Titel:
Kein Anordnungsanspruch wegen fehlender Erfolgsaussichten in der Hauptsache, Beseitigung/Verlegung einer Grundstückszufahrt wegen Brückenneubaus, Reichweite des Bestandsschutzes einer Baugenehmigung
Normenketten:
VwGO § 123
GG Art. 14 Abs. 1
BayStrWG Art. 17
Schlagworte:
Kein Anordnungsanspruch wegen fehlender Erfolgsaussichten in der Hauptsache, Beseitigung/Verlegung einer Grundstückszufahrt wegen Brückenneubaus, Reichweite des Bestandsschutzes einer Baugenehmigung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 29.09.2022 – 8 CE 22.1865
Fundstelle:
BeckRS 2022, 22009
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragsteller wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen Brücken- und Straßenbaumaßnahmen.
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Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …, Gemarkung … Sie führen dort einen landwirtschaftlichen Betrieb. Westlich des Grundstücks verläuft parallel zu diesem die Staats straße … Im Nordteil des Grundstücks liegt derzeit eine Zufahrt von der Staats straße zu dem Grundstück, die ungefähr parallel zur … verläuft. Die in unmittelbarer Nähe vorhandene Brücke über die … (sog. …brücke) soll erneuert und dabei die bisher separat verlaufende Fuß- und Radwegbrücke in die Brücke für den Kraftfahrzeugverkehr integriert werden. Dabei muss die neue Brücke höher als die alte konstruiert werden, sodass die neue Straßengradiente um ca. 0,75 m höher liegen wird als der Bestand. Hierzu sind beidseitig der Brücke größer ausgebildete Dammkörper im Rampenbereich und deshalb die Anlegung von Böschungsbereichen erforderlich. Zudem sollen auf der Brücke und zu jeder Seite der Brücke für jeweils 80 m Schutzplanken an der Fahrbahn angebracht werden. Aufgrund dieser Änderungen kann die bisherige westliche Zufahrt auf das Grundstück der Antragsteller nicht mehr aufrechterhalten werden. Ein Planfeststellungsverfahren will der Antragsgegner für die Bauarbeiten nicht durchführen. Das Grundstück der Antragsteller ist neben der westlichen Zufahrt auch im Südosten über eine Zufahrt zur Kreisstraße … 5 mit Kraftfahrzeugen anfahrbar.
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Im Laufe der Planungsphase fanden mehrere Ortstermine der Beteiligten statt, in deren Rahmen der Brückenneubau und die Auswirkungen auf das Grundstück der Antragsteller diskutiert wurden. Dem Ortstermin am 17. Januar 2018 folgend wurde zunächst eine alternative Zuwegung an der Staats straße … weiter südlich auf dem Grundstück nördlich einer bestehenden Baumgruppe angedacht (vgl. Lageplan Bl. 55 der Gerichtsakte). Hier ergab sich nach durch den Antragsgegner veranlasster Prüfung durch das mit der Sache befasste Ingenieurbüro, dass es zu Konflikten mit einer zum damaligen Zeitpunkt geplanten Biogasanlage kommen könne, da ein unterirdischer Behälter überfahren würde. Ein weiterer Ortstermin unter Erörterung verschiedener Lösungen folgte am 5. November 2020. Zudem passte der Antragsgegner die Planung hinsichtlich der Bauweise der Brücke an.
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Nachdem sich herausstellte, dass die geplante Biogasanlage seitens der Antragsteller doch nicht errichtet werden sollte, wurde seitens des Antragsgegners im April 2021 erneut die Möglichkeit gesehen, den Antragstellern eine Ersatzzufahrt von der Staats straße aus zuzubilligen, wobei der Antragsgegner mit Hinweis auf die aus seiner Sicht nicht bestehende rechtliche Verpflichtung die Herstellung der Ersatzzufahrt nur mit „Minimalaufwand“ in Aussicht stellte (Bl. 85 der Gerichtsakte). Mit E-Mail vom 21. Mai 2021 (Bl. 93 der Gerichtsakte) signalisierte der Antragsgegner, durch geringfügige Verkürzung der Schutzplanken vor der vorhandenen Baumgruppe und die Ausbildung einer asphaltierten Grundstückszufahrt den wirtschaftlichen Interessen der Antragsteller entgegenkommen zu wollen. Auf die Frage des Antragstellerbevollmächtigten nach einer anderen Variante der Trassenführung hin wurde mitgeteilt, dass diese nur deshalb zwischenzeitlich entwickelt worden sei, da sich Schwierigkeiten bei den Grunderwerbsverhandlungen gezeigt hätten. Da diese jedoch erfolgreich gewesen seien, sei die Alternativplanung, die nur als Skizzenlösung vorgelegen habe, zugunsten der von vornherein u.a. wegen deutlich geringeren Grundstücksbetroffenheiten favorisierten Variante verworfen worden.
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Auch in der Folge konnten sich die Beteiligten nicht auf eine der verschiedenen, zwischenzeitlich diskutierten alternativen Zufahrtsvarianten an der Ostseite des Grundstücks - auch südlich der Baumgruppe (vgl. Lageplan Bl. 140 der Gerichtsakte) - einigen.
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Mit Schreiben vom 1. Februar 2022 (Bl. 156 der Gerichtsakte) teilte der Antragsgegner den Antragstellern mit, dass zum 1. August 2022 mit dem Abbruch der bestehenden Geh- und Radwegbrücke und der Herstellung der Behelfsumfahrung inklusive Behelfsbrücke begonnen werden solle. Gegenüber dem Gericht bestätigte der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 8. Juli 2022, dass die verfahrensgegenständliche Zufahrt als Folge der Baustelleneinrichtung in diesem zeitlichen Zusammenhang nicht mehr nutzbar sein werde.
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Mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2021 beantragten die Antragsteller durch ihren Bevollmächtigten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes:
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Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Bauarbeiten an der Staats straße …, Erneuerung der …brücke, insoweit vorläufig einzustellen, als das Grundstück der Antragsteller, Fl.Nr. …, Gemarkung …, in Anspruch genommen wird,
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hilfsweise, die Bauarbeiten an der Staats straße …, Erneuerung der …brücke, insoweit vorläufig einzustellen, als die im nördlichen Teil des Grundstücks Fl.Nr. …, Gemarkung … vorhandene Zufahrt zur Staats straße … laut beigefügtem Lageplan vom 20.8.1992 als Bestandteil der Baugenehmigung vom 1.12.1992, Az. …, betroffen ist, und diesen Bereich vorläufig von der Baumaßnahme auszunehmen und in seinem jetzigen Zustand zu belassen.
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Zur Begründung und in den weiteren Schriftsätzen führen die Antragsteller insbesondere aus, dass im Bereich der geplanten Böschung das Grundstück der Antragsteller in Anspruch genommen werden solle. Durch die Baumaßnahme verlören sie zudem die Zugangsmöglichkeit zu ihrem Grundstück. Für den Fall des Wegfalls der aktuellen westlichen Zufahrt hätten die Lieferanten der Antragsteller angekündigt, den Hof nicht mehr anzufahren. Unter Ziff. 2 a) und b) der Nebenbestimmung der Straßenbauverwaltung vom 20. November 1992 zur Baugenehmigung vom 1. Dezember 1992 zur Errichtung eines Austragshauses auf dem Grundstück der Antragsteller sei geregelt, dass eine neue direkte Zufahrt und ein neuer direkter Zugang nicht angelegt werden und die bestehende Zufahrt in ihrer derzeitigen Lage nicht geändert werden dürfe. Gemeint sei die Zufahrt zur Staats straße … Auch in der Baugenehmigung für die Errichtung einer Biogasanlage vom 11. Februar 2015 sei als Auflage bestimmt, dass die bestehenden Zufahrtsverhältnisse nicht verändert werden dürften. Die Antragsteller könnten sich zudem auf das Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs berufen. Zum Bestand eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs gehöre auch die besondere Lage an der Straße, die dem Betrieb den Zugang zur Straße sowie die Zugänglichkeit von der Straße her gewähre. Im Übrigen unterlägen auch örtliche Straßenplanungen, die keines förmlichen Planungsverfahrens bedürften, dem Abwägungsgebot. Es sei nicht ersichtlich, dass eine Abwägung stattgefunden habe. Insbesondere sei nicht erkennbar, warum der Antragsgegner die gegenständliche Trassenführung und nicht eine andere, wohl ebenfalls angedachte Trassierung gewählt hätte. Vom potentiellen Erfordernis des Anbringens von Schutzplanken seien nach dem einschlägigen Regelwerk Ausnahmen zulässig. Jedenfalls stünden der Maßnahme Belange der Antragsteller entgegen. Dies seien neben dem beschriebenen Wegfall der westlichen Zufahrtsmöglichkeit vor allem eine durch die Höherlegung der Straße und der Brücke erhöhte Lärmbelastung des Grundstücks der Antragsteller. Hierzu legen die Antragsteller ein Gutachten (Bl. 171 ff. der Gerichtsakte) nebst Aktualisierung/Ergänzung (Bl. 210 ff. der Gerichtsakte) vor.
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Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2021 beantragte der Antragsgegner,
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den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung und in seinen weiteren Schriftsätzen führt er insbesondere aus, dass kein Anordnungsanspruch bestehe. Nach Art. 74 Abs. 7 BayVwVfG bedürfe es keiner Planfeststellung. Insbesondere würden die Rechte Dritter, insbesondere der Antragsteller, nicht berührt. Zwar werde eine Zuwegung zum Grundstück beseitigt. Der Anliegergebrauch gewähre aber keine Bestandsgarantie hinsichtlich der Ausgestaltung und des Umfangs der Zufahrt und keinen Anspruch auf Mehrfacherschließung. Es bestehe eine anderweitige ausreichende Verbindung zum öffentlichen Wegenetz. Hierbei werde auf das ganze Grundstück abgestellt. Dieses sei über die Kreisstraße … 5 erschlossen. Das Grundstück selbst werde durch die Baumaßnahme laut einschlägigem Lageplan (Bl. 42 der Gerichtsakte) nicht in Anspruch genommen. Die neue Brücke müsse aus wasserwirtschaftlichen Gründen angehoben werden, wodurch beidseitig der Brücke größer ausgebildete Dammkörper im Rampenbereich erforderlich würden. Die Schutzplanken, die über die Brücke zu führen seien, müssten beidseitig jeweils mindestens 80 m fortgeführt werden. In diesem Bereich sei keine Zufahrt zulässig (Richtlinie für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme - RPS, Ausgabe 2009, Abschnitt 3.5.1.3 i.V.m. 3.3.1.4, Länge L2=80m parallel zur Straße als Hinterfahrschutz bei einbahniger Straße). Eine Unterbrechung der Schutzplanke, die zum Erhalt der Zufahrt oder Erstellung einer von den Antragstellern nördlich der Baumgruppe vorgeschlagenen Alternativzufahrt erforderlich wäre, sei wegen drohender Sach- und Personenschäden und daraus potentiell resultierender zivil- und strafrechtlicher Haftung nicht möglich. Die Belange der Antragsteller seien insoweit berücksichtigt worden, dass ihnen eine Ersatzzufahrt zur Staatsstraße … zugestanden worden sei. Es sei sogar die Errichtung einer Anschlusstrompete zum sicheren Ein- und Ausfahren in und aus dem Grundstück angeboten worden. Der letztendliche Anschluss an das grundstücksinterne Wegenetz sei Sache der Antragsteller. Insbesondere vor dem Hintergrund des angebotenen Ersatzes habe die Sicherheit des Verkehrs Vorrang vor den Interessen der Antragsteller. Eine Erhöhung der Lärmbelastung des Grundstücks der Antragsteller sei jedenfalls nicht in einem abwägungsrelevanten und damit rechtlich erheblichen Maße zu erwarten. Die Berechnungen der Antragstellerseite träfen in der Sache nicht zu. Der Antragsgegner legt dazu seinerseits ein Gutachten (Bl. 197 ff. der Gerichtsakte) vor.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen. Behördenakten liegen beim Vertreter des Antragsgegners nur in Form einer elektronischen Generalakte zum Bauprojekt vor, die überwiegend technische Unterlagen enthält. Die relevanten Unterlagen wurden vom Antragsgegner daher mit der Antragserwiderung vorgelegt.
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Der Antrag hat sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag keinen Erfolg, da er zwar zulässig, aber nicht begründet ist.
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A. Der Antrag ist hinsichtlich des Hauptantrags zulässig. Insbesondere ist die Planung des Antragsgegners über die Brücken- und Straßengestaltung so weit bestimmt, dass eine Rechtmäßigkeitsprüfung zum jetzigen Zeitpunkt möglich ist (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2017 - 6 A 7.17 - juris Rn. 12). Außerdem liegt insbesondere das für den im Hinblick auf die bevorstehende Beseitigung der Zufahrtsmöglichkeit statthaften vorbeugenden Rechtsschutz nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erforderliche qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis vor. Dieses ist grundsätzlich zu bejahen, wenn der Antragsteller nicht in zumutbarer Weise auf den im Regelfall nachträglich zu gewährenden Rechtsschutz (Hauptsache und ggf. Eilverfahren) verwiesen werden kann. Hier können die Antragsteller nicht darauf verwiesen werden, dass sie einen zu erlassenden Verwaltungsakt grundsätzlich abzuwarten und dann gegebenenfalls Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO zu suchen hätten, da vorliegend die Bauarbeiten gerade ohne Erlass eines Verwaltungsaktes erfolgen sollen. Sollte außerdem das Grundstück der Antragsteller von umfangreichen Baumaßnahmen, die unter Umständen schon durch die Baustelleinrichtung drohen können, betroffen sein, wären die Folgen zudem nicht ohne Weiteres wieder zu beseitigen (vgl. zum Ganzen Schoch in: Schoch/Schneider, VwGO, 42. EL Februar 2022, § 123 Rn. 45 ff.).
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B. Der Antrag ist in seinem Hauptantrag jedoch unbegründet. Der Hauptantrag richtet sich darauf, den Antragsgegner insoweit zu einer vorläufigen Einstellung der Bauarbeiten an der Staats straße … zu verpflichten, als das Grundstück der Antragsteller in Anspruch genommen wird. Die für einen hierauf gerichteten Anordnungsanspruch maßgeblichen Tatsachen sind jedoch nicht glaubhaft gemacht.
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I. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm ein Anspruch auf die begehrte Handlung zusteht (Anordnungsanspruch) und die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Anordnungsgrund), vgl. § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 Zivilprozessordnung (ZPO).
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II. Hier fehlt es bereits an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.
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§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO fordert, dass die für den Anordnungsanspruch maßgeblichen Tatsachen glaubhaft gemacht sind. Das erforderliche Maß der richterlichen Überzeugung ist damit auf eine nur überwiegende Wahrscheinlichkeit festgelegt (BayVGH, B.v. 04.07.2013 - 10 CE 13.627 - juris Rn. 3). Dieses Maß der richterlichen Überzeugung wird auch im Verfahren nach § 123 VwGO im Grundsatz im Wege der Amtsermittlung (§ 86 Abs. 1 VwGO) hergestellt (Happ in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 123 Rn. 51). Dabei ist allerdings zu beachten, dass langwierige Ermittlungen schon angesichts des Eilcharakters des Verfahrens nicht angezeigt sind und daher der Mitwirkungspflicht des Antragstellers besondere Bedeutung zukommt (Happ, in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 123 Rn. 56).
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Die Antragsteller haben in der Antragsbegründung und ihren weiteren Schriftsätzen nicht subsantiiert dazu vorgetragen, dass durch das Bauvorhaben ihr Grundstück selbst in Anspruch genommen werde. Der Vortrag bezieht sich nur darauf, dass die Zufahrt im nördlichen Grundstücksteil in Wegfall gerät. Dazu, an welcher Stelle und in welchem Umfang etc. eine Betroffenheit des Grundstücks selbst zu erwarten ist, werden keine Aussagen gemacht. Demgegenüber hat der Antragsgegner mitgeteilt, dass sämtliche Bauarbeiten außerhalb des Grundstücks der Antragsteller stattfänden. Schon im Lauf der Planungen wurde von Antragsgegnerseite darauf geachtet, dass die Flächen der Antragsteller unangetastet bleiben sollen, vgl. E-Mail des Antragsgegners an das zuständige Planungsbüro vom 2. Februar 2018 (Bl. 69 der Gerichtsakte). In dieser E-Mail wird darum gebeten, sicherzustellen, dass in jedem Fall eine Grundinanspruchnahme auf dem Grundstück der Antragsteller nicht erforderlich werden soll (vgl. dazu auch den Lageplan Bl. 42 der Gerichtsakte). Von Antragstellerseite wurde dem nichts Substantielles entgegengesetzt. Es ist somit davon auszugehen, dass die Flächen der Antragsteller nicht betroffen sein werden. Dem Hauptantrag fehlt es demzufolge bereits an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.
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C. Der Antrag ist auch in seinem Hilfsantrag zulässig. Bezüglich des Begehrens im Hilfsantrag kommt mit Blick auf das für vorbeugenden (Eil-)Rechtsschutz erforderliche qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis zu den insoweit übertragbaren obigen Erwägungen hinzu, dass den Antragstellern hier durch faktische Maßnahmen (Abriss der Brücke mit Verlegung der Verkehrswege auch schon während der Baustellenzeiten) der sofortige Verlust einer Zufahrtsmöglichkeit zu ihrem Grundstück droht, der nur unter erheblichem Aufwand rückgängig gemacht werden könnte (vgl. VGH Kassel, B.v. 26.02.2021 - 2 B 2698/20 - juris Rn. 8; zum Ganzen Schoch in: Schoch/Schneider, VwGO, 42. EL Februar 2022, § 123 Rn. 45 ff.).
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B. Der Antrag ist jedoch auch in seinem Hilfsantrag unbegründet. Der Hilfsantrag richtet sich auf eine Verpflichtung des Antragsgegners, die Bauarbeiten an der Staats straße … insoweit vorläufig einzustellen, als die im nördlichen Teil des Grundstücks an dessen Westseite vorhandene Zufahrt zur Staats straße … betroffen ist, sowie auf eine vorläufige Ausnahme dieses Bereichs von der Baumaßnahme und Belassung im jetzigen Zustand. Insoweit fehlt es aber ebenfalls am Bestehen bzw. an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.
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I. Als Anspruchsgrundlage für das Begehren der Antragsteller kommt grundsätzlich der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch in Betracht, dessen Herleitung aus den Grundrechten (als Ausdruck des status negativus), dem Rechtsstaatsprinzip oder einer Gesamtanalogie unter anderem zu §§ 906, 1004 BGB zwar umstritten ist, dessen Voraussetzungen in der Rechtsprechung ungeachtet dieser umstrittenen Herleitung jedoch geklärt sind. Der Anspruch setzt neben einer Beeinträchtigung von Rechten des Bürgers durch den Staat sowie fehlender Ausschlussgründe (Duldungspflicht, Unmöglichkeit, etc.) insbesondere die Rechtswidrigkeit der Beeinträchtigung voraus (vgl. BayVGH, B.v. 25.11.2010 - 8 ZB 10.192 - juris Rn. 5 m.w.N.). Eine (drohende) rechtswidrige Beeinträchtigung einer Rechtsposition der Antragsteller ist vorliegend jedoch nicht ersichtlich.
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1. Durch die Baugenehmigungen vom 1. Dezember 1992 und vom 11. Februar 2015 bzw. die darin enthaltenen Bestimmungen, dass die bestehenden Zufahrtsverhältnisse nicht geändert werden dürfen, haben die Antragsteller keine Rechtsposition dahingehend erlangt, dass die Zufahrt an der Westseite des Grundstücks unverändert erhalten bleiben muss, da eine Baugenehmigung grundsätzlich keinen Anspruch auf Einräumung oder den Bestand einer Zufahrt beinhaltet, auch wenn sie auf eine solche Bezug nimmt (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2021 - 8 CE 21.1989 - juris Rn. 43; U.v. 1.12.2009 - 8 B 09/1980 - juris Rn. 31).
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a) Eine Baugenehmigung nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO hat nach ihrer Rechtsnatur - neben der Baufreigabe (Art. 68 Abs. 6 BayBO) - lediglich die Wirkung, dass verbindlich festgestellt wird, dass das Bauvorhaben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht, die im jeweils einschlägigen Genehmigungsverfahren Maßstab für die Prüfung durch die Bauaufsichtsbehörde sind (sog. Feststellungswirkung). Sie stellt - gleichsam in Form einer „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ - lediglich deklatorisch fest, dass dem Bauvorhaben nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden und geprüften öffentlichen Recht keine Hindernisse entgegenstehen (vgl. Decker in: Busse/Kraus, BayBauO, Stand: September 2021, Art. 68 Rn. 26). Auf dieser Grundlage genießt ein entsprechend der Baugenehmigung errichtetes Vorhaben (ebenfalls nur) in diesem Umfang (formellen) Bestandsschutz (vgl. König in: Schwarzer/König BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 68 Rn. 5; Decker in: Busse/Kraus, BayBauO, Stand: September 2021, Art. 68 Rn. 28).
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Eine Baugenehmigung beinhaltet hingegen nicht ohne Weiteres eine straßen- und wegerechtliche Erlaubnis (BayVGH, U.v. 1.12.2009 - 8 B 09/1980 - juris Rn. 31) und begründet - ihrer soeben dargelegten Rechtsnatur und Regelungswirkung nach - im Grundsatz auch kein Recht auf die Nutzung von Grundstücksflächen und die Beibehaltung der dafür erforderlichen baulichen Gegebenheiten außerhalb des Baugrundstücks, insbesondere kein Recht auf die Nutzung angrenzender öffentlich gewidmeter Straßenflächen und damit der sich potentiell auf diesen ergebenden Zufahrtsmöglichkeiten. Wenn also eine Baugenehmigung im Wege einer „Auflage“ die Nutzung einer bestimmten Anliefer- oder - wie hier - Zufahrtsmöglichkeit vorschreibt, vermittelt dies kein Recht auf eine dauerhafte Aufrechterhaltung dieser (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2021 - 8 CE 21.1989 - juris Rn. 43; U.v. 1.12.2009 - 8 B 09/1980 - juris Rn. 31). Ein abweichendes Ergebnis könnte sich im Einzelfall allenfalls aus der gleichzeitigen Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis gemäß Art. 18, 21 BayStrWG oder einer straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2021 - 8 CE 21.1989 - juris Rn. 44). Hierfür bestehen vorliegend jedoch keine Anhaltspunkte.
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b) Etwas anderes ergibt sich vorliegend auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes. Nach dem auch im Verwaltungsrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben entsprechend § 242 BGB kann das Verhalten einer Behörde einen Vertrauenstatbestand begründen, wenn der andere Teil im Hinblick hierauf Dispositionen getroffen hat und treffen durfte (vgl. BayVGH, U.v. 15.2.2021 - 8 B 20.2352 - juris Rn. 42; U.v. 30.6.2021 - 8 B 20.1833 - juris Rn. 31).
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Deshalb kann sich beispielsweise ein schutzwürdiges Vertrauen des Bauherrn im Einzelfall ergeben, wenn die Gemeinde an der Erteilung der Baugenehmigung mitgewirkt (§ 36 BauGB) und durch zustimmendes Verhalten die Erwartung begründet hat, die geplante Zufahrt, die als einzige Zufahrt die baurechtlich notwendige verkehrsmäßige Erschließung sichert, straßenrechtlich nicht zu untersagen (vgl. BayVGH, U.v. 1.12.2009 - 8 B 09/1980 juris Rn. 32). Hier liegt der Fall jedoch anders als der Sachverhalt in dieser - auch durch den Antragstellerbevollmächtigten im Schriftsatz vom 23. Februar 2022, S. 2, zitierten - Entscheidung, da vorliegend die verkehrsmäßige Erschließung des Grundstücks der Antragsteller auch über die andere Zufahrt im Südosten des Grundstücks zur Kreisstraße … 5 gesichert ist. Es ist nicht ersichtlich oder vorgetragen, warum diese Zuwegung keinen hinreichenden Anschluss an das öffentliche Straßennetz bieten soll. Ein Anspruch auf oder eine Notwendigkeit für eine Mehrfacherschließung besteht nicht (vgl. für das Straßenrecht Wiget in: Zeitler, BayStrWG, 31. EL September 2021, Art. 14 Rn. 70).
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Auch ergibt sich ein schutzwürdiges Vertrauen der Antragsteller hier nicht aus allgemeinen Erwägungen. Zwar war für den Antragsgegner vorliegend jedenfalls bei Erlass der Baugenehmigungen erkennbar, dass die Antragsteller die später in diesen genannte Zufahrt (langfristig) nutzen möchten. Allerdings ist nicht ersichtlich, dass die Antragsteller die Vorhaben nur dann verwirklichen wollten, wenn die konkrete Zufahrt dauerhaft erhalten bliebe. Auch dies gilt vor allem mit Blick darauf, dass das Grundstück zusätzlich auch über die Kreisstraße … 5 angefahren werden kann. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, warum das Verhalten des Antragsgegners, insbesondere der Verweis auf die südostseitige Zufahrt in den Baugenehmigungen - über die genannte Feststellungswirkung hinaus - für die Antragsteller ein Recht auf Beibehaltung genau dieser Zufahrt begründen könnte (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 10.8.2021 - 8 CE 21.1989 - juris Rn. 46).
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2. Den Antragstellern droht auch keine rechtswidrige Beeinträchtigung ihrer Rechtsstellung als Anlieger.
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Eigentümer oder sonstige (auch gewerbliche) Nutzungsberechtigte eines Grundstücks, das an eine Straße grenzt und ausschließlich durch diese erschlossen wird, können sich auf das von der Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannte Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs berufen, weil sie nur so Verbindung mit dem Straßennetz haben (vgl. BVerfG, B.v. 10.6.2009 - 1 BvR 198/08 - juris Rn. 24; BVerwG, B.v. 11.5.1999 - 4 VR 7.99 - juris Rn. 5 ff.; BayVGH, U.v. 31.5.2011 - 8 B 10.1653 - juris Rn. 15 m.w.N.). Dieses Rechtsinstitut, das nicht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, sondern aus dem einfachen Recht herzuleiten ist (vgl. BVerwG, B.v. 11.5.1999 - 4 VR 7.99 - juris Rn. 5), vermittelt dem Anlieger einer öffentlichen Straße über die Regelungen der Art. 14 Abs. 1, Art. 17 BayStrWG hinaus eine besondere Stellung und namentlich dem Grunde nach einen Anspruch auf Zugang zu dieser Straße. Der Anliegergebrauch schützt die besondere Beziehung des Anliegers zur Straße jedoch nicht uneingeschränkt. So gewährleistet er keinen optimalen Zugang zum Grundstück, sondern nur einen Anspruch auf eine nach den jeweiligen Umständen zumutbare Erreichbarkeit (BayVGH, U.v. 25.6.2010 - 8 B 10.298 - juris Rn. 17; B.v. 1.12.2009 - 8 B 09.1980 - juris Rn. 19 m.w.N.; B.v. 9.10.2019 - 8 ZB 17.2519 - juris Rn. 9). Abwehrrechte gegen eine Änderung der Straße stehen dem Anlieger deshalb nur so weit zu, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums die Verbindung mit der Straße erfordert. Angemessen ist nicht schon jede Nutzung, zu der das Grundeigentum Gelegenheit bietet. Maßgebend ist, was aus dem Grundstück unter Berücksichtigung der Rechtslage und der tatsächlichen Gegebenheiten als anerkennenswertes Bedürfnis hervorgeht. Der gegenüber dem schlichten Gemeingebrauch gesteigerte Anliegergebrauch reicht nur so weit, wie eine angemessene Nutzung des Grundeigentums die Benutzung der Straße erfordert und der Anlieger auf deren Vorhandensein in spezifischer Weise angewiesen ist. Er garantiert keine optimale, sondern nur eine nach den jeweiligen Umständen zumutbare Erreichbarkeit des Grundstücks. Aus ihm lässt sich insbesondere kein Anspruch auf den Fortbestand einer Verkehrsverbindung herleiten, die für eine bestimmte Grundstücksnutzung von besonderem Vorteil ist. Er bietet auch keine Gewähr dafür, dass ein Grundstück ohne jegliche Einschränkung angefahren werden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2018 - 8 ZB 18.734 - juris Rn. 9; B.v. 7.12.2020 - 8 CS 20.1973 - juris Rn. 15; B.v. 27.5.2021 - 8 CE 21.1289 - juris Rn. 12 m.w.N.; BVerwG, B.v. 11.5.1999 - 4 VR 7.99 - juris Rn. 7 m.w.N. zu § 8 a FStrG). Dies gilt auch für Gewerbebetriebe (BayVGH, B.v. 10.8.2021 - 8 CE 21.1989 - juris Rn. 49).
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Nach diesem Maßstab können sich die Antragsteller als Straßenanlieger i.S.d. Art. 17 Abs. 1 BayStrWG (vgl. Sauthoff, Öffentliche Straßen, 3. Aufl. 2020, § 7 Rn. 363) zwar auf den Anliegergebrauch berufen. Daraus steht ihnen aber nur ein Anspruch auf angemessene Nutzung der Straße zu. Insbesondere muss die zum Betrieb des landwirtschaftlichen Betriebs erforderliche An- und Abfahrt mit (auch schweren) Fahrzeugen möglich sein (inklusive Anlieferung und Abholung von Waren, Verkehr landwirtschaftlicher Maschinen etc.), da ohne diese ein landwirtschaftlicher Betrieb nicht möglich ist (vgl. etwa für den Lieferverkehr im Einzelhandel BVerwG, U.v. 15.11.1974 - IV C 12.72 - juris Rn. 19). Dies bedeutet aber nicht, dass die Zu- und Abfahrt, insbesondere für den Anliefer- und Abholverkehr, stets an derselben, potentiell besonders günstigen, Stelle über eine bereits bestehende Zufahrt erfolgen muss oder ein Anspruch auf die Erhaltung bestimmter Gegebenheiten - wie etwa das Einfahren an einer Stelle des Grundstücks und das Ausfahren an einer anderen Stelle - besteht. Ein Anspruch auf optimale Zu- und Abfahrtsmöglichkeiten besteht gerade nicht; der Anliegergebrauch gewährt keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung bestimmter vorteilhafter Verkehrsverbindungen (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1983 - 4 C 82/80 - juris Rn. 16). Kennzeichnend und Voraussetzung für den Anliegergebrauch bleibt immer das besondere Angewiesensein des Grundstücks auf das Vorhandensein und die Benutzung der Straße (BerwG, U.v. 29.4.1977 - IV C 15/75 - juris Rn. 17).
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Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, warum die Zu- und Abfahrt über eine räumlich verlegte Zufahrt an der westlichen Grundstücksseite zur Staats straße … oder über die andere, ebenfalls bereits vorhandene Zufahrt auf die Kreisstraße … 5 unzumutbar im Rechtssinne oder das Grundstück in besonderem Maße auf die westliche Zufahrt in ihrem aktuellen Bestand angewiesen sein soll. Das Grundstück verfügt über eine Zufahrtsmöglichkeit zur Kreisstraße … 5. Dass diese Zufahrt nach Meinung der Antragsteller nicht ausreichend ist, beruht auf der räumlichen Gestaltung des konkreten landwirtschaftlichen Betriebs innerhalb des Grundstücks der Antragsteller. Ein Angewiesensein auf die Benutzbarkeit einer Straße nur wegen der besonderen Organisation eines Betriebs auf dem betreffenden Grundstück wird nicht durch den Anliegergebrauch geschützt. Ein Anspruch auf optimale Anlieferungsmöglichkeit besteht nicht, sondern nur ein solcher auf zumutbare Erreichbarkeit für den Lieferverkehr. Die im Verantwortungsbereich der Antragsteller liegende Betriebsorganisation zählt nicht zu den im Rahmen des Anliegergebrauchs zu berücksichtigenden Umständen, die das betreffende Grundstück prägen. Das straßenrechtliche Institut des Anliegergebrauchs zielt nicht darauf ab, dem Anlieger ein unternehmerisches Risiko abzunehmen, indem es ein Recht auf unmittelbare und möglichst störungsfreie Zufahrts- und Anliefermöglichkeit gewährt. Insoweit ist auch eine durch eine Änderung der Straße notwendig werdende Umstrukturierung der Belieferungsabläufe eines Betriebs auf einem Grundstück zumutbar. Dass die derzeitig praktizierte Anlieferungsart die einzig mögliche darstellt und keine Änderung der Abläufe dahingehend möglich ist, dass die Anlieferung über die Kreisstraße … 5 oder eine andere Zuwegung auf die Staats straße St … erfolgt, ist nicht substantiiert vorgetragen und auch nicht anzunehmen. Der Anliegergebrauch schützt nicht vor Erschwernissen des Zugangs zum Anliegergrundstück, die sich aus dessen Lage ergeben (vgl. zur Lage an einer Straße in einem geschäftlichen und verkehrlichen innerstädtischen Ballungsraum BVerwG, U.v. 6.8.1982 - 4 C 58/80 - juris Rn. 13).
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3. Auch eine drohende Beeinträchtigung der Antragsteller in Art. 14 GG, insbesondere dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, ist zu verneinen und kann daher keinen Anordnungsanspruch begründen.
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a) Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage des Eigentumsschutzes bezüglich des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zwar offengelassen (vgl. etwa BVerfG, B.v. 26.6.2002 - 1 BvR 558/91 u.a. - BVerfGE 105, 252, 278; B.v. 10.6.2009 - 1 BvR 198/08; B.v. 8.9.2010 - 1 BvR 1890/08), nach verbreiteter Ansicht ist der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb und zwar „alles das, was in seiner Gesamtheit den wirtschaftlichen Wert des konkreten Betriebes ausmacht“ (BGH, U.v. 28.1.1957 - III ZR 141/55 - juris Rn. 15; BVerwG, B.v. 11.1.1983 - 8 B 91.82 - NJW 1983, 1810 f.; BayVerfGH, U.v. 17.5.1982 - NJW 1983, 325, 327) aber durch Art. 14 GG geschützt.
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Faktische Gegebenheiten, die sich wertsteigernd, -begründend oder -erhaltend auswirken und damit von wesentlicher Bedeutung für den Gewerbebetrieb sein können, unterfallen jedoch ebenso wenig dem Schutzbereich von Art. 14 GG wie bloße Erwerbsmöglichkeiten, Gewinnaussichten o.ä. (BVerfG, B.v. 26.6.2002 - 1 BvR 558/91 - juris Rn. 78; B.v. 4.2.2004 - 1 BvR 1103/03), da sie losgelöst vom Eigentumsobjekt entstehen. Es kommt auf vorhandene konkrete Werte an, also ins Werk gesetzte Gewerbe- und Unternehmenstätigkeiten, die auf einer vorhandenen Organisation sachlicher, persönlicher und sonstiger Mittel gründen (Papier/Shirvani in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, 96. EL November 2021, Art. 14 Rn. 205). Die rechtlichen, politischen, ökonomischen und örtlichen Gegebenheiten, die der Gewerbebetrieb nutzt, können damit nicht als zum Gewerbebetrieb gehörig angesehen werden. Der Unternehmer kann sich auf ihren Bestand nicht verlassen; vielmehr stellt die Gefahr der Änderung dieser Bedingungen gerade sein außerhalb von Art. 14 GG stehendes Unternehmerrisiko dar (Papier/Shirvani in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, 96. EL November 2021, Art. 14 Rn. 206). Die Erwartung, dass ein Unternehmen auch in Zukunft rentabel betrieben werden kann, unterfällt dementsprechend nicht dem Schutzbereich des Art. 14 GG (BVerfG, B.v. 25.7.2007 - 1 BvR 1031/07 - juris Rn. 25). Auch das Vorhandensein einer dem Betrieb besonders dienlichen Zufahrtsmöglichkeit ist zu diesen äußeren Bedingungen der unternehmerischen Tätigkeit zu zählen, die - auch wenn sie aktuell vom Unternehmer in seine Organisation eingebunden sind - nicht vom Schutz des Art. 14 GG erfasst sind. Der Wegfall der bevorzugten Zufahrtsmöglichkeit der Antragsteller gehört zum unternehmerischen Risiko, das die Antragsteller vollumfänglich selbst zu tragen haben. Zugleich macht der Wegfall der westlichen Zuwegung die Aufrechterhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs der Antragsteller hier nicht schlechthin unmöglich oder erschwert ihn über ein zumutbares Maß hinaus. Art. 14 GG garantiert keine optimalen Bedingungen für einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.
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b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht mit Blick auf die besondere Rechtsstellung der Antragsteller als Anlieger. Art. 14 Abs. 1 GG schützt allenfalls den (eng zu fassenden) Kernbereich des Anliegergebrauchs, d.h. die Nutzung der Straße, soweit der Eigentümer darauf angewiesen ist, (Axer in: Epping/Hillgruber, Beck OK GG, Stand 15.05.2022, Art. 14 GG Rn 47 m.w.N.) und vermittelt keine über das einfachrechtliche Institut des Anliegergebrauchs hinausgehenden, verfassungsunmittelbaren Rechtspositionen. Damit erfasst auch Art. 14 GG lediglich einen gesteigerten Gemeingebrauch der öffentlichen Straßen insoweit, als dieser für eine angemessene Nutzung des Anliegergrundstücks erforderlich ist und sich im Rahmen des Ortsüblichen und der Gemeinverträglichkeit hält (Papier/Shirvani in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, 96. EL November 2021, Art. 14 Rn. 202). Ein völliges Abschneiden vom öffentlichen Verkehrsraum wäre demnach nicht zulässig und auch andere „Kontakt-Störungen“, wie etwa die (vollständige) Aufhebung des Zugangs zur und die Zugänglichkeit von der öffentlichen Straße, dürfen nicht erfolgen (Papier/Shirvani in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, 96. EL November 2021, Art. 14 Rn. 201 m.w.N.). Vorliegend bleibt das Grundstück der Antragsteller jedoch über die Zuwegung zur Kreisstraße … 5 anfahrbar und unabhängig davon ist auch die Möglichkeit der Einrichtung einer neuen westlichen Zufahrt weiter südlich auf dem Grundstück nicht schlechthin ausgeschlossen. Anhaltspunkte für ein besonderes Angewiesensein auf die streitgegenständliche Zufahrt oder eine Unzumutbarkeit der Nutzung der Zufahrt auf die Kreisstraße … 5 oder einer verlegten westlichen Zufahrt sind hier nicht ersichtlich (vgl. näher bereits oben Rn. 34). Die vorliegende Zufahrtsmöglichkeit stellt unter Berücksichtigung dieser Grundsätze nur einen Lagevorteil dar. Sie stellt nicht die Zugänglichkeit zum öffentlichen Wegenetz insgesamt in Frage; eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG scheidet daher aus.
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4. Schließlich ist keine rechtswidrige Beeinträchtigung der Antragsteller in ihrem Recht auf fehlerfreie Abwägung ihrer Belange gegeben.
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Offen bleiben kann dabei, ob für die Erneuerung der …brücke und die damit verbundenen Anpassungen der betroffenen Straße nebst Zufahrt ein Planfeststellungsverfahren hätte durchgeführt werden müssen. Zum einen würde eine bloße rechtswidrige Nichtdurchführung eines Planfeststellungsverfahrens ohnehin keine Rechtsverletzung der Antragsteller darstellen, da ein betroffener Dritter grundsätzlich keinen Anspruch auf Durchführung des Verfahrens, sondern nur Abwehr-, Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche hat (vgl. BayVGH, B.v. 20.10.2003 - 8 AE 03.40047 - juris 17; vgl. auch BVerwG, B.v. 7.7.2004 - 9 VR 14.04 -, juris Rn. 4 m.w.N.). Zum anderen unterliegen auch örtliche Straßenplanungen, die keines förmlichen Planungsverfahrens bedürfen (vgl. Art. 35 ff. BayStrWG), dem im Rechtsstaatsgebot begründeten Abwägungsgebot (vgl. BVerwG, U.v. 7.7.1978 - IV C 79.76 - juris Rn. 59; BVerfG, B.v. 11.11.2002 - 1 BvR 218/99 - juris Rn. 19; HessVGH, B.v. 26.2.2021 - 2 B 2698/20 - juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 27.5.2021 - 8 CE 21.1289 - juris Rn. 11), sodass eine gerichtliche Prüfung auf Abwägungsfehler ohnehin erfolgen muss.
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Das Abwägungsgebot verlangt, dass eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 12.11.2020 - 4 A 13.18 - juris Rn. 64 m.w.N.; BayVGH, B.v. 10.8.2021 - 8 CE 21.1989 - juris Rn. 56).
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a) Nach diesem Maßstab ist das Abwägungsgebot hier nicht verletzt. Entgegen der Auffassung der Antragsteller sind ihre Belange ausreichend abgewogen worden. Insbesondere hat sich der Antragsgegner mit der Frage der An- und Abfahrtsmöglichkeiten - auch für den im Rahmen des Betriebs der Antragsteller notwendigen LKW-Verkehr - befasst und die Interessen der Antragsteller mit den wasserwirtschaftlichen und verkehrssicherheitsrechtlichen Anforderungen abgewogen. Dabei war der Antragsgegner um einen möglichst schonen Ausgleich bemüht. Dies ergibt sich schon aus der Korrespondenz des Antragstellers mit dem vormaligen Bevollmächtigten der Antragsteller, in der eine alternative Zufahrt zu dem betroffenen Grundstück auch an der Staats straße … in Aussicht gestellt wird (vgl. etwa E-Mail vom 23.04.2021, Bl. 85 der Gerichtsakte, später noch einmal bekräftigt durch Schreiben vom 14.12.2021, Bl. 143 ff. der Gerichtsakte), und die Ortstermine - etwa am 17. Januar 2018 -, in deren Rahmen ebenfalls Alternativen besprochen wurden (vgl. etwa E-Mail des Antragsgengers vom 18.01.2018, Bl. 11 der Gerichtsakte).
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Zugleich stehen den Belangen der Antragsteller öffentliche Belange gegenüber, die der Antragsgegner in nicht zu beanstandender Weise höher gewichtet hat als die Interessen der Antragsteller an dem Erhalt der Zufahrt. Regelwerkstechnische Auflagen (Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeugrückhaltesysteme 2009), die der Sicherheit des Verkehrs dienen und auf technischen Erwägungen und Erfahrungssätzen beruhen, erfordern für die Brücke in ihrer geplanten Gestalt, dass Schutzplanken an der Brücke selbst sowie beidseitig für 80 m entlang der Straße angebracht werden. Da sich die bisherige Zufahrt in diesem Bereich befindet, kann sie nicht aufrechterhalten werden. Unerheblich ist, ob - wie von den Antragstellern vorgetragen - im Rahmen des Regelwerks bezüglich der Schutzplanken Ausnahmen für den vorliegenden Fall möglich gewesen wären. Selbst wenn eine solche möglich wäre, ist nicht ersichtlich, warum die Antragsteller ein subjektives Recht auf Nutzung dieser Ausnahme haben sollten. Wie dargestellt (vgl. Rn. 31 ff. und 35 ff.) besteht schon kein Anspruch aus dem Rechtsinstitut des Anliegergebrauch oder direkt aus Art. 14 GG auf den Erhalt einer konkreten Gestalt einer Grundstückszufahrt. Erst recht kann ein Anlieger nicht von der Behörde verlangen, ihre Erwägungen bezüglich der Verkehrssicherheit, hier der Gestaltung der Schutzplanken, allein an seinen Belangen zu orientieren. Selbst wenn das Regelwerk eine Ausnahme zuließe, begründete es keinen Abwägungsfehler, wenn der Antragsgegner hier die als Normalfall vorgesehene Länge der Schutzplanken aus Gründen der Verkehrssicherheit aufrechterhalten will.
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Insgesamt ist es daher rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner im Ergebnis den Belangen der Sicherheit des Verkehrs, die dem Wohl der Allgemeinheit dienen, den Vorzug gegenüber den Interessen der Antragsteller an dem Erhalt der Zufahrt einräumt, zumal (vgl. BVerwG, B.v. 11.5.1999 - 4 VR 7.99 - juris Rn. 8 f. zu § 8a FStrG) er eine ersatzweise Zuwegung angeboten hat und eine zweite Zufahrt an der Kreisstraße TÖL 5 besteht.
45
b) Ein Abwägungsfehler liegt auch nicht darin, dass durch die Verlegung der westlichen Zufahrt oder die Notwendigkeit der Nutzung der südlichen Zufahrt Anpassungen im Betriebsablauf der Antragsteller erforderlich werden. Diese mögen zwar mit Einschränkungen für die Antragsteller verbunden sein; allerdings ist nicht ersichtlich, dass insofern die Schwelle der Unzumutbarkeit überschritten wäre (vgl. oben Rn. 34). Sie sind deshalb hinzunehmen und haben nicht zwingend Vorrang vor anderen Belangen.
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c) Soweit die Antragsteller überdies Kritik an der Alternativenprüfung des Antragsgegners üben, können sie damit schon deshalb nicht durchdringen, weil sie nicht aufgezeigt haben, dass sich beim Auswahlverfahren für die Trassenführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eine andere Variante eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, Variante aufgedrängt hätte oder dem Antragsgegner bei der Auswahl infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (vgl. BVerwG, U.v. 30.11.2020 - 9 A 5.20 - juris Rn. 39; BayVGH, U.v. 28.10.2020 - 8 A 18.40046 - juris Rn. 44 m.w.N.). Die bloße dahingehende Behauptung der Antragsteller genügt ebensowenig, um einen Abwägungsfehler zu begründen, wie die durch die Antragsteller vorgetragene Tatsache, dass im Laufe der Planung auch eine andere Trassenführung angedacht und später verworfen wurde. Es ist vielmehr ureigener Bestandteil einer Alternativenprüfung, dass verschiedene Alternativen geprüft und sodann eine der Alternativen ausgewählt wird. Im Übrigen ist der Vortrag des Antragsgegners, die alternative Trasse sei wegen höherer Grundstücksbetroffenheiten nicht weiter verfolgt worden, nachvollziehbar.
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d) Ebenfalls kein Abwägungsfehler liegt im Zusammenhang mit der von den Antragstellern vorgetragenen potentiell erhöhten Lärmemission und -immission infolge des Ersatzneubaus der …brücke.
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aa) Es ist zum einen im Rahmen der bei der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage schon nicht ersichtlich, dass sich durch den Ersatzneubau der Brücke eine derart gewichtige Lärmbelastung ergibt, dass die Lärmemissionen und -immissionen von so großem Gewicht sind, dass sie die Abwägung und ihr Ergebnis insgesamt in Frage stellten (vgl. für Planfeststellungsverfahren BVerwG, U.v. 18.04.1996 - 11 A 86.95 - juris Rn. 43 m.w.N.). Vorliegend ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass eine derart gewichtige Veränderung zu erwarten ist und deshalb die Behörde bei Berücksichtigung eine andere Abwägungsentscheidung hätte treffen müssen. Selbst nach dem Vortrag der Antragsteller ist eine Erhöhung von (nur) bis zu 0,5 dB(A) zu erwarten.
49
bb) Zum anderen kann das Gericht im Rahmen der summarischen Prüfung jedenfalls keinen Verstoß gegen die im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigende Vermeidungspflicht nach § 41 BImSchG erkennen. Diese Norm setzt den Bau oder die wesentliche Änderung einer öffentlichen Straße voraus, § 41 Abs. 1 BImSchG. Vorliegend liegt jedoch gerade keine wesentliche Änderung vor. Wann eine solche gegeben ist, ist unter Heranziehung von § 1 Abs. 2 der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) zu beurteilen (vgl. BVerwG, U.v. 23.11.2005 - 9 A 28.04 - juris Rn. 27; Reese in: Giesberts/Reinhardt, BeckOK UmweltR, 62. Ed. 1.12.2017, § 41 BImSchG Rn. 17). Selbst nach den von den Antragstellern ursprünglich vorgetragenen Werten (dazu nachfolgend 1) liegt keine wesentliche Änderung wegen qualifizierter Lärmerhöhung nach den hier allein in Frage kommenden Regelungen in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bzw. § 1 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV vor (dazu nachfolgend 2).
50
(1) Auch bei einer für die Antragsteller möglichst günstigen Betrachtung kann nur auf die ursprünglich unter Verweis auf das Gutachten vom 15. März 2022 (Bl. 171 ff. der Gerichtsakte; vgl. insbesondere S. 12 des Gutachtens) vorgetragenen Werte, nicht aber auf die aktualisierte Stellungnahme vom 25. Mai 2022 (Bl. 210 ff. der Gerichtsakte; vgl. dort insbesondere S. 10) abgestellt werden, da die der Aktualisierung zugrunde gelegten Annahmen bei summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht plausibel erscheinen. Die Aktualisierung mit höheren Beurteilungspegeln stützt sich auf höhere Werte bei der Berechnungsgröße „durchschnittlicher täglicher Verkehr“ (Bezugszeitraum bis zum Jahr 2030). Hier nimmt die Aktualisierung nunmehr 15.000 Kraftfahrzeuge pro 24 Stunden an, während das ursprüngliche Gutachten der Antragstellerseite - fast übereinstimmend mit den Zahlen des Gutachtens der Gegenseite - nur 12.000 Kraftfahrzeuge pro 24 Stunden angenommen hatte. Die Korrektur der Berechnungsgrundlage erfolgte ausweislich des aktualisierten Gutachtens wegen des nach einem Zeitungsbericht (vorgelegt durch die Antragsteller, Bl. 190 ff der Gerichtsakte) zu erwartenden Ausbaus einer Niederlassung eines Pharmaunternehmens in Penzberg. Allerdings führt das aktualisierte Gutachten hierzu selbst aus, dass „[n]ach Vermutung des Mandanten“ hierdurch „mit einer hohen Steigerung der Verkehrsmenge“ auf der betroffenen Staat straße zu rechnen sei (S. 9 des aktualisierten Gutachtens). Aus einer bloßen Vermutung der Antragsteller, also nicht einmal des Sachverständigen, die sich noch dazu allein auf einen Medienbericht stützt, können jedoch keine hinreichend gesicherten Schlussfolgerungen für die Festlegung einer Größe in einem formalen Berechnungsverfahren gezogen werden. Selbst wenn es sich - wie hier bei der Berechnungsgröße „durchschnittlicher täglicher Verkehr“ - um eine Prognose handelt, muss diese auf fachlich fundierten und für das Gericht nachvollziehbaren Grundlagen erfolgen. Dies ist bei den aktualisierten Zahlen nicht der Fall. Dem Gericht erscheint bei summarischer Prüfung vielmehr ein Wert von (größenordnungsmäßig) 12.000 Kraftfahrzeuge pro 24 Stunden plausibel; dies ergibt sich schon daraus, dass zwei Gutachten - davon eines seitens der Antragsteller und eines seitens des Antragsgegners - zunächst nahezu übereinstimmend einen solchen Wert prognostiziert haben.
51
(2) Unter Zugrundelegung der ursprünglich von den Antragstellern vorgetragenen Zahlen liegt keine wesentliche Änderung i.S.d. § 1 Abs. 2 der 16. BImSchV vor; auf die Frage, ob diese Werte oder die seitens des Antragsgegners in dem von ihm vorgelegten Gutachten angenommenen (niedrigeren) Werte plausibler erscheinen, kommt es damit nicht mehr an.
52
Notwendig wäre nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der 16. BImSchV eine Lärmerhöhung um mindestens 3 dB(A) oder eine Erhöhung des Lärms auf mindestens 70 dB(A) am Tage oder auf mindestens 60 dB(A) in der Nacht. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Schon nach dem ursprünglichen Vortrag der Antragsteller ist eine Erhöhung von (nur) bis zu 0,5 dB(A), also deutlich weniger als 3 dB(A), zu erwarten. Auch die zweite Alternative, die Erhöhung auf mindestens 70 dB(A) am Tage oder auf mindestens 60 dB(A) in der Nacht ist schon nach den von den Antragstellern ursprünglich vorgetragenen Werten nicht gegeben, da nachts der zu erwartende Pegel (sog. Planfall) den Wert von 70 dB(A) nicht erreichen wird; errechnet wurden maximal 67,3 dB(A). Der Pegel am Tage beträgt nachts schon jetzt (sog. Nullfall) nach den von den Antragstellern vorgelegten Werten 60 dB(A), sodass eine Erhöhung auf mindestens 60 dB(A) i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der 16. BImSchV ausgeschlossen ist.
53
Auch die Voraussetzungen von § 1 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV sind nicht gegeben. Hiernach ist eine Änderung auch wesentlich, wenn der Beurteilungspegel von mindestens 70 dB(A) am Tage oder von mindestens 60 dB(A) in der Nacht durch die Maßnahme erhöht wird. Der Pegel im Nullfall am Tage beträgt nach dem ursprünglichen Vortrag der Antragsteller maximal 67,3 dB(A) und damit weniger als 70 dB(A). Der Nacht-Pegel beträgt nach den ursprünglichen Werten der Antragsteller im Nullfall zwar 60 dB(A), allerdings behält er diesen Wert auch im Planfall, sodass es an einer Erhöhung im Sinne der Norm und damit im allein maßgeblichen Rechtssinne fehlt. Unbeachtlich ist dabei, dass sich im Laufe der Berechnung (Zwischen-)Werte von 59,5 dB(A) für den Nullfall und 59,9 dB(A) für den Planfall ergeben hatten. Die für die Beurteilung nach § 1 Abs. 2 der 16. BImSchV maßgeblichen Werte sind nach den §§ 3 ff. der 16. BImSchV zu berechnen (und nicht etwa zu messen); eine solche Berechnung wurde von den Antragstellern in Form des genannten Gutachtens vorgelegt. Für die Berechnung des Beurteilungspegels ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der 16. BImSchV Abschnitt 3 in Verbindung mit Abschnitt 1 der Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen - Ausgabe 2019 - RLS-19 (Verkehrsblatt 2019, Heft 20, lfd. Nr. 139, S. 698) heranzuziehen. Nach diesem Regelwerk sind die auf eine Kommastelle genau errechneten Werte sodann auf die nächste ganze Zahl aufzurunden. Dementsprechend sind die im vorliegenden Fall errechneten Werte des Beurteilungspegels (nachts), ausgehend von 59,5 dB(A) für den Nullfall und 59,9 dB(A) für den Planfall, sowohl im Nullfall als auch im Planfall jeweils auf 60 dB(A) aufzurunden und liegt deshalb keine Erhöhung im Rechtssinne vor. Die in den RLS-19 vorgesehene Aufrundung auf ganzzahlige Werte korrespondiert mit der Tatsache, dass die 16. BImSchV u.a. in dem hier maßgeblichen § 1 Abs. 2 ebenfalls nur auf ganzzahlige Werte abstellt. Die Regel zur Aufrundung stellt damit sicher, dass das Berechnungsverfahren stets eindeutige Werte ausgibt, die ohne Weiteres unter die rechtlichen Vorgaben - hier des § 1 Abs. 2 der 16. BImSchV - subsumiert werden können. Dabei sieht § 3 der 16. BImSchV vor, dass „der Beurteilungspegel“, also der nach den anderen Normen der Verordnung maßgebliche Pegel, nach den genannten Richtlinien zu berechnen ist. Für § 1 Abs. 2 der 16. BImSchV sind dies die Tag- und Nacht-Pegel jeweils für den Null- und den Planfall. Erst nach der Berechnung - und damit auch nach der Aufrundung - sind die Ergebnisse einer rechtlichen Würdigung zuzuführen. Deshalb kommt es vorliegend einzig auf die ganzzahligen Werte, nicht auf die auf eine Nachkommastelle genau berechneten Zwischenwerte, an. Diese durch § 3 der 16. BImSchV i.V.m. den RLS-19 vorgegebene Berechnungsmethode inklusive der Rundung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dem Berechnungsverfahren liegen notwendigerweise gewisse Pauschalierungen zu Grunde. Ohne diese wäre es nicht möglich, die Beurteilungspegel modellhaft zu errechnen. Die Bestimmung im Berechnungswege ist jedoch notwendig, da der Planfall ja gerade noch nicht eingetreten ist. Aus diesem Grund sind Pauschalierungen und weitere einer modellhaften Berechnung stets inhärente Ungenauigkeiten im Einzelfall hinzunehmen. Dies folgt auch daraus, dass dem Berechnungsverfahren insgesamt konservative Annahmen zugrunde liegen (vgl. Bracher in: Landmann/Rohmer, UmweltR, 97. EL Dezember 2021, § 3 16. BImSchV Rn. 2). Anhaltspunkte dafür, dass die errechneten Werte die Wirklichkeit generell nicht mehr wiederspiegeln und der Verordnungsgeber seinen weit gefassten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum durch Festlegung der Berechnungsmethode überschritten hätte, sind nicht erkennbar (vgl. BVerwG, U.v. 09.06.2010 - 9 A 20.08 - juris Rn. 103). Ebensowenig sind vorliegend Anhaltspunkte ersichtlich, die für die Beurteilung, ob eine wesentliche Änderung i.S.d. § 41 Abs. 1 BImSchG vorliegt, im Einzelfall eine Abweichung von dem angewendeten Berechnungsverfahren und den Vorgaben des § 1 Abs. 2 der 16. BImSchV erfordern würden.
54
D. Nach alledem haben Haupt- und Hilfsanatrag jeweils jedenfalls mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs keinen Erfolg. Demnach ist der Antrag insgesamt mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.