Titel:
Erfolgloser Berufungszulassungsantrag gegen generelle Untersagung der Hundehaltung
Normenketten:
VwGO § 98, § 124 Abs. 2 Nr. 1
BayLStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3, § 18 Abs. 3
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die Hundehaltung kann den Haltern gestützt auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 BayLStVG verboten werden, wenn sie ihre beiden Hunde seit Jahren immer wieder frei umherlaufen lassen und es dabei wiederholt zu gefährlichen Begegnungen bzw. Vorfällen mit Radfahren, Kindern, Spaziergängern und anderen Hundehaltern gekommen ist, die Halter sich aber weiterhin beharrlich weigern, dieser Gefahr durch die Beachtung der bestandskräftig angeordneten Maßnahmen zum Leinen- und Maulkorbzwang entgegenzuwirken. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Untersagung der Hundehaltung kann dann auch auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 BayLStVG gestützt werden, weil die Halter durch zahlreiche Zuwiderhandlungen gegen die vollziehbaren Anordnungen zum Leinen- und Maulkorbzwang den Ordnungswidrigkeitentatbestand gemäß Art. 18 Abs. 3 BayLStVG vielfach verwirklicht haben und auch künftig die konkrete Gefahr der erneuten Begehung solcher Ordnungswidrigkeiten droht. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
(generelle) Untersagung der Hundehaltung, Gefahrenprognose, wiederholte Nichtbeachtung bestandskräftig angeordneter Maßnahmen zur Haltung der Hunde (Leinen- und Maulkorbzwang), wiederholt erfolglos angedrohte und sodann fällig gestellte Zwangsgelder, Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens (Wesenstest), Anspruch auf rechtliches Gehör, Verhältnismäßigkeit, Rüge willkürlichen Handelns, Hundehaltung, Untersagung, Leinenzwang, Maulkorbzwang, Wesenstest, rechtliches Gehör, Sachverständigengutachten
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Urteil vom 25.01.2022 – B 1 K 21.807
Fundstelle:
BeckRS 2022, 22195
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
1
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Kläger ihre in erster Instanz erfolglose Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 5. Juli 2021 weiter, mit dem ihnen insbesondere die Haltung ihrer beiden Hunde untersagt worden ist.
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Die Kläger sind verheiratet und halten auf ihrem Wohngrundstück im Gemeindegebiet des Beklagten zwei Hunde, eine ca. vier Jahre alte „Deutsche Dogge“ mit dem Namen „Mira“ und einen ca. fünf Jahre alten „Husky“ mit dem Namen „Blue“. Mit bestandskräftig gewordenen Bescheiden vom 21. Juni 2018 und 18. Februar 2020 ordnete der Beklagte gegenüber den Klägern jeweils sofort vollziehbar unter anderem die Leinenpflicht (innerhalb der geschlossenen Ortsteile des Gemeindegebiets) und den Maulkorbzwang (im gesamten Gemeindegebiet) für den Husky „Blue“ und die Dogge „Mira“ an und drohte für den Fall der Nichtbeachtung dieser Verpflichtungen entsprechende Zwangsgelder an. Anlass waren - neben wiederholten Beschwerden über die frei herumlaufenden Hunde der Kläger - zum einen ein Vorfall im Mai 2018, bei dem der Husky „Blue“ nach Angaben mehrerer Zeugen ein Reh verfolgt und gebissen hatte, zum anderen insbesondere zwei Vorfälle, bei denen sich die Dogge „Mira“ losgerissen und einen anderen Hund gebissen (25.12.2019) sowie einen Nachbarn auf dem Fahrrad attackiert (9.1.2020) hatte.
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In der Folge stellte der Beklagte die in diesen Bescheiden (für die jeweiligen Hunde) angedrohten Zwangsgelder insbesondere wegen wiederholt festgestellter Verstöße gegen den Maulkorbzwang mehrfach (d.h. bezüglich „Blue“: mit Schreiben vom 4.2.2019, 14.10.2020 und 4.5.2021; bezüglich Mira: mit Schreiben vom 14.10.2020) fällig und drohte für weitere Verstöße gegen die Anlein- und Maulkorbpflicht jeweils erneute und insbesondere bezüglich der Maulkorbpflicht auch höhere Zwangsgelder an. Diesbezügliche Klagen der Kläger wurden rechtskräftig abgewiesen.
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Mit Bescheid vom 5. Juli 2021 untersagte der Beklagte den Klägern die Haltung ihrer Hunde „Mira“ und „Blue“ (Nr. 1.) sowie die künftige Haltung von Hunden jeder Art (Nr. 2.) ab zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids (bzw. näher bezeichneter Ersatzfristen), verpflichtete die Kläger zur Abgabe der Hunde an ein Tierheim oder einen anderen, zuverlässigen Halter (außerhalb ihres Wohnanwesens) innerhalb derselben Frist (Nr. 3.) sowie zur Vorlage eines Nachweises über die erfolgte Abgabe (Nr. 4.), ordnete den Sofortvollzug bezüglich der Anordnungen Nr. 1. bis 3. an (Nr. 5.) und drohte für den Fall der nicht vollständigen oder fristgerechten Erfüllung dieser Verpflichtungen die Verbringung der Hunde in ein Tierheim im Wege der Ersatzvornahme an (Nr. 6. und 7.). Weiter wurde verfügt, dass die Haltung anderer Hunde vom Beklagten auf schriftlichen Antrag ausnahmsweise erlaubt werden könne, wenn aufgrund rassespezifischer Eigenschaften der Tiere oder deren Größe eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nicht zu befürchten sei (Nr. 8.). Rechtsgrundlage für die getroffenen Anordnungen, insbesondere die Hundehaltungsuntersagung, seien Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG. Die (in Teil I. der Gründe des Bescheids bezüglich der beiden Hunde jeweils im einzelnen aufgeführten) Vorfälle und Geschehnisse, insbesondere die zwei Fälle von Wilderei sowie die Sachbeschädigungen in Form von Bissverletzungen anderer Hunde, zeigten, dass es auch künftig durch die Hunde der Kläger zu weiteren Gefährdungen des Eigentums Dritter sowie zu Gefahren für Gesundheit und Leben von Menschen kommen könne. Die Kläger hätten gegen die in den jeweiligen Bescheiden angeordnete Leinen- und Maulkorbpflicht wiederholt verstoßen und dadurch mehrere Ordnungswidrigkeitentatbestände erfüllt. Aufgrund ihrer hartnäckigen Weigerung, die behördlichen Anordnungen zu befolgen, sei davon auszugehen, dass sie auch künftig weitere diesbezügliche Ordnungswidrigkeiten begehen würden. Die verfügten Anordnungen, insbesondere auch die Haltungsuntersagung, seien ermessensgerecht und verhältnismäßig. Selbst die mehrfache Fälligstellung angedrohter Zwangsgelder und Androhung erneuter höherer Zwangsgelder habe die Kläger nicht zur Beachtung des jeweils angeordneten Leinen- und Maulkorbzwangs bewegen können. Eine Beachtung dieser sicherheitsbehördlichen Anordnungen durch sie sei auch künftig nicht zu erwarten; sie zeigten vielmehr keinerlei Unrechtsbewusstsein und Bereitschaft zur Mitwirkung bei der Gefahrenabwehr. Sie hätten sich durch ihr hartnäckiges Verhalten als für die Haltung von Hunden generell ungeeignet erwiesen.
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Die dagegen erhobene Anfechtungsklage der Kläger hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 25. Januar 2022 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid und insbesondere das verfügte Hundehaltungsverbot erwiesen sich als rechtmäßig. Das Gericht sei aufgrund des gesamten Verfahrens zur Überzeugung gelangt, dass die Kläger trotz mehrfacher Fälligstellungen von Zwangsgeldern nach wie vor nicht gewillt seien, den für ihre beiden Hunde jeweils bestandskräftig angeordneten Leinen- und Maulkorbzwang zu beachten. Die Gefahrenprognose der Behörde, wonach von den Hunden eine konkrete Gefahr ausgehe und die Kläger sich weigerten, dieser Gefahr durch die Beachtung der behördlichen Anordnungen entgegenzuwirken, sei nicht zu beanstanden. Der erneut vorgebrachte Einwand, die Hunde hätten stets eine Maulschlaufe getragen, die den Zweck eines Maulkorbs ebenso erfüllen würde, gehe fehl. Es sei bereits wiederholt gerichtlich festgestellt worden, dass eine Maulschlaufe nicht ausreiche, um der behördlich verfügten Maulkorbpflicht zu entsprechen. Aufgrund der durchgeführten Zeugeneinvernahme sei erwiesen, dass die beiden Hunde am 18. Februar 2021 erneut auf öffentlichem Grund im Gemeindegebiet des Beklagten ohne Maulkorb ausgeführt worden seien. Die von den Klägern angeführte teilweise Umzäunung ihres Grundstücks und eine „Anbindehaltung“ seien nicht geeignet, um die Gefahren abzuwehren, die sich ergäben, wenn die Hunde ohne Leine und/oder Maulkorb ausgeführt bzw. frei laufen gelassen würden und dann von den Klägern nicht mehr entsprechend kontrolliert werden könnten. Den Verlust durch die Wegnahme der Hunde und ein gegebenenfalls negatives Bild in der Öffentlichkeit müssten die Kläger hinnehmen.
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Ihren Antrag auf Zulassung der Berufung begründen die Kläger im Wesentlichen wie folgt: Die Voraussetzungen für das angeordnete Haltungsverbot lägen nicht vor. Vielmehr hätte das Verwaltungsgericht die Gefahrenprognose des Beklagten hinterfragen müssen. Dies folge schon daraus, dass sich mit Zwangsgeldern geahndete Verstöße bezüglich der Hündin „Mira“ nicht hätten nachweisen lassen und die diesbezüglichen Zwangsgelder bzw. Zwangsgeldandrohungen im Rahmen eines Vergleichs in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht aufgehoben worden seien. Die vom Verwaltungsgericht festgestellten Verstöße gegen die bestandskräftigen Bescheide vom 21. Juni 2018 und 18. Februar 2020 seien „nicht eindeutig“ gegeben, wegen dieser „Unklarheiten“ könne nicht auf die Gefährlichkeit der Hunde geschlossen werden. Demgemäß hätte das Verwaltungsgericht einen diesbezüglichen Beweisantrag nicht ablehnen dürfen. Das gleiche gelte für ein beantragtes Gutachten, dass die Wegnahme der Hunde die Kläger unverhältnismäßig hart treffen würde. Die Kläger würden sich nicht hartnäckig weigern, den bestehenden sicherheitsbehördlichen Anordnungen nachzukommen. Ihre Hunde würden stets Maulschlaufen tragen. Anderslautende Zeugenangaben seien nicht glaubhaft. Durch die inzwischen erfolgte teilweise Umzäunung des Grundstücks und die „Anbindehaltung“ würden jegliche Gefahren effektiv unterbunden. Auch der Besuch der Hundeschule sei eine effektive Maßnahme zur Gefahrenabwehr. Das Haltungsverbot sei daher unverhältnismäßig. Die Kläger würden durch die Maßnahme an den Pranger gestellt und diskriminiert. Zudem bestehe eine Ungleichbehandlung gegenüber zwei anderen Fällen im Landkreis Hof, bei denen Hunde Menschen verletzt hätten. Die übrigen Verfügungen des Bescheids seien demgemäß ebenso rechtswidrig.
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Der Beklagte tritt dem Zulassungsantrag entgegen und verteidigt das angegriffene Urteil.
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Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und Gerichtsakten verwiesen.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich nicht die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden dann, wenn die Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätten (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - juris Rn. 16; B.v. 8.5.2019 - 2 BvR 657/19 - juris Rn. 33). Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die Einwendungen der Kläger bezüglich der Rechtmäßigkeit insbesondere des angeordneten Haltungsverbots nicht durchgreifen.
11
Die im Zulassungsverfahren gegen die behördliche und gerichtliche Gefahrenprognose im Rahmen der für das (generelle) Haltungsverbot herangezogenen Rechtsgrundlage des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG erneut vorgebrachten Einwände hat der Senat bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren der Kläger (vgl. BayVGH, B.v. 20.8.2021 - 10 CS 21.2097 - juris Rn. 12) als nicht stichhaltig gewürdigt. Die konkrete Gefahr für die in Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG genannten qualifizierten Rechtsgüter, insbesondere Leben und Gesundheit von Menschen, ergibt sich daraus, dass die beiden Hunde beginnend ab dem Jahr 2018 immer wieder frei umhergelaufen sind und es dabei wiederholt zu gefährlichen Begegnungen bzw. Vorfällen mit Radfahren, Kindern, Spaziergängern und anderen Hundehaltern gekommen ist, die Kläger sich aber weiterhin beharrlich weigern, dieser Gefahr durch die Beachtung der vom Beklagten bestandskräftig angeordneten Maßnahmen zur Haltung der Hunde (Leinen- und Maulkorbzwang) entgegenzuwirken.
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Daneben liegen - wie der Senat im Eilrechtsschutzverfahren der Kläger ebenfalls festgestellt hat (BayVGH, B.v. 20.8.2021 - 10 CS 21.2097 - juris Rn. 15 ff.) - aber auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Untersagung der Hundehaltung gemäß Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG in Verbindung mit Art. 18 Abs. 3 LStVG vor, weil die Kläger durch zahlreiche Zuwiderhandlungen gegen die vollziehbaren Anordnungen des Beklagten zur Haltung der Hunde „Mira“ und „Blue“ (jeweils Leinen- und Maulkorbzwang) den Ordnungswidrigkeitentatbestand gemäß Art. 18 Abs. 3 LStVG vielfach verwirklicht haben und auch künftig die konkrete Gefahr der erneuten Begehung solcher Ordnungswidrigkeiten droht. Die Behauptung der Kläger in der Zulassungsbegründung, Verstöße gegen die bestandskräftig gewordenen Bescheide des Beklagten vom 21. Juni 2018 und 18. Februar 2020 seien „nicht eindeutig gegeben“ und wegen verbleibender „Unklarheiten“ könne nicht von der Gefährlichkeit der Hunde ausgegangen werden, ist angesichts der wiederholt erfolglos angedrohten und sodann fällig gestellten Zwangsgelder (diesbezüglich vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 8.8.2022 - 10 ZB 22.781 - noch nicht veröffentlicht) auch nach Auffassung des Senats nicht nur unsubstantiiert, sondern letztlich ebenso aus der Luft gegriffen wie die Behauptung, die Kläger würden sich nicht „hartnäckig weigern, den bestehenden sicherheitsbehördlichen Anordnungen nachzukommen“. Nichts anderes ergibt sich im Übrigen mit Blick auf den in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 25. Januar 2022 im Wege eines gerichtlichen Vergleichs zur Beendigung entsprechender Verwaltungsstreitverfahren erfolgten Verzicht auf die Fälligstellung von Zwangsgeldern bezüglich der Dogge „Mira“ und die Aufhebung der entsprechenden Bescheide über weitere (angedrohte) Zwangsgelder. Denn auch wenn in den betreffenden Fällen die Verstöße gegen die behördlichen Anordnungen (Leinen- und Maulkorbzwang) offensichtlich nicht konkret nachweisbar waren, wird dadurch die angeführte Gefahrenprognose nicht durchgreifend erschüttert. Die Kläger zeigen, wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, bis heute offensichtlich keine Einsicht in die Notwendigkeit der Beachtung des für ihre Hunde „Blue“ und „Mira“ jeweils bestandskräftig verfügten Leinen- und Maulkorbzwangs, berufen sich vielmehr auf das angeblich konsequente Anlegen einer Maulschlaufe (zu diesem Einwand vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 8.8.2022 - 10 ZB 22.781 - Rn. 6) und fühlen sich durch die behördlichen Maßnahmen zu Unrecht „an den Pranger gestellt“ bzw. durch den Beklagten „einseitig“ behandelt.
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Den ebenfalls wiederholten Einwand einer Teilumzäunung ihres Grundstücks und einer „Anbindehaltung“, wodurch nach Ansicht der Kläger „jegliche Gefahren durch freilaufende Hunde effektiv unterbunden“ werden, hat das Verwaltungsgericht zu Recht mit dem Argument zurückgewiesen, die von der Hundehaltung der Kläger ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit ergebe sich nicht etwa deshalb, weil die Hunde unbemerkt vom Grundstück entweichen würden, sondern aufgrund fehlender Kontrolle der Hunde beim Ausführen bzw. Spazierengehen und der hartnäckigen Nichtbeachtung der Leinen- und Maulkorbpflicht (vgl. dazu ebenfalls bereits BayVGH, B.v. 20.8.2021 - 10 CS 21.2097 - juris Rn. 14).
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Die von den Klägern in der Sache gerügte Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Ablehnung ihres in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens (Wesenstest beider Hunde) liegt nicht vor. Die Ablehnung eines erheblichen Beweisangebots verstößt nur dann gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 138 Nr. 3 VwGO) als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG), wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens (§ 98 i.V.m. §§ 402 ff. ZPO) steht im Ermessen des Tatsachengerichts und kann daher im Allgemeinen nach tatrichterlichem Ermessen verfahrensfehlerfrei abgelehnt werden. Vorliegend hat das Verwaltungsgericht den Beweisantrag, mit dem (ausdrücklich) die Gutmütigkeit der Hunde und demzufolge die Rechtswidrigkeit der behördlichen Anordnung eines Leinen- und Maulkorbzwangs festgestellt werden sollte, verfahrensfehlerfrei unter Hinweis auf die bereits rechtskräftig festgestellte Rechtmäßigkeit und damit auch Notwendigkeit dieser Anordnungen bezüglich beider Hunde abgelehnt. Zudem hat es zu Recht auch darauf verwiesen, dass der Beweisantrag in der gestellten Form für die Untersagung der Hundehaltung wegen drohender weiterer Zuwiderhandlungen gegen die vollziehbaren Anordnungen des Beklagten zur Haltung der Hunde „Mira“ und „Blue“ (gemäß Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG i.V.m. Art. 18 Abs. 3 LStVG) nicht entscheidungserheblich ist. Schließlich stellen nach ständiger Rechtsprechung des Senats selbst Sachverständigengutachten und Wesenstests nur eine Momentaufnahme dar und besagen lediglich, dass ein Hund in der geprüften Situation zu diesem Zeitpunkt kein gesteigertes aggressives Verhalten gezeigt hat (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 3.6.2022 - 10 CS 22.982, 10 C 22.983 - juris Rn. 17 m.w.N.).
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Die mit der Begründung des Zulassungsantrags ebenfalls wiederholte Rüge, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von der Verhältnismäßigkeit (s. Art. 8 LStVG) der Haltungsuntersagung ausgegangen, weil mildere Mittel wie beispielsweise der Besuch einer Hundeschule als effektive Gefahrenabwehrmaßnahmen zur Verfügung stünden, hat der Senat schon im einstweiligen Rechtsschutzverfahren der Kläger als nicht durchgreifend erachtet (BayVGH, B.v. 20.8.2021 - 10 CS 21.2097 - juris Rn. 18 ff.). Neue diesbezügliche Gesichtspunkte zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf. Auch den Vorwurf willkürlichen Handelns bzw. einer Verletzung des Gleichheitssatzes Art. 3 Abs. 1 GG unter Bezugnahme auf andere Fälle im Zuständigkeitsbereich des Landratsamts H. hat der Senat bereits in der zitierten Entscheidung als verfehlt zurückgewiesen (BayVGH, B.v. 20.8.2021 - 10 CS 21.2097 - juris Rn. 23).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).