Titel:
Bescheid, Versorgung, Erkrankung, Zwangsgeld, Untersagung, Vollziehung, Anordnung, Tierhaltung, Schmerzen, Widerspruchsbescheid, Ermessensentscheidung, Tiere, Rinder, Widerspruch, Anordnung der sofortigen Vollziehung, aufschiebende Wirkung, aufschiebenden Wirkung
Schlagworte:
Bescheid, Versorgung, Erkrankung, Zwangsgeld, Untersagung, Vollziehung, Anordnung, Tierhaltung, Schmerzen, Widerspruchsbescheid, Ermessensentscheidung, Tiere, Rinder, Widerspruch, Anordnung der sofortigen Vollziehung, aufschiebende Wirkung, aufschiebenden Wirkung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 11.08.2022 – 23 CS 22.1285
Fundstelle:
BeckRS 2022, 22263
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
1
Gegenstand des Verfahrens sind ein Rinderhaltungs- und Betreuungsverbot sowie die Auflösung eines Rinderbestands.
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Der Antragsteller betreibt mit seiner Ehefrau einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Rinder- und Pferdehaltung, der die Betriebstätten H. (Gem. M.) und W. (Gem. N.) umfasst. Die beiden Betriebsstätten sind ca. 2 km voneinander entfernt.
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Am 14.1.2019 wurde bei einer tierschutzrechtlichen Kontrolle durch den Amtstierarzt unter anderem festgestellt, dass in der Betriebsstätte H. mindestens zehn Rinder/Jungrinder deutlich abgemagert waren. In der Betriebsstätte W. war bei 13 Jungrindern der gesamte Liegebereich stark verschmutzt und nass. Teile der Bucht waren mit einer ca. 10 cm hohen Gülleschicht bedeckt, Einstreu war nicht vorhanden, die Beine und die Bauchunterseite der Tiere waren stark verschmutzt. Zwei Jungrinder in der Betriebsstätte H. wurden in Anbindehaltung gehalten. Der gesamte Aufenthaltsbereich der Jungrinder war mit einer ca. 5 cm hohen Kotschicht bedeckt. Einstreu war nicht vorhanden. Die Beine und die Bauchunterseite der Tiere waren stark verschmutzt. Bei verschiedenen Jungrindern und Kühen, die in H. in Anbindung gehalten wurden, waren beide Oberschenkel bzw. Bereiche der Oberschenkel stark verschmutzt. In einem kleinen Bereich des Stalles in H. wurden ca. 20 Rinder in Anbindung gehalten. Den Tieren stand kein ausreichender Platz für eine artgerechte Bewegung zur Verfügung und sie konnten sich nicht gemeinsam ablegen. Ein Rind fiel durch eine handtellergroße, offene und stark geschwollene Stelle im Widerristbereich auf. Das Tier entlastete vorne links deutlich und schob die Gliedmaßen deutlich unter den Körper, es war stark abgemagert und zeigte deutliche Schmerzsymptomatik.
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Die Feststellungen der Kontrolle wurden mit Lichtbildern dokumentiert.
5
Unter dem 15.3.2019 erließ das Landratsamt S.-B. eine Anordnung, wonach alle Tiere im Rinderhaltungsbetrieb des Antragstellers täglich entsprechend ihrem Bedarf dauerhaft mit Futter in ausreichender Menge und Qualität zu versorgen (Nr. 1), die Haltungseinrichtungen für alle Kälber und Rinder sauber zu halten, insbesondere Ausscheidungen so oft wie nötig zu entfernen seien, damit allen Tieren ein trockener und verformbarer Liegeplatz zur Verfügung stehe (Nr. 2). Die 20 Jungrinder, die auf der rechten Stallhälfte untergebracht seien, seien entsprechend den tierschutzrechtlichen Mindestvorgaben art- und verhaltensgereicht unterzubringen. Sie müssten die Möglichkeit haben, sich gemeinsam ablegen zu können (Nr. 3). Das Rind DE … … sei unverzüglich in eine Haltungseinrichtung mit trockener und weicher Einstreu oder Unterlage zu verbringen (Nr. 4.1) und es sei einem Tierarzt vorzustellen (Nr. 4.2). Der tierärztliche Behandlungsnachweis sei dem Landratsamt vorzulegen (Nr. 5).
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Diese Anordnung ist bestandskräftig.
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Am 15.7.2019 fand zu dieser Anordnung eine Nachkontrolle durch den Amtstierarzt statt, bei welcher festgestellt wurde, dass sich die Konstitution der Rinder in der Betriebsstätte H. grundsätzlich verbessert hatte. Bei einigen Tieren waren jedoch die Rippen noch deutlich sichtbar. Die Futterraufen waren während der Kontrolle leer und die Tiere schrien zu Beginn der Überprüfung anhaltend. Im Lauf der Kontrolle wurden sie durch den Antragsteller mit Heu versorgt. Zu Nr. 3 des Bescheids vom 15.3.2019 wurde festgestellt, dass, um die Situation zu verbessern, bereits jüngere/kleinere Tiere dort untergebracht worden waren. Die Gesamtsituation habe sich dadurch jedoch nicht grundlegend geändert. In einer Bucht des Stalles in H. wurden weiterhin 22 Rinder in Anbindung gehalten. Den Tieren stand kein ausreichender Platz für eine artgerechte Bewegung zur Verfügung und sie konnten sich nicht gemeinsam ablegen. Alle Rinder waren im Bereich der Oberschenkel und Hinterbeine stark verschmutzt. Beim Koten verblieben die Exkremente im Stand- und Liegebereich der gegenüberliegenden Tiere. Den Tieren stand keine saubere, trockene Liegefläche zur Verfügung. Zu Nr. 2 wurde keine Beanstandung festgehalten. Zu den Nrn. 4.1, 4.2 und 5 wurde festgestellt, dass diese erledigt waren.
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Die Feststellungen der Kontrolle wurden mit Lichtbildern dokumentiert.
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Unter dem 4.9.2019 erließ das Landratsamt S.-B. einen Bescheid, mit welchem dem Antragsteller für den Fall der Nichterfüllung der Nr. I. 3 sowie der Nr. II. 2 der Anordnung vom 15.3.2019 ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 200 EUR angedroht wurde.
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Am 21.11.2019 führte das Landratsamt S.-B. durch den Amtstierarzt eine weitere tierschutzrechtliche Nachkontrolle durch. Dabei wurde in der Betriebsstätte H. festgestellt, dass in einem Gruppeniglu drei Kälber untergebracht waren, bei denen Beine und Bauchunterseite verschmutzt waren und denen kein trockener Aufenthalts- und Liegebereich zur Verfügung stand. Das Dach des Iglus war mehrmals gebrochen. Im Aufenthaltsbereich waren so scharfkantige Vorsprünge entstanden, dass sie zu Verletzungen hätten führen können. Rechts im Stall waren in zwei Laufboxen insgesamt acht Mastbullen untergebracht, deren Aufenthalts- und Liegebereich in beiden Boxen mit einer ca. 5 cm hohen Gülleschicht bedeckt war. Alle acht Tiere waren durchnässt, Vorder- und Hinterbeine, Flanke und Kopf waren stark verschmutzt und den Tieren stand kein geeigneter Aufenthalts- und Liegebereich zur Verfügung. Im Stall links hinten waren mehrere Kühe untergebracht, von denen mindestens drei eine deutliche Stützbeinlahmheit zeigten. Bei einer Kuh waren die Klauen deutlich zu lang. Im Stall links hinten wurde ein Jungbulle in Anbindung gehalten, der mit beiden Hinterfüßen auf einem Kotgitter stand. Am linken Hinterfuß war eine deutliche „Durchtrittigkeit“ zu sehen. Die Winkelung des Fesselgelenks war so stark, dass es fast den Fußboden berührte. Um die Fehlstellung auszugleichen, stellte der Jungbulle den rechten Hinterfuß auf, wobei die Klauenspitze dabei ständig in den Gitterrost des Kotgitters rutschte. In einer Bucht im Stall rechts wurden insgesamt 22 Jungtiere in Anbindung gehalten. Die Tiere konnten sich nicht gemeinsam ablegen, was bereits bei früheren Kontrollen mehrmals bemängelt worden sei.
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In der Rinderhaltung in W. waren in einer Bucht zehn Jungrinder untergebracht, wobei mindestens 50% der Bodenfläche mit einer ca. 5 cm hohen Gülleschicht bedeckt war, die restliche Bodenfläche war dreckig und feucht, die Tiere waren an den Beinen und der Bauchunterseite stark verschmutzt und den Jungrindern stand kein geeigneter Aufenthalts- und Liegebereich zur Verfügung. Die Liegebuchten im Laufstall der Milchkühe bestanden aus Beton. Den Kühen stand im Laufstall kein weicher, verformbarer und wärmegedämmter Liegebereich zur Verfügung.
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Die Feststellungen der Kontrolle wurden mit Lichtbildern dokumentiert.
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Mit Bescheid vom 6.2.2020 forderte das Landratsamt S.-B. den Antragsteller auf, das beschädigte Kälberiglu auszutauschen bzw. so instand zu setzen, dass Verletzungen bei den untergebrachten Kälbern sicher ausgeschlossen werden könnten (Nr. 1.1), für den im Stall links hinten untergebrachten Jungbullen sowie für die an Stützbeinlahmheit erkrankten Rinder einen Tierarzt hinzuzuziehen (Nr. 1.2), die unter Nr. 1.2 aufgeführten Rinder bis zum Abschluss der Behandlung in eine Haltungseinrichtung mit trockener und weicher Einstreu oder Unterlage zu verbringen (Nr. 1.3), für die unter Nr. 1.2 aufgeführten Rinder dem Veterinäramt des Landratsamtes Straubing-Bogen einen Behandlungsnachweis eines Tierarztes vorzulegen (Nr. 1.4) sowie die Kuh mit den überlangen Klauen in eine Haltungseinrichtung mit trockener und weicher Einstreu oder Unterlage zu verbringen und sie einer fachgerechten Klauenkorrektur zu unterziehen (Nr. 1.5).
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Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch des Antragstellers wies die Regierung von Niederbayern mit Widerspruchsbescheid vom 3.9.2020 zurück.
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Die hiergegen durch den Antragsteller am 12.10.2020 beim Verwaltungsgericht erhobene Klage nahm der Antragsteller zurück.
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Am 21.7.2020 führte das Landratsamt S.-B. zu den Anordnungen vom 15.3.2019 und 6.2.2020 durch den Amtstierarzt eine Nachkontrolle der Rinderhaltungen durch. Dabei wurde festgestellt, dass bei der Rinderhaltung in H. im Stall rechts in drei Laufboxen insgesamt elf Rinder untergebracht waren, bei denen Aufenthalts- und Liegebereiche mit einer bis zu 10 cm hohen Gülleschicht bedeckt waren. Die Tiere mussten sich in die Gülle ablegen. Alle elf Tiere waren durchnässt. Die Vorder- und die Hinterbeine, die Flanke und der Kopf waren stark verschmutzt und den Tieren stand kein geeigneter, trockener Aufenthalts- und Liegebereich zur Verfügung. Zum Hinweis des Antragstellers, dass zum Zeitpunkt der Kontrolle bereits an der Beseitigung der Gülleschicht gearbeitet worden sei, führte das Landratsamt aus, dass ähnliche Verhältnisse bereits bei einer früheren Kontrolle vorgefunden worden seien und auch damals als Ursache ein Rückstau der Gülle aufgrund einer Verstopfung genannt worden sei. Zudem wurde festgestellt, dass bei den Rindern in H. die Versorgung mit Futter „einmal mehr“ unzureichend gewesen sei. Die Futtertröge waren leer bzw. nahezu leer. Mehrere Rinder waren abgemagert. Die Rinder waren nach Betreten des Stalles sehr unruhig. Mehrere Tiere brüllten bereits beim Befahren des Hofgeländes. Eine auch nur halbwegs art- bzw. verhaltensgerechte Unterbringung war nach den Feststellungen des Amtstierarzts durch den Platzmangel in der vorgefundenen Haltung nicht gegeben. Vier Kälbern im Alter von über zwei Wochen stand während der Kontrolle kein Trinkwasser zur Verfügung. Weiter wurde festgestellt, dass in einer Bucht (Stall rechts) insgesamt 21 Rinder/Jungtiere/Mastrinder in Anbindung gehalten wurden. Den Tieren stand kein ausreichender Platz für ein artgerechtes Verhalten zur Verfügung und sie konnten sich nicht gemeinsam ablegen.
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Zur Rinderhaltung in W. wurde festgestellt, dass in zwei Laufbuchten acht Jungrinder untergebracht waren, wobei mindestens 30% der Bodenfläche mit einer ca. 5 cm hohen Gülleschicht bedeckt waren. Die restliche Bodenfläche war dreckig und feucht und die Tiere waren an den Beinen und an der Bauchunterseite stark verschmutzt. Den Jungrindern stand kein geeigneter, trockener Aufenthalts- und Liegebereich zur Verfügung.
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Die Liegebuchten im Laufstall der Milchkühe bestanden aus Beton. Den Kühen stand im Laufstall kein weicher, verformbarer und wärmegedämmter Liegebereich zur Verfügung.
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Die Feststellungen der Kontrolle wurden mit Lichtbildern dokumentiert.
20
Im Hinblick auf die Nichtbeachtung der in den Bescheiden verfügten Anordnungen wurden Zwangsgelder in Höhe von 700 EUR fällig gestellt.
21
Unter dem 17.9.2020 erließ das Landratsamt S.-B. einen weiteren Bescheid, mit welchem der Antragsteller hinsichtlich der Betriebsstätte H. aufgefordert wurde, die Versorgungseinrichtungen, z.B. Wasserleitungen, mindestens einmal täglich auf ihre Funktionsfähigkeit zu überprüfen, hierbei festgestellte Mängel unverzüglich abzustellen oder wenn dies nicht möglich sei, bis zu ihrer Behebung andere Vorkehrungen zum Schutze der Gesundheit und des Wohlbefindens der Tiere zu treffen. Es sei sicherzustellen, dass die Mängel spätestens dann behoben seien, bevor wieder Tiere in diesem Bereich gehalten würden (Nr. 1.1.1). Weiter wurde er aufgefordert, dauerhaft sicherzustellen, dass jedes über zwei Wochen alte Kalb jederzeit Zugang zu Wasser in ausreichender Menge und Qualität habe (Nr. 1.1.2) sowie, dass die verwendeten Haltungseinrichtungen (Kälberiglus) nach ihrer Bauweise den verwendeten Materialien und ihrem Zustand so beschaffen seien, dass eine Verletzung oder sonstige Gefährdung der Gesundheit der Tiere so sicher ausgeschlossen werde, wie dies nach dem Stand der Technik möglich sei (Nr. 1.1.3). Für die Rinder, bei denen bei der Kontrolle am 21.7.2020 eine Stützbeinlahmheit festgestellt worden sei, sei dem Veterinäramt Behandlungsnachweise eines Tierarztes vorzulegen (Nr. 1.1.4) sowie Nachweise über die im Jahr 2020 durchgeführten Klauenpflegemaßnahmen der Rinder (Nr.1.1.5).
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Hinsichtlich des Tierhaltungsbetriebs in W. wurde der Antragsteller ebenfalls aufgefordert, Nachweise über im Jahr 2020 durchgeführte Klauenpflegemaßnahmen vorzulegen (Nr. 2.1). Für den Fall der Nichtbeachtung wurden Zwangsgelder angedroht (Nr. 4).
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Dieser Bescheid ist bestandskräftig.
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Unter dem 2.2.2021 wurden angedrohte Zwangsgelder in Höhe von 300 EUR fällig gestellt. Zugleich erließ das Landratsamt S.-B. unter dem 2.2.2021 einen weiteren Bescheid, mit welchem dem Antragsteller für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung aus Nr. 1.1.4 der Anordnung vom 17.9.2020 bis 16.2.2021 ein Zwangsgeld in Höhe von 600 EUR (Nr. I. 1) und für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung aus Nr. 1.1.7 der Anordnung vom 17.9.2020 bis 16.2.2021 ein Zwangsgeld in gleicher Höhe (Nr. I.2) angedroht wurde.
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Am 10.9.2021 fand im Betrieb des Antragstellers eine weitere tierschutzrechtliche Kontrolle statt. Dabei wurde Folgendes festgestellt:
1. In einer Scheune hinter dem Stall wurde die Kuh mit der Ohrmarke DE … vorgefunden. Das Rind lag fest. Der gesamte Klauenbereich des linken Vorderlaufs war stark angeschwollen und gerötet. Zwischen Klauen und Fesselgelenk waren mehrere eitrige Wunden zu sehen. Das Fesselgelenk war durch eine dieser Wunden eröffnet. Am Fußwurzelgelenk vorne links, am Kniegelenk hinten links und am Sprunggelenk hinten links waren Hautabschürfungen zu sehen. Die Körperinnentemperatur betrug 38,7 Grad C. Die Kuh war abgemagert. Das Tier wurde nach fachlicher Beratung von Herrn Dr. H. euthanasiert. Anschließend wurde das Rind zur Untersuchung an das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in O. verbracht. (…).
2. Im Laufstall lag in der hinteren Reihe eine Kuh (DE …) fest. Das Euter war großflächig rötlich/dunkelblau verfärbt. Das Gewebe im betroffenen Bereich des Euters war abgestorben. Von der Wunde wurde eine stinkende Flüssigkeit von brauner Farbe abgesondert.
3. Die Kuh mit der Ohrmarke DE … … zeigte eine deutliche Stützbeinlahmheit hinten rechts. Die Klauen waren mit „Blauspray“ behandelt. Das Tier war deutlich abgemagert.
4. Die Rinder mit der Ohrmarke DE … bzw. DE … lagen während der gesamten Kontrolle. Bei beiden Tieren waren an den Klauen beider Hinterbeine Reste eines Hufverbands vorzufinden. Bei der Kuh DE … war am linken Oberschenkel eine ca. 4 cm große Dekubitalstelle zu sehen. Die Kuh DE … war deutlich abgemagert.
5. Mehrere Kühe (DE …, DE …, DE …) waren deutlich abgemagert.
6. In einer Kälberbox befand sich ein Kalb (DE …). Das Kalb hatte starken Durchfall. Die Oberschenkel und der Schwanz waren erheblich verschmutzt. Dem Kalb stand kein Wasser zur freien Aufnahme zur Verfügung.
7. Die Liegebuchten im Laufstall der Milchkühe bestanden aus Beton. Den Kühen stand im Laufstall kein weicher verformbarer und wärmegedämmter Liegebereich zur Verfügung.
8. In einer Bucht (Stall rechts) wurden insgesamt 18 Rinder/Jungtiere/Mastrinder in Anbindung gehalten. (…). Den Tieren stand kein ausreichender Platz für ein artgerechtes Verhalten zur Verfügung. Die Rinder konnten sich nicht gemeinsam ablegen. Eine auch nur halbwegs art- bzw. verhaltensgerechte Unterbringung war durch den Platzmangel in der vorgefundenen Haltung nicht gegeben.
9. Im Stall rechts waren in drei Laufboxen insgesamt neun Mastrinder/Mastbullen untergebracht (Ohrmarken wegen Verschmutzung nicht lesbar). Die Aufenthalts- und Liegebereiche in den hinteren Laufboxen waren mit einer mehrere Zentimeter hohen Gülleschicht bedeckt. Die Tiere mussten sich in die Gülle ablegen. Der gesamte Aufenthalts- und Liegebereich aller neun Tiere war verschmutzt und nass. Dadurch waren die Vorder- und die Hinterbeine, die Flanke und der Kopf ebenfalls stark verschmutzt und durchnässt. Den Tieren stand kein geeigneter, trockener Aufenthalts- und Liegebereich zur Verfügung.“
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Als Vorschlag für weitere Maßnahmen wurde durch den Amtstierarzt angeregt:
„Die Mehrzahl der u.g. Mängel wurden bereits bei verschiedenen Kontrollen festgestellt. Herr … wurde mehrmals aufgefordert, diese Mängel abzustellen. Dazu ist Herr … anscheinend nicht willens bzw. in der Lage. Herr … nimmt dadurch die bestehenden erheblichen tierschutzrechtlichen Mängel bewusst in Kauf. Aus Sicht des Unterzeichners besteht deshalb einmal mehr der Verdacht auf Vorliegen einer Straftat. Den betroffenen Tieren wurden nach Ansicht des Unterzeichners ohne vernünftigen Grund länger anhaltende bzw. sich wiederholende erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt (evtl. auch aus Rohheit). Wir bitten den Vorgang der zuständigen Staatsanwaltschaft zur rechtlichen Prüfung vorzulegen. Bereits seit 2019 wird durch verschiedene verwaltungsrechtliche und strafrechtliche Maßnahmen versucht, die Tierhaltung des Herrn … dauerhaft zu verbessern. Die getroffenen Maßnahmen haben bisher jedoch nicht zu einer Verbesserung der Situation geführt. Letztendlich muss leider festgestellt werden, dass sich die Gesamtsituation im Bestand stetig verschlechtert. Es ist damit zu rechnen, dass den Tieren auch zukünftig ohne vernünftigen Grund länger anhaltende bzw. sich wiederholende erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden. Dies geht ausschließlich zu Lasten der betroffenen Tiere. Herr … ist nicht in der Lage, seine Tiere tierschutzgerecht zu halten. Mildere Mittel haben Herrn … nicht dazu bewegen können, seine Rinderhaltung dauerhaft tierschutzgerecht umzugestalten. Aus Sicht des Unterzeichners besteht deshalb nunmehr keine andere Möglichkeit als Herrn … die Auflösung des Rinderbestandes anzuordnen, die Wegnahme der Rinder anzudrohen und ein Rinderhaltungsverbot auszusprechen.“
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Die Ergebnisse der Kontrolle sind durch zahlreiche Lichtbilder dokumentiert.
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Unter dem 15.9.2021 erließ das Landratsamt S.-B. gegenüber dem Antragsteller die Anordnung, zehn näher bezeichnete Rinder sofort einer tierärztlichen Untersuchung und bei Bedarf gemäß den Behandlungsanweisungen eines Tierarztes einer Behandlung zuzuführen (I.1) und dem Veterinäramt des Landratsamts Straubing-Bogen innerhalb einer Woche ab Zustellung Nachweise bezüglich der tierärztlichen Diagnose und Behandlung der Rinder vorzulegen (I.2). Weiter wurde angeordnet, den übrigen Rinderbestand einer tierärztlichen Gesundheitskontrolle zu unterziehen und behandlungsbedürftige Rinder nach tierärztlicher Behandlungsanweisung einer Behandlung zu unterziehen (I.3) und dem Veterinäramt des Landratsamts Straubing-Bogen innerhalb von vier Wochen ab Zustellung einen tierärztlichen Bericht des übrigen Rinderbestandes vorzulegen, in welchem die bei der Kontrolle gestellten Diagnosen und die erforderlichen bzw. durchgeführten Maßnahmen für jedes Tier auszuführen seien (I.4). Die angeordneten Maßnahmen wurden für sofort vollziehbar erklärt (II.).
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Mit Schreiben vom 30.9.2021 wies das Landratsamt S.-B. den Antragsteller darauf hin, dass er seiner Verpflichtung in Nr. 1.1 und 1.2 des Bescheids vom 15.9.2021 nicht nachgekommen sei.
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Am 30.9.2021 legte der Antragsteller gegen die Anordnung vom 15.9.2021 „Einspruch“ ein.
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Am 1.10.2021 stellte der Tierarzt Dr. … H. fest, dass anlässlich der Behandlung eines kranken Tieres seine Mitarbeiterin Frau Dr. B., am 22.9.2021 eine adspektorische Herdenkontrolle mit folgenden Befunden vorgenommen habe:
„- es lag reichlich Futter vor (TMR und Heu)
- die Kuhherde wirkte ruhig und zufrieden
- ihre Pansen waren vollgefressen
- die Klauen waren gepflegt
- unter 5% der Tarsalgelenke hatten haarlose Stellen
- der bei wenigen Kühen reduzierte Ernährungszustand wird verursacht durch eine fehlerhafte Futterzusammensetzung.
Die Kühe mit einer Herdenmilchleistung von fast 8.000 Litern wiesen Harnstoffwerte von 6 bis 15 mg/dl auf, ein Hinweis auf einen Eiweiß-/Energiemangel. Mit Herrn … wurde vereinbart, die Ration anzupassen und wieder Kartoffelpülpe zu füttern.“
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Unter dem 18.10.2021 stellte das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in einem Befund/Gutachten zu dem euthanisierten Rind fest, dass die Untersuchung das Vorliegen eines reduzierten Ernährungszustands und an der rechten Vordergliedmaße eine fokale, fibrinös-eitrige Entzündung der Sohlenlederhaut sowie mehrere oberflächliche Geschwüre in der Haut und an der linken Vordergliedmaße mehrere tiefe Geschwüre in der Haut an der Fessel, ein tiefes Hautgeschwür am Kronsaum, ein Geschwür am Ballen der Außenklaue vom Typ Mortellaro, eine fibrinös-eitrige und nekrotisierende Entzündung des Fesselgelenks mit Verlust des Gelenkknorpels sowie eitrige Entzündung der Fesselgelenkkapsel und des Mittelfußknochens ergeben habe. An der rechten Hintergliedmaße sei eine eitrig-abszedierende Entzündung in der Muskulatur am Unterschenkel, ein tiefes Geschwür in der Haut am Unterschenkel, mehrere oberflächliche Geschwüre in der Haut am Sprunggelenk sowie eine fibrinös-eitrige Sehnenscheidenentzündung der Strecksehne auf Höhe des Sprunggelenks festgestellt worden. Die feingewebliche Qualität der am Prozess beteiligten Elemente lasse auf eine Mindestdauer des Prozesses von drei bzw. hinsichtlich der tiefen Geschwüre in der Haut an der Fessel sowie der fibrinös-eitrigen und nekrotisierenden Entzüdnung des Fesselgelenks an der linken Vordergliedmaße von fünf Tagen schließen. Weiterhin habe das Tier eine eitrige Lungenentzündung aufgewiesen. Ursächlich für das Geschwür am Kronsaum an der linken Vordergliedmaße könne ein perforierendes Trauma im Sinn einer Gabelstichverletzung sein.
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Unter dem 21.10.2021 wurde der Antragsteller zur Untersagung der Rinderhaltung und zur Auflösung des Tierbestands angehört.
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Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 10.1.2022 ließ der Antragsteller ausführen, dass er zu jeder Zeit versucht habe, die beanstandeten Zustände zu beseitigen, so dass nicht davon auszugehen sei, dass er nicht willens und in der Lage sei, für die Verbesserung der Rinderhaltung Sorge zu tragen. Sollte er die Umsetzung von Maßnahmen nicht verstanden haben, sei er gerne bereit, die Maßnahmen in Zukunft durchzuführen und zu kooperieren. Der Tierbestand sei seine Existenzgrundlage.
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Mit Bescheid vom 16.2.2022 ordnete das Landratsamt S.-B. Folgendes an:
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I. Herrn …, geb. … und Frau …, geb. … wird das Halten und Betreuen von Rindern untersagt.
37
II. Herr … hat seinen Rinderbestand in …, … und in …, … vollständig aufzulösen und alle Rinder seiner Haltung an Tierhalter, die die Anforderungen des § 2 Tierschutzgesetzes erfüllen, abzugeben oder schlachten zu lassen.
38
III. Die Rinderhaltung an den bisherigen Betriebsstätten in …, … und …, … durch eine von Herrn … beauftragte Person wird untersagt.
39
IV. Herr … hat dem Landratsamt S.-B. die Namen und die vollständige Anschrift der Tierhalter, die Rinder aus seinem Bestand aufnehmen, schriftlich unter Angabe der betreffenden Ohrmarkennummern zu benennen. Entsprechendes gilt für die Abgabe an Schlachtbetriebe.
40
V. Falls Herr … die Verpflichtung aus Ziffer Il. nicht vollständig bis 30.04.2022 erfüllt, wird die Fortnahme und vorübergehende pflegliche Unterbringung zum Zwecke der Veräußerung oder Schlachtung der Rinder angeordnet. Die Kosten dieser Maßnahme sind von Herrn … zu tragen.
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VI. Herr … hat im Falle der Ziffer V. die mit einer Fortnahme und Veräußerung verbundenen Maßnahmen, insbesondere das Betreten der Haltungseinrichtungen und der hierfür erforderlichen Bereiche der Anwesen in …, … und …, … durch die mit den Maßnahmen beauftragten Personen zu dulden.
42
VII. Die sofortige Vollziehung der Ziffern I. bis Vl. dieses Bescheides wird angeordnet.
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VIII. Falls Herr … sich der Duldungspflicht aus Ziffer VI. widersetzt, wird die Duldungsanordnung durch unmittelbaren Zwang unter Zuhilfenahme der Polizei vollzogen.
44
IX. Falls Herr … oder Frau … dem in Ziffer I. angeordneten Haltungs- und Betreuungsverbot ab 01.05.2022 zuwiderhandeln, wird in der Person des Zuwiderhandelnden ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,00 Euro zur Zahlung fällig.
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X. Falls Herr … der in Ziffer IV. angeordneten Nachweispflicht nicht bis 10.05.2022 nachkommt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro zur Zahlung fällig.
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XI. Die Kosten des Verfahrens hat Herr … zu tragen.
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Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 500,00 € erhoben. Die in der Kostenrechnung genannten Auslagen sind zu erstatten.
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Zur Begründung stützte sich das Landratsamt auf § 16 a Abs. 1 Satz 1 Tierschutzgesetz. Die auf der Grundlage von § 2a TierSchG ergangene TierSchNutztV enthalte konkretisierende Vorgaben für das Halten von Rindern als Nutztieren. Der Antragsteller habe bei seiner landwirtschaftlichen Rinderhaltung über Jahre hinweg wiederholt und massiv gegen einschlägige tierschutzrechtliche Anforderungen sowie gegen die Anordnungen des Landratsamts verstoßen und den Rindern hierdurch erhebliche und länger anhaltende Schmerzen und Leiden sowie erhebliche Schäden zugefügt. Im Einzelnen führte das Landratsamt zur Versorgung mit Wasser und Futter aus, dass bei den Kontrollen am 14.1.2019 und am 10.9.2021 durch das Veterinäramt bei zehn Rindern bzw. vier Rindern eine deutliche Abmagerung festgestellt worden sei. Den Rindern seien durch die ungenügende Ernährung erhebliche und länger andauernde Leiden zugefügt worden. Auch bei der Gesundheitsvorsorge und -fürsorge seien vom Veterinäramt gravierende Mängel festgestellt worden. Die Rinder seien nicht bzw. nicht rechtzeitig und erst nach ausdrücklicher Anordnung einer tierärztlichen Untersuchung zugeführt worden. Der Antragsteller habe zudem wiederholt massiv und teils grob gegen das Pflegegebot des § 2 Nr. 1 TierSchG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 10 TierSchNutztV verstoßen. Bei den Kontrollen sei festgestellt worden, dass den Rindern kein sauberer, trockener Liegeplatz zur Verfügung gestanden habe. Zum Teil seien Rinder nass und erheblich verdreckt gewesen. Mehrfach sei festzustellen gewesen, dass Tiere trotz behördlicher Anordnungen in einer ca. 5 cm oder gar ca. 10 cm hohen Gülleschicht hätten stehen müssen. Zur weichen verformbaren Liegefläche und zur verhaltensgerechten Unterbringung sei bei den Kontrollen festgestellt worden, dass mehreren Tieren kein tiergerechter Aufenthalts- und Liegebereich zur Verfügung gestanden habe. Die Haltungsbereiche seien überbelegt gewesen. Nachdem keine Verbesserung feststellbar gewesen sei, hätten insoweit Zwangsgelder festgesetzt werden müssen.
49
Die aufgeführten Zuwiderhandlungen rechtfertigten die Haltungsuntersagung und die Auflösung des Rindertatbestands. Zur Prognose weiterer Zuwiderhandlungen wurde ausgeführt, dass der Antragsteller im Hinblick auf die begangenen Zuwiderhandlungen in der Zukunft keine Gewähr für eine ordnungsgemäße und den tierschutzrechtlichen Anforderungen entsprechende Haltung von Nutztieren biete. Bereits seit 2019 werde durch verschiedene verwaltungsrechtliche und strafrechtliche Maßnahmen versucht, die Tierhaltung des Antragstellers dauerhaft zu verbessern. Die getroffenen Maßnahmen hätten bisher jedoch nicht zu einer Verbesserung der Situation geführt. Letztendlich habe festgestellt werden müssen, dass sich die Gesamtsituation im Bestand stetig verschlechtere. Es sei damit zu rechnen, dass den Tieren auch zukünftig ohne vernünftigen Grund länger anhaltende bzw. sich wiederholende erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden würden. Dies gehe ausschließlich zu Lasten der betroffenen Tiere. Der Antragsteller sei nicht in der Lage, seine Rinder tierschutzgerecht zu halten. Mildere Mittel hätten ihn nicht dazu bewegen, seine Rinderhaltung dauerhaft tierschutzgerecht umzugestalten. Der Umstand, dass im Laufe von über vier Jahren bei mehreren Kontrollen wiederholt erhebliche tierschutzwidrige Haltungsbedingungen bei den Rindern festgestellt worden seien, rechtfertige die Annahme, dass der Antragsteller zur Haltung von Rindern ungeeignet sei und dass bei einer weiteren Tätigkeit im Zusammenhang mit der Haltung weitere Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen erwartet werden müssten. Hinsichtlich der Intensität und Häufigkeit der Missstände in der Tierhaltung sei nicht davon auszugehen, dass in der Zukunft dauerhaft tierschutzgerechte Haltungszustände sichergestellt werden könnten. Die durch den Antragsteller im Umgang mit Tieren an den Tag gelegte Rücksichtslosigkeit und die Hartnäckigkeit, mit der tierschutzrechtliche Verstöße begangen worden seien, erforderten ein dringendes und nachhaltiges behördliches Einschreiten, so dass derartige Verstöße zukünftig nicht mehr möglich werden würden. Eine dauerhafte Verbesserung der Gesamtsituation habe gerade aufgrund der fehlenden Einsicht des Antragstellers nicht erreicht werden können. Kurzzeitige Verbesserungen in der Tierhaltung hätten nur aufgrund der behördlichen Maßnahmen erreicht werden können.
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Die angeordneten Maßnahmen seien verhältnismäßig, zumal mildere Mittel wie der Erlass von Anordnungen zur Mängelbeseitigung unter Anwendung von Zwangsgeldern nicht zu einer erkennbaren und nachhaltigen Verbesserung in der Tierhaltung des Antragstellers beigetragen hätten. Insbesondere der am 13.9.2021 festgestellte Umgang des Antragstellers mit der festliegenden und auf behördliche Veranlassung euthanasierten Kuh, welche nach nachvollziehbaren Angaben mit einem Frontlader transportiert und dem Sektionsergebnis des LGL zufolge über offensichtlich mehrere Tage hinweg keiner tierärztlichen Behandlung zugeführt worden sei, zeige die Rücksichtslosigkeit gegenüber den Tieren bzw. den tierschutzrechtlichen Anordnungen. Angesichts der wiederholten und teils auch groben Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen reduziere sich das der Behörde eingeräumte Ermessen auf Null. Das Landratsamt verkenne nicht, dass die Untersagung und Auflösung des Tierbestandes einen massiven Eingriff in die Existenzgrundlage der Familie des Antragstellers darstelle. Dies sei in die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen einbezogen worden. Insbesondere aus diesem Grund sei auf die einschneidende Maßnahme der Haltungsuntersagung erst zurückgegriffen worden, als sich aus behördlicher Sicht gezeigt habe, dass anderweitige Verwaltungsmaßnahmen wie die Anordnungen zur Mängelbeseitigung einschließlich der Androhung und Festsetzung von Zwangsgeldern nicht zielführend seien. Die Einkommenssicherung entbinde den Antragsteller nicht von der Verpflichtung, die Tiere artgerecht zu versorgen und rechtfertige nicht, an ihn geringere Anforderungen als an andere Tierhalter zu stellen.
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Zur Anordnung der sofortigen Vollziehung führte das Landratsamt aus, dass der Antragsteller über Jahre hinweg massive tierschutzrechtliche Verstöße begangen und keine durchgreifenden und nachhaltigen Maßnahmen getroffen hätte, um die Haltungsbedingungen zu verbessern und den Rindern die mit der tierschutzwidrigen Haltung verbundenen erheblichen Schmerzen und Leiden zu ersparen. Um die festgestellten Verstöße effektiv zu beseitigen und um künftige Verstöße zu verhüten, sei die Untersagung der Rinderhaltung nicht nur als unumgänglich anzusehen, sie sei auch unmittelbar und ohne zeitliche Verzögerung wirksam werden zu lassen. Sinn und Zweck tierschutzrechtlicher Bestimmungen sei die frühestmögliche Beendigung nicht artgerechter Haltung von Tieren. Dies gelte gerade auch dann, wenn wie im vorliegenden Fall die Verstöße so massiv seien, dass eine vorübergehende Tierhaltung bis zur Bestandskraft der Anordnung nicht mehr hinnehmbar sei.
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Auch hierbei sei insbesondere die fehlende Einsicht und das im Grunde auch auf behördliche Anordnungen und strafrechtliche Verfahren hin nur unzureichend geänderte Verhalten zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund sei auch der Umstand, dass der Antragsteller und seine Ehefrau auf eine Tierhaltung aus Existenzgründen angewiesen seien, gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer tierschutzgerechten Haltung und der zeitnahen Beendigung der Leiden der Tiere nicht so stark zu gewichten, als dass die Umsetzung des Haltungsverbotes ggf. noch über mehrere Jahre zurückgestellt werden könnte.
53
Die Androhung der Zwangsgelder wurde auf Art. 29, 30 und 36 des Bayer. Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG) gestützt.
54
Die Kostenentscheidung wurde auf Art. 1 und 2 des Kostengesetzes (KG), die Festsetzung der Gebühr auf Art. 5 und 6 KG i.V.m. lfd. Tarif-Nummer 7. IX. 10 Tarifstelle 2.5 des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetz (KVz) gestützt.
55
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller durch seine Bevollmächtigte am 19.3.2022 Widerspruch erhoben.
56
Am 5.4.2022 hat er beim Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
57
Er lässt ausführen, das private Aufschubinteresse überwiege das öffentliche Interesse an der Einstellung der Rinderhaltung und Auflösung des Rinderbestandes. Es bestehe kein Anlass zur Besorgnis, dass die Bestandskraft aufgrund des tierschutzwidrigen Zustandes und der akuten Gefahr für die Tiere nicht abgewartet werden könne. Der Antragsteller habe weder grob noch hartnäckig gegen das Tierschutzgesetz verstoßen. Der Bußgeldbescheid vom 24.8.2021 sei durch das Amtsgericht Straubing von Amts wegen aufgehoben worden. Das Strafverfahren vor dem Landgericht Regensburg sei mit Beschluss vom 10.1.2022 nach § 153a Strafprozessordnung - StPO endgültig eingestellt worden. Ein weiteres Verfahren vor dem Amtsgericht Straubing finde erst im Mai 2022 statt. Es könne bei der Entscheidung nicht herangezogen werden, da bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gelte. Andernfalls würde gegen das Gebot der Unschuldsvermutung verstoßen. Bei nicht strafbaren Verstößen komme es unter anderem auf die Intensität und Dauer des Verstoßes, auf die Größe der herbeigeführten Gefahren, auf das Ausmaß und die Dauer der verursachten Schmerzen, Leiden und Schäden und auf den Grad des Verschuldens an. In der Gesamtschau der beanstandeten Verstöße ergebe sich, dass die Intensität und Dauer nicht so schwerwiegend seien, dass hier grobe Verstöße anzunehmen seien. Die Versorgung mit Futter und Wasser sei durch den Antragsgegner bei nahezu jeder Kontrolle beanstandet worden, es sei aber nicht berücksichtigt worden, dass die Kontrollen laut Kontrollbericht immer vormittags stattgefunden hätten. In der Zeit zwischen 09:00 Uhr und 11:00 Uhr sei der Antragsteller regelmäßig mit der Stallarbeit beschäftigt. Da er zwei Hofstellen zu versorgen habe, könne sich die Fütterung dadurch auch bei nicht vorhergesehenen Vorkommnissen verzögern. Die Futterzubereitung sei meist noch im Gange gewesen, als die Kontrolleure des Antragsgegners aufschlagen seien. Die tierärztliche Untersuchung sei zu jeder Zeit erfolgt. Wenn sich die Anordnung auf die Euthanasierung des Rindes mit der Ohrmarkennummer DE … … stütze, sei auszuführen, dass die feingeweblichen Untersuchungen auf eine Verletzung von drei bis fünf Tagen schließen lasse. Damit liege kein Zustand der Vernachlässigung vor. Es werde auch nicht dokumentiert, dass das Tier erhebliche Schmerzen oder Leiden über einen langen Zeitraum habe ertragen müssen. Die Erkrankung eines Tieres sei immer möglich. Der Antragsteller habe das Tier von der Herde abgesondert. Es habe einer tierärztlichen Untersuchung zugeführt werden sollen. Zur Verschmutzung sei auszuführen, dass sich mindestens bei einer Begehung die Schwimmdecke so abgesenkt habe, dass sie das Rohrende verschlossen habe und sich über Nacht die Gülle zurückgestaut habe. Dies sei den Kontrollpersonen auch mitgeteilt worden. Die letzte Kontrolle sei am 10.9.2021 durchgeführt worden. Zwischen der letzten Kontrolle und der Anordnung habe ein Zeitraum von fünf Monaten gelegen. Der Antragsgegner habe keinen aktuellen Zustand des Viehbestandes gesichtet. Eine akute Gefahr für die Tiere liege aktuell nicht vor. Der Zustand des Hofes und der Rinder sei nicht zu beanstanden. Die Rinder würden mit einer geänderten Futterzusammensetzung gefüttert. Der Antragsteller füttere nunmehr Kartoffelpülpe zu, was zu einer deutlichen Verbesserung der Konstitution der Rinder geführt habe. Jedem Tier stehe täglich Futter und Wasser in ausreichender Qualität zur Verfügung.
58
Die Anordnung, den Rinderbestand vollständig aufzulösen sei unverhältnismäßig und verletze den Antragsteller in seinen Rechten aus Art. 12 und Art. 14 GG. Sie komme einem faktischen Berufsverbot gleich. Selbst die hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Klageverfahren in der Hauptsache zum Nachteil des Betroffenen ausgehen werde, reiche nicht aus, um die Umsetzung der Maßnahme vor der endgültigen Klärung ihrer Rechtmäßigkeit im Hauptsacheverfahren zu rechtfertigen.
59
Der Antragsgegner habe sich auch nicht mit milderen Mitteln auseinandergesetzt. Insbesondere sei nicht die Möglichkeit in Betracht gezogen worden, die Beschränkung der Untersagung auf eine bestimmte Anzahl von Tieren auszusprechen. Anstelle des Tierhaltungsverbotes hätte der Antragsgegner auch die Vorlage eines entsprechenden Sachkundenachweises fordern können.
60
Der Ausgang des Verfahrens zur Hauptsache sei damit zumindest offen. Die Interessenabwägung führe hier dazu, dass die Untersagungsverfügung zunächst nicht vollzogen werden dürfe, weil die Rinder während des Widerspruchs und eines sich möglicherweise anschließenden Hauptsacheverfahrens ordnungsgemäß versorgt seien.
61
Der Antragsteller lässt beantragen,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Anordnung zur Untersagung der Rinderhaltung und zur Auflösung des Rinderbestands vom 16.2.2022 wiederherzustellen.
62
Der Antragsgegner beantragt,
63
Er wiederholt im Wesentlichen die im Bescheid getroffenen Feststellungen und verweist auf die Ergebnisse der bisherigen Kontrollen. Tierschutzrechtliche Anordnungen im Verwaltungsvollzug seien unabhängig von und neben der Ahndung von Verstößen im Ordnungswidrigkeiten-/Strafverfahren möglich und zulässig, so dass es unerheblich sei, ob die zur Begründung des Haltungs- und Betreuungsverbots angeführten Missstände bereits in Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren sanktioniert worden seien. Einwendungen bezüglich einzelner festgestellter Verstöße könnten nicht durchdringen. Auch bei der Kontrolle am 10.9.2021 seien mehrere Kühe deutlich abgemagert gewesen, so dass eine grundlegende Verbesserung der Versorgung nicht habe festgestellt werden können. Auch die Schlachtprotokolle zur Schlachtung am 29.1.2019 könnten die Feststellungen einer unzureichenden körperlichen Konstitution nicht entkräften. Die erforderlichen tierärztlichen Untersuchungen/Behandlungen seien in der Regel erst jeweils nach der behördlichen Kontrolle erfolgt. Es sei aber nicht Aufgabe der Kontrollbehörde, die tierärztliche Versorgung in einem Rinderbetrieb sicherzustellen. Am 10.9.2021 sei am Standort W. eine festliegende Kuh vorgefunden worden, welche nach glaubhaften Angaben bereits eine Woche hinter der Stallung gelegen habe und dann vom Antragsteller mit einem Frontlader in die Scheune gezogen worden sei. Der Sektionsbefund des LGL habe verschiedene Verletzungen und Schäden ergeben, so dass davon ausgegangen werden könne, dass der Kuh ohne vernünftigen Grund länger anhaltende bzw. sich wiederholende erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt worden seien. Die im Gutachten des LGL vorgenommenen Altersschätzungen der Veränderungen (3-5 Tage) seien jeweils als Mindestalter zu verstehen. Die erforderlichen, unverzüglichen Maßnahmen für die Behandlung des Tieres seien vom Antragsteller nicht ergriffen worden. Die Verfahrensweise des Antragstellers, bei Erkrankungen zunächst abzuwarten und erst bei einer gewissen Unausweichlichkeit oder auf Druck einer behördlichen Kontrolle entsprechende Maßnahmen für die Gesundheitsvorsorge zu treffen, sei in diesem Fall mehr als deutlich zum Tragen gekommen. Der Antragsteller habe keinen Einsichts- oder Lernprozess gezeigt.
64
Hinsichtlich des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf die in elektronischer Form vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakte mit den wechselseitigen Schriftsätzen.
65
1. Der Antrag, den das Gericht dahingehend auslegt, dass der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. I bis VI des Bescheids wiederherzustellen und gegen Nr. VIII bis XI anzuordnen, ist zulässig, aber nicht begründet.
66
Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Klage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt allerdings nach § 80 Abs. 2 VwGO dann, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist (wie hier hinsichtlich der Nr. VIII bis XI des Bescheids) oder die Behörde die sofortige Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders anordnet (wie hier hinsichtlich Nr. I bis VI des Bescheids). In diesen Fällen kann das Gericht nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch anordnen (wenn diese aufgrund Gesetzes ausgeschlossen ist) oder wiederherstellen (wenn eine Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vorliegt). Das Gericht trifft insoweit eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat dabei zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind vorrangig die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die gebotene summarische Prüfung, dass Rechtsbehelfe gegen den angefochtenen Bescheid keinen Erfolg versprechen, tritt das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung regelmäßig hinter das Vollziehungsinteresse zurück und der Antrag ist unbegründet. Erweist sich die erhobene Klage hingegen bei summarischer Prüfung als zulässig und begründet, dann besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids und dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist stattzugeben. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht ausreichend absehbar, muss das Gericht die widerstreitenden Interessen im Einzelnen abwägen. Die Begründetheit eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann sich daneben auch daraus ergeben, dass die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtswidrig ist, weil sie den formellen Anforderungen nicht genügt.
67
Der angeordnete Sofortvollzug ist vorliegend in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden (dazu 1.1). Eine summarische Prüfung ergibt, dass die erhobene Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird (dazu 1.2). Somit fällt die Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Es sind keine Gründe ersichtlich hiervon abzuweichen (dazu 1.3).
68
1.1 Die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit genügt den formellen Anforderungen. Insbesondere ist dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genüge getan. Diese Begründungspflicht verlangt von der zuständigen Behörde, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit eines Bescheids unter Bezugnahme auf die Umstände des konkreten Einzelfalls darzustellen (BayVGH, B.v. 14.2.2002 - 19 ZS 01.2356 - NVwZ-RR 2002, 646). § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO hat unter anderem eine Warnfunktion für die handelnde Behörde. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die Behörde des Ausnahmecharakters ihrer Anordnung bewusst wird und die konkret betroffenen Interessen sorgsam prüft und abwägt (BayVGH, B.v. 3.5.2018 - 20 CS 17.1797 - juris Rn. 2). Nichtssagende, formelhafte Wendungen reichen deshalb nicht aus. Allerdings genügt dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, dass die Behörde diese Interessenlage aufzeigt und deutlich macht, dass sie auch im vorliegenden Fall gegeben ist. Dies kommt insbesondere im Bereich des Sicherheitsrechts, zu dem im weiteren Sinn auch der streitgegenständliche Bescheid gehört, in Betracht (BayVGH, B.v. 10.3.2008 - 11 CS 07.3453 - juris Rn. 16).
69
Gemessen an diesen Maßstäben ist die vorliegend zu prüfende Begründung des Sofortvollzugs ausreichend. Das Landratsamt hat dargelegt, dass das Interesse des Antragstellers ausnahmsweise zurückzutreten habe, da dieser seinen Obhutspflichten nach § 2 TierSchG gegenüber den Tieren in der gebotenen Form nicht nachgekommen sei. Vielmehr habe er über Jahre hinweg massive tierschutzrechtliche Verstöße begangen und keine durchgreifenden und nachhaltigen Maßnahmen getroffen, um die Haltungsbedingungen zu verbessern und den Rindern die mit der tierschutzwidrigen Haltung verbundenen erheblichen Schmerzen und Leiden zu ersparen. Um die festgestellten Verstöße effektiv zu beseitigen und um künftige Verstöße zu verhüten, sei die Untersagung unmittelbar und ohne zeitliche Verzögerung wirksam werden zu lassen. Der Sinn und Zweck tierschutzrechtlicher Bestimmungen sei die frühestmögliche Beendigung nicht artgerechter Haltung von Tieren. Dies gelte gerade dann, wenn wie vorliegend die Verstöße so massiv seien, dass eine vorübergehende Tierhaltung bis zur Bestandskraft der getroffene Anordnung nicht mehr hinnehmbar sei. Hier sei insbesondere die fehlende Einsicht und das im Grunde auch auf behördliche Anordnungen und strafrechtliche Verfahren hin nur unzureichend geänderte Verhalten zu berücksichtigen. So sei damit zu rechnen, dass auch bis zu einer endgültigen gerichtlichen Entscheidung weiterhin eine Haltung stattfinden werde, die den tierschutzrechtlichen Anforderungen deutlich widerspreche. Vor diesem Hintergrund sei auch der Umstand, dass der Antragsteller und seine Ehefrau aus Existenzgründen auf eine Tierhaltung angewiesen seien, gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer tierschutzgerechten Tierhaltung und einer zeitnahen Beendigung der Leiden der Tiere nicht so stark zu gewichten, als dass die Umsetzung des Haltungsverbots ggf. noch mehrere Jahre zurückgestellt werden könnte. Dies erachtet das Gericht als ausreichend.
70
Die weitere Frage, ob die von der Behörde angeführte Begründung die Anordnung des Sofortvollzugs in der Sache trägt, ist eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit und damit des materiellen Rechts (vgl. VG Würzburg, B. v. 6.2.2020 - W 8 S 19.1689, juris Rn. 22).
71
1.2 Das Gericht geht nach summarischer Prüfung davon aus, dass die Klage in der Hauptsache keinen Erfolg haben wird.
72
a) Rechtsgrundlage für die Anordnung unter Nr. I des angefochtenen Bescheids ist § 16a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 3 Tierschutzgesetz (TierSchG). Nach dieser Norm kann die Behörde demjenigen, der den Vorschriften des § 2 TierSchG, einer Anordnung nach § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TierSchG oder einer Rechtsverordnung nach § 2a TierSchG wiederholt oder grob zuwiderhandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird.
73
Vorliegend ergibt die gebotene aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Antragsteller den Vorschriften des § 2 TierSchG sowohl wiederholt als auch grob zuwidergehandelt hat (dazu aa)), dass diese Zuwiderhandlungen zur Folge hatten, dass den vom Antragsteller gehaltenen und betreuten Tieren erhebliche und länger anhaltende Schmerzen und Leiden zugefügt wurden (dazu bb)) und dass Tatsachen die Prognose rechtfertigen, dass der Antragseller auch weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird (dazu cc)). Die Anordnung des Rinderhalte- und -betreuungsverbots erweist sich vor diesem Hintergrund bei summarischer Prüfung als ermessensgerecht (dazu dd)).
74
aa) Der Antragsteller hat seine Pflichten aus § 2 TierSchG wiederholt und grob verletzt. Die Vorschrift erlegt ihm unter anderem die Verpflichtung auf, gehaltene und betreute Tiere ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend angemessen zu ernähren, zu pflegen und verhaltensgerecht unterzubringen (Nr. 1). Für die Haltung von Rindern als Nutztieren werden die einen Tierhalter treffenden Anforderungen durch die aufgrund von § 2a Abs. 1 TierSchG erlassene Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung (Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung - TierSchNutztV) näher konkretisiert.
75
(1) Gemäß § 2 Nr. 1 TierSchG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 TierSchNutzV hat, wer Nutztiere hält, sicherzustellen, dass das Befinden der Tiere mindestens einmal täglich durch direkte Inaugenscheinnahme von einer für die Fütterung und Pflege verantwortlichen Person überprüft, und, soweit erforderlich, unverzüglich Maßnahmen für die Behandlung, Absonderung in geeignete Haltungseinrichtungen mit trockener und weicher Einstreu oder Unterlage oder die Tötung kranker oder verletzter Tiere ergriffen werden sowie ein Tierarzt hinzugezogen wird.
76
Bei der Kontrolle am 10.9.2021 wurde durch den Amtstierarzt in einer Scheune hinter dem Stall ein festliegendes Rind vorgefunden, bei welchem der gesamte Klauenbereich des linken Vorderlaufs stark angeschwollen und gerötet war und bei dem zwischen Klauen und Fesselgelenk mehrere eitrige Wunden zu sehen waren. Das Fesselgelenk war durch eine dieser Wunden eröffnet. Am Fußwurzelgelenk vorne links, am Kniegelenk hinten links und am Sprunggelenk hinten links waren Hautabschürfungen zu sehen. Die Körperinnentemperatur betrug 38,7 Grad C. Das Tier musste euthanasiert werden. Der Amtstierarzt hat hierzu festgestellt, dass der Zustand des Rindes offensichtlich war. Die Untersuchung durch das LGL hat eine Mindestdauer des Prozesses von drei bzw. hinsichtlich der tiefen Geschwüre in der Haut an der Fessel sowie der fibrinös-eitrigen und nekrotisierenden Entzündung des Fesselgelenks an der linken Vordergliedmaße sogar von fünf Tagen ergeben.
77
Das Tierschutzgesetz erachtet in § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 die Einschätzung des beamteten Tierarztes im Regelfall als maßgeblich; auch sind beamtete Tierärzte als gesetzlich vorgesehene Sachverständige im Bereich des Tierschutzes eigens bestellt (vgl. § 15 Abs. 2 TierSchG). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof räumt beamteten Tierärzten deshalb im Hinblick auf die Anforderungen des § 2 TierSchG und ihre Erfüllung eine vorrangige Beurteilungskompetenz ein (B.v. 25.9.2020 - 23 CS 20.1928 - juris Rn. 25; U.v. 30.1.2018 - 9 B 05.3146 - juris Rn. 29). Das Gutachten eines beamteten Tierarztes ist grundsätzlich ausreichend und maßgeblich dafür, einen Verstoß gegen die Grundpflichten zur artgerechten Tierhaltung nach § 2 TierSchG nachzuweisen (BayVGH, B.v. 25.9.2020 - a.a.O. Rn. 25; BVerwG, B.v. 2.4.2014 - 3 B 62.13 - juris Rn. 10). Es ist zwar möglich, die von dem beamteten Tierarzt getroffenen Feststellungen substantiiert durch fachliche Stellungnahmen von Amtstierärzten anderer Körperschaften oder dort beschäftigten Fachtierärzten in Frage zu stellen (BayVGH, B.v. 25.9.2020 a.a.O. Rn. 25; NdsOVG, U.v. 20.4.2016 - 11 LB 29/15 - juris Rn. 39). Schlichtes Bestreiten des Halters vermag die Aussagekraft der amtstierärztlichen Beurteilung jedoch nicht zu entkräften (BayVGH, B.v. 25.9.2020 a.a.O. Rn. 25; OVG Berlin-Bbg., B.v. 28.6.2010 - OVG 5 S 10.10 - juris Rn. 9). Anderes gilt nur dann, wenn das Gutachten selbst von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unauflösbare Widersprüche aufweist, Zweifel an der Sachkunde und Unparteilichkeit aufwirft und im Hinblick auf die gutachterlich zu treffenden Feststellungen und deren Herleitung und Begründung unvollständig ist (BayVGH, B.v. 25.9.2020 a.a.O. Rn. 25, Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Aufl. 2019, § 15 Rn. 18).
78
Vorliegend bestehen bei summarischer Prüfung keine Zweifel an den Feststellungen des Amtstierarztes, die zudem durch den Bericht des LGL bestätigt werden.
79
Damit steht nach Auffassung des Gerichts fest, dass es der Antragsteller über einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen unterlassen hat, das entsprechende Rind der erforderlichen tierärztlichen Behandlung zuzuführen. Dies wertet das Gericht als grobe Zuwiderhandlung gegen die einen Tierhalter nach § 2 TierSchG treffenden Pflichten. Der Verstoß wiegt umso schwerer, als nach den Feststellungen des amtlichen Tierarztes, dem, wie oben erläutert, die Stellung eines gesetzlich vorgesehenen Sachverständigen zukommt, bei der Kontrolle am 15.9.2021 weitere Tiere krank waren (unter anderem eine Kuh mit großflächig verfärbtem Euter, wobei das Gewebe im betroffenen Bereich abgestorben war und von der Wunde eine stinkende Flüssigkeit in brauner Farbe abgesondert wurde und ein Kalb mit starkem Durchfall).
80
Das Gericht wertet den Verstoß darüber hinaus auch als wiederholte Zuwiderhandlung gegen die einen Tierhalter nach § 2 TierSchG treffenden Pflichten, weil das Landratsamt bereits bei der Kontrolle am 21.11.2019 festgestellt hat, dass Tiere aus dem Bestand krank waren und den Antragsteller mit bestandskräftigem Bescheid vom 6.2.2020 auffordern musste, diese tierärztlich untersuchen zu lassen und dem Landratsamt einen Behandlungsnachweis eines Tierarztes vorzulegen.
81
(2) Gemäß § 2 Nr. 1 TierSchG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 4 TierSchNutztV hat, wer Nutztiere hält, sicherzustellen, dass alle Tiere täglich entsprechend ihrem Bedarf mit Futter und Wasser in ausreichender Menge und Qualität versorgt sind.
82
Nach den Feststellungen des Amtstierarztes wurde bei mehreren Kontrollen, zuletzt am 10.9.2021 festgestellt, dass mehrere Kühe abgemagert waren. Mindestens einem Kalb stand kein Wasser zur Verfügung.
83
Die Feststellungen des Tierarztes als gesetzlich vorgesehenem Sachverständigen werden durch das Schreiben des Tierarztes Dr. H. vom 1.10.2021 noch bestätigt, der, wenn auch bei wenigen Tieren, ebenfalls einen reduzierten Ernährungszustand, „verursacht durch eine fehlerhafte Futterzusammensetzung“, festgestellt hat.
84
Die Versorgung mit Futter und Nahrung betrifft ein Grundbedürfnis, so dass das Gericht von einer erheblichen Zuwiderhandlung gegen die einen Tierhalter nach § 2 TierSchG treffenden Pflichten ausgeht.
85
Das Gericht wertet den Verstoß auch als wiederholte Zuwiderhandlung gegen die einen Tierhalter nach § 2 TierSchG treffenden Pflichten, weil das Landratsamt bereits bei der Kontrolle am 14.1.2019 festgestellt hatte, dass mindestens zehn Rinder/Jungrinder deutlich abgemagert waren und bei der Kontrolle am 21.7.2020 ebenfalls mehrere abgemagerte Rinder festgestellt wurden. Zudem war bereits bei dieser Kontrolle festgestellt worden, dass die Versorgung mit Futter unzureichend gewesen und die Futtertröge leer bzw. nahezu leer gewesen seien. Zudem war bei den Kontrollen am 15.7.2019 und am 21.7.2020 zu beanstanden gewesen, dass Rindern bzw. Kälbern mit einem Alter über zwei Wochen kein Wasser zur Verfügung gestanden habe bzw. die Durchlassmenge zu gering gewesen sei.
86
Den Einwand, dass die Versorgung lediglich aufgrund der Kontrolle nicht habe stattfinden können, sieht das Gericht dadurch als widerlegt an, dass nach den Feststellungen des amtlichen Tierarztes mehrere Tiere abgemagert waren, was auf eine über einen längeren Zeitraum unzureichende Versorgung schließen lässt.
87
(3) Gemäß § 2 Nr. 1 TierSchG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 10 TierSchNutzV hat, wer Nutztiere hält, sicherzustellen, dass die Haltungseinrichtung sauber gehalten wird, insbesondere Ausscheidungen so oft wie nötig entfernt werden, und Gebäudeteile, Ausrüstungen und Geräte, mit denen die Tiere in Berührung kommen, in angemessenen Abständen gereinigt und erforderlichenfalls desinfiziert werden.
88
Bei der Kontrolle am 10.9.2021 wurde bei der Rinderhaltung in H. festgestellt, dass die Aufenthalts- und Liegebereich in den hinteren Laufboxen mit einer mehrere Zentimeter hohen Gülleschicht bedeckt waren und sich die Tiere in Gülle ablegen mussten. Die gesamten Aufenthalts- und Liegebereiche aller neun Tiere waren verschmutzt und nass, wodurch Vorder- und Hinterbeine, Flanke und Kopf ebenfalls stark verschmutzt und nass waren.
89
Das Gericht wertet auch dies als (weitere) erhebliche und wiederholte Zuwiderhandlung gegen die einen Tierhalter nach § 2 TierSchG treffenden Pflichten, da es sich nach den Feststellungen des Amtstierarztes um massive Verschmutzungen handelte, was im Übrigen auch durch die Lichtbilder dokumentiert ist, und ähnliche Beanstandungen auch bei den vorangegangenen Kontrollen erfolgt waren.
90
(4) Nach § 2 Nr. 1 TierSchG hat derjenige, der ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, dieses unter anderem verhaltensgerecht unterzubringen. Beider Rinderhaltung erfordert dies, dass eine weiche, am besten verformbare und wärmedämmende Liegefläche zur Verfügung gestellt wird (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, 3. Aufl. 2016, TierSchG, Anh. § 2, Rn. 3).
91
Nach den Feststellungen des amtlichen Tierarztes bei der Kontrolle am 10.9.2021 bestanden die Liegebuchten im Laufstall der Milchkühe in der Betriebsstätte aus Beton. Den Kühen stand im Laufstall kein weicher verformbarer und wärmegedämmter Liegebereich zur Verfügung. Auch bei der Rinderhaltung in H. ist festgehalten, dass den Tieren kein geeigneter, trockener Aufenthalts- und Liegebereich zur Verfügung stand.
92
Im Hinblick darauf, dass dies bereits Gegenstand mehrerer früherer Beanstandungen war, geht das Gericht auch insoweit von einer wiederholte Zuwiderhandlung gegen die einen Tierhalter nach § 2 TierSchG treffenden Pflichten aus.
93
Im Übrigen wurde durch den Amtstierarzt beim Betrieb in H. ein Platzmangel festgestellt, der dazu führte, dass sich die Tiere nicht gemeinsam ablegen konnten. Auch in dieser Überbelegung liegt nach Einschätzung des Gerichts eine weitere Zuwiderhandlung gegen die einen Tierhalter nach § 2 TierSchG treffenden Pflichten.
94
bb) Folge der oben beschriebenen Zuwiderhandlungen gegen die einen Tierhalter nach § 2 TierSchG treffenden Pflichten war, dass den vom Antragsteller gehaltenen Rindern erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt wurden.
95
Dabei sind Schmerzen unangenehme sensorische und gefühlsmäßige Erfahrungen, die mit akuter oder potentieller Gewebeschädigung einhergehen, und Leiden alle vom Begriff des Schmerzes nicht erfassten Beeinträchtigungen im Wohlbefinden, die über ein schlichtes Unbehagen hinausgehen und eine nicht ganz unwesentliche Zeitspanne fortdauern (Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Aufl. 2019, § 1, Rn. 20 f. und 32 f.). Erheblich sind Schmerzen oder Leiden, wenn sie mehr als nur geringfügig sind (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 16a Rn. 46).
96
Unter Beachtung dieser Maßgaben hat das Gericht im Hinblick auf die Feststellungen des amtlichen Tierarztes, dem im Verfahren die Stellung eines gesetzlich vorgesehenen Sachverständigen im Bereich des Tierschutzes zukommt, keine Zweifel, dass die oben unter aa) im Einzelnen erläuterten erheblichen und wiederholten Zuwiderhandlungen gegen die einen Tierhalter nach § 2 TierSchG treffenden Pflichten dazu geführt haben, dass den vom Antragsteller gehaltenen Rindern erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt wurden.
97
cc) Bei summarischer Prüfung ist die Gefahr weiterer entsprechender Zuwiderhandlungen zu bejahen. Eine solche Prognose kann insbesondere auf die Zahl und Schwere bisheriger Verstöße gestützt werden (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 16a Rn. 48), insbesondere zeigt eine Gesamtschau des Verhaltens des Antragstellers im Verlauf der letzten Jahre, dass ein Problembewusstsein für die vorhandenen Mängel und damit eine Bereitschaft zu deren Abstellung beim Antragsteller nicht vorhanden ist. Der letzten Kontrolle am 10.9.2021 gingen tierschutzrechtliche Kontrollen am 14.1.2019, am 15.7.2019, am 21.11.2019 und am 21.7.2020 voraus. Das Landratsamt hat auf Grundlage dieser Kontrollen am 15.2.3019, am 4.9.2019, am 6.2.2020 und am 17.9.2020 jeweils Anordnungen gegenüber dem Antragsteller erlassen, ohne dass dies zu einer nachhaltigen Verbesserung der Situation geführt hätte. Als besonders maßgeblich betrachtet das Gericht insoweit die Einschätzung bei der Kontrolle am 10.9.2021, dass festgestellt werden müsse, dass sich „die Gesamtsituation im Bestand stetig verschlechtert“ habe. Diese Einschätzung erachtet das Gericht vor dem Hintergrund der ausführlichen und mit zahlreichen Lichtbildern belegten Dokumentation als nachvollziehbar und plausibel. Angesichts dessen ist von einer bestehenden Gefahr weiterer Zuwiderhandlungen auszugehen.
98
dd) Es ist auch nicht erkennbar, dass das Tierhaltungs- und Betreuungsverbot an vom Gericht nach § 114 Satz 1 VwGO überprüfbaren Ermessensfehlern oder an einem Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz leiden würde. Insbesondere hat der Antragsgegner zutreffend erkannt, dass ihm vorliegend ein Ermessen zustand. Es hat auch in seine Ermessenserwägungen eingestellt, dass das angeordnete Rinderhaltungs- und -betreuungsverbot einen Eingriff in die Berufsausübung des Antragstellers als Landwirt darstellt. Allein die Tatsache, dass jemand auf eine Tierhaltung aus Existenzgründen angewiesen ist, entbindet ihn allerdings nicht von der Verpflichtung, diese Tiere artgerecht zu versorgen, und rechtfertigt nicht, an ihn geringere Anforderungen als an andere Personen zu stellen (siehe hierzu Hirt/Maisack/Moritz, 3. Aufl. 2016, TierSchG § 16a RdNr. 49).
99
Dass dem Landratsamt bei der Ermessensausübung Fehler etwa im Hinblick auf die Ermittlung und Gewichtung der relevanten Belange unterlaufen wären, ist nicht ersichtlich. Das Gericht geht vielmehr bei summarischer Prüfung in Anbetracht der Anzahl und Schwere der durch den Antragsteller begangenen Verstöße und das Ausmaß des den Rindern zugefügten Leidens davon aus, dass das Landratsamt im vorliegenden Fall zurecht von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen ist.
100
Das Gericht sieht es insbesondere auch nicht als ermessensfehlerhaft an, dass das Landratsamt nicht als milderes Mittel die Schließung einer der beiden Betriebsstätten in Erwägung gezogen hat. Denn zum einen betreffen die erheblichen tierschutzrechtlichen Verstöße über die letzten Jahre stets beide Betriebsstätten. Zum anderen ist vor dem Hintergrund, dass beide Betriebsstätten nur 2 km voneinander entfernt liegen, auch nicht erkennbar, dass lange Fahrzeiten der Grund dafür gewesen sein könnten, dass der Antragsteller seinen Pflichten als Tierhalter nicht mehr hat nachkommen können.
101
b) Bei der in Nr. II des streitgegenständlichen Bescheides angeordneten Auflösung des Rinderbestandes und bei der in Nr. III angeordneten Untersagung der Rinderhaltung durch eine beauftragte Person handelt es sich um Annexentscheidungen zu dem in Nr. I des streitgegenständlichen Bescheides angeordneten Rinderhaltungs- und Betreuungsverbot. Sie sind aus den oben aufgeführten Gründen nicht zu beanstanden.
102
c) Rechtsgrundlage für die unter der Nr. IV gegenüber dem Antragsteller angeordnete Auskunftspflicht ist § 16a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 16 Abs. 2 TierSchG. Auch insoweit ergeben sich bei summarischer Prüfung keine rechtlichen Bedenken.
103
d) Rechtsgrundlage für die unter Nr. V angeordnete Fortnahme und anderweitige pflegliche Unterbringung der Rinder sowie deren Veräußerung durch die Behörde für den Fall, dass der Antragsteller die ihm gegenüber angeordnete Bestandsauflösung nicht vornimmt, ist § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG. Aus Sicht des Gerichts zeigen die Ausführungen sowie die weiteren Anordnungen im streitgegenständlichen Bescheid, dass es sich bei der Nr. V gerade nicht um eine Wegnahme der Tiere im Wege des unmittelbaren Zwangs, die der Durchsetzung der gegenüber dem Antragsteller angeordneten Auflösung des Rinderbestandes dienen soll, handelt (siehe hierzu Hirt/Maisack/Moritz 3. Aufl. 2016, TierSchG § 16a RdNr. 53). Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass auch für die Nr. V ein Sofortvollzug angeordnet wurde, was für den Fall, dass es sich insoweit um eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung gehandelt hätte, im Hinblick auf Art. 21a des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG) nicht notwendig gewesen wäre. Auch wurde gegenüber dem Antragsteller unter Nr. VI des streitgegenständlichen Bescheides angeordnet, dass er die Anordnung unter Nr. V zu dulden hat. Für diese Duldungsanordnung wurde wiederum unter Nr. VIII in der Vollstreckung unmittelbarer Zwang angedroht und in der Begründung des Bescheides auch dargelegt, warum insoweit die Androhung eines Zwangsgeldes nicht erfolgsversprechend erscheint. Entsprechende Ausführungen finden sich bei der Begründung zur Nr. VI des streitgegenständlichen Bescheides gerade nicht. Bei einer Gesamtbetrachtung aller dieser Punkte erachtet das Gericht daher die Anordnung unter Nr. V als eigenständige tierschutzrechtliche Anordnung und nicht als eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung. Bedenken gegen das Vorliegen der Voraussetzungen des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG bestehen im vorliegenden Fall bei der gebotenen summarischen Prüfung eben so wenig wie gegen die in Nr. VI gegenüber dem Antragsteller ausgesprochene Duldungsverpflichtung.
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e) Bedenken gegen den unter Nr. VIII des streitgegenständlichen Bescheides angedrohten unmittelbaren Zwang bestehen nicht. Insbesondere wurde im streitgegenständlichen Bescheid dargelegt, dass eine Androhung von Zwangsgeldern insoweit nicht als erfolgsversprechend erscheint (Art. 34 VwZVG).
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f) Rechtsgrundlagen für die in den Nr. IX und X angedrohten Zwangsgelder sind Art. 29, 31 und 36 VwZVG. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angedrohten Zwangsgelder bestehen nicht und wurden vom Antragsteller im Übrigen auch nicht geltend gemacht.
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g) Bedenken gegen die Kostenentscheidung in Nr. XI sind bei summarischer Prüfung ebenfalls nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen.
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1.3 Die vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Der Einwand der Prozessvertreterin des Antragstellers, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts selbst die hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Klageverfahren in der Hauptsache zu Lasten des Betroffenen ausgehen werde, nicht ausreiche, um die Umsetzung der Maßnahme vor der endgültigen Klärung im Hauptsacheverfahren zu rechtfertigen, führt nicht weiter. Vorliegend lässt nämlich die Fortsetzung der Berufstätigkeit schon vor Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten. Die hier betroffenen Grundrechte des Antragstellers aus Art. 12 GG und Art. 14 GG werden durch den Tierschutz beschränkt, der in Art. 20a GG ebenfalls verfassungsrechtlich verankert und daher als wichtiges Gemeinschaftsgut anzusehen ist.
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2. Die gerichtliche Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Gerichtskostengesetz (GKG). Die Kammer hat Nr. 1.5. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit bei ihrer Entscheidung berücksichtigt.