Art der Tatsachenermittlung nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt (vgl. BVerwG, B.v. 15.9.2005 - 4 BN 37.05 - ZfBR 2006, 54 = juris Rn. 4 m.w.N.).
20
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Beigeladene hat sich im Zulassungsverfahren nicht geäußert. Es entspricht deshalb der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
21
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013; sie entspricht der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
22
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).