Titel:
Vorläufiger Rechtsschutz gegen Information der Öffentlichkeit bei Verstößen betreffend das Lebensmittelrecht
Normenkette:
LFGB § 40 Abs. 1a
Leitsätze:
1. In Anlehnung an die Legaldefinition in § 121 Abs. 1 BGB setzt eine unverzügliche Information der Öffentlichkeit iSd § 40 Abs. 1a LFGB ein behördliches Handeln „ohne schuldhaftes Zögern“ voraus. Dabei ist der zuständigen Behörde eine nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessende Prüfungs- und Überlegungsfrist einzuräumen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Soweit etwaige zu einer Verfahrensverzögerung führende Umstände nicht der Sphäre der Behörde - auch während eines gerichtlichen Eilverfahrens -, sondern derjenigen des Lebensmittelunternehmers zuzurechnen sind, sind diese grundsätzlich nicht geeignet, die Unverzüglichkeit der Veröffentlichung in Frage zu stellen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es ist auf die Verhältnisse des Einzelfalls abzustellen, wobei angesichts der notwendigen Sachaufklärung und eines angemessenen Prüfungs- und Überlegungszeitraums eine ins Auge gefasste Veröffentlichung innerhalb von wenigen Wochen regelmäßig noch unverzüglich sein dürfte. Verzögerungen aus der Sphäre des Lebensmittelunternehmers sind „fristverlängernd“ zu würdigen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Unverzüglichkeit (verneint), Abgabe an die Staatsanwaltschaft, Herstellung des Benehmens mit der Staatsanwaltschaft, vorläufigen Rechtsschutz, Lebensmittelrecht, Information der Öffentlichkeit, Verbrauchertäuschung, Unverzüglichkeit, Spanferkelrollbraten, Straftat, Staatsanwaltschaft, Benehmen
Fundstelle:
BeckRS 2022, 21124
Tenor
1. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt, gemäß § 40 Abs. 1a Satz 1 LFGB folgende Informationen zu veröffentlichen:
Verantwortliche Behörde
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Datum
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Lebensmittel-/ Futtermittelunternehmen
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Betroffenes Lebensmittel / Futtermittel
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Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV)
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Einstelldatum:
Verstoß festgestellt:
15.12.2021 Verstoß beseitigt:
15.12.2021
|
…
Kategorie:
Metzgerei
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Verstoß:
Verbrauchertäuschung
Produkt: Spanferkel-Rollbraten
Charge: …
MHD:
28.12.2021
|
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine unmittelbar bevorstehende Information der Öffentlichkeit über eine „Verbrauchertäuschung“ eines produzierten „Spanferkelrollbratens“ durch die Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (im Folgenden: KBLV).
2
1. Am 16.12.2021 informierte der amtliche Tierarzt des Landratsamtes P* … die KBLV (Verfahrensakte Veröffentlichung [im Folgenden: VV] Bl. 61), dass im Betrieb der Antragstellerin in V* … im Rahmen einer Routinekontrolle vom 15.12.2021 unüblich große Portionsgrößen bei dem Produkt „Spanferkelrollbraten“ aufgefallen waren. Die Ware befand sich bereits in der Fertigverpackung und war als „Spanferkelrollbraten“ deklariert (vgl. VV Bl. 93 und 127). Aufgrund der Größe der Fleischteilstücke war offensichtlich, dass eher ein ausgewachsenes Hausschwein als ein Spanferkel verarbeitet wurde. Dies habe die Rückverfolgbarkeit so bestätigt. Einem Lieferschein (VV Bl. 37) ist folgender Artikel zu entnehmen: „QS S-Untersch. m. Nuss/Hüfte/Tiroler-Schnitt“ (wohl gemeint: Schweineunterschale). Auf die Nachfrage des Veterinärs, was der Produktionsleiter und der Leiter der QM-Abteilung machen würden, gaben diese an, auf Anweisung von der Geschäftsführerin (neben ihr gibt es einen weiteren Geschäftsführer) gehandelt zu haben. Daraufhin wurde durch den Veterinär sämtliche Ware gesperrt - die für den Handel abgepackte Ware, als auch die noch im Zerlegeraum befindliche Rohware (vgl. hierzu die Bilder in der VV Bl. 66). Kurz nach der Kontrolle meldete sich die Geschäftsführerin beim Veterinär und teilte mit, es tue ihr sehr leid. Sie seien aufgrund von Corona und der Afrikanischen Schweinepest in eine wirtschaftliche Notsituation geraten. Dies alles sei geschehen, um einen großen Kundenauftrag erfüllen zu können. Die Nachfrage nach Spanferkel sei ungebrochen, allerdings gebe der Markt dieses Angebot momentan einfach nicht her.
3
Die Geschäftsführerin habe von einem Einzelfall gesprochen, in der Vergangenheit hätte so etwas nicht stattgefunden. Das gesperrte Fleisch sollte laut E-Mail des Landratsamts P* … an die KBLV vom 15.12.2021 in einem zugehörigen Betrieb in S* … zu Hinterschinken verarbeitet werden (VV Bl. 35, vgl. auch E-Mail vom 17.12.2021, VV Bl. 47 bzw. 52 f.).
4
Mit Schreiben vom 11.01.2022 erstattete die KBLV bei der Staatsanwaltschaft P* … Anzeige (VV Bl. 73 bis 75), weil der dringende Verdacht bestanden habe, dass die Geschäftsführerin am 15.12.2021 wissentlich und willentlich 2000 kg Fleisch von ausgewachsenen Hausschweinen als „Spanferkel-Rollbraten“ in Verkehr gebracht habe bzw. zum Teil, soweit die Ware noch nicht verpackt gewesen sei, zu einem versuchten Betrug angesetzt habe. Es sei der Tatbestand des § 59 Abs. 1 Nr. 7 LFGB i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB erfüllt. Vor der Anhörung im Verwaltungsverfahren bat die KBLV die Staatsanwaltschaft um Mitteilung, ob Bedenken bezüglich der Veröffentlichung von Informationen im Hinblick auf die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens bestünden oder mit der Veröffentlichung Einverständnis bestehe und baten vor dem Hintergrund der unverzüglichen Information nach § 40 Abs. 1a LFGB um schnellstmögliche Rückmeldung. Im Falle endgültiger Einstellung des Strafverfahrens wurde darum gebeten, dass das Verfahren zur Weiterverfolgung als OWi-Verfahren an die KBLV zurückverwiesen wird. Aus einem Vermerk (VV Bl. 116) geht hervor, dass die Staatsanwaltschaft P* … die KBLV am 18.03.2022 angerufen hat, um mitzuteilen, dass keine Einwände gegen eine Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB bestünden und sich diese zugleich für die späte Rückmeldung entschuldige, da dies in der Strafanzeige vom 11.01.2022 überlesen worden sei. Gegen die Geschäftsführerin der Antragstellerin wurde mit Datum vom 22.03.2022 ein Strafbefehl durch das Amtsgericht P* … erlassen (Az. …*) wegen des Inverkehrbringens von Lebensmitteln mit einer irreführenden Bezeichnung gem. § 59 Abs. 1 Nr. 7 und § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB (vgl. Ermittlungs-Kontrollakt Bl. 88). Das Strafmaß lag bei einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 100,00 EUR. Der Strafbefehl wurde am 12.04.2022 rechtskräftig.
5
Mit Schreiben vom 25.03.2022 (VV Bl. 136 ff.) wurden die Geschäftsführer der Antragstellerin zur geplanten Veröffentlichung der im Tenor genannten Information - mit Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 05.04.2022 - nach § 40 Abs. 1a LFGB angehört.
6
Mit Schreiben vom 04.04.2022 beantragte der ehemalige Bevollmächtigte der Antragstellerin Fristverlängerung bis zum 03.05.2022 (VV Bl. 142 bis 143), die einmalig bis zum 20.04.2022 gewährt wurde (VV Bl. 150). Der ehemalige Bevollmächtigte der Antragstellerin trat der Veröffentlichung mit Schreiben vom 20.04.2022 (VV Bl. 176 bis 180) entgegen und räumte u.a. ein, dass für die Produktion am 15.12.2021 „Schweine-Unterschalen mit Nuß/Hüfte“ angeliefert worden seien, woraufhin die KBLV unter dem 26.04.2022 (VV Bl. 186 bis 189), zugestellt an demselben Tag (VV Bl. 197), an der geplanten Veröffentlichung festhielt und mitteilte, dass nach einer Wartefrist von sieben Werktagen ab Zustellung dieses Schreibens, die Veröffentlichung der o.g. Information auf den Internetseiten des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit erfolgen werde, wenn bis dahin keine gerichtliche Untersagung erfolgt sei. Auf Nachfrage des ehemaligen Bevollmächtigten teilte die KBLV mit, dass die Frist mit Ablauf des 04.05.2022 ende und eine Veröffentlichung frühestens am 05.05.2022 erfolgen würde (VV Bl. 205).
7
2. Die Antragstellerin hat über ihren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 03.05.2022 einen Eilantrag gestellt und beantragt,
1. dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu untersagen, Informationen über die Betriebskontrolle vom 15.12.2021, wie zuletzt im Schreiben vom 26.04.2022, Az.: …, mitgeteilt und nachfolgend wiedergegeben, zu veröffentlichen:
Verantwortliche Behörde
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Datum
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Lebensmittel-/ Futtermittelunternehmen
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Betroffenes Lebensmittel / Futtermittel
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Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV)
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Einstelldatum:
Verstoß festgestellt:
15.12.2021 Verstoß beseitigt:
15.12.2021
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…
Kategorie:
Metzgerei
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Verstoß:
Verbrauchertäuschung
Produkt: Spanferkel-Rollbraten
Charge: …
MHD:
28.12.2021
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2. bis zu einer Entscheidung über diesen Antrag eine Entscheidung durch den Vorsitzenden nach § 123 Abs. 2 Satz 3, § 80 Abs. 8 VwGO zu treffen.
8
Der Sachverhalt wurde vom Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin dahingehend ergänzt, dass die „Spanferkel-Rollbraten“ einer Endkontrolle für eine ordnungsgemäße Beschaffenheit unterzogen würden, indem beispielsweise die Vollständigkeit der Kennzeichnung (Etikettierung) sowie das Gewicht stichprobenartig überprüft werde. Erst nach erfolgreichem Abschluss der Endkontrolle werde die Ware freigegeben und in den Warenausgangskühlraum verbracht. Dort werde die Ware als vorverpacktes Lebensmittel zum Verkauf bereitgehalten, auf Lastkraftwägen verladen und an den in der Lebensmittelkette nachgelagerten Einzelhandel abgegeben. Im Wesentlichen wird der Antrag damit begründet, dass ein Anordnungsanspruch bestehe, weil die für die Veröffentlichung erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 und Satz 4 LFBG nicht erfüllt seien. Es sei weder eine Sanktionierung wegen einer Straftat zu erwarten gewesen, denn die „Spanferkel-Rollbraten“ seien noch nicht in Verkehr gebracht worden. Dies dürfte für die noch nicht verpackten und etikettierten sowie palettierten Produkte der Fall sein. Die palettierten Produkte hätten noch nicht die Herstellung abschließende Endkontrolle durchlaufen. Es sei auch keine Abgabe i.S.v. § 41 OWiG erfolgt. Die Abgabe an die Staatsanwaltschaft P* … sei im Rahmen der sonstigen Verwaltungstätigkeit der KBLV erfolgt und nicht im Rahmen eines Bußgeldverfahrens. Durch das Schreiben vom 26.04.2022 stelle die KBLV klar, dass ein strafrechtlich relevanter Sachverhalt jedenfalls nicht bei der Untersuchung einer Tat im Bußgeldverfahren festgestellt worden sei. Darüber hinaus finde sich in der Akte - wie bei anderen Behörden üblich - weder ein Einleitungsvermerk eines Bußgeldverfahrens, noch sei die Aufnahme von Ermittlungen zur Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit erfolgt. Darüber hinaus sei die vorliegende Informationserteilung nicht mehr unverzüglich i.S.v. § 40 Abs. 1a Satz 1 und 4 LFGB. Dieses Tatbestandsmerkmal sei im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insoweit teleologisch zu reduzieren, als dass es im Rahmen von § 40 Abs. 1a LFGB nicht darauf ankomme, wer eine ggf. eintretende Verzögerung zu verantworten habe und warum es zu einer ggf. eintretenden Verzögerung gekommen sei. Bereits in zeitlicher Hinsicht fehle es an der Unverzüglichkeit, jedenfalls nach gefestigter Rechtsprechung, wenn zwischen der Feststellung der bemängelten Zustände und der geplanten Veröffentlichung mehr als drei Monate lägen. Seit der am 15.12.2021 erfolgten Kontrolle lägen bereits 4,5 Monate zurück. Selbst, wenn Verzögerungen aus der Sphäre des Lebensmittelunternehmers „fristverlängernd“ berücksichtigt würden, wäre eine Veröffentlichung nicht mehr unverzüglich. Im Regelfall sei davon auszugehen, dass die Veröffentlichung vorgenommen werden könne, wenn die Behörde einen Sachverhalt, der einen hinreichend begründeten Verdacht eines Verstoßes gegen eine der in § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB genannten Fallgruppen entscheidungsreif ausermittelt habe und alle für eine rechtliche Beurteilung erforderlichen Informationen vorlägen. Am 15.12.2021 hätten sämtliche Informationen der Betriebskontrolle vorgelegen. Zugleich habe das Landratsamt P* … mitgeteilt, dass das Fleisch im Betrieb S* … zu Hinterschinken verarbeitet werde. Insofern hätte es keiner weiteren Kontrollen mehr bedurft, die im Übrigen auch nicht erfolgt seien. Entgegen der Auffassung der KBLV habe der Gesetzgeber keine zeitliche Diskrepanz bei einer Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a Satz 4 LFGB vorgesehen, um im Rahmen des Ermittlungsverfahrens das Benehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft herzustellen. Die Änderung diene lediglich der Klarstellung der bisherigen Rechtslage (wird vertieft ausgeführt).
9
Die KBLV hat für den Antragsgegner beantragt,
Die Anträge werden abgelehnt.
10
Im Wesentlichen ist der Antrag damit begründet worden, dass ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden sei. Die Veröffentlichung der streitigen Formulierung sei rechtmäßig. Die KBLV sei für die Veröffentlichung zuständig. Es liege aufgrund des am 15.12.2021 festgestellten Sachverhaltes eine strafrechtlich zu sanktionierende Handlung vor. Die KBLV habe die Sanktionierung wegen einer Straftat erwartet und deswegen gem. § 41 OWiG die Sache an die zuständige Staatsanwaltschaft abgegeben. Nunmehr liege ein rechtskräftiger Strafbefehl vor, der einen hinreichenden Tatverdacht belege. Das Inverkehrbringen habe im Falle der einzeln, bereits individuell verwogenen und entsprechend der vorgesehenen Kennzeichnung bedruckten, fertigverpackten „Spanferkelrollbraten“ unzweifelhaft vorgelegen. Der Vortrag, dass eine weitere betriebliche Endkontrolle oder „Abnahme“ der Ware erforderlich sei, sei nicht schlüssig. Da die Verpackung, individuelle Verwiegung und Etikettierung des Endprodukts einschließlich des Aufbringens des Mindesthaltbarkeitsdatums überwiegend bereits abgeschlossen gewesen sei, und dies denklogisch erst dann erfolgen könne, wenn der Herstellungsprozess abgeschlossen sei und zuvor eine betriebliche, auf den Herstellungsprozess bezogene Endkontrolle der Ware durchgeführt wurde, sei der Herstellungsprozess in diesen Fällen abgeschlossen. Dass hinsichtlich dieser Waren noch weitere herstellungsbezogene Endkontrollen durchgeführt werden sollten, stelle eine reine Schutzbehauptung dar und sei darüber hinaus nicht glaubhaft gemacht. Auf die rein logistischen Maßnahmen nach Abschluss des Produktionsprozesses komme es nicht an. Der Vortrag, dass die weiteren Voraussetzungen wegen angeblich fehlender Abgabe nach § 41 OWiG an die Staatsanwaltschaft nicht vorlägen, sei unzutreffend. Es habe die Prüfung zur Einleitung eines Bußgeldverfahrens stattgefunden und zur Abgabe an die Staatsanwaltschaft nach § 41 OWiG geführt. Dies werde bereits anhand des Ermittlungsberichts der KBLV sowie der Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft P* … deutlich (wird ausgeführt). Einer bestimmten Form der Verfahrenseröffnung, wie etwa einer Einleitungsverfügung bedürfe es nicht. Da bereits eindeutige Anhaltspunkte für die Verwirklichung einer Straftat vorgelegen hätten, sei das Bußgeldverfahren zurückgestellt und direkt Strafanzeige gegenüber der Staatsanwaltschaft P* … gestellt worden. Die Veröffentlichung erfolge unverzüglich. Der Behörde sei eine nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessende Prüfungs- und Überlegungsfrist einzuräumen. Davon sei auch die Herstellung des Benehmens mit der zuständigen Staatsanwaltschaft nach § 40 Abs. 1a Satz 4 LFGB erfasst (wird vertieft ausgeführt). Eine teleologische Reduktion sei ebenfalls nicht angezeigt (wird ausgeführt). Ohne ausdrückliches Benehmen der zuständigen Staatsanwaltschaft sei keine Veröffentlichung möglich. Ohne Erteilung des Benehmens könne im Hinblick auf die Gefahr einer Strafvereitelung durch die Behörde sowie dem Rechtsgedanken einer effektiven Strafverfolgung eine Veröffentlichung durch die zuständige Verwaltungsbehörde nicht erfolgen. Hinzu komme, dass die Staatsanwaltschaften derzeit bereits über die Maße ausgelastet seien und die Priorisierung der staatsanwaltschaftlichen Aufgaben nicht der veröffentlichenden Verwaltungsbehörde obliege, zumal auf die Ermittlungsvorgänge sowie deren zeitliche Ausgestaltung seitens der KBLV keinerlei Möglichkeit der Einflussnahme bestehe. Die zuständige Behörde habe die Verzögerung der beabsichtigten Veröffentlichung nicht schuldhaft verursacht. Der Gesetzgeber habe mit § 40 Abs. 1a Satz 4 LFGB eine zeitliche Diskrepanz in derartigen Veröffentlichungsverfahren vorgesehen. Die bis zur Herstellung des staatsanwaltlichen Benehmens rührenden Zeitmomente könnten daher nicht als Verzögerung des Verfahrens gesehen werden. Darüber hinaus liege kein „schuldhaftes“ Zögern der KBLV vor. Die Prüfung der durch das Landratsamt P* … am 15./16. und 17.12.2021 übermittelten Unterlagen habe durch die KBLV mit Einleitung des Bußgeldverfahrens am 23.12.2021 fortgeführt werden können. Die Strafanzeige sei nach abschließender Prüfung des Sachverhaltes am 11.01.2022 erfolgt. Nach Erklärung der Staatsanwaltschaft vom 18.03.2022 sei die Anhörung mit Schreiben vom 25.03.2022 erfolgt. Die der KBLV zurechenbare Bearbeitungszeit bis zur Einleitung des Veröffentlichungsverfahrens habe damit knapp vier Wochen betragen. Die Fristverlängerung zur Stellungnahme durch den ehemaligen Bevollmächtigten sei der Antragstellerin zuzurechnen. Auch im Hinblick auf das Recht auf rechtliches Gehör sei dem Rechtsbeistand genügend Zeit zur rechtlichen Prüfung einzuräumen.
11
Mit Schriftsatz vom 13.05.2022 hat die KBLV dem Gericht den rechtskräftigen Strafbefehl hinsichtlich der Geschäftsführerin der Antragstellerin übermittelt.
12
Analog § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO wird wegen der Einzelheiten auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
13
Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.
14
1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden.
15
Voraussetzung ist hierbei, dass der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den sogenannten Anordnungsanspruch, und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den sogenannten Anordnungsgrund, glaubhaft macht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgebend sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Über den Erfolg des Antrags ist aufgrund einer im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen und auch nur möglichen summarischen Prüfung zu entscheiden. Ergibt die überschlägige rechtliche Beurteilung auf der Grundlage der verfügbaren und vom Antragsteller glaubhaft zu machenden Tatsachenbasis, dass von überwiegenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache auszugehen ist, besteht regelmäßig ein Anordnungsanspruch. Ein Anordnungsgrund setzt voraus, dass es dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen unzumutbar ist, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (vgl. SächsOVG, B.v. 22.9.2017 - 4 B 268/17 - juris; Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 123, Rn. 26 m.w.N.).
16
Grundsätzlich dient die einstweilige Anordnung der vorläufigen Sicherung eines Anspruchs bzw. der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses. Wird mit der begehrten Entscheidung die Hauptsache vorweggenommen, sind an die Prüfung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch qualifizierte Anforderungen zu stellen, d.h. der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt nur in Betracht, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für den Erfolg in der Hauptsache spricht und dem Antragsteller durch das Abwarten in der Hauptsache schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BVerfG, B.v. 25.10.1988 - 2 BvR 745/88 - juris; vgl. BayVGH, B.v. 18.3.2016 - 12 CE 16.66 - juris).
17
2. Gemessen daran hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
18
a. Der Anordnungsgrund ergibt sich aus der grundrechtlichen Relevanz der unmittelbar bevorstehenden Veröffentlichung durch den Antragsgegner.
19
b. Die Antragstellerin hat darüber hinaus glaubhaft gemacht, dass ihr ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die von der Behörde beabsichtigte Veröffentlichung zusteht. Dieser findet seine Rechtsgrundlage in der Abwehrfunktion der Grundrechte, hier insbesondere in der durch Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG geschützten Berufsfreiheit der Antragstellerin und setzt voraus, dass sich die Veröffentlichung als rechtswidriger Eingriff in dieses Grundrecht darstellt.
20
Rechtsgrundlage für die beabsichtigte Veröffentlichung ist § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB. Die zuständige Behörde informiert danach die Öffentlichkeit unverzüglich unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels sowie unter Nennung des Lebensmittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel hergestellt oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist, wenn der durch Tatsachen (…) hinreichend begründete Verdacht besteht, dass (…) eine Sanktionierung wegen einer Straftat zu erwarten ist und deswegen gemäß § 41 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten eine Abgabe an die Staatsanwaltschaft erfolgt ist. Während eines laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens dürfen Informationen nach Satz 1 nur im Benehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft herausgegeben werden, wenn hierdurch nicht der mit dem Verfahren verfolgte Untersuchungszweck gefährdet wird (§ 40 Abs. 1a Satz 4 LFGB).
21
Die Voraussetzung der Unverzüglichkeit ist vorliegend nicht erfüllt.
22
aa. Die Vorgabe, dass die Information der Öffentlichkeit „unverzüglich“ zu erfolgen hat, hat (erst) mit Wirkung vom 30.04.2019 Eingang in das Gesetz gefunden. In der Gesetzesbegründung wird Bezug genommen auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21.03.2018 (Az.: 1 BvF 1/13), mit dem dem Gesetzgeber aufgegeben wurde, die Dauer der zulässigen Veröffentlichung zu begrenzen. Hier hat das Bundesverfassungsgericht zum zeitlichen Abstand zwischen dem lebensmittelrechtlichen Verstoß und der Veröffentlichung ausgeführt: „Je weiter der Verstoß zeitlich entfernt ist, desto geringer ist auf der einen Seite noch der objektive Informationswert seiner Verbreitung, weil sich vom Verstoß in der Vergangenheit objektiv immer weniger auf die aktuelle Situation des betroffenen Unternehmens schließen lässt“. Diese Erwägung wird in der Gesetzesbegründung zur Aufnahme des Begriffs „unverzüglich“ in § 40 Abs. 1a Satz 1 LFGB aufgegriffen und es wird weiter ausgeführt: „Mit der Ergänzung werden die zuständigen Vollzugsbehörden verpflichtet, nach der abschließenden Ermittlung des Sachverhalts die erforderliche Veröffentlichung ohne Zeitverzug vorzunehmen. Verzögerungen von zum Teil mehreren Monaten zwischen der Feststellung von Verstößen und einer Veröffentlichung, wie in der Vergangenheit teilweise erfolgt, sind im Sinne der Verbraucherinformation nicht zweckdienlich“ (vgl. BT-Dr. 19/8349, S. 19). Vor diesem Hintergrund bezweckt der Gesetzgeber mit dem tatbestandlichen Merkmal der Unverzüglichkeit einen möglichst geringen zeitlichen Abstand der Veröffentlichung der Information zu dem die Informationspflicht auslösenden Rechtsverstoß und dadurch eine hinreichende Aktualität zu gewährleisten. Allerdings gibt er mit der Anknüpfung an den unbestimmten Rechtsbegriff der Unverzüglichkeit auch zu erkennen, dass er die Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung nicht von der Einhaltung einer starren zeitlichen Grenze, sondern von einer Beurteilung der konkreten Umstände des Einzelfalls abhängig machen will. Deshalb, und weil es an einer spezifisch lebensmittelrechtlichen Definition des Begriffs der Unverzüglichkeit fehlt, liegt es - auch mit Blick auf den Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung - nahe, in Anlehnung an die Legaldefinition in § 121 Abs. 1 BGB ein behördliches Handeln „ohne schuldhaftes Zögern“ zu verlangen, was auch in der Gesetzesbegründung („ohne Zeitverzug“) anklingt. Zwar ist - ebenfalls in Anlehnung an die zu § 121 Abs. 1 BGB entwickelten Grundsätze - der zuständigen Behörde eine nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessende Prüfungs- und Überlegungsfrist einzuräumen. Gerade auch mit Blick auf die erheblichen Folgen einer Veröffentlichung für die grundrechtlichen Belange des betroffenen Unternehmens muss die Behörde Gelegenheit erhalten, die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Veröffentlichung mit der gebotenen Sorgfalt zu prüfen. Soweit etwaige zu einer Verfahrensverzögerung führende Umstände nicht der Sphäre der Behörde - auch während eines gerichtlichen Eilverfahrens -, sondern derjenigen des Lebensmittelunternehmers zuzurechnen sind, sind diese grundsätzlich nicht geeignet, die Unverzüglichkeit der Veröffentlichung in Frage zu stellen (zum Ganzen vgl. VGH BW, B.v. 9.11.2020 - 9 S 2421/20 m.w.N.).
23
Nach der Rechtsprechung der Kammer ist auf die Verhältnisse des Einzelfalls abzustellen, wobei freilich angesichts der notwendigen Sachaufklärung und eines angemessenen Prüfungs- und Überlegungszeitraums eine ins Auge gefasste Veröffentlichung innerhalb von wenigen Wochen regelmäßig noch unverzüglich sein dürfte. Dabei sind Verzögerungen aus der Sphäre des Lebensmittelunternehmers „fristverlängernd“ zu würdigen (vgl. B.v. 31.08.2021 - B 7 E 21.945 - juris).
24
bb. Gemessen daran ist das Tatbestandsmerkmal der Unverzüglichkeit nicht erfüllt. Der maßgebliche Zeitraum bezieht sich auf den zwischen dem Verstoß und der Veröffentlichung (vgl. Rathke in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 40 LFGB Rn. 127). Die KBLV hat ausweislich der Behördenakte am 16.12.2021 mit dem Veterinär des Landratsamts P* … telefoniert und ab diesem Zeitpunkt Kenntnis von dem vorgeworfenen lebensmittelrechtlichen Verstoß der Verbrauchertäuschung erlangt. Die gegen Anfang Mai angestrebt gewesene Veröffentlichung stellt sich nicht mehr als unverzüglich im Sinne des § 40 Abs. 1a Satz 1 LFGB dar.
25
(1.) Der Antragsgegner hat sich insbesondere auch den Zeitraum, der vorliegend verstrichen ist, bis das Benehmen mit der Staatsanwaltschaft hergestellt wurde, zuzurechnen lassen.
26
Nach dem Wortlaut des § 40 Abs. 1a Satz 4 LFGB dürfen während eines laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens Informationen nach Satz 1 nur im Benehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft herausgegeben werden, wenn hierdurch nicht der mit dem Verfahren verfolgte Untersuchungszweck gefährdet wird.
27
Setzt die Veröffentlichung das Benehmen mit einer anderen Stelle voraus, so ist dieser (lediglich) Gelegenheit zur Stellungnahme (mit dem Ziel der Verständigung) zu geben, ohne dass ein Einvernehmen/ eine Zustimmung bestehen muss; die Stellungnahme muss jedoch von der entscheidenden Behörde zur Kenntnis genommen und in ihre Überlegungen einbezogen werden (vgl. Weber kompakt, Rechtswörterbuch zum Stichwort „Einvernehmen“). Daher trägt die Veröffentlichungsbehörde die Verantwortung für die Wahrung der „Unverzüglichkeit“ im Sinne des § 40 Abs. 1a Satz 1 LFGB selbst dann, wenn die Staatsanwaltschaft zu beteiligten ist. Durch Kontroll- und Steuerungsmöglichkeiten hat die Behörde es in der Hand, im Rahmen des Veröffentlichungsverfahren ein zügiges Beteiligungsverfahren durchzuführen, etwa indem sie die Staatsanwaltschaft - unter Hinweis auf die Eilbedürftigkeit - um Rückäußerung innerhalb einer konkret angegebenen Frist - ggf. mit dem Hinweis, dass bei fehlender Rückmeldung innerhalb der Frist angenommen werde, dass keine Einwände gegen die Veröffentlichung bestehen - bittet und/oder jedenfalls den Eingang der Rückäußerung der Staatsanwaltschaft kontrolliert.
28
Auch der Wille des Gesetzgebers steht dieser Sichtweise nicht entgegen, sondern findet sogar in der Gesetzesbegründung eine dahingehende Stütze. Hinsichtlich der Abgabe an die Staatsanwaltschaft in § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass diese in das Gesetz als konstitutives Merkmal aufgenommen werden solle, da sich die veröffentlichende Behörde nur so sinnvoll mit der Staatsanwaltschaft ins Benehmen setzen könne. Andernfalls bestehe durch eine Veröffentlichung vor Abgabe an die Staatsanwaltschaft die Gefahr, dass dadurch der verfolgte Untersuchungszweck gefährdet werde. In der Praxis biete es sich an, mit der Abgabe eines Verfahrens an die Staatsanwaltschaft gleichzeitig das Benehmen über die Veröffentlichung herzustellen. So werde auch die Voraussetzung der Unverzüglichkeit eingehalten (vgl. BT-Drs. 19/29854, S. 15). Durch diese Formulierung hat der Gesetzgeber angedeutet, dass zwischen dem Benehmen und der Unverzüglichkeit ein Gleichlauf hergestellt werden soll, weshalb es in der Verantwortung der Veröffentlichungsbehörde liegt, das Benehmen zeitig herzustellen.
29
Ferner unterstreicht der Rechtsgedanke des Art. 10 Satz 2 BayVwVfG diese Auffassung. „Verwaltungsverfahren“ sind einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen, jedenfalls in angemessener Frist (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 10 Rn. 18). Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Veröffentlichungsbehörde rechtlich gehalten ist, ggf. die o.g. Mittel zu ergreifen, um ein zügiges Veröffentlichungsverfahren durchzuführen. Denn schließlich bezweckt auch die Veröffentlichung, die Verbraucher zeitnah nach einem lebensmittelrechtlichen Verstoß über diesen zu informieren.
30
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist der Grundsatz, dass Zeiträume eines Eilverfahrens nicht zu berücksichtigen sind, im Rahmen des § 40 Abs. 1a Satz 4 LFGB nicht anzuwenden. Die Dauer eines gerichtlichen Eilverfahrens liegt in der Regel nicht in der Sphäre der Prozessbeteiligten, während die Dauer des „Benehmensherstellungsverfahrens“ von der Behörde (mit) gesteuert werden kann.
31
Dass die KBLV nach der Abgabe an die Staatsanwaltschaft für zwei Monate (11.01.2022 bis 18.03.2022) untätig geblieben ist und keine Anstrengung unternommen hat, das Benehmen zeitnah herzustellen, lässt sich womöglich damit erklären, dass das Benehmenserfordernis ausdrücklich erst unlängst in das Gesetz aufgenommen wurde.
32
Erst, als die Staatsanwaltschaft P* … sich am 18.03.2022 nach zwei Monaten telefonisch gemeldet hat, hat die KBLV dies zum Anlass genommen, das Verfahren weiterbetrieben.
33
In diesem Zusammenhang ist zudem nicht ersichtlich, dass der Staatsanwaltschaft aufgrund der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen bzw. aufgrund einer etwaigen Komplexität des Falles eine frühere Äußerung im Benehmensverfahren nicht möglich gewesen wäre. Vielmehr wurde die Notwendigkeit einer Rückmeldung durch die Staatsanwaltschaft (zunächst) schlicht übersehen.
34
Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, wie es sich auf das Merkmal der Unverzüglichkeit auswirken würde, wenn die Staatsanwaltschaft (wiederholt) um Fristverlängerung nachgesucht hätte.
35
Ferner wird aus der Antragserwiderung ersichtlich, dass die KBLV teilweise von einem falschen Verständnis der Norm ausgegangen ist, da sie die Norm dahingehend gedeutet hat, dass sie abhängig von dem „Einvernehmen“ der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der beabsichtigten Veröffentlichung sei. Es sind auch sonst keine Umstände des Einzelfalls ersichtlich, die vorliegend die geplante Veröffentlichung knapp viereinhalb Monate nach Kenntnis des Verstoßes noch als unverzüglich im Sinne des § 40 Abs. 1a LFGB erscheinen lassen könnten. Daran ändert auch der vom Antragsgegner angeführte Beschluss des Verwaltungsgerichts Aachen (B.v. 24.2.2022 - Az. 7 L 21/22 - juris Rn. 32) nichts, da dieser aufgrund der Anonymisierung bei juris keine Rückschlüsse auf die zeitlichen Komponenten ermöglicht.
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(2.) „Herauszurechnen“ ist hingegen der Zeitraum der von der Antragstellerseite beantragten Fristverlängerung, die die Behörde vom 06.04.2022 bis zum 20.04.2022 gewährt hat, denn die mit Anhörungsschreiben vom 25.03.2022 - zugestellt nach Vortrag der Antragstellerin am 28.03.2022 - war bereits ausreichend bemessen.
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c. Kann - wie vorliegend - aber die beabsichtigte Veröffentlichung der Informationen nach § 40 Abs. 1a LFGB gegen Anfang Mai 2022 nicht mehr als unverzüglich bewertet werden, so bedarf es eines Eingehens auf die weiteren von den Beteiligten im Verfahren erörterten Aspekte nicht, weil die Veröffentlichung bereits aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr erfolgen darf (vgl. Rathke in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 40 LFGB Rn. 127 m.w.N.).
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3. Nach alledem ist dem Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57).