Titel:
Digitalisierungsbonus Bayern, Antragsberechtigung freier Berufe, Einordnung als Standard, DATEV-Anbindung, Scanner
Normenkette:
Richtlinien zum Förderprogramm „Digitalbonus“
Schlagworte:
Digitalisierungsbonus Bayern, Antragsberechtigung freier Berufe, Einordnung als Standard, DATEV-Anbindung, Scanner
Fundstelle:
BeckRS 2022, 21134
Tenor
1.Die Klage wird abgewiesen.
2.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides des Beklagten vom 04.05.2021 die Verurteilung des Beklagten, ihr eine Zuwendung in Höhe von 6.490 EUR für die Anschaffung einer „Scannerbox Kanzlei 120 pro“ im Rahmen des Förderprogramms Digitalbonus Bayern zu gewähren.
2
Mit digitalem Antrag vom 04.05.2020, der am 27.05.2020 zusätzlich in Papierform bei der … einging, beantragte die Klägerin als Kleinunternehmen die Gewährung einer Zuwendung aus dem Förderprogramm „Digital Bonus Bayern“. Zunächst waren im Antrag Gesamtausgaben in Höhe von EUR 30.000 angegeben, hierunter fielen neben der Anschaffung der oben genannten Scanner-Lösung ein Videokonferenzsystem und entsprechendes Mobiliar. Nach einem Telefonat mit der Förderstelle beschränkte die Klägerin den Antrag auf die Scanner-Lösung, als sie mit E-Mail vom 30.07.2020 mitteilte, dass die Maßnahme abgeschlossen sei. Die Investitionssumme sollte laut der damit und einer später eingereichten Rechnung bei insgesamt 12.980 EUR netto (Behördenakten Seiten 53 und 60) liegen und für die Anschaffung, Lieferung und Einrichtung einer „Scannerbox Kanzlei 120 pro“ verwendet werden.
3
Die … hörte die Klägerin mit Schreiben vom 25.02.2021 zu einer beabsichtigten Ablehnung des Antrags an. Darin wurde ausgeführt, dass die beabsichtigte Scanlösung in erster Linie zum Erfassen und Ablegen von Dokumenten und Belegen in verschiedenen Systemen diene und demnach der Standard-Hardware eines Steuerbüros zuzuordnen sei. Die Maßnahme sei daher nicht förderfähig.
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Die Klägerin antwortete hierauf mit Schreiben vom 02.03.2021, aus ihrer Sicht sei die angeschaffte Lösung eine Speziallösung, die mit herkömmlichen Scannern nicht zu vergleichen sei. Es handele sich um einen Hochleistungsscanner, der zudem eine Anbindung an das bestehende Dokumentenmanagementsystem habe. Weiterhin sei über einen Smart-Token der gesicherte Zugang an das DATEV-Rechenzentrum gegeben. So könne für den jeweiligen Mandanten die Buchführung digitalisiert und in der DATEV-Cloud abgespeichert werden. Dies ermögliche, Belege bzw. Auswertungen von und zu den Mandanten zu übertragen. Hieraus ergebe sich auch der gegenüber Standard-Scannern deutlich höhere Preis. Letztlich sei das gekaufte Produkt eine auf die Kanzlei zugeschnittene digitale Hochleistungs-Lösung.
5
Der Beklagte wies mit Bescheid vom 04.05.2021 den Antrag ab. Zur Begründung ist ausgeführt, dass es sich sowohl bei dem Scanner als auch bei der Anbindung in das DATEV Softwaresystem um eine für das Steuerberaterbüro standardmäßige Ausstattung handle. Daher sei die Maßnahme nach Ziff. 2 und Ziff. 5.2.1 Satz 2 der zugrundeliegenden Richtlinie nicht förderfähig.
6
Gegen den Bescheid, der der Klägerin ausweislich der Postzustellungsurkunde am 07.05.2021 zuging, hat die Klägerin mit Fax vom 20.05.2021, das am gleichen Tag bei Gericht einging, Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben. Sie beantragt,
„die unter Vorgangsnummer … ergangene, ablehnende Entscheidung ist aufzuheben. Der Antrag zum Digital bonus.Bayern ist wie beantragt zu gewähren.“
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Zur Begründung gibt sie an, die Richtlinie sei fehlerhaft angewendet worden. Zu den weiteren Argumenten wurde auf den mit der Behörde geführten Schriftverkehr verwiesen.
8
Der Beklagte ist der Klage mit Schriftsatz vom 14.07.2021 entgegengetreten und beantragt,
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Gemäß Ziffer 2 der Richtlinie erfolge die Förderung für die Entwicklung, Einführung oder Verbesserung von Produkten, Dienstleistungen und Prozessen durch IKT-Hardware, IKT-Software sowie Migration und Portierung von IT-Systemen und IT-Anwendungen im Unternehmen und die Einführung oder Verbesserung der IT Sicherheit im Unternehmen. Ziel des Digitalbonus sei es, kleine Unternehmen zu unterstützen, ihre Produkte, Dienstleistungen und Prozesse digital zu transformieren und ihre IT-Sicherheit zu verbessern (Ziffer 1 Satz 2 der Richtlinie). Keine Zuwendungen würden nach ständiger Förderpraxis der Bewilligungsbehörden in Übereinstimmung mit Ziffer 5.2.1 Satz 2 der Richtlinie für Ausgaben unter anderem für „Standard-Hardware“ gewährt. Entgegen der Auffassung der Klägerin unterscheide die Richtlinie auch nicht zwischen Standard- und Spezialscannern. Die Aufteilung von Hard- und Software, die die Richtlinie zum Standardbereich zähle, sei beispielhaft und nicht abschließend. Ungeachtet der Ausstattung im System, handele es sich in erster Linie um eine Lösung zum Erfassen und Ablegen von Dokumenten und Belegen und daher um Standard-Hardware. Der Oberste Rechnungshof habe zudem darauf hingewiesen, dass DATEV-Anbindung, sowie DATEV-Anwendungen bei Steuerberatern als Standard-Software einzustufen seien. Soweit die Klägerin ergänzend aufgrund der Höhe der Anschaffungskosten davon ausgehe, dass es sich nicht um Standard-Hardware handeln könne, sei anzumerken, dass die Anschaffungskosten kein ausschlaggebendes Kriterium zur Bewertung der Zuwendungsfähigkeit einzelner Positionen seien.
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Auf gerichtliche Hinweise hin, ergänzte die Beklagtenseite (Schriftsatz vom 10.11.2021), die Klägerin sei antragsbefugt. Nach ständiger Förderpraxis sei der Zeitpunkt der Antragstellung und die zu diesem Zeitpunkt geltende Richtlinie und Förderpraxis maßgeblich. Nach der zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblichen Richtlinie, sei die in der Rechtsform einer GmbH betriebene Klägerin antragsberechtigt gewesen, da sie einen Gewerbebetrieb kraft Rechtsform betrieben habe. Standard-Hardware werde in der Richtlinie durch eine beispielhafte Aufführung von ausgeschlossenen Inhalten definiert. Eine konkrete Definition des Begriffs „Standard“ gebe es nicht. Detailliert werde dies in einer Rot-Gün-Liste behandelt. Diese nehme letztlich eine Unterscheidung von Standard-Hard und -Software und damit förderfähiger Hard- und Software vor. Dort seien insbesondere Multifunktionsgeräte sowie Büroscanner (unabhängig von ihrer Ausstattung) der Basisausstattung und damit der Standard-Hardware zugerechnet worden. Entsprechende Auszüge der verschiedenen Versionen der genannten Rot-Gün-Liste wurden vorgelegt. Dies entspreche der bayernweiten Förderpraxis. Auch die Koordinierungsstelle des Digitalbonus, die den bayernweit einheitlichen Fördervollzug koordiniere, stufe die streitgegenständliche Scanner-Lösung als nichtförderfähige Standard-Hardware ein. Eine Prozessdigitalisierungssoftware, die über die Funktionalitäten der Scanlösung hinausgehe, sei nicht ersichtlich. Durch die streitgegenständliche Scanner-Lösung selbst würden keine digitalen Prozesse angestoßen werden. Es komme lediglich zu einer Übertragung der Daten in ein digitales System, welches dann diese Daten mittels einer Software in einer digitalen Prozesskette weiterverarbeiten könne. Selbst die Dokumentenmanagementlösung der DATEV, welche hinsichtlich des Funktionsumfangs und Digitalisierungsgrades deutlich über die streitgegenständliche Lösung hinausgehe, werde vom Obersten Rechnungshof als Standard-Anwendung betrachtet. Hierzu wurde Schriftverkehr vorgelegt, auf den Bezug genommen wird.
11
Die Klägerin ergänzte mit Schreiben vom 24.08.2021 zu den Ausführungen des Beklagten, dass durch die Scanner-Lösung eine Einführung von digitalen Prozessen erfolgt sei, bei der die Digitalisierung der Buchführung vom Mandanten erst ermöglicht werde. Damit gehe ein erheblicher Mehrwert für den Mandanten und für die Buchführungsqualität einher. Zudem betonte sie, dass durch die Anpassung der Scanlösung auf interne Prozesse (Datei Management System, Anbindung an die DATEV-Cloud), sowie aufgrund der hohen Kosten kein Standardprodukt vorliegen könne. Eine Transformation von analogen Belegen in digitale Lösungen, sei nur mit einer Scanner-Lösung möglich und diese damit Beginn des Digitalisierungsprozesses.
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Im Schriftsatz vom 08.12.2021 trug sie weiter vor, ebenfalls davon auszugehen, antragsberechtigt zu sein. Es sei bemerkenswert, dass der Begriff Standard-Hardware nicht definiert werde, jedoch in den Richtlinien Anwendungen finde. Nach der gängigen Begriffsdefinition müsse der Begriff so ausgelegt werden, dass es sich um überwiegend einheitliche und meistverwendete Artikel handle. Dieses Kriterium erfülle das streitgegenständliche Produkt weder in technischer noch in finanzieller Hinsicht. Weiter sei zu betonen, dass es eine Anbindung an das Dokumentenmanagementsystem gebe. Auch die Übermittlung digitalisierter Unterlagen direkt in das DATEV Rechenzentrum sei zu beachten und nach der Rot-Gün-Liste förderfähig. Mit der im Internet gefundenen Definition der Prozessdigitalisierung als einen abstrakten und umfangreichen Vorgang, mit dem sämtliche Prozesse digitalisiert werden können, und das Ziel verfolgt werde, dass statistische, modellierte Prozesse in dynamische Prozesse umgestaltet werden, um schlussendlich flexible Workflow Funktionalitäten zu implementieren, sei bei der streitgegenständlichen Lösung auch eine Prozessdigitalisierung gegeben. Durch die Anbindung an das Rechenzentrum der DATEV könnten automatisiert Belege der Buchführungsmandate in „DATEV-Unternehmenonline“ direkt über die Scannerbox hochgeladen werden. Dort würden buchungsrelevante Daten erkannt werden. Die Mandanten hätten dann die Möglichkeit, Belege getrennt nach Rechnungseingang, Rechnungsausgang, Bank- oder Kassenbelegen zu suchen und zu verwalten. Es bestehe zudem die Möglichkeit der Weiterverarbeitung durch den Mandanten. Ein digitaler Workflow entstehe damit sowohl für die Klägerin, als auch für ihre Mandanten.
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In einem Hinweisschreiben vom 10.12.2021 fasste die Berichterstatterin den Sach- und Streitstand zusammen und gab Hinweise zur rechtlichen Einordnung. Darin signalisierte sie, dass die Klage tendenziell wenig Erfolg haben dürfte. Gleichzeitig wurde zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
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Für den Beklagten hat die … mit Schreiben vom 15.12.2021 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid mitgeteilt. Der Klägerin, der das Hinweisschreiben laut Empfangsbekenntnis bzw. Telefonat vom 14.12.2021 noch im Dezember zuging, hat sich nicht geäußert.
15
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO.
Entscheidungsgründe
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Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.
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1. Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg.
18
Sie ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage zulässig. Der streitgegenständliche Ablehnungsbescheid vom 04.05.2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Sie hat keinen Anspruch auf die begehrte Förderung.
19
Die jeweils gemäß Nr. 7.1 der Richtlinien zum Förderprogramm „Digitalbonus“ vom 12.09.2016 sowie vom 09.09.2020 sachlich und örtlich zuständige … hat im streitgegenständlichen Bescheid vom 04.05.2021 die Sach- und Rechtslage zutreffend dargestellt und dabei auf die einschlägigen Rechtsgrundlagen verwiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid, den die … in ihren Klageerwiderungen noch ergänzt und vertieft hat, Bezug genommen und insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden (§ 117 Abs. 5 VwGO). Das Klagevorbringen führt zu keiner anderen Beurteilung. Im Einzelnen ist auszuführen:
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1.1 Die Klägerin ist nach Nr. 3 (Zuwendungsempfänger) der Förderrichtlinien zum Förderprogramm „Digitalbonus“ vom 12.09.2016 antragsberechtigt. Danach sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU) der gewerblichen Wirtschaft mit einer Betriebstätte in Bayern antragsberechtigt, in der die geförderte Maßnahme auch zum Einsatz kommt. Ausweislich der Hinweise des Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie lehnt sich der Fördergeber in seiner Förderpraxis an die Regelung der „Richtlinie zur regionalen Wirtschaftsförderung“ (Anm. Richtlinie zur Durchführung des bayerischen regionalen Förderprogramms für die gewerbliche Wirtschaft vom 01.07.2014, Az. III/2-3541/191/3 AllMBl. S. 376) an, ohne allerdings die Einschränkung von dessen Nr. 10.2 („Eine Förderung erfolgt grundsätzlich nicht, soweit freie Berufe in einer gewerblichen Rechtsform ausgeübt werden.“) zu übernehmen. Als gewerbliches Unternehmen gilt demnach ein Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 des Gewerbesteuergesetzes. Die Klägerin wird in Form der GmbH betrieben, unterliegt daher kraft Rechtsform der Gewerbesteuerpflicht im Sinn des Gewerbesteuergesetzes und fällt damit in den Anwendungsbereich „gewerbliche Wirtschaft“.
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Die Änderung der Richtlinien zum Förderprogramm „Digitalbonus“ vom 09.09.2010 i.d.F.v. 19.01.2021, wonach gemäß Nr. 3.2 erster Spiegelstrich von der Förderung freie Berufe, auch solche, die in einer gewerblichen Rechtsform ausgeübt werden, ausgeschlossen sind, führt zu keinem anderen Ergebnis. Grundsätzlich sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der gerichtlichen Entscheidung die Rechtsvorschriften zugrunde zu legen, die sich im Zeitpunkt der Entscheidung für die Beurteilung des Klagebegehrens Geltung beimessen, und zwar gleichgültig, ob es sich um eine Anfechtungs-, Verpflichtungs-, Feststellungs- oder eine allgemeine Leistungsklage handelt (stRspr, BVerwGE 97, 79; 133, 98 Rn. 11). Das Bundesverwaltungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass sich die Entscheidung nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht richtet (BVerwGE 34, 155 (157 f.); 120, 246 (250); 130, 20; 151, 36 Rn. 18). Ändert sich - wie vorliegend - das materielle Recht während des gerichtlichen Verfahrens, so ist auf der Grundlage dieser Änderung zu entscheiden, ob das neue Recht einen durch das alte Recht begründeten Anspruch beseitigt, verändert oder unberührt lässt (BVerwGE 61, 1 (2); 84, 157 (160 ff.); 100, 346 (348); Eyermann/Schübel-Pfister, 15. Aufl. 2019, VwGO § 113 Rn. 57).
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Da die neuen Richtlinien zum Förderprogramm „Digitalbonus“ v. 09.09.2020 i.d.F.v. 19.01.2021 weder dem Wortlaut nach noch aus sonstigen Gründen einen Anhaltspunkt dafür bieten, dass sie ursprünglich förderfähige Antragsteller, über deren Antrag noch nicht endgültig entschieden ist, nachträglich von der Förderung ausschließen wollten, sondern die Angaben des Beklagten vielmehr erkennen lassen, dass allgemein in Bayern bisher zulässige Anträge weiterhin als zulässig erachtet werden und deshalb Antragstellern wie der Klägerin die Antragsberechtigung nicht nachträglich abgesprochen werde, ist als maßgebliche rechtliche Grundlage zumindest hinsichtlich der Antragsbefugnis auf die Förderpraxis zu den Richtlinien zum Förderprogramm „Digitalbonus“ vom 12.09.2016 abzustellen.
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1.2 Die antragsberechtigte Klägerin hat allerdings keinen Rechtsanspruch auf Gewährung der beantragten Zuwendung. Dieses Ergebnis ist unabhängig davon, welche der Richtlinien zugrunde gelegt wird.
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1.2.1 Bei Zuwendungen der vorliegenden Art handelt es sich um freiwillige Maßnahmen des Freistaates Bayern.
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Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Nach ständiger Rechtsprechung bedürfen Subventionen grundsätzlich keiner materiellgesetzlichen Grundlage; ausreichend ist vielmehr „… auch jede andere parlamentarische Willensäußerung, insbesondere die etatmäßige Bereitstellung der zu Subventionen erforderlichen Mittel“ (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 21.03.1958 - VII C 6/57 -; modifizierend BVerwG, U.v. 27.03.1992 - 7 C 21/90 -alle juris, wonach eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage dann erforderlich ist, wenn in die grundrechtlich geschützte Sphäre Dritter eingegriffen wird). Da im vorliegenden Fall ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Sphären Dritter nicht ersichtlich ist, bedarf es keiner gesetzlichen Rechtsgrundlage.
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Die streitige Zuwendung erfolgt auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch auf Bewilligung einer Zuwendung besteht danach im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nur dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden (BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 26; siehe auch VG Würzburg, U.v. 13.01.2020 - W 8 K 19.364 und W 8 K 19.1096 - jeweils juris). Die Förderrichtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Sind die Fördervoraussetzungen - wie hier - zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Richtlinien setzen Maßstäbe für die Verteilung der Fördermittel und regeln insoweit die Ermessenshandhabung. Die Ermessensbindung reicht jedoch nur soweit wie die festgestellte tatsächliche ständige Verwaltungspraxis.
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Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht. Die Verwaltungsgerichte haben sich deshalb auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verletzt worden ist oder gegebenenfalls ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Die rechtliche Prüfung im vorliegenden Fall hat demnach nicht daran anzusetzen, wie die maßgeblichen Förderrichtlinien und andere Unterlagen auszulegen wären, sondern daran, welche Förderpraxis des Beklagten dem Zuwendungsbescheid zugrunde lag (BayVGH, U.v.11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 26). Eine solche Richtlinie darf deshalb auch nicht - wie Gesetze oder Rechtsverordnungen - eigenständig gerichtlich oder gar erweiternd ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BVerwG, U.v. 16.06.2015 - 10 C 15.14 - BVerwGE 152, 211 - juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 17.11.2010 - 4 ZB 10.1689 - juris Rn. 19; BayVGH. B.v. 27.07.2009 - 4 ZB 07.1132 - juris Rn. 13). Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) gebunden ist.
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1.2.2 Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben ist die Ablehnung der begehrten Förderung nicht zu beanstanden. Es ist vom Gericht insbesondere nicht zu entscheiden, ob die Behörde die praktikabelste oder gerechteste Lösung für ihre Entscheidungspraxis gefunden hat, sondern ob diese sich im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraumes insbesondere unter Beachtung des Willkürverbotes an die Förderrichtlinien gehalten hat. Dies ist vorliegend der Fall.
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(a) Ein Anspruch auf Bewilligung eines Digitalbonus ergibt sich nicht aus Gründen des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG); dies gilt unabhängig davon, ob die aktuelle Richtlinie oder die zum Antragszeitpunkt geltende Richtlinie zur Anwendung kommt.
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Nach den Ausführungen der … und unter Berücksichtigung des Prüfberichtes des Obersten Rechnungshofes geht die Kammer nicht davon aus, dass Behörden in Bayern, generell eine Förderung zur Beschaffung des streitgegenständlichen Geräts nach der genannten Richtlinie gewährt haben und die Klägerin unter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz davon ausgenommen worden ist. Vielmehr spricht die von der Beklagten dargelegte einheitliche, ablehnende Verwaltungspraxis (siehe Telefonvermerk mit der Koordinierungsstelle vom 26.04.2021, Behördenakte Seite 76; Tischvorlage zur Prüfmitteilung des Obersten Rechnungshofes vom 19.06.2020, Behördenakte Seite 81, sowie Auszug aus dem zugehörigen Bericht des Obersten Rechnungshofes Gerichtsakte Seite 74f.; Schriftsatz vom10.11.2021; damit vorgelegte Rot-Grün-Liste für Anträge ab 2021 lfd.Nr. 40a und 40b und Rot-Grün-Liste für Anträge bis 2020 lfd-Nr. 10) dagegen.
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So erläuterte die … für die Beklagtenseite in den Schriftsätzen vom 14.07.2021 und 10.11.2021 umfassend, dass das streitgegenständliche Gerät nach der ständigen Vergabepraxis nicht gefördert werde. Scanner würden grundsätzlich nicht unter förderfähige Ausgaben fallen. Alleine im Ausnahmefall, dass damit ein eigener Digitalisierungsprozess angestoßen werde, könne gegebenenfalls eine Förderfähigkeit vorliegen. Auch dies wurde mit nachvollziehbaren Gründen verneint. Durch den Scanner selbst wird keine eigene Datenverarbeitung in Gang gesetzt. Erst mit der Übermittlung des jeweils gescannten Dokuments in die ebenfalls nicht förderfähige DATEV-Anwendung kann eine weitere Prozessverarbeitung stattfinden.
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Aus dem Telefonvermerk mit der Koordinierungsstelle vom 26.04.2021 ergibt sich ebenfalls, dass dies bayernweit einheitlich so gehandhabt wurde. Die für die Koordinierung zuständige Regierung der Oberpfalz hatte auf telefonische Nachfrage der … bestätigt, dass das streitgegenständliche Produkt nicht förderfähig sei. Hieraus lässt sich der deutliche Rückschluss auf eine einheitlich bestehende Förderpraxis ziehen, die die Förderung ausschließt.
33
Aus den Dokumenten zur Äußerung des Obersten Rechnungshofes ergibt sich ebenfalls eine enge Auslegung des Begriffes Standard durch den Freistaat Bayern. So hat der Oberste Rechnungshof die Förderung von Ersatzbeschaffungen von Servern kritisiert. Weiterhin wurde kritisiert, dass in 20 Fällen das Dokumentenmanagementsystem der DATEV gefördert worden sei, obwohl diese als Standard-Software einzuordnen sei. Insofern kann auch alleine der Umstand der Anbindung an ein Softwaresystem der DATEV für sich genommen folglich noch nicht dazu führen, dass von einer förderfähigen Anschaffung gesprochen werden kann. Vielmehr zeigt die Rüge des Obersten Rechnungshofes, dass eine Förderung so nicht beabsichtigt war.
34
In der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Fassung der Rot-Grün-Liste wurde unter der laufenden Nummer 10 die Förderung von Scannern grundsätzlich ausgeschlossen. Alleine ein spezieller Scanner, mit dem nach Einschätzung der Beklagtenseite ein eigener digitaler Prozess in Gang gesetzt werde, kann hiernach gefördert werden (Nummer 11). In der ab 2021 geltenden Rot-Grün-Liste wurde dies entsprechend übernommen (Nrn. 40a und 40b). Dort wurde weiter präzisiert, dass Scanner unabhängig von der Ausstattung nicht förderfähig sind. Insgesamt ist aber nicht erkennbar, dass mit der Neuregelung auch eine Änderung einhergehen sollte. Daraus lässt sich vielmehr schließen, dass die vorher bereits bestehende Förderpraxis lediglich präziser abgebildet wurde.
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(b) Diese hier streitgegenständliche ablehnende Förderpraxis steht im Übrigen weder dem Wortlaut der Richtlinien zum Förderprogramm „Digitalbonus“ vom 12.09.2016, Az. 73-3400/472/6 noch dem der neuen Richtlinien zum Förderprogramm „Digitalbonus“ vom 09.09.2020 i.d.F. v. 19.01.2021 entgegen.
36
Die Richtlinien zum Förderprogramm „Digitalbonus vom 12.09.2016 weisen als Ziel in Nr. 1 aus, „KMU zu unterstützen, ihre Produkte, Dienstleistungen und Prozesse digital zu transformieren…“. Gegenstand der Förderung ist nach Nr. 2.1 „Entwicklung, Einführung oder Verbesserung von Produkten, Dienstleistungen und Prozessen durch IKT-Hardware, IKT-Software sowie Migration und Portierung von IT-Systemen und IT-Anwendungen …“. Als nicht zuwendungsfähig sind in Nr. 5.2.1 „Ausgaben für Standard-Webseiten oder -Webshops, Standard-Online-Marketing-Maßnahmen, der Erwerb von Standart-Software (wie herkömmliche Bürosoftware oder Betriebssysteme) oder Standard-Hardware (wie PCs, Laptops, Tablets, Smartphones, Drucker, Telefone)“.
37
Die Richtlinien zum Förderprogramm „Digitalbonus“ vom 09.09.2020, geändert durch Bekanntmachung vom 19.01.2021, gültig ab 01.01.2021, nennen in Nr. 1 das Ziel „die digitale Transformation von kleinen Unternehmen zu unterstützen, um im Unternehmen einen Sprung auf einen besseren Grad der Digitalisierung und beim IT-Schutzniveau zu erreichen.“ Gegenstand der Förderung nach Nr. 2.1 sowie Ausschluss der Zuwendung in Nr. 5.2.1 sind nahezu wortgleich mit den bisherigen Richtlinien.
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Diese Formulierungen sind hinsichtlich des streitgegenständlichen Anspruches auf Zuwendung für die streitgegenständliche Scanner-Lösung jeweils nicht eindeutig.
39
Aus diesem Grund greift die in der Rechtsprechung zum Teil vertretene Ansicht nicht, dass ein Bescheid, der eine Subvention entgegen den ständig angewandten Richtlinien bewilligt/ablehnt, rechtswidrig ist, weil er den Gleichheitsgrundsatz in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgebot verletzt (OVG Bremen, U.v. 25.08.1987 - 1 BA 66/86 -, juris; OVG NW, U.v. 15.08.1980, NJW 1981, 2597; OVG RhPf, U.v. 04.09.1981, GewArch 1982, 55 = DVBl. 1982, 219; NdsOVG, U.v. 25.10.1984, NVwZ 1984, 499; Götz, NVwZ 1984, 480, 481).
40
Vielmehr weichen (lediglich) die Interpretationen der Richtlinientexte durch die Klägerin und den Beklagten voneinander ab. Soweit die Klägerin die Ansicht vertritt, nur das von ihr herangezogene Verständnis des Richtlinientextes sei zutreffend, verkennt sie, dass sie damit eine eigene „Auslegung“ des Richtlinientextes vornimmt, die sich im Falle freiwilliger Zuwendungen aufgrund des o.g. rechtlichen Maßstabs der gerichtlichen Überprüfung als solche verbietet. Soweit der Richtlinientext mehrere Bewilligungspraxen ermöglicht, so beschränkt sich die gerichtliche Überprüfung darauf, ob die von der Behörde gewählte Bewilligungspraxis sich im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraums hält und nicht willkürlich ist (s.o.).
41
Die genannte Bewilligungspraxis diente der bayernweiten Vereinheitlichung der Entscheidungsfindung innerhalb der Behörden und ist als solches nicht als willkürlich zu bezeichnen. Anhaltspunkte für eine willkürliche Förderpraxis im Übrigen sind nicht ersichtlich.
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Allein die durch den Scan geschaffene Möglichkeit der digitalen Weiterverarbeitung der Daten kann auch nicht als Verbesserung einer Informations- und Kommunikationshardware, bzw. -software betrachtet werden, weil offenbar gerade keine automatisierte Weiterverarbeitung der Daten im Rahmen einer digitalen Prozesskette in ein anderes digitales System/anderen digitalen Unternehmensprozess erfolgt, sondern nur eine Übertragung von Daten auf ein anderes System ermöglicht wird, in dem sich dann erst eine Weiterverarbeitung anschließt.
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2. Als unterlegener Beteiligter trägt die Klägerin die Kosten des Verfahren gemäß § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 Abs. 2, 173 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.