Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 28.04.2022 – AN 3 K 20.01168
Titel:

Erfolglose Nachbarklage gegen Nutzungsänderung zu Ferienwohnungen

Normenketten:
BauGB § 34 Abs. 2
BauNVO § 13a
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
BayBO Art. 6, Art. 47 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Das Gebot der Rücksichtnahme ist gegenüber anderen (ausdrücklich und von vornherein) nachbarschützenden Vorschriften subsidiär. (Rn. 75) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nachbarn haben die von den Stellplätzen einer rechtlich zulässigen Wohnbebauung ausgehenden Emissionen im Regelfall hinzunehmen. Jedoch begegnen Garagen und Stellplätze in ruhigen rückwärtigen Gartenbereichen hinter Wohnhäusern oft rechtlichen Bedenken. Eine generelle Beurteilung ist aber nicht möglich; sie hängt immer von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. (Rn. 82) (redaktioneller Leitsatz)
3. Mit Bezug auf Stellplätze werden Rechte der Nachbarn nur verletzt, wenn die Genehmigung eines Vorhabens ohne die erforderlichen Stellplätze zu Beeinträchtigungen führt, die dem Nachbarn bei Abwägung aller Umstände unzumutbar sind. (Rn. 92) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine Baugenehmigung ist aufzuheben, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Antragsunterlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann. Der Inhalt der Baugenehmigung bestimmt sich nach der Bezeichnung und den Regelungen im Baugenehmigungsbescheid, der konkretisiert wird durch die in Bezug genommenen Bauvorlagen. (Rn. 103) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Baurecht, Nachbarklage, Nutzungsänderung, Ferienwohnung, Monteurswohnung, Bestimmtheit, Gebot der Rücksichtnahme, Lärmbelästigung, Stellplätze, rückwärtige Gartenbereiche
Fundstelle:
BeckRS 2022, 21931

Tenor

1. Die Verfahren AN 3 K 20.01168 und AN 3 K 21.00225 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
2. Die Klagen werden abgewiesen.
3. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Kläger wenden sich gegen eine der Beigeladenen vom Beklagten erteilte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung eines Einfamilienhauses in zwei Wohnungen und zwei Ferienwohnungen.
2
Die Beigeladene ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. … (…) der Gemarkung … (nachfolgend wird auf die Bezeichnung der Gemarkung verzichtet; alle erwähnten Flurnummern beziehen sich auf die Gemarkung …). Das Grundstück grenzt in nördlicher Richtung an das Grundstück FlNr. …, in östlicher Richtung an das Grundstück FlNr. …, in südlicher Richtung an die Grundstücke FlNrn. … und … (L.straße) und in westlicher Richtung an das Grundstück FlNr. … an. Es wird über das Zufahrtsgrundstück FlNr. … angefahren. Südlich des Zufahrtsgrundstücks liegt das Grundstück FlNr. …, welches im Eigentum der Kläger steht.
3
Das Grundstück ist mit einem zweistöckigen Wohngebäude bebaut. Der Hauseingang befindet sich an der Nordseite des Gebäudes. An der Ostseite ist ein Kellerabgang vorhanden. Das Gebäude verfügt an der südlichen Hauswand im östlichen Teil im ersten Obergeschoss über einen Balkon. Im Bereich dieses Balkons ist die südliche Hauswand um 1,1 m zurückversetzt. Der Balkon erstreckt sich über eine Länge von 7,4 m und ragt 1,5 m aus der Hauswand heraus. Das Gebäude weist eine Länge von 12,5 m und eine Breite von 9,6 m an der westlichen Hauswand bzw. von 8,5 m an der östlichen Hauswand auf. Der Schnittpunkt der nördlichen Hauswand mit der Dachhaut ist auf einer Höhe von 7,03 m; die Höhe des Daches beträgt ab diesem Punkt 3,36 m. Diese Maße gelten auch für den westlichen Teil der südlichen Hauswand. Hinsichtlich des zurückversetzten, östlichen Teils der südlichen Hauswand liegt der Schnittpunkt mit der Dachhaut - gemessen ab einer Terrasse mit einer Höhe von 30 cm - auf einer Höhe von 7,5 m. Die Höhe des Daches beträgt in diesem Bereich ab dem Schnittpunkt 2,59 m. Die Umwehrung des Balkons liegt - wiederum gemessen ab der Terrasse - auf einer Höhe von circa 4,3 m.
4
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks FlNr. … Das Grundstück grenzt in nördlicher Richtung an das Zufahrtsgrundstück FlNr. … an.
5
Das Grundstück ist mit einem Wohngebäude und Nebengebäuden bebaut. Das Wohngebäude befindet sich südöstlich des Baugrundstücks. Auf dem klägerischen Grundstück ist ein Garten vorhanden, welcher an das Zufahrtsgrundstück FlNr. … und an die L.straße angrenzt sowie gegenüber dem Gebäude auf dem Baugrundstück situiert ist.
6
Das Grundstück FlNr. … steht zu 9/60 im Miteigentum der Kläger. Der Anteil der Beigeladenen an diesem Grundstück beträgt 1/5. Dieser Miteigentumsanteil ist im Grundbuch für die Gemarkung … auf Blatt … dem Grundstück FlNr. … zugeordnet, welches im Alleineigentum der Beigeladenen steht. Die übrigen Anteile verteilen sich auf die Eigentümer der Grundstücke FlNrn. … und … Das Grundstück FlNr. … steht zur Hälfte im Eigentum der beigeladenen Bauherrin. Dieser Miteigentumsanteil ist im Grundbuch ebenso dem Grundstück FlNr. … zugeordnet. Im Übrigen steht das Grundstück im Eigentum der Eigentümer des Grundstücks FlNr. … Sowohl die klägerischen Grundstücke als auch das Vorhabengrundstück liegen im unbeplanten Innenbereich. In nordöstlicher und östlicher Richtung dieser Grundstücke befindet sich überwiegend Wohnbebauung. Auf dem Grundstück FlNr. … befindet sich eine denkmalgeschützte Fachwerkscheune. In südlicher Richtung schließt sich ein Gastronomiebetrieb an. In nordwestlicher Richtung auf den Grundstücken FlNr. … und … ist eine Hofstelle mit denkmalgeschützter Fachwerkscheune situiert. In westlicher und südwestlicher Richtung befinden sich landwirtschaftlich genutzte Gebäude sowie Wohnbebauung.
7
Mit Antrag vom 28. November 2017 - bei der Gemeinde am 18. Januar 2018 und bei dem Beklagten am 9. März 2018 eingegangen - begehrte die Beigeladene eine Baugenehmigung für das bereits umgesetzte und sich im Betrieb befindliche Vorhaben „Umbau und Nutzungsänderung eines Einfamilienwohnhauses in zwei Wohnungen und zwei Ferienwohnungen“.
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Den genehmigten Bauplänen zufolge sollen sich im Erdgeschoss („Wohnung 1“) und Dachgeschoss („Wohnung 2“) jeweils Wohnungen befinden. Im ersten Obergeschoss des Gebäudes sollen zwei Ferienwohnungen errichtet werden. Diese teilen sich in den westlichen („Ferienwohnung 1“) und östlichen („Ferienwohnung 2“) Teil des Gebäudes auf. Gemäß den Grundrissen soll sich die Wohnung 1 über 82,41 qm erstrecken und über zwei Schlafräume verfügen. Die Wohnung 2 soll auf einer Fläche von 64,99 qm ebenfalls zwei Schlafräume beinhalten. Die zwei Ferienwohnungen sollen Flächen von 34,26 qm (Ferienwohnung 1) bzw. 44,30 qm (Ferienwohnung 2) aufweisen. Beide Wohnungen sollen jeweils über zwei Schlafräume verfügen. Die Schlafräume in der Ferienwohnung 1 sollen 7,95 qm und 12,81 qm und die Schlafräume in der Ferienwohnung 2 12,93 qm und 9,93 qm groß sein.
9
In den Bauvorlagen befindet sich ein - mehrmals überarbeiteter - zeichnerischer Stellplatznachweis, nach welchem sechs Stellplätze errichtet werden sollen. Vier Stellplätze sollen demnach südlich vor dem Gebäude auf dem Grundstück FlNr. … und zwei Stellplätze östlich des Gebäudes auf dem Grundstück FlNr. … nachgewiesen werden. Drei der vier südlichen Stellplätze („Stellplätze 1 bis 3“ - von westlicher Richtung aus gezählt) sind dabei parallel zueinander, in nordsüdlicher Richtung und jeweils leicht nördlich versetzt voneinander geplant. Der vierte Stellplatz („Stellplatz 4“) ist rechtwinklig, in ostwestlicher Richtung an den Stellplatz 3 angeordnet. Die östlichen Stellplätze („Stellplätze 5 und 6“ - von westlicher Richtung aus gezählt) sind leicht versetzt hinter dem Gebäude auf etwa gleicher Höhe mit der Kellertreppe eingezeichnet. Die Stellplätze 3 bis 6 sollen jeweils Ausmaße von 5 m Länge und 2,5 m Breite aufweisen. Der Stellplatz 1 wird mit einer Länge von 6 m und einer Breite von 2,5 m angegeben. Der Stellplatz 2 wird mit einer Länge von 6,5 m und einer Breite von 2,5 m geplant. Der jeweilige Abstand der südöstlichen Ecke der Stellplätze 1 bis 3 zum klägerischen Grundstück soll 4,52 m betragen.
10
Der beigefügten Abstandsflächenberechnung ist zu entnehmen, dass die Abstandsflächen in nördlicher Richtung zum Grundstück FlNr. …, in östlicher Richtung zum Grundstück FlNr. … und in westlicher Richtung zum Grundstück FlNr. … nicht eingehalten würden. Hinsichtlich der Grundstücke FlNrn. … und … wurde eine Abstandsflächenübernahme des jeweiligen Eigentümers vorgelegt. In südlicher Richtung zum Grundstück FlNr. … seien die Abstandsflächen gewahrt. Hier wurde ein Maß von 7,03 H (im westlichen Teil) bzw. 7,5 H (im östlichen, zurückversetzten Teil) angegeben. Der Planersteller wendete an dieser Wand das 16-Meter-Privileg nach Art. 6 Abs. 6 BayBO a.F. an und berechnete so ein Maß von 3,51 H bzw. 3,75 H.
11
Gemäß der beigefügten Betriebsbeschreibung vom 30. November 2018 solle mit den Ferienwohnungen das bestehende Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten der Beigeladenen erweitert werden. Diese betreibe bisher auf dem Nachbargrundstück FlNr. … einen Pferdehof und biete dort Reitkurse und Reiterferien - teilweise mit Beherbergung - an. Neben den Gästen des Pferdehofs werde versucht, auch Messegäste, Urlauber und Monteure zu erreichen, um eine bessere Auslastung erzielen und die laufenden Betriebskosten decken zu können. Hinsichtlich der Geräuschbelastung wurde im Formblatt Betriebsbeschreibung vom 8. Januar 2018 angegeben, dass Geräusche bei der An- und Abfahrt der Gäste mittels deren Pkws in der Zeit von 6 Uhr bis 19 Uhr zu erwarten seien. Die Geräuschquelle liege im südlichen Bereich des Grundstücks.
12
Die Gemeinde verweigerte ihr Einvernehmen zu dem Vorhaben. Gemäß deren Stellungnahme befinde sich das Vorhaben im unbeplanten Innenbereich, wobei die Umgebung einem Mischgebiet entspreche. Für das Vorhaben gelte die gemeindliche Stellplatzsatzung. Die Zufahrt sei gemäß Art. 4 Abs. 2 Nr. 1 BayBO gesichert. Das Einvernehmen sei nicht erteilt worden, da hinsichtlich der Befahrbarkeit und der Länge der Stellplätze Bedenken bestünden. Hierzu wurde auf eine Mail der Kläger samt Lichtbildern Bezug genommen.
13
Am 13. Mai 2019 ging beim Beklagten eine von der Beigeladenen beauftragte schallimmissionsschutztechnische Untersuchung des Bauvorhabens des Ingenieurbüros … … vom 2. Mai 2019 ein. Hierbei wurden die den Ferienwohnungen zugewiesenen Stellplätze Nrn. 1 und 2 untersucht und die an den Immissionsorten einwirkenden Schallimmissionen ermittelt. Als Immissionsort wurde unter anderem das klägerische Wohngebäude auf dem Grundstück FlNr. … bestimmt. Als Berechnungsaufpunkt wurde die Westfassade vom Erd- bis Dachgeschoss festgelegt. Hinsichtlich der Schutzwürdigkeit wurde von einem Mischgebiet ausgegangen. Da eine Vorbelastung durch bestehende Anlagen nicht bekannt sei, wurden für die Beurteilung der Schallimmissionssituation der zu betrachtenden Stellplätze gegenüber den Immissionsrichtwerten der TA Lärm für ein Mischgebiet um 6 dB(A) reduzierte Immissionsrichtwertanteile (54 dB(A) bzw. 39 dB(A)) zugrunde gelegt. Hinsichtlich der Frequentierung der Stellplätze wurde von tagsüber acht Bewegungen und nachts (ungünstigste Nachtstunde) von einer Bewegung ausgegangen.
14
Die Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass die schallimmissionsschutztechnischen Anforderungen der mit dem Betrieb der zwei Stellplätze einhergehenden Geräuschimmissionen hinsichtlich des klägerischen Wohngebäudes eingehalten würden. Auch das Spitzenpegelkriterium werde erfüllt. Konkret wurde für das klägerische Wohngebäude ein Beurteilungspegel von 30 dB(A) (tags) bzw. 33 dB(A) (nachts) berechnet. Der Spitzenpegel wurde bei einem zulässigen Wert von 90 dB(A) bzw. 65 dB(A) mit jeweils 65 dB(A) angegeben. Bei der Berechnung wurde hinsichtlich der Oberfläche der Fahrgassen der Stellplätze wassergebundene Decken (Kies) zugrunde gelegt. Ein Zuschlag für die Parkplatzart erfolgte nicht.
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Mittels mehrerer Schreiben und Mails an die Gemeinde und an den Beklagten trugen die Kläger ihre Bedenken gegen das Bauvorhaben vor. In den Wohnungen im Erd-, Ober- und Dachgeschoss seien durchgängig osteuropäische Monteure und Bauarbeiter untergebracht. Aus der Betriebsbeschreibung ergebe sich zwar, dass die Ferienwohnungen auch an Messegäste, Urlauber und Monteure vermietet werden sollen. In den letzten zwei Jahren seien jedoch sämtliche Wohnungen zu circa 95% an ausländische Gäste bzw. Monteure vermietet worden. In Summe könnten beide Ferienwohnungen mit bis zu zehn Personen belegt werden. Insgesamt sei es möglich bis zu 20 Personen in dem Gebäude unterzubringen. Die Wohnungen im Erd- und Dachgeschoss seien daher genau wie die anderen Ferienwohnungen zu behandeln. Der Beigeladenen sei auch vorgeschlagen worden, die Stellplätze hinter das Gebäude auf das Grundstück FlNr. … zu verlegen, um die problematische Parksituation zu entschärfen. Für die Nachbarn komme es aufgrund dieser Nutzung zu einer enormen Geräuschbelästigung. Es komme zur Nachtzeit zu einem lauten An- und Abreiseverkehr. Die Gäste führen regelmäßig zwischen 4 Uhr und 6 Uhr ab und kämen auch am Wochenende erst nach 22 Uhr wieder an. Die Gäste würden sich auch sehr lange auf der Terrasse aufhalten und laute Gespräche führen. Die geplanten Stellplätze seien so nicht umsetzbar. Auf dem Abstandsflächen- und Stellplatzplan seien die Kellertreppe, die Terrasse, der Eingangsbereich mit Treppe und der Stellplatz Nr. 3 falsch dargestellt bzw. nicht vorhanden. Der Stellplatz Nr. 3 liege näher zum Grundstück FlNr. … als im Plan dargestellt, da es zwischen den Stellplätzen Nrn. 2 und 3 eine Verengung gebe. Die maximale Durchfahrtsbreite des Privatwegs (FlNr. …) liege an dieser Stelle somit nur noch bei 4,1 m. Es sei unklar, wie es möglich sein solle, dass die Stellplätze Nrn. 5 und 6 und die Kellertreppe nebeneinanderliegen und trotzdem ein Fluchtweg von mindestens einem Meter Breite gewährleistet sein könne. Es sei außerdem kein ausreichender Wendekreis vorhanden. Es könne auch nicht sichergestellt werden, dass die den Ferienwohnungen zugewiesenen Stellplätze auch wirklich von diesen genutzt werden. Die vorgegebene Parkordnung werde nicht eingehalten. Hierdurch komme es zu einem Ausweichen auf die anderen Stellplätze. Es komme auch vor, dass sieben Fahrzeuge vorhanden seien, obwohl es nur sechs Stellplätze gebe. Dies führe zu Behinderungen der Ein- und Ausfahrt. Das regelmäßige Umparken zwischen den verschiedenen Stellplätzen führe auch zu einer näheren Emissionsquelle als im Immissionsgutachten angegeben worden sei. Die Emissionsquelle im Gutachten sei generell falsch. Es sei darin auch nicht berücksichtigt worden, dass beim Abfahren und Ankommen von Fahrzeugen zur Nachtzeit, das Schließen der Autotüren eine höhere Belastung darstelle als das reine Motorengeräusch. Sehr oft seien die Fahrzeuge mit vier Personen besetzt. Bei vier Fahrzeugen mit im Durschnitt drei Insassen werde der nächtliche Spitzenwert von 65 dB(A) durch das Zuschlagen von Autotüren innerhalb von ein bis zwei Stunden (zwischen 4 Uhr und 6 Uhr) 12-mal überschritten. In einer fachtechnischen Stellungnahme zu Schallimmissionen heiße es, dass als mittlerer Maximalpegel beim Schließen der Autotür mit einer mittl. Lt von 72 dB(A) in 7,5 m Entfernung zu rechnen sei. Diese 7,5 m entsprächen circa der Entfernung des klägerischen Schlafzimmers zu den beiden am nächsten liegenden Stellplätzen. Die Abstandsflächen des Bestandsgebäudes könnten zudem nicht eingehalten werden.
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Zur Untermauerung der Einwände wurden diverse Skizzen, Lichtbilder und Pläne sowie Lärm- und Störungsdokumentationen durch die Kläger vorgelegt.
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Mit Schreiben vom 28. Juli 2019 teilten die Kläger gegenüber dem Beklagten mit, dass sie eigene lärmtechnische Untersuchungen der Stellplätze vorgenommen hätten. Mittels eines Schallpegelmessgeräts seien die Abfahrten von Fahrzeugen aufgezeichnet worden. Die Kläger gaben hierzu Werte von 53,2, 52,7 und 51,9 dB(A) an. Demnach seien die Werte tatsächlich höher als in der theoretischen schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros vom 2. Mai 2019.
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Mit Schreiben vom 21. Oktober 2019 an die Kläger ging der Beklagte auf die klägerseits vorgetragenen Einwände gegenüber dem Bauvorhaben ein. Es wurde darin klargestellt, dass der Bauherr mit seiner Antragstellung den Antragsgegenstand vorgebe. Es könne daher nur die beantragte Nutzung geprüft werden. Dem Bauherrn könne auch kein künftiger Rechtsverstoß unterstellt werden. Verhaltensbezogener Lärm könne keinen Eingang in die Prüfung des öffentlichen Baurechts finden. Bei einem ordnungsgemäßen Betrieb der Ferienwohnungen würden die zulässigen Lärmwerte gemäß TA Lärm eingehalten werden. Der Stellplatznachweis müsse seitens der Beigeladenen nochmals überarbeitet und das vorgelegte Gutachten entsprechend aktualisiert werden. Die Bedenken bezüglich der Abstandsflächen hätten sich mittlerweile erledigt. Die Abstandsflächen würden nach den vorgelegten Unterlagen eingehalten. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Terrasse, da es nach der Rechtsprechung zulässig sei, die Hälfte des Privatwegs in Anspruch zu nehmen.
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Mit Schreiben vom 28. November 2019 teilte der Architekt der Beigeladenen gegenüber dem Beklagten mit, dass die derzeit vorhandenen und markierten Stellplätze nicht mit dem eingereichten Stellplatznachweis übereinstimmen. Die Realisierung der geplanten Stellplätze sei jedoch problemlos möglich. Die Beigeladene sei gebeten worden, die Stellplätze gemäß des eingereichten Stellplatznachweises zu markieren.
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Diesbezüglich fand am 16. Januar 2020 eine Baukontrolle statt. Es wurde festgestellt, dass die Stellplätze Nrn. 1 bis 4 entsprechend der BayBO inklusive Zufahrt angelegt seien. Die Stellplätze seien nicht beschildert und die Stellplätze Nrn. 5 und 6 seien nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet.
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Nach nochmaliger Aufforderung durch den Beklagten verweigerte die Gemeinde die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens zu dem Vorhaben mittels einstimmigen Beschlusses des Bau- und Umweltausschusses vom 3. März 2020. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass man sich der Forderung der Nachbarn, dass die Stellplätze auf das Grundstück FlNr. … verlagert werden, anschließe.
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Diesbezüglich wurde der Gemeinde mit Schreiben vom 24. April 2020 durch den Beklagten noch einmal Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Es wurde darauf hingewiesen, dass sowohl die erforderliche Breite als auch die erforderliche Länge durch die Stellplätze eingehalten würden. Die Fahrgassenbreite von 4 m sei ebenfalls erfüllt. Der Umfang der Prüfung werde durch die Antragstellung vorgegeben. Sofern kein Widerspruch zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im vereinfachten Verfahren zu prüfen seien, vorliege, habe die Beigeladene einen Anspruch auf die Erteilung der Baugenehmigung. Eine Forderung von Umplanungen erfolge ohne rechtliche Grundlage.
23
Die Gemeinde hielt hierauf an ihrem gefassten Beschluss fest.
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Im Laufe des Genehmigungsverfahrens wurden neben den Klägern auch durch verschiedene Nachbarn Einwände gegen das Vorhaben erhoben. Im Wesentlichen trugen die Nachbarn vor, dass sich ein Beherbergungsbetrieb nicht in die Umgebung einfüge. Die erforderliche Anzahl an Stellplätzen sei nicht vorhanden. Südlich des Gebäudes könnten nur drei statt vier Stellplätze realisiert werden. Der Stellplatz Nr. 1 könne nicht auf dem Baugrundstück nachgewiesen werden, sondern liege teilweise auf dem Grundstück FlNr. … Hier fehle eine amtliche Grenzmarkierung. Die östlichen Stellplätze würden den Zugang zu dem Grundstück FlNr. … versperren. Die Stellplätze seien nicht markiert. Es müsse viel rangiert werden, um die Stellplätze Nrn. 5 und 6 nutzen zu können. Die Stellplätze seien nicht breit genug, da Transporter breiter als 2,5 m seien. Auf dem Baugrundstück sei kein Platz für Freizeitaktivitäten der Gäste vorhanden. Dies begründe einen Verstoß gegen Art. 4 BayBO. Denkmalschutzrechtliche Belange seien nicht berücksichtigt worden, obwohl die Scheunen auf den Grundstücken FlNr. … und … Baudenkmäler darstellen würden. Die Transporter der Monteure würden die Zufahrt behindern. Die Gäste des streitgegenständlichen Vorhabens würden die L.straße samt Gehweg zuparken. Das Vorhaben löse eine Mehrbelastung des Privatwegs aus. Durch das Vorhaben komme es zu einer Lärmbelastung. Die Ferienwohnungen könnten in drei Einheiten abgegrenzt werden. Dies sei dadurch belegt, dass der Balkon mit Hilfe von Trennwänden in drei Bereiche untergliedert werden könne. Es sei Art. 5 BayBO verletzt, da der Rettungsweg durch die Stellplätze versperrt werde. Das Vorhaben verstoße gegen Brandschutzvorschriften.
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Bei Baukontrollen durch den Beklagten wurde festgestellt, dass die in den genehmigten Plänen dargestellten Stellplätze den Gegebenheiten vor Ort entsprächen und dass die Stellplätze mit Nummern versehen worden seien. Eine Kennzeichnung, welche eine Zuteilung zu den Ferienwohnungen deutlich mache, sei nicht erfolgt.
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Mit Bescheid vom 18. Mai 2020 erteilte der Beklagte die beantragte Baugenehmigung für das Vorhaben „Änderung; Umbau und Nutzungsänderung eines Einfamilienwohnhauses in 2 Wohnungen und 2 Ferienwohnungen“ und ersetzte das erforderliche Einvernehmen der Gemeinde.
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Im Bescheid sind folgende Auflagen enthalten:
28
1. Die Betriebsbeschreibungen vom 30. November 2018 und 8. Januar 2018 sind Bestandteil dieses Bescheids.
29
2. Das Schallschutzgutachten der Fa. … vom 2. Mai 2019 - Nr. 14587.1 - ist Bestandteil dieses Bescheids. Die dort genannten Ausgangsdaten usw. sind zu beachten.
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3. Stellplatz 1 und Stellplatz 2 sind (entsprechend dem vorgelegten Schallschutzgutachten) bis zwei Wochen nach Bestandskraft des Bescheids mittels Beschilderung für die ausschließliche Benutzung durch die Ferienwohnungen zu kennzeichnen. Stellplatz 3 bis 6 sind durch Beschilderung den Wohnungen zuzuordnen.
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4. Die Stellplätze 5 und 6 sind bis zwei Wochen nach Bestandskraft des Bescheids vor Ort ordnungsgemäß zu markieren (wie bei den übrigen Stellplätzen bereits erfolgt).
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5. Bis zur Bezugsfertigkeit der genehmigten Baumaßnahme müssen 6 angelegte Stellplätze (oder Garagenplätze) nachgewiesen werden (Art. 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 BayBO).
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Im Bescheid sind u.a. folgende Hinweise enthalten:
34
1. Die Genehmigung erfolgt bei den Ferienwohnungen nur für die beantragte Nutzung.
35
Ferienwohnungen sind dafür bestimmt, nicht auf Häuslichkeit angelegt zu sein und einem ständig wechselnden Nutzerkreis angeboten zu werden.
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Die beantragten Wohnungen dürfen im Gegensatz dazu nicht vergleichbar einer Ferienwohnung - ständig wechselnd - genutzt werden.
37
2. Der Schwimmteich auf der FlNr. … wurde nicht für die gewerbliche Nutzung im Zuge der Nutzungsänderung mit beantragt. Die gewerbliche Nutzung des Schwimmteichs ist daher nicht mit dieser Baugenehmigung mit genehmigt.
38
Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, dass sich die Zulässigkeit der Ferienwohnungen nach § 13a BauNVO richte. Hinsichtlich der Gebietsart sei von einem Mischgebiet auszugehen. In einem Mischgebiet seien Ferienwohnungen allgemein zulässig. Die Bedenken der Nachbarn, die zwei genehmigten Wohnungen könnten ebenfalls als Ferienwohnungen genutzt werden, könnten im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens nicht berücksichtigt werden, da der Antragsteller durch seinen Antrag den Gegenstand des Verfahrens vorgebe. Im Umkehrschluss existiere folglich nur eine Genehmigung für zwei Ferienwohnungen. Die anderen beiden Wohnungen müssten zum Wohnen genutzt werden. Bauplanungsrechtlich sei sogar die Nutzung des gesamten Gebäudes als Ferienwohnungen im Mischgebiet zulässig. Dies führe jedoch zu immissionsschutzrechtlichen Auswirkungen.
39
Die Erschließung sei gesichert. Das Grundstück FlNr. … grenze mit einer Breite von circa 3 m direkt an die öffentliche L.straße und auf einer Länge von circa 20 m an dem privaten Zufahrtsgrundstück FlNr. … an. Die Beigeladene verfüge an dem Zufahrtsgrundstück über einen Miteigentumsanteil. Dies reiche für eine rechtliche Sicherung nicht aus, jedoch sei im Grundbuch der Miteigentumsanteil direkt dem Grundstück FlNr. … zugeordnet. Die Grundstücke gelten daher als rechtlich vereinigt. Demnach sei sowohl die Zufahrt als auch die Kanal- und Wasserleitungen zum Baugrundstück von einer öffentlichen Verkehrsfläche aus gesichert. Die Stellplätze auf dem Grundstück FlNr. … seien ebenfalls erschlossen, da sie über das Zufahrtsgrundstück angefahren werden könnten. Das Grundstück FlNr. … sei im Grundbuch gleichfalls dem Grundstück FlNr. … zugeordnet.
40
Hinsichtlich der Stellplätze Nrn. 1 und 2, welche den Ferienwohnungen zugeordnet seien, sei ein Schallschutzgutachten vorgelegt worden. Dieses sei zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt worden und sei entsprechend zu beachten. Gemäß des Gutachtens würden die vorgeschriebenen Werte - auch zur Nachtzeit - sowie das Spitzenpegelkriterium erfüllt. Durch entsprechende Auflagen werde verhindert, dass es zu einer Durchmischung der Stellplätze komme. Bei den übrigen Stellplätzen handele es sich nicht um eine gewerbliche Nutzung. Das Wohnen sei im Mischgebiet allgemein zulässig und als gebietsverträglich hinzunehmen. Personenbezogene bzw. verhaltensbezogene Umwelteinflüsse (Lärm durch spielende Kinder, Telefongespräche, laufende Fahrzeugmotoren) dürften nicht individuell in die Prüfung des Bauantrags für eine objektbezogene Nutzungsänderung einfließen. Wie intensiv der Außenbereich der Anlage durch die Gäste bzw. Bewohner genutzt werde, entziehe sich dem öffentlich-rechtlichen Prüfungsumfang des Art. 59 BayBO.
41
Der vorgelegte Stellplatznachweis der Beigeladenen sei bautechnisch geprüft worden. Die Größe und die Ausführung seien ausreichend. Dies sei auch im Rahmen eines Ortstermins bestätigt worden. Die Markierung und die Beschilderung der Stellplätze seien durch entsprechende Auflagen geregelt worden. Durch die in der Baugenehmigung vorhandenen Auflagen sei gewährleistet, dass auch für die Zukunft die erforderliche Zahl an Stellplätzen gefordert werden könne. Da der Nachweis der Stellplätze auf den Grundstücken FlNrn. … und … erbracht worden sei, könne von der Beigeladenen nicht verlangt werden, diese auf dem Grundstück FlNr. … herzustellen. Der Einwand, dass sich der Stellplatz Nr. 1 nicht auf dem Baugrundstück befinde, habe durch Nachmessen des Grundrisses und des amtlichen Katasters nicht bestätigt werden können.
42
Die Abstandsflächen des Gebäudes seien eingehalten. Obwohl das Gebäude äußerlich nicht verändert werde, sei die Einhaltung der Abstandsflächen überprüft worden. Die Überschreitung der Abstandsflächen auf die Grundstücke FlNrn. … und … seien durch Abstandsflächenübernahmen geheilt worden. Ob die Terrasse ein natürliches Gelände darstelle, könne dahinstehen, da selbst bei einer Berücksichtigung bei der Wandhöhe lediglich ein Unterschied von 0,15 m bestehe. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs dürfe die Beigeladene die Hälfte des Zufahrtsgrundstücks für ihre Abstandsflächen nutzen. Hiernach hätte die Beigeladene 1,50 m des Weges zur Verfügung.
43
Die denkmalschutzrechtlichen Belange hinsichtlich der geschützten Scheune seien berücksichtigt worden, indem die Untere Denkmalschutzbehörde beteiligt worden sei. Diese habe keine Einwände erhoben.
44
Die Prüfung der brandschutzrechtlichen Vorschriften sei im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht vorgesehen. Ein Nachbarschutz sei bei diesen Vorschriften nicht gegeben.
45
Hinsichtlich der vorgetragenen Störungen und Schädigungen des Eigentums der Nachbarn seien diese auf den Zivilrechtsweg zu verweisen. Im Baugenehmigungsverfahren würden nur öffentlich-rechtliche Vorschriften geprüft. Eine Baugenehmigung ergehe unbeschadet der privaten Rechte Dritter.
46
Der Einwand, dass den Gästen zu wenig Garten- und Freizeitfläche zur Verfügung stehe, sei nicht überprüft worden, da dies nicht zum Prüfungsumfang des Art. 59 BayBO zähle.
47
Der Schwimmteich auf dem Grundstück FlNr. … weise ein Volumen von weniger als 100 m3 auf und sei nur zur privaten Nutzung vorgesehen, was auch durch ein Schild („Betreten verboten“) kenntlich gemacht sei. Dies sei bei einer Baukontrolle festgestellt worden. Es lägen daher keine Anhaltspunkte vor, welche die Annahme einer erstreckten Nutzungsänderung auf den Schwimmteich in gewerbliche Nutzung rechtfertigen würden.
48
Bei einer Baukontrolle sei festgestellt worden, dass das Kellergeschoss des Gebäudes nicht zu Aufenthaltszwecken - wie von den Nachbarn vorgetragen - genutzt werde. Diesbezüglich sei auch keine Baugenehmigung erteilt worden und es bestehe folglich keine Berechtigung zur dortigen Unterbringung von Personen. Bei festgestellten Zuwiderhandlungen stünden bauaufsichtliche Maßnahmen zur Verfügung.
49
Hinsichtlich der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens verhalte es sich so, dass das Bauvorhaben aus Sicht des Beklagten zulässig und daher die Baugenehmigung zu erteilen sei. Der Einwand der Gemeinde, dass die Befahrbarkeit der Stellplätze und deren Länge nicht ausreichend seien, könne seitens des Beklagten nicht geteilt werden. Eine bautechnische Prüfung sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Stellplatznachweis den gesetzlichen Vorschriften entspreche. Insbesondere seien die erforderlichen Maße eingehalten (2,5 m Breite, 5 m Länge, 4 m Fahrgassenbreite). Soweit die Gemeinde die Errichtung der Stellplätze auf dem Grundstück FlNr. … präferiere, sei dem entgegenzuhalten, dass dies nicht der Antragsgegenstand sei und die Stellplätze - aus Sicht des Beklagten - durch die Beigeladene bereits anderweitig nachgewiesen worden seien.
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Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2020 - bei Gericht am 18. Juni 2020 persönlich abgegeben - erhoben die Kläger sowohl als Eigentümer des Grundstücks FlNr. … (AN 3 K 20.01168) als auch als Miteigentümer des Grundstücks FlNr. … (AN 3 K 21.00225) Klage gegen die Baugenehmigung.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass die vier Parkplätze südlich des Hauses nicht nachgewiesen werden könnten. Der Parkplatz Nr. 4 habe von dem südöstlichen Grenzpunkt des Grundstücks FlNr. … einen Abstand von 8,8 m. Dies seien 1,2 m mehr, als im Architektenplan angegeben. Dort sei ein Abstand von 7,6 m vorgegeben worden. Die diesbezüglich vorhandene Aussage im streitgegenständlichen Bescheid, wonach der Stellplatz Nr. 1 auf dem Baugrundstück liege, sei daher falsch. Die Fläche des Stellplatzes Nr. 1, welche auf dem Grundstück FlNr. … liege, müsse daher dinglich gesichert werden, wenn es sich um unterschiedliche Eigentümer handele. Der Stellplatz Nr. 1 könne im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nur anerkannt werden, wenn die Sicherung erfolgt sei. Diesbezüglich wurden mehrere Planskizzen und Lichtbilder vorgelegt. Die Beigeladene habe bei der Überprüfung der Stellplätze durch den Beklagten den Grenzverlauf mittels falsch markierter Grenzsteine manipuliert. Hierzu wurde eine Präsentation mit Lichtbildern und Skizzen vorgelegt, aus welcher sich die Verschiebung der Grenze und eine wissentliche Überbauung ergebe.
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Durch die sechs Stellplätze und den durch die Nutzungsänderung entstandenen Be- und Entladebereich komme es hinsichtlich der Lärmbelästigung zu einer spürbaren Beeinträchtigung, da sich das klägerische Schlafzimmer in einer Entfernung von 7,5 m befinde. Diesbezüglich wurden mehrere Lichtbilder von der Parksituation vorgelegt. Das Lärmschutzgutachten sei außerdem fehlerhaft, da in diesem alle Stellplätze zu berücksichtigen gewesen wären. Es würden alle Wohnungen gewerblich genutzt. Die Beigeladene habe zwar eine private Nutzung von zwei Wohnungen beantragt, jedoch würden diese tatsächlich an Unternehmen vermietet, welche dort ihre Monteure unterbringen würden. Jedenfalls seien von Anfang an auswärtige, meist osteuropäische Bauarbeiter in den Wohnungen untergebracht worden. Diese Personen würden meist nur wenige Wochen, allenfalls Monate in dem Gebäude wohnen. Es handele sich seit Beginn faktisch um einen Beherbergungsbetrieb. Auf den Stellplätzen entlang des Privatwegs seien permanent wechselnde Kleinlaster und Transporter mit osteuropäischen Kennzeichen geparkt. An den Briefkästen und Klingelschildern seien keine Namen angebracht. Es handele sich bei den Bewohnern um osteuropäische Bauarbeiter, welche täglich sehr früh zu ihrer Arbeitsstätte aufbrächen und abends teils sehr spät zurückkehrten. Typische Feriengäste seien auf dem Vorhabengrundstück noch nicht gesehen worden. Durch diese Nutzung seien die Kläger in rücksichtsloser Weise in ihrer Wohnnutzung beeinträchtigt. Diesbezüglich wurde eine Präsentation mit Lichtbildern und Skizzen vorgelegt, aus welcher die Veränderung des Zustands auf dem klägerischen Grundstück und dem Grundstück FlNr. … zwischen 2008 bis 2020 ersichtlich werde.
53
Hinsichtlich der Lärmbelästigung sei die Zumutbarkeitsgrenze überschritten. Die fahrenden Autos auf der L.straße sowie auf dem Privatweg würden einen kontinuierlich an- und abschwellenden Geräuschpegel erzeugen. Dies sei nicht vergleichbar mit dem Zuschlagen von Autotüren und mit Autos, die mit laufendem Motor überwiegend zu nächtlichen Ruhezeiten auf dem Privatweg zwischen dem klägerischen Wohnhaus und dem Gebäude der Beigeladenen stünden. Zudem würden auch Rollkoffer und Arbeitsausrüstung von den Stellplätzen Nrn. 1 bis 4 bis zum Hauseingang über Schotter und unebene Pflastersteine gezogen. Dies stelle bei Ankunftszeiten zwischen 21 Uhr und 24 Uhr und Abreisezeiten zwischen 4:30 Uhr und 6:30 Uhr eine sehr hohe Lärmquelle dar. Die Schallquelle würden in der Praxis nicht die Stellplätze Nrn. 1 und 2, sondern der „Be- und Entladebereich“ auf Höhe des Grundstücks FlNr. … darstellen. Mit den theoretischen Werten eines laufenden Motors auf den Stellplätzen Nrn. 1 und 2, welche am weitesten vom klägerischen Gebäude entfernt lägen, solle der Anschein erweckt werden, dass der Lärm dieser Stellplätze keine Beeinträchtigung darstelle. Es sei deshalb ein neues Lärmschutzgutachten zu erstellen. Hierzu wurde ein von den Klägern selbst angefertigtes Lärmschutzgutachten vorgelegt, welches mittels eines Schallpegelmessgeräts (Sound Level Meter) und einer Videokamera (Sony AX33) erstellt wurde. Die beiden Geräte seien dabei im Schlafzimmer des klägerischen Gebäudes mit einem Abstand von einem Meter hinter dem Fenster positioniert worden. Dabei seien mittels einer Testfahrt die maximalen Werte ermittelt worden, die von den Stellplätzen Nrn. 1 und 2 und von dem „Be- und Entladepunkt“ vor dem Gebäude der Beigeladenen ausgehen würden. Gemäß des klägerischen Gutachtens sei hinsichtlich des Motorenlärms auf den Stellplätzen Nrn. 1 und 2 ein Wert von bis zu 55 dB(A), hinsichtlich des Motorenlärms im „Be- und Entladebereich“ ein Wert von bis zu 60 dB(A) und bei dem Zuschlagen von Autotüren ein Wert von bis zu 70 dB(A) gemessen worden. Es handele sich dabei zwar nicht um ein Sachverständigengutachten, jedoch sei erkennbar, dass insbesondere das Zuschlagen von Autotüren zu einer Überschreitung der Immissionsgrenzwerte führe. Diese Lärmbeeinträchtigungen würden sich regelmäßig auch zur Nachtzeit, insbesondere in den frühen Morgenstunden vor 6 Uhr ereignen. Hierzu wurde eine DVD an das Gericht übermittelt, auf welcher die von den Klägern angefertigte Aufzeichnung der Immissionen eines simulierten Parkvorgangs auf den Stellplätzen Nrn. 1 und 2 sowie auf dem „Be- und Entladebereich“ auf Höhe des Grundstücks FlNr. … samt dem Zuschlagen der Autotür gespeichert ist. Im Übrigen sind Handyvideos und Aufnahmen der Überwachungskameras auf dem klägerischen Grundstück enthalten, auf welchen vor allem Parkvorgänge auf den Stellplätzen des Baugrundstücks zu sehen sind.
54
Das Lärmgutachten der Beigeladenen sei auch im Übrigen fehlerhaft. Es sei kein Zuschlag für die Parkplatzart angesetzt worden. Die Stellplätze seien mit grobem Kalkschotter als Untergrund ausgestattet. Hier entstünden stärkere Schallemissionen als auf befestigten Stellplätzen. Die Schallimmissionen, die von den Stellplätzen auf dem Grundstück FlNr. … und einem Teil der Stellplätze auf dem Grundstück FlNr. … auf das klägerische Grundstück einwirkten, seien vom Beklagten ausgeblendet worden, weil es sich angeblich um bestandsgeschützte Anlagen einer Wohnnutzung handele. Tatsächlich werde aber das gesamte Gebäude genutzt, um ständig wechselnde Saisonarbeiter unterzubringen.
55
Von den vier südlichen Stellplätzen gehe zudem eine erdrückende Wirkung aus. Es sei keine ungestörte Nutzung des klägerischen Garten- und Freizeitbereichs möglich. Der Untergrund der Stellplätze (grober Kalkschotter) verursache zudem vermeidbaren Lärm. Beim Anfahren und Anhalten der Fahrzeuge komme es zu einem lauten Knirschen.
56
Im Rahmen des zu berücksichtigenden Gebots der Rücksichtnahme sei der Beigeladenen aufzuerlegen, dass alle oder ein Teil der Stellplätze auf dem nördlichen Grundstück FlNr. … errichtet werden. Diesbezüglich wurde eine Planskizze vorgelegt.
57
Es sei nicht verständlich, warum Stellplätze auf einer notwendigen Zufahrt (Grundstück FlNr. …) zu dem Grundstück FlNr. … genehmigt werden. Es sei auch fraglich, wer sich bei dem Beklagten in vielen Jahren daran erinnern werde, dass bei einem potentiellen Bauantrag für das Grundstück FlNr. … die Stellplätze Nrn. 5 und 6 den Zugang verhindern würden und die Nutzung des Gebäudes auf dem Grundstück FlNr. … folglich eingeschränkt werden müsse. Hierzu wurde eine Präsentation mit Lichtbildern, Skizzen und Detailangaben vorgelegt, aus welcher sich ergebe, dass die Stellplätze Nrn. 5 und 6 den Zugang zum Hauseingang und die Zufahrt zu dem Grundstück FlNr. … versperren würden.
58
Die Kläger hätten den Beklagten mit Schreiben vom 22. Oktober 2021 aufgefordert, die Vorgaben der Baugenehmigung zu prüfen. Dies betreffe insbesondere die Zeiten der An- und Abfahrten der „Feriengäste“ und die Kennzeichnung der Stellplätze. Außerdem sei der Beklagte aufgefordert worden, durch eine Auskunft aus dem Melderegister zu prüfen, ob für die genehmigte Dachgeschosswohnung konkrete Personen in das Melderegister eingetragen seien, welche auch tatsächlich dort wohnten. Dieses Schreiben sei bis zum 19. Januar 2022 unbeantwortet geblieben. Hierzu wurde das entsprechende Schreiben vom 22. Oktober 2021 an den Beklagten vorgelegt, aus welchem sich ergibt, dass seitens des Klägerbevollmächtigten ein Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gestellt wurde.
59
Die Kläger beantragen jeweils,
den Bescheid des Beklagten vom 18. Mai 2020 aufzuheben.
60
Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
61
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass der Einwand der Kläger, dass ein Stellplatz nicht nachgewiesen werden könne, nicht zum Erfolg der Klage führe. Art. 47 Abs. 1 Satz 1 BayBO sei nicht nachbarschützend, sondern diene ausschließlich dem öffentlichen Interesse an der Entlastung öffentlicher Verkehrsflächen vom ruhenden Verkehr (mit Verweis auf Rechtsprechung). Unabhängig davon komme die Beigeladene ihrer Verpflichtung zur Herstellung von sechs Stellplätzen nach. Maßgeblich für die Feststellung des Verlaufs der Grundstücksgrenzen sei der Nachweis des Grenzverlaufs im Liegenschaftskataster, der auch vom Entwurfsverfasser als Grundlage seiner Planung herangezogen worden sei. Lediglich die Frage der Situierung der Stellplätze könne im Einzelfall im Hinblick auf das Gebot der Rücksichtnahme nachbarschützend sein. Aus § 12 Abs. 2 BauNVO folge zwar, dass die aus der bestimmungsgemäßen Nutzung von planungsrechtlich zulässigen Stellplätze und Garagen erwachsenden Störungen regelmäßig von der Nachbarschaft hinzunehmen seien, jedoch diese unter dem Blickwinkel des Rücksichtnahmegebots nicht an jeder beliebigen Stelle errichtet werden könnten (mit Verweis auf Rechtsprechung). Garagen und Stellplätzen seien in ruhigen, rückwärtigen Gartenbereichen hinter Wohnhäusern häufig rechtlich bedenklich. Dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn sie durch die Lage, Zahl, Zuwegung und sonstigen Besonderheiten des Einzelfalls zu Beeinträchtigungen führen würden, die über das als sozialadäquat hinzunehmende Maß hinausgingen. Vorliegend sei die Zumutbarkeitsgrenze nicht überschritten. Die Zufahrt führe zwar am vorderen Bereich des Grundstücks der Kläger vorbei, jedoch sei dieser Bereich bereits durch Verkehrslärm der L.straße und des Privatweges belastet. Daher sei er nicht als schutzwürdiger ruhiger Gartenbereich anzusehen. Überdies würden von den Stellplätzen ausweislich des Schallschutzgutachtens keine unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen ausgehen.
62
Die Beigeladene stellte keinen Antrag, trägt jedoch vor, dass die im Bauplan eingezeichneten Stellplätze vom Beklagten vor Ort nachgemessen und als ordnungsgemäß befunden worden seien. Aus Rücksicht auf die Nachbarn, die die Einfahrt bis an das Ende befahren müssen, sei der unterste Stellplatz etwas in das eigene, direkt anliegende Grundstück verschoben worden, damit die reguläre Durchfahrtsbreite von 3,5 m breiter werde. Dies habe ein anderer Nachbar (Eigentümer der Grundstücke FlNrn. … und …) bei der Setzung seiner Grundstückseingrenzung ebenfalls getan. Hierdurch sei nicht gegen das Baurecht verstoßen worden, sondern es sei lediglich eine Erleichterung für das tägliche Befahren der Einfahrt geschaffen worden. Hierdurch habe die auf Höhe der Treppe der Kläger bestehende extreme Engstelle der Durchfahrt auf circa 4 m erweitert werden können. In der Praxis funktioniere das Parken ohne Probleme. Hierzu wurde ein Lichtbild vorgelegt.
63
Außerdem würden die zwei Wohnungen (Erdgeschoss und Dachgeschoss) zu Wohnzwecken vermietet. Entsprechende Mietverträge lägen vor. Einige Mieter hätten im Schichtdienst gearbeitet, sodass es auch nachts zu An- und Abfahrten gekommen sei. Um 4:50 Uhr sei das Zuschlagen einer Autotür durch die Zeitungszustellerin zu vernehmen. Die Gäste der Ferienwohnungen kämen aus den verschiedensten Gründen (Operationen in …, Reiturlaub, Monteure oder Besuche der Verwandtschaft) und würden meist nur wenige Tagen oder Wochen bleiben. Die Parkplätze seien gekennzeichnet und es liege im Haus ein Parkplatzplan aus. Die Baugenehmigung enthalte keine Auflage hinsichtlich des Untergrunds der Stellplätze. Die schallimmissionsschutztechnische Untersuchung sei nach den gesetzlichen Forderungen angefertigt worden. Bei dem Vorwurf der bewussten Täuschung handele es sich um eine Unterstellung.
64
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

65
Die zulässigen Klagen sind unbegründet. Die Kläger sind durch die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung weder hinsichtlich des Grundstücks FlNr. … (AN 3 K 20.01168) noch hinsichtlich des Grundstücks FlNr. … (AN 3 K 21.00225) in ihren drittschützenden Rechten verletzt.
66
Im Rahmen von Nachbarklagen ist der Klagegegenstand der Baugenehmigungsbescheid sowie das darin bezeichnete Bauvorhaben. Eine von dieser Genehmigung abweichende, den Nachbarn belästigende Nutzung ist nicht streitgegenständlich und kann der Nachbarklage daher nicht zum Erfolg verhelfen (BayVGH, B.v. 16.1.2014 - 9 B 10.1979 - juris Rn. 19). Eine genehmigungswidrige Nutzung abzustellen, die für den Nachbarn zu unzumutbaren Belästigungen oder Beeinträchtigungen führt, ist zunächst Aufgabe der Bauaufsichtsbehörde. Die dazu notwendigen rechtlichen Mittel stehen ihr zur Verfügung. Bleibt die Bauaufsichtsbehörde trotz gravierender und hartnäckiger Verstöße untätig, kann der Nachbar durch einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten ein behördliches Einschreiten rechtlich durchsetzen (vgl. BayVGH, U.v. 25.11.2013 - 9 B 09.952 - juris Rn. 51).
67
Die Kläger als Dritte können sich außerdem mit einer Anfechtungsklage nur dann mit Aussicht auf Erfolg gegen einen Baugenehmigungsbescheid zur Wehr setzen, wenn dieser rechtswidrig ist sowie die Rechtswidrigkeit auf der Verletzung einer Norm beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Dritten zu dienen bestimmt ist (sog. Schutznormtheorie, vgl. u.a. BayVGH, B.v. 30.7.2021 - 1 CS 21.1506 - juris Rn. 9 m.w.N.). Ein unmittelbarer Rückgriff auf Art. 14 Abs. 1 GG zur Begründung des Nachbarrechtsschutzes kommt dabei grundsätzlich nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber in Ausfüllung seines legislatorischen Gestaltungsspielraums aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nachbarliche Abwehrrechte verfassungskonform ausgestaltet hat und unter Einschluss der Grundsätze des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme ein geschlossenes System des nachbarlichen Drittschutzes bereitstellt (vgl. BayVGH, B.v. 26.4.2021 - 15 CS 21.1081 - juris Rn. 23 m.w.N.).
68
Vorliegend besteht keine Verletzung solcher drittschützender Rechte der Kläger. Es ist weder der Gebietserhaltungsanspruch (1.) noch das Gebot der Rücksichtnahme verletzt (2.). Auch die Abstandsflächen sind gewahrt (3.). Die Kläger können sich auch nicht auf eine Unbestimmtheit der Baugenehmigung berufen (4.). Die weiteren Einwände der Kläger können ebenfalls nicht zum Erfolg der Klage führen (5.).
69
1. Der Gebietserhaltungsanspruch der Kläger wird durch das Vorhaben nicht verletzt.
70
Der Gebietserhaltungsanspruch, auch Gebietsbewahrungsanspruch genannt, gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen (vgl. BayVGH, B.v. 27.12.2017 - 15 CS 17.2061 - juris Rn. 16). Dieser Anspruch gilt auch im faktischen Baugebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 8.1.2019 - 9 CS 17.2482 - juris Rn. 15). Es gibt ihn jedoch nicht gebietsübergreifend (vgl. BVerwG, B.v. 10.1.2013 - 4 B 48.12 - juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 18.10.2017 - 9 CS 16.883 - juris Rn. 22) oder in Gemengelagen (BayVGH, B.v. 12.2.2019 - 9 CS 18.177 - juris Rn. 19 m.w.N.), weil in solchen Fällen das typische Austauschverhältnis zwischen den Grundstücken fehlt, welches den bauplanungsrechtlichen Grund für ein nachbarliches - von konkreten Beeinträchtigungen unabhängiges - Abwehrrecht gegen das Eindringen gebietsfremder Nutzung darstellt (BVerwG, B.v. 18.12.2007 - 4 B 55.07 - juris Rn. 6; B.v. 22.12.2011 - 4 B 32.11 - juris Rn. 5).
71
Das Vorhabengrundstück befindet sich im unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB. Die Umgebungsbebauung entspricht dabei nach Einschätzung des Beklagten und der Standortgemeinde einem faktischen Mischgebiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO. Dieser Einschätzung wurde klägerseits nicht entgegengetreten und auch die Kammer folgt dieser. Angesichts der zahlreich vorhandenen landwirtschaftlich genutzten Gebäude scheidet die Annahme eines reinen oder allgemeinen Wohngebiets aus. Neben dem faktischen Mischgebiet wäre auch ein faktisches Dorfgebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO denkbar. Dies wirkt sich letztlich aber nicht entscheidend für die Kläger aus.
72
Gemäß § 13a Satz 1 BauNVO sind Ferienwohnungen im (faktischen) Mischgebiet allgemein zulässig. Darüber hinaus sind Ferienwohnungen gemäß § 13a Satz 1 BauNVO jedoch auch in Kleinsiedlungsgebieten (§ 2 BauNVO), allgemeinen Wohngebieten (§ 4 BauNVO), besonderen Wohngebieten (§ 4a BauNVO), Dorfgebieten (§ 5 BauNVO), dörflichen Wohngebieten (§ 5a BauNVO), urbanen Gebieten (§ 6a BauNVO) und Kerngebieten (§ 7 BauNVO) allgemein zulässig. Unabhängig von der Einordnung der Umgebungsbebauung - mit Ausnahme des reinen Wohngebiets, welches jedoch aufgrund der örtlichen Verhältnisse nicht angenommen werden kann - wäre daher der Gebietserhaltungsanspruch nicht verletzt.
73
Selbst wenn es sich bei dem streitgegenständlichen Vorhaben nicht um Ferienwohnungen handeln sollte, wäre das Vorhaben als sonstiger nichtstörender Gewerbebetrieb gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO bzw. § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO allgemein zulässig.
74
2. Das Bauvorhaben stellt sich gegenüber den Klägern auch nicht als rücksichtslos dar. Das Gebot der Rücksichtnahme ist nicht verletzt.
75
Das Gebot der Rücksichtnahme ist kein generelles Rechtsprinzip des öffentlichen Baurechts und verkörpert auch keine allgemeine Härteregelung, die über den speziellen Vorschriften des Städtebaurechts oder gar des gesamten öffentlichen Baurechts steht. Es ist vielmehr Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des Baurechts (BVerwG, U.v. 30.9.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58, 60) und als solches in den Tatbestandsmerkmalen der §§ 30 bis 35 BauGB und des § 15 Abs. 1 BauNVO enthalten (BVerwG, U.v. 30.9.1983 a.a.O.). Es ist gegenüber anderen (ausdrücklich und von vornherein) nachbarschützenden Vorschriften subsidiär (BVerwG, U.v. 27.6.2017 - 4 C 3.16 - juris Rn. 10).
76
Im unbeplanten Innenbereich ergibt sich das Gebot der Rücksichtnahme aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (im Falle der Wirksamkeit der Baugenehmigung), aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (im Falle eines sog. „faktischen Baugebiets“) oder über den Begriff des „Einfügens“ in § 34 Abs. 1 BauGB (im Falle einer sog. „Gemengelage“) (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 - 15 CS 17.2523 - juris).
77
Nach gefestigter Rechtsprechung hängen die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen (BayVGH, B.v. 30.7.2021 - 1 CS 21.1506 - juris Rn. 10). Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BayVGH, B.v. 22.1.2020 - 15 ZB 18.2547 - juris Rn. 11).
78
a) Das Gebot der Rücksichtnahme ist aufgrund der vorgetragenen Lärmbelästigung nicht verletzt.
79
Soweit ein Rücksichtnahmeverstoß aufgrund von Immissionsbelastungen geltend gemacht wird, wird zur Konturierung der Zumutbarkeitsschwelle des Rücksichtnahmegebots auf die materiell-rechtlichen Maßstäbe des Immissionsschutzrechts, also auf die Schwelle schädlicher Umwelteinwirkungen i.S. von § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 BImSchG zurückgegriffen (vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2019 - 15 ZB 17.2529 - juris Rn. 15 m.w.N.). Bei der Beurteilung einer Lärmbelastung kommt der TA Lärm als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift eine im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich zu beachtende Bindungswirkung zu, soweit diese für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2019 - 15 CE 18.2652 - juris Rn. 26 m.w.N.). Für die Einhaltung der aus §§ 3, 22 BImSchG folgenden Verpflichtung, das Vorhaben so zu errichten und zu betreiben, das von ihm keine das zulässige Maß überschreitenden schädlichen Umwelteinwirkungen ausgehen, hat die Baugenehmigungsbehörde im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zu sorgen. Dabei können auch Auflagen in einer Baugenehmigung, die für den Betrieb der genehmigten Anlage die Einhaltung bestimmter Immissionsrichtwerte anordnen, ausreichend sicherstellen, dass die zugelassene Nutzung keine für die Nachbarschaft unzumutbaren und damit gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßenden Lärmimmissionen hervorruft (BayVGH, B.v. 22.1.2020 - 15 ZB 18.2547 - juris Rn. 11).
80
Ausweislich der schallimissionsschutztechnischen Untersuchung vom 2. Mai 2019 gehen von den den Ferienwohnungen zugewiesenen Stellplätzen keine schädlichen Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG aus. Die Grenzwerte für ein Mischgebiet werden deutlich eingehalten.
81
Die Kammer hat dabei keine Zweifel an der Belastbarkeit des Gutachtens und weder die Ausführungen des Klägervertreters noch die der Kläger selbst konnten solche substantiiert darlegen.
82
Im Gutachten wurden richtigerweise nur die Stellplätze Nrn. 1 und 2 immissionsschutzrechtlich untersucht. Soweit die Kläger einwendeten, dass alle sechs Stellplätze hätten begutachtet werden müssen, so ist dem entgegenzuhalten, dass nur die zwei Stellplätze, die den Ferienwohnungen zugeordnet sind, unter die gewerbliche Nutzung fallen. Hinsichtlich der den Wohnungen zugeordneten Stellplätze ist der in § 12 Abs. 2 BauNVO enthaltenen Grundentscheidung Rechnung zu tragen. Nachbarn haben die von den Stellplätzen einer rechtlich zulässigen Wohnbebauung ausgehenden Emissionen im Regelfall hinzunehmen (BayVGH, B.v. 5.3.2021 - 1 CS 21.114 - juris Rn. 9). Solche Stellplätze sind nur dann ausnahmsweise gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO unzulässig, wenn ihre Nutzung zu unzumutbaren Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft führt. Dabei kommt der Zufahrt eine besondere Bedeutung zu, weil - jedenfalls bei Wohnbebauung - der Zu- und Abgangsverkehr die Nachbarschaft regelmäßig am stärksten belastet. Demgemäß begegnen Garagen und Stellplätze in ruhigen rückwärtigen Gartenbereichen hinter Wohnhäusern oft rechtlichen Bedenken. Ob sie im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO unzumutbar sind, richtet sich gleichwohl nach der Eigenart des Baugebiets. Eine generelle, für alle Standorte von Stellplätzen im rückwärtigen (Wohn-)Bereich geltende Beurteilung ist nicht möglich; sie hängt immer von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab (BVerwG, B.v. 20.3.2003 - 4 B 59.02 - juris Rn. 6). Eine solche Ausnahmesituation besteht vorliegend nicht. Es handelt sich zum einen um ein faktisches Mischgebiet, in welchem den Bewohnern grundsätzlich mehr zumutbar ist, und zum anderen ist der Garten der Kläger nicht als schutzwürdiger, rückwärtiger Gartenbereich einzustufen. Der Garten der Kläger ist nach vorne zur Straße hin ausgerichtet und bereits mit Immissionen durch den Privatweg und die L.straße vorbelastet.
83
Ob tatsächlich alle Stellplätze gewerblich genutzt werden, muss im hiesigen Verfahren nicht entschieden werden, da genehmigungswidriges Verhalten nicht Klagegegenstand ist.
84
In der Baugenehmigung ist mittels Auflage (Ziffer 2) auch geregelt worden, dass die Stellplätze Nrn. 1 und 2 auch tatsächlich den Ferienwohnungen zugeordnet werden. So kann eine Durchmischung der Stellplätze verhindert werden. Sollten die Stellplätze tatsächlich genehmigungswidrig genutzt werden, so handelt es sich um ein Problem des Vollzugs der Baugenehmigung. Hierauf ist gegebenenfalls mit Mitteln des Bauaufsichtsrechts zu reagieren.
85
Im Rahmen des Gutachtens wurde zurecht kein Zuschlag für die Parkplatzart erhoben. Der Klägervertreter rügte diesen Umstand und führte aus, dass aufgrund der Schotterung des Parkplatzes ein Zuschlag für die Parkplatzart hätte erhoben werden müssen. Das Gutachten basiert auf der Parkplatzlärmstudie (Parkplatzlärmstudie - Empfehlungen zur Berechnung von Schallemissionen aus Parkplätzen, Autohöfen und Omnibusbahnhöfen sowie von Parkhäusern und Tiefgaragen, 6. Auflage 2007). Gemäß dieser Parkplatzlärmstudie sind für folgende Arten von Parkplätze Zuschläge zu erheben: P+R Parkplatz, Parkplatz an einem Einkaufsmarkt, Parkplatz an einer Diskothek, Zentral Omnibushaltestelle, Abstellplatz bzw. Autohof für Lkw und Motorradparkplatz (vgl. S. 75 der Parkplatzlärmstudie unter 7.1.5). Nichtsdestotrotz sah der Gutachter den Umstand der Schotterung und legte ihn seinen Berechnungseingangsdaten zugrunde (siehe Anlage 2 des Gutachtens, Bl. 212 der Behördenakte zum Vorgang B-2018-193-3).
86
Des Weiteren sind die eigenen Lärmmessungen der Kläger nicht geeignet, die Feststellungen des Gutachtens zu erschüttern. Diese Messungen sind insoweit nicht hinreichend wissenschaftlich fundiert, da es sich nur um stichpunktartige Messungen handelt (BayVGH, B.v. 12.10.2015 - 2 CS 15.1601 - juris Rn. 11). Zudem wurden bei den klägerischen Messungen - soweit erkennbar - nur Ausschläge bis zu 60 dB(A) verzeichnet. Somit wären selbst nach den eigenen Messungen die Grenzwerte für kurzzeitige Geräuschspitzen im Mischgebiet (90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts, Ziffer 6.1 der TA Lärm) eingehalten. Nur unter dieses Kriterium kann die Messung der Kläger vernünftigerweise eingeordnet werden, da die in Ziffer 6.1 der TA Lärm angeführten Immissionsrichtwerte Mittelungspegel (vgl. Ziffer 2.7 der TA Lärm) darstellen.
87
In diesem Zusammenhang wird lediglich ergänzend darauf hingewiesen, dass Lärmschutzgutachten in der Regel auf Berechnungen bzw. Prognosen beruhen.
88
Aus Sicht der Kammer führt auch der Umstand, dass das Gutachten ausschließlich die anlagenbezogenen Immissionen zum Gegenstand hat, nicht zu einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme. Es sind bei der Nutzung von Ferienwohnung, abgesehen von den Stellplätzen, durchaus weitere Emissionen denkbar, die typischerweise bei dieser Nutzungsform einhergehen. Diese fallen jedoch im Vergleich zu den Stellplätzen aufgrund der beschränkten baulichen Kapazitäten bzw. Dimensionen des Vorhabens nicht besonders stark in das Gewicht und es ist aus Sicht der Kammer ausgeschlossen, dass es hierdurch zu einer nennenswerten Erhöhung der Immissionsbelastung der Kläger kommt.
89
Sonstige Mängel des Gutachtens sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
90
Im Übrigen können die weiteren vorgetragenen Belästigungen wie Feiern, Partys, Telefonate, Geräusche durch das Warmlaufenlassen des Motors, Hupen oder Geräusche durch den Transport von Werkzeugen/ Baumaterial nicht mehr dem Bauvorhaben angelastet werden. Hier handelt es sich um individuelles Fehlverhalten einzelner Besucher der Ferienwohnungen. Diesem ist mit Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts oder des zivilen Nachbarrechts zu begegnen (VG München, U.v. 15.10.2019 - M 1 K 18.4869 - juris Rn. 40).
91
b) Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme besteht auch nicht aufgrund einer vorgetragenen zu geringen Anzahl an Stellplätzen und den damit verbundenen Behinderungen des Privatwegs oder des Carports der Kläger.
92
Gemäß Art. 47 Abs. 1 Satz 1 BayBO müssen bei der Errichtung von Anlagen, bei denen ein Zu- oder Abfahrtsverkehr zu erwarten ist, Stellplätze in ausreichender Zahl und Größe und in geeigneter Beschaffenheit hergestellt werden. Die Pflicht zur Herstellung einer ausreichenden Zahl von Stellplätzen soll aber nicht die Nachbarn schützen; die Vorschrift dient vielmehr ausschließlich dem öffentlichen Interesse an der Entlastung der öffentlichen Verkehrsflächen vom ruhenden Verkehr. Rechte der Nachbarn werden nur verletzt, wenn die Genehmigung eines Vorhabens ohne die erforderlichen Stellplätze zu Beeinträchtigungen führt, die dem Nachbarn bei Abwägung aller Umstände unzumutbar sind. Das kann etwa der Fall sein, wenn der durch den Stellplatzmangel bewirkte Park- oder Parksuchverkehr den Nachbarn unzumutbar beeinträchtigt oder wenn die bestimmungsgemäße Nutzung des Nachbargrundstücks nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich ist (BayVGH, B.v. 25.8.2009 - 1 CS 09.287 - juris Rn. 39).
93
Nach diesen Grundsätzen ist das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt. Die bloße Anzahl der erforderlichen Stellplätze ist nicht drittschützend und die Kläger können sich auf etwaige Verstöße nicht berufen. Überdies sind die erforderlichen Stellplätze tatsächlich auch vorhanden. Das Bauvorhaben löst gemäß der auf Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayBO beruhenden Satzung über die erforderliche Zahl von Stellplätzen und über die Ablösung der Stellplatzpflicht vom … (Stellplatzsatzung) der Gemeinde … einen Bedarf in Höhe von sechs Stellplätzen aus (§ 2 Nr. 1 der Stellplatzsatzung). Diese sechs Stellplätze sind auch vorhanden und nachgewiesen. In der Baugenehmigung wurde mittels einer Auflage (Ziffer 5) sichergestellt, dass die geforderten sechs Stellplätze auch tatsächlich nachgewiesen werden. Im Falle des verbotswidrigen Parkens und des individuellen Fehlverhaltens einzelner Bewohner oder Gäste („wildes Parken“) ist mit Mitteln des Ordnungsrechts zu reagieren (BayVGH, B.v. 8.1.2019 - 9 CS 17.2482 - juris Rn. 21 m.w.N.).
94
Aus diesen Gründen können die Kläger auch nicht verlangen, dass die Beigeladene die Stellplätze auf dem Grundstück FlNr. … errichtet. Es ist auch unerheblich, ob der Stellplatz Nr. 1 auf dem Baugrundstück oder dem Grundstück FlNr. … liegt und ob die Stellplätze Nrn. 5 und 6 den Durchgang zum Hauseingang bzw. zum Grundstück FlNr. … blockieren. Diese Umstände können die Kläger als Nachbarn nicht in ihren Rechten verletzen.
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3. Das Vorhaben verstößt nicht gegen den Nachbarschutz dienende Vorschriften des Bauordnungsrechts, welche im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (Art. 59 BayBO), insbesondere nicht gegen die Vorschriften des Abstandsflächenrechts.
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Trotz des Umstands, dass im Rahmen der Änderung und Nutzungsänderung am Korpus des Bestandsgebäudes auf dem Grundstück der Beigeladenen keine baulichen Veränderungen vorgenommen werden sollen, war eine abstandsflächenrechtliche Neubeurteilung des gesamten Gebäudes erforderlich, da die Änderungen nachteilige Auswirkungen auf die Nachbarn haben können (BayVGH, B.v. 27.2.2015 - 15 ZB 13.2384 - juris Rn. 11).
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Zunächst ist festzustellen, dass der in den Bauvorlagen vorhandene Abstandsflächenplan fehlerhaft ist. Die Höhe der südlichen Hauswand wurde fälschlicherweise ab einer Terrasse statt der Geländeoberfläche gemessen (Art. 6 Abs. 4 Satz 2 BayBO). Das Maß erhöht sich dadurch um 0,3 m. Außerdem wurde die anteilige Höhe des Daches nicht berücksichtigt (Art. 6 Abs. 4 Satz 3 BayBO). Das Maß erhöht sich hierdurch um weitere 0,86 m (2,59 m / 3) im Bereich des Balkons bzw. um 1,12 m (3,36 m / 3) im westlichen Bereich der südlichen Hauswand. Es wäre daher im Abstandsflächenplan 8,66 H (7,80 m + 0,86 m) bzw. 8,15 H (7,03 m + 1,12 m) zugrunde zu legen gewesen.
98
Dieser Umstand führt für sich alleine betrachtet nicht zu einer Rechtsverletzung der Kläger (BayVGH, B.v. 20.3.2018 - 15 CS 17.2523 - juris Rn. 30; SächsOVG, B.v. 4.8.2014 - 1 B 56/14 - juris Rn. 13).
99
Hiervon ausgehend kamen die Abstandsflächen nach der im Zeitpunkt des Erlasses der Baugenehmigung geltenden Rechtslage (Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO 2018) - unter Anwendung des 16m-Privilegs nach Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO 2018 - nicht mehr auf dem Baugrundstück selbst zum Liegen, sondern nahmen circa 0,63 m des Privatwegs auf dem Grundstück FlNr. … in Anspruch. Dies hatte jedoch keine Verletzung des Abstandsflächenrechts zur Folge. Zwar steht einer Anwendung von Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO entgegen, dass es sich bei dem Privatweg auf dem Grundstück FlNr. … nicht um eine öffentliche Verkehrsfläche handelt, jedoch handelt es sich bei dem Privatweg um eine Fläche gemäß Art. 6 Abs. 3 Satz 2 BayBO. Das Wegegrundstück steht im Miteigentum sämtlicher Anlieger und ist im Grundbuch den jeweiligen Wohngrundstücken rechtlich zugeordnet. Auch können beispielsweise die Grundstücke FlNrn. …, … und … ausschließlich über diesen Privatweg erreicht werden. Aus diesen Gründen ist zumindest tatsächlich gesichert, dass der Weg in Zukunft nicht überbaut wird. In entsprechender Anwendung des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO wird ein privates Wegegrundstück den benachbarten bebaubaren Grundstücken zu gleichen Teilen zugeordnet und diese können den Weg jeweils bis zur Hälfte für ihre Abstandsflächen beanspruchen (vgl. zu der gesamten Thematik BayVGH, B.v. 7.2.2020 - 15 CS 19.2013 - juris Rn. 43; B.v. 30.4.2007 - 1 CS 06.3335 - juris Rn. 22; B.v. 22.2.2011 - 2 ZB 10.874 - juris Rn. 5). Der Privatweg weist im Bereich zwischen den Grundstücken der Kläger und der Beigeladenen eine Breite von ungefähr 3,3 m bis 3,5 m auf, sodass die Inanspruchnahme von circa 0,63 m durch die Beigeladene ohne weiteres zulässig war.
100
Nach der seit 1. Februar 2021 geltenden Fassung des Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO beträgt die Tiefe der Abstandsflächen nunmehr nur noch 0,4 H statt zuvor 1 H. Diese Änderung der Gesetzeslage kommt der Beigeladenen auch zugute, da es sich um eine für die Bauherrin günstige Änderung handelt (BVerwG, B.v. 8.11.2010 - 4 B 43.10 - juris Rn. 9). Hierdurch wird eine Inanspruchnahme des Privatwegs nicht mehr erforderlich und die Abstandsflächen kommen vollständig auf dem Baugrundstück zum Liegen.
101
Dies gilt auch hinsichtlich des Balkons des Gebäudes auf dem Grundstück der Beigeladenen. Dieser weist eine eigene Abstandsfläche auf, da er aufgrund seiner Ausmaße nicht unter Art. 6 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 BayBO fällt. Die Abstandsflächen befinden sich nach der Gesetzesänderung vollständig auf dem Baugrundstück.
102
4. Da eine Rechtsverletzung der Kläger nach obigen Ausführungen nicht vorliegt, kann auch eine etwaige Unbestimmtheit der Baugenehmigung nicht zum Erfolg der Klage führen.
103
Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss die im Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten - gegebenenfalls nach Auslegung - eindeutig zu erkennen und einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich sein. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls, wobei Unklarheiten zu Lasten der Behörde gehen. Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt vor, wenn die Unbestimmtheit der Baugenehmigung ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft. Eine Baugenehmigung ist daher aufzuheben, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Antragsunterlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann. Der Inhalt der Baugenehmigung bestimmt sich nach der Bezeichnung und den Regelungen im Baugenehmigungsbescheid, der konkretisiert wird durch die in Bezug genommenen Bauvorlagen (vgl. BVerwG, B.v. 20.5.2014 - 4 B 21.14 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 10.1.2022 - 1 CS 21.2776 - juris Rn. 13, B.v. 23.9.2020 - 1 CS 20.1595 - juris Rn. 3; B.v. 27.11.2019 - 9 ZB 15.442 - juris Rn. 10). Nicht mit Genehmigungsvermerk versehene Unterlagen können allenfalls dann zur Auslegung des Inhalts der Baugenehmigung herangezogen werden, wenn anderweitig im Genehmigungsbescheid oder in den (gestempelten) Bauvorlagen auf sie Bezug genommen wird (BayVGH, B.v. 11.3.2022 - 15 ZB 21.2871 - juris Rn. 17).
104
Ein derartiger Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG hat regelmäßig die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts zur Folge. Die Nichtigkeit des Verwaltungsakts bewirkt ein Mangel nur dann, wenn er besonders schwerwiegend ist und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist (Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG). Die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts ist stets als besondere Ausnahme von dem Grundsatz anzusehen, dass ein Akt der staatlichen Gewalt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich trägt und vom Bürger nur auf dem Rechtsweg beseitigt werden kann. Selbst ein Verwaltungsakt, der einer gesetzlichen Grundlage entbehrt oder gegen eine wichtige Rechtsbestimmung verstößt, ist nicht allein schon aus diesem Grund nichtig. Eine Verletzung des Bestimmtheitsgebots hat nur bei völliger Unbestimmtheit oder Unverständlichkeit eines Verwaltungsakts dessen Nichtigkeit zur Folge (vgl. BVerwG, B.v. 11.5.2000 - 11 B 26.00 - NVwZ 2000, 1039; BayVGH, U.v. 27.3.2012 - 8 B 12.112 - BayVBl 2013, 342), also dann wenn der Betroffene dem Bescheid dessen Regelungsgehalt schlechthin nicht mehr entnehmen kann (BayVGH, B.v. 18.3.2021 - 1 CS 20.2788 - juris Rn. 14).
105
Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend weder von einer Nichtigkeit des Bescheids auszugehen noch führt eine etwaige Unbestimmtheit des Bescheids zu einer Rechtsverletzung der Kläger.
106
a) Es kann dahinstehen, ob zwischen der Baugenehmigung und der Betriebsbeschreibung ein Widerspruch besteht, denn jedenfalls kann dieser Umstand nicht zu einer Rechtsverletzung der Kläger führen. Dieser Aspekt führt auch nicht zu einer Nichtigkeit des Bescheids.
107
Hinsichtlich der angegriffenen Baugenehmigung besteht folgende Problematik. Aus dem Bescheid selbst ergibt sich, dass eine Baugenehmigung für die künftige Nutzung des Bestandsgebäudes unter anderem als Ferienwohnungen erteilt wurde. Mit der Auflage Ziffer 1 wurden die Betriebsbeschreibungen vom 8. Januar und 30. November 2018 zum Bestandteil des Bescheids gemacht. Ausweislich der Betriebsbeschreibung vom 30. November 2018 sollen die als Ferienwohnungen betitelten Wohnungen auch an Monteure vermietet werden. Dieser Aspekt betrifft dabei ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal, da sich der mögliche Widerspruch in einer Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs oder des Gebots der Rücksichtnahme manifestieren könnte.
108
Gemäß § 13a Satz 1 BauNVO werden Ferienwohnungen als Räume oder Gebäude, die einem ständig wechselnden Kreis von Gästen gegen Entgelt vorübergehend zur Unterkunft zur Verfügung gestellt werden und die zur Begründung einer eigenen Häuslichkeit geeignet und bestimmt sind, definiert. Nach dieser Vorschrift zählen Ferienwohnungen in der Regel (je nach Baugebiet) zu den nicht störenden Gewerbebetrieben bzw. zu den sonstigen Gewerbebetrieben.
109
Monteurswohnungen bzw. Arbeitnehmerwohnheime stellen - ähnlich wie sog. Boardinghäuser - eine Übergangsform zwischen einer Wohnnutzung und einem Beherbergungsbetrieb dar, wobei die schwerpunktmäßige Zuordnung von den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls abhängt (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2016 - 15 CS 16.1417 - juris Rn. 14; B.v. 22.1.2020 - 15 ZB 18.2547 - juris Rn. 8; OVG Berlin-Bbg, B.v. 6.7.2006 - OVG 2 S 2.06 - BauR 2006, 1711 = juris Rn. 8 ff.). Indizien für das Vorliegen eines Beherbergungsbetriebs können sein, wenn die für einen Beherbergungsbetrieb typischen Dienstleistungsbereiche, wie etwa Speise- und Aufenthaltsräume mit zugehörigem Personalservice, angeboten werden (BayVGH, B.v. 13.8.2020 - 15 CS 20.1512 - juris Rn. 37). Der bauplanungsrechtliche Begriff des Wohnens wird dagegen durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, eine Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie der Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet (BayVGH, B.v. 13.8.2020 - 15 CS 20.1512 - juris Rn. 40).
110
Ausgehend von der Baugenehmigung und dem von der Beigeladenen vorgelegten Betriebskonzept, fällt die Nutzung als Monteurswohnungen weder unter den Begriff des Wohnens noch stellt sie einen Beherbergungsbetrieb dar. Für eine Wohnnutzung fehlt es an der Gewährleistung der Privatsphäre der Arbeitnehmer sowie an der Dauerhaftigkeit des Wohnens, ohne ständig wechselnden Personenkreis (vgl. hierzu ausführlich BayVGH, B.v. 13.8.2020 - 15 CS 20.1512 - juris Rn. 41 f.). Ein Beherbergungsbetrieb kann in Ermangelung des Vorliegens der typischen Serviceleistungen und Räumlichkeiten ebenfalls nicht angenommen werden. Daher liegt wohl hinsichtlich der Nutzung als Monteurswohnungen ein sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb vor (vgl. BayVGH, B.v. 13.8.2020 - 15 CS 20.1512 - juris Rn. 44).
111
Dieser Umstand führt nicht zu einer Nichtigkeit der Baugenehmigung. Wie oben angeführt ist die Nichtigkeit eines Bescheids nur ausnahmsweise in besonders schwerwiegenden Fällen denkbar. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der Bescheid ist noch hinreichend bestimmt genug, um den Regelungsgehalt erkennen zu können. Außerdem fehlt es an der Offenkundigkeit. Im Übrigen wäre eine subjektive Rechtsverletzung (vgl. BVerwG, B.v. 9.12.1981 - 7 B 46.81 - juris Rn. 3) der Kläger erforderlich, welche nicht vorliegt (siehe dazu folgende Ausführungen).
112
Außerdem kann - selbst bei unterstellter Widersprüchlichkeit der Baugenehmigung - ausgeschlossen werden, dass die Kläger hierdurch in ihren Rechten verletzt werden.
113
Bezüglich dieses Aspekts kommt von vornherein nur die Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs und des Gebots der Rücksichtnahme in Betracht.
114
aa) Eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs ist ausgeschlossen.
115
Die Kläger können sich zwar grundsätzlich auf den Gebietserhaltungsanspruch berufen, jedoch ist dieser vorliegend nicht verletzt. Im (faktischen) Mischgebiet bzw. (faktischen) Dorfgebiet sind sowohl Ferienwohnungen als auch Monteurswohnungen allgemein zulässig. Hinsichtlich der Ferienwohnungen folgt dies bereits aus § 13a Satz 1 BauNVO. Wie oben dargestellt können Monteurswohnungen unter die Wohnnutzung, Beherbergungsbetriebe oder sonstigen Gewerbebetriebe fallen. Jede der genannten Nutzungen ist im Mischgebiet bzw. Dorfgebiet allgemein zulässig, wodurch eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs ausscheidet (vgl. hierzu VGH BW, B.v. 19.7.2016 - 5 S 2220/15 - juris).
116
bb) Es ist ebenfalls ausgeschlossen, dass es diesbezüglich zu einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme kommt.
117
Die mögliche unterschiedliche Nutzungsart der Wohnungen könnte allenfalls Auswirkungen hinsichtlich der Immissionsbelastung haben.
118
Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme scheidet jedoch aus. Soweit die Kläger meinen, dass das Gutachten fehlerhaft und daher nicht belastbar sei, weil es sich bei dem streitgegenständlichen Vorhaben tatsächlich um „Monteurswohnungen“ handele, stimmt die Kammer dem nicht zu. Jedenfalls ist angesichts der zu erwartenden Immissionsbelastung eine Rücksichtslosigkeit gegenüber den Klägern ausgeschlossen.
119
Es ist für die Kammer nicht ersichtlich, inwiefern eine Nutzung als Monteurswohnungen zu einer solch signifikanten Erhöhung des durch das schalltechnische Gutachten vom 2. Mai 2019 ermittelten Beurteilungspegels führen soll. Es handelt sich hierbei um einen aus dem Mittelungspegel gebildeten Wert und es ist nicht erkennbar und außerhalb jeglicher Lebenserfahrung, dass dieser Wert bei der Nutzung als Wohnungen für Monteure den im Mischgebiet und Dorfgebiet gemäß TA Lärm geltenden Immissionsrichtwert übersteigen oder auch nur in dessen Nähe reichen könnte. Das Gutachten berücksichtigt dabei zwar ausschließlich den Lärmpegel der zwei den Ferienwohnungen zugewiesenen Stellplätze und es wird keine Aussage bezüglich sonstiger, mit der Nutzung von Ferienwohnungen einhergehender Immissionen getroffen, jedoch ist es offensichtlich ausgeschlossen, dass es hierdurch zu einer Überschreitung der Grenzwerte kommen könnte. Zumal die von den Stellplätzen ausgehenden Emissionen den Großteil der Immissionsbelastung für die Kläger ausmachen und es im Übrigen schon fraglich ist, inwiefern sich tatsächlich weitergehende Immissionen bei einer Nutzung als Monteurswohnungen im Vergleich zu einer Nutzung als Ferienwohnungen ergeben. Das Gutachten ist dabei aus Sicht der Kammer - wie oben bereits ausgeführt - auch belastbar.
120
b) Auch die fehlende Angabe der Betten- bzw. Gästeanzahl in Kombination mit der fehlenden Festsetzung eines einzuhaltenden Immissionsgrenzwerts in der Baugenehmigung führen nicht zu einer Rechtsverletzung der Kläger.
121
Weder aus der Baugenehmigung noch aus den Betriebsbeschreibungen noch aus den Bauplänen geht hervor, wie viele Betten in den Ferienwohnungen vorhanden sind oder wie viele Personen dort untergebracht werden können bzw. sollen. Dieser Umstand wäre unschädlich, wenn im angefochtenen Bescheid über eine Auflage geregelt worden wäre, dass der Lärmbeitrag der Ferienwohnungen am relevanten Immissionsort (klägerisches Wohngebäude) einen bestimmten Immissionsrichtwert nicht überschreiten darf (BayVGH, B.v. 22.1.2020 - 15 ZB 18.2547 - juris Rn. 26). An einer solchen Auflage fehlt es jedoch im streitgegenständlichen Bescheid. In der Ziffer 2 der Auflagen wird lediglich das Schallschutzgutachten zum Bestandteil der Baugenehmigung gemacht und vorgeschrieben, dass die dort genannten Ausgangsdaten zu beachten sind. Da es sich bei der TA Lärm um eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift handelt, müssen die dort benannten Grenzwerte explizit mittels Auflage im Bescheid festgesetzt werden, um Bindungswirkung für den Baugenehmigungsinhaber zu entfalten.
122
In der Rechtsprechung wird teilweise vertreten, dass eine solche Begrenzung oder Angabe der Personen- bzw. Bettenanzahl erforderlich sei, damit der Nachbar zuverlässig einschätzen könne, mit welcher Immissionsbelastung er rechnen müsse (BayVGH, B.v. 28.10.2015 - 9 CS 15.1633 - juris Rn. 22 ff.; VG München, U.v. 29.2.2016 - M 8 K 14.4469 - juris Rn. 54 ff.).
123
Dem vorliegend zu entscheidenden Fall liegt jedoch eine gänzlich andere Konstellation zugrunde. Die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 28.10.2015 - 9 CS 15.1633 - juris) erging hinsichtlich eines Kiosks mit Freiterrasse, Pavillons sowie Umkleide- und Sanitärräumen. Das Verwaltungsgericht München (U.v. 29.2.2016 - M 8 K 14.4469 - juris) hatte sich mit der Errichtung von drei Wohngebäuden mit insgesamt 46 Wohneinheiten sowie einer Tiefgarage zu befassen.
124
In der hiesigen Verwaltungsstreitsache ist aufgrund dreier Aspekte auszuschließen, dass es zu einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme kommen wird.
125
Das Bauvorhaben sowie die Grundstücke der Kläger liegen - wie bereits ausgeführt - im faktischen Mischgebiet. Gemäß Ziffer 6.1 Buchst. d der TA Lärm sind im Mischgebiet und Dorfgebiet tagsüber 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) zulässig. Demnach ist den Bewohnern des Mischgebiets oder Dorfgebiets grundsätzlich mehr zumutbar als beispielsweise den Bewohnern eines allgemeinen oder reinen Wohngebiets.
126
Ausweislich des schalltechnischen Gutachtens vom 2. Mai 2019 führen die zwei den Ferienwohnungen zugeordneten Stellplätze zu einer Immissionsbelastung der Kläger von 30 dB(A) tags und 33 dB(A) nachts. Auch das sog. Spitzenpegelkriterium wird jeweils eingehalten. Es wird hierdurch ersichtlich, wie weit die berechnete Immissionsbelastung unter den zulässigen Grenzwerten der TA Lärm liegt. Es ist daher aus Sicht der Kammer völlig ausgeschlossen, dass es unabhängig von der Belegung der Ferienwohnungen im Rahmen der aufgrund der Größe zur Verfügung stehenden Kapazität zu einer Überschreitung der Grenzwerte kommen könnte. Diesbezüglich ist auch anzumerken, dass beispielsweise eine etwaige Verdoppelung des Zu- und Abfahrtsverkehrs von den Stellplätzen nicht zu der Verdoppelung eines immissionsbezogenen Pegelwerts, sondern nur zu seiner Erhöhung um 3 dB(A) führen würde (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 23.7.2013 - 2 ZB 11.1605 - juris Rn. 5; B.v. 20.4.2016 - 22 ZB 16.9 - juris Rn. 14; OVG Rh-Pf, B.v. 31.10.2019 - 8 B 11389/19 - juris Rn. 24; HessVGH, B.v. 19.9.2019 - 3 B 1535/18.N - juris Rn. 30).
127
Zuletzt ist hinsichtlich des Bauvorhabens zumindest von einer baulichen Begrenzung der Betten- bzw. Personenanzahl auszugehen. Dies kompensiert nach Meinung der Kammer die fehlende Festsetzung einer Begrenzung im Rahmen der Baugenehmigung. Es handelt sich vorliegend um zwei kleine Ferienwohnungen mit 34,26 qm (Ferienwohnung 1) und 44,30 qm (Ferienwohnung 2). Die Ferienwohnungen verfügen über jeweils zwei Schlafzimmer. Die Größe der Schlafzimmer ist dabei in der Ferienwohnung 1 mit 7,95 qm und 12,81 qm, in der Ferienwohnung 2 mit 12,93 qm und 9,93 qm angegeben. Diese baulichen Ausmaße verdeutlichen, dass es rein aufgrund der beengten Platzverhältnisse ausgeschlossen ist, dass es zu einer über das übliche Maß hinausgehenden Belegung kommen kann. Auf den in der Behördenakte vorhandenen Lichtbildern der Ferienwohnungen (Bl. 16, 17 und 20 der Behördenakte zum Vorgang …) ist zudem zu erkennen, dass die Schlafräume teilweise mit Einzel- und teilweise mit Stockbetten ausgestattet sind. Hierdurch sind dann auch jeweils die räumlichen Kapazitäten der Schlafräume ausgefüllt.
128
Sollte es dennoch zu einer Überbelegung kommen, wäre dies dann schlichtweg nicht mehr der Baugenehmigung zuzurechnen, sondern auf ein Fehlverhalten der Beigeladenen als Vermieterin zurückzuführen. Außerdem könnte eine Überbelegung auch mit der Festsetzung einer Begrenzung der Betten- bzw. Personenanzahl nicht verhindert werden. Hier wäre jeweils mit bauaufsichtlichen Ordnungsmitteln zu reagieren. Zudem gilt im Immissionsschutzrecht der Grundsatz (zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG), dass das „Sicherstellen“ der Einhaltung immissionsschutzrechtlicher Grundpflichten nicht bedeutet, dass das Nichtüberschreiten verbindlicher Grenzwerte mit zweifelsfreier Sicherheit festzustehen hat und auch sonst keine nur denkbare Möglichkeit der Herbeiführung schädlicher Umwelteinwirkungen bestehen darf. Vielmehr müssen Risiken, die als solche erkannt sind, mit hinreichender, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein (BayVGH, B.v. 2.6.2014 - 22 CS 14.739 - juris Rn. 33). Diese Risiken sind aufgrund der baulichen Verhältnisse vor Ort mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen.
129
In diesem Zusammenhang muss auch der Einwand der Kläger, sämtliche Wohnungen im Gebäude auf dem Grundstück der Beigeladenen würden als Monteurswohnungen genutzt, unberücksichtigt bleiben. Sofern sich die Beigeladene möglicherweise unter Verstoß gegen die Genehmigung nicht daran halten sollte, ausschließlich die zwei Ferienwohnungen als solche zu vermieten, kann dies nicht zur Unbestimmtheit oder Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung führen, sondern ggf. zur Notwendigkeit von (bau-)aufsichtlichen Maßnahmen im Rahmen des Vollzugs (vgl. BayVGH, U.v. 25.11.2013 - 9 B 09.952 - juris Rn. 51 und U.v. 16.1.2014 - 9 B 10.1979 - juris Rn. 19).
130
5. Auch die übrigen Einwände der Kläger verhelfen diesen nicht zum Erfolg der Klage.
131
Der Einwand der Kläger, die Baugenehmigung sei schon deswegen rechtswidrig, weil das Bauvorhaben die Anforderungen an die Beschaffenheit des Grundstücks nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 BayBO nicht erfülle, greift schon deswegen nicht durch, weil die Einhaltung der Erfordernisse des Art. 4 BayBO im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 Abs. 1 BayBO nicht geprüft wird. Im Übrigen kommt dieser Vorschrift kein Drittschutz zu (BayVGH, B.v. 26.4.2021 - 15 CS 21.1081 - juris Rn. 33).
132
Dasselbe gilt für die Vorschrift des Art. 5 BayBO. Diese wird im vereinfachten Genehmigungsverfahren ebenfalls nicht geprüft, sodass sich die Kläger nicht auf eine etwaige Verletzung berufen können. Im Übrigen kommt dieser Vorschrift ebenfalls kein Drittschutz zu (VG München, B.v. 16.9.2016 - M 8 SN 16.2790 - juris Rn. 92).
133
Die Kläger können sich auch nicht auf denkmalschutzrechtliche Belange berufen. Zwar befinden sich in der Umgebung des Bauvorhabens Baudenkmäler, jedoch ist hier nur ein Abwehrrecht der Eigentümer dieser Baudenkmäler denkbar. Dritte können sich dagegen nicht auf die Beeinträchtigung anderer Baudenkmäler berufen (BayVGH, B.v. 19. 4.2017 - 9 CS 17.195 - juris Rn. 19 f.)
134
Auch der Einwand, dass es zu einer höheren Abnutzung und einem höheren Verschleiß des Privatwegs komme, trägt nicht. Hierzu erfolgte schon kein substantiierter Vortrag der Kläger. Zudem erscheint es aus Sicht der Kammer als äußerst fraglich, ob sich dieser genannte Nachteil in Gestalt einer schnelleren Abnutzung des Privatwegs überhaupt messen lässt. Aber selbst wenn man dies bejahen wollte, so wäre ein darin liegender Nachteil jedenfalls nur derart geringfügig, dass er von den Klägern hingenommen werden müsste (vgl. VGH BW, B.v. 21.12.2001 - 8 S 2749/01 - juris Rn. 4).
135
Ein Verstoß des Bauvorhabens gegen Brandschutzvorschriften ist für die Kammer nicht erkennbar. Zudem besteht keine Gefahr, dass die Kläger davon betroffen sein könnten.
136
Nach alldem waren die Klagen abzuweisen.
137
6. a) Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und Abs. 3, 159 Satz 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
138
Es entspricht dabei der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, da sie sich durch den Verzicht einer Antragstellung keinem Kostenrisiko aussetzte.
139
b) Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.