Inhalt

VG Bayreuth, Beschluss v. 15.02.2022 – B 1 S 22.82
Titel:

Grober Verstoß gegen das Bundesjagdgesetz – Aufstellen einer Totschlagfalle ohne Fangbunker

Normenketten:
AVBayJG Art. 29a
TierSchG § 17 Nr. 2b
BJagdG § 1 Abs. 3, Abs. 6, § 19 Abs. 1 Nr. 9
WaffG § 5 Abs. 2 Nr. 5, § 45 Abs. 2
BayJG § 12c
Leitsätze:
1. Das Aufstellen einer Totschlagfalle ohne Fangbunker, die zum Fehlfang eines Fuchses führt, stellt einen groben Verstoß gegen das Bundesjagdgesetz und die Grundsätze der deutschen Weidgerechtigkeit dar und berechtigt die Behörde zum Widerruf der Waffenbesitzkarte und der Ungültigkeitserklärung des Jagdscheins. (Rn. 24)  (Rn. 28 – 29) (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
2. Über § 1 Abs. 6 BJagdG sind auch Verstöße gegen das Bayerische Jagdgesetz für die Würdigung der Zuverlässigkeit iSd § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG relevant. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bezüglich der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins ist hinsichtlich der Unzuverlässigkeit keine andere rechtliche Sichtweise angebracht als bei der Entziehung einer Waffenbesitzkarte. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
grober Verstoß gegen das Bundesjagdgesetz und die Grundsätze der deutschen, Weidgerechtigkeit, Aufstellen einer Totschlagfalle ohne Fangbunker, Fehlfang eines Fuchses, Verstoß gegen das TierSchG, Widerruf von Waffenbesitzkarte und Erklärung des Jagdscheins für ungültig rechtmäßig, grober Verstoß gegen das Bundesjagdgesetz, grober Verstoß gegen die Grundsätze der deutschen Weidgerechtigkeit, Aufstellen einer Totschlagfalle ohne Fangbunke, Widerruf von Waffenbesitzkarte, Ungültigkeitserklärung des Jagdscheins, sofortige Vollziehung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 21110

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 7.250,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen den Widerruf der Waffenbesitzkarte und des Jagdscheins und weitere damit verbundene Maßnahmen.
2
Die Polizeiinspektion … meldete am 5. Mai 2021 dem Landratsamt … (Landratsamt) folgenden Sachverhalt: Am 31. März 2021 hätten Passanten gegen 16.15 Uhr im Bereich … an dem Fluss … einen vermeintlich leblosen Fuchs in einer Totschlagfalle am südlichen Ufer des Flusses wahrgenommen. Sie hätten ihre Handys geholt und festgestellt, dass der Fuchs krampfhaft versucht habe, sich aus der Schlagfalle zu befreien. Die Passanten hätten versucht, Jagdausübungsberechtigte zu erreichen. Als sie 15 Minuten später wieder an die Stelle gekommen seien, seien Fuchs und Falle verschwunden gewesen. Im Zuge der Ermittlungen habe der Revierpächter des Gemeinschaftsjagdreviers …, Herr …, gesagt, er wisse nicht, wer in den letzten Jahren Totschlagfallen aufgestellt habe. Er habe dem Eigentümer des Grundstücks (Antragsteller) die mündliche Erlaubnis erteilt, die Fallen auf seinem Grund aufzustellen. Der Antragsteller sei sodann durch Beamte der Polizeiinspektion befragt worden und habe zugegeben, die Falle vor dem 31. März 2021 aufgestellt zu haben. Sein Jagdschein berechtige zur Ausübung der Fallenjagd.
3
Das Landratsamt befragte den Antragsteller am 7. Oktober 2021 zu dem Vorfall. Er gab an, dass der Bach zu diesem Zeitpunkt Hochwasser geführt habe. Die Wiese, auf der die Falle lag, sei eingezäunt gewesen. Aus seiner Sicht seien die Sicherungsvorkehrungen ausreichend gewesen, weshalb er auf die Errichtung eines Fangbunkers verzichtet habe. Die mit einem Fleischköder bestückte Falle (38er Eiabzugseisen) sei zum Fang von Mardern bestimmt gewesen. Fehlfänge könnten immer vorkommen, ihm sei bewusst, dass auch andere Tiere in die Falle geraten könnten. Das Landratsamt eröffnete dem Antragsteller, dass es ein Widerrufsverfahren seiner jagd- und waffenrechtlichen Erlaubnisse einleiten werde.
4
Das Landratsamt beteiligte den Kreisjagdberater sowie den Leiter der Landesjagdschule des Bayerischen Jagdverbandes. Zudem wurde dem Jägerausschuss Oberfranken des Bayerischen Jagdverbands e.V. im Rahmen der beabsichtigten Ungültigkeitserklärung des Jagdscheins Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
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Der Leiter der Landesjagdschule des Bayerischen Jagdverbandes … führte mit E-Mail vom 13. Oktober 2021 aus, zugelassene Totschlagfallen für Marder seien Eiabzugseisen mit einer Bügelweite von 37 cm (150 Newton - N) oder 46 cm (175 N). Für Füchse seien Schwanenhälse zugelassen mit 56 cm oder 70 cm Bügelweite. Der Fang habe grundsätzlich über einen losen Fangbügel zu erfolgen. Der Fangbunker selektiere die Zugangsgröße des Fangs. Nach intensiver Prüfung des Vorgangs komme er persönlich zu dem Schluss, dass die Grundsätze der deutschen Weidgerechtigkeit verletzt seien.
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Der Kreisjagdberater … äußerte sich mit E-Mail vom 14. Oktober 2021. Er verwies auf § 12 b der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Jagdgesetzes (BayJG) und auf die dort genannten Bügelweiten. Eine Empfehlung zu einer Mindestgröße bei einem Fuchs könne er dort nicht finden. Es liege aber auf der Hand, dass für einen Fuchs eine größere Bügelweite vorgesehen sei. Der Betroffene habe allerdings gesagt, dass das Fangeisen für einen Marder gedacht, der Fuchs somit ein Fehlfang gewesen sei. Der Fangbunker schließe durch die Größe des Einlaufs aus, dass größere Tiere in den Fangbunker kämen (z.B. bei kleingehaltenem Zulauf: Marder und Wiesel kämen rein, Füchse und Dachse aber nicht). Zudem könne über den Fangbunker und die Stellung des Fangeisens gelenkt werden, wie das zu fangende Tier über die Falle treten soll, damit die Tötungswirkung am höchsten ist. Dem Fuchs wären Schmerzen erspart geblieben, wenn Art. 29a Abs. 2 BayJG beachtet worden wäre (Fangeisen dürfen nur in geschlossenen Räumen, Fangbunkern oder Fanggärten, in denen die Schlagfalle nach oben verblendet ist, so aufgestellt werden, dass von ihnen keine Gefährdung von Menschen, geschützten Tieren oder Haustieren ausgeht.). Wäre der Zugang entsprechend klein dimensioniert worden, wäre der Fuchs nicht in die Falle geraten. Aber das sei spekulativ.
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Auch bei der legitimen Jagdausübung mit der Falle seien Fehlfänge nicht auszuschließen. Eine eindeutige Aussage, ob der Betroffene unweidmännisch gehandelt habe, könne er nicht treffen. Ein Verstoß gegen das Jagdgesetz (Aufstellen einer Totschlagfalle ohne Fangbunker) sei zweifellos gegeben.
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Auf die Anhörung zum Widerruf der Waffenbesitzkarte und Ungültigerklärung des Jagdscheins äußerte sich der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schreiben vom 16. November 2021. Der Antragsteller habe die Falle in einen ausgehobenen Erdbunker gestellt, zu welchem er einen Schliefzugang zu der Falle geschaffen habe. Die Falle sei so platziert worden, dass der Fang über den losen Bügel habe erfolgen sollen. Die Falle habe er mit Erde und Laub bedeckt. Es sei nicht darauf abzustellen, ob das aufgestellte „38er Abzugseisen“ geeignet sei, Rotfüchse zu fangen, da der Antragsteller beabsichtigt habe, Marder zu fangen. Die Befreiungsversuche des Fuchses hätten auch durch das wiederholte Annähern der Passanten und das Fertigen der Filmaufnahmen ausgelöst werden können und nicht durch den Fang des Tieres an sich. Ob durch einen Fangbunker der Fehlfang hätte ausgeschlossen werden können, sei spekulativ. Art. 29a BayJG spreche nicht davon, dass die Fallen nach oben und zur Seite zu verblenden seien. Es liege kein schwerer Verstoß gegen die Grundsätze der Weidgerechtigkeit vor. Dies ergebe sich auch aus der Stellungnahme des Kreisjagdberaters.
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Der Bay. J.-verband e.V. befürwortete mit Schreiben vom 17. November 2021 die Einziehung des Jagdscheins des Antragstellers sowie der verwendeten Totschlagfalle wegen eines schweren Verstoßes gegen die Grundsätze der Weidgerechtigkeit. Das Eiabzugseisen sei vom Antragsteller nach dem vom Landratsamt überlassenen Video auf einem Feldrand neben einem Bachverlauf mit einer Eisenstange am Boden fixiert und offen, ohne Verblendung, Fangbunker oder ähnliches aufgestellt worden. Die Passanten hätten festgestellt, dass der Fuchs im Bereich seines Fanges (Schnauze) fest in den Halbrundbügeln der Totschlagfalle eingeklemmt gewesen sei. Der nicht tödlich verletzte Fuchs habe vergeblich versucht, sich aus der Falle zu befreien. Dabei habe er sich immer wieder mit Unterbrechungen kreisförmig um die Falle bewegt. Die kreisförmigen Spuren um die Falle herum belegten, dass der Fuchs bereits über einen längeren Zeitraum gefangen gewesen sei und sich zu befreien versucht habe. Zu dem in § 1 Abs. 3 BJagdG genannten Grundsatz der Weidgerechtigkeit zähle unter anderem das in § 19 Abs. 1 BJagdG normierte Verbot, Fanggeräte zu verwenden, die nicht unversehrt fangen oder nicht sofort töten (§ 19 Abs. 1 Nr. 9 BJagdG). Zudem sei in Art. 29a BayJG geregelt, dass die verwendeten Fallen ihrer Bauart nach Mindestanforderungen erfüllen müssen, die ein sofortiges Töten oder einen unversehrten Lebendfang gewährleisten. Fangeisen dürfen demnach nur verwendet werden, wenn ihre Betriebssicherheit regelmäßig überprüft wird und sie dauerhaft so gekennzeichnet sind, dass ihr Besitzer feststellbar ist. Zudem dürfen Fangeisen nur in geschlossenen Räumen, Fangbunkern oder Fanggärten, in denen die Schlagfalle nach oben verblendet ist, so aufgestellt werden, dass von ihnen keine Gefährdung von Menschen, geschützten Tieren und Haustieren ausgeht. Ferner sei die Verwendung von Schlagfallen der Jagdbehörde anzuzeigen. Der Antragsteller habe die Falle nicht gekennzeichnet. Die Falle sei ohne jegliche Verblendung nach oben offen auf einem Feld neben dem Bachlauf aufgestellt gewesen, es habe nicht nur Gefahr für Raubwild, sondern auch für Menschen, geschützte Tiere, Haustiere und anderes Wild bestanden. Der Antragsteller habe durch den offenen Einsatz der Falle in Kauf genommen, dass sich Tiere im Bereich der Schnauze oder durch einen Tritt verletzen. Eine Anzeige bei der Jagdbehörde sei nicht erfolgt. Es liege ein gröblicher Verstoß gegen jagdrechtliche Vorschriften vor, da das Aufstellen einer nicht verblendeten Totschlagfalle ohne jegliche Selektion und ohne Sicherstellung der sofortigen Tötungswirkung nachhaltig die besonders rohe tierschutzwidrige Gesinnung des Jagdscheininhabers zum Ausdruck bringe. Der Antragsteller habe sich über Vorschriften hinweggesetzt, die zum Kernbereich der rechtlichen Vorgaben zur Zulässigkeit der Fallenjagd mit Totschlagfallen gehörten und der präventiven Abwehr von solchen Gefahren dienten, die typischerweise durch die Verwendung von derartigen Fallen hervorgerufen werden könnten. Die Pflicht zur Kennzeichnung und Anzeige bei der unteren Jagdbehörde diene gerade dazu, den ordnungsgemäßen Fallengebrauch zu gewährleisten. Es liege ein Vergehen nach § 17 Nr. 2a TierSchG vor, da der Antragsteller einem Tier aus Rohheit erhebliche Schmerzen und Leiden zugefügt habe. Zudem habe er dem Fuchs länger anhaltende Schmerzen und Leiden zugefügt, was die Spuren der Befreiungsversuche auf dem Ackerboden und die Videoaufnahme belegten (§ 17 Nr. 2b TierSchG).
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Mit Bescheid vom 22. Dezember 2021 (zugestellt am 30. Dezember 2021) widerrief das Landratsamt die erteilte Waffenbesitzkarte Nr. … und zog diese ein (Nr. 1). Der erteilte Jagdschein Nr. … wurde für ungültig erklärt und eingezogen (Nr. 2). Der Antragsteller wurde verpflichtet, die Waffenbesitzkarte und den Jagdschein innerhalb von zehn Tagen nach Zustellung des Bescheids an das Landratsamt abzugeben (Nrn. 3.1 und 3.2). Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids habe der Antragsteller sämtliche erlaubnispflichtige Waffen und Munition einem Berechtigten zu überlassen oder diese zur form-, frist- und entschädigungslosen Vernichtung beim Landratsamt … abzugeben. Sofern binnen dieser Frist keine der Möglichkeiten wahrgenommen werde, würden die Waffen eingezogen und der Vernichtung zugeführt. Für den Fall, dass gegen diesen Bescheid Klage erhoben werde, verlängere sich die Frist auf vier Wochen nach Eintritt der Bestandskraft (Nr. 4). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 2, 3 und 4 werde angeordnet (Nr. 5). Für den Fall, dass die in Nr. 3.1 verfügte Anordnung nicht, nicht vollständig bzw. nicht fristgerecht erfüllt werde, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 250 EUR je Waffenbesitzkarte fällig (Nr. 6). Für den Fall, dass die in Nr. 3.2 verfügte Anordnung nicht fristgerecht erfüllt werde, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 250 EUR fällig (Nr. 7). Sofern die in Nr. 4 verfügte Anordnung nicht fristgerecht erfüllt werde, würden die noch im Besitz befindlichen Waffen nach Fristablauf sichergestellt (Nr. 8). Sofern die unter Nr. 8 des Bescheids angedrohte Sicherstellung erfolge, habe der Antragsteller einen Monat nach erfolgter Sicherstellung Zeit, einen Berechtigten für die Übernahme der Waffen zu benennen. Anderenfalls würden die Waffen der Vernichtung zugeführt. Auf Grund der fehlenden Zuverlässigkeit sei die Waffenbesitzkarte gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1, § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG zu widerrufen. Der Jagdschein sei aus selbigem Grund gemäß § 18 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BJagdG für ungültig zu erklären. Voraussetzung für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis sei gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 5 WaffG). Die Zuverlässigkeit sei auch Voraussetzung für die Erteilung des Jagdscheins (§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BJagdG). Der Antragsteller habe gröblich gegen Vorschriften des Bundesjagdgesetzes, des Bayerischen Jagdgesetzes, der Ausführungsverordnung zum Bayerischen Jagdgesetz, der Unfallverhütungsvorschrift Jagd (UVV Jagd) sowie des Waffengesetzes verstoßen (§ 17 Abs. 4 Nr. 2 BJagdG, § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG, § 3 Abs. 8 UVV Jagd). Die erforderliche Zuverlässigkeit besitze nicht, wer wiederholt oder gröblich gegen ein in § 17 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. d BJagdG, § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c WaffG genanntes Gesetz verstoßen habe. Nach § 1 Abs. 6 BJagdG unterlägen dem Jagdrecht auch Vorschriften, die im Rahmen des Bundesjagdgesetzes ergangen sind (d.h. auch die Vorschriften des Bayerischen Jagdgesetzes (BayJG) sowie der Ausführungsverordnung zum Bayerischen Jagdgesetz (AVBayJG). Der Antragsteller habe am 31. März 2021 entgegen der Vorschrift des Art. 29a BayJG mindestens eine Totschlagfalle (Eiabzugeisen) mit einer Bügelweite von 38 cm im Gemeinschaftsjagdrevier … aufgestellt, ohne die nötigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Die Falle müsse eine dauerhafte Kennzeichnung zur eindeutigen Identifizierung des Besitzers der Falle haben (Art. 29a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BayJG). Art. 29a Abs. 1 BayJG knüpfe an § 19 Abs. 1 Nr. 9 BJagdG an, nachdem Fanggeräte, die nicht unversehrt fangen oder nicht sofort töten, verboten seien. Die Norm gebe deshalb vor, dass die verwendete Falle ihrer Bauart nach ein sofortiges Töten oder einen unversehrten Lebendfang gewährleisten müsse. Dies hätte der Antragsteller vor Ingebrauchnahme der Falle prüfen müssen. Dieser Anforderung sei der Antragsteller nicht gerecht geworden. Zudem sei die aufgestellte Totschlagfalle gegenüber der unteren Jagdbehörde anzuzeigen (Art. 29a Abs. 3 BayJG i.V.m. § 12c AVBayJG). Die Anzeige hätte durch den Revierinhaber (Herr P.) oder durch den zur Fallenjagd berechtigten Jäger (Antragsteller) erfolgen müssen. Das Landratsamt hätte somit kontrollieren können, ob die Fallenjagd ordnungsgemäß gewesen sei. Zudem habe der Antragsteller gegen Art. 29a Abs. 2 BayJG verstoßen, der vorschreibe, dass das Fangeisen nur in einem geschlossenen Raum, Fangbunker oder Fanggarten, in denen die Falle nach oben und zur Seite verblendet ist, aufgestellt werden dürfe, dass von ihr keine Gefährdung von Menschen, geschützten Tieren oder Haustieren ausgehe. Zudem sei gegen die UVV Jagd verstoßen worden, welche ebenfalls eine jagdrechtliche Vorschrift im Sinne des § 17 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. d BJagdG darstelle. Die … habe keinen erhöhten Wasserstand aufgezeigt, was auf dem Beweisvideo zu erkennen sei. Kinder hätten somit den Bach durchwaten und das Ufer erreichen können. Es habe somit eine abstrakte Gefahr für Menschen bestanden. Die Vorschriften seien vorsätzlich oder zumindest in grob fahrlässiger Weise missachtet worden. Es müsse von einem gröblichen Verstoß ausgegangen werden.
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Gemäß § 18 Satz 1 Alt. 4, § 17 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 1 Abs. 3 BJagdG könne ein Jagdschein auch versagt werden, wenn jemand gegen die Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit schwer oder wiederholt verstoßen habe. Ein wichtiger Grundsatz sei, dass dem Wild unnötiges Leid erspart werde. Dieser Tierschutzaspekt finde sich auch in anderen Gesetzen wieder (§ 4 Abs. 1 Satz 2, § 17 Nr. 2 Buchst b TierSchG). Bei Fallen bestehe die Gefahr, dass der Mechanismus von falschen Tieren ausgelöst werde. Oft fehle es an Fangbunkern mit genau definierten Einlassöffnungen (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Auflage 2016, § 17 Rn. 20). Durch eine genau definierte Einlassöffnung, die auf einen Steinmarder hätte angepasst werden können, hätte der Fang von größeren Wildtieren nahezu vermieden werden können. Der Fangbunker diene nicht nur der Sicherheit von Dritten, sondern habe auch selektierende Wirkung auf das zu fangende Tier. Dies sei durch die Stellungnahmen des Kreisjagdberaters und des Jägerausschusses Oberfranken bestätigt worden.
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Mit Schreiben vom 14. Januar 2021 übersandte der Bevollmächtigte des Antragstellers dem Landratsamt die Waffenbesitzkarte Nr. … und den 3-Jahres Jagdschein Nr. … Mit Schreiben vom 28. Januar 2022, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 30. Januar 2022, ließ der Kläger Klage gegen den Bescheid des Landratsamts erheben und zugleich mit weiterem Schriftsatz beantragen,
1. die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 28. Januar 2022, gerichtet auf Aufhebung des Bescheids des Landratsamts … vom 22. Dezember 2021 gegenüber dem Antragsteller, behördliche Zeichen … und … wiederherzustellen;
2. dem Antragsgegner aufzugeben, im Wege der Vollzugsfolgenbeseitigung dem Antragsteller unter Freistellung von sämtlichen Kosten die eingezogene, ihm am … 1998 erteilte Waffenbesitzkarte Nr. … vorläufig wieder auszuhändigen und dem Antragsteller den Umgang mit den in der vorbezeichneten Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die erhobene Klage zu gestatten; hilfsweise dem Antragsteller eine neue Waffenbesitzkarte entsprechend dem zuvor erteilten Erlaubnisumfang vorläufig zu erteilen und dem Antragsteller den Umgang mit den in der vorbezeichneten Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die erhobene Klage zu gestatten;
3. dem Antragsgegner aufzugeben, im Wege der Vollzugsfolgenbeseitigung dem Antragsteller unter Freistellung des Antragstellers von sämtlichen Kosten den Jagdschein Nr. …, zuletzt kraft Verlängerung gültig bis einschließlich 31. März 2023 in formell und materiell wirksamer Gestalt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die erhobene Klage vorläufig wieder auszuhändigen, hilfsweise dem Antragsteller einen neuen, vorläufigen Jagdschein gleichen Umfangs in formell und materiell wirksamer Gestalt zu erteilen und auszuhändigen.
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Die Anträge werden damit begründet, dass sich die in der Hauptsache angefochtenen Regelungen des Bescheids als rechtswidrig erweisen würden. Hierzu wurde in der Klageschrift ausgeführt, dass der Antragsteller am …1998 im Saarland die Jägerprüfung abgelegt habe und die Befähigung zur Ausübung der Fallenjagd erworben habe. Das Vorkommnis habe sich auf einer Schafweide des Antragstellers ereignet. Der Antragsteller habe eine tierfreundliche Gesinnung und halte Hühner und Schafe. Vor dem 31. März 2021 habe der Kläger Schäden durch einen Marder an seinem Hühnerbestand festgestellt, weshalb er diesen mit der aufgestellten Falle habe jagen wollen. Es handele sich um ein ausschließlich privat genutztes und von einem Elektrozaun und dem Flussufer begrenztes Grundstück. Die Zustimmung habe er vom Revierinhaber eingeholt. Mit einer Bügelweite von 38 cm habe der Antragsteller ein Fangeisen ausgewählt, welches zur Bejagung von Mardern geeignet sei. Eine Schlagfalle mit einer Bügelweite von 51 cm wäre für einen Marder ein völlig untaugliches Fanggerät gewesen. Die Frage an die vom Landratsamt zugezogenen Beteiligten hätte so formuliert werden müssen, ob die Falle für den Marderfang geeignet ist - und nicht ob sie für die Fuchsjagd geeignet ist. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Antragsteller einen Fuchs habe fangen wollen. Der Antragsteller sei davon ausgegangen, dass auf Grund des von ihm gewählten Fallenortes eine Gefährdung von Menschen, geschützten Tieren oder Haustieren nicht bestanden habe. Ein Betreten der Schafweide durch unbefugte Dritte sei nicht anzunehmen gewesen. Es würden in diesem Bereich keine Wege verlaufen. Die Schafweide sei durch den Elektrozaun und durch den Flusslauf der … begrenzt. Auf Grund der Schneeschmelze habe diese überdurchschnittlich viel Wasser geführt und eine reißende Strömung aufgewiesen, die eine Überwindung des Flusslaufs nach Beurteilung des Antragstellers sicher ausgeschlossen habe. Dies werde dadurch bestätigt, dass die Passanten die Falle nicht haben erreichen können. Der Antragsteller habe die Falle täglich mehrfach über die in § 12b AVBayJG vorgeschriebenen Kontrollintervalle hinaus kontrolliert. Der Antragsteller habe das Bild, das sich den Passantinnen geboten habe, niemals bagatellisiert. Bei der routinemäßigen Kontrolle habe der Antragsteller den verunglückten fehlgefangenen Rotfuchs durch angetragenen Fangschuss erlöst. Der Sachverständige … habe ausgeführt, dass Eiabzugseisen mit der vom Antragsteller verwendeten Bügelweite zur Jagd auf Marder geeignet seien, sofern die Fangbügel eine Mindestklemmkraft von 150 N hätten. Einen Verstoß gegen die Grundsätze der Weidgerechtigkeit habe er erst nach intensiver Prüfung des Vorgangs erkennen können. Der Kreisjagdberater … habe keine eindeutige Aussage darüber treffen können, ob der Antragsteller unweidmännisch gehandelt habe. Die Behörde halte dem Antragsteller folgendes unbestrittenes Fehlverhalten vor: er habe im Vorfeld keine Anzeige gegenüber der unteren Jagdbehörde gemacht, er habe die konkret verwendete Falle nicht der regelmäßigen technischen Prüfung sowie der Kennzeichnung unterzogen, er habe die Sicherheitsvorgaben des Art. 29a Abs. 2 BayJG nicht beachtet, insbesondere das verwendete Fangeisen nicht in einem geschlossenen Raum, einem Fangbunker oder einem Fanggarten eingebaut. Der Antragsteller räume ein, dass er Ordnungswidrigkeiten begangen und Fehler gemacht habe. Er wende sich aber gegen die Qualifizierung seines Verhaltens als einen schweren Verstoß gegen die Grundsätze der Weidgerechtigkeit sowie der Beurteilung seiner Person als unzuverlässig wegen gröblicher Verstöße gegen das Jagdrecht. Die Funktionstüchtigkeit und Betriebssicherheit habe er als technisch ausgebildete Person selbst überprüft und sichergestellt. Der Fehlfang des Fuchses war von ihm weder beabsichtigt noch in Kauf genommen. Der Vorfall tue ihm leid. Der Antragsteller könne nicht als unzuverlässig eingestuft werden. Ein gröblicher Verstoß im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG liege nicht vor. Der Tatbestand sei eng auszulegen. § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG beinhalte nach dem gesetzgeberischen Willen keine Generalklausel für Behörden mit gleich fünfjähriger Sperre, wie diese der Gesetzgeber für die in § 5 Abs. 2 WaffG normierten vorsätzlichen Straftaten vorgesehen habe. Allein die Tatsache, dass der Antragsteller bei dem Aufstellen der Falle (durch eine einheitliche Handlung) mehrere Ordnungswidrigkeiten begangen habe, sei für die Feststellung der Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG nicht ausreichend. Voraussetzung sei, dass sich eine grundlegende fehlerhafte Einstellung zu waffenrechtlichen/jagdrechtlichen Ordnungsvorschriften widerspiegele. Belastbare Anhaltspunkte, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen nicht ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen bestehe, seien nicht gegeben. Soweit gegen Kennzeichnungs- und Anzeigepflichten verstoßen worden sei, könne dem Antragsteller nicht grundsätzlich eine fehlerhafte Einstellung zu jagd- und waffenrechtlichen Ordnungsvorschriften unterstellt werden. Auch die Behörde gehe davon aus, dass der Antragsteller es lediglich unterlassen habe, sich fortzubilden. Es lägen keine Anhaltspunkte vor, dass der Antragsteller ein technisch ungeeignetes Fanggerät verwendet habe. Der Antragsteller ist Techniker und habe die Falle als funktionsfähig beurteilt. Die Funktionsfähigkeit werde, so tragisch dies sei, durch den Fehlfang des Fuchses bestätigt. Der Antragsteller habe die Falle nicht einfach auf den Erdboden gestellt, sondern Vorkehrungen für einen sicheren Fang geschaffen. Er habe die Falle in einem von ihm hergestellten Erdbunker aufgestellt und dort einen Zwangspass errichtet, um den Marder so an die Falle heranzuführen, dass der Fang über den losen Fallenbügel erfolge. Er habe die Falle ausreichend mit Erdreich und Laub verblendet. Die Behörde bestreite dies, ohne eigene Feststellungen hierzu zu treffen. In Bayern gehöre die Ausübung der Fangjagd zu den zugelassenen Jagdmethoden. Die Erstellung von Fangbunkern diene in erster Line dem Schutz von Personen (§ 3 Abs. 8 UVV Jagd). Soweit die Behörde die Auffassung vertrete, durch eine Zugangsregelung hätte ein Fehlfang verhindert werden können, seien die Einlassungen der Behörde unsubstantiiert. Sie bleibe jede Erklärung schuldig, wie die Zugangsregelung hätte gestaltet werden sollen. Eine gesetzliche Regelung hierzu gebe es nicht. Die Thematik, wie Fehlfänge vermieden werden könnten, sei ein zentrales Problem der Fangjagd. Das Problem hinsichtlich des Zugangs zur Falle bestehe insoweit, als verschiedene Tierarten gleich groß seien und es innerhalb der Tierarten große und schwache (kleine) Tiere gebe. Ein Zugang, der einem starken Marder den Zugang verschaffe, versperre nicht zwingend einem schwachen Jungfuchs den Zugang. Eine gesetzliche Regelung, wie der Zugang zu einer Falle für den Totfang (§ 12b AVBayJG) zu gestalten sei, enthalte das Gesetz - anders als bei dem Fang mit Fallen für einen Lebendfang (§ 12a AVBayJG) - nicht. Selbst wenn man aber die Zugangsgröße des § 12a AVBayJG heranziehen würde (Tiere unter Fuchsgröße 15 cm mal 15 cm), so hätte der nach den Bildern erkennbar schwache Jungfuchs gleichwohl Zugang zu der Falle erhalten können. Fehlfänge seien das Problem der Fangjagd als solche, aber nicht Ausdruck einer rohen und gewissenlosen Einstellung des Jägers. Der Antragsteller habe deshalb die Behauptung der Behörde als spekulativ zurückgewiesen. Der Jagdberater … gelange in seiner Stellungnahme vom 14. Oktober 2021 zu einer identischen Beurteilung. Soweit ihm vorgeworfen werde, dass die Falle zu klein sei, lasse man außer Acht, dass er einen Marder habe fangen wollen. Der Antragsteller habe beim Aufstellen der Falle Fehler begangen, diese würden aber nicht zu der Annahme führen, dass er mit Waffen nicht ordnungsgemäß umgehe. § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG diene nicht dazu, eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit bei jedem Verstoß anzunehmen.
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Zu dem Verstoß gegen § 3 Abs. 8 UVV Jagd/Bayern sei auszuführen, dass die Norm nicht das Aufstellen von Fallen in einem Fangbunker normiere, sondern dass Fangeisen nur so aufgestellt werden dürfen, dass keine Personen gefährdet werden. Eine Rechtspflicht zur Aufstellung von Fangbunkern werde dadurch nicht normiert, die Vorschrift benenne nur beispielhaft wie eine Gefährdung vermieden werden könne. Die Behörde habe nicht ausgeführt, wie der Fangbunker habe aussehen müssen, damit der Fehlfang hätte vermieden werden können. Der Kreisjagdberater habe selbst erklärt, dass er eine Aussage, ob der Betroffene unweidmännisch gehandelt habe, nicht treffen könne. Er habe somit jedenfalls keinen schweren Verstoß gegen die Grundsätze der Weidgerechtigkeit bestätigt, wie ihn § 17 Abs. 2 Nr. 4 BJagdG für die angegriffene Maßnahme verlange. Herr … komme erst nach „intensiver Prüfung des Vorgangs“ dazu, dass die Grundsätze der Weidgerechtigkeit verletzt seien. Auch dies zeige, dass ein schwerer Verstoß nicht vorliege. Zwar habe Herr. … im Rahmen der Stellungnahme des Jägerausschusses einen schweren Verstoß festgestellt. Diese Einlassung lasse es jedoch an der gebotenen Distanz vermissen, nachdem die Stellungnahme weit über die vorgelegten Fragestellungen hinausgehe.
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Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die behördlichen Eingriffsmaßnahmen zu Lasten des Antragstellers sofort vollziehbar sein sollten, nachdem sich der Sachverhalt zu Monatsende März 2021 ereignete und die Behörde beinahe neun Monate Zeit habe verstreichen lassen, ehe sie eine Maßnahme gegenüber dem Antragsteller getroffen habe. Vom Antragsteller gehe keinerlei erhöhtes Gefährdungspotential aus, in der Zwischenzeit sei es zu keinen Verfehlungen des Antragstellers mehr gekommen. Es bestünden auch Zweifel an der formellen Rechtmäßigkeit, insbesondere hinsichtlich der Begründung der Sofortvollzugsanordnung.
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Mit Schreiben vom 7. Februar 2022 beantragte das Landratsamt, den Antrag abzulehnen.
17
Es werde klargestellt, dass dem Antragsteller nicht vorgeworfen werde, dass er die Falle zur Bejagung eines Fuchses aufgestellt habe. Er habe aber nicht die nötigen Voraussetzungen getroffen, damit die Falle nicht von einem größeren Tier als einem Marder ausgelöst werde. Die Fragestellung sei so zu verstehen gewesen, ob die Falle zur Bejagung eines Fuchses geeignet und konzipiert und nicht auf die Bejagung eines Marders beschränkt gewesen sei. Zudem sei den Fachstellen der Sachverhalt vollumfänglich mitgeteilt worden, sodass von diesen keine falsche Einschätzung erfolgt sei. Auch Herr … habe ausgeführt, dass keine Selektion zum Schutz von größeren Tieren getroffen worden sei. Der Umstand der intensiven Prüfung durch Herrn … bedeute nur, dass dieser sich eindringlich mit dem Sachverhalt auseinandergesetzt habe. Den Lichtbildern könne entnommen werden, dass weder Hochwasser noch eine reißende Strömung gegeben waren. Bei einer durchschnittlichen Widerristhöhe von ca. 12 cm und einer Schädelbreite von ca. 5 cm eines Steinmarders sowie der durchschnittlichen Widerristhöhe eines Rotfuchses von 35 bis 40 cm und einer Schädelbreite von 8 cm sei auch bei enorm starken Steinmardern bzw. sehr schwachen Rotfüchsen allein aus physischen Gründen ausgeschlossen, dass ein Rotfuchs durch eine auf den Steinmarder angepasste Einlassöffnung schliefen könne. Die Mindestbreiten für Lebendfallen könnten nicht herangezogen werden, da diese ein Mindestmaß von Bewegungsfreiheit für das Tier zulassen müssten.
18
Im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO entsprechend).
II.
19
Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
20
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen.
21
Bei der Entscheidung hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, bei der das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen ist. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen. Das Gericht prüft im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO auch, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind.
22
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe sind die vorliegenden Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage, auf vorläufige Aushändigung der Waffenbesitzkarte sowie des Jagdscheins und auf vorläufige Gestattung des Umgangs mit den in der Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen abzulehnen, da die Klage des Antragstellers gegen den streitgegenständlichen Bescheid nach summarischer Überprüfung aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Verfügungen wiegt insoweit schwerer als das Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
23
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht zunächst in entsprechender Anwendung des § 117 Abs. 5 VwGO Bezug auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids. Ergänzend hierzu wird Folgendes ausgeführt:
24
1. Nach summarischer Prüfung erweist sich der in Nr. 1 des verfahrensgegenständlichen Bescheids erlassene Widerruf der Waffenbesitzkarte als rechtmäßig, sodass der Antragsteller hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25
Der Widerruf einer Waffenbesitzkarte setzt nach § 45 Abs. 2 Satz 1 Waffengesetz (WaffG) voraus, dass nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung der Waffenbesitzkarte hätten führen müssen. Eine Waffenbesitzkarte darf gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht erteilt werden, wenn der Antragsteller die nötige Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG nicht besitzt. Der Wegfall der nötigen Zuverlässigkeit führt also zwingend und ohne Ermessensspielraum der Behörde zum Widerruf der Waffenbesitzkarte. Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit Personen nicht, die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften eines der in § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c WaffG genannten Gesetze verstoßen haben.
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a) Es liegen Verstöße gegen das Bundesjagdgesetz (BJagdG), welches ein in § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c WaffG genanntes Gesetz ist, vor.
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aa) Gemäß § 1 Abs. 6 BJagdG unterliegt das Jagdrecht den Beschränkungen des Bundesjagdgesetzes und den in seinem Rahmen ergangen landesrechtlichen Vorschriften und somit auch des Bayerischen Jagdgesetzes (BayJG). Über § 1 Abs. 6 BJagdG sind somit auch Verstöße gegen das Bayerische Jagdgesetz für die Würdigung der Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG relevant.
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Unstreitig liegen folgende Verstöße vor: Das verwendete Fangeisen wurde nicht im Sinne des Art. 29a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayJG i.V.m. § 12d und § 12f AVBayJG auf die Betriebssicherheit geprüft, es war nicht dauerhaft so gekennzeichnet, dass der Besitzer feststellbar ist (Art. 29a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BayJG i.V.m. § 12e AVBayJG). Eine Anzeige bei der Jagdbehörde gemäß Art. 29a Abs. 3 i.V.m. § 12c AVBayJG fand nicht statt. Zudem wurde das Fangeisen nicht in einem geschlossenen Raum oder einem Fangbunker, der nach oben verblendet ist, aufgestellt (Art. 29a Abs. 2 Satz 1 BayJG).
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bb) Hinzu kommt ein Verstoß gegen die Grundsätze der deutschen Weidgerechtigkeit (§ 1 Abs. 3 BJagdG). Hierzu sind folgende Ausführungen des VG Regensburg (B.v. 29.4.2021 - RN 4 S 21.476 - juris Rn. 68) ergangen, denen sich die Kammer anschließt:
„Der Begriff der Weidgerechtigkeit beinhaltet einen unbestimmten Rechtsbegriff, der alle ungeschriebenen und geschriebenen Regeln umfasst, die das ordnungsgemäße Beherrschen des Jagdhandwerks und die ethische Einstellung des Jägers zu seiner Umwelt und zu den Tieren als Mitgeschöpfe betreffen. Deutsche Weidgerechtigkeit ist die Gesamtheit aller sittlich begründeten Regeln, die bei einer Jagdausübung in Deutschland zu beachten sind, unabhängig davon, ob sie durch Gesetz angeordnet sind, in der einschlägigen Jagdliteratur als pflichtgemäßes Handeln beschrieben sind oder aber in der ungeschriebenen Jagdpraxis als Pflicht befolgt werden. Der Begriff der Weidgerechtigkeit umfasst den Tier-, Natur- und Artenschutz im weitesten Sinne, Schutz des Lebens, der Gesundheit und der körperlichen Unversehrtheit anderer Personen, den Schutz des Eigentums Dritter und die Ordnung der Jagd. Insbesondere ist darauf Wert zu legen, dass bei einer Tötung eines Wildtieres diesem jedes vermeidbare Leiden erspart bleibt. Weidgerechtigkeit ist nach § 8 I des Gesetzes zur Einführung des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes BW vom 12. 11. 2014 die gute fachliche Praxis der Jagdausübung; eine Jagdausübung ist demnach nur weidgerecht, wenn sie allen rechtlichen Vorgaben sowie allen allgemein anerkannten, geschriebenen oder ungeschriebenen Regelungen und gesellschaftlichen Normen zur Ausübung der Jagd, insbesondere im Hinblick auf den Tierschutz, die Tiergesundheit, den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, das Verhalten gegenüber anderen Inhaberinnen und Inhabern des Jagdrechts, jagdausübungsberechtigten Personen und der Bevölkerung sowie im Hinblick auf die Jagdethik, entspricht (siehe hierzu Düsing/Martinez/Gies, 1. Aufl. 2016, BJagdG § 1 Rn. 20-21).“
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Die Jagdausübung muss somit den Grundsätzen des Tierschutzes, mithin des Tierschutzgesetzes, entsprechen. Ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz liegt vor, wenn einem Wirbeltier länger anhaltende erhebliche Schmerzen oder Leiden zugefügt werden (§ 17 Nr. 2b TierSchG). Der Fuchs, der mit seinem Fang in die Falle geriet, verblieb laut den Feststellungen der Passanten mindestens 15 bis 30 Minuten in der Falle. Das Video dieser Passanten zeigt, wie sich der Fuchs windet und versucht, sich aus der Falle zu befreien. Die Leiden des Fuchses waren offenbar so groß, dass der Antragsteller den Fuchs mit einem Schuss töten musste. Dem Fuchs wurden durch die Falle länger andauernde erhebliche Schmerzen und Leiden zugefügt. Für die Verwirklichung des § 17 Nr. 2b TierSchG ist Vorsatz erforderlich. Zur Bejahung des Vorsatzes ist es ausreichend, dass der Täter diejenigen Umstände für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, die die Erheblichkeit der Schmerzen bzw. Leiden und deren anhaltende Dauer begründen. Auch muss er mit der Möglichkeit rechnen, dass sein Handeln dafür ursächlich ist (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 17 Rn. 118). Der Antragsteller hat dadurch, dass er die Falle nicht in einem nach oben verblendeten Fangbunker verwendete, billigend in Kauf genommen, dass andere Tiere (z.B. Vögel, Katzen, Wild- oder Raubtiere) in die Falle geraten und entweder auf Grund ihrer Größe nicht sofort getötet werden oder erhebliche Schmerzen dadurch erleiden müssen, dass sie sich mit den Gliedmaßen oder mit der Schnauze in der Falle verfangen, da keine genaue Leitung durch den Fangbunker erfolgte. Der von den Passanten gefertigten Videoaufnahme kann entnommen werden, dass die Falle nicht in einem, wie der Antragsteller behauptet Erdbunker mit Schliefzugängen aufgestellt war. Vielmehr war die Falle oberhalb des „Erdbunkers“ an einem Stock fest fixiert, was dadurch zu erkennen ist, dass sich der Fuchs im Kreis um den Stock dreht, an welchem die Falle angebracht wurde. Die Tatsache, dass das Grundstück mit einem Elektrozaun gesichert und zusätzlich durch die … begrenzt war, mag dazu führen, dass es der Antragsteller nicht billigend in Kauf genommen hat, dass sich Menschen verletzen. Er konnte aber nicht darauf vertrauen, dass nicht andere Tiere Opfer der Falle werden. So hätten anstelle des Fuchses auch andere wildlebende Tiere, Vögel oder Katzen Opfer der Falle werden können.
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Selbst wenn man keinen Vorsatz annehmen wollte, so liegt jedenfalls ein Verstoß gegen § 18 Abs. 2 TierSchG vor, da der Antragsteller dem Fuchs ohne vernünftigen Grund erhebliche Schmerzen und Leiden zugefügt hat. § 18 Abs. 2 TierSchG kommt bereits bei Fahrlässigkeit zur Anwendung. Hirt/Maisack/Moritz führen in ihrem Kommentar zum Tierschutzgesetz (3. Auflage 2016, § 17 Rn. 20) Folgendes aus:
„Totschlag- oder Totfangfallen widersprechen § 19 Abs. 1 Nr. 9 BJagdG, sofern sie nicht die sofortige Tötung des Tieres sicher gewährleisten. Daran fehlt es insbesondere bei Fallentypen, die auf Tritt oder Druck reagieren (vgl. dazu Herling/Herzog/Krug in Sambraus/Steiger S. 744; BMEL-Schädlingsgutachten S. 128). Bei vielen Fallen, die in Gebrauch sind, ist vorhersehbar, dass zu große oder zu kleine Tiere, Tiere in „falscher Körperhaltung“ oder überhaupt „falsche Tiere“ den Mechanismus auslösen und anschließend durch Brüche, Quetschungen, Befreiungsversuche etc schwer leiden können (vgl. Herling/Herzog/Krug in Sambraus/Steiger S. 744). Oft fehlt es auch an Fangbunkern mit genau definierten Einlassöffnungen, wie sie notwendig wären, um das Fangen von „falschen“ Tieren, insbesondere Haustieren auszuschließen. Die nie ausschließbare Wahrscheinlichkeit, dass ein Tier so in die Falle tappt, dass es nicht sofort tot ist, bewirkt, dass die Verwendung solcher Fallen in der Regel einen Verstoß gegen § 19 Abs. 1 Nr. 9 BJagdG und damit auch gegen § 17 TierSchG darstellt.“
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Zwar mag das Verbot in § 19 Abs. 1 Nr. 9 BJagdG (Verbot Fanggeräte, die nicht sofort töten zu verwenden) nicht so zu lesen sein, dass jeder Fehlfang an und für sich einen Verstoß gegen das Bundesjagdgesetz darstellt. So haben der Bevollmächtigte des Antragstellers und auch der Kreisjagdberater … zutreffend ausgeführt, dass auch bei ordnungsgemäßer Aufstellung der Totschlagfalle Fehlfänge nie ausgeschlossen werden können. Tatsächlich hat sich im vorliegenden Fall aber nicht diese theoretische Gefahr realisiert, sondern der Antragsteller hat durch das Unterlassen des Aufstellens eines Fangbunkers (wie ihn Art. 29a Abs. 2 BayJG vorsieht) gerade eine erhöhte Gefahr geschaffen, die sich offensichtlich dann auch realisiert hat.
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Zu Recht haben somit der Leiter der Landesjagdschule des Bayerischen Jagdverbandes und der Bayerische Jagdverband angenommen, dass der Antragsteller gegen die Grundsätze der deutschen Weidgerechtigkeit verstoßen hat.
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b) Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nur dann nicht, wenn wiederholt oder gröblich gegen eines der in Nr. 1 Buchst. c genannten Gesetze verstoßen wurde. Gröblich ist ein Verstoß dann, wenn sich in seiner Verwirklichung die fehlerhafte Einstellung des Begehenden zu den waffen-, munitions- oder jagdrechtlichen Ordnungsvorschriften widerspiegelt. Verstöße, die vorsätzliche Straftaten darstellen, sind in aller Regel als gröblich einzustufen (Gade in Gade, Waffengesetz, 2. Aufl. 2018, § 5 Rn. 30a-31). Das Bundesverwaltungsgericht führt dies so aus (U.v. 26.3.1996 - 1 C 12/95 - NJW 1997, 336): „Maßgebend für die Anwendung des § 5 II Nr. 2 WaffG ist sein ordnungsrechtlicher Zweck. Das Gesetz will das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering halten. Es soll nur bei Personen hingenommen werden, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, daß sie mit der Waffe stets und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (BVerwGE 84, 17 (20) = NJW 1990, 724). Daß im Einzelfall bei einer waffenrechtlichen Verfehlung die Schuld im strafrechtlichen Sinne als gering anzusehen ist, bedeutet danach nicht zugleich, daß die Verfehlung ordnungsrechtlich nicht als gröblich gewertet werden kann. Vielmehr sind jedenfalls solche Verstöße gegen das Waffenrecht, die vorsätzliche Straftaten darstellen, in der Regel auch gröblich im Sinne des Gesetzes.“
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Die Kammer geht nach oben gemachten Ausführungen davon aus, dass der Antragsteller vorsätzlich gegen § 17 Nr. 2b TierSchG verstoßen hat, weshalb ein gröblicher Verstoß zu bejahen ist.
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Sollte man der Argumentation des Antragstellers folgen und nur einen Verstoß gegen § 18 Abs. 2 TierSchG annehmen, so ist dennoch von einem gröblichen Verstoß auszugehen. Denn zu dem Verstoß des § 18 Abs. 2 TierSchG war es gekommen, weil der Antragsteller insbesondere gegen die Vorschrift des Art. 29a Abs. 2 BayJG verstoßen hat und keinen Fangbunker im Sinne des Bayerischen Jagdgesetzes verwendet hat. Hinzu kommt, dass der Antragsteller die Falle nicht bei der Jagdbehörde angezeigt hat (Art. 29 a Abs. 3 BayJG, § 12c AVBayJG). Hierbei handelt es sich nicht nur um bloße Ordnungsvorschriften. Die Regelungen sollen sicherstellen, dass das Verbot des § 19 Abs. 1 Nr. 9 BJagdG auch in Bayern umgesetzt wird. Hierfür spricht der Wortlautauslegung des Art. 29a Abs. 1 Satz 1 BayJG (Die verwendeten Fallen müssen ihrer Bauart nach Mindestanforderungen erfüllen, die ein sofortiges Töten gewährleisten). Auch die Antwort des Bayerischen Landtags (Drucksache 18/15767 vom 2. Juli 2021) zur schriftlichen Anfrage zu Schlagfallen zeigt, dass der Wille des Gesetzgebers unter anderem ist, dass durch die Regelung des Art. 29a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BayJG Verletzungen verhindert werden sollen (Ausführungen in der Drucksache unter 4.2).
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Der Antragsteller hat die Falle ohne nach oben verblendetem Fangbunker, ohne Anzeige und ohne ordnungsgemäße technische Prüfung aufgestellt. Er verdient kein Vertrauen, dass er in Zukunft im Hinblick auf Waffen jederzeit ordnungsgemäß umgehen werde. Dies gilt gerade vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller durch seinen Jagdschein zur Fallenjagd berechtigt war und er durch die damit abgelegte Prüfung mit den Gefahren, die von solchen Fallen ausgehen, vertraut gemacht wurde. Dadurch dass er (ohne sich offenbar darum zu kümmern, wie in Bayern die Jagd mit Totschlagfallen ausgeübt werden darf) die Falle nach eigenem Gutdünken verwendete (eigene technische Sicherheitsprüfung, angebliches Aufstellen in einem Erdbunker, der nur mit Laub und Erde bedeckt war - bzw. nicht einmal das - vgl. Videoaufnahme der Passanten), zeigt, dass er nicht die Gewähr und das Vertrauen bietet, dass er in Zukunft waffenrechtliche Regelungen befolgen wird. Er setzt seine eigenen Maßstäbe anstelle der des Gesetzes und vertritt die Ansicht, dass eine Gefährdung von Menschen durch die Umgrenzung des Elektrozaunes und die … ausgeschlossen gewesen sei und dass die Errichtung eines mit Laub bedeckten Erdbunkers mit Schliefzugängen zur Abwendung von Gefahren theoretisch ausgereicht hätte bzw. seine Verstöße deshalb in einem milderen Licht zu betrachten seien. Hierbei verkennt der Antragsteller gerade den Sinn und Zweck der Vorschriften und die Gefahr, die von der Fallenjagd mit Totschlagfallen im Hinblick auf Fehlfänge ausgeht. Durch sein Festhalten daran, dass kein gröblicher Verstoß gegen das Jagdrecht vorliege, zementiert er gerade das durch sein Verhalten verloren gegangene Vertrauen darin, dass er bereit wäre, diese Vorschriften in Zukunft zu beachten. Zwar tut es ihm nachträglich leid, dass der Fuchs in die Falle geraten ist. Er vertritt aber die Ansicht, dass dies auch bei ordnungsgemäßem Aufstellen der Falle möglich gewesen wäre, weswegen sein Verhalten nicht ursächlich gewesen sein soll oder zumindest nicht im Sinne eines groben Verstoßes zu bewerten sei. Dies lässt die nötige Einsicht in den Sinn und die Einhaltung der waffenrechtlichen bzw. jagdrechtlichen Rechtsvorschriften (insbesondere zur Fallenjagd) vermissen.
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c) Ein Ausnahmefall, der ein Absehen von der Regelvermutung rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich. Ein Ausnahmefall kommt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann in Betracht, wenn die Umstände des Verstoßes gegen das Waffengesetz die Verfehlung des Betroffenen ausnahmsweise derart in einem milderen Licht erscheinen lassen, dass die nach der Wertung des Gesetzgebers in der Regel durch eine solche Tat begründeten Zweifel an der für die waffenrechtliche Erlaubnis vorausgesetzten Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen bezüglich des Umgangs mit Waffen und Munition nicht gerechtfertigt sind (BVerwG, B.v. 19.9.1991 - 1 CB 24/91 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 60; B.v.21.7.2008 - 3 B 12/08 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 96; BayVGH, B.v.19.8.2013 - 21 CS 13.1305 - juris). Erforderlich ist danach eine Würdigung der Schwere der konkreten Verfehlung und der Persönlichkeit des Betroffenen, wie sie in seinem Verhalten zum Ausdruck kommt (BayVGH, B.v. 13.4.2021 - 24 B 20.2220 - juris Rn. 18). Auch hier ist zu berücksichtigen, dass es sich nicht um den Verstoß gegen bloße Ordnungsvorschriften gehandelt hat und der Antragsteller kein Bewusstsein dafür hat, dass durch diese Vorschriften zumindest die Gefahr von Fehlfängen reduziert werden sollen.
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Zwar ist zuzugeben, dass ein Verstoß gegen Art. 29a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bzw. gegen Art. 29a Abs. 4 BayJG gemäß Art. 56 Abs. 1 Nr. 4 bzw. Nr. 15 BayJG nur bußgeldbewehrt ist und im Fall der groben oder beharrlichen Verletzung von Pflichten bei der Jagdausübung nur ein Jagdverbot von 1 bis zu 6 Monaten ausgesprochen werden kann - Art. 57 Abs. 1 BayJG. Da nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 26.3.1996 - 1 C 12/95 - juris Rn. 24 f.) eine Bindung an strafgerichtliche Entscheidungen nicht besteht und die Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte zur eigenständigen Prüfung verpflichtet sind, kann aus den Ordnungswidrigkeitsvorschriften der Art. 56 und Art. 57 BayJG nicht per se hergleitet werden, dass ein Absehen von der Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit anzunehmen ist mit der Folge, dass die waffenrechtliche Erlaubnis nicht zu widerrufen wäre. Das Waffengesetz geht von der Intention der Gefahrenabwehr aus und damit vom Grundsatz, dass ein Waffeninhaber stets und in jeder Hinsicht nach seinem Verhalten Vertrauen finden muss, mit Waffen ordnungsgemäß umzugehen. Dies ist (wie bereits erörtert) beim Antragsteller nicht der Fall. Hinzu kommt, dass es sich vorliegend nicht nur um einen Verstoß gegen die Vorschriften gehandelt hat, sondern die Gefahr des Fehlfangs sich auch realisiert hat.
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2. Da beim Antragsteller aus den genannten Gründen nicht mehr von einer waffenrechtlichen Eignung auszugehen ist, erweist es sich auch als rechtmäßig, dass der Antragsgegner in Nr. 2 des Bescheids den Jagdschein des Antragstellers für ungültig erklärt und eingezogen hat. Dies ergibt sich bereits aus § 18 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG. Bezüglich der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins ist hinsichtlich der Unzuverlässigkeit keine andere rechtliche Sichtweise angebracht als bei der Entziehung einer Waffenbesitzkarte (vgl. VG Würzburg, U.v. 31.7.2015 - W 5 K 14.755 - juris Rn. 32). Eine Unzuverlässigkeit i.S.d. § 5 WaffG führt nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG zwingend zur Versagung eines allgemeinen Jagdscheins (vgl. VG Würzburg, B.v. 3.4.200 - W 5 S 09.163 - juris Rn. 14) und damit auch zur zwingenden Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins nach § 18 Satz 1 BJagdG. Selbiges folgt auch aus § 17 Abs. 4 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 Buchst. d, § 18 BJagdG.
41
3. Den in Nr. 3 des Bescheids ausgesprochenen Pflichten zur Ablieferung der Waffenbesitzkarte und des Jagdscheins ist der Antragsteller nachgekommen. Die Verpflichtung zur Abgabe der Waffenbesitzkarte bzw. des Jagdscheins ergibt sich aus § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG bzw. Art. 52 BayVwVfG. Sie stellt eine begleitende Verfügung dar und ist eine mit der Widerrufsentscheidung verbundene notwendige Anordnung. Selbiges gilt für die Anordnung zur Unbrauchbarmachung der Waffen bzw. deren Abgabe an einen Dritten (Nr. 4), die nach § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG bei einem erfolgten Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis zu verfügen ist. Da sich der Widerruf voraussichtlich als rechtmäßig erweist, bestehen auch bezüglich der begleitenden Verfügungen bei summarischer Prüfung keine Rechtmäßigkeitsbedenken.
42
4. Im Übrigen bestehen bezüglich der Rechtmäßigkeit der weiteren (Neben-)Entscheidungen des Bescheids auch keine Bedenken. Durch die Abgabe seiner Waffenbesitzkarte und seines Jagdscheins bei der Antragsgegnerin und der Überlassung seiner Waffen an einen Berechtigten (Schreiben des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 14. Januar 2022 an das Landratsamt) haben sich die diesbezüglichen Zwangsmittelandrohungen ohnehin erledigt, so dass für den Antragsteller insoweit auch schon kein Rechtsschutzbedürfnis besteht (vgl. BayVGH, B.v. 06.10.2017 - 11 CS 17.953 - juris Rn. 10; B.v. 26.04.2012 - 11 CS 12.650 - juris Rn. 13 m.w.N.).
43
5. Keine Bedenken bestehen hinsichtlich der Anordnung und Begründung des Sofortvollzugs in Nr. 5 des Bescheids.
44
a) Nach § 45 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 WaffG entfällt im öffentlichen Interesse am sofortigen Vollzug einer Widerrufsentscheidung bei waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage (Nr. 1 des Bescheids). Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug aus Gründen der Gefahrenabwehr besteht regelmäßig auch für die nicht vom gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug erfassten, mit der Widerrufsentscheidung verbundenen notwendigen Anordnungen, wie das Unbrauchbarmachen der Waffen oder deren Überlassung an einen Berechtigten sowie die Rückgabe der Waffenbesitzkarten (§ 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WaffG). Diese Folgeentscheidungen dienen der Umsetzung des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse und stellen die tatsächliche Umsetzung des Entzugs der formellen Erlaubnisberechtigung durch sofortige Abgabe von Waffen und Erlaubnisurkunden sicher (BayVGH, B.v. 28.6.2017 - 21 CS 17.196 - BeckRS 2017, 116472 Rn. 13-15). Eine Abweichung von diesem Regelfall ist nicht ersichtlich. Das Landratsamt hat am 5. Mai 2021 von dem Vorfall erfahren. Eine Überlegungsfrist von 5 Monaten und die danach eingeholten Stellungnahmen führen nicht zu der Annahme, dass das Landratsamt den Fall verzögernd bearbeitet hätte. Abgesehen davon widerspräche es sicherheitsrechtlichen Grundsätzen, die Beseitigung einer Gefahr deshalb nicht als besonders dringlich anzusehen, weil die Behörde durch zeitliche Komprimierung des Verwaltungsverfahrens möglicherweise zu einem früheren Zeitpunkt den Widerrufsbescheid einschließlich der Folgeentscheidungen hätte treffen können (VG Bayreuth, B.v. 22.7.2021 - B 1 S 21.709 - juris Rn. 50 unter Berufung auf BayVGH, B.v. 28.6.2017 - 21 CS 17.196 - BeckRS 2017, 116472 Rn. 13-15).
45
Im Recht der Gefahrenabwehr, zu dem auch das Waffenrecht gehört (vgl. § 1 Abs. 1 WaffG), können sich die für den Erlass des Verwaltungsaktes und die sofortige Vollziehung maßgebenden Gründe decken (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 29.10.2003 - 11 ME 286/03 - juris Rn. 3 f. m.w.N.; BayVGH, B.v. 15.8.2008 - 19 CS 08.1471 - juris Rn. 21). Die Begründung des Landratsamts genügt insofern zur Anordnung des Sofortvollzugs der Nrn. 3 und 4 des Bescheids.
46
b) Bezogen auf die Einziehung des Jagdscheins (Nr. 2 des Bescheids) besteht bei der vorzunehmenden Abwägung ebenfalls ein Vorrang des öffentlichen Vollzugsinteresses. Insoweit ist die sofortige Vollziehung - anders als im Waffenrecht - zwar nicht schon gesetzlich angeordnet, weil das Bundesjagdgesetz eine Vorschrift wie § 45 Abs. 5 WaffG nicht enthält. Allerdings ist das öffentliche Vollzugsinteresse bei einer Entziehung des Jagdscheins wegen Unzuverlässigkeit inhaltlich deckungsgleich mit demjenigen des waffenrechtlichen Widerrufs. Denn der Jagdschein berechtigt unter den in § 13 Abs. 3 bis Abs. 6 WaffG erfassten Umständen ebenfalls zum Umgang mit Waffen. Mithin besteht auch hier ein öffentliches Interesse, nach einer Entziehung wegen Unzuverlässigkeit den weiteren Umgang mit Waffen nicht bis zu einem bestands- bzw. rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens hinzunehmen, sondern diesen aus Gründen der Sicherheit und Ordnung, die in § 45 Abs. 5 WaffG die Grundlage des gesetzlichen Sofortvollzugs bilden, sofort zu unterbinden (BayVGH, B.v. 25.8.2020 - 24 CS 20.1596 - juris Rn. 27). Insofern genügt die auf Seite 16 des Bescheids abgegebene Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs den formellen Anforderungen. Auch wenn diese Begründung zunächst nur auf Nr. 3.2 des Bescheids Bezug nimmt, so wird doch im Übrigen ausgeführt, dass das öffentliche Interesse an einer sofort wirksamen Unterbindung der Jagdausübung (insbesondere der Fallenjagd) das Interesse des Antragstellers, die Jagd auszuüben, überwiegt. Nur so könne dem Schutz der Bevölkerung Rechnung getragen werden, dass durch unberechtigte Jagdausübung Dritte zu Schaden kämen. Diese Ausführungen beziehen sich offensichtlich nicht nur auf die Begründung der Abgabe des Jagdscheins, sondern auch darauf, warum der Jagdschein sofort vollziehbar für ungültig erklärt wird.
47
c) Der Antragsteller hat auch keine stichhaltigen Gründe vorgetragen, aufgrund derer die Abwägung zugunsten seiner privaten Interessen ausfallen würde. Sein rein privates Interesse, weiterhin die Jagd auszuüben, muss hintanstehen vor dem Interesse der Allgemeinheit an einem sicheren und zuverlässigen Umgang mit Waffen.
48
6. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abgelehnt. Die Höhe des Streitwerts richtet sich nach § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5, 20.3 und 50.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (s. NVwZ-Beilage 2013, 57). In die Waffenbesitzkarte sind 3 Waffen eingetragen.