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VG München, Beschluss v. 26.07.2022 – M 20 P 21.3170
Titel:

Ausschluss der Mitbestimmung des Personalrats - Funktionszulage als Bestandteil des Festgehalts

Normenkette:
BayPVG Art. 84 Nr. 8
Leitsatz:
Erhalten Beschäftige der Gehaltsgruppe 14 unter Berücksichtigung einer Funktionszulage ein Gehalt, dass dem Niveau der an sich für sie einschlägigen Gehaltsgruppe 16 und höher entspricht, werden sie vom Ausschlusstatbestand des Art. 84 Nr. 8 BayPVG iVm Art. 6 Nr. 3 der Satzung des Bayerischen Rundfunks erfasst, so dass ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats ausgeschlossen ist. (Rn. 11) (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Personalvertretungsrecht des Landes, Zuständigkeit und satzungsmäßige Aufgaben des Verwaltungsrats, Ausschluss der Mitbestimmung des Personalrats, Funktionszulage als Bestandteil des Festgehalts
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 24.07.2023 – 17 P 22.2143
Fundstelle:
BeckRS 2022, 20647

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt eine Feststellung hinsichtlich des Bestehens von Mitbestimmungsrechten bei der Einstellung und Ein- bzw. Höhergruppierung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern beim Bayerischen Rundfunk, die unterhalb der Gehaltsgruppe 16 des Gehaltstarifvertrags für den Bayerischen Rundfunk eingruppiert werden, aber eine Funktionszulage erhalten, wodurch zusammen das Gehaltsniveau von mindestens der Gehaltsgruppe 16 erreicht wird.
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Die Satzung des Bayerischen Rundfunks sieht in Art. 6 bezüglich der Aufgaben des Verwaltungsrats Folgendes vor:
3. Dem Verwaltungsrat obliegt es, die Zustimmung zu erteilen zum Abschluss, zur Änderung oder Aufhebung von Dienstverträgen für Festangegestellte nach Gehaltstarif ab Gehaltsgruppe 16 aufwärts sowie bei sonstigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit mindestens vergleichbarem Festgehalt.
3
Der Antragsteller begehrt mit Schriftsatz vom 15. Juni 2021 insoweit mit Blick auf eine Vielzahl von Einstellungen und Vertragsänderungen in den letzten Jahren, bei denen der Verwaltungsrat und nicht er beteiligt wurde, die gerichtliche Feststellung seines Mitbestimmungsrechts nach Art. 75 Abs. 1 Nr. 1, 3a, 4, 6 Bayerisches Personalvertretungsgesetz (BayPVG). Hierzu wurde der bisherige Schriftverkehr zwischen dem Antragsteller, dem Verwaltungsrat und der Dienststellenleitung vorgelegt, worauf Bezug genommen wird. Zur Begründung führt der Antragsteller aus, entgegen der Argumentation von Verwaltungsrat und Dienststellenleitung bestehe kein Ausschlusstatbestand der Mitbestimmung nach Art. 84 Nr. 8 BayPVG, da die satzungsmäßige Regelung in den vorliegenden Fällen nicht greife. Die Funktionszulage sei vom Begriff des Festgehalts in Art. 6 Nr. 3 der Satzung nicht umfasst. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 15. Juni 2021 sowie in der Anhörung am 26. Juni 2022 Bezug genommen.
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Der Antragsteller hat daher in der Anhörung am 26. Juli 2022 beantragt,
Es wird festgestellt, dass der Personalrat bei Einstellungen, Eingruppierungen, Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit für die Dauer von mehr als 6 Monaten und/oder Höhergruppierungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auch dann gem. Art. 75 Abs. 1 BayPVG zu beteiligen ist, wenn die Tätigkeit in Entgeltgruppen unterhalb der Entgeltgruppe 16 des Gehaltstarifvertrags des Bayrischen Rundfunks eingruppiert ist und das Gehalt durch Zahlung von Zulagen ein Gehalt mindestens in der Höhe der Entgeltgruppe 16 des Gehaltstarifvertrags des Bayrischen Rundfunks erreicht.
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Die Vertretung der Dienststellenleitung hat beantragt,
den Antrag abzulehnen,
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und mit Schriftsatz vom 12. August 2021 sowie in der Anhörung am 26. Juli 2022 erwidert. Die Eingruppierung in die Gehaltsgruppe plus Funktionszulage diene sowohl bei Neueinstellungen als auch bei bereits vorhandenen Beschäftigten dazu, zu erproben, ob sich die Beschäftigten für die in der Gehaltsgruppe 16 und höher befindlichen Aufgaben und Funktionen eignen und bewähren. Die gewährten Zulagen stellten dabei arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütungsbestandteile dar und seien insbesondere keine Zulagen nach TZ 434 des Manteltarifvertrags für Tätigkeiten, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Rahmen des Direktionsrechts ausgeübt würden. Es handle sich auch um keine Zulagen, die jederzeit bei Entfallen der Bedingung widerrufen werden könnten bzw. um leistungsbezogene Sonderleistungen, die zeitweilig in der Höhe variieren könnten. Bei Auslegung des satzungsmäßigen Begriffs Festgehalt seien diese Funktionszulagen somit zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 12. August 2021 sowie auf die Ausführungen in der Anhörung am 26. Juli 2022 Bezug genommen.
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Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die Niederschrift über die Anhörung am 26. Juli 2022 und die zitierten Schriftsätze verwiesen.
II.
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Der zulässige Antrag ist unbegründet.
9
Für die streitgegenständliche Konstellation, in der Beschäftigten beim Bayerischen Rundfunk zur Erprobung statt einer - an sich einschlägigen - Eingruppierung in die Gehaltsgruppen 16 und höher befristet eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe 14 verbunden mit einer Funktionszulagenzahlung, so dass das Gehaltsniveau der an sich einschlägigen Gehaltsgruppe erreicht wird, erfolgt, ist kein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers festzustellen.
10
Das an sich nach Art. 75 Abs. 1 BayPVG bestehende Mitbestimmungsrecht des Antragstellers ist angesichts der Regelung in Art. 84 Nr. 8 BayPVG ausgeschlossen. Danach gelten die Mitbestimmungsrechte nicht für Beschäftigte, zu deren Einstellung der Verwaltungsrat gemäß der Satzung des Bayerischen Rundfunks seine Zustimmung zu erteilen hat. Nach der zitierten Regelung in Art. 6 der Satzung des Bayerischen Rundfunks bezieht sich die Zuständigkeit des Verwaltungsrats auf Beschäftigte ab Gehaltsgruppe 16 sowie mit mindestens vergleichbarem Festgehalt.
11
In den zwischen den Beteiligten streitigen Fällen erhalten die Beschäftigen unter Berücksichtigung der Funktionszulage ein Gehalt, dass dem Niveau der an sich einschlägigen Gehaltsgruppe 16 und höher entspricht. Sie sind damit vom Ausschlusstatbestand des Art. 84 Nr. 8 BayPVG i.V.m. Art. 6 Nr. 3 der Satzung des Bayerischen Rundfunks umfasst.
12
Dabei folgt das Gericht der antragstellerischen Argumentation nicht, die Funktionszulagen seien nicht zu berücksichtigen, sie gehörten nicht zum Festgehalt, da sie variabel seien. Vielmehr sind sie arbeitsvertraglich fest vereinbart und - so nach Aktenlage - nicht mit einer auflösenden Bedingung versehen oder als variabler Bestandteil des Gehaltsgefüges zu sehen.
13
Nach dem Wortlaut der Regelung in Art. 6 Nr. 3 der Satzung und nach seinem Sinn und Zweck kommt es auf das Gehalt hat, das den Beschäftigten „unterm Strich“ fest gezahlt wird. Im Zeitraum der Geltung der arbeitsvertraglichen Regelung gehört die vereinbarte Funktionszulage fest dazu, ihre Gewährung ist gerade nicht in das Belieben der Dienststellenleitung gesetzt oder variabel von Sonderleistungen abhängig. Dass die Funktionszulagen einseitig gestrichen werden könnten, obwohl eine entsprechende Wahrnehmung von Aufgabe und Funktion, die die Funktionszulage abdecken soll, tatsächlich erfolgt, ist für das Gericht nicht ersichtlich. Soweit nach antragstellerischem Vortrag in zwei Einzelfällen die Funktionszulagen einseitig gestrichen worden seien, ist schon nicht ersichtlich, ob dem nicht arbeitsvertraglich zulässige Maßnahmen der Dienststellenleitung vorausgingen/einhergingen.
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Es ist dabei jedoch herauszustellen, dass das Gericht nicht zu prüfen hat, ob die Vorgehensweise einer niedrigeren Eingruppierung als an sich geboten verbunden mit einer Kompensation durch entsprechende Funktionszulagenzahlung arbeitsvertraglich oder tarifrechtlich zulässig ist. Im Streit steht vorliegend (nur) die Frage, ob die satzungsmäßige Regelung solche Konstellationen umfasst. Dies ist der Fall.
15
Bei den Beschäftigten mit Eingruppierung in Gehaltsgruppe 14 plus Funktionszulage handelt es sich nach Verständnis des Gerichts um den Personenkreis mit höherwertigen Tätigkeiten und Aufgaben, für den somit nach dem Sinn und Zweck von Art. 84 Nr. 8 i.V.m. den satzungsmäßigen Regelungen dem Verwaltungsrat die Zuständigkeit obliegt.
16
Ergänzend wird auf die Ausführungen der Dienststellenleitung Bezug genommen.
17
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.