Titel:
Versäumung der Klagefrist, Zustellung durch Niederlegung
Normenketten:
AsylG § 74
AsylG § 10 Abs. 5
§ 3 Abs. 2 S. 2 VwZG i.V.m. § 181 ZPO
Schlagworte:
Versäumung der Klagefrist, Zustellung durch Niederlegung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 20660
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Der Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste eigenen Angaben zufolge am 14. Januar 2016 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am 24. Januar 2017 einen Asylantrag.
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Nach Anhörung am 24. Januar 2017 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) mit Bescheid vom 20. März 2017, Az. …, den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) und auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (Nr. 3) ab und stellte zudem fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Afghanistan oder in einen anderen Staat angedroht, in den er einreisen darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist (Nr. 5). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Der Bescheid wurde am 21. März 2017 zur Post gegeben. In der Zustellungsurkunde wurde vermerkt, dass eine Übergabe in der Wohnung sowie die Einlegung in einen Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung nicht möglich war, so dass der Postbedienstete das Schriftstück am 22. März 2017 in der bei der hierfür bestimmten Stelle „Kiosk am Bahnhof“ in Unterföhring niedergelegt und die schriftliche Mitteilung über die Niederlegung dem „Sicherheitswachmann“ übergegeben hat.
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Am 10. April 2017 erhob der Kläger durch seine Bevollmächtigte per Telefax Klage. Zuletzt wird nach Klagerücknahme im Übrigen beantragt,
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den Bescheid des Bundesamts vom 20. März 2017, Az. …, in den Nrn. 4 bis 6 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG hinsichtlich Afghanistans vorliegen.
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Die Beklagte hat unter Verweis auf die Nichteinhaltung der Klagefrist Klageabweisung beantragt.
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Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
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Mit Beschluss vom 18. Juli 2022 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Das Gericht kann aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
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Die Klage ist bereits unzulässig, da die Klagefrist versäumt wurde.
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Gemäß § 74 Abs. 1 Halbsatz 2 AsylG ist Klage vorliegend innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung zu erheben. Da der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrungversehene Bescheid vom 20. März 2017 ausweislich der Zustellungsurkunde am 22. März 2017 bei der hierfür bestimmten Stelle niedergelegt und die schriftliche Mitteilung über die Niederlegung in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise beim Sicherheitsdienst der Unterkunft abgegeben wurde (§ 181 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO), gilt er am Tag der Niederlegung, das heißt am 22. März 2017, als zugestellt (§ 10 Abs. 5 AsylG i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwZG und § 181 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Die Klagefrist begann damit am 23. März 2017 und endete mit Ablauf des 5. April 2017 (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB), so dass die am 10. April 2017 bei Gericht eingegangene Klage verfristet ist.
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Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 VwGO) sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen; das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.