Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 12.07.2022 – AN 3 K 20.02700
Titel:

Anforderung eines Bauantrags für einen überdachten Fahrradunterstellplatz

Normenketten:
BayBO Art. 2 Abs. 8 S. 1, Art. 57 Abs. 1 Nr. 1, Art. 76 S. 3
BauGB § 34 Abs. 1
Leitsatz:
Überdachte Fahrradabstellplätze sind keine überdachten Stellplätze iSv Art. 2 Abs. 8 S. 1 BayBO bzw. Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. b BayBO. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anforderung eines Bauantrags, Verfahrensfreiheit eines überdachten Fahrradabstellplatzes, Abgrenzung zu Splittersiedlung, Stellplatz, Fahrradabstellplatz, Ortsteil, Splittersiedlung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 21114

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Anforderung eines Bauantrags für die Errichtung eines überdachten Fahrradunterstellplatzes auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung … (* …*) in … Die Klägerin ist Eigentümerin des eingangs genannten Grundstücks. Auf dem Grundstück und den Nachbargrundstücken FlNr. …, … und … betreibt die Klägerin eine Anlage zur Herstellung von speziellen Schreibgeräten (Spitzer, Winkelmesser usw.). Die vorhandenen Anlagen wurden im Zeitraum von 1900 bis 1991 mit Baugenehmigung durch die Beklagte errichtet. Die Anlagen haben nach Angaben der Klägerseite eine Nutzfläche von circa 10.000 m² und beinhalten Produktionshallen, Maschinen- und Lagergebäude sowie Verwaltungsgebäude teilweise mit bis zu vier Stockwerken. Das Areal der Klägerin befindet sich auf einer Flussinsel zwischen zwei Armen der … und grenzt nach Osten und Westen unmittelbar an den Fluss an. Nordwestlich des Hauptgebäudes der Klägerin auf dem Grundstück FlNr. … befinden sich auf der FlNr. … ein Wasserkraftwerk eines privaten Unternehmens und auf der FlNr. … eine in einem dreigeschossigen Gebäude befindliche Obdachlosenunterkunft der Beklagten mit anschließendem, zweigeschossigen Wohngebäude. Nordöstlich schließt sich an das Areal ein Jugendtreff der Beklagten auf dem Grundstück FlNr. … an. Nach Norden hin befindet sich das aufgegebene Areal eines ehemaligen Campingplatzes. Nach Süden hin ist die Flussinsel unbebaut. Ein Bebauungsplan für das Areal existiert nicht. Der Flächennutzungsplan stellt das Areal als gemischte Baufläche dar.
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Bei einer Baukontrolle am 19. Oktober 2020 wurde seitens der Beklagten festgestellt, dass auf dem streitgegenständlichen Grundstück durch die Klägerin eine Stahlkonstruktion mit einer Grundfläche von circa 7,00 m x 6,20 m und einer Höhe bis zu circa 3,00 m ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung errichtet wurde. Die Anlage war zum Zeitpunkt der Feststellung im Rohbau fertig gestellt. Wie sich später herausstellte, beabsichtigt die Klägerin die Errichtung eines Fahrradunterstellplatzes mit Überdachung. Noch am 19. Oktober 2020 wurde die mündliche Einstellung der Bauarbeiten verfügt. Mit Schreiben der Beklagten vom 6. November 2020 wurde die Klägerin zur Einreichung eines Bauantrags bis zum 27. November 2020 aufgefordert. Die Klägerin teilte mittels E-Mail vom 17. November 2020 mit, dass sie keinen Bauantrag stellen werde, da es sich bei dem Baugrundstück nach Auffassung der Klägerin um den unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB handle. Das Vorhaben sei somit nach Art. 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b BayBO verfahrensfrei.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid der Beklagten vom 30. November 2020 wurden die Bauarbeiten an der Stahlkonstruktion seitens der Klägerin eingestellt (Ziffer 1), die Klägerin aufgefordert, für die bereits angefangene Baumaßnahme vorschriftsmäßige Bauvorlagen vorzulegen und die nachträgliche Erteilung der Baugenehmigung zu beantragen (Ziffer 2), für den Fall des Verstoßes gegen Ziffer 1 des Bescheides ab Zustellung dieses ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR angedroht (Ziffer 3), für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 2 des Bescheides binnen eines Monats nach Unanfechtbarkeit dieses ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR angedroht (Ziffer 4), die Anordnung unter Ziffer 1 für sofort vollziehbar erklärt (Ziffer 5) und der Klägerin Kosten von insgesamt 223,13 EUR auferlegt (Ziffer 6).
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Zur Begründung führt der Bescheid im Wesentlichen aus, dass das Vorhaben baugenehmigungspflichtig sei, da es sich im Außenbereich befinde. Bei dem maßgeblichen Bereich des Baugrundstücks handle es sich nicht um einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil, da es hierfür an einer tatsächlich aufeinanderfolgenden, zusammenhängenden Bebauung fehle. Vielmehr stellten die im nahen Umfeld vorhandenen baulichen Anlagen eine sogenannte Splittersiedlung innerhalb des Außenbereichs dar. Mithin gelte für das betreffende Bauvorhaben keine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1b BayBO. Die Baumaßnahme widerspreche den einschlägigen öffentlich-rechtlichen Anforderungen, da sie ohne die erforderliche Baugenehmigung durchgeführt werde. Die Beklagte sei daher nach Art. 75 Abs. 1 BayBO berechtigt, nach pflichtgemäßen Ermessen die Einstellung der Bauarbeiten anzuordnen. Es liege im öffentlichen Interesse, die Fortführung unzulässiger Bauarbeiten zeitnah zu verhindern, um das Entstehen oder die Verfestigung baurechtswidriger Verhältnisse zu vermeiden. Dem gegenüber müsse das private Interesse des Bauherrn an der Beendigung eines rechtswidrigen Bauvorhabens zurückstehen. Weiter sei es zur Prüfung, ob nachträglich rechtmäßige Zustände hergestellt werden könnten, notwendig, für die rechtswidrig ausgeführten Baumaßnahmen ein Bauantrag einzufordern. Dies stütze sich auf Art. 76 Satz 3 BayBO.
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Mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2020 - hier eingegangen am gleichen Tag - ließ die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben. Zur Begründung wurde zunächst ausgeführt, dass der Fahrradunterstellplatz im Zeitpunkt des Zugangs des schriftlichen Bescheides bereits errichtet worden sei. Die Annahme, das Vorhaben befinde sich im baurechtlichen Außenbereich, widerspreche der jahrzehntelangen Praxis der Beklagten. Der Fahrradunterstand weise eine Fläche von unter 50 m² auf (7,00 m x 6,20 m), sodass die Errichtung aufgrund der Lage im Innenbereich nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1b BayBO verfahrensfrei sei. Die Forderung nach Stellung eines Bauantrags sei demnach unbegründet.
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Mit Schriftsatz vom 24. Februar 2021 wurde die Klage weitergehend begründet. In rechtlicher Hinsicht gehe es um die Abgrenzung zwischen dem Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB und dem Außenbereich nach § 35 BauGB. Entscheidend sei die Frage, ob ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliege. Zum Kriterium der „Bebauung“ sei auszuführen, dass zur Bebauung nur Bauwerke zählen könnten, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienten (unter Verweis auf Rechtsprechung). Bei industriell oder gewerblich geprägten Bereichen liege ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vor, wenn der betreffende Bereich zumindest auch bauliche Anlagen umfasse, die dem Aufenthalt von Menschen dienten (etwa Sozialgebäude; unter Verweis auf Literatur und Rechtsprechung). Dies sei vorliegend der Fall, denn es liege eine großflächige, massive Bebauung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB vor. Die Gebäude des klägerischen Betriebs enthielten beispielsweise Sozialräume, Büros und Verwaltungsräume.
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Es liege auch eine Bebauung im Zusammenhang vor. Entscheidend sei hierbei, dass tatsächlich eine zusammenhängende Bebauung vorliege und diese Siedlungsstruktur als städtebauliche Funktionseinheit in Erscheinung trete, welche die Grundlage für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung bilden könne. Weiter sei maßgebend, ob die vorhandene Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittle. Dieser Eindruck der Geschlossenheit verlange jedoch kein einheitliches Gesamtbild, denn auch ein Fremdkörper könne den Bebauungszusammenhang nicht immer durchbrechen (unter Verweis auf Rechtsprechung und Literatur). Entgegen der Auffassung der Beklagten im angegriffenen Bescheid vom 30. November 2020 fehle es vorliegend nicht an einer tatsächlich aufeinanderfolgenden, zusammenhängenden Bebauung.
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Ein Ortsteil im Sinne von § 34 BauGB sei jeder Bebauungskomplex, der nach Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besäße und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sei (unter Verweis auf Rechtsprechung). Dies sei das zentrale Merkmal, welches den Ortsteil von der unerwünschten Splittersiedlung unterscheide. Eine bestimmte Untergrenze der Gebäudeanzahl im Hinblick auf eine „Bebauung von Gewicht“, welche das Vorhandensein eines Ortsteils begründe, lasse sich dabei nicht allgemeinverbindlich festlegen. Das Vorhandensein von etwa nur sechs Häusern schließe die Annahme eines Ortsteils noch nicht von vornherein aus (unter Verweis auf Rechtsprechung). Vorliegend befänden sich auf dem südlichen Teil der Flussinsel … - teils zusammengebaute - Gebäude/Bauten auf neun Flurstücknummern (unter Verweis auf eine klägerseits eingereichte Skizze). Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich großteils um eine mehrgeschossige, massiv in Erscheinung tretende Bebauung handle, die der Bebauung ein besonders Gewicht verleihe. Alle in der Skizze durchnummerierten Gebäude auf den Grundstücken der Klägerin seien dabei jeweils gesondert genehmigt worden.
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Eine organische Siedlungsstruktur erfordere nicht, dass es sich um eine nach Art und Zweckbestimmung einheitliche Bebauung handeln müsse. Auch eine unterschiedliche, unter Umständen sogar eine in ihrer Art und Zweckbestimmung gegensätzliche Bebauung könne einen Ortsteil bilden. Ebenso wenig komme es auf die Entstehungsweise der vorhandenen Bebauung an. Die Anforderung an eine organische Siedlungsstruktur schließe nur das ein, was in Entgegensetzung zu unerwünschten Splittersiedlungen dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspreche, nämlich die nach ihrer Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereichs (unter Verweis auf Rechtsprechung der erkennenden Kammer vom 12.6.2018 - AN 3 K 17.01500 - Rn. 46 f). An einer solchen Angemessenheit fehle es beispielsweise bei einer Anhäufung von behelfsmäßigen Bauten oder bei einer völlig regellosen und geradezu funktionslosen Bebauung. Vergleichbares gelte für eine bandartige oder einseitige Bebauung. Einer Bebauung könne somit dann die organische Siedlungsstruktur fehlen, wenn sie zwar hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung einen ausreichenden Rahmen für die Fortentwicklung vorgebe, aber das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubare Grundstücksfläche sowie die Bauweise nicht einmal ansatzweise eine Regelmäßigkeit erkennen ließen (unter Verweis auf Rechtsprechung). Regellos sei ein Standort von Baulichkeiten, wenn die Anordnung keiner erkennbaren Regel folge und deshalb den Eindruck vermittle, als gehe alles auf „blinden Zufall“ und „Willkür“ zurück. Die Beklagte verhalte sich zum Punkt der Splittersiedlung auch widersprüchlich, wenn sie einerseits den Bescheid auf die Annahme einer Splittersiedlung stütze, aber gleichzeitig rund neun Monate vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides der Klägerin am 10. Februar 2020 ein Baugenehmigungsbescheid erteile, der ausführt, dass die Entstehung und Verfestigung einer Splittersiedlung nicht zu befürchten sei (wird weiter ausgeführt).
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Vorliegend handle es sich nach den genannten Maßstäben nicht um eine Splittersiedlung, sondern um einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil. Durch eine weitere Bebauung werde allein schon aufgrund der Insellage (Begrenzung der Inselfläche) und des dort bereits versiegelten Bereichs nicht die Zersiedlung der Landschaft begünstigt. Auch könne sich durch eine weitere Bebauung der Grundstücke der Klägerin keine zusammenhanglose oder aus anderen Gründen unorganische Streubebauung entwickeln. Des Weiteren sei die Insel auch nicht „völlig regellos“ und in dieser Anordnung funktionslos bebaut. Bei Betrachtung vor Ort entstehe schon kein Eindruck, als gehe die Bebauung auf „blinden Zufall“ und „Willkür“ zurück, wie es das Bundesverwaltungsgericht hierfür fordere. Es sei auch zu berücksichtigen, dass sich die Anordnung der Bebauung bereits aus der vorgegebenen Inselgröße und Inselausformung ergebe (unter Verweis auf Bundesverwaltungsgereicht Urteil vom 6.11.1968 - IV C 47.68). Zudem ergebe sich die Anordnung der Bebauung auch aus dem sich auf der Insel befindlichen Überschwemmungsgebiet. Schon deshalb erfolge die Anordnung der Bebauung, die von den gewerblich genutzten Gebäuden der Klägerin dominiert werde, systematisch, nämlich diesen geographischen Zwängen folgend. Die gewerblichen Gebäude der Klägerin seien in mehreren Bauabschnitten zwischen 1900 und 1991 errichtet worden. Die vorhandene Anordnung der Gebäude auf der Insel erkläre sich zwangslos auch aus ihrer Funktion, sodass die Regellosigkeit der Bebauung auch deshalb zu verneinen sei (unter Verweis auf Rechtsprechung). Die von der Klägerin gewerblich genutzten Gebäude befänden sich allesamt zusammenhängend im Süden und Nordosten des bebauten Inselbereichs (und somit nicht wahllos über die Insel verstreut). Das Elektrizitätswerk des privaten Energieversorgers im Westen der Insel sei direkt an dem Flussbereich mit der höchsten Strömung und der besten Zugangsmöglichkeit zum Wasser errichtet worden. Daran schließe sich im Norden das ehemalige Übernachtungsheim an, das derzeit von der Beklagten generalsaniert werde. An dieses ehemalige Übernachtungsheim angebaut befinde sich im Norden ein Wohnhaus mit zwei Vollgeschossen und Satteldach. Im Bereich der Zufahrt auf die Insel befinde sich - im Hinblick auf die Inselform ebenfalls strukturiert angeordnet - das Gebäude einer Freizeitanlage, dem selbstverwalteten Jugendhaus der Beklagten. Die Anordnung der verschiedenen Gebäude auf der Insel erfolge somit nach einem erkennbaren System (unter anderem die Trennung von Gewerbe und Wohnen/Freizeit) und erwecke keinesfalls den Eindruck, als gehe alle Bebauung auf „blinden Zufall“ und „Willkür“ zurück.
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Auch die Beklagte sei in der Vergangenheit über Jahrzehnte hinweg der zutreffenden Auffassung, dass es sich um einen Innenbereich nach § 34 BauGB handle, gefolgt. Dies sei mehrfach in der Vergangenheit so dokumentiert worden (unter Verweis auf Stellungnahme des jeweiligen Baureferenten der Beklagten zu verschiedenen Zeitpunkten).
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Hilfsweise bestünde ein Bebauungszusammenhang mit den östlich gelegenen Flächen des … Bahnhofs (wird weiter ausgeführt).
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Zuletzt beantragt die Klägerin, den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2020 mit Ausnahme der Ziffern 1 und 3 aufzuheben.
14
Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 30. März 2021,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten rechtmäßig sei und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletze. Die Beklagte habe gemäß Art. 76 Satz 3 BayBO die Befugnis, die Stellung eines Bauantrages zu verlangen. Dies komme in Betracht, wenn ein baugenehmigungspflichtiges Vorhaben ohne die erforderliche Baugenehmigung ausgeführt werden solle oder bereits ausgeführt worden sei. Wie bei der Baueinstellung genüge es, wenn bei objektiver Betrachtung konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen Sachverhalts bestünden (unter Verweis auf Rechtsprechung). Die Anordnung dürfe nicht ergehen, wenn sich ohne Weiteres feststellen lasse, dass es sich um ein verfahrensfreies Vorhaben handle.
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Es handle sich bei dem im Bescheid geregelten Vorhaben um ein genehmigungspflichtiges Vorhaben. Entgegen der klägerischen Auffassung liege das Vorhaben nicht im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB, sondern im Außenbereich nach § 35 BauGB. Bei dem maßgeblichen Bereich des Baugrundstücks handle es sich nicht um einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil, da es hierfür an einer tatsächlich aufeinanderfolgenden, zusammenhängenden Bebauung von notwendigem Gewicht fehle. Notwendig sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitze und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sei, vorliege (unter Verweis auf Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall handle es sich im Wesentlichen um die Gebäude eines einzelnen Betriebes (mit diversen Nutzungen) mit offensichtlich drei weiteren Wohngebäuden. Schon daraus lasse sich ableiten, dass eine organische Siedlungsstruktur hier nicht zu erkennen sei. Es handle sich vielmehr nur um eine bloße Anhäufung von Gebäuden, die keinen Ortsteil beziehungsweise Bebauungszusammenhang bildeten (unter Verweis auf Rechtsprechung). Mithin gelte für das betreffende Bauvorhaben keine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1b BayBO.
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Im Hinblick auf das von der Klägerseite beanstandete „widersprüchliche Verhalten“ sei auszuführen, dass sich die Einschätzung der damaligen Baureferenten vor mehr als 20 Jahren heute von Beklagtenseite nicht mehr nachvollziehen lasse. Dies sei jedoch für die Beurteilung der Zulässigkeit der verfahrensgegenständlichen Baumaßnahme auch nicht von Belang (wird weiter ausgeführt). Die Beklagte habe jedenfalls schriftlich dokumentiert seit dem Jahre 2017 die Auffassung vertreten, dass es sich um den Außenbereich handle (wird weiter ausgeführt).
18
Auch im Hinblick auf die Baueinstellungsverfügung sei auszuführen, dass das Vorhabengrundstück im Außenbereich liege und deshalb baugenehmigungspflichtig sei. Aus diesem Grund seien die Voraussetzungen für den Erlass einer Baueinstellungsverfügung gegeben.
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Mit Schriftsätzen vom 28. Mai 2021 und vom 11. Juli 2022 erwiderte die Klägerseite hierauf nochmals.
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Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2022 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist, soweit über sie nach der in der mündlichen Verhandlung erfolgten Teilerledigterklärung noch zu entscheiden war, unbegründet, da die verbliebenen Verwaltungsakte im streitgegenständlichen Bescheid rechtmäßig sind und die Klägerin insofern nicht in eigenen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22
1. Die unter Ziffer 2 des Bescheids vom 30. November 2020 verfügte Anforderung eines Bauantrags für die Stahlkonstruktion ist sowohl formell als auch materiell rechtmäßig.
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1.1 Die Klägerin wurde mit Schreiben vom 6. November 2020 über die beabsichtigte Anforderung eines Bauantrags informiert. Insofern wurde Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG beachtet.
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1.2 Die Anforderung, einen Bauantrag zu stellen, ist auch materiell rechtmäßig.
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1.2.1 Rechtsgrundlage für die Anforderung eines Bauantrags ist Art. 76 Satz 3 BayBO. Hiernach kann die Bauaufsichtsbehörde verlangen, dass ein Bauantrag gestellt wird. Die Vorschrift knüpft im systematischen Zusammenhang an Art. 76 Satz 1 und 2 BayBO an, dessen Tatbestand wiederum einen Widerspruch der baulichen Anlage zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfordert. Der Widerspruch liegt im Falle des Art. 76 Satz 3 BayBO regelmäßig in der formellen Illegalität, also dem Errichten einer baulichen Anlage ohne die notwendige Baugenehmigung. Mithin ist Art. 76 Satz 3 BayBO das regelmäßig festzusetzende Mittel, um die Frage der Genehmigungsfähigkeit einer formell rechtswidrig errichteten Anlage abklären und nachträglich formell rechtmäßige Zustände herstellen zu können (BayVGH, B.v. 28.1.1999 - 2 ZB 99.234 - juris Rn. 2). Selbst wenn die Genehmigungsfähigkeit offensichtlich feststeht, darf ein Bauantrag eingefordert werden, da auch die offensichtliche Genehmigungsfähigkeit nicht von der Pflicht zur Einholung einer Genehmigung nach Art. 55 Abs. 1 BayBO befreit (BayVGH, B.v. 28.5.2015 - 9 ZB 15.136 - juris Rn. 16). Aber auch zur Abklärung der Genehmigungspflicht als solcher ist - zumindest in streitigen Fällen - die Anforderung eines Bauantrags grundsätzlich möglich (BayVGH, B.v. 11.6.2014 - 1 ZB 11.2826 - juris Rn. 3; B.v. 26.3.2012 - 9 ZB 09.942 - juris Rn. 8). Nur dann, wenn die Genehmigungsfähigkeit offensichtlich nicht vorliegt, ist die Anforderung eines Bauantrags unzulässig, da ein solcher Bauantrag nur abgelehnt werden darf und somit vom Bauherrn unnützer Aufwand verlangt wird (BayVGH, B.v. 24.1.1996 - 15 B 93.1602 - BeckRS 1996, 16909). Gleiches muss gelten, wenn eine Genehmigungspflicht offensichtlich nicht vorliegt, denn auch in diesem Fall darf der Bauantrag nur abgelehnt werden (Busse/Kraus BayBO Art. 76 Rn. 324; BeckOK BayBO Art. 76 Rn. 85.1; vgl. auch Molodovsky/Farmers/Waldmann BayBO Art. 76 Rn. 109).
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a) Die Anforderung eines Bauantrags rechtfertigt sich hier schon deswegen, weil die Beklagte zu Recht davon ausgehen durfte, dass die Stahlkonstruktion als „überdachter Fahrradabstellplatz“ genehmigungspflichtig ist.
27
Vorliegend ist davon auszugehen, dass es sich bei der Stahlkonstruktion, welche mittlerweile fertig gestellt ist, nicht um einen „überdachten Stellplatz“ nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) BayBO handelt. Zwar ist die Grundfläche von 50 qm vorliegend nicht überschritten, jedoch definiert Art. 2 Abs. 8 Satz 1 BayBO Stellplätze als Flächen, die dem Abstellen von Kraftfahrzeugen außerhalb der öffentlichen Verkehrsfläche dienen. Durch die Legaldefinition ist zum Ausdruck gebracht, dass eine finale Verknüpfung von Stellplätzen mit dem Abstellen von Kraftfahrzeugen zwingend notwendig ist. Daher entspricht es allgemeiner Meinung in der Literatur, dass überdachte Fahrradabstellplätze keine überdachten Stellplätze im Sinne von Art. 2 Abs. 8 Satz 1 BayBO bzw. Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) BayBO sind (BeckOK BayBO Art. 2 Rn. 87, Art. 57 Rn. 215; vgl. auch Molodovsky/Farmers/Waldmann BayBO Art. 2 Rn. 148; Busse/Kraus BayBO Art. 57 Rn. 361).
28
Dass es sich vorliegend um einen überdachten Fahrradabstellplatz und nicht um einen „überdachten Stellplatz“ im Sinne von Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) BayBO handelt, ergibt sich schon aufgrund des vom Gericht im Augenschein gewonnenen Gesamteindrucks vor Ort. So waren während des Augenscheins 15 Fahrräder abgestellt, von denen nur eines als „E-Bike“ identifiziert werden konnte (ohne dass diesbezüglich klar wäre, ob es sich allein deswegen um ein Kraftfahrzeug handelt). Dass auch ein PKW in dem Unterstand untergebracht war, macht die Anlage nicht zu einem Stellplatz im Sinne von Art. 2 Abs. 8 BayBO. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Qualifikation als Garage oder Stellplatz nicht danach vorgenommen werden kann, ob darin lediglich auch Kraftfahrzeuge abgestellt werden (vgl. BeckOK BayBO Art. 57 Rn 36 m.w.N.). Vielmehr muss sich die Unterbringung von Kraftfahrzeugen als der Hauptzweck der Anlage darstellen, zu dem untergeordnet auch andere Zwecke hinzutreten dürfen. Dies kann schon bei der bloßen Betrachtung der „Parkvorgänge“ nicht mehr angenommen werden, wenn 15 Fahrräder auf einen PKW treffen. Im Übrigen ergibt sich die Funktion der Stahlkonstruktion als Fahrradabstellplatz auch aus den baulichen Gegebenheiten vor Ort. So ist überhaupt nicht klar, wieso bei den vielen vorhandenen Kfz-Stellplätzen auf dem Gelände der Klägerin ausgerechnet die von der Klägerseite angesprochenen (in der Stahlkonstruktion potentiell vorhandenen) zwei PKW-Stellplätze überdacht werden sollten. Die Überdachung ist vielmehr notwendig, um Zweiräder vor der Witterung zu schützen, da sie viel anfälliger hierfür sind als PKW.
29
Überdachte Fahrradstellplätze unterfallen Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) BayBO, da es sich um Gebäude handelt (BeckOK BayBO Art. 57 Rn 215, vgl. Busse/Kraus BayBO Art. 57 Rn. 361). Für den Gebäudebegriff des Art. 2 Abs. 2 BayBO ist nicht entscheidend, ob seitliche Umfassungswände vorhanden sind (BayVGH, U.v. 8.6.2010 - 9 B 08.3162 - juris Rn. 15).
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Die hiergegen von der Klägerseite vorgebachten Argumente verfangen nicht. Dass sich eine gewisse Ungleichbehandlung von überdachten Fahrradabstellplätzen, welche nur nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) BayBO genehmigungsfrei sind, zu überdachten Kfz-Stellplätzen, welche auch Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) BayBO unterfallen können, ergeben, ist der eindeutigen Wertung von Art. 2 Abs. 8 BayBO geschuldet. Für eine „verfassungskonforme“ Auslegung lässt der Wortlaut keinen Raum. Ob man das Ergebnis rechtspolitisch befürworten will, muss das Gericht nicht klären.
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Dass der vorliegende überdachte Fahrradunterstand nicht nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) BayBO verfahrensfrei ist, ergibt sich offensichtlich schon aus den baulichen Dimensionen. Der Augenschein hat ergeben, dass die Höhe mindestens 2,50 m beträgt. Die Grundfläche wurde unstreitig mit ca. 43 qm angenommen, weshalb die Grenze von 75 m³ deutlich überschritten ist.
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Das Vorhaben ist mithin unabhängig von der Frage einer Innenbereichslage genehmigungspflichtig.
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b) Selbst wenn man dem Ergebnis unter a) nicht zustimmen möchte, so wäre die Anforderung des Bauantrags hilfsweise schon deswegen rechtmäßig, weil der Antrag vorliegend auch der Abgrenzung zwischen den Tatbeständen von Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) und lit. b) BayBO dient und damit zur Klärung einer strittigen Genehmigungspflicht notwendig ist. Selbst nach dem klägerischen Standpunkt, wonach auch Kraftfahrzeuge in der Stahlkonstruktion geparkt werden sollen, müsste man weiter ermitteln, ob es sich um einen „Kfz-Stellplatz“ handelt, indem man den Hauptnutzungszweck der Stahlkonstruktion durch detaillierte Angaben zum Nutzerkreis oder zu Nutzungsbedingungen klärt. Solche Angaben erfordern einen detaillierten Bauantrag.
34
c) Höchst hilfsweise wäre die Anforderung des Bauantrags auch im Falle des Vorliegens eines überdachten Stellplatzes im Sinne von Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) BayBO erforderlich, um die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens zu überprüfen, da die Stahlkonstruktion im Außenbereich errichtet worden ist und somit eine Verfahrensfreiheit nach dieser Vorschrift nicht in Betracht kommt. Auch dieses Ergebnis rechtfertig sich aufgrund des von der Kammer durchgeführten Augenscheins und des dabei gewonnenen Gesamteindrucks der maßgeblichen Umgebung.
35
Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist der Innenbereich durch einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil gekennzeichnet. Dabei sind die Begriffe „Ortsteil“ und „Bebauung im Zusammenhang“ kumulative Begriffe (BVerwG, B.v. 7.6.2016 - 4 B 47/14 - juris Rn. 10 = ZfBR 2016, 799). Für die Abgrenzung zwischen Innenbereich und Außenbereich ist festzuhalten, dass ein Bebauungszusammenhang regelmäßig am letzten Baukörper endet (BVerwG, U.v. 16.9.2010 - 4 C 7/10 - juris Rn. 12 = NVwZ 2011, 436). Etwas Anderes kann im Einzelfall nur dann gelten, wenn besondere topographische Gegebenheiten (z.B. Damm, Böschung, Fluss oder Waldrand) den Bebauungszusammenhang verschieben. Für den Begriff der Bebauung ist weiter zu fordern, dass der Zusammenhang vermittelnde Baukörper auch dem ständigen Aufenthalt von Menschen dient (BVerwG, U.v. 30.6.2015 - 4 C 5/14 - juris Rn. 15 = BVerwGE 152, 275). Nur vorübergehend genutzte Anlagen oder Nebenanlagen reichen hierzu nicht.
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Im Hinblick auf die Abgrenzung von Baulücken innerhalb eines Innenbereichs und einer Fläche des Außenbereichs ist maßgeblich, ob nach einer Bewertung des Gesamteindrucks der Umgebung der „Eindruck der Geschlossenheit“ noch vorhanden ist, das Grundstück also noch durch die Umgebung geprägt ist (BVerwG, B.v. 18.6.1997 - 4 B 238/96 - juris Rn. 4 = NVwZ-RR 1998,157). Maßgeblich ist mithin eine gewisse „Verklammerung“ der baulichen Anlagen. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass gerade der optischen Wahrnehmbarkeit der Umgebung eine entscheidende Rolle zukommt, denn für die Realisierung eines Vorhabens im Innenbereich gibt diese Umgebung den planersetzenden Maßstab im Sinne eines „Einfügens“ bzw. einer Prägung vor.
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Daneben ist erforderlich, dass die maßstabsbildende Bebauung auch ein gewisses Gewicht besitzt (BVerwG, B.v. 5.4.2017 - 4 B 46/16 - juris Rn. 6 = ZfBR 2017, 471, U.v. 19.4.2012 - 4 C 10/11 - juris Rn. 13). Ob ein solch gewisses Gewicht vorliegt, bestimmt sich nach siedlungsstrukturellen Gegebenheiten der jeweiligen Gemeinde (BVerwG, B.v. 7.6.2016 - 4 B 47/14 - juris Rn. 14 = ZfBR 2016, 799).
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Vorliegend geht die Kammer davon aus, das dem „Komplex …“ schon aufgrund der Anzahl der vorhandenen Gebäude das für die Annahme eines Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB erforderliche Gewicht fehlt, weshalb von einer Splittersiedlung im Außenbereich und nicht einem Ortsteil im Innenbereich auszugehen ist. Dabei geht das Gericht davon aus, dass ein notwendiger Eindruck der Geschlossenheit in nördlicher Richtung nur bis zum Verwaltungs- und Bürogebäude auf der Flurnummer … reicht. Nach Osten hin endet der Bebauungszusammenhang spätestens am Jugendclub auf der Flurnummer … Im Gegensatz zur Klägerseite, die von 16 „Objekten“ auf dem Areal ausgeht, kommt die Kammer auf bestenfalls 8 Gebäude, die potentiell in der Lage wären, einen Bebauungszusammenhang zu vermitteln. Zu nennen sind hier der Jugendclub, das an die Universität vermietete Bürogebäude, das Fertigungsgebäude mit 4 Stockwerken, das U-förmige Produktionsgebäude, der einstöckige Anbau an das U-förmige Produktionsgebäude im Osten, das Obdachlosenheim, das danebenstehende Wohngebäude und gegebenenfalls noch das Kraftwerksgebäude. Keinen Bebauungszusammenhang kann das eingeschossige Lager auf Flurnummer … vermitteln, da nach dem im Augenschein gewonnenen Gesamteindruck nicht mal ein vorübergehender Aufenthalt von Menschen beabsichtigt ist. Im Übrigen ergibt sich die zahlenmäßige Diskrepanz zwischen Gericht und Klägerseite aus der Tatsache, dass die Klägerin sämtliche „Bauabschnitte“ einzelner Gebäude als eigenständige Anlagen zählt. Das Gericht gewann jedoch aufgrund des Eindrucks vor Ort und der Tatsache, dass fast alle Gebäude durchgängig begehbar sind und auch dem gleichen Nutzungszweck dienen, die Überzeugung, dass der klägerische Betrieb nur aus fünf Gebäuden besteht (Büro, Produktionsgebäude, U-förmiges Produktionsgebäude, Anbau im Osten und Lager im Westen).
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Gerade weil die siedlungsstrukturellen Gegebenheiten der Beklagten - insbesondere in der Umgebung um die Anlage der Klägerin - gänzlich anders gelagert sind, ist nicht von einem Ortsteil auszugehen. Die offensichtlich Ortsteilqualität besitzenden Siedlungsschwerpunkte in der näheren Umgebung der „…“ sind sowohl von ihrer reinen Anzahl als auch städtebaulichen Struktur ganz anders ausgelegt (vgl. dazu. BVerwG, B.v. 19.4.1994 - 4 B 77/94 - juris Rn. 3 = NVwZ-RR 1994, 555). Das Siedlungsgebiet der Beklagten - als einer der größten Städte Bayerns - ist geprägt durch großflächige und dementsprechend quantitativ ungemein stärker bebaute Ortsteile. In der Umgebung befinden sich sowohl die Altstadt im Osten als auch der Stadtteil „…“ im Westen. Im Vergleich zu diesen Ortsteilen, kommt dem Komplex „…“ schlichtweg keinerlei städtebauliches Gewicht zu. Das ergibt sich auch aus der ablesbaren Geschichte des Areals, das - wie die nördliche „…“ und die südliche „…“ - offensichtlich aus einer kleinen Mühlenanlage entlang des Flusses … entstanden ist. Dass diese anderen beiden ehemaligen Mühlenanlagen keine Ortsteile sind, ist für das Gericht offenkundig. Selbst wenn man den Blick auf das gesamte Siedlungsgebiet der Beklagten erweitert, findet sich nichts dafür, der „…“ Ortsteilqualität zusprechen zu können. Selbst die verhältnismäßig kleinen, fränkisch-dörflich geprägten Ortsteile der Beklagten weiter westlich (wie etwa … oder …*) sind schon nach ihrer reinen Anzahl an Gebäuden weit jenseits dessen, was an Bebauung hier in Frage steht.
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Es kann damit auch dahinstehen, ob sich die Bebauung vor Ort darüber hinaus als unorganische Siedlungsstruktur darstellt.
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1.2.2 Am Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO überprüfbare Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Grundsätzlich ist zwar zu bemängeln, dass der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten keine Ausführungen zu einer Ermessensausübung bezogen auf die Anforderung des Art. 76 Satz 3 BayBO enthält. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass im Falle angenommener formeller Rechtswidrigkeit eines Bauvorhabens - wie im hiesigen Fall - die Anforderung eines Bauantrags das regelmäßige und mildeste Mittel der Behörde ist, weswegen von einem intendierten Ermessen auszugehen ist (BayVGH, B.v. 28.1.1999 - 2 ZB 99.234 - juris Rn. 2). Eine besondere Begründung dieser Regelmaßnahme bedarf es also nur in atypischen Fallgestaltungen. Ansatzpunkte hierfür - wie etwa eine offensichtlich nicht vorliegende Genehmigungsfähigkeit (BayVGH, B.v. 24.1.1996 - 15 B 93.1602 - BeckRS 1996, 16909) - sind nicht gegeben. Dies gilt hier trotz der Lage im Außenbereich, da für das Gericht erkennbar ist, dass kein Widerspruch zum Flächennutzungsplan vorliegt und auch die natürliche Eigenart der Umgebung aufgrund der massiven Vorbelastung nicht berührt sein dürfte. Selbst die Verfestigung einer Splittersiedlung erscheint im Hinblick auf einen Fahrradabstellplatz zumindest zweifelhaft.
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2. Fehler im Rahmen der sonstigen Regelungen des streitgegenständlichen Bescheids sind nicht ersichtlich. Das angedrohte Zwangsgeld erscheint sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach angemessen. Gleiches gilt für die Kostenentscheidung im Bescheid.
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3. Die gerichtliche Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO Die Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.