Titel:
Vorzeitige Besitzeinweisung für Bauarbeiten einer Hochwasserschutzmaßnahme
Normenketten:
WHG § 71, § 71a
WaStrG § 20
Leitsätze:
1. Die Zwei-Wochenfrist des § 71a Abs. 2 WHG i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 1 WaStrG dient allein dem öffentlichen Interesse der Beschleunigung des Verfahrens von Hochwasserschutzmaßnahmen, nicht hingegen der Sicherung von Rechten desjenigen, dem der Besitz entzogen werden soll. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Änderung eines Besitzeinweisungsantrags ist durch das Fachrecht § 71a Abs. 2 WHG i.V.m. § 20 Abs. 2 bis 7 WaStrG nicht verboten. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Besitzeinweisungsverfahren dient nicht dazu, die vorherige Umsetzung drittschützender Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses zu gewährleisten. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
vorläufige Besitzeinweisung (Hochwasserschutz), Heilung eines Ladungsmangels, zulässige Antragsänderung, Zustandsfeststellung, entbehrliches Entschädigungsangebot, Gebotenheit des sofortigen Baubeginns, enteignungsrechtliche Vorwirkung der Planfeststellung, Enteignungsverfahren, Hochwasserschutz, Besitzeinweisung, Verfahrensmangel, Ladungsmangel, Antragsänderung, Bauerlaubnis, Entschädigungsvorbehalt, Beschleunigungsgebot
Fundstelle:
BeckRS 2022, 2022
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen die vorzeitige Besitzeinweisung in Teilflächen seiner Grundstücke für (Rest-)Bauarbeiten einer Hochwasserschutzmaßnahme.
2
Der Beklagte beantragte am 20. Mai 2021, ergänzt mit Schriftsatz vom 29. Juli 2021, die vorzeitige Besitzeinweisung in Teilflächen der Grundstücke FlNr. ... und … Gemarkung K.
3
Der Kläger betreibt dort ein Sägewerk. Zu seinen Gunsten ist im Grundbuch jeweils eine Auflassungsvormerkung zu einem Miteigentumsanteil von 1/2 eingetragen.
4
Am 30. Juni 2021 fand mündliche Verhandlung bei der Enteignungsbehörde statt, zu der der Kläger persönlich, nicht aber sein Prozessbevollmächtigter geladen worden war. Die Klägerseite rügte einen Ladungsmangel, nahm aber trotzdem teil. Das Landratsamt wiederholte gleichwohl die mündliche Verhandlung am 5. August 2021. Die Klägerseite wurde hierzu geladen, nahm aber nicht daran teil.
5
Das Landratsamt T. wies den Beklagten mit Besitzeinweisungsbeschluss vom 18. August 2021 für die Errichtung der „Hochwasserschutzmaßnahme HQ50 an der G. A. im Ortsteil K.“ mit Wirkung zum 1. September 2021 vorzeitig in den Besitz von Teilflächen an den Grundstücken FlNr. … … … … … und … Gemarkung K. ein (Ziff. I des Beschlusses). Dem Beklagten wurde gestattet, auf den in Ziffer I. genannten Flächen die im Planfeststellungsbeschluss des Landratsamts T. vom 4. Juli 2005, geändert bzw. ergänzt mit Planergänzungsbeschluss des Landratsamts vom 30. August 2010, vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen (Ziff. II).
6
Die oben angeführten Planfeststellungsbeschlüsse sind rechtskräftig. Die Durchführung der Enteignung wurde für zulässig erklärt.
7
Am 20. August 2021 hat der Kläger Klage gegen den Besitzeinweisungsbeschluss vom 18. August 2021 zum Verwaltungsgericht München erhoben und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragt. Das Verwaltungsgericht München hat sich mit Beschluss vom 25. August 2021 für sachlich unzuständig erklärt und die Rechtssachen an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof verwiesen.
8
Der Senat hat den Antrag des Klägers nach § 80 Abs. 5 VwGO mit Beschluss vom 20. September 2021 abgelehnt (Az. 8 AS 21.40031).
9
Mit Schriftsatz vom 26. November 2021 ergänzte der Kläger seine Klagebegründung. Das erforderliche Entschädigungsangebot (§ 71a Abs. 3 WHG i.V.m. Art. 39 Abs. 1 Satz 2, Art. 3 Abs. 2 Nr. 1 BayEG) habe nicht vorgelegen. Da er die Bauerlaubnis keineswegs „apodiktisch“ abgelehnt und auf das Entschädigungsangebot gewartet habe, sei dieses keine „leere Förmelei“. Der Kläger sei auch nicht verpflichtet gewesen, ein beziffertes Entschädigungsangebot zu verlangen; es sei nicht Aufgabe des Bürgers, sich dem Staat möglichst bequem auszuliefern oder ihn dabei zu unterstützen, in seine Rechte einzugreifen. Der sofortige Baubeginn sei aus Gründen eines wirksamen Hochwasserschutzes nicht geboten. Seit 20 Jahren seien keinerlei bedeutende Sachwerte gefährdet worden. Die Planung führe alleine dazu, dass das Hochwasser zum Teil im Zentimeterbereich an Wände hinfließe. Leib und Leben werde durch einen Wasserübertritt mit der Tiefe einer Pfütze nicht gefährdet. Dies lasse sich nicht mit einem bloßen Verweis auf die Bindungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses abtun, weil § 71a Abs. 1 Nr. 2 WHG sonst keinerlei rechtliche Bedeutung hätte.
11
den Besitzeinweisungsbeschluss des Landratsamts T. vom 18. August 2021 insoweit aufzuheben, als der Vorhabenträger in den Besitz der Flächen eingewiesen wird und es ihm gestattet wird, auf diesen Flächen die vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen und den Besitz dazu auch Dritten einzuräumen (Ziffern I und II).
12
Der Beklagte beantragt,
14
Er verteidigt den angegriffenen Besitzeinweisungsbeschluss und verweist auf den Senatsbeschluss vom 20. September 2021 (Az. 8 AS 21.40031).
15
Die Beteiligten haben mit Schriftsatz vom 6. bzw. 20. Dezember 2021 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
17
A. Die zulässige Klage, über die der Senat nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, bleibt ohne Erfolg.
18
Ziffer I und II des Besitzeinweisungsbeschlusses vom 18. August 2021 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19
I. Der Besitzeinweisungsbeschluss leidet an keinem beachtlichen Verfahrensmangel.
20
1. Ein solcher Verfahrensfehler ergibt sich nicht aus der fehlenden Ladung des Bevollmächtigten des Klägers zur mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2021.
21
a) Da die mündliche Verhandlung über den Antrag des Vorhabenträgers auf Besitzeinweisung (vgl. § 71a Abs. 2 WHG i.V.m. § 20 Abs. 2 WaStrG) am 5. August 2021 wiederholt wurde, geht das Vorbringen des Klägers, diese Ladung sei verfahrensfehlerhaft erfolgt, ins Leere. Die Frage, ob im maßgeblichen Zeitpunkt dieser Ladung eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung für das Enteignungsverfahren vorgelegen hat, ist rechtlich ohne Bedeutung, weil die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2021 dem angegriffenen Besitzeinweisungsbeschluss nicht zugrunde liegt. Stattdessen wurde das Verfahren im Hinblick auf die mündliche Erörterung mit den Beteiligten wiederholt, d.h. diesbezüglich in das Stadium vor der (ersten) mündlichen Verhandlung zurückversetzt. Dies ergibt sich nicht nur aus der Begründung des Besitzeinweisungsbeschlusses (BEB, vgl. dort S. 17 f.), sondern auch aus den vorgelegten Behördenakten (vgl. Schreiben der Verhandlungsleiterin vom 5.7.2021, Behördenakte [BA] 1/2 S. 375 f.), die zur mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2021 - anders als zur mündlichen Verhandlung vom 5. August 2021 (vgl. BA 2/2 S. 542 ff.) - auch kein Protokoll enthalten. Diese Verfahrensweise unterscheidet sich von einer Fehlerheilung, bei der ein Beteiligter - unter Einschluss der Ergebnisse einer mündlichen Verhandlung, zu der er verfahrensfehlerhaft nicht geladen wurde - (nur) nachträglich angehört wird (vgl. hierzu Sachs/Kamp in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 67 Rn. 34; Henkel/Enders in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 68 Rn. 26).
22
b) Abgesehen davon hat die Klägerseite an der mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2021 teilgenommen. Im Rahmen ihrer Rüge eines Ladungsmangels (vgl. insbesondere Schriftsätze vom 25.6.2021 S. 1 ff., vom 30.6.2021 S. 11 ff. und vom 1.7.2021 S. 2) hat sie auch nicht dargelegt, inwieweit sie durch die unterbliebene Ladung des Prozessbevollmächtigten - trotz erfolgter Ladung des Klägers - an der Ausübung ihres Rechts auf sachgerechte Vorbereitung und Teilnahme an der mündlichen Verhandlung behindert worden wäre. Deshalb ist nicht erkennbar, inwiefern die unterbliebene Ladung des Prozessbevollmächtigten den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt haben könnte (zum sog. Grundrechtsschutz durch Verfahren vgl. auch BayVGH, U.v. 08.04.2020 - 8 N 16.2210 u.a. - BayVBl 2020, 556 = juris Rn. 44). Ein etwaiger Ladungsfehler wäre am Maßstab des entsprechend anwendbaren Art. 46 BayVwVfG (vgl. VGH BW, U.v. 19.1.2017 - 5 S 301/15 - DVBl 2017, 507 = juris Rn. 33; Schenk in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, Stand Juli 2021, § 71a WHG Rn. 27) unbeachtlich, weil nach Aktenlage offensichtlich ausgeschlossen ist, dass er die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat (vgl. auch BVerfG, B.v. 18.6.1986 - 1 BvR 787/80 - BVerfGE 73, 280 = juris Rn. 49).
23
2. Die Vorgehensweise der Enteignungsbehörde, die mündliche Verhandlung am 5. August 2021 zu wiederholen, ist frei von Rechtsfehlern. Die gegenteilige Auffassung des Klägers, der Besitzeinweisungsantrag hätte nach der mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2021 abgelehnt werden müssen, geht fehl.
24
Dass der Beschluss nicht innerhalb von zwei Wochen nach der ersten mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2021 zugestellt wurde (vgl. § 71a Abs. 2 WHG i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 1 WaStrG), stellt keinen erheblichen Verfahrensmangel dar. Die Zwei-Wochenfrist bezieht sich hier nur auf die dem Besitzeinweisungsbeschluss zugrunde gelegte mündliche Verhandlung vom 5. August 2021 (vgl. oben Rn. 21). Der Besitzeinweisungsbeschluss vom 18. August 2021 wurde am selben Tag zur Post gegeben und dem Prozessbevollmächtigten des Klägers vorab per E-Mail übermittelt (vgl. BA 2/2 S. 611). Aber selbst wenn die Zwei-Wochenfrist nicht gewahrt worden wäre, könnte dies allein nicht zu einer Rechtsverletzung des Klägers führen; die Frist dient allein dem öffentlichen Interesse der Beschleunigung des Verfahrens von Hochwasserschutzmaßnahmen (vgl. BT-Drs. 18/10879 S. 17), nicht hingegen der Sicherung von Rechten desjenigen, dem der Besitz entzogen werden soll (vgl. Schenk in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 71a WHG Rn. 35; VGH BW, B.v. 11.2.1999 - 5 S 2379/98 - NVwZ-RR 1999, 487 zu § 18f Abs. 4 Satz 1 FStrG).
25
3. Dem Besitzeinweisungsbeschluss liegt auch ein wirksamer Antrag zugrunde.
26
a) Der Einwand des Klägers, der Besitzeinweisungsantrag sei zu unbestimmt, erweist sich als unberechtigt. Selbst wenn man mit der Klägerseite verlangt, dass sich dem Antrag nicht nur die beanspruchten Grundstücksflächen klar und präzise entnehmen lassen, sondern zudem, welche Maßnahmen auf den betroffenen Grundstücksflächen vorgenommen werden sollen (so Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 71a Rn. 13; a.A. wohl Schenk in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 71a WHG Rn. 7), wurde dem vorliegend genügt. In den Anlagen AS 7 und AS 8 (Erläuterungsbericht vom 12.5.1999, vgl. dort S. 7 ff; 2. Tektur vom 26.2.2009 S. 2 ff.), die dem Antrag beigefügt wurden, werden die Art und der Umfang des Vorhabens, für das die betroffenen Grundstücke beansprucht werden, beschrieben.
27
b) Die Änderung des Besitzeinweisungsantrags (vgl. Schriftsatz vom 29.7.2021), mit der dieser um Dienstbarkeiten an den Grundstücken FlNr. … und … ergänzt wurde, war zulässig. Das vorliegend anzuwendende Fachrecht (vgl. § 71a Abs. 2 WHG i.V.m. § 20 Abs. 2 bis 7 WaStrG) verbietet dies nicht (zum Maßstab des jeweiligen Fachrechts vgl. Reimer in Schoch/Schneider, VwVfG, Stand August 2021, § 64 Rn. 59). Im Übrigen bewirkt selbst die Nachholung oder Ergänzung eines Antrags eine Heilung etwaiger Fehler (vgl. Art. 45 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BayVwVfG, der im förmlichen Verwaltungsverfahren Anwendung findet, vgl. Fehling in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 64 VwVfG Rn. 20). Dass die Antragsänderung erst nach der (ersten) mündlichen Verhandlung der Enteignungsbehörde am 30. Juni 2021 erfolgt ist, ändert daran nichts. Auf die von der Klägerseite angeführten zivilprozessrechtlichen Vorschriften und Rechtsgedanken (vgl. insbesondere Schriftsatz vom 20.8.2021 S. 22, 24) lässt sich keine diesbezügliche Unzulässigkeit stützen. Stattdessen gebietet es die Verfahrensökonomie, eine Antragsergänzung auch danach zuzulassen, wie die Enteignungsbehörde zu Recht angenommen hat (vgl. BEB S. 21). Der Kläger hatte Gelegenheit, sich dazu zu äußern (vgl. auch die in Art. 73 Abs. 8 BayVwVfG geregelte Verfahrensweise bei nachträglicher Planänderung vor Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses); davon hat er Gebrauch gemacht. Die Rüge des Klägers, die Enteignungsbehörde habe sein Recht auf faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verletzt, ist deshalb unberechtigt.
28
4. Der angegriffene Besitzeinweisungsbeschluss leidet auch nicht deshalb an einem beachtlichen Verfahrensfehler, weil der Zustand der Grundstücke nicht ausreichend ermittelt worden wäre (vgl. § 71a Abs. 2 WHG i.V.m. § 20 Abs. 3 WaStrG).
29
a) Ein möglicher Verfahrensfehler wäre unbeachtlich. Die Zustandsermittlung betrifft lediglich das nachfolgende Verfahren der Bemessung der Besitzeinweisungsentschädigung; die Rechtmäßigkeit des Besitzeinweisungsbeschlusses wird hierdurch nicht berührt (vgl. BayVGH, B.v. 18.10.2019 - 8 AS 19.40016 - juris Rn. 16 m.w.N.; OVG Berlin-Bbg, U.v. 29.10.2020 - OVG 11 A 6.18 - juris Rn. 42 zu § 44b Abs. 3 EnWG; OVG SH, B.v. 23.9.2021 - 4 MB 32/21 - juris Rn. 87 zu § 21 Abs. 3 Satz 1 AEG, § 18f Abs. 3 Satz 1 FStrG; a.A. Schenk in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 71a WHG Rn. 31; Kümper in Schink/Fellenberg, GK-WHG, 1. Aufl. 2021, § 71a Rn. 28). Soweit der Kläger seine gegenteilige Auffassung auf die fehlende Verweisung in § 71a Abs. 2 WHG auf § 20 Abs. 1 Satz 3 WaStrG und einen Umkehrschluss aus § 18f Abs. 1 Satz 3 FStrG stützt (vgl. dort: „Weiterer Voraussetzungen bedarf es nicht.“), dringt er nicht durch. Der Gesetzgeber wollte mit § 71a WHG eine u.a. dem § 18f FStrG entsprechende Regelung vorsehen (vgl. BT-Drs. 18/10879 S. 26).
30
b) Abgesehen davon erweist sich die von der Enteignungsbehörde - auf Grundlage einer Ortseinsicht am 18. Juni 2021 im Beisein des Klägers - erstellte Zustandsfeststellung (vgl. BA 1/2 S. 275 ff.) als ausreichend. Eine Beweissicherung ist nur soweit veranlasst, als dies für die Bemessung der späteren Entschädigung von Bedeutung ist und der Zustand nach Durchführung der Baumaßnahmen nicht mehr festgestellt werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2021 - 22 ZB 20.1428 - juris Rn. 16 f.; VGH BW, U.v. 19.1.2017 - 5 S 301/15 - DVBl 2017, 507 = juris Rn. 34, jeweils zu § 21 Abs. 3 AEG; vgl. auch BT-Drs. 12/4609 zu § 17 Abs. 3 AEG a.F.). Zur Dokumentation des Zustands eignen sich insbesondere Fotos; der klägerische Einwand, es handle sich um eine „bloße Bilddokumentation“, greift zu kurz (vgl. auch ThürOVG, B.v. 11.3.1999 - 2 EO 1247/98 - NVwZ-RR 1999, 488 = juris Rn. 60). Inwiefern die vom Kläger in der Zustandsfeststellung vermissten „artenschutzrechtlichen Themen“ entschädigungsrelevant sein sollten, erschließt sich dem Senat nicht. Soweit der Kläger rügt, es fehlten Ermittlungen zu betrieblichen Belangen (Sägewerk, Wasserspiegellagen, Einlaufmenge), verweist der Besitzeinweisungsbeschluss (vgl. dort S. 22 f.) zu Recht auf das abgeschlossene Planfeststellungsverfahren (vgl. Planfeststellungsbeschluss [PFB] vom 4.7.2005 S. 25 f.; Planergänzungsbeschluss [PEB] vom 30.8.2010 S. 13, 15 [„Bei plangemäßer Durchführung der Maßnahmen ist für das Betriebsgelände und die Betriebsabläufe keine Beeinträchtigung zu erwarten.“]). Mit solchen planbezogenen Einwendungen bzw. dem Verlangen derartiger Schutzauflagen, die nicht auf die Regelung von Modalitäten der Enteignung bzw. Besitzeinweisung abzielen, ist der Kläger im Enteignungs- bzw. Besitzeinweisungsverfahren ausgeschlossen (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1, 3 WHG; BayVGH, B.v. 3.12.2013 - 8 ZB 12.2087 - juris Rn. 10 zu Art. 28 BayEG; Breuer/Gärditz, Öffentliches und privates Wasserrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 1219; Riese in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2021, § 71 WHG Rn. 5).
31
II. Auch die in materiell-rechtlicher Hinsicht vorgebrachten Einwendungen des Klägers gegen den Besitzeinweisungsbeschluss greifen nicht durch.
32
Gemäß § 71a Abs. 1 WHG hat das Landratsamt als nach Art. 71a Abs. 3 WHG i.V.m. Art. 19 Abs. 1, Art. 39 Abs. 7 BayEG zuständige Enteignungsbehörde den Träger eines Vorhabens des Hochwasserschutzes auf Antrag nach Feststellung des Plans in den Besitz einzuweisen, wenn der Eigentümer oder Besitzer eines für das Vorhaben benötigten Grundstücks sich weigert, den Besitz durch Vereinbarung unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche dem Träger des Vorhabens zu überlassen (vgl. § 71a Abs. 1 Nr. 1 WHG), der sofortige Beginn von Bauarbeiten aus Gründen eines wirksamen Hochwasserschutzes geboten ist (vgl. § 71a Abs. 1 Nr. 2 WHG) und der Planfeststellungsbeschluss vollziehbar ist (vgl. § 71a Abs. 1 Nr. 3 WHG).
33
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
34
1. Die Besitzeinweisung betrifft Flächen, die der Träger des Vorhabens zur Verwirklichung seines planfestgestellten Vorhabens zum Hochwasserschutz benötigt, ihm vom Kläger jedoch nicht freiwillig durch Vereinbarung unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche überlassen werden (vgl. § 71a Abs. 1 Nr. 1 WHG).
35
a) Der Vorhabenträger hat aus der Weigerung des Klägers, eine Bauerlaubnis ohne gleichzeitige Regelung „inhaltlicher Themen“ zu erteilen, zu Recht den Schluss gezogen, dass dieser seinen Besitz nicht unter Entschädigungsvorbehalt überlassen will.
36
Der Vorhabenträger hat dem Kläger eine auf den 14. Dezember 2020 datierte „Bauerlaubnis“ vorgelegt (vgl. BA 1/2 S. 79 f.). Diese sieht vor, dass die dem Eigentümer im Hinblick auf ein späteres Enteignungsverfahren zustehenden Rechte und Ansprüche, insbesondere Entschädigungsansprüche, unberührt bleiben (vgl. dort Nr. 3).
37
aa) Zwar hat sich der Kläger „grundsätzlich bereit“ erklärt, eine Vereinbarung zur Besitzüberlassung (Bauerlaubnis) abzuschließen, dies aber stets mit der Forderung verknüpft, „in diesem Zuge“ weitere „inhaltliche Themen zu regeln“. Dabei ging es ihm um die uneingeschränkte Nutzung seines Betriebsgeländes während der Bauphase (Ersatzflächen für Rundholzlagerung, Schutz oder Wiederherstellung der Schienen, Staubecken usw.), die dauerhafte Aufrechterhaltung des Zulaufs zur Bannmühle und die Erhaltung der Standsicherheit des Mühlgebäudes, für die er u.a. Pläne mit Erläuterungen des Wasserwirtschaftsamts verlangte (vgl. die E-Mails des Klägerbevollmächtigten vom 25.11.2020, 21.12.2020 und 15.1.2021, BA 1/2 S. 85, 95, 98).
38
Der Vorhabenträger hat sich dem widersetzt. Die Vorgaben der auf den Grundstücken des Klägers durchzuführenden Arbeiten sowie Gegenstand und Umfang der Grundstücksinanspruchnahme ergäben sich abschließend und rechtsverbindlich aus dem Planfeststellungs- bzw. Planergänzungsbeschluss. Die dortigen Regelungen stellten insbesondere rechtsverbindlich sicher, dass der Wasserzulauf zur Bestandssicherung des Mühlengebäudes durch das Vorhaben gewährleistet sei; Arbeiten würden plankonform ausgeführt (vgl. E-Mail des Bevollmächtigten des Vorhabenträgers vom 23.12.2020 Nr. 2.2, BA 1/2 S. 90). Verhandlungen zu „weiteren inhaltlichen Themen“ seien rechtlich weder erforderlich noch aufgrund der Dringlichkeit der Baudurchführung zeitlich vertretbar, zumal sich der Kläger im bisherigen Verlauf „konfrontativ und nicht kooperativ“ verhalten habe (vgl. E-Mail vom 22.1.2021, BA 1/2 S. 84).
39
bb) Die „inhaltlichen Fragen“, auf deren Regelung der Kläger im Rahmen der Besitzüberlassung unter Entschädigungsvorbehalt bestand, waren im Wesentlichen Gegenstand der Planfeststellung (vgl. PFB S. 25 [Standsicherheit Mühlengebäude]; PEB S. 13 ff. [Schutzauflagen Mühlengebäude; Wasserstand]; vgl. auch die Erläuterung der 2. Tektur vom 28.7.2009, BA 1/2 S. 72 ff./74) und unterfallen damit der enteignungsrechtlichen Vorwirkung (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 WHG; PEB Ziff. V S. 3, 19; vgl. auch BVerwG, B.v. 17.4.1989 - 4 CB 7.89 - juris Rn. 13). Zudem gehen sie weit über Regelungen des Besitzübergangs nach § 854 Abs. 2 BGB hinaus (vgl. BayVGH, B.v. 26.5.1993 - 8 AS 93.40036 - NVwZ-RR 1994, 131 = juris Rn. 14; OVG SH, B.v. 23.9.2021 - 4 MB 32/21 - juris Rn. 63; Friesecke, WaStrG, 7. Aufl. 2020, § 20 Rn. 5). Das Besitzeinweisungsverfahren dient auch nicht dazu, die vorherige Umsetzung drittschützender Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses zu gewährleisten (vgl. VGH BW, U.v. 19.1.2017 - 5 S 301/15 - DVBl 2017, 507 = juris Rn. 39). Mit solchen Fragen soll das Besitzeinweisungsverfahren nicht befrachtet werden (vgl. Schenk in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 71a WHG Rn. 22).
40
cc) Die Einlassung des Klägers, er hätte einer - den gesetzlichen Vorschriften entsprechende - Bauerlaubnis sofort zugestimmt, aber vergeblich auf die Unterbreitung des dafür nötigen Entschädigungsangebots gewartet (vgl. Schriftsatz vom 26.11.2021 S. 3 f.), lässt sich anhand der vom Vorhabenträger vorgelegten E-Mail-Korrespondenz (vgl. BA 1/2 S. 84 ff.) nicht nachvollziehen. Der Vorhalt, er habe den anwaltlichen Vertreter des Vorhabenträgers mit den „weiteren inhaltlichen Themen“ sogar einen Hinweis auf das fehlende Entschädigungsangebot geben wollen, erschließt sich dem Senat nicht. Stattdessen ist diesen Unterlagen nicht zu entnehmen, dass der Kläger vom Vorhabenträger ein (beziffertes) Entschädigungsangebot verlangt hätte; dass er hierzu nicht verpflichtet ist (vgl. Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 26.11.2021 S. 4 f.), ändert nichts daran, dass der diesbezügliche Vortrag des Klägers für den Senat nicht schlüssig ist. Der Kläger hat auch keine Unterlagen vorgelegt, die seine Behauptung stützen könnten; dem Angebot, wenn der Senat dies möchte, „entsprechende interne Beratungs-E-Mails“ vorlegen zu können, musste nicht weiter nachgegangen werden. Die gerichtliche Amtsermittlungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) findet dort ihre Grenzen, wo ein Beteiligter selbst für Aufklärung über für ihn günstige Tatsachen, die aus seiner Sphäre stammen, sorgen kann bzw. muss (vgl. BayVGH, U.v. 20.5.2021 - 8 B 19.1587 - KommJur 2021, 272 = juris Rn. 54). Die „internen Beratungs-Mails“ seines Prozessbevollmächtigten fallen in den so verstandenen eigenen Erkenntnisbereich des Klägers (vgl. auch BVerwG, B.v. 30.4.2019 - 2 B 59.18 - juris Rn. 13; Dawin/Panzer in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Juli 2021, § 86 Rn. 73 f.).
41
dd) Die vom Kläger gerügten Mängel des Bauerlaubnisentwurfs vom 14. Dezember 2020 stehen der Annahme, dass sich der Vorhabenträger ernsthaft bemüht hätte, den Besitz an den beanspruchten Grundstücksflächen freiwillig zu erlangen, nicht entgegen. Soweit der Kläger einwendet, er sei nicht verpflichtet gewesen, die fehlerhafte Bauerlaubnis zu unterzeichnen oder den Vorhabenträger auf die unzutreffenden Flächenangaben hinzuweisen, verkennt er, dass er die Ablehnung dieser Vereinbarung ausweislich der vom Vorhabenträger vorgelegten E-Mail-Korrespondenz selbst nicht mit solchen Mängeln, sondern wegen des Fehlens von - aus seiner Sicht im Rahmen der Besitzeinweisung unbedingt regelungsbedürftiger - weiterer „inhaltlicher Themen“ begründet hat (vgl. oben Rn. 37 ff.). Derartige Fragen beziehen sich aber nicht auf den Besitzübergang der Grundstücke nach § 854 Abs. 2 BGB und gehören damit nicht zum Mindestinhalt einer Vereinbarung über eine Bauerlaubnis (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 26.5.1993 - 8 AS 93.40036 - NVwZ-RR 1994, 131 = juris Rn. 14 zu § 18f FStrG).
42
b) Der angegriffenen Besitzeinweisung steht auch nicht entgegen, dass sich der Vorhabenträger nicht ernsthaft um die freiwillige Besitzüberlassung an den beanspruchten Grundflächen durch Vereinbarung - unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche - bemüht hätte. Dass er dem Kläger noch kein Entschädigungsangebot unterbreitet hatte, erweist sich im vorliegenden Einzelfall als rechtlich unerheblich.
43
aa) Soweit den § 71a Abs. 1 Nr. 1 WHG bzw. § 71a Abs. 3 i.V.m. Art. 39 Abs. 1 Satz 2, Art. 3 Abs. 2 Nr. 1 BayEG) entnommen wird, dass die Entschädigungsfrage zumindest angesprochen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 13.5.2013 - 22 AS 13.40009 - DVBl 2013, 991 = juris Rn. 16 zu § 44b Abs. 1 EnWG; Kümper in Schink/Fellenberg, GK-WHG, § 71a Rn. 14; vgl. auch Marschall, FStrG, 6. Aufl. 2012, § 18f Rn. 13) oder sogar ein vertretbares, nicht offensichtlich unangemessenes Angebot über die Entschädigung unterbreitet werden muss (so Schenk in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 71a WHG Rn. 22; a.A. wohl Friesecke, WaStrG, § 20 Rn. 5; vgl. auch BayVGH, B.v. 14.7.2014 - 22 AS 14.40020 - juris Rn. 35 zu Art. 21 Abs. 1 AEG; U.v. 27.3.2012 - 8 B 12.112 - BayVBl 2013, 342 = juris Rn. 25 zu Art. 3 Abs. 2 Nr. 1 BayEG), kann dies jedenfalls nicht gelten, wenn der Enteignungsbetroffene zu erkennen gibt, den Grundbesitz aus anderen Gründen nicht überlassen zu wollen. Die Verpflichtung des Vorhabenträgers zu einem ernsthaften Bemühen um einen freihändigen Erwerb zu angemessenen Bedingungen endet dort, wo ein Angebot zur „leeren Förmelei“ würde, weil der Eigentümer zu erkennen gibt, dass er dieses ablehnen werde (vgl. BayVGH, B.v. 5.4.2013 - 8 AS 13.40015 - juris Rn. 19 zu § 18f Abs. 1 Satz 1 FStrG; U.v. 27.3.2012 - 8 B 12.112 - BayVBl 2013, 342 = juris Rn. 25 zu Art. 3 Abs. 2 Nr. 1 BayEG, jeweils m.w.N). Das war hier der Fall, weil der Kläger die Besitzüberlassung von weiteren „inhaltlichen Regelungen“ abhängig gemacht hat und damit objektiv zu erkennen gegeben hat, dass er die freiwillige Besitzüberlassung - ohne diese zusätzlichen Inhalte - in jedem Fall, d.h. auch beim Angebot einer angemessenen Entschädigung, ablehnen werde. Seine im Klageverfahren behauptete Absicht, auf die geforderten zusätzlichen Regelungen zu verzichten, wenn ihm ein Entschädigungsangebot vorgelegt würde, ist weder den Behördenakten noch den von der Klägerseite vorgelegten Unterlagen zu entnehmen (vgl. oben Rn. 40).
44
bb) Die Frage, ob dem Vorhabenträger die Unterbreitung eines konkreten Entschädigungsangebots wegen eines vom Kläger ausgesprochenen Betretungsverbots der beanspruchten Grundstücke unmöglich war (vgl. hierzu auch das Schreiben des Wasserwirtschaftsamts vom 26.10.2020, BA 1/2 S. 333), kann deshalb offenbleiben.
45
2. Der sofortige Beginn der Bauarbeiten ist aus Gründen eines wirksamen Hochwasserschutzes auch geboten (vgl. § 71a Abs. 1 Nr. 2 WHG).
46
Dass der sofortige Beginn der Bauarbeiten geboten ist, setzt voraus, dass notwendige Vorarbeiten und Bauarbeiten auf dem betroffenen Grundstück nach dem Bauablaufplan des Vorhabenträgers unmittelbar bevorstehen, keine erheblichen Hindernisse für deren Realisierung vorliegen und dass das Interesse der Allgemeinheit am sofortigen Beginn der Ausführung des Vorhabens das Aufschubinteresse des Betroffenen überwiegt (vgl. BayVGH, B.v. 9.3.2020 - 8 AS 19.40041 - W+B 2020, 132 = juris Rn. 31 ff. m.w.N.; OVG LSA, B.v. 22.3.2019 - 2 R 9/19 - juris Rn. 28 ff. zu § 18f FStrG). Diese Anforderungen sind hier erfüllt.
47
a) Aus dem fortgeschriebenen Bauablaufplan des Vorhabenträgers vom 8. Juli 2021 geht hervor, dass die Vorarbeiten für die Fertigstellung der Hochwasserschutzmaßnahme am 1. September 2021 (Erdarbeiten) beginnen sollten (vgl. Anlage AS 14, BA 1/2 S. 437, vgl. dort Zeilen 8 ff.). Die Wehranlage sollte ab 20. September 2021 umgebaut werden. Der Abschluss der Restarbeiten ist für den 8. April 2022 angesetzt, sodass der erstrebte Hochwasserschutz ab Mai 2022 wirksam werden kann.
48
Weshalb der Besitzeinweisung nicht der Bauablaufplan vom 8. Juli 2021, sondern die überholte Fassung vom 26. November 2020 (Anlage AS 10, BA 1/2 S. 78) zugrunde gelegt werden sollte, erschließt sich dem Senat nicht (vgl. auch oben Rn. 27). Maßgeblich ist vielmehr die Sachlage im Zeitpunkt des Bescheiderlasses (vgl. BayVGH, B.v. 18.10.2019 - 8 AS 19.40016 - juris Rn. 34). Soweit der Kläger - wie schon im Planänderungs- bzw. Planergänzungsverfahren (vgl. BayVGH, U.v. 18.12.2012 - 8 B 12.431 - juris Rn. 32 ff.; nachfolgend BVerwG, B.v. 28.7.2014 - 7 B 22.13 - UPR 2015, 34 = juris Rn. 6 f.) - eine nennenswerte Verbesserung des Hochwasserschutzes durch das planfestgestellte Vorhaben bestreitet, verkennt er die Bindung der Enteignungsbehörde an den festgestellten Plan (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 WHG).
49
b) Es sind auch keine erheblichen Hindernisse für die Realisierung der Bauarbeiten ersichtlich. Die nicht näher belegten Zweifel des Klägers, die für das Vorhaben erforderlichen Haushaltsmittel könnten nicht zur Verfügung stehen, sind spekulativ. Der Einwand, dem Besitzeinweisungsantrag fehlten Dienstbarkeiten auf den Grundstücken FlNr. … und …, ist durch den Änderungsantrag vom 29. Juli 2021 überholt. Der Vorhalt des Klägers, dem Vorhabenträger fehlten Bauerlaubnisse der im Grundbuch eingetragenen Rechteinhabern (Fischereirecht, Geh- und Fahrtrecht, Abwasserleitungsrecht), geht fehl. Weder dargelegt noch sonst erkennbar ist, dass sich einer dieser Berechtigten der Besitzeinweisung (erfolgsversprechend) widersetzt hätte. Im Übrigen kann sich der Kläger nicht zum Sachwalter fremder Rechte machen (vgl. BVerwG, B.v. 19.5.2005 - 4 VR 2000/05 - NVwZ 2005, 940 = juris Rn. 10).
50
c) Die Enteignungsbehörde hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass das Interesse der Allgemeinheit am sofortigen Baubeginn das Interesse des Klägers, die betroffenen Grundstücke nicht vorzeitig zur Verfügung stellen zu müssen, überwiegt.
51
Hierfür spricht indiziell bereits die gesetzliche Regelung des § 71a WHG und das darin enthaltene Beschleunigungsgebot (vgl. BT-Drs. 18/10879 S. 16 f.; BayVGH, B.v. 9.3.2020 - 8 AS 19.40041 - W+B 2020, 132 = juris Rn. 39; Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, Stand Juli 2021, § 71a WHG Rn. 7). Die Gegenüberstellung der widerstreitenden Interessen ergibt vorliegend kein anderes Ergebnis, auch wenn man ein gesteigertes öffentliches Interesse an der alsbaldigen Verwirklichung des Vorhabens voraussetzt (offengelassen BayVGH, U.v. 29.11.2019 - 8 A 19.400015 - juris Rn. 38 m.w.N.). Ohne den sofortigen Baubeginn würde sich der Abschluss und damit die Wirksamkeit der Hochwasserschutzmaßnahme nach der plausiblen Einschätzung der Enteignungsbehörde um mindestens ein Jahr verzögern. Bei größeren Hochwasserereignissen, die in jüngerer Vergangenheit häufiger aufgetreten sind, ist nicht auszuschließen, dass vor der Fertigstellung der Hochwasserschutzmaßnahme Leib und Leben von Menschen oder bedeutende Sachwerte, also höchstrangige Schutzgüter, gefährdet sind. Der Vorhalt des Klägers, das Vorhaben schütze keinerlei bedeutende Schutzgüter, so dass diese ohne die Planung weder konkret noch abstrakt gefährdet seien (vgl. insbesondere Schriftsatz vom 26.11.2021 S. 5 f.: „Hochwasser im Zentimeterbereich“, „Tiefe einer Pfütze“), greift nicht durch, auch wenn man das drohende Ausmaß zeitnah eintretender Hochwasserschäden in die Abwägung einstellt (so Spieth in BeckOK Umweltrecht, Stand 1.7.2021, § 71a WHG Rn. 5; Kümper in Schink/Fellenberg, GK-WHG, § 71a Rn. 16; wohl a.A. Schenk in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, § 71a WHG Rn. 12 ff.). Der Kläger wiederholt insoweit sein gegen die Planfeststellung gerichtetes Vorbringen, das erfolglos geblieben ist (vgl. insbesondere PFB S. 14 ff. [Planrechtfertigung], 28 f. [Abwägung], PEB S. 16 [zur Einwendung des Klägers eines fehlenden Bedarfs der Planung], S. 17 f. [Abwägung]; vgl. auch die in den Gerichtsverfahren gegen den PFB ergangenen Entscheidungen: VG München, U.v. 27.3.2007 - M 2 K 05.2987 - juris Rn. 35 ff. [zur Planrechtfertigung]; BayVGH, B.v. 9.12.2008 - 8 ZB 07.2042 - juris Rn. 8; vgl. auch BayVGH, U.v. 18.12.2012 - 8 B 12.431 - juris Rn. 9, 32 [zum PEB]). Dass der Besitzeinweisungsbeschluss dieses Vorbringen bei der Abwägung zurückweist (vgl. BEB S. 33 f.), begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
52
Demgegenüber müssen die Interessen des Klägers zurücktreten. Soweit er eine Betroffenheit auf das Recht als Inhaber eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs stützt, hat er nicht aufgezeigt, dass die vorzeitige Bauausführung mit besonderen Härten einherginge, etwa, weil vermeidbare Schäden innerhalb der kurzen Zeit nicht mehr abgewendet werden könnten (vgl. BEB S. 31 f.; vgl. auch Schenk in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, § 71a Rn. 17). Die Enteignungsbehörde hat auch zutreffend erkannt, dass der Kläger hinreichend Zeit hatte, sich auf den Besitzverlust einzustellen (vgl. VGH BW, B.v. 19.9.2013 - 5 S 1546/13 - juris Rn. 35 zu § 21 AEG). Dass seit Eintritt der Rechtskraft der Planfeststellung (BVerwG, B.v. 28.7.2014 - 7 B 22.13, nachfolgend BVerfG, B.v. 21.3.2017 - 1 BvR 2637/14) längere Zeit vergangen ist, führt ebenfalls nicht ohne Weiteres dazu, dass das Interesse der Allgemeinheit am sofortigen Baubeginn zurücktreten müsste; das besondere Interesse an der raschen Umsetzung der Hochwasserschutzmaßnahme entfällt dadurch nicht. Im Übrigen durfte die Enteignungsbehörde im Rahmen ihrer Abwägungsentscheidung auch berücksichtigen, dass eine Bauverzögerung zu Mehrkosten führen würde (vgl. BayVGH, B.v. 9.3.2020 - 8 AS 19.40041 - W+B 2020, 132 = juris Rn. 34).
53
3. Der Planfeststellungsbeschluss vom 4. Juli 2005 in Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 30. August 2010 ist auch vollziehbar (§ 71a Abs. 1 Nr. 3 WHG).
54
Damit erweist sich der Besitzeinweisungsbeschluss, soweit er angefochten wurde, als rechtmäßig. Die Klage war daher abzuweisen.
55
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
56
C. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.