Titel:
Asyl, Nigeria: Erfolglose Klage
Normenketten:
AsylG § 3, § 4, § 77 Abs. 2
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
Leitsatz:
Es besteht keine asylrelevante Bedrohung in Nigeria aufgrund der vorgetragenen Verfolgung durch Nachbarn wegen des Streits um ein Grundstück. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asyl, Nigeria, Verfolgung durch Nachbarn wegen Streit um Grundstück, Herkunftsland Nigeria, nichtstaatliche Akteure
Fundstelle:
BeckRS 2022, 20645
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger ist ein am 10. Oktober 19... in Nigeria geborener nigerianischer Staatsangehöriger mit Volkszugehörigkeit Edo christlichen Glaubens.
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Am 13. Juni 2016 stellte der Kläger beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag.
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In einem Gespräch beim Bundesamt zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 13. Juni 2016 erklärte der Kläger unter anderem, dass er Nigeria im August 2015 verlassen habe. Er sei über Niger (2 Wochen), Libyen (ein Monat) Italien (2 Monate) und Österreich am 20. Dezember 2015 auf dem Landweg nach Deutschland eingereist. Nach Italien sei er am 8. Oktober 2015 eingereist. Er habe sich dort 2 Monate aufgehalten, aber keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und Fingerabdrücke seien ihm auch nicht abgenommen worden.
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Für den Kläger wurde ein Eurodac-Treffer Italien festgestellt.
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In einer Anhörung durch das Bundesamt am 23. Juni 2017 erklärte der Kläger unter anderem, dass er der Volksgruppe der Edo zugehörig sei und katholischen Glaubens. Personalpapiere habe er im Heimatland nicht besessen. Seine letzte offizielle Anschrift im Heimatland bis zu seiner Ausreise sei gewesen Edo State, Dorf Oghadan. Nigeria habe er 2015 im August verlassen; nach Deutschland sei er am 20. Dezember 2015 eingereist. Er sei von Nigeria über Niger nach Libyen, von Libyen nach Italien und von Italien nach Deutschland gereist. Von den Nigeria nach Libyen habe er ca. einen Monat gebraucht. In Libyen habe man sie gefangen und in einen Raum gesperrt und geschlagen, es seien ca. 2 Monate gewesen. In Italien sei er nur einen Monat geblieben. Die Frage, ob er in Italien einen Asylantrag gestellt habe, verneinte der Kläger, er sei nicht lange dortgeblieben, nur einen Monat, dann sei er weitergezogen. Danach befragt, wie viel die Reise ca. gekostet habe, erklärte der Kläger, bis Italien sei es sehr teuer gewesen. Sein Vater sei gestorben und er habe dessen Land verkauft, damit er sich habe helfen können. Als er in Libyen gewesen sei, habe man ihm das ganze Geld gestohlen; es seien ungefähr 500.000 Naira gewesen.
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Befragt nach Namen, Vornamen und Anschrift der Eltern erklärte der Kläger, sein Vater heiße Aluge O., seine Mutter heiße Kate A.: sein Vater sei verstorben, seine Mutter lebe noch in seinem Dorf. Befragt nach weiteren Verwandten erklärte der Kläger, der Bruder seines Vaters sei auch verstorben. Seine - des Klägers - Kinder lebten noch. Er habe 2 Kinder, eines seiner Kinder sei gestorben. Danach befragt, wo das Kind jetzt lebe, erklärte er, er habe das Kind in seinem Dorf gelassen. Es habe dort keine Hoffnung für ihn gegeben und er habe wegen des Problems gehen müssen. Befragt, wer sich im Moment um das Kind kümmere, erklärte er, er habe es bei seiner Mutter gelassen. Die Mutter des Kindes sei weggegangen. Die Frage nach Geschwistern verneinte der Kläger. Nach Schulbesuch befragt erklärte der Kläger, er habe die primäre Schule abgeschlossen und sei bis zur SS2 in die sekundäre Schule gegangen. Befragt nach seinem Beruf erklärte der Kläger, er habe in der Landwirtschaft gearbeitet. Das sei auf dem Land seines Vaters gewesen. Jemand anderes habe Besitzansprüche angemeldet, er habe das Land seines Vaters aber nie abgeben wollen. Diese Person sei ein Muslim gewesen und sie seien Christen gewesen, es habe da einen Streit gegeben.
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Befragt zu Verfolgungsschicksal und den Gründen für den Asylantrag erklärte der Kläger, dass sein Vater Landwirt gewesen sei und zu Hause Grundstücke gehabt habe und es sei jemand gekommen, der behauptet habe, es wäre sein Land. Es sei der Eigentümer des angrenzenden Landes gewesen. Dieser habe seinem Vater gesagt, er solle das Land aufgeben. Aber sein Vater habe nein gesagt, er habe das Land von seinem Vater geerbt und er werde es nicht aufgeben. Sie besäßen es seit vielen Jahren. Sein Vater habe gesagt, er würde das Land niemals aufgeben, eher würde er sterben. Eines Morgens sei sein Vater um 6:00 Uhr morgens zu seinen Feldern gegangen. Normalerweise sei er immer um 2:00 Uhr nachmittags zurückgekommen. Um 6:00 Uhr sei er immer noch nicht da gewesen, um 7 immer noch nicht. Um 8:00 Uhr hätten sie dann Taschenlampen genommen und seien zu den Feldern gegangen. Sie hätten ihn dort tot am Boden liegend gefunden.
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Sie seien zum Dorfkönig gegangen, um ihm zu berichten. Sie hätten ihm gesagt, dieser bestimmte Mann habe seinem Vater gesagt, er solle nicht mehr auf sein Land gehen und jetzt sei sein Vater tot. Der Dorfkönig habe gewollt, dass dieser Mann komme, aber der Mann sei nie gekommen. Dann hätten sie die Polizei gerufen. Die Polizei sei gekommen und habe gesagt, sie sollten seinen Vater in die Leichenhalle bringen. Sie hätten dann den Mann gefangen und ihn eingesperrt. Er wisse nicht, was dann passiert sei, aber er sei wieder freigelassen wurden.
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Sie hätten seinen Vater beerdigt. 4 Monate später sei er dann zu den Feldern gegangen. Man habe ihm gesagt, er solle das Land nicht betreten, sonst würde er wie sein Vater getötet werden. Er habe diesem gesagt: „niemals, ich muss das Land bestellen. Du hast meinen Vater umgebracht und willst jetzt das einzige Stück Land nehmen, das ich habe.“ Er habe gesagt, er würde ihn - den Kläger - umbringen.
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Ein Jahr später sei er zu seinem Onkel gegangen und habe diesen gebeten, ihm Land zu geben, damit er dort Landwirtschaft betreiben könne, da er sein eigenes Land nicht mehr habe betreten können. Nach einer Weile sei er zurück, denn er sei nicht bereit gewesen, diesem muslimischen Mann sein Land zu überlassen. Als er dort angekommen sei, habe dieser seinen Sohn zu ihm geschickt.
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Eines nachts, es sei ungefähr 2:00 Uhr gewesen, sei er zu Hause bei seiner Mutter und den 2 Kindern gewesen. Sie seien aufgewacht, weil das Haus in Flammen gestanden sei. Überall sei Feuer gewesen. Sie seien aus dem Haus gerannt, seine Mutter habe geschrien und Leute seien herbeigerannt gekommen. Eines seiner Kinder sei schwach gewesen und wegen dieser Sache gestorben. Deshalb sei nur noch eines seiner beiden Kinder am Leben. Dann habe er sein Land verkaufen müssen. Er habe es jemandem verkauft und sei weggelaufen. Das sei der Grund, weshalb er nach Libyen gegangen sei. Wegen des Brandes seines Hauses sei ein Holzbalken auf seine Schulter gefallen und er habe deswegen noch Probleme.
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Befragt, ob es eine offizielle Entscheidung zu dem Land gegeben habe, erklärte der Kläger, der Dorfkönig habe versucht, den muslimischen Mann zu verfolgen, aber dieser Mann sei ein Teufel gewesen, er habe viele Leute umgebracht. Danach befragt, wo dieser Mann gelebt habe, erklärte der Kläger, er habe in ihrem Dorf gelebt. Befragt, warum die Dorfgemeinschaft nichts gegen ihn unternommen habe, erklärte er, sie hätten mit ihm gesprochen, sie hätten die Polizei gerufen, aber es habe auch Leute gegeben, die ihn unterstützt hätten. Befragt, ob der Streit um das ganze Land oder einen Teil gegangen sei, erklärte der Kläger, er habe das Nachbargrundstück gehabt und unseres habe er dazu gewollt. Befragt, was für Land er verkauft habe, ob es das Land gewesen sei, um das gestritten worden sei oder ein anderes, erklärte der Kläger, er habe das Land verkauft, um das gestritten worden sei, sonst wäre er getötet worden. Also habe er das Land verkauft und sei fortgegangen. Die Frage, ob er das Land an den Mann verkauft habe, verneinte der Kläger, er habe es an jemand anderen verkauft. Befragt, wieso dieser jemand dieses Land gekauft habe, obwohl er gewusst habe, dass er dann in einen tödlichen Streit mit diesem muslimischen Mann geraten würde, erklärte der Kläger, dieser Mann sei mächtiger gewesen als er und er habe gesagt, er würde gegen diesen muslimischen Mann um das Land kämpfen. Er habe dem Mann das Land verkaufen und weg gehen müssen, sonst hätte er sterben müssen. Danach befragt, was für eine Gefahr dann noch für ihn bestanden habe, nachdem er das Land verkauft gehabt habe, erklärte der Kläger, es sei sein Plan gewesen, von diesem Ort weg zu gehen. Befragt, wo er hin gewollt habe nachdem er das Land verkauft gehabt habe, wo habe er hin gewollt, erklärte der Kläger, sein Plan sei gewesen, die Region zu verlassen, damit dieser ihn nicht finden könne und seine Kinder hinter ihm her schicken. Befragt, aus welchem Grund er dann Nigeria verlassen habe, erklärte der Kläger, er habe Nigeria ganz verlassen müssen, sonst hätte der Mann ihn finden können, denn es gebe viele Leute aus seinem Dorf überall. Befragt, ob er auch gefunden worden wäre, wenn er zum Beispiel nach Ondo State gegangen wäre, erklärte der Kläger, es gebe überall Moslems dort und man hätte ihn überall finden können. Danach befragt, was dieser Mann dann noch von ihm gewollt habe, nachdem er das Land verkauft habe, erklärte der Kläger, wenn er nicht da sei, gebe es keine Probleme, aber wenn er da gewesen wäre, hätte es Probleme gegeben. Weil er keine Macht gehabt habe und weil er keine Leute gehabt habe, die ihn in dem Streit unterstützt hätten. Befragt, was jetzt passieren würde, wenn er zum Beispiel nach Benin City gehen würde, erklärte der Kläger, viele aus seinem Dorf seien in Benin City. Das würde bedeuten, dass man ihn in seinen Tod schicken würde. Dieser Mann würde ihn einfach umbringen, er sei sehr gefährlich. Befragt, warum der Mann seine Mutter und das Kind in Ruhe lasse, erklärte der Kläger, sie sei in ihr Dorf geflüchtet, dort sei sie mit seinem Kind. Befragt, warum er nicht in das Dorf seiner Mutter gehen könne, erklärte der Kläger, es sei nicht sehr weit weg von seinem Dorf. Nach dem Namen des Mannes befragt erklärte er: „Acto E.“. Befragt, was passieren würde, wenn er in eine Stadt weiter entfernt gehen würde, erklärte der Kläger, der Mann habe viele Kontakte; es gebe überall muslimische Leute. Danach befragt, ob also einer der mächtigsten Männer in seinem Dorf lebe, der ihn überall finden könne und dieser sei mächtiger als die Polizei, erklärte der Kläger, die Polizei sei nicht sehr stabil, mit Geld könne man sie bestechen. Befragt, warum ein so mächtiger Mann in seinem Dorf lebe und nicht in einer großen Stadt in Nigeria erklärte der Kläger, er habe überall Besitz in Nigeria in Dörfern und in großen Städten.
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Befragt, ob es noch andere Gründe gebe als die Auseinandersetzung mit diesem Mann, warum der Kläger in Nigeria nicht sicher sein würde, erklärte er, er habe in Nigeria fast alles verloren. Sein Vater sei gestorben, seine Tochter sei gestorben und sein Land habe er verkaufen müssen um am Leben zu bleiben und dann habe er gehen müssen. Die Frage, ob er noch etwas hinzufügen wolle, verneinte der Kläger, das sei es gewesen.
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Befragt nach schutzwürdigen Belangen zur Berücksichtigung bei einer eventuellen Entscheidung zum Einreise- und Aufenthaltsverbot erklärte der Kläger, dass er hier keine Familie und keine weiteren gesundheitlichen Probleme habe.
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Auf Nachfrage erklärte der Kläger, dass er ausreichend Gelegenheit gehabt habe, die Gründe für den Asylantrag zu schildern und auch alle sonstigen Hindernisse darzulegen, die einer Rückkehr in das Heimatland oder in einen anderen Staat entgegenstehen würden. Der Kläger bestätigte abschließend, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe.
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Die Akte des Bundesamts enthält Bilder mit einem verbrannten Haus, einem verbrannten Kleinkind und einem Foto mit 2 Männern. Über den älteren Mann und das Kleinkind sind die Buchstaben „RIP“ geschrieben.
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Mit Bescheid vom 30. Juni 2017 erkannte das Bundesamt dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zu (Nummer 1 des Bescheids), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Nummer 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nummer 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nummer 4). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung, im Falle einer Klageerhebung 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens, zu verlassen, andernfalls er nach Nigeria abgeschoben werde (Nummer 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nummer 6).
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Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen nicht vor. Der Kläger sei kein Flüchtling. Soweit er vorgetragen habe, er befürchte bei einer Rückkehr nach Nigeria von seinem Nachbarn wegen Landstreitigkeiten getötet zu werden, scheitere die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes bereits am Fehlen eines Anknüpfungsmerkmal. Nach dem Sachvortrag des Klägers sei nicht ersichtlich, dass er eine Verfolgung durch seinen Nachbarn wegen eines flüchtlingsschutzrechtlich relevanten Anknüpfungsmerkmal befürchte. Hier handele es sich um einen Grundstücksstreit. Damit Fuße die befürchtete Verfolgung ausschließlich auf dem eventuellen Bestehen von zivilrechtlichen Ansprüchen, deren Durchsetzung der Nachbar wohl mit Gewalt zu erreichen gesucht habe.
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Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Aus dem Vorbringen des Klägers sei nicht ersichtlich, dass ihm bei einer Rückkehr nach Nigeria die Verhängung oder Vollziehung der Todesstrafe durch den Staat drohen würde. Ebenfalls nicht erkennbar sei ein drohender ernsthafter Schaden durch Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. Die geschilderte Befürchtung, von dem Nachbarn getötet zu werden, stelle zwar eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung dar, allerdings bestehe für den Kläger interner Schutz außerhalb seines Dorfes. Nach den Erkenntnissen des Bundesamts sei die grundsätzlich schutzwillige Regierung in den großen Städten wie Abuja, Lagos, Benin oder Ibadan in der Lage, Schutz vor nichtstaatlicher Verfolgung zu bieten. Diese Städte verfügten über Flughäfen und seien damit zumindest auf dem Luftweg ohne beachtliche Risiken erreichbar. Nach Informationen des Bundesamts seien die Regionen um die oben genannten Großstädte sowie generell die südlichen Teile Nigerias als Möglichkeiten des internen Schutzes zu nennen. Die Situation dort sei jedenfalls ausreichend, um eine sichere interne Fluchtalternative darzustellen. Eine landesweite Verfolgung sei nicht glaubhaft. Zum einen wohne die Mutter des Klägers und dessen Kind unbehelligt in einem Dorf, zum anderen sei die im Laufe der Anhörung vorgetragene Steigerung vom Dorf Nachbarn zu einem einflussreichen Mann mit zahlreichen Besitztümer in Nigeria wenig glaubhaft. Danach könne es dem Kläger zugemutet werden, sich in diesem sicheren Landesteil aufzuhalten. Der Kläger sei gesund und arbeitsfähig. Er habe die Schule besucht und verfüge über Berufserfahrung im Bereich Landwirtschaft. Es seien keine Gründe ersichtlich, weshalb er nach einer Rückkehr nach Nigeria nicht wieder seinen Lebensunterhalt bestreiten könne. Darüber hinaus lebe die umfangreiche Großfamilie noch in Nigeria, sodass er im Notfall mit familiärer Unterstützung rechnen könne.
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Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor.
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Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Nigeria führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege, § 60 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass für Rückkehrer in Nigeria die Möglichkeit bestehe, ökonomisch eigenständig alleine zu leben und auch ohne Hilfe Dritter zu überleben. Allein in wenigen besonders gelagerten Einzelfällen komme deshalb wegen der allgemeinen schwierigen sozialen und wirtschaftlichen Lage in Nigeria ein Abschiebungsverbot in Betracht. Wie bereits dargestellt sei eine Rückkehr nach Nigeria zumutbar. Der Kläger habe in Nigeria die Möglichkeit, sich eine neue Existenz aufzubauen. Es sei daher nicht ersichtlich, dass er nach Rückkehr in eine existenzielle Notlage geraten würde. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich. Auch die Verletzung anderer Menschenrechte oder Grundrechte der EMRK komme nicht in Betracht.
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Es drohe dem Kläger auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes führen würde. Hinweise, die auf ein Vorliegen eines nationalen abschiebe Verbotes nach § 60 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes hindeuten würden, seien durch den Kläger nicht vorgetragen und seien dem Bundesamt auch nicht bekannt.
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Des Weiteren wurden die Abschiebungsandrohung, die Ausreisefrist von 30 Tagen und die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung begründet.
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Anhaltspunkte für eine kürzere Fristsetzung aufgrund schutzwürdiger Belange seien weder vorgetragen noch lägen sie nach den Erkenntnissen des Bundesamts vor. Der Kläger verfüge im Bundesgebiet über keine wesentlichen Bindungen, die im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigen wären.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Ausführungen im Bescheid verwiesen.
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Dieser Bescheid wurde mittels Postzustellungsurkunde am 1. Juli 2017 zugestellt.
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Dagegen hat die Bevollmächtigte des Klägers für diesen mit Schriftsatz vom 7. Juli 2017, beim Verwaltungsgericht München per Telefax eingegangen am 7. Juli 2017, Klage erhoben und beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 30. Juni 2017 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger asylberechtigt ist, die Flüchtlingseigenschaft bei ihm vorliegt, der subsidiäre Schutzstatus bei ihm vorliegt und Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 2-7 des Aufenthaltsgesetzes bei ihm vorliegen.
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Eine ausführliche Begründung werde nachgereicht.
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Mit Beschluss vom 6. April 2022 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Die gerichtliche Ladung vom 2. Juni 2022 zur mündlichen Verhandlung am 21. Juli 2022 wurde der Bevollmächtigten des Klägers mittels Empfangsbekenntnis am 7. Juni 2022 zugestellt.
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Mit Schriftsatz vom 7. Juni 2022 teilte die Bevollmächtigte des Klägers für diesen mit, er beziehe sich auf das bisherige Vorbringen.
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Am 14. Juli 2022 wurde zur Sache mündlich verhandelt. Von den Beteiligten ist niemand erschienen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachund Streitstand wird ergänzend auf die Gerichtsakte, die vom Bundesamt vorgelegte Behördenakte und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Asylgesetz (AsylG) oder des subsidiären Schutzstatus nach § 4 AsylG (§ 113 Abs. 5 VwGO). Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) liegen ebenfalls nicht vor. Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung und des festgesetzten Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG bestehen keine rechtlichen Bedenken.
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Die Anerkennung als Asylberechtigter scheidet bereits deswegen aus, weil der Kläger auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist ist (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz - GG - i.V. m. § 26a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylG).
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Hinsichtlich des Nichtvorliegens der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG und der Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG sowie des ebenfalls Nichtvorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) sowie im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid verwiesen, denen der erkennende Einzelrichter folgt (§ 77 Abs. 2 AsylG).
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Nach § 83b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.