Titel:
Kein Anspruch auf Corona-Pflegebonusrichtlinie für Pflegende in ambulanten Einrichtungen
Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1
Leitsatz:
Die ständige Förderpraxis des Freistaats Bayern, nach der mit der Corona-Pflegebonusrichtlinie ganz überwiegend nur Pflegende in stationären Einrichtungen gefördert werden, jedoch nicht Personen, die in ambulanten Einrichtungen tätig sind, ist nicht zu beanstanden (hier: Pflege in einer ambulanten Tagesklinik, in der Patienten überwiegend medizinisch-therapeutisch behandelt werden). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Versagungsgegenklage, Zuwendungsrecht, Corona-Pflegebonus, onkologische Tagesklinik, Corona, Pflegebonus, Antragsberechtigung, stationär, ambulant, Tagesklinik
Fundstelle:
BeckRS 2022, 21185
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Bewilligung und Auszahlung eines Bonus für Pflege- und Rettungskräfte in B. (Corona-Pflegebonus) in Höhe von 500,00 EUR.
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Am 16. Mai 2020 beantragte die Klägerin über ein entsprechendes Online-Formular die Gewährung eines Corona-Pflegebonus. Beigefügt waren dem Antrag ein Identitätsnachweis sowie eine Arbeitgeberbescheinigung. Mit der letztgenannten wurde bestätigt, dass die Klägerin als Gesundheits- und Krankenpflegerin im O. Zentrum D. mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von über 25 Stunden beschäftigt ist. Aus einer nachgereichten Arbeitgeberbescheinigung vom 18. August 2020 ergibt sich, dass es sich dabei um eine o. Tagesklinik handelt.
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Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid des B. Landesamtes für Pflege vom 8. September 2020 ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Klägerin erfülle nicht die in der Richtlinie über die Gewährung eines Bonus für Pflege- und Rettungskräfte in B. (Corona-Pflegebonusrichtlinie - CoBoR) vorgesehenen Voraussetzungen für die Bewilligung. Die Zuwendung erfolge in Ausübung billigen Ermessens als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Dies sei in den Vorbemerkungen der Corona-Pflegebonusrichtlinie klargestellt. Die Corona-Pflegebonusrichtlinie als einschlägige Förderrichtlinie sei Grundlage für die behördliche Ermessensentscheidung und für die Ausübung der den Gleichheitssatz wahrenden Verwaltungspraxis maßgebend. Begünstigte im Sinne der Förderrichtlinie seien Pflegende in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, stationären Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen sowie ambulanten Pflegediensten. Auch Rettungssanitäter, Rettungsassistenten, Notfallsanitäter und nichtärztliche Einsatzkräfte im Rettungsdienst seien Begünstigte. Das Beschäftigungsverhältnis müsse am 7. April 2020 bestanden haben und nach seiner vertraglichen Bestimmung überwiegend im Freistaat B. ausgeübt werden. Den Antragsunterlagen sei zu entnehmen, dass die Klägerin am 7. April 2020 nicht in einer der in der Corona-Pflegebonusrichtlinie genannten Einrichtungen tätig gewesen wäre. Daher sei ihr Antrag abzulehnen.
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Mit Schreiben vom 11. September 2020, eingegangen am 17. September 2020, erhob die Klägerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg und beantragte sinngemäß,
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den Bescheid des B. Landesamts für Pflege vom 8. September 2020 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr den beantragten Corona-Pflegebonus i.H.v. 500,00 EUR zu bewilligen und auszuzahlen.
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Zur Begründung verweist die Klägerin auf ein beigefügtes Schreiben Ihres Arbeitgebers. Hieraus ergebe sich, dass sie Anspruch auf den Corona-Pflegebonus habe. Der Arbeitgeber der Klägerin führt im Wesentlichen aus, dass er acht o. Tageskliniken betreibe. Hier würden ausnahmslos Krebspatienten behandelt und in diesem Zusammenhang auch gepflegt. Die Patienten würden in den Einrichtungen bis zu acht Stunden verbringen und circa 60% der Patienten seien in einer palliativen Situation. Es handle sich bei der Betreuung und Behandlung sowie der Pflege dieser Krebspatienten um krankenhausersetzende Leistungen während und nach den z.B. durchgeführten Chemotherapien. Diese Tätigkeiten würden von Gesundheits- und Krankenpfleger/innen und von MFA’s gleichermaßen nicht außerplanmäßig, sondern regelmäßig durchgeführt. Während der Corona-Pandemie sei der Pflegeanteil überproportional, da die meisten Krankenhäuser keine Versorgung von Krebspatienten durchgeführt hätten. Die Angestellten würden eine dem Pflegeberuf vergleichbare Tätigkeit ausführen und pflegerisch eingesetzt. Da der Corona-Pflegebonus grundsätzlich nicht aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Berufsgruppe, sondern anhand der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit gewährt werde, würden alle Gesundheits- und Krankenpfleger/innen sowie alle MFA’s der o. Tageskliniken des Arbeitgebers der Klägerin die Voraussetzungen für die Begünstigung erfüllen.
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Mit Schreiben vom 1. Februar 2021 beantragte das Landesamt für den Beklagten unter Vorlage der Verfahrensakten
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Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin nicht die Anspruchsvoraussetzungen der Förderrichtlinie erfülle. Laut eigenen Angaben sei die Klägerin am 7. April 2020 im o. Zentrum D. beschäftigt gewesen. Hierbei handele es sich um eine o. Tagesklinik und damit um keine(n) begünstigte(n) Einrichtung bzw. Tätigkeitsbereich.
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Die Beteiligten wurden zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Die Entscheidung konnte im vorliegenden Fall durch Gerichtsbescheid ergehen, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden zu diesem Vorgehen nach § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO angehört. Einer Zustimmung der Beteiligten bedarf es nicht (vgl. auch BVerwG, B.v. 11.7.2019 - 3 B 50.18 - juris Rn. 10).
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Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Bewilligung und Auszahlung des beantragten Corona-Pflegebonus (§ 113 Abs. 5 VwGO). Vielmehr erweist sich der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 8. September 2020 als rechtmäßig.
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1. Bei Zuwendungen der vorliegenden Art handelt es sich um freiwillige Maßnahmen des Beklagten. So wird in der Vorbemerkung der Corona-Pflegebonusrichtlinie ausdrücklich klargestellt, dass der Bonus eine freiwillige Leistung ist und nach Maßgabe der Richtlinie und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen des Freistaats B. als Billigkeitsleistung ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird.
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Eine Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie im billigen Ermessen der Behörde unter Beachtung des Haushaltsrechts (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis.
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Sind die Fördervoraussetzungen - wie hier - zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht - wie Gesetze oder Rechtsverordnungen - gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (aktuell z.B. BayVGH, B.v. 8.11.2021 - 6 ZB 21.1889 - juris Rn. 6; B.v. 8.11.2021 - 6 ZB 21.2023 - juris Rn. 6; vgl. ferner BVerwG, U.v. 16.6.2015 - 10 C 15.14 - juris Rn. 24; B.v. 11.11.2008 - 7 B 38.08 - juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 26 m.w.N.; B.v. 9.3.2020 - 6 ZB 18.2102 - juris Rn. 9; VG Augsburg, U.v. 14.1.2022 - Au 8 K 20.2083 - juris Rn. 19 m.w.N.; VG München, U.v. 27.1.2020 - M 31 K 19.4697 - juris Rn. 22; U.v. 28.8.2019 - M 31 K 19.203 - juris Rn. 15).
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Ein Anspruch auf Förderung kann daher im Einzelfall dann bestehen, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Zuwendungsgebers auch gefördert werden (BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 26; vgl. auch VG München, U.v. 28.8.2019 - M 31 K 19.203 - juris Rn. 15; im Zusammenhang der Corona-Pflegebonusrichtlinie VG Regensburg, GB v. 20.1.2021 - RO 6 K 20.1523 - BeckRS 2021, 705 Rn. 19).
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Ausgangspunkt ist demnach die ständige Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen, sofern sie nicht im Einzelfall aus anderen Gründen zu rechtswidrigen Ergebnissen führt. Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle muss bleiben (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 22. Aufl. 2021, § 40 Rn. 42 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 114 Rn. 41 ff.).
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2. Nach den dargelegten Grundsätzen steht der Klägerin kein Anspruch auf Gewährung des Corona-Pflegebonus zu. Weder die Richtlinie selbst noch ihr hier zur Ablehnung führender Vollzug sind vorliegend rechtlich beanstanden. Dies gilt insbesondere für die - hier letztlich entscheidende - ständige Förderpraxis des Beklagten, nach der ganz überwiegend nur Pflegende in stationären Einrichtungen gefördert werden, jedoch nicht Personen, die in ambulanten Einrichtungen tätig sind, wie vorliegend die Klägerin in einer o. Tagesklinik (vgl. auch VG München, U.v. 21.4.2021 - M 31 K 20.5454 - juris Rn. 18). Bei der Einrichtung, in der die Klägerin tätig ist, handelt es sich auch nicht um einen ambulanten Pflegedienst im Sinne der Förderrichtlinie, da dort die Patienten im Wesentlichen nicht pflegerisch betreut, sondern ambulant medizinisch-therapeutisch behandelt werden (vgl. VG Augsburg, U.v. 14.1.2022 - Au 8 K 20.2083 - juris Rn. 23)
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a) Die Abgrenzung des zuwendungsberechtigten Personenkreises in der durch die Corona-Pflegebonusrichtlinie vorgenommenen Art und Weise, namentlich durch eine Beschränkung auf bestimmte Einrichtungen einerseits und eine tätigkeitsbezogene Komponente andererseits, begegnet zunächst schon grundsätzlich keinen rechtlichen Bedenken, sondern ist vielmehr sachgerecht.
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Der Kreis der durch die Corona-Pflegebonusrichtlinie begünstigten Personen ist in Nr. 2 der Richtlinie näher umrissen. Begünstigte im Sinne der Förderrichtlinie sind danach Pflegende in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, stationären Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen sowie ambulanten Pflegediensten. Ebenso begünstigt sind tatsächlich in der Pflege Tätige, deren ausgeübte berufliche Tätigkeit der Pflege entspricht und mit dieser vergleichbar ist. In stationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen sind alle Beschäftigten begünstigt, die körperlich eng an und mit Menschen mit Behinderung arbeiten. Auch Rettungssanitäter, Rettungsassistenten, Notfallsanitäter und nichtärztliche Einsatzkräfte im Rettungsdienst sind Begünstigte. Eine beispielhafte Auflistung der Begünstigten findet sich in den Anlagen 1, 2 und 3 zur Richtlinie.
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Es handelt sich hierbei im Sinne der oben dargelegten Anforderungen der Rechtsprechung um eine Abgrenzung des Kreises der Begünstigten nach sachlichen Gesichtspunkten, die insbesondere auch vom Zweck der freiwilligen Leistung getragen wird. Gemäß Nr. 1 Satz 2 CoBoR geht es dem Zuwendungsgeber darum, das überdurchschnittliche Engagement der in B. in der professionellen Pflege, im Rettungsdienst und in den stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe Tätigen gerade im Hinblick auf die aktuelle Corona-Pandemie - auch für die Zukunft - besonders zu würdigen und anzuerkennen. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege als Richtliniengeber hat dies weitergehend wie folgt präzisiert und ergänzt: „Der Corona-Pflegebonus erkennt das Engagement der Pflegekräfte an, die in besonderer Weise dauerhaft und intensiv mit den Herausforderungen der Corona-Pandemie konfrontiert waren. Die Pflegekräfte mussten hierbei insbesondere versuchen, die Präsenz von Angehörigen zu ersetzen, die wegen Besuchsverboten in den begünstigten Einrichtungen nicht emotional und sozial für die Betroffenen sorgen konnten. Vor allem auch dieses besondere menschliche Engagement sollte mit dem Bonus des Freistaates gewürdigt werden“ (vgl. VG München, U.v. 21.4.2021 - M 31 K 20.5454 - juris Rn. 21 unter Verweis auf die Antwort des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege auf eine Schriftliche Anfrage des Abg. Krahl, LT-Drs. 18/11079 vom 15.1.2021, S. 2).
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Es steht im Einklang mit dieser Zielsetzung, dass der Richtliniengeber den Kreis der Begünstigten anhand bestimmter Einrichtungen und näher umrissener Qualifikationen bzw. Berufsbilder abgrenzt, die er mit Blick auf diese für besonders relevant erachten durfte. Bei den nach der Richtlinie begünstigten stationären Einrichtungen, namentlich Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, stationären Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen handelt es sich sämtlich um solche, in denen der vorgenannte Grundgedanke einer Substitution der Präsenz naher Angehöriger in der Zeit pandemiebedingter, umfassender Besuchseinschränkungen ohne Weiteres greift. Es ist ferner eine von sachlichen Gründen getragene Wertung des Richtliniengebers, dass er in den Kreis der Einrichtungen, in denen eine Begünstigung der Pflegenden in Betracht kommt, auch die ambulanten Pflegedienste einbezieht. Nach der Corona-Pflegebonusrichtlinie relevant sind ansonsten - vom Rettungsdienstwesen abgesehen - lediglich stationäre Einrichtungen. Die durch den Pflegebonus verfolgte Zielsetzung, besonders den „Ersatz“ persönlicher Kontakte zu würdigen, ist indessen auch im Fall ambulanter Pflegedienste gegeben. Nachvollziehbar handelt es sich auch insoweit um eine Situation, in der die Pflegekräfte häufig die wesentlichen oder einzigen Ansprechpartner gerade solcher Pflegebedürftiger waren, die altersbedingt einer Risikogruppe angehören und von Besuchseinschränkungen besonders betroffen waren (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2021 - 6 ZB 21.2023 - juris Rn. 14 ff.; VG Augsburg, U.v. 14.1.2022 - Au 8 K 20.2083 - juris Rn. 33 ff.; VG München, U.v. 21.4.2021 - M 31 K 20.5454 - juris Rn. 22 ff.).
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Dass der Richtliniengeber damit die ansonsten in der Richtlinie verfolgte Beschränkung auf stationäre Einrichtungen durchbricht, zeigt, dass bei der Abgrenzung des begünstigten Personenkreises nicht schematisch, sondern nach sachbezogenen Kriterien vorgegangen wird. Das ergänzende Kriterium, wonach tatsächlich in der Pflege Tätige, deren ausgeübte berufliche Tätigkeit der Pflege entspricht und mit dieser vergleichbar ist, ebenso begünstigt sind (Nr. 2 Satz 2 CoBoR), zeugt ebenso von einer sachgerechten und in Grenzen auch der Einzelfallgerechtigkeit verpflichteten Festlegung des begünstigten Personenkreises. Insgesamt ist daher der sehr weite Spielraum des Richtliniengebers, den Kreis der Begünstigten der finanziellen Zuwendung nach sachlichen Gesichtspunkten abzugrenzen, nicht überschritten. Der Richtliniengeber und mit ihm die Vollzugsbehörde sind daher insbesondere auch befugt, die mit der Zuwendung in besonderer Weise zu würdigende soziale Substitutionsfunktion der Pflegenden gerade auch typisierend-einrichtungsbezogen zu erfassen und darauf in ihrer Abgrenzung der Zuwendungsberechtigten abzustellen (vgl. ebd.).
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b) Auch die Förderpraxis des Beklagten auf Grundlage der Richtlinie begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Dies gilt insbesondere auch für die weitgehende Differenzierung zwischen einerseits stationären und andererseits ambulanten Einrichtungen, die hier letztlich dazu führt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Bewilligung und Auszahlung des Corona-Pflegebonus geltend machen kann.
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aa) Gemäß der Förderpraxis des Beklagten wird bei der Bearbeitung von Zuwendungsanträgen eine zweistufige Prüfung vorgenommen: Zunächst kommt es darauf an, ob der jeweilige Antragsteller in einer begünstigungsfähigen Einrichtung im Sinne von Nr. 2 Satz 1 CoBoR tätig ist, und (erst) bejahendenfalls, ob die konkrete Tätigkeit eine pflegerische Tätigkeit nach Maßgabe der Corona-Pflegebonusrichtlinie darstellt (Nr. 2 Satz 3 bis 5, Anlagen 1 bis 3 CoBoR). Nach Nr. 2 CoBoR sind begünstigt im Sinne der Richtlinie Pflegende in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, stationären Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen sowie ambulanten Pflegediensten (Nr. 2 Satz 1). Ebenso begünstigt sind tatsächlich in der Pflege Tätige, deren ausgeübte berufliche Tätigkeit der Pflege entspricht und mit dieser vergleichbar ist (Nr. 2 Satz 2) sowie in stationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen alle Beschäftigten, die körperlich eng an und mit Menschen mit Behinderung arbeiten (Nr. 2 Satz 3) und daneben auch Rettungssanitäter, Rettungsassistenten, Notfallsanitäter und nichtärztliche Einsatzkräfte im Rettungsdienst (Nr. 2 Satz 4). Beispielhafte Aufzählungen der Begünstigten sind in den Anlagen 1, 2 und 3 näher ausgeführt (Nr. 2 Satz 5).
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Maßgeblich für eine Förderung ist nach ständiger Verwaltungspraxis des Beklagten, dass der jeweilige Antragsteller in einer begünstigungsfähigen Einrichtung tätig ist und kumulativ, dass die konkrete Tätigkeit nach Maßgabe der CoBoR im Sinne einer pflegerischen Tätigkeit förderfähig ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2021 - 6 ZB 21.1889 - juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 8.11.2021 - 6 ZB 21.2023 - juris Rn. 8; vgl. ferner aktuell z.B. VG Augsburg, U.v. 14.1.2022 - Au 8 K 20.2083 - juris Rn. 26 m.w.N.)
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Die Aufzählung der begünstigungsfähigen Einrichtungen in Nr. 2 Satz 1 CoBoR (Krankenhäuser einschließlich der in diese integrierten Tageskliniken, Polikliniken und Ambulanzen, Rehabilitationskliniken, stationäre Alten- und Behinderteneinrichtungen sowie ambulante Pflegedienste) wird vom Beklagten in ständiger Verwaltungspraxis als abschließend verstanden und gehandhabt (BayVGH, B.v. 8.11.2021 - 6 ZB 21.1889 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 8.11.2021 - 6 ZB 21.2023 - juris Rn. 9; aktuell VG Augsburg, U.v. 14.1.2022 - Au 8 K 20.2083 - juris Rn. 27 m.w.N.). Der Beklagte bezieht die vorgenannte, ergänzende Begünstigung von in der Pflege Tätigen, deren ausgeübte berufliche Tätigkeit der Pflege entspricht und mit dieser vergleichbar ist (Nr. 2 Satz 2 CoBoR), ausschließlich auf das Kriterium der Qualifikation bzw. Tätigkeit des Pflegenden. Nicht hingegen wird auf Grundlage dieser „Vergleichbarkeitsregel“ der Kreis der begünstigten Einrichtungen erweitert. Anders gewendet führt nach der Förderpraxis des Beklagten auch eine möglicherweise im Sinne der Richtlinie mit der Pflege vergleichbare berufliche Tätigkeit nicht zu einer Begünstigung, wenn der jeweils Tätige nicht in einer in der Corona-Pflegebonusrichtlinie genannten Einrichtung beruflich eingesetzt ist. Dass die Regelung der Corona-Pflegebonusrichtlinie insoweit gegebenenfalls auch anders verstanden werden könnte, ist unerheblich. Wie ausgeführt, ist keine gerichtliche Auslegung der Richtlinie angezeigt, entscheidend ist allein die Förderpraxis des Beklagten, die im Übrigen nach Auffassung des Gerichts auch vom Wortlaut der Richtlinie ohne Weiteres gedeckt ist (vgl. auch BayVGH, B.v. 8.11.2021 - 6 ZB 21.2023 - juris Rn. 10; VG München, U.v. 21.4.2021 - M 31 K 20.5454 - juris Rn. 26). Sowohl nach dem Verständnis des Richtliniengebers als auch nach der entsprechenden Verwaltungspraxis des Beklagten ist mit den in Anlage 2 zur CoBoR verwandten Begriffen „Tagesklinik, Poliklinik oder Ambulanz“ lediglich ein von einem Krankenhaus selbst bereitgestelltes und betriebenes Angebot gemeint, nicht dahingegen eine in der Nähe eines Krankenhauses von anderen Trägern betriebene Einrichtung. Hieran ändert auch eine etwaig räumliche Angliederung und/ oder enge Kooperation mit einem Krankenhaus nichts (vgl. dazu BayVGH, B.v. 8.11.2021 - 6 ZB 21.1889 - juris Rn. 13).
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Aus alledem ergibt sich, dass der Beklagte in seiner ständigen Verwaltungspraxis - von ambulanten Pflegediensten sowie dem Bereich des Rettungsdienstwesens abgesehen - nur in stationären Einrichtungen Tätige zum Kreis der Begünstigten zählt, zu dem die Klägerin folglich nicht gehört (vgl. VG München, U.v. 21.4.2021 - M 31 K 20.5454 - juris Rn. 27).
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bb) Ausgehend hiervon ist auch die Einzelfallentscheidung des Beklagten auf der Grundlage seiner ständigen Förderpraxis, die Klägerin nicht zum Kreis der Begünstigten zu zählen, im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden; insbesondere sind die Grenzen des Willkürgebots gewahrt (Art. 3 Abs. 1 GG). Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine gleichmäßige Verwaltungspraxis. Dazu gehört das Verbot einer nicht durch sachliche Unterschiede gerechtfertigten Differenzierung zwischen verschiedenen Sachverhalten bei der Förderung (BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 32). Dabei steht es dem Richtliniengeber frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute oder gegebenenfalls sogar bessere Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt damit nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten (vgl. etwa VG Würzburg, U.v. 14.12.2020 - W 8 K 20.862 - juris Rn. 51 m.w.N.).
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Das ist nach Überzeugung des Gerichts hier nicht der Fall. Der Beklagte geht in seiner Förderpraxis bei der Abgrenzung des begünstigten Personenkreises von einer typisierend betrachteten Pflegesituation aus. Er hält die maßgebliche Zielsetzung der Förderung, nämlich die Würdigung des Ersatzes von Angehörigenkontakten durch Pflegekräfte in der Zeit pandemiebedingter Kontaktbeschränkungen, in einem Kanon bestimmter Einrichtungen für in besonderer Weise gegeben und beschränkt den Kreis der Begünstigten folglich auf Pflegende, die in solchen Einrichtungen tätig sind. Diese bereits an sich nicht zu beanstandende Vorgehensweise begegnet auch konkret mit Blick auf den aus dieser Praxis folgenden Ausschluss insbesondere ambulanter Tageskliniken keinen Bedenken. Der Beklagte kann sich jedenfalls auf einen sachlichen Grund berufen, wenn er davon ausgeht, dass sich die für die Gewährung des Pflegebonus relevante Pflegesituation im Bereich einer (o.) Tagesklinik typischerweise so nicht ergibt. Wenngleich ohne Zweifel - wie die Klägerin einwendet - auch in diesem Bereich erheblicher pflegerischer Einsatz gefordert ist, der gerade in Zeiten der Corona-Pandemie nochmals erhöhte Anforderungen mit sich bringt, findet die Pflegetätigkeit in einer Tagesklinik regelmäßig nicht in der gleichen Dauerhaftigkeit und einer die Beschäftigungssituation prägenden Weise statt, wie dies insbesondere bei ambulanten Pflegediensten oder in den stationären Einrichtungen der Fall ist. Auch wenn in der konkreten Behandlungssituation in einer Tagesklinik davon auszugehen ist, dass in diesem Zeitraum eine pflegerische Versorgung entsprechend disponierter Patienten erforderlich sein kann, so handelt es sich doch insgesamt um nur zeitweise stattfindende Maßnahmen mit therapeutischem Zweck. Ziel der Behandlung in einer Tagesklinik ist weniger die pflegerische Versorgung der Patienten, vielmehr findet dort ambulante medizinische Therapie statt. Mit dieser durch den Beklagten vorgenommenen Grenzziehung, die letztlich gezielt nur pflegerische Tätigkeiten und bestimmte institutionelle Einsatzfelder begünstigt, nicht aber Pflege- und Versorgungstätigkeiten, die gleichsam anlässlich oder im Zuge anderweitiger (ambulanter) medizinisch-therapeutischer Behandlungen erbracht werden, liegt jedenfalls eine durch sachliche Gründe gerechtfertigte Differenzierung vor (vgl. auch VG München, U.v. 21.4.2021 - M 31 K 20.5454 - juris Rn. 33).
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c) Damit liegen bei der Klägerin die in der Corona-Pflegebonusrichtlinie dargelegten Zuwendungsvoraussetzungen nicht vor, wie sie vom Beklagten in ständiger Verwaltungspraxis vollzogen werden. Sie ist in einer o. Tagesklinik, also einer ambulanten Einrichtung tätig. Eine Tätigkeit in dieser Einrichtung führt nach der auf den Regelungen der CoBoR (Nr. 2 CoBoR) fußenden Verwaltungspraxis des Beklagten nicht zu einer Begünstigung (vgl. auch VG München, U.v. 21.4.2021 - M 31 K 20.5454 - juris Rn. 37). Hieran ändert nach obigen Maßgaben insbesondere weder der Einwand der Klägerin einer Erbringung von „krankenhausersetzenden“ Leistungen, noch die Schilderung der konkreten Abläufe bzw. Behandlungssituation im O. Zentrum D. als ambulanter Tagesklinik etwas.
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3. Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch auch nicht aus dem (etwaigen) Umstand herleiten, dass möglicherweise andere Antragsteller der gleichen Einrichtung rechtswidrig begünstigt wurden. Denn Art. 3 Abs. 1 GG begründet keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Verhältnis zu solchen Personen, denen rechtswidrige Vergünstigungen zugewandt werden. Es würde umgekehrt auf eine unzulässige rechtswidrige Bevorzugung hinauslaufen, wenn die Klägerin allein im Hinblick auf derartige Vergleichsfälle einen Anspruch auf einen Bonus erlangen würde (VGH BW, U.v. 21.8.1990 - 10 S 1389/89 - juris Rn. 26; vgl. auch BVerwG, U.v. 23.4.2003 - 3 C 25/02 - juris Rn. 17; eingehend VG Regensburg, GB v. 20.1.2021 - RO 6 K 20.1523 - BeckRS 2021, 705 Rn. 27 f.). Eine Gleichbehandlung „im Unrecht“ kann die Klägerin mithin nicht beanspruchen. Mit einer in Einzelfällen (etwaig) unrichtigen Sachbehandlung hat der Beklagte zudem auch keine abweichende Verwaltungspraxis konstituiert. Für die Annahme einer kraft behördlicher Selbstbindung beachtlichen neuen Verwaltungspraxis bedarf es einer aus den Umständen des Einzelfalls erkennbar werdenden Absicht, zukünftig vergleichbare Fälle ebenso zu behandeln. Eine solche Praxis setzt dabei bewusst und gewollt dauerhaft geänderten Vollzug voraus, der sich aus einer im Nachhinein als fehlerhaft erkannten Rechtsanwendung des Beklagten gerade nicht ergibt. Der Beklagte hat die Möglichkeit, in solchen Fällen von den Aufhebungsvorschriften der Art. 48 ff. BayVwVfG, namentlich der Rücknahmebefugnis des Art. 48 BayVwVfG, Gebrauch zu machen, damit rechtswidrige Bewilligungen des Corona-Pflegebonus rückgängig zu machen und entsprechende Auszahlungen zurückzufordern (Art. 49a BayVwVfG).
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4. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO (i.V.m. § 84 Abs. 1 Satz 3 VwGO) abzuweisen.
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5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 84 Abs. 1 Satz 3, 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.