Inhalt

VGH München, Urteil v. 21.06.2022 – 8 A 20.40019
Titel:

Gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsverfahrens

Normenketten:
GG Art. 20a
FStrG § 17d
BayVwVfG Art. 75 Abs. 1a S. 2
ROG § 4
BayLPlG Art. 3
Leitsätze:
Hat die Planfeststellungsbehörde in einer Lage, in der es insgesamt keine eindeutig überlegene Variante gibt, das Gewicht der Belange fehlerfrei bestimmt, liegt jede Vorzugswahl innerhalb des gerichtlich nicht zu beanstandenden Entscheidungsspielraums (im Anschluss an BVerwG, U.v. 29.6.2017 - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 153; U.v. 3.11.2020 - 9 A 7.19 - BVerwGE 170, 138 Rn. 494). (Rn. 69 – 74)
1. Der Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses, für den ein erfolgreiches ergänzendes Verfahren durchgeführt wird, hängt maßgeblich von der Zielrichtung des ergänzenden Verfahrens ab. Wird beim ergänzenden Verfahren ein punktueller Fehler der früheren Entscheidung geheilt, so bleibt der Zeitpunkt des (ersten) Planfeststellungsbeschlusses maßgeblich. (Rn. 34 – 38) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Auswahl unter verschiedenen Ausführungsvarianten eines Vorhabens handelt es sich um eine fachplanerische Abwägungsentscheidung, welche gerichtlich allein auf die Einhaltung der Grenzen der Gestaltungsfreiheit überprüft werden kann. (Rn. 47 – 48) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
fernstraßenrechtliche Planfeststellung, Planergänzung, Trassenwahl, Abwägung, Rechtswirkung der Grundsätze der Raumordnung, Gewichtung naturschutzrechtlicher Belange, gerichtliche Kontrolle, Zeitpunkt, Planfeststellungsbeschluss, Ausführungsvarianten
Fundstelle:
BeckRS 2022, 22292

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Der Kläger, eine anerkannte Umweltvereinigung, wendet sich gegen den nach einem ergänzenden Verfahren geänderten Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Ausbau der B 173 (Autobahndreieck Lichtenfels - Kronach) von Johannisthal bis südlich Kronach, 2. Bauabschnitt, Baukm -0+040 bis 2+818 und die Verlegung der B 303 (Schweinfurt - (Coburg) - Kronach) von Sonnefeld bis Johannisthal, 3. Bauabschnitt, Baukm 0+000 bis 2+835 (Az.: 32-4354.20-1/12).
2
Mit Urteil vom 25. Oktober 2019 (Az. 8 A 16.40030) hat der Senat auf die Klage des Klägers den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberfranken vom 24. Mai 2016 (Az.: 32-4354.20-1/12) in der Fassung der Protokollerklärungen in der mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2018 für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt. Die festgestellten Mängel betrafen die Abwägung hinsichtlich der planfestgestellten Trassenalternative. Die Planfeststellungsbehörde habe bei der Prüfung der Planungsalternativen einen fehlerhaften Maßstab zugrunde gelegt. Sie habe sich der Sache nach auf den gerichtlichen Kontrollmaßstab beschränkt. Sie habe zwar alle ernsthaft in Betracht kommenden möglichen Alternativen als solche zutreffend ermittelt, diese aber nicht mit der ihnen zukommenden Bedeutung in eine vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen berührten öffentlichen und privaten Belange eingestellt (vgl. UA Rn. 104 ff., 121). Liege wie hier ein Fall vor, in dem unterschiedliche Trassenalternativen zwar unter bestimmten Gesichtspunkten erheblich besser, unter anderen Aspekten aber erheblich schlechter abschnitten, sei regelmäßig mehr als eine Aufzählung von Vor- und Nachteilen der jeweiligen Alternative erforderlich (vgl. UA Rn. 108). Es sei nicht zu erkennen, dass die von den jeweiligen Varianten berührten öffentlichen und privaten Belange systematisch erfasst sowie fehlerfrei gewichtet und abgewogen worden seien, sodass nicht hinreichend nachvollzogen werden könne, aufgrund welcher Bewertungen und Erwägungen der Plantrasse der Vorzug gegeben worden sei (vgl. UA Rn. 119). Es fehle an der vergleichenden Prüfung der von den möglichen Alternativen berührten öffentlichen und privaten Belange. Angesichts der Anzahl von sechs Möglichkeiten für die Ausbautrasse und im Hinblick auf die erheblichen Unterschiede in Bezug auf die Auswirkungen für die verschiedenen jeweils betroffenen öffentlichen und privaten Belange wäre dies erforderlich gewesen. Die Planfeststellungsbehörde habe auch sonst nicht nachvollziehbar und überprüfbar dargelegt, aufgrund welcher abwägungsrelevanter Gesichtspunkte der Plantrasse der Vorzug gegeben worden sei. Die tragenden, bei dieser Abwägung anzustellenden Erwägungen dazu, die Plantrasse trotz der umweltbezogenen Nachteile auszuwählen und nicht etwa einer der Alternativtrassen mit günstigerer Umweltbilanz den Vorzug zu geben (vor allem der Theisenortim Verhältnis zur Lerchenhof-Trasse), fehlten in den Gründen des Planfeststellungsbeschlusses weitgehend (vgl. UA Rn. 121). Es handle sich hierbei um einen offensichtlichen Mangel, der auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sei (vgl. UA Rn. 133 ff.). Der Abwägungsfehler könne jedoch durch ein ergänzendes Verfahren geheilt werden (vgl. UA Rn. 121).
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Der gegen das Urteil eingelegte Antrag auf Zulassung der Revision wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts am 23. Februar 2021 (Az. 9 B 2.20) zurückgewiesen.
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Unter dem 6. November 2020 erließ die Regierung von Oberfranken einen Planergänzungsbeschluss. Darin nahm sie die Abwägung hinsichtlich der Trassenwahl erneut vor. Als deren Ergebnis bestätigte sie die bereits im Planfeststellungsbeschluss vom 24. Mai 2016 getroffene Wahl der „Rodach-Lerchenhoftrasse“. Der Planergänzungsbeschluss wurde dem Kläger am 16. November 2020 zugestellt.
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Am 14. Dezember 2020 erhob der Kläger Klage gegen den Planergänzungsbeschluss vom 6. November 2020 beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Bl. 1 GA). Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen:
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Der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss vom 24. Mai 2016 und der Planergänzungsbeschluss vom 6. November 2020 würden nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu einem einheitlichen Planfeststellungsbeschluss verschmelzen. Da über den Antrag des Klägers auf Zulassung der Revision gegen das Urteil vom 25. Oktober 2019 bislang nicht entschieden worden sei, sei unsicher, ob der Planergänzungsbeschluss im Revisionsverfahren einbezogen werden könne. Aus diesem Grund sei Klage geboten.
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In der Sache hätte der Beklagte vor einer erneuten Abwägung die Tatsachenbasis insbesondere die Verkehrsprognose aktualisieren müssen.
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Der Beklagte nehme in Bezug auf von der Behörde aufgegriffenen Grundsätze des Landesentwicklungsprogramms keine Gewichtung vor.
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Des Weiteren seien die Lärmauswirkungen hinsichtlich der Bewohner von Johannisthal nicht richtig ermittelt worden. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass Johannisthal durch die Plantrasse lärmmäßig völlig eingeschnürt und vom einzigen fußläufig erreichbarer Naherholungsraum abgeschnitten werde. Auch sei der Umstand nicht einbezogen worden, dass Theisenort von der ST 2200 abgerückt sei und sich im Norden ein großes Waldgebiet zu Erholungszwecken anschließe.
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Außerdem seien die Umweltauswirkungen einer zukünftigen Fortführung der B 173 nicht in den Blick genommen worden. Eine Fortführung der Lerchenhoftrasse würde einen weiteren Eingriff in die Rodachaue bedeuten. Im Planergänzungsbeschluss vom 6. November 2020 hätten die Regelungen des Bundes-Klimaschutzgesetzes, das am 18. Dezember 2019 in Kraft getreten ist, beachtet werden müssen.
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Insgesamt sei die Gesamtplanung weiterhin unausgewogen. Mit der getroffenen Abwägung verlasse der Beklagte den ihm zustehenden Planungsspielraum. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Beklagte den Gesichtspunkten der Erhöhung der Reisegeschwindigkeit, der einfacheren Baudurchführung und der optimalen Netzergänzung Vorrang vor dem Schutz des Naturhaushalts, des Grundwassers, der Landschaft und des landwirtschaftlich, nutzbaren Bodens einräume; dies gelte besonders in Zeiten der Klimakrise.
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Der Kläger beantragt,
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den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberfranken vom 24. Mai 2016 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 6. November 2020 aufzuheben,
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hilfsweise,
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festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 24.5.2016/6.11.2020 rechtswidrig sei und nicht vollzogen werden dürfe.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Dem Aufhebungsantrag des Klägers stehe bereits die Rechtskraft entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen. Auch der Hilfsantrag sei unbegründet. Die Abwägungsentscheidung habe nicht auf Grund einer aktualisierten Tatsachenbasis stattfinden müssen, denn diese habe der Verwaltungsgerichtshof nicht beanstandet. Die Planfeststellungsbehörde habe nur punktuell die nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs vorliegenden Fehler geheilt, nämlich die nicht hinreichend transparente rechtliche Bewertung der tatsächlichen Beurteilungsgrundlagen unter Anlegung eines nicht zutreffenden Beurteilungsmaßstabs.
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Die vom Kläger monierte Gewichtung der Festlegungen im Landesentwicklungsprogramm habe nicht durch die Behörde erfolgen können. Dies sei allein Aufgabe des Normgebers.
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Bei den Umweltbelangen handle es sich - wie der Kläger richtig ausführe - um einen maßgeblichen Gesichtspunkt der Variantenprüfung. Dem habe der Beklagte Rechnung getragen. Sehr wohl gesehen habe die Planfeststellungsbehörde unter den Punkten 3.4.3 und 3.4.9 des Planergänzungsbeschlusses auch die einzelnen Aspekte der Lärmbetroffenheit.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorgelegten Behördenakten, das Sitzungsprotokoll sowie die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Verfahren 8 A 16.40030 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist im Hinblick auf den Hauptantrag bereits unzulässig. Hinsichtlich des Hilfsantrags ist die Klage zulässig, aber nicht begründet.
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A. Die Klage ist im Hauptantrag bereits unzulässig.
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Dem geltend gemachten Aufhebungsanspruch steht bereits die Rechtskraft des insoweit abweisenden Urteils des Senats vom 25. Oktober 2019 entgegen (Az. 8 A 16.40030), die als Prozesshindernis von Amts wegen zu berücksichtigen ist (§ 121 VwGO). In diesem aufgrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Februar 2021 inzwischen rechtskräftigen Urteil hat der Senat festgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 24. Mai 2016, ergänzt um die Protokollerklärungen in der mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2018, nicht an solchen Fehlern leidet, die zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen, sondern nur an solchen, die durch ein ergänzendes Verfahren geheilt werden können (UA Rn. 140).
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Im Anwendungsbereich des Art. 75 Abs. 1a Satz 2 BayVwVfG bezieht sich die Rechtskraft eines klageabweisenden Urteils zum einen auf den mit der Anfechtungsklage im Hauptantrag geltend gemachten Aufhebungsanspruch; danach steht fest, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht an solchen Fehlern leidet, die nach Maßgabe des Art 75 Abs. 1a Satz 2 BayVwVfG nicht behoben werden können und folglich zu dessen Aufhebung führen müssen. Zum anderen muss nach Art. 75 Abs. 1a Satz 2 BayVwVfG die Heilung der festgestellten Rechtsfehler in einem ergänzenden Verfahren tatsächlich möglich erscheinen (vgl. BVerwG, U.v. 28.7.2014 - 7 B 22.13 - UPR 2015, 34 = BeckRS 2014, 55374 Rn. 10; U.v. 4.6.2020 - 7 A 1.18 - DVBl 2021, 451 Rn. 9; U.v. 7.10.2021 - 4 A 9.19 - UPR 2022, 98 Rn. 16, 51). Der Senat hat hierzu im Urteil vom 25. Oktober 2019 ausgeführt, dass es möglich erscheint, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Alternativenprüfung nach erneuter Abwägung an der getroffenen Entscheidung festhalten kann und hierzu im Rahmen ihres planerischen Ermessens auch berechtigt ist (UA Rn. 140). Daran hat sich aus heutiger Sicht des Senats nichts geändert, denn der Planfeststellungsbehörde wurde lediglich aufgetragen, unter Heranziehung des korrekten Prüfungsmaßstabs die bereits ermittelten Belange zu gewichten und erneut abzuwägen, sodass hinreichend nachvollzogen werden kann, aufgrund welcher Bewertungen und Erwägungen der Plantrasse der Vorzug gegeben wurde (UA Rn. 119, 141).
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B. In Bezug auf den Hilfsantrag ist die Klage zulässig, aber nicht begründet.
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I. Die Klage ist insoweit zulässig. Der Kläger ist gem. § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.
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Der Kläger hat den Planfeststellungsbeschluss vom 24. Mai 2016 angefochten und die Feststellung dessen Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit erreicht. Er kann damit gegen die Entscheidung im ergänzenden Verfahren geltend machen, dass die vom Gericht festgestellten Mängel nach wie vor nicht behoben seien (BVerwG, U.v. 8.1.2014 - 9 A 4.13 - NVwZ 2014, 1008 Rn. 28; Neumann/Külpmann in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2018, § 75 Rn. 55; Pokorni in Müller/Schulz, FStrG, 3. Aufl. 2022, § 17d Rn. 16; Schütz, UPR 2021, 418). Dies rügt der Kläger im Kern, indem er vorträgt, dass die Gesamtplanung weiterhin unausgewogen sei. Es fehle an einer Gewichtung der Grundsätze des Landesentwicklungsprogramms. Zudem sei nicht nachvollziehbar, dass der Beklagte rein verkehrlichen Belangen den Vorrang gegenüber dem Schutz des Naturhaushalts, des Grundwassers und der Landschaft einräume. Er rügt damit im Kern die vom Beklagten vorgenommene Gewichtung der Belange in der Abwägung.
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II. Die Klage ist im Hilfsantrag nicht begründet.
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Der Planfeststellungsbeschluss vom 24. Mai 2016 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 6. November 2020 weist, soweit er noch angreifbar ist, keine Rechtsfehler auf, die zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit führen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Verfahrensfehler sind hinsichtlich des Planergänzungsbeschlusses vom 6. November 2020 nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgebracht.
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2. Der Planfeststellungsbeschluss vom 24. Mai 2016 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 6. November 2020 leidet auch nicht an materiellen Fehlern.
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a. In Bezug auf die in die Abwägung einzustellenden Belange war der Beklagte nicht verpflichtet, sämtliche der Planungsentscheidung zu Grunde liegenden Gutachten, insbesondere die vom Kläger angeführte Verkehrsprognose, zu aktualisieren oder das am 18. Dezember 2019 in Kraft getretene Bundes-Klimaschutzgesetz vom 12. Dezember 2019 (BGBl. S. 2513) zu beachten.
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aa. Denn der für die Sach- und Rechtslage maßgebliche Zeitpunkt bleibt der des Erlasses des ersten Planfeststellungsbeschlusses vom 24. Mai 2016.
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Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses kommt es grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei dessen Erlass an (stRspr BVerwG, U.v. 9.2.2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 21; U.v. 27.6.2019 - 7 C 22.17 - NuR 2019, 846 = BeckRS 2019, 24602 Rn. 14). Wird danach ein ergänzendes Verfahren durchgeführt mit der Folge, dass der festgestellte Plan und die nachträglichen Änderungen zu einem einzigen Plan in der durch den Änderungsbeschluss erreichten Gestalt verschmelzen (vgl. BVerwG, U.v. 25.6.2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92 Rn. 14; U.v. 9.2.2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE158, 1 Rn. 19; U.v. 27.6.2019 - 7 C 22.17 - NuR 2019, 846 = BeckRS 2019, 24602 Rn. 14), bedarf es einer differenzierenden Betrachtungsweise. Der Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit hängt maßgeblich von der Zielrichtung des ergänzenden Verfahrens ab. Beschränkt es sich darauf, einen punktuellen Fehler der früheren Entscheidung zu heilen, so bleibt der Zeitpunkt des (ersten) Planfeststellungsbeschlusses maßgeblich. Abweichendes gilt dann, wenn die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidung im ergänzenden Verfahren auf veränderte tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse stützt und auf der Grundlage einer Aktualisierung der Beurteilungsgrundlagen eine Neubewertung vornimmt; dann ist insoweit der Zeitpunkt der Aktualisierung maßgeblich (stRspr, vgl. etwa BVerwG, U.v. 9.2.2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 21; U.v. 27.6.2019 - 7 C 22.17 - NuR 2019, 846 = juris Rn. 14 m.w.N.; U.v. 4.6.2020 - 7 A 1.18 - NuR 2020, 709 = juris Rn. 31, 32, 34).
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„Punktuell“ nach der Rechtsprechung des BVerwG meint nicht, anders als der Kläger argumentiert, dass der zu heilende Punkt klein und unwesentlich sein muss bzw. nur einen Randaspekt des Vorhabens betrifft. Vielmehr reicht es aus, dass es sich um einen abgrenzbaren, von anderen Teilen unabhängigen Teil handelt und dieser nicht die Planung als Ganzes in Frage stellt, so dass ein neues Planfeststellungsverfahren erforderlich würde. Dies ergibt sich auch aus Art. 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG, auf den Art. 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG ausdrücklich verweist. Danach führen erhebliche Mängel bei der Abwägung erst dann zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn sie nicht in einem ergänzenden Verfahren behoben werden können. Nicht mehr behoben im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens können Mängel in der Abwägung, die von solcher Art und Schwere sind, dass sie die Planung als Ganzes von vornherein in Frage stellen. Mängel bei der Alternativenprüfung gehören nicht von vornherein dazu (BVerwG, U.v. 19.2.2015 - 7 C 11.12 - BVerwGE 151, 213 = juris Rn. 46).
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Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs handelt es sich vorliegend um die Heilung eines „punktuellen“ Fehlers. Der Beklagte hat auch keine Neubewertung auf der Grundlage einer Aktualisierung der Beurteilungsgrundlagen vorgenommen (vgl. S. 7 PEB).
38
Zielrichtung des ergänzenden Verfahrens war, den vom Gericht festgestellten „punktuellen“ Mangel, nämlich im Rahmen der Alternativenprüfung unter Anwendung des richtigen Prüfungsmaßstabes die einzustellenden öffentlichen und privaten Belange zu gewichten und abzuwägen (vgl. S. 7 PEB), zu heilen. Denn nur dieser Punkt war nach dem Urteil des Senats vom 25. Oktober 2019 fehlerhaft (vgl. UA Rn. 104). Es handelt sich dabei um einen klar abgrenzbaren Bereich aus dem umfangreichen Prüfprogramm der Planfeststellungsbehörde.
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bb. Abgesehen davon ist die vom Kläger monierte Verkehrsprognose, nicht veraltet bzw. überholt. Verkehrsprognosen unterliegen keinem automatischem „Verfallsdatum“. Eine starre Festlegung kommt mangels gesetzlicher Vorgaben nicht in Betracht (vgl. BayVGH, U.v. 28.10.2020 - 8 A 18.40046 - DVBl. 2021, 1099 = juris Rn. 41). In der Praxis der straßenrechtlichen Planfeststellung wird regelmäßig mit Prognosezeiträumen von 10 bis 15 Jahren gerechnet (vgl. BVerwG, U.v. 7.3.2007 - 9 C 2.06 - BVerwGE 128, 177 = juris Rn. 21 m.w.N.). Die dem geänderten Planfeststellungsbeschluss zu Grunde liegende Verkehrsprognose vom 18. April 2011 liegt sowohl im Hinblick auf den Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses am 24. Mai 2016 als auch im Hinblick auf den Erlass des Planergänzungsbeschlusses am 6. November 2020 im Prognosezeitraum. Eine Pflicht zur Erneuerung ergibt sich hieraus nicht.
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Auch die tatsächlichen Grundlagen der Verkehrsprognose haben sich nicht wesentlich geändert. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus dem vom Kläger aufgestellten Vergleich von Dauerzählstellen für die Monate September 2019 und September 2020. Der isolierte Vergleich von zwei Monaten in den Jahren 2019 und 2020 ist kein valider Betrachtungszeitraum, um eine dauerhafte Trendwende abschätzen zu können. Außerdem sind die vom Kläger angeführten Zählstellen zu weit von den relevanten Straßenabschnitten der B 303 und B 173 entfernt, um valide den Verkehrsstrom bestimmen zu können. Schließlich geht das Verkehrsgutachten von Prof. Dr. K. vom 18. April 2011 von einer werktäglichen Verkehrsbelastung im Jahr 2010 auf der B 173 im Abschnitt zwischen der Einmündung der ST 2200 und Küps (Nord) von 13.800 Kfz/Tag aus (Anlage 1 zum Erläuterungsbericht, Unterlage 1, S. 3). Für diese Teilstrecke geht das Gutachten prognostisch von einer Belastung von 15.100 Kfz/Tag im Jahr 2025 aus (Anlage 1 zum Erläuterungsbericht, Unterlage 1, S. 8). Die vom Kläger angeführten Daten bewegen sich in diesem Bereich, so dass eine wesentliche Änderung nicht dargelegt ist.
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cc. Nach den oben dargelegten Maßstäben musste die Planfeststellungsbehörde auch das am 18. Dezember 2019 in Kraft getretene Bundes-Klimaschutzgesetz vom 12. Dezember 2019 (BGBl I S. 2513), dort insbesondere § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG, nicht berücksichtigen. Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses am 24. Mai 2016 war das Bundes-Klimaschutzgesetz noch nicht in Kraft. Maßgeblich bei Erlass des Planergänzungsbeschlusses am 6. November 2020 war die Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 24. Mai 2016. Auch die Behörde hat von sich aus eine Prüfung des Vorhabens anhand des § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG nicht vorgenommen.
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b. Soweit der Kläger Fehler bei der Ermittlung einzelner Belange rügt, greifen diese schon deswegen nicht durch, weil ihnen die Rechtskraft des Urteils des Senats vom 25. Oktober 2019 entgegensteht.
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Mit der Rechtskraft des stattgebenden Feststellungsurteils des Senats vom 25. Oktober 2019, wonach der Planfeststellungsbeschluss - nach Maßgabe der Urteilsgründe - rechtswidrig und nicht vollziehbar ist, ist zugleich eine negative Feststellung des Inhalts verbunden, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht an anderen als den im Urteil ausdrücklich benannten - heilbaren - Fehlern leidet. Der Kläger kann demnach im nachfolgenden Klageverfahren gegen den im ergänzenden Verfahren insgesamt bestätigten oder auch teilweise geänderten Planfeststellungsbeschluss nicht geltend machen, dass dieser über die Beanstandung des Gerichts hinaus wegen weiterer Mängel rechtswidrig ist (vgl. dazu BVerwG, U.v. 8.1.2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 28; B.v. 20.3.2018 - 9 B 43.16 - NuR 2019, 109 Rn. 65; B.v. 17.3.2020 - 3 VR 1.19 - NVwZ 2020, 1051 Rn. 18; U.v. 4.6.2020 - 7 A 1.18 - NuR 2020, 709 Rn. 31; U.v. 7.10.21 - 4 A 9.19 - UPR 2022, 98 Rn. 51; Neumann/Külpmann in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2018, § 75 Rn. 53 c ff.).
44
Einer nochmaligen Überprüfung entzogen sind damit solche Teile des Planfeststellungsbeschlusses, die als prozessuale Besonderheit und Folgerung aus dem Gebot der Planerhaltung im Sinne einzelner Klagegründe einer gesonderten Entscheidung zugänglich sind. Diese Klagegründe bezeichnen abtrennbare rechtliche Anforderungen an die Zulassungsentscheidung. Sie betreffen in erster Linie die Bewertung der durch spezielle verfahrensrechtliche oder materiell-rechtliche Vorgaben geprägten Problemkreise und Sachbereiche aus dem oftmals umfangreichen Prüfprogramm, dem der Planfeststellungsbeschluss nicht zuletzt als Folge seiner Konzentrationswirkung genügen muss. Inwieweit vom Gericht nicht beanstandete rechtliche Erwägungen und Begründungselemente, die der Überprüfung eines in den Urteilsgründen markierten Rechtsfehlers zuzuordnen sind, in dem Sinne eigenständig zu betrachten sind, dass dieser Ausschnitt der rechtlichen Würdigung als rechtsbeständig anzusehen ist, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Von Gewicht ist dabei insbesondere die Bedeutung dieser Erwägungen für das gesamte Verfahren, worauf nicht zuletzt der argumentative Aufwand der Beteiligten sowie Begründungsumfang und -tiefe bei der gerichtlichen Bewältigung der aufgeworfenen Rechtsfragen hindeuten können; daraus kann sich insbesondere auch die Absicht und der Anspruch des Gerichts ergeben, diese Fragen jedenfalls im gegebenen Prozessrechtsverhältnis einer abschließenden Klärung zuzuführen. Davon sind Ausführungen des Gerichts zu unterscheiden, die zwar ebenfalls die rechtlichen Erwägungen und Vorgehensweisen der Behörden billigen, die aber nicht von diesem Gewicht und somit als bloße Vorfragen einzustufen sind und folglich nicht in Rechtskraft erwachsen (vgl. BVerwG, B.v. 23.5.2017 - 4 A 7.16 - juris Rn. 7 ff., 9; U.v. 4.6.2020 - 7 A 1.18 - NuR 2020, 709 Rn. 32).
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Dies zugrunde gelegt ist einer nochmaligen Prüfung durch das Gericht die vom Kläger kritisierte fehlende Berücksichtigung der Umweltauswirkungen einer Fortführung der B 173 ausgeschlossen. Der Senat hat in seinem Urteil vom 25. Oktober 2019 hierzu keine relevanten Fehler festgestellt (UA Rn. 80).
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Ebenfalls von einer nochmaligen Überprüfung ausgeschlossen sind die vom Kläger gerügte lärmmäßige Einschnürung der Bewohner von Johannisthal sowie die Verlärmung des einzigen fußläufig erreichbaren Erholungsgebiets. Gleiches gilt für die vom Kläger monierte fehlende Berücksichtigung des Umstandes, dass Theisenort von der ST 2200 abgerückt sei und sich im Rücken ein großes Waldgebiet befinde. Die von einem Straßenbauvorhaben ausgehenden Lärmimmissionen, denen die Einwände des Klägers thematisch zuzuordnen sind, sind nicht bloße Vorfragen oder Erwägungen von geringem Gewicht, die nach den oben ausgeführten Grundsätzen nicht in Rechtskraft erwachsen würden. Vielmehr gehören die von einem Ausbauvorhaben ausgehenden Lärmimmissionen zwingend zum Prüfprogramm des Planfeststellungsverfahrens und sind als private Belange regelmäßig Bestandteil der Abwägung. Vorliegend wurden zudem im Tenor des Planfeststellungsbeschlusses unter 6.3 diverse Auflagen zum Immissionsschutz angeordnet. Die diesbezüglichen Anordnungen und Feststellungen im Planfeststellungsbeschluss vom 24. Mai 2016 sind mit Rechtskraft des Urteils des Senats vom 25. Oktober 2019 bestandskräftig geworden. Sie sind damit einer nochmaligen gerichtlichen Überprüfung entzogen.
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c. Die Entscheidung für die Plantrassen (B 173: Rodach-Trasse; B 303: Lerchenhof-Trasse) ist nunmehr frei von den Rechtsfehlern, die der Senat im Urteil vom 25. Oktober 2019 festgestellt hat.
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Die Auswahl unter verschiedenen, ernstlich in Betracht kommenden Ausführungsvarianten eines Vorhabens ist ungeachtet hierbei zu beachtender, rechtlich zwingender Vorgaben eine fachplanerische Abwägungsentscheidung. Die Planfeststellungsbehörde ist, wie es dem Vorhabenträger bei der Planerarbeitung obliegt, auch bei der Wahl zwischen Varianten zu einer optimierenden, konkurrierende Belange möglichst schonenden Verwirklichung des Planungsziels verpflichtet. Das Gericht kann die Ausübung der dazu eingeräumten planerischen Gestaltungsfreiheit nur auf die Einhaltung der Grenzen dieser Gestaltungsfreiheit überprüfen. Sie sind nur dann überschritten, wenn der Behörde bei der Auswahl infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist oder wenn sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eine andere als die gewählte Trassenführung eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen ersatzweise zu planen und sich hierbei gar von Erwägungen einer „besseren“ Planung leiten zu lassen (BVerwG, U.v. 28.4.2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 169; U.v. 15.11.2016 - 4 A 4.15 - NVwZ 2017, 708 Rn. 32; U.v. 29.6.2017 - 3 A 1.16 - DVBl 2018, 187 Rn. 129).
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Soweit einzelne Prüfschritte der Abwägung im Hinblick auf die verschiedenen Planungsalternativen auf Grund des Urteils des Senats vom 25. Oktober 2019 einer gerichtlichen Überprüfung noch zugänglich und Gegenstand des Planergänzungsbeschlusses vom 6. November 2020 sind, sind diese frei von Fehlern. Die Planfeststellungsbehörde geht nunmehr vom richtigen Prüfungsmaßstab aus, hat die einzelnen Belange fehlerfrei gewichtet und kommt schließlich zu einem nachvollziehbaren Abwägungsergebnis.
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aa. Der Beklagte geht nunmehr vom richtigen Prüfungsmaßstab aus (PEB S. 7).
51
Im Unterschied zur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle der Planungsentscheidung folgt die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde anderen Vorgaben. Auch wenn die Planfeststellungsbehörde nachvollziehend kontrolliert, ob die vom Vorhabenträger getroffene Entscheidung rechtmäßig ist - und daher nicht berechtigt ist, dessen die Planrechtfertigung tragende planerische Erwägungen durch abweichende eigene zu ersetzen -, darf sie sich nicht auf die Kontrolle zurückziehen, ob sich eine andere Variante aufdrängt. Sie muss vielmehr selbst alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen berücksichtigen und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen berührten öffentlichen und privaten Belange einstellen (BVerwG, U.v. - 21.1.2016 - 4 A 5.14 - BVerwGE 154, 73 Rn. 168 f.; U.v. 29.6.2017 - 3 A 1.16 - DVBl 2018, 187 Rn. 131)
52
Diesen Maßstab hat die Behörde bei der Abwägung der verschiedenen Trassen nunmehr angelegt (vgl. PEB S. 7) und ist in der Sache auch danach vorgegangen. Die im Planergänzungsbeschluss angeführten Erwägungen lassen eindeutig erkennen, dass die Planfeststellungsbehörde nicht mehr auf eine Prüfung sich aufdrängender Varianten beschränkt hat, sondern tragfähige eigene Erwägungen angestellt hat.
53
bb. Die Planfeststellungsbehörde hat im Planergänzungsbeschluss vom 6. November 2020 die ermittelten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung korrekt bewertet und gewichtet.
54
(1) Zur Frage der Gewichtung einzelner Belange enthält § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG keine Vorgaben.
55
(2) Anders als der Kläger meint, musste die Behörde die einzelnen, von ihr herausgegriffenen Grundsätze des Landesentwicklungsprogramms nicht gesondert gewichten.
56
Es trifft zu, dass die Grundsätze der Raumordnung als Belange bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen (Art. 2 Nr. 6 BayLPlG) in die Abwägung einzustellen und in ihr zu berücksichtigen sind (vgl. Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayLPlG; § 4 Abs. 1 ROG). Die Ziele und Grundsätze der Raumordnung werden in Raumordnungsplänen festgelegt (vgl. Art. 14 Abs. 1 und 3 BayLPlG). Raumordnungspläne sind das Landesentwicklungsprogramm (Art. 19, Art. 2 Nr. 6 BayLPlG) und die daraus entwickelten Regionalpläne (Art. 21 Abs. 1, Art. 2 Nr. 6 BayLPlG). Es handelt sich jeweils um Rechtsverordnungen (Art. 20 Abs. 2, Art. 22 Abs. 1 BayLPlG). Maßgeblich sind vorliegend das Landesentwicklungsprogramm Bayern vom 22. August 2013 (GVBl S. 550) und der Regionalplan Oberfranken West (i.d.F. vom 4. Mai 2011, OFrABl 2011, S. 74).
57
Offen kann bleiben, ob sich der Kläger als Umweltvereinigung überhaupt auf eine Verletzung der Gewichtung von Grundsätzen des Landesentwicklungsprogramms berufen kann. Dafür spricht, dass gem. § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwRG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG der Umfang der gerichtlichen Prüfung vorliegend nicht auf die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften begrenzt ist, sondern die Rechtsverletzung lediglich Umweltbelange berühren muss, was bei einer Raumordnungsplanung, die auch Umweltaspekte einschließt, möglich erscheint (vgl. HessVGH, B.v. 14.5.2012 - 9 B 1918/11 - NuR 2012, 493 = juris Rn. 35 f.).
58
Jedoch ist zweifelhaft, ob die Grundsätze der Raumordnung in Art. 3 Abs. 1 BayLPlG überhaupt Rechtswirkungen gegenüber dem Einzelnen entfalten. Gem. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayLPlG sind von den öffentlichen Stellen die Ziele der Raumordnung zu beachten sowie Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung in Abwägungs- und Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen. Grundsätze der Raumordnung sind nicht abschließend abgewogen, können folglich im Widerspruch zueinanderstehen und bedürfen demnach im Einzelfall erst einer Konkretisierung und Abwägung (Spannowsky in Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, 2. Aufl. 2018, § 2 Rn. 31). Damit entfalten die Grundsätze der Raumordnung anders als die Ziele der Raumordnung keine Rechtswirkungen bzw. normative Bindungen (BVerwG, U.v. 1.7.2005 - 4 BN 26.05 - ZfBR 2005, 807 = juris Rn. 6; BayVGH, U.v. 23.2.2005 - 20 N 03.1243 - ÖffBauR 2005, 78 = juris Rn. 13; Sanden in Koch/Hofmann/Reese, Umweltrecht, 5. Aufl. 2018, § 13 Rn. 45).
59
Dies ergab sich bis zur Änderung des Raumordnungsgesetzes durch das Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuchs und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung vom 18. August 1997 (Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 - BauROG, BGBl I S. 2081) unmittelbar aus § 3 Abs. 3 ROG 1965. § 3 Abs. 3 ROG 1965 stellte klar, dass Grundsätze der Raumordnung dem einzelnen gegenüber keine Rechtswirkungen haben (Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Komm. zum ROG, Stand Juni 2022, § 4 Rn. 33). Die das Leitbild der Raumordnung bildenden Grundsätze sollten lediglich für die in den verschiedenen Verwaltungsstufen zu vollziehenden Aufgaben der Raumordnung gelten. Sie sollten weder den einzelnen Staatsbürger noch die Privatwirtschaft binden, sollten umgekehrt aber auch keinen Anspruch Dritter auf ein bestimmtes raumordnungspolitisches Verhalten des Bundes und der Länder begründen (vgl. BT-Drs. 4/1204 S. 9; BVerwG, B.v. 7.11.1996 - 4 B 170.96 - UPR 1997, 106 = juris Rn. 11; Goppel in Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, 2. Aufl. 2018, § 4 Rn. 107, aber auch 109; so für Ziele der Raumordnung BVerwG, B.v. 24.4.1992 - 4 NB 36.91- BeckRS 1992, 31311471 Rn. 10; B.v. 30.8.1994 - 4 NB 31.94 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 77 = juris Rn. 8; B.v. 1.7.2005 - 4 BN 26.05 - ZfBR 2005, 807 = juris Rn. 6; U.v. 16.3.2021 - 4 A 10.19 - NVwZ 2021, 1615 Rn. 39). Die Regelung des § 3 Abs. 3 ROG 1965 galt als Rahmengesetz (vgl. Art. 75 Abs. 1 Nr. 4 GG a.F.) unmittelbar auch in den Bundesländern (vgl. BT-Drs. 4/1204 S. 7; BT-Drs. 13/6392 S. 32; Heigl/Hosch, Raumordnung und Landesplanung in Bayern, Stand: Aug. 2008, Art. 2 Rn. 3, Art. 3 Rn. 5). Auch nach dem Wegfall der Vorschrift des § 3 Abs. 3 ROG 1965 hat sich am Konzept der Grundsätze der Raumordnung nichts geändert (vgl. BT-Drs. 13/6392, S. 82, so auch BayVGH, U.v. 3.12.2002 - 20 A 01.40019 u.a. - BayVBl 2003, 691 = juris Rn. 221; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 42 Rn. 186; Heigl/Hosch, Raumordnung und Landesplanung in Bayern, Stand: Aug. 2008, Art. 2 Rn. 3). Im seit 18. August 1997 gefassten § 4 ROG sollten die im bislang geltenden ROG über mehrere Vorschriften verteilten Bindungswirkungen der Erfordernisse der Raumordnung lediglich gebündelt werden (vgl. Goppel in Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, 2. Aufl. 2018, § 4 Rn. 10 ff.). An dem schon im ROG 1965 geltenden Konzept, dass sich die Grundsätze der Raumordnung an die öffentliche Hand richten und im Rahmen des Ermessens gegeneinander und untereinander abzuwägen sind (vgl. § 2 Abs. 2 ROG 1965), hat sich dadurch nichts geändert (§ 4 Abs. 2 ROG 1998). Lediglich gestrafft, aber inhaltlich nicht verändert wurde § 4 ROG durch das Gesetz zur Neufassung des Raumordnungsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze vom 22. Dezember 2008 (BR-Drs. 536/08 S. 56; BGBl I S. 2986), wobei die Regelungen des Abschnittes 1 als allgemeine Regelungen der Raumordnung in Bund und Ländern gleichermaßen gelten sollten (BR-Drs. 536/08 S. 48; BT-Drs. 16/10292 S. 20). Dementsprechend entspricht Art. 3 Abs. 1 BayLPlG (i.d.F. vom 1. Juli 2012) inhaltlich § 4 Abs. 1 ROG (vgl. LT-Drs. 16/10945 S. 18).
60
Jedenfalls ist nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde den betroffenen Grundsätzen des Landesentwicklungsprogramms im Planergänzungsbeschluss keine eigenständige Gewichtung beigemessen hat.
61
Die Planfeststellungsbehörde hat die verschiedenen Trassenvarianten an folgenden im Landesentwicklungsprogramm aufgeführten Grundsätze gemessen: Nr. 4.2. (Leistungsfähiges Netz der Bundesfernstraßen und bedarfsgerechte Ergänzung und Ausbau vor Neubau), Nr. 5.4.1 (Erhalt land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen), Nr. 7.1.3. (Erhalt freier Landschaftsbereiche), Nr. 7.2.5 (Hochwasserschutz). Hierzu hat sie ausgeführt, dass die Überprüfung der Trassenvarianten anhand der Grundsätze des Landesentwicklungsprogramms zu keiner eindeutigen Vorzugswürdigkeit einer Trasse führen (PEB S. 26).
62
Der Kläger übersieht bei seinem Einwand, dass es bei einer Gewichtung der Grundsätze des Landesentwicklungsprogramms zu einer doppelten Gewichtung dieser Belange gekommen wäre. Dies hätte eine Fehlgewichtung zur Folge gehabt (BVerwG, U.v. 10.2.2016 - 9 A 1.15 - juris Rn. 23; Lau, UPR 2021, 10, 12). Denn die vom Beklagten als einschlägig betrachteten Grundsätze überschneiden sich mit anderen, insbesondere den verkehrlichen Belangen, den Belangen des Naturschutzes und des Hochwasserschutzes, die die Planfeststellungsbehörde gesondert bewertet und gewichtet hat.
63
So korreliert der Grundsatz Nr. 4.2 (Leistungsfähiges Netz der Bundesfernstraßen und bedarfsgerechte Ergänzung) mit den unter Nr. 3.3 (Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs) und Nr. 3.9 (Künftige Fortführung der B 173) im Planergänzungsbeschluss erörterten Belangen. Der ebenfalls in Nr. 4.2 des Landesentwicklungsprogramms genannte Grundsatz „Ausbau vor Neubau“ überschneidet sich mit der Nr. 3.4.3 (Flächenbedarf) und Nr. 3.4.4 (Naturhaushalt, Lebensräume, Tiere und Pflanzen (Arten), Wald) des Planergänzungsbeschlusses. Ebenfalls mit Nr. 3.4.3 (Flächenbedarf) und zusätzlich mit Nr. 3.4.2 (Land- und Forstwirtschaft, Bodennutzungen) überschneidet sich der in Nr. 5.4.1 des Landesentwicklungsprogramms aufgeführte Grundsatz des Erhalts von land- und forstwirtschaftlichen Flächen. Der Grundsatz des Erhalts freier Landschaftsflächen (Nr. 7.1.3 des Landesentwicklungsprogramms) findet in Nr. 3.4.3 (Flächenbedarf) und 3.4.5. (Boden (ohne Flächenbedarf) des Planergänzungsbeschlusses seinen Niederschlag. Der Grundsatz des Hochwasserschutzes (Nr. 7.2.5 des Landesentwicklungsprogramms) wird schließlich von Nr. 3.4.6 (Oberflächenwasser und Hochwasserschutz) des Planergänzungsbeschlusses aufgegriffen.
64
(3) Entgegen der Auffassung des Klägers genießen Belange des Natur- und Landschaftsschutzes keinen Vorrang vor anderen öffentlichen und privaten Belangen.
65
Belange des Umwelt- und Naturschutzes haben keinen generellen Vorrang vor anderen abwägungserheblichen Belangen (vgl. BVerwG, U.v. 7.3.1997 - 4 C 10.96 - BVerwGE 104, 144 = juris Rn. 27 ff.; Sanden in Koch/Hofmann/Reese, Umweltrecht, 5. Aufl. 2018, § 13 Rn. 173).
66
Das gebietet auch Art. 20a GG nicht. Nach Art. 20a GG schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Als an den Staat gerichtete Zielbestimmung verpflichtet die Regelung den Staat in allen seinen Erscheinungsformen, allerdings in unterschiedlicher Intensität. In erster Linie trifft die Verpflichtung den Gesetzgeber, den in dieser Norm enthaltenen Gestaltungsauftrag umzusetzen (vgl. BT-Drs. 12/6633, S. 7; BVerwG, U.v. 25.1.2006 - 8 C 13.05 - BVerwGE 125, 68 = juris Rn. 19). In Bezug auf die Abwägung von naturschutzrechtlichen Belangen hat dieser in § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG geregelt, dass die Behörde im Rahmen der Abwägung neben den öffentlichen und privaten Belangen auch die Umweltauswirkungen zu berücksichtigen hat. Einen Vorrang von Umweltbelangen hat der Gesetzgeber damit aber nicht angeordnet.
67
Die vollziehende Gewalt hat gem. § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen gem. Art. 20a GG als Auslegungs- und Abwägungshilfe bei ihrer Planungsentscheidung zu berücksichtigen (BVerwG, B.v. 19.12.1997 - 8 B 234.97 - UPR 1998, 192 = juris Rn. 3, Gärditz in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Dez. 2021, Art. 20a GG Rn. 50). Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen in der verfassungsgesetzlichen Ausformulierung des Art. 20a GG verfügt über keinen einseitigen Prioritätsanspruch; er steht nicht für sich und allein, sondern im Gesamtkontext bzw. Gesamtbezug der Verfassungsordnung und ihren Schutzgütern im Übrigen (BT-Drs. 12/6633 S. 6; BT-Drs. 12/6000, S. 67). Durch die ausdrückliche Einordnung der Staatszielbestimmung in die verfassungsmäßige Ordnung wird insoweit klargestellt, dass der Umweltschutz keinen absoluten Vorrang genießt, sondern lediglich in Ausgleich mit anderen Verfassungsprinzipien und Rechtsgütern zu bringen ist (BVerwG, U.v. 13.4.1995 - 4 B 70.95 - NuR 1995, 253 = juris Rn. 8; Scholz in Dürig/Herzog/Scholz, GG-Kommentar, Stand Juli 2021, Art. 20a GG Rn. 41).
68
Soweit der Kläger vorträgt, dass das Staatsziel des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen in Art. 20a GG justiziabel sei und den Gesetzgeber binde, ist dem zuzustimmen (BVerfG, U.v. 24.3.2021 -1 BvR 2656/18 u.a. - BVerfGE 157, 30 Rn. 205 „Klimaschutzbeschluss“). Jedoch genießt die Staatszielbestimmung des Art. 20a auch nach der Entscheidung des BVerfG vom 24. März 2021 keinen unbedingten Vorrang gegenüber anderen Belangen, sondern ist im Konfliktfall in einen Ausgleich mit anderen Verfassungsrechtsgütern und Verfassungsprinzipien zu bringen (BVerfG, B.v. 24.3.2021 - BvR 2656/18 u.a. - BVerfGE 157, 30 Rn. 198, 213; BVerwG, U.v. 29.6.2017 - 3 A 1.16 - DVBl 2018, 187 Rn. 140; Uechtritz/Ruttloff, NVwZ, 2022, 9, 12). Es ist auch nicht Aufgabe der Gerichte, aus der offenen Formulierung des Art. 20a GG Klimaschutzziele z.B. in Form von quantifizierbaren Grenzen der Erderwärmung und damit korrespondierende Emissionsmengen oder Reduktionsvorgaben abzuleiten (BVerfG, B.v. 24.3.2021 - BvR 2656/18 u.a. - BVerfGE157, 30 Rn. 207; Uechtritz/Ruttloff, NVwZ, 2022, 9, 10). Ihnen fehlt nicht zuletzt die hierfür erforderliche demokratische Legitimation (BVerfG, B.v. 24.3.2021 - BvR 2656/18 u.a. - BVerfGE157, 30 Rn. 213; Uechtritz/Ruttloff, NVwZ, 2022, 9, 10).
69
cc. Auch das Abwägungsergebnis ist frei von Fehlern.
70
Ausgangspunkt der Gesamtabwägung ist hier, dass jede Variante durch eine je eigene Mischung aus unterschiedlich gewichtigen Vorzügen und Nachteilen geprägt ist (vgl. Übersicht Erläuterungsbericht S. 109). Die Planfeststellungsbehörde hat hierzu ausgeführt, dass sich „keine Trasse als durchweg vorteilhaft erweist, weil bei jeder Trasse gewichtige Nachteile den entsprechenden Vorteilen hinsichtlich anderer Aspekte gegenüberstehen“ (Planergänzungsbeschluss S. 26). Klar vorzugswürdige Lösungen gebe es lediglich in Bezug auf einzelne Aspekte; eine insgesamt überlegene Variante habe sich aber nicht herausgebildet. Hat die Planfeststellungsbehörde in einer solchen Lage das Gewicht der Belange, wie hier, fehlerfrei bestimmt, liegt jede Vorzugswahl innerhalb des gerichtlich nicht zu beanstandenden Entscheidungsspielraums, bei der die favorisierten Belange nicht in ein erkennbar widersprüchliches oder disproportionales Verhältnis zu den zurückgestellten gesetzt werden (BVerwG, U.v. 29.6.2017 - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 153; U.v. 3.11.2020 - 9 A 7.19 - BVerwGE 170, 138 Rn. 494). Davon kann bei der hier gewählten Variante keine Rede sein.
71
Die Planfeststellungsbehörde hat neben der Erreichung der verkehrlichen Ziele den Aspekt des Lärmschutzes als entscheidenden Vorteil für die Plantrasse angesehen. In Bezug auf die verkehrlichen Interessen hat sie damit auf einen Gesichtspunkt abgestellt, der im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen ist (vgl. dazu BVerwG, U.v. 11.7.2019 - 9 A 13.18 - BVerwGE 166, 132 Rn. 203). Dass sie diesem im vorliegenden Fall zu Recht ein besonderes Gewicht beigemessen hat, ergibt sich im Übrigen daraus, dass beide Vorhaben (Ausbau der B 303 und B 173) im Fernstraßenausbaugesetz in der Stufe des vordringlichen Bedarfs ausgewiesen sind (BT-Drs. 540/04 lfd. Nr. BY 584 Johannisthal - Kronach und BY 644 Sonnefeld - Jonhannisthal (3. BA); zugleich Anlage 1 zu § 1 Abs. 2 FStrAbG in der Fassung des 5. FStrAbÄndG vom 15. Oktober 2004, BGBl I 2004, 2574). Denn die damit verbundene Feststellung eines dringenden Verkehrsbedarfs ist nach § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG für die Planfeststellung nach § 17 FStrG und deren gerichtlichen Kontrolle verbindlich (BVerwG, B.v. 16.1.2007 - 9 B 14.06 - Buchholz 407.4 § 1 FStrG Nr. 11 = juris Rn. 6; U.v. 6.11.2013 - 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 = juris Rn. 25). Anders als der Kläger meint, haben die verkehrlichen Belange zwischenzeitlich auch nicht abgenommen. Die von der Planung betroffenen Abschnitte der B 173 und B 303 sind weiterhin in Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG als „vordringlicher Bedarf“ bzw. „laufend und fest disponiert“ ausgewiesen (vgl. lfd. Nr. 327 und 381 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG i.d.F. vom 31.12.2016). Im Übrigen wäre dies mit Blick auf den für die Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt unerheblich (vgl. oben unter Rn. 35).
72
Auch den Aspekt des Lärmschutzes durfte die Planungsbehörde als schwerwiegend einstufen und ihn als mit ausschlaggebend ansehen, zumal das Ziel der Verringerung des Verkehrslärms als wichtiges Ziel der Verkehrswegeplanung anerkannt ist (BVerwG, U.v. 27.7.1990 - 4 C 26.87 - NVwZ 1991, 781 = juris Rn. 23; VGH BW, U.v. 6.4.2006 - 5 S 847/05 - UPR 2006, 454 = juris Rn. 46). Dem mit der Plantrasse verwirklichten Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG kommt als Abwägungsdirektive zusätzlich ein besonderes Gewicht zu (sog. „Optimierungsgebot“ BVerwG, U.v. 22.3.1985 - 4 C 73.82 - BVerwGE 71, 163 = juris Rn. 8; U.v. 28.1.1999 - 4 CN 5.98 - BVerwGE 108, 248 = juris Rn. 22; B.v. 7.7.2004 - 4 BN 16.04 - ZfBR 2005, 71 = juris Rn. 5; Schoen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Sept. 2021, § 50 Rn. 30). Dabei ist gem. § 50 BImSchG Lärmschutz, wie hier geschehen, zuvörderst durch Trassierung zu gewährleisten. Der Planer hat schädliche Umwelteinwirkungen, die durch seine Planung für schutzbedürftige Gebiete hervorgerufen werden, soweit wie möglich zu vermeiden (Schoen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Dez. 2021, § 50 Rn. 30). Durch ihre von der Wohnbebauung abgerückte Lage vermag dies die Plantrasse am besten (vgl. Unterlage 16, Karten zu den Umwelteinwirkungen durch Straßenverkehrsgeräusche). Soweit der Kläger anführt, der Lärmschutz für die Bewohner von Theisenort könne durch Lärmschutzeinrichtungen gewährleistet werden, verkennt er die Regelungssystematik des § 50 BImSchG. Nur wenn schädliche Umwelteinwirkungen auf schutzwürdige Gebiete nicht vermieden werden können, sind aktive Lärmschutzeinrichtungen nach § 41 BImSchG möglich.
73
Als gegenläufige Interessen hat die Planfeststellungsbehörde erkannt, dass die Plantrasse („Rodach-/Lerchenhoftrasse“) mit den größten Eingriffen in den Naturhaushalt einhergeht, dem aber nachvollziehbar gegenübergestellt, dass auch dann, wenn wegen der besonderen Projektdimension bzw. Projektidentität Umweltwirkungen verbleiben (z.B. Versiegelung von Boden), die mit dem Vorhaben verbundenen Beeinträchtigungen in Natur und Landschaft bei der Plantrasse weitestgehend ausgeglichen werden können (UVP-Bericht, Unterlage 16, S. 57, 151; Unterlage 12, S. 85). Besonders gravierend ist nach den Erwägungen der Planfeststellungsbehörde die Verlegung der Rodach und der damit verbundene schwerwiegende Eingriff in deren Überschwemmungsgebiet. Jedoch können durch Maßnahmen auf drei Flächen im Talraum der Rodach nicht nur schadlose Abflussverhältnisse gewährleistet werden, sondern es ergibt sich auch ein Retentionsraumgewinn von insgesamt rund 7.000 m3 (vgl. Planergänzungsbeschluss S. 28; UVP-Bericht, Unterlage 16, S. 61; Unterlage 13, S. 54-58). Zudem werden innerhalb der neuen Rodachschleife ein Auwald und Kleingewässerhabitate angelegt (Unterlage 12.3). Der auf den Naturhaushalt bezogene Ausgleichsbedarf von rund 15 ha wird auf einer realen Fläche von 25,568 ha bzw. einer Bilanzfläche von 22,630 ha gedeckt (Unterlage 12.1, S. 85). Das Landschaftsbild wird nach der Baumaßnahme wiederhergestellt bzw. landschaftsgerecht neugestaltet (Unterlage 12.1, S. 86). Auch die schwierigen Hochwasserverhältnisse in Johannisthal können mit der Plantrasse besser gelöst werden (Planergänzungsbeschluss S. 28; UVP-Bericht, Unterlage 16, S. 45).
74
Hingegen weisen die anderen Planalternativen gravierende Nachteile im Hinblick auf die verkehrlichen Belange - insbesondere könnte kein taugliches Ersatzwegenetz für den nicht kraftfahrstraßen-tauglichen Verkehr geschaffen werden (Planfeststellungsbeschluss S. 90, 104, Planergänzungsbeschluss S. 27) - und im Hinblick auf Lärmimmissionen auf (Planergänzungsbeschluss S. 28). Gleichzeitig können die auch bei den übrigen Trassenalternativen notwendigen, aber weniger schwerwiegenden Eingriffe in Natur und Landschaft nicht zufriedenstellend ausgeglichen werden (Planergänzungsbeschluss S. 28). So müsste bei der Wahl der Johannisthaltrasse für die B 173 der ohnehin mit einer Gesamtbreite von nur 65 m schmale zwischen Bahntrasse und B 173 gelegene Pappelwald für das Ersatzwegenetz massiv um rund ein Drittel dezimiert werden (UVP-Bericht, Unterlage 16, S. 45, 134; Planergänzungsbeschluss S. 19). Dieser Pappelwald hat aber ortsgebunden eine hohe lufthygienische Ausgleichsfunktion für Johannisthal und sollte deshalb unbedingt erhalten werden (UVP-Bericht, Unterlage 16, S. 46). Die Hochwassersituation für Johannisthal würde sich zudem verschärfen (Planergänzungsbeschluss S. 28; UVP-Bericht, Unterlage 16, S. 45). Denn bei der Johannisthaltrasse würden die ohnehin schon schwierigen Hochwasserverhältnisse im Bereich des Krebsbaches durch Flächenverlust noch verstärkt (UVP-Bericht, Unterlage 16, S. 45).
75
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
76
D. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 709 ZPO.
77
E. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.