Titel:
Nichtanwendung der Jahresfrist des § 154b Abs. 4 S. 2 StPO auf Einstellungen in Abschiebungs- und Ausweisungsfällen nach § 154b Abs. 3
Normenkette:
StPO § 154 Abs. 3, Abs. 4, Abs. 5, § 154b Abs. 2, Abs. 4 S. 2, § 304 Abs. 1, § 306 Abs. 1
Leitsätze:
1. Bei der Entscheidung über die Wiederaufnahme eines wegen der voraussichtlichen Ausreiseverpflichtung des Angeklagten vorläufig eingestellten Verfahrens gemäß § 154b Abs. 3 StPO ist die einjährige Ausschlussfrist des § 154b Abs. 4 Satz 2 StPO nicht anwendbar. Ist der Angeklagte entgegen der Annahme nicht ausgereist, kann das Verfahren bis zum Verjährungseintritt jederzeit wiederaufgenommen werden. (Rn. 14 – 25)
2. Bei der Wiederaufnahmeentscheidung handelt es sich nicht um eine Ermessensentscheidung. Liegen die Voraussetzungen vor, erfordert das Legalitätsprinzip die Fortsetzung der Strafverfolgung. (Rn. 30)
3. Entsprechend kann das Beschwerdegericht die Wiederaufnahme selbst anordnen. (Rn. 30)
Schlagworte:
Wiederaufnahme, Inlandsregelung, Auslandsregelung, Ausschlussfrist, Abschiebungsfälle, Jahresfrist, Einstellungsbeschluss, Einstellung, gebundene Entscheidung, Ermessen, Legalitätsprinzip
Vorinstanz:
LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 18.02.2022 – 7 KLs 358 Js 22840/19
Fundstellen:
BeckRS 2022, 20866
LSK 2022, 20866
StV 2022, 678
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth wird der Beschluss der 7. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18.02.2022 aufgehoben.
2. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth wird das gegen den Angeklagten bei der 7. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth geführte Verfahren 7 KLs 358 Js 22840/19 wiederaufgenommen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Angeklagte zu tragen.
Gründe
1
Dem Angeklagten liegt nach einer Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth vom 09.09.2020 vorsätzliches unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen, unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln in den Jahren 2017 bis 2019 zur Last.
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Die 7. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth hat die Anklage mit Beschluss vom 21.10.2020 zugelassen und Termine zur Durchführung der Hauptverhandlung ab 14.01.2021 bestimmt.
3
In der Sitzung vom 14.01.2021 fasste die 7. Strafkammer folgenden Beschluss:
1. Das Strafverfahren wird vorläufig gemäß § 154b Abs. 4 Sätze 1, 2 i.V.m. § 154 Abs. 3 bis 5 StPO im Blick auf die bevorstehende Entfernung des Angeklagten aus dem Bundesgebiet gemäß Bescheid der Stadt F… - A. - vom 21.09.2020 im Verfahren zum dortigen Az. BA… (Bl. 223 ff SH „Ausländerakte“) eingestellt.
2. Eine Entscheidung über Kosten und Auslagen bleibt einer Entscheidung über die endgültige Verfahrenseinstellung vorbehalten.
3. Die Hauptverhandlung wird ausgesetzt.
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Bestandskräftig wurde die Ausweisungsverfügung erst am 15.09.2021 nach einer Klagerücknahme des Angeklagten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Anschluss an einen geschlossenen Vergleich. Die Ausländerbehörde strebte zu diesem Zeitpunkt die freiwillige Ausreise des am 14.09.2021 aus der Strafhaft in anderer Sache entlassenen Angeklagten an. Indes holte der Angeklagte ausweislich des Schreibens der Stadt F… vom 22.12.2021 die für ihn vorgesehene Grenzübertrittsbescheinigung nicht ab. Nach polizeilichen Abklärungen (Vermerk vom 19.01.2022) hält sich der Angeklagte nach wie vor im Bundesgebiet auf. Nach einem Telefonvermerk der Staatsanwaltschaft vom 02.02.2022 sei die geplante Abschiebung aus Sicht des Ausländeramts der Stadt F… derzeit schwierig umzusetzen und nicht absehbar.
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Die Staatsanwaltschaft beantragte daher mit Verfügung vom 02.02.2022 die Wiederaufnahme des Verfahrens und begründete diesen Antrag am 09.02.2022, nachdem die 7. Strafkammer am 07.02.2022 auf Bedenken bezüglich der Wiederaufnahme hingewiesen hatte.
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Mit Beschluss vom 18.02.2022 wies die 7. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth den Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft zurück und traf Entscheidungen über die Kosten des Verfahrens und zur Frage der Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen.
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Das Landgericht Nürnberg-Fürth ist der Auffassung, der Ablauf der Jahresfrist (§ 154b Abs. 4 S. 1 und S. 2 i.V.m. § 154 Abs. 3 bis 5 StPO) stehe einer Wiederaufnahme des Verfahrens entgegen.
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Die Staatsanwaltschaft hält die Jahresfrist nicht für anwendbar und hat gegen den Beschluss vom 18.02.2022 am 01.03.2022 Beschwerde eingelegt.
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Das Landgericht hat der Beschwerde am 07.03.2022 nicht abgeholfen.
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Die Generalstaatsanwaltschaft beantragte am 14.03.2022, auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft den Beschluss vom 18.02.2022 aufzuheben, die Wiederaufnahme des Verfahrens anzuordnen und dem Angeklagten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Die in § 154b Abs. 4 S. 2 StPO bestimmte entsprechende Anwendung der §§ 154 Abs. 3 bis 5 StPO beziehe sich nur auf § 154b Abs. 2 StPO. Die Verlängerung der Frist von § 154 Abs. 4 StPO auf ein Jahr berücksichtige die längere Zeitdauer für die Übermittlung ausländischer Strafentscheidungen. Die Gegenansicht widerspreche dem Wortlaut der Vorschriften und sei auch nicht durch ein schützenswertes Vertrauen des Angeklagten gedeckt, da dieser der Einstellung durch seine unterlassene Ausreise selbst die Grundlage entzogen habe.
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Dem ist der Verurteilte mit Schreiben seines Verteidigers vom 25.03.2022 entgegengetreten. Bei der Einstellung nach § 154b Abs. 4 StPO handele es sich um eine endgültige Einstellung. Auch beziehe sich § 154b Abs. 4 S. 2 StPO auf § 154 b Abs. 4 S. 1 StPO. Die erforderliche Rechtssicherheit gebiete damit die Auslegung, dass die Wiederaufnahme nur innerhalb der dort normierten Jahresfrist und zwar beginnend schon mit dem Einstellungsbeschluss möglich sei. Die Staatsanwaltschaft habe es selbst in der Hand gehabt, innerhalb dieser Jahresfrist zu prüfen, ob der Angeklagte tatsächlich ausgereist sei.
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Die Beschwerde (§§ 304 Abs. 1, 306 Abs. 1 StPO) ist zulässig (vgl. hierzu OLG Oldenburg, Beschluss vom 20.09.2006, 1 Ws 465/06, m.w.N.) und hat auch in der Sache Erfolg.
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Der angefochtene Beschluss der 7. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18.02.2022 ist aufzuheben, da die in § 154b Abs. 4 S. 2 StPO normierte Jahresfrist vorliegend nicht heranzuziehen ist. Aufzuheben sind die den Wiederaufnahmeantrag ablehnende Entscheidung Ziffer 1. des Beschlusses vom 18.02.2022, aber auch dessen Ziffern 2. und 3., da diesen mit der Aufhebung von Ziffer. 1 die Grundlage entzogen wird. Der Senat ordnet sodann die Wiederaufnahme des Verfahrens an, nachdem deren Voraussetzungen gegeben sind.
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1. Die Jahresfrist von § 154b Abs. 4 S. 2 StPO kommt vorliegend nicht zur Anwendung, weil diese Frist nach dem Sinn und Zweck von § 154b Abs. 4 S. 2 StPO i.V.m. § 154 Abs. 3 bis 5 StPO nicht auf Abschiebungs- und Ausweisungsfälle gemäß § 154b Abs. 3 StPO anwendbar ist. Die Verfolgung nach § 154b Abs. 3 StPO eingestellter Taten kann unabhängig von dieser Frist jederzeit bis zum Verjährungseintritt wiederaufgenommen werden.
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a) Die in § 154b Abs. 3 StPO erfassten Abschiebungs-, Ausweisungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungsfälle finden keine direkte Entsprechung in den Absätzen von § 154 StPO, auf welche in § 154b Abs. 4 S. 2 StPO verwiesen wird. § 154 Abs. 1 StPO, an welchen die Wiederaufnahmevorschriften von § 154 Abs. 3 bis 5 StPO anknüpfen, hat in beiden Varianten eine anderweitige Entscheidung mit einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zum Gegenstand, die entweder bereits rechtskräftig feststeht (§ 154 Abs. 1 Nr. 1 StPO) oder die noch zu erwarten ist (§ 154 Abs. 1 Nr. 2 StPO). Die Wiederaufnahmeoptionen beziehen sich daher auf den nachträglichen Wegfall dieser anderweitigen Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 154 Abs. 3 StPO) oder darauf, dass nach Abschluss des Bezugsverfahrens (§ 154 Abs. 1 Nr. 2 StPO) sachliche Gründe für eine Wiederaufnahme bestehen, weil der Angeklagte dort nicht oder nur geringfügig verurteilt wurde (§ 154 Abs. 4 StPO).
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b) Eine geeignete Anknüpfung an die Inlandsregelung von § 154 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StPO enthält daher nur die entsprechende Auslandsregelung in § 154b Abs. 2 StPO. Diese Vorschrift eröffnet die Möglichkeit, von der Erhebung der Klage abzusehen oder ein gerichtliches Verfahren einzustellen (§ 154b Abs. 4 S. 1 StPO), wenn der Angeklagte in das Ausland überstellt wird, weil er entweder dort bereits zu einer erheblichen Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung rechtskräftig verurteilt wurde, oder eine erhebliche Strafe oder eine Maßregel der Besserung dort noch zu erwarten hat.
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c) Anderes gilt jedoch für § 154b Abs. 3 StPO, da diese Vorschrift nicht auf eine bereits ergangene oder noch zu erwartende Gerichtsentscheidung aufbaut, sondern eine Abschiebungs-, Ausweisungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungsentscheidung zum Gegenstand hat. Es liegt somit ein abweichender Regelungsgehalt vor, der die entsprechende Anwendung der für ergangene Gerichtsentscheidungen normierten Ausschlussfrist nicht nahe legt, auch wenn der Gesetzeswortlaut die Übertragung der Frist von § 154 Abs. 4 StPO ab Rechtskraft einer Gerichtsentscheidung auf den Zeitpunkt, in dem feststeht, dass der Angeklagte nicht ausgereist oder wieder eingereist ist, nicht ausschließt.
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d) Das entscheidende Argument gegen die Heranziehung der Ausschlussfrist auf Ausweisungs- und Abschiebungsfälle stellt allerdings die Verweisungsvorschrift § 154b Abs. 4 S. 2 StPO selbst dar.
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aa) So ist die entsprechende Heranziehung von § 154 Abs. 3 bis 5 StPO nach dem Wortlaut von § 154b Abs. 4 S. 2 StPO einerseits untrennbar verbunden mit der Verlängerung der Frist nach § 154 Abs. 4 StPO von drei Monaten auf ein Jahr gemäß § 154b Abs. 4 S. 2 StPO.
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bb) Andererseits kann Sinn und Zweck der Verlängerung der Frist von drei Monaten nach § 154 Abs. 4 StPO auf eine Frist von einem Jahr gemäß § 154b Abs. 4 S. 2 StPO nur darin bestehen, die vorhandene Entscheidungsfrist nach Auslandsentscheidungen gegenüber inländischen Gerichtsentscheidungen wegen eines möglicherweise länger dauernden Informationsflusses zu verlängern.
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So wird als Hintergrund der Fristverlängerung der oftmals verzögerte Eingang von Strafnachrichten aus dem Ausland gesehen (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 154b Rn. 4; MüKoStPO/Teßmer, StPO, § 154b Rn. 27). Nur dies macht die Verlängerung der Ausschlussfrist für die Wiederaufnahme eines nach § 154b StPO eingestellten Verfahrens erforderlich. Bei rein inländischen faktischen Ereignissen wie der Feststellung der Wiedereinreise des Angeklagten oder dessen Nichtausreise ist hingegen kein Grund ersichtlich, eine gedachte Ausschlussfrist - beginnend mit dem Ereignis, welches die vorgenommene Einstellung nach §§ 154, 154b StPO in Frage stellen könnte - von drei Monaten auf ein Jahr zu verlängern, nachdem diese inländischen Fakten der unmittelbaren Kenntnisnahme zur Verfügung stehen.
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cc) Wenn aber § 154b Abs. 4 S. 2 StPO zum einen ausdrücklich die Frist aus § 154 Abs. 4 StPO verlängert und zum anderen diese Fristverlängerung nach dem Regelungszweck nur ausländische Gerichtsverfahren erfassen soll, dann ist ersichtlich, dass die Heranziehung der verlängerten Frist nur für § 154b Abs. 2 StPO mit entsprechender Anwendung von § 154 Abs. 4 StPO vorgesehen ist, nicht jedoch für § 154b Abs. 3 StPO, dessen Fallkonstellationen die vorgenommene Fristverlängerung fremd wäre.
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Die in § 154 Abs. 4 StPO enthaltene Frist kommt somit bei der entsprechenden Anwendung des § 154 Abs. 4 StPO auf Wiederaufnahmefälle nach § 154b Abs. 3 StPO nicht zur Anwendung (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, a.a.O.; MüKoStPO/Teßmer, StPO, a.a.O.). Für die Wiederaufnahme in Fällen von Abschiebung, Ausweisung, Zurückschiebung und Zurückweisung besteht keine Ausschlussfrist.
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e) Die Gegenansicht, welcher die 7. Strafkammer im angefochtenen Beschluss folgt, enthält entweder keine Begründung (KK-StPO/Diemer, 8. Aufl., StPO, § 154b Rn. 8; BeckOK StPO/Beuckelmann, § 154b Rn. 7, 8; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.11.1989, 3 Ws 873/89: befasst sich mit den Fragen der Endgültigkeit der Entscheidung nach § 154b Abs. 4 S. 1 StPO und des Erfordernisses einer sofortigen Entscheidung nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz und setzt die Anwendbarkeit der Jahresfrist ebenfalls ohne Begründung voraus) oder will die Jahresfrist nur auf Fälle einer erlaubten Wiedereinreise (im Interesse des Angeklagten und der Verfahrensklarheit) anwenden (KMR-Kulhanek, StPO, 90. EL, § 154b Rn. 11; Mavany in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl., § 154b Rn. 18), während die Frist bei einer illegalen Wiedereinreise nicht gelten soll.
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Indes ist weder die umfassende, noch die teilweise Heranziehung der Frist, etwa bei einer erlaubten Wiedereinreise, durch die Norm begründet oder aufgrund eines schützenswerten Vertrauens des Angeklagten geboten. Mit der Wiedereinreise entzieht der Angeklagte - worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hinweist - selbst der Einstellung den Boden, auch wenn er eine neue Aufenthaltserlaubnis erhält. Dies gilt erst recht, wenn der Angeklagte - wie hier - die Ausreise aus der Bundesrepublik von vornherein unterlässt. Das Legalitätsprinzip gebietet in diesen Fällen die Wiederaufnahme (MüKoStPO/Teßmer, StPO, a.a.O.).
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2. Nur hilfsweise ist auszuführen, dass die Jahresfrist, wenn man sie denn heranziehen würde, nicht abgelaufen wäre. Abzustellen wäre für den Fristbeginn nämlich nicht auf das Datum des Einstellungsbeschlusses (14.01.2021), sondern wie bereits oben unter Ziffer 1. c) und 1. d) bb) ausgeführt - nach Sinn und Zweck des entsprechend anzuwendenden § 154 Abs. 4 StPO - auf den Eintritt des Ereignisses, welches die Einstellung in Frage stellt, hier also den Zeitpunkt, in dem fest stand, dass der Angeklagte entgegen der Annahme des Landgerichts nicht ausgereist ist. Diesen Fristbeginn zugrunde gelegt, wäre die Jahresfrist noch nicht abgelaufen.
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Nicht stichhaltig ist insbesondere das Argument der 7. Strafkammer, dass sich § 154b Abs. 4 S. 2 StPO auf den vorangegangenen § 154 Abs. 4 S. 1 StPO beziehe und dort die gerichtliche Einstellung durch Beschluss Gegenstand sei (vgl. BeckOK StPO/Beuckelmann, § 154b Rn. 8).
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Einen derartigen Bezug sieht der Senat nicht. Außerdem hat sich die entsprechende Gesetzesanwendung an der heranzuziehenden Norm zu orientieren, welche, wie bereits ausgeführt, auf das eintretende Ereignis, nicht auf den gerichtlichen Einstellungsbeschluss abstellt (so Mavany in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl., § 154b Rn. 18 für die erlaubte Einreise).
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Das Abstellen auf den gerichtlichen Einstellungsbeschluss ist vorliegend auch deswegen fragwürdig, weil der Beschluss vom 14.01.2021 (entgegen Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 154b Rn. 3; KMR-Kulhanek, StPO, 90. EL, § 154b Rn. 4; Mavany in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl., § 154b Rn. 10) bereits lange vor Bestandskraft der Ausweisung des Angeklagten ergangen ist, so dass bis zur Bestandskraft der Ausweisung am 15.09.2021 bei der Heranziehung der Jahresfrist bereits acht Monate von dieser verstrichen gewesen wären.
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3. Die Wiederaufnahme ist anzuordnen, nachdem sich die Erwartung, dass der Angeklagte das Bundesgebiet im Anschluss an seine Ausweisung verlassen werde, nicht nachgekommen ist und auch nicht zu erwarten ist, dass dies noch geschehen wird (polizeilicher Vermerk vom 19.01.2022 und telefonische Anfrage beim Ausländeramt vom 02.02.2022).
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Es handelt sich hierbei um eine gebundene Entscheidung, so dass der Senat diese im Beschwerdeverfahren selbst treffen kann. Die Erkenntnis, dass der Angeklagte entgegen der Annahme in einem nach § 154b StPO gefassten Beschluss wieder eingereist oder - wie hier - schon nicht ausgereist ist, entzieht der vorangegangenen Einstellung vollständig die Grundlage. Es ist daher hinsichtlich der Frage der Wiederaufnahme kein Ermessen eröffnet. Vielmehr erfordert das Legalitätsprinzip die Fortsetzung der Strafverfolgung.
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Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 465 StPO (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 473 Rn. 15 a.E.)