Inhalt

VGH München, Beschluss v. 10.08.2022 – 22 ZB 21.1653
Titel:

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag: Widerruf einer Hochwassersoforthilfe 

Normenketten:
VwGO § 114
BayVwfG Art. 48 Abs. 4, Art. 49a
BayHO Art. 44 Abs. 1 S. 1, Art. 23
Leitsätze:
1. Bei der Sofort- und der Aufbauhilfe handelt es sich um zwei selbständige, nacheinander aufgelegte und nebeneinander stehende Förderinstrumente mit unterschiedlichen Voraussetzungen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Angesichts der Verschiedenheit der beiden Förderprogramme ist es nicht sachfremd, soweit die Behörde bei einem Widerruf der Förderung in den Ermessenserwägungen nicht darauf eingeht, inwieweit es möglich gewesen ist, Aufbauhilfe zu beantragen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3. Entreicherung tritt nicht ein, soweit der erhaltene Betrag ganz oder teilweise zur Schuldentilgung oder für Anschaffungen verwendet wird, die wertmäßig noch im Vermögen des Begünstigten vorhanden sind. Die Ersparnis eigener Aufwendungen oder eine Gegenleistung für den Verbrauch der empfangenen Mittel hindern daher die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
4. Bei einer im Ermessen der Behörde stehenden Widerrufsentscheidung beginnt die Jahresfrist für eine Rückforderung erst dann zu laufen, wenn der Behörde auf eine Anhörung zum beabsichtigten Widerruf hin eine Stellungnahme des Betroffenen vorliegt oder eine angemessene Frist zur Stellungnahme fruchtlos verstrichen ist. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Widerruf einer Zuwendung (Hochwasserhilfe), zweckgerechte Verwendung der Zuwendung, Widerrufsermessen, Zusammentreffen mehrerer Förderprogramme, Jahresfrist, Entreicherung, Verzinsung, Absehen von der Geltendmachung des Zinsanspruches, Hochwasserhilfe, Zuwendung, Widerruf, Förderprogramme, Aufbauhilfe, Soforthilfe, Wegfall der Bereicherung
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 26.04.2021 – RN 5 K 19.427
Fundstelle:
BeckRS 2022, 22261

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 32.898,43 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Kläger verfolgt mit seinem Zulassungsantrag sein erstinstanzliches Begehren weiter, das auf Aufhebung eines zuwendungsrechtlichen Widerrufs- und Leistungsbescheids gerichtet ist.
2
Der Kläger betreibt in P. … das Café K., das am 3./4. Juni 2013 durch Hochwasser beschädigt wurde. Auf seinen Antrag hin wurde ihm mit Bescheid vom 17. Juli 2013 ein Zuschuss für hochwassergeschädigte gewerbliche Unternehmen und Angehörige freier Berufe aus dem Hochwasser-Hilfeprogramm Mai/Juni 2013 (nachfolgend: Soforthilfeprogramm) in Höhe von 102.300 Euro bei angenommenen Aufwendungen i.H.v. 204.600 Euro bewilligt. Das Soforthilfeprogramm sah einen Zuschuss in Höhe von 50% der Aufwendungen vor, wobei der Zuschuss höchstens 100.000 Euro, in besonderen Härtefällen höchstens 200.000 Euro betrug. Aufgrund bereits geleisteter Vorauszahlungen wurde ein Auszahlungsbetrag von 67.800 Euro festgesetzt. In dem Bescheid wurde unter Bezugnahme auf den Förderantrag darauf hingewiesen, dass die bewilligte Zuwendung zweckgebunden und ausschließlich für die Behebung der durch das Mai/Juni-Hochwasser 2013 entstandenen Schäden zu verwenden sei. Zudem wurden die als Anlage beigefügten besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen an die gewerbliche Wirtschaft (BNZW) unter Auflistung bestimmter abweichender Regelungen zum verbindlichen Bestandteil des Zuwendungsbescheids erklärt.
3
Zum 1. August 2013 führte das (damalige) Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie ein weiteres Förderprogramm für hochwasserbetroffene Unternehmen ein, nämlich das Aufbauhilfeprogramm zur Unterstützung hochwasserbetroffener Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und Angehörige freier Berufe sowie wirtschaftsnaher Infrastruktur (nachfolgend: Aufbauhilfeprogramm), bei dem 80% des Schadens ohne Deckelung gefördert wurden; die Antragstellung musste bis spätestens 30. Juni 2015 und die Bewilligung bis 31. Dezember 2015 erfolgen. Ziffer II.15 der Vollzugshinweise des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie für das Aufbauhilfeprogramm (Programmfassung für bayerische Behörden) vom 1. August 2013 bestimmte, dass Antragsteller, die Anträge auf Soforthilfe gestellt haben, auf die Vorteile des Aufbauhilfeprogramms (z.B. kein „Verbrauch“ der De-Minimis-Förderung, keine Förderhöchstgrenzen, Ersatz auch versicherbarer Schäden, Fördersätze, Schadensbegriff) hingewiesen werden sollten.
4
Mit Schreiben vom 17. April 2014 teilte die Beklagte dem Kläger unter der Überschrift „Aufbauhilfeprogramm zur Unterstützung hochwasserbetroffener Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und Angehörige freier Berufe sowie wirtschaftsnaher Infrastruktur“ u.a. mit (BA Bl. 73):
5
„Die Bundesrepublik Deutschland und der Freistaat Bayern haben deshalb sehr schnell Förderprogramme aufgelegt und die entsprechenden Finanzmittel bereitgestellt, damit die unmittelbar durch das Hochwasser verursachten Schäden schnell beseitigt und die Betriebsfähigkeit wiederhergestellt werden kann.
6
Sie haben für Ihren Betrieb bis zum heutigen Tage von der Möglichkeit einer Förderung keinen Gebrauch gemacht. Ich nehme dies zum Anlass, um Sie auf die staatlichen Programme hinzuweisen, die bei der Stadt P. … noch bis zum 30. Juni 2015 beantragt werden können, und Ihnen die Inanspruchnahme zu empfehlen.
7
Beratung zu den aufliegenden Programmen erhalten Sie bei der Stadt P. … im Referat für Wirtschaft, Marketing und Arbeit (…), die Antragstellung und Bearbeitung der Förderprogramme erfolgt ebenfalls dort.“
8
Der Kläger stellte bis zum 30. Juni 2015 keinen Antrag für eine Förderung aus dem Aufbauhilfeprogramm.
9
In der Folge wurde der Kläger von der Beklagten mehrfach aufgefordert, Verwendungsnachweise für die Verwendung der Zuschussmittel vorzulegen, u.a. mit Schreiben vom 17. Januar 2018 unter Fristsetzung bis zum 18. Februar 2018 (BA Bl. 50). Am 6. Februar 2018 reichte der Kläger im Rahmen eines persönlichen Gesprächs bestimmte Verwendungsnachweise ein; es fehlten jedoch noch Rechnungen. In diesem Gespräch fiel auf, dass der Kläger keinen Antrag auf Aufbauhilfe gestellt hatte.
10
Mit Schreiben vom 8. Februar 2018, eingegangen bei der Beklagten am 9. Februar 2018, übermittelte der Kläger über seine Steuerberaterin noch fehlende Unterlagen, teilte der Beklagten jedoch am 19. Februar 2018 telefonisch mit, die Liste sei unvollständig und werde aktualisiert werden.
11
Bei einem persönlichen Gespräch am 3. Mai 2018 wurde der Kläger zum Erlass eines Widerrufs- und Rückforderungsbescheids angehört und ihm eine Frist zur Stellungnahme bis 31. Juli 2018 gesetzt. Der Kläger erkundigte sich dabei nach den Möglichkeiten, statt der Soforthilfe noch Aufbauhilfe zu bekommen, da dies seine Rückforderung unter Beachtung der Förderung von 80% erheblich mindern würde; er wolle deswegen im Ministerium vorstellig werden. Nach mehrfacher Fristverlängerung teilte die Beklagte dem Kläger mit E-Mail vom 8. Januar 2019 mit, dass ihm zur Klärung der Angelegenheit noch eine Frist bis zum 22. Januar 2019 eingeräumt werden könne (BA Bl. 69).
12
Mit Bescheid vom 11. Februar 2019 widerrief die Beklagte den Zuwendungsbescheid vom 17. Juli 2013 mit Wirkung für die Vergangenheit in Höhe eines Teilbetrages von 32.898,43 Euro (Nr. 1 des Bescheids). Der genannte Betrag sei bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Bescheids zu erstatten (Nr. 2 des Bescheids); bei nicht fristgerechtem Zahlungseingang sei der Rückforderungsbetrag mit jährlich 2,12% zu verzinsen (Nr. 3 des Bescheids). Da sich die nach der Bewilligung veranschlagten zuwendungsfähigen Ausgaben um 65.796,86 Euro ermäßigt hätten (die im Verwendungsnachweis eingereichte Aufstellung der Ausgaben ergebe eine Schadenssumme in Höhe von 138.803,14 Euro), habe der Kläger den ursprünglich gewährten Zuschuss nur in Höhe des Teilbetrags von 138.803,14 Euro für den im Zuwendungsbescheid bestimmten Zweck verwendet.
13
Die gegen den Bescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 26. April 2021 ab. Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 25. Mai 2021 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 5. Juni 2021, beim Verwaltungsgericht am gleichen Tag eingegangen, beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung und begründete den Antrag mit Schriftsatz vom 19. Juli 2021, beim Verwaltungsgerichtshof am gleichen Tag eingegangen.
14
Die Beklagte ist dem Antrag entgegengetreten.
15
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
16
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da sich aus den Darlegungen in der Antragsbegründung des Klägers (vgl. zu deren Maßgeblichkeit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht ergibt, dass einer der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO vorliegt.
17
1. Der Kläger macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend, die jedoch nicht bestehen.
18
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 7.10.2020 - 2 BvR 2426/17 - juris Rn. 15; BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - juris Rn. 9). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 62 f.).
19
1.1 Der Kläger trägt vor, die Zuwendung sei vollständig für den vorgesehenen Zweck verwendet worden. Das Verwaltungsgericht habe ausgeführt, von den ursprünglich veranschlagten 204.600 Euro habe der Kläger nur 138.803,14 Euro durch die Verwendungsnachweise nachweisen können. Da dem Kläger insgesamt 102.300 Euro bewilligt und ausgezahlt worden seien und dieser Betrag unter dem von 138.803,14 Euro liege, der nachweislich zweckgerecht verwendet worden sei, sei eine Zweckverfehlung nicht ersichtlich.
20
1.1.1 Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die Voraussetzungen für einen Teilwiderruf des Zuwendungsbescheids hätten vorgelegen, da die Zweckbindung durch die Reduzierung der zuwendungsfähigen Ausgaben entfallen sei. Bei der Zuwendung handele es sich um freiwillige Leistungen, die der Freistaat Bayern auf der Grundlage von Art. 44 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 23 BayHO und einschlägigen Förderrichtlinien gewähre. Seien die Fördervoraussetzungen zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssten diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig, im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden. Das Gericht sei grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber verstehe. Ein Anspruch auf Förderung bestehe im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorlägen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden würden. Die zuständige Behörde habe die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften, so dass es allein auf die Handhabung im maßgeblichen Zeitpunkt ankomme.
21
Ausgehend hiervon habe der Kläger die ihm gewährte Zuwendung in Höhe des zurückgeforderten Betrages nicht zweckgerecht verwendet. Es sei eindeutig Zweck der Zuwendung gewesen, dem Kläger die Behebung der durch das Hochwasser im Mai/Juni 2013 entstandenen Schäden an dem Café K. zu ermöglichen. Der Kläger hätte Schäden in Höhe der veranschlagten Aufwendungen von 204.600 Euro durch Verwendungsnachweis nachweisen müssen. Er habe jedoch lediglich Schäden in Höhe von 138.803,14 Euro durch die eingereichten und anerkannten Verwendungsnachweise nachgewiesen.
22
1.1.2 Der Kläger kann mit seinem Vortrag nicht durchdringen, weil dieser nicht berücksichtigt, dass ausgehend von den Förderrichtlinien in der Förderpraxis der Beklagten jeweils nur ein Zuschuss in Höhe eines Betrags von 50% der nachgewiesenen Aufwendungen gewährt werden konnte. Bei einem Nachweis über Aufwendungen in Höhe von 138.803,14 Euro kam damit eine Bezuschussung in Höhe von 102.300 Euro nicht in Betracht.
23
1.2 Der Kläger rügt, das Gericht habe außen vorgelassen, dass nach Aktenlage für die Beklagte zum Nachweis des Inventarschadens und Ansatz des Betrages von 194.600 Euro eine Bestätigung der Steuerberaterin des Klägers ausgereicht habe, die angegeben habe, dass der Zeitwert der Gegenstände mit 70% der Anschaffungskosten angesetzt werden könne. Hierauf sowie auf einem Warenbestand von 10.000 Euro beruhe die Zuwendungssumme. Der Anforderung eines Nachweises über Aufwendungen in Höhe von 204.600 Euro sei entgegenzuhalten, dass Zeitwertbetrachtungen deshalb erfolgten, weil ein konkreter Betrag nicht ausgewiesen werden könne. Die veranschlagten 194.600 Euro stellten auf der Grundlage eines Zeitwertes eine Momentaufnahme dar, für die ein centgenauer Nachweis unrealistisch sei. Der durch das Gericht geforderte Nachweis sei deshalb nie zu erbringen; aus dem Fehlen eines solchen Nachweises könne auch keine Zweckverfehlung geschlossen werden.
24
Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass der Kläger lediglich Schäden in Höhe von 138.803,14 Euro durch Verwendungsnachweise nachgewiesen habe (s. 1.1.1). Mit seinem Vortrag, dass es sich bei den Angaben seiner Steuerberaterin zu den Schäden (BA Bl. 26) um Zeitwertbetrachtungen handele, kann der Kläger deshalb keinen Erfolg haben, weil die Verwendungsnachweise sich nicht auf den jeweiligen Wert der durch das Hochwasser zerstörten Gegenstände beziehen, sondern auf die Kosten, die durch Ersatzbeschaffung und Reparaturen entstanden sind (s. etwa BA Bl. 88 ff.). Diese Kosten sind ohne Weiteres genau bezifferbar; sie ergeben sich aus den Rechnungen. Die vorgelegten Nachweise haben aber den von der Steuerberaterin angenommenen Schadensbetrag von 204.600 Euro nicht erreicht.
25
1.3 Der Kläger meint weiter, die gerichtliche Überprüfung der Ermessensausübung durch die Behörde sei insoweit unzureichend, als die Ermessenserwägungen unvollständig und die Belange des Klägers nicht ausreichend gewürdigt worden seien. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts, es liege ein Regelfall vor, bei dem aus den haushaltsrechtlichen Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die Bewilligung zu widerrufen sei, ließen außergewöhnliche Umstände eine andere Entscheidung als möglich erscheinen. Das Informationsschreiben vom 17. April 2014 sei für den Kläger schlichtweg ungeeignet gewesen, auf die Aufbauhilfe hinzuweisen und damit der Hinweispflicht aus Ziffer II.15 der Vollzugshinweise für das Aufbauprogramm gerecht zu werden. Eine ungeeignete Information könne der Hinweispflicht nicht genügen. Die Formulierung „Sie haben für Ihren Betrieb bis zum heutigen Tage von der Möglichkeit einer Förderung keinen Gebrauch gemacht“ spreche nicht die Antragsteller der Soforthilfe an, sondern vermittele den Eindruck, Hochwasserbetroffene anzusprechen, die noch gar keinen Antrag auf Förderung gestellt hätten. Der pauschale Hinweis auf Förderprogramme für vom Hochwasser geschädigte Betriebe sei nicht geeignet gewesen, den Kläger als Soforthilfeantragsteller auf ein anderes Förderprogramm aufmerksam zu machen, sondern vermittele den irreführenden Eindruck, dass mit der Antragstellung auf Soforthilfe alles Nötige erledigt sei. Auch bei Annahme eines freien Ermessens der Beklagten hätte die nicht erfüllte Hinweispflicht Beachtung finden müssen.
26
1.3.1 Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die nach Maßgabe des § 114 Satz 1 VwGO überprüfbaren Ermessenserwägungen in dem Bescheid seien nicht zu beanstanden. Wenn der Widerruf der Bewilligung im Ermessen der Behörde stehe, sei nach den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit in der Regel zu widerrufen. Die Grundsätze des intendierten Ermessens seien auf den Fall des Widerrufs wegen Zweckverfehlung übertragbar. Liege ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, verstehe sich das Ergebnis von selbst. Nur wenn außergewöhnliche Umstände bekannt oder erkennbar seien, die eine andere Entscheidung als möglich erscheinen ließen, seien diese in der Begründung des Bescheids zu erwägen. Ein außergewöhnlicher Umstand in diesem Sinne könne fehlendes Verschulden des Zuwendungsempfängers oder ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Zuwendungsbescheids sein. Ein solcher Fall liege hier nicht vor und ergebe sich insbesondere nicht aus dem Vorbringen des Klägers, er habe sich durch das Schreiben der Beklagten vom 17. April 2014 nicht angesprochen gefühlt. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte in anderen vergleichbaren Zuwendungsfällen anders verfahren sei. Die Beklagte habe vorgetragen, dass mangels entsprechenden Antrags eine Anrechnung der im Soforthilfeprogramm überzahlten Beträge auf eine fiktive Aufbauhilfe nicht in Betracht komme. Der Wechsel in das Aufbauhilfeprogramm trotz nicht fristgerechter Antragstellung würde eine ungerechtfertigte Bevorzugung des Klägers im Vergleich zu anderen Antragstellern darstellen. Selbst wenn man die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum intendierten Ermessen bei zweckwidriger Verwendung nicht ohne Weiteres auf den hiesigen Fall übertragen könne, führe dies zu keiner anderen Beurteilung. Die Ermessensausübung der Beklagten sei auch bei Annahme eines ihr eingeräumten freien Ermessens nicht zu beanstanden, da sie den Besonderheiten des Einzelfalls hinreichend Rechnung trage. Dies werde vor allem auch daraus deutlich, dass mit einer Entscheidung über den Teilwiderruf abgewartet worden sei, bis auch seitens des Ministeriums festgestanden habe, dass eine Umwandlung des Antrags des Klägers von Sofortin Aufbauhilfe nicht in Betracht komme.
27
1.3.2 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung bestehen insoweit jedenfalls in Bezug auf das Ergebnis des Urteils nicht.
28
1.3.2.1 Wie das Verwaltungsgericht zutreffend erwähnt hat, können behördliche Ermessensentscheidungen nach § 114 Satz 1 VwGO nur daraufhin überprüft werden, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde. Hier käme allenfalls in Betracht, dass die Beklagte ihr Ermessen nicht entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt hätte (§ 114 Satz 1 Alt. 2 VwGO; Ermessensfehlgebrauch, vgl. hierzu Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, § 114 Rn. 20); dass die Beklagte von dem ihr gesetzlich eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch gemacht oder dessen Grenzen überschritten hätte (§ 114 Satz 1 Alt. 1 VwGO), ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
29
1.3.2.2 Soweit der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass das Informationsschreiben der Beklagten vom 17. April 2014 bezüglich der Aufbauhilfe ungeeignet gewesen sei, ihn über die Möglichkeit zu informieren, Aufbauhilfe zu beantragen, erweist sich das angefochtene Urteil deshalb als richtig, weil ein Ermessensfehler der Beklagten bei der Entscheidung über den Widerruf der bewilligten Soforthilfe schon deshalb ausscheidet, weil nicht ersichtlich ist, dass es nach dem Zweck der Ermächtigung (§ 114 Satz 1 Alt. 2 VwGO) geboten gewesen wäre, diese Entscheidung davon abhängig zu machen, ob der Kläger neben oder anstelle der bewilligten Soforthilfe Aufbauhilfe hätte beanspruchen können und ob er über diese Möglichkeiten hinreichend informiert wurde. Das Verwaltungsgericht ist insoweit zu Recht davon ausgegangen, dass es sich um einen Fall des intendierten Ermessens handelt (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 26.6.2002 - 8 C 30.01 - juris Rn. 37; BayVGH, B.v. 25.1.2021 - 6 ZB 20.2162 - juris Rn. 11), wodurch die Anforderungen an die Begründung des Bescheids herabgesetzt waren. Außergewöhnliche Umstände, die eine andere Entscheidung als möglich hätten erscheinen lassen, lagen mit Blick auf die Möglichkeit, zusätzlich zu der Soforthilfe Aufbauhilfe zu beantragen, nicht vor. Denn bei der Sofort- und der Aufbauhilfe handelt es sich offensichtlich um zwei selbständige, nacheinander aufgelegte und nebeneinander stehende Förderinstrumente mit unterschiedlichen Voraussetzungen, die separat beantragt werden mussten (auch wenn Soforthilfen auf die Aufbauhilfen anzurechnen waren, s. Ziffer I.4. Punkt 3 der Vollzugshinweise zum Aufbauhilfeprogramm). Es kann angesichts der Verschiedenheit der beiden Förderprogramme nicht als sachfremd (vgl. zu diesem Kriterium bei der Überprüfung der Ermessensentscheidung nach § 114 Satz 1 Alt. 2 VwGO BVerwG, U.v. 14.10.1965 - II C 3.63 - juris Rn. 32; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, § 114 Rn. 20) angesehen werden, soweit die Beklagte in den Ermessenserwägungen in ihrem Bescheid nicht darauf eingegangen ist, inwieweit es dem Kläger möglich war, Aufbauhilfe zu beantragen. Denn selbst wenn der Kläger nach der Bewilligung und Auszahlung der Soforthilfe zusätzlich fristgerecht Aufbauhilfe beantragt hätte und diese ihm auch bewilligt worden wäre, wäre bei im Übrigen gleichen Bedingungen der Zuwendungsbescheid vom 17. Juli 2013 wohl dennoch (teilweise) zu widerrufen gewesen, weil der Verwendungsnachweis nicht ausreichte, um die vollständige ausbezahlte Soforthilfe behalten zu können. Im Fall der zusätzlichen Bewilligung von Aufbauhilfe neben der Soforthilfe wäre zwar eine Verrechnung mit der infolge eines Widerrufs erforderlichen Erstattung (Art. 49a BayVwVfG) in Betracht gekommen, wovon offenbar auch die Beklagte ausging. Dass die Beantragung von Aufbauhilfe zu einem Verzicht auf den Widerruf der Soforthilfe geführt hätte, liegt aber jedenfalls nicht auf der Hand. Daher ergeben sich aus dem klägerischen Vortrag keine Ermessensfehler des Bescheids der Beklagten, so dass sich auch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts jedenfalls im Ergebnis als richtig erweist. Auf das Zulassungsvorbringen des Klägers zu seinen Möglichkeiten, Aufbauhilfe zu beantragen, kommt es damit im Einzelnen nicht an.
30
1.4 Der Kläger trägt zudem vor, aufgrund der Rechtswidrigkeit des Teilwiderrufs bestehe der Anspruch auf Erstattung aus Art. 49a Abs. 1 Satz 1 Var. 2 BayVwVfG nicht. Das Verwaltungsgericht habe der geltend gemachten Entreicherung zu Unrecht entgegengehalten, dass die Leistung nach einem Vergleich des Vermögensstandes bei Empfang der Leistung und im Zeitpunkt der Rückforderung noch im Vermögen des Klägers vorhanden gewesen sei. Zwischen der Erbringung der Leistung und der Rückforderung lägen rund fünfeinhalb Jahre. Die Ausgaben seien nicht nur für Inventar, das mit der Zeit an Wert verliere, sondern auch für Handwerkerarbeiten erfolgt, die sogleich mit Bezahlung nicht mehr dem Vermögen des Klägers zuzuordnen seien. Zudem seien in der Zuwendung auch Beträge für einen Bestand an Lebensmitteln, mithin verderblichen Waren, und für Dienstleistungen wie die Entsorgung von Speiseresten enthalten gewesen, hinsichtlich der der Kläger in jedem Fall entreichert sei, da sie keinen dauerhaften Vermögenswert darstellten. Ebenso verhalte es sich mit Beträgen für Personalkosten.
31
1.4.1 Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts findet die in Ziffer 2. des Bescheids festgesetzte Erstattung ihre Rechtsgrundlage in Art. 49a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BayVwfG. Der Kläger könne sich nicht mit Erfolg auf Entreicherung berufen. Nach Art. 49a Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG i.V.m. § 818 Abs. 3 BGB (analog) sei der Erstattungsanspruch auf die beim Leistungsempfänger noch vorhandene Bereicherung begrenzt. Die Feststellung der Entreicherung erfolge nach wirtschaftlichen Kriterien durch einen Vergleich des Vermögensstandes bei Empfang der Leistung und im Zeitpunkt der Rückforderung. Da der Kläger mit dem gewährten Zuschuss das Café K. saniert habe, sei die Leistung im Zeitpunkt der Rückforderung noch in seinem Vermögen vorhanden gewesen.
32
1.4.2 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils bestehen insoweit nicht, auch nicht unter Berücksichtigung des im Vergleich zum erstinstanzlichen Verfahren in tatsächlicher Hinsicht erweiterten Vortrags des Klägers (vgl. zu den Anforderungen an die Darlegung von im Zulassungsverfahren neu vorgebrachtem Sachvortrag, der bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätte eingeführt werden können, Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 86, 91).
33
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Obergerichte tritt eine Entreicherung nicht ein, soweit der erhaltene Betrag ganz oder teilweise zur Schuldentilgung oder für Anschaffungen verwendet wird, die wertmäßig noch im Vermögen des Begünstigten vorhanden sind (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.1993 - 2 C 15.91 - juris Rn. 12). Die Ersparnis eigener Aufwendungen (hierzu BayVGH, U.v. 6.4.2001 - 4 B 00.334 - juris Rn. 27) oder eine Gegenleistung für den Verbrauch der empfangenen Mittel (hierzu OVG LSA, U.v. 23.11.2007 - 1 L 48.07 - juris Rn. 26 f.) hindern daher die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung. Dabei kommt es nicht darauf an, wie viel Zeit zwischen der Gewährung der Förderung und der Rückforderung liegt und ob getätigte Anschaffungen infolge Zeitablaufs an Wert verloren haben. Ebenso wenig kann sich der Kläger darauf berufen, dass Handwerkerarbeiten seinem Vermögensbestand nicht dauerhaft zugeflossen seien; er hat insoweit gerade eigene Aufwendungen erspart. Auch soweit der Kläger sich auf Aufwendungen für einen verderblichen Warenbestand beruft, hätte er im Fall der Ersatzbeschaffung (die sich aus dem vom ihm vorgelegten Verwendungsnachweis allerdings nicht ergibt, s. BA Bl. 88 ff.) eigene Aufwendungen erspart. Gleiches gilt für Aufwendungen für Dienstleistungen wie die Entsorgung von Speiseresten, ungeachtet dessen, dass nicht ohne Weiteres ersichtlich ist, dass diese überhaupt durch das Hochwasser verursacht wurden und daher förderfähig sind.
34
1.5 Darüber hinaus rügt der Kläger, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Beklagte den Zinsanspruch habe geltend machen dürfen, da der Kläger die Umstände, die zum Entstehen des Erstattungsanspruchs geführt hätten, zu vertreten habe. Der Ausgangsbescheid enthalte hierzu keine Ausführungen, aus denen sich erkennen lasse, dass der Beklagten bewusst gewesen wäre, dass sie im eigenen Ermessen von der Anordnung der Verzinsung hätte absehen können. Ein intendiertes Ermessen liege insoweit nicht vor. In die Ermessensausübung wäre einzustellen gewesen, dass das Informationsblatt (gemeint: bezüglich der Beantragung der Aufbauhilfe) zur Information des Klägers ungeeignet gewesen sei; von einem pauschalen Vertretenmüssen könne daher nicht ausgegangen werden.
35
1.5.1 Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, der in Ziffer 3. des Widerrufsbescheids geltend gemachte Verzinsungsanspruch folge aus Art. 49a Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG. Nach Art. 49a Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG könne zwar unter den dort genannten Umständen von der Geltendmachung des Zinsanspruchs abgesehen werden. Dass die Beklagte hiervon keinen Gebrauch gemacht habe, begegne aber keinen rechtlichen Bedenken, da der Kläger die Umstände, die zum Entstehen des Erstattungsanspruchs geführt hätten, zu vertreten habe.
36
1.5.2 Auch insoweit bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.
37
Zwar hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid nur ausgeführt, bei nicht fristgerechtem (Frist: ein Monat nach Unanfechtbarkeit des Bescheids) Zahlungseingang sei der Rückforderungsbetrag mit jährlich 2,12% zu verzinsen. Auf die Möglichkeiten nach Art. 49a Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG hat sie nicht hingewiesen; Ermessen wurde nicht ausgeübt. Das Ermessen nach Art. 49a Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG ist jedoch nur bei Vorliegen der dort genannten tatbestandlichen Voraussetzungen eröffnet, zu denen gehört, dass der Begünstigte die Umstände, die zum Widerruf des Verwaltungsakts geführt haben, nicht zu vertreten hat. Die Beklagte ist - ohne dies ausdrücklich zu erwähnen - offenbar davon ausgegangen, dass diese Voraussetzung nicht vorliegt; das Verwaltungsgericht hat dies bestätigt. Der Vortrag des Klägers, er habe die den Widerruf begründenden Umstände nicht zu vertreten, betrifft also nicht die Ausübung von Ermessen, sondern die Tatbestandsseite der Norm. Dass die Voraussetzungen des Art. 49a Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts vorgelegen hätten, hat der Kläger aber nicht substantiiert dargelegt. Insbesondere hat er nichts dazu vorgetragen, dass er es nicht zu vertreten habe, dass er den vollständigen Nachweis über eine zweckentsprechende Verwendung der bewilligten Mittel nicht erbracht hat (vgl. zu den Voraussetzungen des Widerrufs wiederum Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG). Dass die Möglichkeit der Beantragung von Aufbauhilfe unter Berücksichtigung von § 114 Satz 1 VwGO jedenfalls nicht zwingend zum Bestandteil der Ermessenserwägungen des Widerrufsbescheids gemacht werden musste und damit auch nicht zu den Umständen gehören kann, die zum Widerruf des Verwaltungsakts geführt haben (Art. 49a Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG), wurde bereits oben ausgeführt (s. 1.3.2.2).
38
2. Der Kläger macht weiter geltend, die Rechtssache weise besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Der Fall bereite überdurchschnittliche Schwierigkeiten bei der Frage nach dem Beginn der Jahresfrist nach Art. 49 Abs. 2a Abs. 2, Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG. Aufgrund des regen Informationsaustausches zwischen dem Kläger und der Beklagten vor Erlass des Widerrufsbescheids ergebe sich ein schwer zu überschauender Sachverhalt. Dies zeige sich schon daran, dass das Verwaltungsgericht im Tatbestand über eine Seite hinweg nur den Kommunikationsablauf dargestellt habe. Auch der hohe Begründungsaufwand spreche für einen komplexen Sachverhalt (s. Entscheidungsgründe S. 11 - 14). Das Gericht habe übersehen, dass bereits am 6. Februar 2018 für die Beklagte der Rückforderungsbetrag in Höhe von 32.898,43 Euro festgestanden habe. Dies sei in den Gründen des Bescheids vom 11. Februar 2019 dokumentiert. Es sei insoweit keine Veränderung der Schadenssumme eingetreten. Auch sei der Umstand ohne Würdigung geblieben, dass der Zuwendungsbescheid vom 17. Juli 2013 die Nebenbestimmung enthalten habe, wonach der vereinfachte Verwendungsnachweis (ohne Vorlage von Belegen) zugelassen sei. Dem Verwaltungsgericht gelinge es daher nicht darauf abzustellen, dass die Beklagte erst am 19. April 2018 durch die Verwendungsnachweisprüfung vollständige Kenntnis erlangt habe und vermerkt worden sei: „Eine stichprobenartige Prüfung von Rechnungen und Belegen erfolgte bis einschließlich 19. April 2018 ohne Beanstandungen“. Auch sei das Verwaltungsgericht auf bestimmte tatsächliche Aspekte gar nicht eingegangen. Die Frage nach dem Fristbeginn sei entscheidungserheblich.
39
2.1 Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts war die Jahresfrist zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids vom 11. Februar 2019 noch nicht verstrichen. Die Frist beginne erst zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes erkannt habe und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt seien. Maßgeblich sei die Kenntnis des zuständigen Amtswalters; die Aktenkundigkeit der Tatsachen genüge nicht. Vollständige Kenntnis von dem für den Widerruf erheblichen Sachverhalt erlange die Behörde, wenn sie ohne weitere Sachaufklärung objektiv in der Lage sei, unter sachgerechter Ausübung ihres Ermessens über den Widerruf zu entscheiden. Die Jahresfrist sei demnach keine Bearbeitungsfrist, sondern eine Entscheidungsfrist. Die vollständige Kenntnis von den auch für die Ausübung des Widerrufsermessens maßgeblichen Umständen erlange die Behörde regelmäßig nur infolge einer - mit einer angemessenen Frist zur Stellungnahme verbundenen - Anhörung des Betroffenen. Erst mit der Stellungnahme des Betroffenen erhalte die Behörde Kenntnis von den Umständen, die gegebenenfalls bei ihrer Ermessensausübung zu berücksichtigen seien, jedenfalls aber die Gewissheit, dass ihre bisherige Kenntnis vollständig sei. Dann laufe die Frist. Entsprechendes gelte, wenn der Betroffene die gesetzte Frist verstreichen lasse, ohne Stellung zu nehmen. Veranlasse die Stellungnahme des Betroffenen die Behörde zu weiterer Sachaufklärung, so laufe die Frist erst mit deren Abschluss und gegebenenfalls einer erneuten Anhörung. Danach sei die Frist bei Erlass des Widerrufsbescheids noch nicht verstrichen gewesen. Weder am 6. Februar noch am 9. Februar bzw. 10. Februar 2018 sei die Sache für die Behörde entscheidungsreif gewesen. Eine abschließende Prüfung der Differenz zwischen den veranschlagten Aufwendungen und den tatsächlichen durch Verwendungsnachweis und Rechnungskopien nachgewiesenen Kosten sei bis dahin nicht erfolgt. Vielmehr habe die Beklagte den Kläger um die Einreichung weiterer Rechnungskopien gebeten, so dass der konkrete Rückforderungsbetrag noch nicht festgestanden habe. So habe die Beklagte mit E-Mail vom 14. Februar 2018 der Steuerberaterin des Klägers mitgeteilt, dass sie die übermittelten Unterlagen prüfen werde. Zudem habe der Kläger der Beklagten am 19. Februar 2018 telefonisch mitgeteilt, dass die übermittelte Liste vom 8. Februar 2018 unvollständig sei und eine aktualisierte Liste noch vorgelegt werde. Der Kläger habe gerade mit seinem Anruf zum Ausdruck gebracht, dass die am 6. und 8. Februar 2018 übergebenen Unterlagen und Aufstellungen nicht als abschließende Tatsachengrundlage zu werten seien. Vollständige Kenntnis der Tatsachengrundlagen habe die Beklagte erst durch die Verwendungsnachweisprüfung am 19. April 2018 erlangt (s. dazu BA Bl. 261 ff.), wo vermerkt sei: „Eine stichprobenartige Prüfung von Rechnungen und Belegen erfolgte bis einschließlich 19. April 2018 ohne Beanstandungen“. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Beklagte am 6. Februar oder am 9. bzw. 10. Februar 2018 positive Kenntnis von den Gründen für die Aufhebung des Zuwendungsbescheides erlangt habe und sich diese Kenntnis lediglich durch die nachgereichten Unterlagen in einzelnen Positionen konkretisiert hätte, hätte die Frist zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu laufen begonnen, da dies mit Blick auf die erforderliche Ermessensausübung zusätzlich die Kenntnisnahme von der Stellungnahme voraussetze, die auf eine Anhörung zum beabsichtigten Widerruf hin abgegeben werde. Die Beklagte habe den Kläger am 3. Mai 2018 zur beabsichtigten Rückforderung eines genau berechneten Teils der Zuwendung angehört und eine Frist zur Stellungnahme bis 31. Juli 2018 und nach mehrfacher Verlängerung letztmalig bis zum 22. Januar 2019 gesetzt. Im Rahmen von Gesprächen sei die Möglichkeit thematisiert worden, Aufbauhilfe anstatt Soforthilfe zu beantragen, weil sich dies auf die Höhe des Erstattungsbetrages ausgewirkt hätte. Dies lasse sich auch der E-Mail der Beklagten vom 31. Juli 2018 entnehmen, in der die Beklagte angekündigt habe, den Rückforderungsbescheid zu erlassen, falls der Kläger beim Ministerium wegen der Umwandlung seines Antrages auf Soforthilfe in Aufbauhilfe nichts erreicht haben sollte.
40
2.2 Ungeachtet der Frage, ob der Vortrag des Klägers der Sache nach als die Behauptung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung oder besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zu werten ist, greifen seine Einwände nicht durch.
41
2.2.1 Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, soweit sich diese mit der Jahresfrist nach Art. 49 Abs. 2a Abs. 2, Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG befasst.
42
2.2.1.1 Soweit der Kläger wohl meint, die Entscheidung sei unrichtig, weil das Gericht übersehen habe, dass am 6. Februar 2018 der Rückforderungsbetrag für die Beklagte ausweislich der Gründe des Widerrufsbescheids vom 11. Februar 2019 bereits festgestanden habe, trifft dies nicht zu.
43
Der Kläger bezieht sich insoweit offensichtlich auf die Passage auf S. 2 des angefochtenen Bescheids (Gründe I.), wonach die Beklagte am 6. Februar 2018 durch persönliche Vorsprache und Abgabe des Verwendungsnachweises erfahren habe, dass sich nach der Bewilligung die veranschlagten zuwendungsfähigen Ausgaben für die Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit von 204.600 Euro auf 138.803,14 Euro ermäßigt hätten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Beklagte entgegen der Darstellung des Verwaltungsgerichts zu diesem Zeitpunkt vollständige Kenntnis von der Tatsachengrundlage für den Widerruf sowie von bei der Ermessensausübung zu berücksichtigenden Umständen gehabt hätte. Der Kläger hat sich insoweit mit den ausführlichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend auseinandergesetzt, das maßgeblich darauf abgestellt hat, dass die Beklagte dem Kläger am 14. Februar 2018 mitteilte, sie werde die übermittelten Unterlagen prüfen, und der Kläger der Beklagten am 19. Februar 2018 mitteilte, dass die übermittelte Liste vom 8. Februar 2018 unvollständig sei und eine aktualisierte Liste noch vorgelegt werde. Insbesondere die letztgenannte Aussage des Klägers spricht eindeutig dagegen, dass die Beklagte bereits am 6., 8. oder 9. Februar 2018 vollständige Kenntnis von den Gründen hatte, die zum Erlass des Widerrufsbescheids führten, denn durch Ergänzung der Liste hätte der Kläger ja noch einen vollständigen Verwendungsnachweis vorlegen können mit der Folge, dass die Grundlage für den Widerruf entfallen wäre. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass angesichts der im Ermessen der Behörde stehenden Widerrufsentscheidung die Jahresfrist erst dann zu laufen beginnen kann, wenn der Behörde auf eine Anhörung zum beabsichtigten Widerruf hin eine Stellungnahme des Betroffenen vorliegt oder eine angemessene Frist zur Stellungnahme fruchtlos verstrichen ist (vgl. BVerwG, U.v. 13.1.2019 - 10 C 5.17 - juris Rn. 35). Die Frist zur Stellungnahme wurde erstmals auf den 31. Juli 2018 festgesetzt und dem Kläger letztmalig bis zum 22. Januar 2019 verlängert. Insoweit liegt es fern, dass die Jahresfrist bei Erlass des Widerrufsbescheids vom 11. Februar 2019 bereits abgelaufen gewesen sein sollte.
44
2.2.1.2 Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Zuwendungsbescheid vom 17. Juli 2013 eine Nebenbestimmung enthielt, wonach der vereinfachte Verwendungsnachweis ohne Vorlage von Belegen zugelassen sei, und daher eine Prüfung von Rechnungen und Belegen nicht notwendig gewesen sei. Denn dies ändert nichts daran, dass der Kläger selbst am 19. Februar 2018 mitgeteilt hatte, dass die bisher übermittelte Liste der Ausgaben unvollständig sei und eine aktualisierte Liste noch vorgelegt werde; dabei ging es jedenfalls auch um die Auflistung von Ausgaben, nicht nur die Vorlage von Belegen. Zudem wurde der Kläger - jedenfalls auch zur Ermittlung der für die Ermessensausübung maßgeblichen tatsächlichen Umstände - erst mit Schreiben der Beklagten vom 3. Mai 2018 zum Erlass des beabsichtigten Widerrufs angehört und ihm mehrmals Fristverlängerung gewährt, um sich dazu zu äußern.
45
2.2.2 Der Vortrag des Klägers veranlasst auch keine Berufungszulassung wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache. Eine solche setzt voraus, dass der Rechtsstreit eine in einem Berufungsverfahren klärungsbedürftige und klärungsfähige - nämlich entscheidungserhebliche - Rechtsfrage aufwirft. Klärungsbedürftig ist die Rechtsfrage nur dann, wenn ihre Beantwortung sich nicht ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt und sie sich auch nicht auf Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation beantworten lässt (vgl. BVerwG, B.v. 24.8.1999 - 4 B 72.99 - juris Rn. 7; Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 28; Kraft in Eyermann, VwGO, § 132 Rn. 20).
46
Unter Ziffer 2.2.1 wurde schon dargelegt, dass die Frage nach dem Beginn der Jahresfrist nach Art. 49 Abs. 2a Satz 2, Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG im vorliegenden Fall ohne Weiteres anhand der Rechtsprechung gelöst werden kann.
47
Ebenso wenig weist die Rechtssache besondere tatsächliche Schwierigkeiten auf. Es handelt sich weder um einen besonders unübersichtlichen noch einen schwierig zu ermittelnden Sachverhalt. Der Sachverhalt lässt sich vielmehr ohne weiteres den Akten entnehmen und wurde auf diese Weise durch das Verwaltungsgericht geklärt. Dass zwischen dem Kläger und der Beklagten mehrere Schreiben ausgetauscht und Gespräche geführt wurden, begründet keinen besonders komplexen Sachverhalt, ebenso wenig die - nicht näher substantiierte - Behauptung des Klägers, das Verwaltungsgericht sei auf bestimmte tatsächliche Aspekte gar nicht eingegangen.
48
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG (wie Vorinstanz).
49
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 2 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).