Inhalt

VGH München, Beschluss v. 04.08.2022 – 6 ZB 22.1332
Titel:

Kein Bewerbungsverfahrensanspruch bei Vergabe einer Zusatzfunktion in der Gerichtsverwaltung

Normenketten:
GG Art. 33 Abs. 2, Art. 103 Abs. 1
DRiG § 4 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 42 Abs. 2, § 65 Abs. 2, § 84, § 124 Abs. 2 Nr. 1, 3, 5, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
GVG § 21e Abs. 6
Leitsätze:
1. Es gibt kein Recht einer Richterin auf die Erledigung bestimmter Rechtsangelegenheiten oder Gerichtsverwaltungsaufgaben, so wie es auch kein Recht eines Beamten auf unveränderte und ungeschmälerter Ausübung des ihm übertragenen konkreten Amts im funktionellen Sinn und damit auch keinen Anspruch auf Übertragung eines bestimmten Dienstpostens gibt. Deshalb unterfällt die Auswahlentscheidung unter den Bewerbern um eine ämtergleiche Besetzung eines Dienstpostens nicht dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG. Der in dieser Vorschrift verankerte Bewerbungsverfahrensanspruch beschränkt sich grundsätzlich auf die unmittelbare Vergabe eines Amts im statusrechtlichen Sinn (Beförderung) und auf die einer solchen vorgelagerte Auswahlentscheidung, durch die eine zwingende Voraussetzung für die nachfolgende (statusverändernde) Ämtervergabe vermittelt und die Auswahl für die (statusverändernde) Ämtervergabe damit vorweggenommen oder vorbestimmt wird. Die Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG gelten ferner auch, wenn der Dienstposten für den mit der Ausschreibung angesprochenen Bewerberkreis ausnahmsweise in sonstiger Weise als höherwertig und damit als förderlich anzusehen ist. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Abzustellen ist bei der Frage, ob eine „Förderlichkeit“ anzunehmen ist, vielmehr ausschließlich auf eine unmittelbare (rechtliche) Vorwirkung einer Aufgabenwahrnehmung für eine Beförderung. Eine Differenzierung zwischen Kriterien, die zwingend erfüllt sein müssen (konstitutives oder zwingendes Anforderungsprofil), und solchen Kriterien, deren Erfüllung von Nutzen ist (beschreibendes, fakultatives oder nicht-konstitutives Anforderungsprofil), ist grundsätzlich zulässig. Ist die in Streit stehende Tätigkeit in der Gerichtsverwaltung für eine Beförderung in ein höherwertiges richterliches Beförderungsamt zwar nützlich, aber nicht zwingend, so muss die Auswahl für ihre Vergabe auch nicht aus Gründen der rechtlichen Vorwirkung gemäß Art. 33 Abs. 2 GG nach dem Prinzip der Bestenauslese erfolgen. (Rn. 13 – 16) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Vornahme von Organisationsakten – wie der Übertragung der Aufgaben einer Referatsleitung in der Gerichtsverwaltung – kommt dem Dienstherrn ein sehr weites Ermessen zu. Ein (allgemeiner) Anspruch auf ermessensfehlerfreie Ausübung dieses Organisationsermessens besteht nicht losgelöst von einer subjektiven Rechtsposition quasi für sich selbst. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Richterrecht, Bundespatentgericht, Zusätzliche Tätigkeit in der Gerichtsverwaltung (Referatsleitung), Konkurrentenstreit um Zusatzfunktion für Richter, Unzulässigkeit der Klage (fehlende Klagebefugnis), Bewerbungsverfahrensanspruch (verneint), Aufruf zur Interessenbekundung, Akt innerbehördlicher Organisation, (keine) Vorentscheidung für spätere Beförderung, Kein (allgemeiner) Anspruch auf ermessensfehlerfreie Ausübung des Organisationsermessens, Willkür (verneint), Gerichtsverwaltung, Referatsleitung, Konkurrentenstreit, Zusatzfunktion, Richter, Unzulässigkeit, Klagebefugnis, Bewerbungsverfahrensanspruch, Interessenbekundung, innerbehördliche Organisation, spätere Beförderung, Organisationsermessen, Willkür, Vergabe, Gerichtsbescheid, Statusamt, erhebliche Bedeutung, rechtliches Gehör, Bestenauslese, keine Vorgreiflichkeit
Vorinstanz:
VG München, Gerichtsbescheid vom 07.04.2022 – M 5 K 21.3056
Fundstelle:
BeckRS 2022, 22295

Tenor

I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts München vom 7. April 2022 - M 5 K 21.3056 - wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

1
Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ausdrücklich oder sinngemäß geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 3 und 5 VwGO, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, greifen nicht durch (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
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Die Klägerin begehrt die erneute Entscheidung über ihre Bewerbung um die Tätigkeit „Leitung des Referats 3 (Personal nicht richterlicher Dienst, Aus- und Fortbildung sowie Dienstreisen nicht richterlicher Dienst, innerer Dienst)“ in der Verwaltung des Bundespatentgerichts. Sie ist ebenso wie die Beigeladene Richterin am Bundespatentgericht im Richterverhältnis auf Lebenszeit (Besoldungsgruppe R 2). Beide Richterinnen hatten auf den „Aufruf zur Interessenbekundung“ der Präsidentin des Bundespatengerichts vom 22. September 2020 hin ihr Interesse an der Referatsleitung als zusätzlicher Tätigkeit neben ihren Rechtsprechungsaufgaben kundgetan. Laut Vermerk vom 15. Oktober 2020 hat sich die Präsidentin dafür entschieden, der Beigeladenen die Zusatzfunktion zu übertragen, weil diese über die bessere juristische Qualifikation verfüge. Auch sei eine Zusammenarbeit der Gerichtsleitung mit der Klägerin bei dieser vertrauensvollen Aufgabe angesichts der seitens der Klägerin in einer vorausgegangenen Verwaltungsstreitsache - unbegründet - erhobenen Befangenheitsvorwürfe gegenüber der Präsidentin nicht möglich. Nach Anhörung des Präsidiums (§ 21e Abs. 6 GVG) wurde die Referatsleitung der Beigeladenen übertragen.
3
Nach Zurückweisung ihres Widerspruchs gegen die Auswahlentscheidung als unzulässig ließ die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht erheben und beantragen, die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über ihre Bewerbung auf die Referatsleitung 3 im Bundespatentgericht erneut zu entscheiden. Mit Gerichtsbescheid vom 7. April 2022 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Sie sei unzulässig, weil die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO analog fehle. Bei der Übertragung der in Streit stehenden Zusatzfunktion in der Gerichtsverwaltung, für die keine Zulage gewährt werde und die für die Vergabe höher bewerteter Dienstposten nicht unmittelbar förderlich sei, handele es sich um einen dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG nicht unterfallenden Akt innerbehördlicher Organisation, der nur der Willkürkontrolle unterliege. Für Willkür sei aber nichts ersichtlich.
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Die von der Klägerin gegen diesen Gerichtsbescheid vorgebrachten Einwendungen führen nicht zu Zulassung der Berufung.
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1. An der Richtigkeit der angegriffenen erstinstanzlichen Entscheidung bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 26.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.
6
a) Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klage mangels Klagebefugnis unzulässig ist. Der Klägerin steht keine subjektive Rechtsposition zu, aufgrund der sie eine erneute Entscheidung über ihre Bewerbung auf die Referatsleitung 3 in der Gerichtsverwaltung des Bundespatentgerichts beanspruchen könnte.
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Die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis ist nur dann gegeben, wenn unter Zugrundelegung des Klagevorbringens eine Verletzung des geltend gemachten Rechts möglich erscheint. Daran fehlt es, wenn die vom Kläger geltend gemachte Rechtsposition offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise bestehen oder ihm zustehen kann (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BVerwG, U.v. 19.11.2015 - 2 A 6.13 - juris Rn. 15 m.w.N.; BayVGH, B.v. 1.3.2021 - 3 ZB 20.1834 - juris Rn. 4; B.v. 15.9.2016 - 6 ZB 15.2114 - juris Rn. 4). So liegt der Fall hier. Der von der Klägerin geltend gemachte Bewerbungsverfahrensanspruch nach Art. 33 Abs. 2 GG kann nicht bestehen, weil die Vergabe eines (Status-) Amts nicht - auch nicht im Wege der Vorwirkung - im Raum steht.
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Es gibt kein Recht einer Richterin auf die Erledigung bestimmter Rechtsangelegenheiten oder Gerichtsverwaltungsaufgaben, so wie es auch kein Recht eines Beamten auf unveränderte und ungeschmälerter Ausübung des ihm übertragenen konkreten Amts im funktionellen Sinn und damit auch keinen Anspruch auf Übertragung eines bestimmten Dienstpostens gibt (vgl. BVerfG, B.v. 25.8.2016 - 2 BvR 877/16 - juris Rn. 18; BVerwG, U.v. 19.11.2015 - 2 A 6.13 - juris Rn. 18, 20). Deshalb unterfällt die Auswahlentscheidung unter den Bewerbern um eine ämtergleiche Besetzung eines Dienstpostens nicht dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG. Der in dieser Vorschrift verankerte Bewerbungsverfahrensanspruch beschränkt sich grundsätzlich auf die unmittelbare Vergabe eines Amts im statusrechtlichen Sinn (Beförderung) und auf die einer solchen vorgelagerte Auswahlentscheidung, durch die eine zwingende Voraussetzung für die nachfolgende (statusverändernde) Ämtervergabe vermittelt und die Auswahl für die (statusverändernde) Ämtervergabe damit vorweggenommen oder vorbestimmt wird (vgl. BVerwG, U.v. 3.12.2014 - 2 A 3.13 - juris Rn. 15 m.w.N.; OVG RhPf, B.v. 8.1.2019 - 2 B 11406/18 - juris Rn. 4). Die Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG gelten ferner auch, wenn der Dienstposten für den mit der Ausschreibung angesprochenen Bewerberkreis ausnahmsweise in sonstiger Weise als höherwertig und damit als förderlich anzusehen ist (vgl. BVerwG, B.v. 1.3.2018 - 1 WB 40.17 - juris Rn. 23).
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Keine dieser Fallgestaltungen im Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG ist hier einschlägig. Das hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen und bedarf keiner weiteren Klärung in einem Berufungsverfahren. Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus dem Vorbringen der Klägerin, Erfahrungen in der Verwaltung des Bundespatentgerichts seien unmittelbar relevant für die Entscheidung über eine (spätere) Beförderung, weil diese bei der Ausschreibung von Stellen einer Vorsitzenden Richterin am Bundespatentgericht zu einem Qualifikationsmerkmal gemacht würden.
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aa) Gegenstand der streitigen Auswahlentscheidung ist die Leitung des Referats 3 beim Bundespatentgericht. Es handelt sich dabei um eine Aufgabe der Gerichtsverwaltung (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 DRiG), die - unter teilweiser Freistellung von der Haupttätigkeit - neben den eigentlichen Rechtsprechungsaufgaben wahrzunehmen ist, die das Statusamt der Bewerberinnen als Richterinnen am Bundespatentgericht unberührt lässt und die besoldungsrechtlich nicht mit einer Zulage verbunden ist. Es geht dabei weder um die Vergabe eines höheren statusrechtlichen (Beförderungs-)Amts, noch soll die Aufgabenübertragung eine solche vorbereiten. Eine vorgelagerte Auswahlentscheidung läge nur dann vor, wenn durch sie eine zwingende Voraussetzung für die nachfolgende Ämtervergabe vermittelt würde, so dass diese damit vorweggenommen oder vorbestimmt wird (vgl. BVerwG, B.v. 19.12.2014 - 2 VR 1/14 - juris Rn. 16). Die Übernahme einer Aufgabe in der Gerichtsverwaltung ist indes für eine spätere Beförderung zur Vorsitzenden Richterin keine zwingende Voraussetzung.
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bb) Die Übertragung der Verwaltungsaufgabe „Leitung des Referats 3“ erweist sich für die ausgewählte Bewerberin auch nicht in sonstiger Form als unmittelbar förderlich für eine spätere Beförderungsentscheidung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei einer die Anwendung der Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG regelmäßig nicht auslösenden Auswahlentscheidung ausnahmsweise dann ein Eignungs- und Leistungsvergleich für die Bewerber vorzunehmen, wenn sich der Dienstherr entweder in einer speziellen Ausschreibung (1) oder generell in ständiger Verwaltungspraxis (2) darauf festgelegt hat, dass eine bestimmte Aufgabenerfüllung - ungeachtet ihrer Dotierung - als höherwertig und förderlich anzusehen ist (vgl. BVerwG, B.v. 21.1.2010 - 1 WB 52.08 - juris Rn. 26). Diese Voraussetzungen liegen ebenfalls nicht vor.
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(1) Die Bezeichnung der Ausschreibung als „Aufruf zur Interessensbekundung“ macht bereits deutlich, dass die Beklagte gerade nicht von einer den Kriterien und Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG unterliegenden Vergabe eines höherwertigen und damit förderlichen Amts ausging (vgl. OVG NW, U.v. 30.11.2017 - 6 A 2314/15 - juris Rn. 72; zum Unterschied zwischen einer Interessenfeststellung und einer Ausschreibung höherwertiger Dienstposten: von der Weiden, jurisPR-BVerwG 7/2016 Anm. 6 D). Eine an Art. 33 Abs. 2 GG ausgerichtete Auswahlentscheidung wird in der Interessenabfrage jedenfalls weder ausdrücklich noch sinngemäß in Aussicht gestellt.
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(2) Die Beklagte hat sich auch nicht durch ihre Verwaltungspraxis darauf festgelegt, die Mitarbeit in der Verwaltung des Bundespatentgerichts als höherwertig (und damit förderlich) anzusehen. Ein bloßer Vorteil der sich aus der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit ergibt, begründet nicht deren Höherwertigkeit und damit „Förderlichkeit“ (vgl. dazu OVG RhPf, B.v. 8.1.2019 - 2 B 11406/18 - juris Rn. 6). Abzustellen ist bei der Frage, ob eine „Förderlichkeit“ anzunehmen ist, vielmehr ausschließlich auf eine unmittelbare (rechtliche) Vorwirkung einer Aufgabenwahrnehmung für eine Beförderung. Dafür ist nichts ersichtlich.
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Zwar enthalten die Stellenausschreibungen für Vorsitzende Richter/Vorsitzende Richterinnen am Bundespatentgericht den ausdrücklichen Hinweis darauf, dass es unter anderem „von Vorteil (ist), wenn die Bewerberinnen und Bewerber … in der Verwaltung des Bundespatentgerichts nachhaltig und erfolgreich mitgearbeitet haben“. Damit wird aber eine Mitarbeit in der Gerichtsverwaltung von der Beklagten entgegen der Sichtweise der Klägerin nicht als zwingende Voraussetzung für eine spätere Beförderung zum Vorsitzenden Richter/zur Vorsitzenden Richterin ausgestaltet. Eine Differenzierung zwischen Kriterien, die zwingend erfüllt sein müssen (konstitutives oder zwingendes Anforderungsprofil), und solchen Kriterien, deren Erfüllung von Nutzen ist (beschreibendes, fakultatives oder nicht-konstitutives Anforderungsprofil) ist grundsätzlich zulässig. Die Abgrenzung zwischen dem konstitutiven und dem beschreibenden Teil des Anforderungsprofils ist eine Frage der Auslegung des Ausschreibungstextes, welche - entsprechend § 133 BGB - danach zu erfolgen hat, wie die Erklärung aus Sicht des Empfängers bei objektiver Betrachtung zu verstehen ist (vgl. NdsOVG, B.v. 1.12.2016 - 5 ME 153/16 - juris Rn. 29 m.w.N.).
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Dies zugrunde gelegt geht aus Sicht eines objektiven Empfängers aus dem Ausschreibungstext eindeutig hervor, dass die Beklagte mit der Formulierung, die nachhaltige und erfolgreiche Mitarbeit in der Verwaltung sei „von Vorteil“, lediglich ein fakultatives, nicht-konstitutives Merkmal aufstellt, welches keinen alleinstehenden maßgeblichen Auswahlfaktor darstellt, sondern lediglich für die Differenzierung zwischen Bewerbern mit (im Wesentlichen) gleichem Gesamturteil als zusätzliches Qualifikationsmerkmal herangezogen wird. Das ergibt sich auch daraus, dass der Ausschreibungstext daneben noch weitere vorteilhafte Tätigkeiten nennt. Eine in irgendeiner Weise rechtlich abgesicherte, sich konkret und unmittelbar abzeichnende Beförderungschance im Sinn einer Vorentscheidung durch die Wahrnehmung von Aufgaben in der Gerichtsverwaltung wird nicht zum Ausdruck gebracht. Nach dem Ausschreibungstext ist eine Tätigkeit in der Gerichtsverwaltung vielmehr lediglich hilfreich für eine entsprechende Beförderung, wobei die Auswahl erkennbar nicht nur von diesem einen „Vorteil“ abhängt, sondern von einem Zusammenspiel weiterer Faktoren.
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Ist die in Streit stehende Tätigkeit in der Gerichtsverwaltung demnach für eine Beförderung in ein höherwertiges richterliches Beförderungsamt zwar nützlich, aber nicht zwingend, so muss die Auswahl für ihre Vergabe auch nicht aus Gründen der rechtlichen Vorwirkung gemäß Art. 33 Abs. 2 GG nach dem Prinzip der Bestenauslese erfolgen (vgl. BVerwG, B.v. 1.3.2018 - 1 WB 40/17 - juris Rn.24).
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b) Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand, das Verwaltungsgericht hätte die Auswahlentscheidung jedenfalls als willkürlich ansehen und aufheben müssen.
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Bei der Vornahme von Organisationsakten - wie hier der Übertragung der Aufgaben einer Referatsleitung in der Gerichtsverwaltung - kommt dem Dienstherrn ein sehr weites Ermessen zu. Ein (allgemeiner) Anspruch auf ermessensfehlerfreie Ausübung dieses Organisationsermessens im Hinblick auf ihre Bewerbung steht der Klägerin nicht zu, denn ein solcher Anspruch besteht nicht losgelöst von einer subjektiven Rechtsposition quasi für sich selbst (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2020 - 2 A 2.20 - juris Rn. 17 m.w.N.; U.v. 19.11.2015 - 2 a 6.13 - juris Rn. 27). Vielmehr setzt er eine derartige Rechtsposition voraus, über die die Klägerin gerade nicht verfügt.
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Besondere Umstände, aus denen geschlossen werden könnte, die im Rahmen des grundsätzlich sehr weiten personalwirtschaftlichen Ermessens getroffene Auswahlentscheidung für die Beigeladene sei etwa aus unsachlichen, unvernünftigen oder willkürlichen Beweggründen erfolgt, hat die Klägerin nicht in nachvollziehbarer Weise aufgezeigt. Für die Auswahl der Beigeladenen werden im Vermerk vom 15. Oktober 2020 zwei Gründe angeführt: zum einen die „bessere juristische Qualifikation“ der Beigeladenen, zum anderen „auch“ die Annahme, dass eine Zusammenarbeit der Gerichtsleitung mit der Klägerin angesichts der von dieser in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erhobenen - unbegründeten - Befangenheitsvorwürfen gegen die damalige Gerichtspräsidentin nicht möglich sei. Mit dem Verwaltungsgericht vermag der Senat dieser auf zwei Gesichtspunkte gestützten Begründung (wie dem Auswahlverfahren insgesamt) keinerlei Hinweise auf Willkür zulasten der Klägerin zu entnehmen. Das gilt ohne weiteres für den Qualifikationsvergleich, der plausibel auf eine Gegenüberstellung des jeweiligen beruflichen Werdegangs gegründet wird. Das gilt aber auch, wie das Verwaltungsgericht mit überzeugenden Erwägungen ausgeführt hat, für die subjektive Prognose der damaligen Gerichtspräsidentin, mit der Klägerin werde eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht in der erforderlichen Weise möglich sein. Deshalb mag dahinstehen, ob schon allein der Qualifikationsvergleich die Auswahlentscheidung in ausreichender Weise trägt.
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Entgegen der Sichtweise der Klägerin lässt sich der Willkürvorwurf nicht darauf stützen, dass die Auswahlentscheidung zu ihren Lasten auf das fehlende persönliche Vertrauensverhältnis zwischen ihr und der damaligen Gerichtspräsidentin gestützt worden ist. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, erfolgt die innerbehördliche Organisation allein im Interesse an einer möglichst optimalen Aufgabenerfüllung. Es liegt auf der Hand, dass es hierzu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Referatsleitung und der Gerichtsleitung bedarf. Ebenso auf der Hand liegt es, dass der von der Klägerin gegenüber der damaligen Präsidentin erhobene gewichtige - sich als unberechtigt erwiesene - Vorwurf, bei der Erstellung ihrer Beurteilung voreingenommen gewesen zu sein, zu einer massiven Störung des gegenseitigen Verhältnisses geführt hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Befangenheitsvorwurf von der Klägerin ohne jede Grundlage oder (nur) zu Unrecht erhoben worden war. Eine objektive Beteiligung der Klägerin an dem Spannungsverhältnis reicht als sachlicher Grund für die Erfolglosigkeit ihrer Bewerbung aus, auf ein Verschulden kommt es grundsätzlich nicht an (vgl. BVerfG, B.v. 25.8.1016 - 2 BvR 877/16 - juris Rn. 19).
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c) Aus dem Vorbringen der Klägerin, das Verwaltungsgericht hätte nach Beiladung der erfolgreichen Mitbewerberin gemäß § 65 Abs. 2 VwGO ihre Klage nicht ohne vorherigen Hinweis als unzulässig abweisen dürfen, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Denn damit wird weder ein einzelner tragender Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt.
22
Der Sache nach macht die Klägerin insoweit einen Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend, weil das Verwaltungsgericht durch die Beiladung bei ihr den Eindruck erweckt habe, die Klage sei zulässig, dann aber überraschend und ohne Äußerungsmöglichkeit die Klage als unzulässig abgewiesen habe. Damit kann der Zulassungsantrag aber schon deshalb nicht durchdringen, weil das Verwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden hat (§ 84 VwGO). In einem solchen Fall hat nämlich der Beteiligte die Möglichkeit, mündliche Verhandlung zu beantragen (§ 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Macht er davon Gebrauch, gilt der Gerichtsbescheid als nicht ergangen (§ 84 Abs. 3 Halbsatz 2 VwGO). In der dann stattfindenden mündlichen Verhandlung kann der Beteiligte sich zu den bisher übergangenen Gesichtspunkten umfassend äußern. Das ist eine anderweitige verfahrensrechtliche Möglichkeit, sich schon in der Vorinstanz rechtliches Gehör zu verschaffen. Zwar hat der Beteiligte nach § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO die Wahl zwischen dem Antrag auf Zulassung der Berufung und dem Antrag auf mündliche Verhandlung. Das enthebt ihn aber bei einer Verletzung rechtlichen Gehörs nicht von der auch sonst bestehenden Obliegenheit, alle Möglichkeiten zu nutzen, sich schon in der Vorinstanz rechtliches Gehör zu verschaffen (BVerwG, B.v. 17.7.2003 - 7 B 62.03 - BayVBl 2004, 412; BayVGH, B.v. 20.8.2010 - 6 ZB 10.1023 - juris Rn. 13; B.v. 28.7.2015 - 6 ZB 15.410 - juris Rn. 17; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, Rn. 20 zu § 84 m.w.N.). Da die Klägerin keinen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat, muss ihre Gehörsrüge demnach von vornherein erfolglos bleiben.
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Im Übrigen ist für eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nichts ersichtlich. Zum einen verlangt der Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht, dass das Gericht die Beteiligten des Verfahrens vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinweist. Zum anderen lässt die nach § 65 Abs. 2 VwGO erfolgte (notwendige) Beiladung der erfolgreichen Mitbewerberin entgegen der Auffassung der Klägerin keineswegs den Schluss zu, das Verwaltungsgericht habe - zunächst - keine Zweifel an der Zulässigkeit der Klage gehabt; denn grundsätzlich kann die notwendige Beiladung nicht vom Erfolg des Rechtsmittels abhängig gemacht werden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019 § 65 Rn. 16; vgl. auch BVerwG, U.v. 28.9.2021 - 9 A 12.20 - juris) d.h. sie kann auch dann nicht unterbleiben, wenn das Gericht die Klage für unzulässig hält (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 65 Rn. 27).
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2. Die Klägerin hat auch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) dargelegt.
25
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn das erstrebte weitere Gerichtsverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechts- oder Tatsachenfragen mit über den Einzelfall hinausgehender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts höhergerichtlicher Klärung bedürfen. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, B.v. 19.5.2022 - 2 B 31.21 - juris Rn. 7 m.w.N.). Grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinn zeigt der Zulassungsantrag nicht auf.
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a) Die von der Klägerin als rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Frage, „ob bei nach einem Interessenbekundungsverfahren vergebenen Aufgabenbereich innerhalb der Gerichtsverwaltung eine Klagebefugnis der nicht berücksichtigten Bewerber gegeben ist, wenn die Übertragung des Aufgabenbereichs für die Entscheidung auf andere Beförderungsstellen von erheblicher Bedeutung ist“, führt schon deshalb nicht zur Zulassung der Berufung, weil sie sich im angestrebten Berufungsverfahren nicht stellen würde.
27
Denn das Verwaltungsgericht ist gerade nicht von der der Fragestellung zugrundeliegenden Annahme ausgegangen, die Übertragung einer Aufgabe in der Gerichtsverwaltung sei für spätere Auswahlentscheidungen über die Vergabe von Beförderungsstellen von „erheblicher“ Bedeutung. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht in nicht zu beanstandender Weise (s.o.) festgestellt, dass die Übernahme einer Referatsleitung nicht zwingend oder in jedem Fall wesentlich für die Vergabe eines höherwertigen Postens ist, und darauf verwiesen, dass ein über den eigentlichen Arbeitsbereich hinausgreifendes Engagement auch mit anderen Funktionen gezeigt bzw. belegt werden kann. Auf die aufgeworfene Frage kommt es daher im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich an. Darüber hinaus ist - wie oben ausführlich dargestellt - in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass bei einem Auswahlverfahren für die Besetzung eines Dienstpostens, der für keinen der Bewerber höherwertig (vielfach auch als „förderlich“ bezeichnet) ist, kein - auf Art. 33 Abs. 2 GG beruhender - Bewerbungsverfahrensanspruch entsteht und es damit dem bei einer solchen Auswahlentscheidung nicht zum Zuge gekommenen Bewerber mangels der erforderlichen Rechtsverletzung für Rechtsbehelfe (Widerspruch, Klage, gerichtlicher Eilantrag) an der entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Widerspruchs-, Klage- und Antragsbefugnis fehlt (vgl. BVerwG, U.v. 19.11.2015 - 2 A 6.13 - juris Rn. 14, 16 u. 19).
28
b) Der weiter aufgeworfenen Frage, „ob sich die Auswahlentscheidung für einen Dienstposten, welcher nicht mit einer Zulage verbunden ist, sich gleichwohl an die sich aus Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Maßstäbe zu orientieren hat und daher dienstliche Beurteilungen zu berücksichtigen sind“, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Sie ist - soweit sie in verallgemeinerungsfähiger Form beantwortet werden kann - in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits hinreichend geklärt und bedarf keiner erneuten oder weiteren Klärung.
29
Wie bereits oben dargelegt beschränkt sich der Grundsatz der Bestenauslese danach grundsätzlich auf Entscheidungen über die unmittelbare Vergabe eines höherwertigen Amtes im statusrechtlichen Sinn (Beförderung), eine dies vorwegnehmende Entscheidung oder auf den Fall einer freiwilligen Unterwerfung unter die Auswahlkriterien (vgl. BVerwG, U.v. 19.11.2015 - 2 A 6.13 - juris Rn. 20 f.; U.v. 3.12.2014 - 2 A 3.13 - juris Rn. 15 m.w.N). Diejenigen Bewerber, für die die angestrebte Stelle - wie hier - eine bloße Änderung des Aufgabenbereiches, eine ämtergleiche Umsetzung, eine Abordnung oder eine den Status nicht berührende Versetzung bedeuten würde, können sich dagegen nicht auf die Garantien des Bewerbungsverfahrensanspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG berufen (BVerwG, U.v. 25.11.2004 - 2 C 17.03 - juris Rn. 15).
30
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil diese keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
31
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
32
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).