Titel:
Erfolgloser einstweiliger Rechtsschutz gegen den Widerruf einer Waffenbesitzkarte
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b, § 36 Abs. 1, § 45 Abs. 2 S. 1, § 46
AWaffV § 13
Leitsätze:
1. Eine bei einer Hausdurchsuchung bei dem Inhaber der waffenrechtlichen Erlaubnis vorgefundene gesetzeswidrige Aufbewahrungssituation von Waffen und Munition ist eine nachträglich eingetretene Tatsache, die die Annahme fehlender waffenrechtlicher Zuverlässigkeit iSd § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG rechtfertigt. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bereits ein einmaliger Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten rechtfertigt die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit. Hat ein Waffenbesitzer in diesem Sinne bereits einmal versagt, ist allein das ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient. Eine dahingehende Lebenserfahrung oder ein entsprechender Rechtssatz, dass erst ab einem weiteren Verstoß eine negative Zukunftsprognose gerechtfertigt ist, besteht nicht. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine sorgfältige Aufbewahrung i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG liegt nur dann vor, wenn die gesetzlichen Anforderungen an die Aufbewahrung von Waffen oder Munition beachtet sind. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein Waffenbesitzer, der berechtigt auf seinem Wohngrundstück die Jagd ausüben darf, unterliegt keinen weniger strengen Anforderungen hinsichtlich der Aufbewahrung seiner Waffen als jeder andere Waffenbesitzer. Eine unverschlossene und unbeaufsichtigte Aufbewahrung von Waffen und Munition ist grundsätzlich bei keinem Waffenbesitzer hinnehmbar. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Waffenrechtliche (Un-)Zuverlässigkeit, Verstoß gegen Aufbewahrungsvorschriften, Widerruf Waffenbesitzkarte
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 27.09.2022 – 24 CS 22.1847
Fundstelle:
BeckRS 2022, 20170
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 4.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner am 8. April 2022 erhobenen Klage gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarte sowie die hierzu ergangenen Folgeanordnungen mit Bescheid des Landratsamts G. … (im Folgenden: Landratsamt) vom 9. März 2022.
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In einem anderweitigen Verfahren der Staatsanwaltschaft … II wurde am 29. November 2021 um 9.20 Uhr beim Antragsteller an dessen Wohnanschrift eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Dabei wurden u.a. - neben mehreren ordnungsgemäß verwahrten erlaubnispflichtigen Schusswaffen - im Schlafzimmer offen liegend bzw. stehend zwei erlaubnispflichtige Langwaffen (Einzelladerbüchse Anschütz, Kaliber .22lf, Nr. 225525 und Repetierbüchse Anschütz, Kaliber 7x57, Nr. 05160) aufgefunden sowie dort und im Ankleidezimmer ebenfalls offen liegend diverse erlaubnispflichtige Munition im Kaliber 12/70 und .22lr. Zudem wurden mehrere erlaubnisfreie Waffen sowie weitere erlaubnispflichtige Munition offen herumliegend im Anwesen des Antragstellers verteilt aufgefunden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Auffindevermerk zu Waffen und Munition des Bayerischen Landeskriminalamts nebst Lichtbildtafel vom 29. November 2021 (vgl. Bl. 4 bis 42 der Behördenakte) Bezug genommen.
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Mit Schreiben vom 8. Dezember 2021 teilte das Landratsamt dem Antragsteller mit, dass aufgrund der festgestellten Aufbewahrungsverstöße beabsichtigt sei, die waffenrechtliche Erlaubnis des Antragstellers zu widerrufen sowie dessen Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen. Es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
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Mit Schreiben vom 5. Januar 2022 bestellten sich die bereits im Verwaltungsverfahren Bevollmächtigten des Antragstellers und führten mit weiterem Schreiben an das Landratsamt vom 2. Februar 2022 im Wesentlichen aus, Waffen und Munition hätten sich in einem Umkreis von ca. 1 m² beieinander befunden, was anhand eines in der Anlage vorgelegten Grundrisses des Obergeschosses der Wohnung des Antragstellers näher ausgeführt wurde. Richtig sei dabei, dass die Waffen und die Munition für den Antragsteller griffbereit beieinander gelegen hätten, wobei bereits nach Aktenlage vom Antragsteller geäußert worden sei, dass er ca. zehn Minuten vor Eintreffen der Einsatzkräfte vom Balkon aus mit einem Gewehr auf einen Marder geschossen habe. Dass der Antragsteller über das Recht verfüge, auch von seinem Anwesen aus auf Haarraubwild zu schießen, sei bereits festgehalten. Der Umstand, dass hierbei zwei Langwaffen Verwendung gefunden hätten, sei damit zu erklären, dass beide über unterschiedliche Kaliber bzw. die Fähigkeit verfügten, Schrotpatronen zu verschießen. Im konkreten Fall sei für den Antragsteller zunächst nicht erkennbar gewesen, um welche Art von Haarraubwild es sich in der nächtlichen Lage handeln würde, weshalb er beide Waffen griffbereit herausgenommen und sich bereitgelegt habe. Nachdem er auch, wie ebenfalls bereits den Einsatzkräften des Landeskriminalamts gegenüber angeben, in der Nacht gegen 2 Uhr auf einen in seinem Garten umherlaufenden Fuchs, diesmal aus dem Fenster im Ankleidezimmer, geschossen habe, habe sich die dargestellte Auffindesituation für die kurz danach eintreffenden Beamten ergeben. Ein Verstoß gegen Aufbewahrungsvorschriften nach dem Waffenrecht sei dabei nicht zu erkennen. Waffen und Munition seien zeitlich und örtlich in engem Zusammenhang mit berechtigtem Schießen aus der sonst üblichen Verwahrung im Waffenschrank herausgenommen worden und in Anbetracht der Kürze der Zeit nur noch nicht sofort wieder verstaut worden. Es widerspräche jeglicher waidmännischer Erfahrung, erwarten zu wollen, dass quasi nach jedem Schuss Waffe und Munition sofort wieder dem Zugriff von Dritten gegenüber weggesperrt werden sollten. Der Antragsteller bewohne die Wohnung alleine mit seinem Hund, so dass dritte Personen gar keinen Zugang zu den Räumlichkeiten an und für sich hätten. Zudem würde der Hund, ein Appenzeller Schäferhund, auch noch eine zusätzliche Hürde darstellen. Weder ein konkreter Verstoß noch eine Gefährdung seien eingetreten. Soweit andere Waffen frei zugänglich gewesen seien, handele es sich um Dekowaffen oder erlaubnisfreie Waffen mit Prüfzeichen oder Gegenstände. Das Verfahren, das überhaupt erst zu der Durchsuchungsaktion durch das Landeskriminalamt am 29. November 2021 geführt habe, sei bereits seit 22. Dezember 2021 gemäß § 170 Abs. 2 StPO von der Staatsanwaltschaft … II eingestellt worden.
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Mit Bescheid vom 9. März 2022, den Bevollmächtigten des Antragstellers ausweislich Postzustellungsurkunde am 12. März 2022 zugegangen, widerrief das Landratsamt die Waffenbesitzkarte Nr. …, ausgestellt am 7. April 2004 (Nr. I.1). Der Antragsteller wurde verpflichtet, die in seinem Besitz befindlichen Waffen und Munition innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheids einem Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu machen und dem Landratsamt hierüber einen Nachweis zu erbringen. Für den Fall dass der Antragsteller dieser Verpflichtung nicht fristgerecht nachkomme, würden die - nachfolgend im Einzelnen aufgeführten - Waffen und Munition sichergestellt (Nr. I.2). Dem Antragsteller wurde aufgegeben, die Waffenbesitzkarte Nr. … innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheids beim Landratsamt abzugeben (Nr. I.3). Für die Nrn. I.2 und I.3 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Nr. I.4). Für den Fall dass der Verpflichtung in Nr. 1.3 nicht innerhalb der genannten Frist nachgekommen werde, werde ein Zwangsgeld i.H.v. 300 Euro zur Zahlung fällig (Nr. I.5). Dem Antragsteller wurden die Kosten für den Bescheid auferlegt sowie eine Gebühr in Höhe von 60 Euro und Auslagen von 4,11 Euro festgesetzt (Nr. I.6).
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, Schusswaffen, deren Erwerb und Besitz erlaubnispflichtig sei, seien ungeladenen in einem entsprechenden Sicherheitsbehältnis aufzubewahren (§ 13 AWaffV). Munition, deren Erwerb nicht von der Erlaubnispflicht freigestellt sei, müsse mindestens in einem Stahlblechschrank ohne Klassifizierung mit Schwenkriegelschloss oder gleichwertiger Verschlussvorrichtung oder in einem gleichwertigen Behältnis aufbewahrt werden (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 AWaffV). Erlaubnisfreie Waffen und Munition seien in einem verschlossenen Behältnis aufzubewahren (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 AWaffV). Der Antragsteller habe am 8. Juni 2009 folgende Sicherheitsbehältnisse mitgeteilt: Sicherheitsbehältnis Stufe A mit nicht klassifiziertem Innentresor, VDMA 24992 und Sicherheitsbehältnis Stufe B (Würfeltresor), VDMA 24992. Bei der am 29. November 2021 um 9.20 Uhr durchgeführten Hausdurchsuchung sei festgestellt worden, dass sich eine Einzelladerbüchse, Kaliber .22lr, Hersteller Anschütz, Nr. 225525, liegend sowie eine Repetierbüchse, Kaliber 7x57, Hersteller Anschütz, Nr. 05160 stehend an einer Kommode im Schlafzimmer befunden hätten. Nach Aussage der Bevollmächtigten des Antragstellers habe dieser die Schusswaffen dem Waffentresor entnommen, um damit um 2 Uhr auf einen Fuchs, der im Garten umhergelaufen sei, zu schießen. Gegen 9.10 Uhr habe der Antragsteller vom Balkon aus mit einem Gewehr auf einen Marder geschossen. Die Kaliber .22lr und 7x57 könnten zum Schießen auf einen Fuchs sowie auf einen Marder verwendet werden. Es habe jedoch nur Munition im Kaliber .22lr offen herumgelegen, nicht aber Munition im Kaliber 7x57. Es stelle sich deshalb die Frage, warum sich die Repetierbüchse, Kaliber 7x57, Nr. 05160 im Schlafzimmer befunden habe. Ohne Munition sei ein Abschuss nicht möglich. Wäre die Munition für das Kaliber 7x57 nach dem Abschuss in den Waffentresor gelegt worden, hätte die Schusswaffe auch wieder darin eingestellt werden können. Somit könne davon ausgegangen werden, dass für die Repetierbüchse, Kaliber 7x57, Nr. 05160 der Tatbestand der nicht ordnungsgemäßen Aufbewahrung gegeben sei. Die Frage, ob die Schusswaffen und die Munition nach dem Schuss auf den Fuchs um 2 Uhr wieder in den entsprechenden Waffentresor eingestellt worden seien und für den Abschuss des Marders um ca. 9.10 Uhr wieder aus dem Waffentresor entnommen worden seien, habe anhand des vorliegenden Sachverhalts nicht geklärt werden können. Ebenso habe nicht geklärt werden können, ob der Antragsteller nach dem Abschuss des Fuchses zu Bett gegangen sei bzw. die noch nächtlichen Stunden geschlafen habe und somit die tatsächliche Gewalt über die Schusswaffen und Munition nicht mehr habe ausüben können. Die aufgefundene Schrotmunition sowie die Patronenmunition (Kaliber .222Rem) seien weder für den Abschuss des Fuchses noch des Marders verwendet worden. Es hätten sich keine Schusswaffen für diese Kaliber außerhalb des Waffentresors gefunden. Die genannten Munitionsarten hätten zugriffsbereit in der Wohnung gelegen. Somit sei der Tatbestand der nicht ordnungsgemäßen Aufbewahrung dieser Munition gegeben (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 AWaffV). Die bei der Durchsuchung gefundenen erlaubnisfreien Waffen (Gaspistole Beretta, Nr. 12L47312, in der Schublade einer Kommode, nicht abschließbar, Hausflur; Druckluftgewehr, Nr. 509471, im Arbeitszimmer; Druckluftgewehr, Nr. C002863A, in der Speisekammer; Druckluftgewehr, Nr. 1207419, im Garagenbau) seien nicht, wie gesetzlich vorgeschrieben, in einem verschlossenen Behältnis aufbewahrt worden. Somit sei der Tatbestand der nicht ordnungsgemäßen Aufbewahrung dieser Waffen gegeben (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 AWaffV). Voraussetzung für eine waffenrechtliche Erlaubnis sei die Zuverlässigkeit (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG). Der Antragsteller besitze nicht mehr die erforderliche Zuverlässigkeit, da er Waffen und Munition nicht sorgfältig verwahrt habe (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG). Gemäß § 45 Abs. 2 WaffG sei eine Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen einträten, die zur Versagung der Erlaubnis hätten führen müssen. Die Waffenbesitzkarte sei deshalb zu widerrufen. Die Anordnungen in Nr. I.2 des Bescheids stützten sich auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG sowie § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG, die Anordnung in Nr. I.3 auf § 46 Abs. 1 WaffG. Die sofortige Vollziehung der Nrn. I.2 und I.3 werde aufgrund von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet. Es könne nicht hingenommen werden, dass die Anordnungen zur Rückgabe der waffenrechtlichen Erlaubnis sowie zur Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen und Munition dem Betroffenen bis zum Abschluss eines eventuellen Verwaltungsgerichtsverfahrens belassen würden. Ein diesbezüglich möglicher Missbrauch sei durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Sinne der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dringend geboten. Persönliche Interessen des Betroffenen hätten hier zurück zu stehen. Der Antragsteller sei seit vielen Jahren im Besitz eines deutschen Jagdscheins. Als ausgebildeter Jäger und Jagdscheininhaber müsse ihm die Verantwortung bewusst sein, welche Gefahren von einer unsachgemäßen Aufbewahrung von Waffen und Munition ausgehen könne. Die Argumentation, dass er das Haus allein bewohne, könne eine nicht sorgfältige Verwahrung nicht rechtfertigen. Es müsse immer mit dem Unerwarteten gerechnet werden, z.B. dass ein unangemeldeter Besuch erscheinen oder sogar ein Einbruch stattfinden könne. Weder die Waffen noch die Munition seien nach den gesetzlichen Vorschriften aufbewahrt gewesen. Diese Gegenstände wären für Unbefugte jederzeit zugriffsbereit gewesen. Die Androhung des Zwangsgeldes beruhe auf Art. 29, 30, 31, 36 und 37 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und -vollstreckungsgesetz - VwZVG. Die Kostenentscheidung stütze sich auf die - im Einzelnen genannten - Vorschriften des Kostenrechts.
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Hiergegen haben die Bevollmächtigten des Antragstellers am 8. April 2022 Klage erhoben (M 7 K 22.2065) und zugleich einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt.
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Zur Begründung wird unter Wiederholung der Ausführungen aus dem Schreiben an das Landratsamt vom 2. Februar 2022 ergänzend ausgeführt, die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nr. I.2 des Bescheids sei bereits formell rechtswidrig. Das Landratsamt trage hierbei nur vor, dass aufgrund eines möglichen Missbrauchs die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Sinne der öffentlichen Sicherheit und Ordnung geboten sei. Dies stelle jedoch bloß eine formelhafte, allgemein gehaltene Begründung dar und entspreche nicht den Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Vielmehr müsse dargelegt werden, wieso in diesem konkreten Fall die Anordnung des Sofortvollzugs notwendig und gerechtfertigt sei. Das Landratsamt trage lediglich vor, dass es dem Antragsteller bewusst sein müsse, dass von einer unsachgemäßen Aufbewahrung von Waffen und Munition Gefahren ausgehen könnten. Es werde nur auf die allgemeinen Gefahren von nicht ordnungsgemäß gelagerten Waffen eingegangen, nicht jedoch auf den konkreten Einzelfall. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung für Nr. I.3, mit der die Rückgabe der Waffenbesitzkarte des Antragstellers angeordnet werde, sei ebenfalls formell rechtswidrig. Diese Anordnung sei im Bescheid ebenfalls nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechend begründet. Im Bescheid werde nur auf eine etwaige Gefahr, die von einer angeblich unsachgemäßen Aufbewahrung von Waffen und Munition ausgehe, eingegangen. Auch das Argument, dass der Antragsteller mit unerwartetem Besuch rechnen müsse oder ein Einbruch stattfinden könne, und deshalb Munition und Waffen ordnungsgemäß aufbewahrt werden müssten, betreffe nicht die angeordnete Rückgabe der Waffenbesitzkarte. Es werde lediglich erwähnt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Sinne der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dringend geboten wäre. Wieso eine sofortige Vollziehung hinsichtlich der Rückgabe der Waffenbesitzkarte angeordnet worden sei, werde im Einzelnen gerade nicht begründet. Die Begründung müsse dabei den Betroffenen in die Lage versetzen, durch Kenntnis der Gründe, die die Behörde zur sofortigen Vollziehung veranlasst hätten, seine Rechte wirksam wahrzunehmen und die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels abzuschätzen. Es reiche dabei gerade nicht der Hinweis, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung im öffentlichen Interesse liege. Der Antragsgegner müsse darlegen, wieso die Anordnung des Sofortvollzugs ausnahmsweise notwendig sei. Dieser Anforderung sei der Antragsgegner im vorliegenden Fall nicht nachgekommen. Das private Interesse des Antragstellers in Bezug auf die Androhung des Zwangsgelds gemäß Nr. I.5 des Bescheids überwiege gegenüber dem Vollzugsinteresse der Behörde, da aufgrund der Erfolgsaussichten in der Hauptsache die Androhung des Zwangsgelds obsolet sei. Im Verfahren M 7 K 22.2065 wurde ergänzend im Wesentlichen vorgetragen, der Antragsteller sei bisher weder strafrechtlich in Erscheinung getreten noch habe die polizeiliche Auskunft relevante Erkenntnisse ergeben. Es liege kein waffenrechtlich bedenkliches Verhalten vor, aus dem ein Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultieren könne. Unter Würdigung aller Umstände könne davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehe. Würde man dies anders sehen, müsste stets die Waffenbesitzkarte widerrufen werden, sobald man Munition und Waffe in der Nähe einer Person vorfinde, die sich gerade in einem Schießvorgang befinde. Der Widerruf der Waffenbesitzkarte erscheine vor diesem Hintergrund beinahe widersprüchlich, denn es stelle sich damit die Frage, unter welchen Umständen dann überhaupt eine Waffenbesitzkarte erteilt werden könne.
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Der Antragsteller beantragt,
I. Die aufschiebende Wirkung der Ziffern 1 und 5 des Bescheids des Landratsamtes … vom 09.03.2022 wird angeordnet.
II. Die aufschiebende Wirkung der Ziffern 2 und 3 des Bescheids vom 09.03.2022 des Landratsamtes … wird wiederhergestellt.
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Der Antragsgegner beantragt,
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, bezüglich der Nrn. I.2 und I.3 des Bescheids vom 9. März 2022 sei die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse angeordnet und den Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO entsprechend schriftlich begründet worden. Hier fielen Anordnungs- und Vollzugsinteresse ausnahmsweise zusammen. Deshalb rechtfertigten die Gründe, die für den Erlass des Verwaltungsakts sprächen auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung. Wegen der besonderen Sicherheitsbelange im Waffenrecht reiche die festgestellte Unzuverlässigkeit auch für die Anordnung der sofortigen Vollziehung von Maßnahmen, weil Waffen in Händen von unzuverlässigen Personen für die Gemeinschaft nicht hinnehmbare Gefahren darstellten. Aus dem Ermittlungsbericht des Bayerischen Landeskriminalamts München vom 30. November 2021 gehe hervor, dass sich im Haus sowie im Garagenbau verteilt erlaubnisfreie Schusswaffen und erlaubnispflichtige Munition befunden hätten, die nicht in den gesetzlich vorgeschriebenen Behältnissen aufbewahrt und somit für unbefugte Dritte zugänglich gewesen seien (Bl. 20-22, 24-25, 37, 39, 74 der Behördenakte). Mehrere - im Einzelnen benannte - Gegenstände könnten nicht in Verbindung mit den damaligen Abschüssen auf einen Marder oder Fuchs gebracht werden. Es sei auch zweifelhaft, ob der Antragsteller von 2 Uhr bis 9.20 Uhr immer die tatsächliche Gewalt über die offen liegenden Schusswaffen und Munition, die er für das Schießen auf das Haarraubwild benutzt habe, habe ausüben können (z.B. nächtlicher Schlaf). Der Antragsteller habe für die sichere Aufbewahrung von Waffen und Munition zu sorgen. Dieser Sorgfaltspflicht sei er jedoch nicht nachgekommen. Im Rahmen der Abwägung hinsichtlich der Anordnung des Sofortvollzugs sei auch die Prüfung der erforderlichen Zuverlässigkeit vorzunehmen. Hierfür sei eine Bewertung aller Tatsachen vorzunehmen, die für die zutreffende zukunftsbezogene Beurteilung von Bedeutung sein könnten, was näher ausgeführt wurde.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Hauptsacheverfahren (M 7 K 22.2065) sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
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Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
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Der Antrag auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Nrn. I.1 und I.5 bzw. Nrn. I.2 und I.3 des Bescheids vom 9. März 2022 ist unbegründet, da die Anordnung der sofortigen Vollziehung bzgl. der Nrn. I.2 und I.3 des Bescheids formell rechtmäßig ist und das (teilweise kraft Gesetzes bestehende - vgl. § 45 Abs. 5 WaffG) öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner in der Hauptsache erhobenen Klage überwiegt.
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Die behördliche Sofortvollziehbarkeitsanordnung betreffend die Nrn. I.2 und I.3 des Bescheids vom 9. März 2022 ist formell rechtmäßig. Die von der Behörde vorgebrachte Begründung - an die keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen sind (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55 m.w.N.) - genügt formell den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Im Bereich des Sicherheitsrechts sind die Anforderungen an die Begründung der Anordnung eines Sofortvollzugs gering, weil es um den Schutz von Leben und Gesundheit geht und deshalb der Sofortvollzug in der Regel bereits aus der Natur der Sache begründet ist (vgl. BayVGH, B.v. 15.8.2008 - 19 CS 08.1471 - juris Rn. 3; B.v. 23.3.2006 - 19 CS 06.456 - juris Rn. 12). § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verpflichtet die Behörde nicht, eine Begründung zu geben, die ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zutrifft oder eine im Einzelfall bestehende konkrete Gefahr darlegt. Gerade dann, wenn - wie insbesondere im Sicherheitsrecht - immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung vielmehr darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass diese Interessenlage nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt (vgl. OVG NW, B.v. 25.8.2010 - 20 B 613/10 - juris Rn. 5).
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Der Antragsteller hat nach Abwägung seines privaten Interesses mit dem öffentlichen Interesse keinen Anspruch auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnis (Nr. I.1 des Bescheids) sowie der in den Nrn. I.2, I.3, und I.5 hierzu ergangenen Folgeanordnungen überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
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Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei seiner Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem kraft Gesetzes bestehenden beziehungsweise von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht alleiniges Indiz für die vorzunehmende Interessenabwägung zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer (dann reinen) Interessenabwägung.
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Unter Anwendung dieser Grundsätze ergibt die summarische Prüfung, dass der Bescheid vom 9. März 2022 rechtmäßig sein und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen dürfte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Nach summarischer Prüfung bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Waffenbesitzkarte. Der in Nr. I.1 des Bescheids angeordnete Widerruf der Waffenbesitzkarte gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG dürfte rechtmäßig sein und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier des Bescheidserlasses, abzustellen.
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Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis, vorliegend die Waffenbesitzkarte nach § 10 Abs. 1 WaffG, zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 WaffG besitzt.
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Der Antragsteller dürfte nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verfügen. Die anlässlich einer Hausdurchsuchung am 29. November 2021 vorgefundene gesetzeswidrige Aufbewahrungssituation von Waffen und Munition ist eine nachträglich eingetretene Tatsache, die die Annahme fehlender waffenrechtlicher Zuverlässigkeit des Antragstellers rechtfertigen dürfte.
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Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden.
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Maßgeblich für die Beurteilung, ob die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht gegeben ist, ist eine auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert (vgl. BT-Drs 14/7758, S. 54). Diese Prognose ist auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellen. Dabei ist der allgemeine Zweck des Gesetzes nach § 1 Abs. 1 WaffG, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren, zu berücksichtigen. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienen, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen (st. Rspr. BVerwG, vgl. z.B. B.v. 2.11.1994 - 1 B 215/93 - juris Rn. 10; B.v. 31.1.2008 - 6 B 4/08 - juris Rn. 5; st. Rspr. BayVGH, vgl. z.B. B.v. 5.10.2017 - 21 Cs 17.1300 - juris Rn. 11; B.v. 21.11.2019 - 21 CS 18.2523 Rn. 15). Dabei wird nicht der Nachweis verlangt, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen wird, sondern es genügt vielmehr allgemein nach tatrichterlicher Würdigung aller Umstände des Einzelfalls eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, B.v. 2.11.1994 - 1 B 215/93 - juris Rn. 10; B.v. 31.1.2008 - 6 B 4/08 - juris Rn. 5). Im Bereich des Waffenrechts kann angesichts der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit ausgehen, ein Restrisiko nicht hingenommen werden. Bereits ein einmaliger Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten rechtfertigt die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit (vgl. BayVGH, B.v. 2.10.2013 - 21 CS 13.1564 - juris Rn. 12 m.w.N.). Hat ein Waffenbesitzer in diesem Sinne bereits einmal versagt, ist allein das ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient. Eine dahingehende Lebenserfahrung oder ein entsprechender Rechtssatz, dass erst ab einem weiteren Verstoß eine negative Zukunftsprognose gerechtfertigt ist, besteht nicht (st. Rspr. BayVGH, vgl. z.B. BayVGH, B.v. 28.11.2013 - 21 CS 13.1758 - juris Rn. 12; B.v. 22.12.2014 - 21 ZB 14.1512 - juris Rn. 12; B.v. 4.11.2015 - 21 CS 15.2023 - juris Rn. 15; B.v. 14.11.2016 - 21 ZB 15.648 - juris Rn. 17).
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Die am 29. November 2021 in der Wohnung des Antragstellers durch das Bayerische Landeskriminalamt festgestellte Aufbewahrungssituation dürfte in der Gesamtschau die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller seine Waffen und Munition nicht sorgfältig verwahrt und aufgrund dessen nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Alt. 3 WaffG verfügt.
25
Eine sorgfältige Aufbewahrung i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG liegt nur dann vor, wenn die gesetzlichen Anforderungen an die Aufbewahrung von Waffen oder Munition beachtet sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2016 - 21 ZB 15.1949 - juris Rn. 16). Dabei dienen die waffenrechtlichen Aufbewahrungsvorschriften und hierbei insbesondere § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG der Umsetzung eines der vordringlichsten und wichtigsten Ziele des Waffengesetzes, nämlich das Abhandenkommen oder die unbefugte Ansichnahme von Waffen durch Dritte zu verhindern (vgl. BayVGH, B.v. 12.12.2015 - 21 ZB 15.2418 - juris Rn. 12).
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Die Anforderungen an eine sorgfältige Verwahrung sind in § 36 WaffG sowie insbesondere in dem diesen gemäß § 36 Abs. 5 WaffG konkretisierenden und ergänzenden § 13 Allgemeine Waffengesetz-Verordnung - AWaffV näher geregelt. Gemäß § 36 Abs. 1 WaffG in der durch Gesetz vom 30. Juni 2017 (BGBl I S. 2133) geänderten, ab dem 6. Juli 2017 geltenden Fassung (vgl. wortgleich § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG a.F.) hat derjenige, der Waffen oder Munition besitzt, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen.
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Hinsichtlich der Frage, welche Anforderungen an die Aufbewahrung von Waffen und Munition im Einzelnen zu stellen sind, ist auf den Zeitpunkt des vorgeworfenen Aufbewahrungsverstoßes abzustellen. Insofern gelten die Anforderungen des § 13 AWaffV i.d.F.d. Art. 2 Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften vom 26. März 2008, BGBl. I S. 426 sowie § 36 (Abs. 1 S. 2) WaffG in der Fassung vor dem 6. Juli 2017 (jeweils a.F.). Dies ergibt sich einerseits daraus, dass nachträgliche Verschärfungen der Aufbewahrungsvorschriften nicht - quasi rückwirkend - höhere Anforderungen an die Aufbewahrung von Waffen und Munition stellen können und formal aus § 36 Abs. 4 WaffG n.F., der für „Altfälle“ die früheren Regelungen für maßgeblich erklärt (vgl. VG Sigmaringen, U.v. 24.1.2019 - 10 K 335/18 - juris Rn. 37). Nach der Besitzstandsregelung in § 36 Abs. 4 WaffG dürfen alle bis zum Stichtag 5. Juli 2017 gekauften Waffenschränke und Waffentresore (z.B. Waffenschränke der Stufe A und B nach VDMA 24992) auch weiterhin ohne Einschränkung genutzt werden (vgl. Braun, ZAP 2020, 755/756). Munition, deren Erwerb nicht von der Erlaubnispflicht freigestellt ist, ist gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 AWaffV mindestens in einem Stahlblechbehältnis ohne Klassifizierung mit Schwenkriegelschloss oder einer gleichwertigen Verschlussvorrichtung oder in einem gleichwertigen Behältnis zu verwahren gewesen (so auch nach § 13 Abs. 3 AWaffV a.F.). Schließlich sind gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 1 AWaffV auch Waffen, deren Erwerb von der Erlaubnispflicht freigestellt ist, mindestens in einem verschlossenen Behältnis zu verwahren. Dabei erstrecken sich die Aufbewahrungsvorgaben von § 13 Abs. 2 Nr. 1 AWaffV dem Wortlaut nach nur auf solche Schusswaffen, die nach Maßgabe von Anlage 2 zum Waffengesetz Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 Nr. 1 hinsichtlich des Erwerbs erlaubnisfrei gestellt sind (vgl. Gade, Waffengesetzt, 3. Aufl. 2022, WaffG § 36 Rn. 23). Voraussetzung für eine Freistellung von der Erlaubnispflicht nach Nr. 1.1 ist, dass den Geschossen eine Energie von nicht mehr als 7,5 J erteilt wird und die Waffe eine entsprechende Kennzeichnung („F im Fünfeck“) trägt (vgl. Gade, Waffengesetz, 3. Aufl. 2022, WaffG Anlage 2 Rn. 105).
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Daran gemessen dürfte die zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung am 29. November 2021 festgestellte Aufbewahrungssituation von Waffen und Munition vorliegend nicht den rechtlichen Anforderungen entsprochen haben.
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Zunächst dürften auch die beiden im Schlafzimmer offen aufgefundenen erlaubnispflichtigen Langwaffen (Einzelladerbüchse Anschütz, Kaliber .22lf, Nr. 225525 und Repetierbüchse Anschütz, Kaliber 7x57, Nr. 05160) in dem mit Schreiben des Antragstellers vom 8. Juni 2009 dem Landratsamt angezeigten Waffenschrank der Sicherheitsstufe A mit nicht klassifiziertem Innentresor nach VDMA 24992 oder in einem anderen Waffenschrank mit mindestens gleichwertigem Schutzniveau zu verwahren gewesen sein. Dabei dürfte die Einlassung des Antragstellers, er habe ca. zehn Minuten vor Eintreffen der Einsatzkräfte vom Balkon aus mit einem Gewehr auf einen Marder und zudem bereits in der Nacht gegen 2 Uhr auf einen in seinem Garten umherlaufenden Fuchs geschossen, nicht geeignet sein, die vorgefundene Aufbewahrungssituation zu rechtfertigen. Dabei ist zunächst festzustellen, dass der Antragsteller daraus, dass er berechtigt auf seinem Wohngrundstück die Jagd ausüben darf, keinen weniger strengen Anforderungen hinsichtlich der Aufbewahrung seiner Waffen unterliegt, als jeder andere Waffenbesitzer auch. Eine unverschlossene und unbeaufsichtigte Aufbewahrung von Waffen und Munition ist grundsätzlich bei keinem Waffenbesitzer hinnehmbar. Es ist auch weder ersichtlich noch vorgetragen, dass der Antragsteller von den Durchsuchungsbeamten gleichsam „auf der Jagd“ überrascht worden wäre. So hat der Antragsteller selbst lediglich von zwei singulär im Abstand von über sieben Stunden abgegebenen Schüssen - dem letzten bereits zehn Minuten vor Eintreffen der Beamten - berichtet. Dass die Bejagung von Haarraubwild - vornehmlich auf dämmerungs- bzw. nachtaktive Tiere wie Füchse (vgl. Bl. 45 und 47 der Behördenakte) oder auch Marder - nach der letzten Schussabgabe noch fortgesetzt werden sollte, erscheint angesichts der Uhrzeit unwahrscheinlich und wurde auch vom Antragsteller selbst nicht vorgetragen. Im Gegenteil hat er angegeben, die Waffen und Munition allein aufgrund der Kürze der seit dem Schuss vergangenen Zeit noch nicht wieder in die ordnungsgemäße Verwahrung zurück verbracht zu haben. Im Anschluss an den letzten Schuss, spätestens jedoch, als der Antragsteller den Bereich des Ankleide-/Schlafzimmers verließ, um die Durchsuchungsbeamten einzulassen, hätte er die nach seinen Angaben für die Jagdausübung benutzten Waffen und Munition zuvor ordnungsgemäß sichern müssen. Dies hat er jedoch versäumt. Auch für den Zeitraum zwischen den beiden Schussabgaben erscheint eine sichere Aufbewahrung von erlaubnispflichtigen Waffen und Munition zumindest zweifelhaft. So hat der Antragsteller nicht plausibel vorgetragen, warum er sich zwar „in der nächtlichen Lage“ - d.h. vor dem Schuss auf den Fuchs um 2 Uhr nachts - beide Waffen griffbereit für die Jagd auf Haarraubwild bereitgelegt haben will, jedoch lediglich Munition für eines der beiden Gewehre. Zudem erscheint es vor dem Hintergrund sich aufdrängender Bedürfnisse (z.B. nächtlicher Schlaf, Toilettenbesuch, Bedürfnisse des Hundes) zweifelhaft, dass der Antragsteller, die gesamte Dauer von 2 Uhr nachts bis 9 Uhr früh auf der Jagd nach Haarraubwild und in ständiger Gegenwart und Kontrolle von Waffen und Munition im Ankleide-/Schlafzimmer gewesen ist. Unabhängig davon dürfte darüber hinaus auch die offene Aufbewahrung der beiden jeweils in Arbeitszimmer (vgl. Bilder 34 und 35 der Lichtbildtafel, Bl. 29 und 30 d. Behördenakte) und Garagenanbau (vgl. Bilder 53 bis 55 der Lichtbildtafel, Bl. 39 und 40 d. Behördenakte) aufgefundenen Druckluftgewehre sowie der in einer nicht abschließbaren Kommode im Eingangsbereich aufbewahrten Gaspistole Beretta (vgl. Bilder 19 bis 24 der Lichtbildtafel, Bl. 20 bis 22 d. Behördenakte) - alle drei mit Kennzeichnung „F im Fünfeck“ - nicht zulässig gewesen sein, ebenso wenig wie die Aufbewahrung von erlaubnispflichtiger Munition in der nicht abschließbaren Schublade eines Buffetschrankes im Keller (1 Schrotpatrone Kaliber 12/70; 1 Patrone Kaliber .222Rem - vgl. Bilder 26 bis 28 der Lichtbildtafel, Bl. 24 bis 26 d. Behördenakte).
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Mit der nicht den Vorschriften entsprechenden Aufbewahrung von erlaubnispflichtigen wie erlaubnisfreien Waffen und erlaubnispflichtiger Munition dürfte der Antragsteller gegen § 36 Abs. 1 WaffG verstoßen haben. Dies dürfte die Annahme rechtfertigen, dass er seine Waffen nicht sorgfältig verwahrt und aufgrund dessen nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Alt. 3 WaffG verfügt. Vor dem Hintergrund, dass eine unsorgfältige und gesetzeswidrige Aufbewahrung den Übergang von der legalen zur illegalen Schusswaffe erleichtert, schlagen Aufbewahrungsmängel insbesondere auf die waffenrechtliche Zuverlässigkeit (§ 5 WaffG) durch. Im Rahmen von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG kann damit schon - wie ausgeführt - ein einziger Verstoß gegen die in § 36 Abs. 1 WaffG normierten Aufbewahrungspflichten die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen (vgl. BayVGH, B.v. 24.11.2017 - 21 CS 17.1531 - juris Rn. 16).
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Es dürfte sich bei dem konkreten Verstoß gegen die dem Antragsteller als Waffenbesitzer obliegenden Aufbewahrungspflichten angesichts der Gesamtumstände auch nicht lediglich um eine situative Nachlässigkeit minderen Gewichts handeln, die bei nur einmaligem Auftreten noch toleriert werden könnte (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2014 - 6 C 30/13 - juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 31.7.2015 - 21 CS 15.1156 - juris Rn. 12). Der Antragsteller hat vorliegend zum Umstand der fehlerhaften Aufbewahrung der erlaubnisfreien Waffen und der im Keller aufgefundenen Munition keinerlei Gründe angegeben, die eine situative Nachlässigkeit minderen Gewichts nahelegen würden. Im Gegenteil spricht der Umstand, dass die diversen erlaubnisfreien Waffen und die erlaubnispflichtige Munition im Keller an vielen verschiedenen Stellen über das Haus hin verteilt unverschlossen aufgefunden werden konnten, gegen eine kurzfristige, nicht repräsentative fehlerhafte Aufbewahrung in einem Einzelfall. Es entsteht in der Gesamtschau vielmehr der Eindruck, dass der Antragssteller sich insbesondere dessen, dass auch seine erlaubnisfreien Waffen einer angemessen sicheren Aufbewahrung bedürfen, gar nicht bewusst ist, und es sich bei der nicht vorschriftsgemäßen Verwahrung um einen Dauerzustand handelt. Vor diesem Hintergrund scheidet in der Gesamtschau daher auch im Hinblick auf die im Schlaf- und Ankleidezimmer unversperrt aufgefundenen erlaubnispflichtigen Waffen und Munition die Annahme einer situativen Nachlässigkeit minderen Gewichts aus. Darauf, für welchen Zeitraum der Antragsteller Waffen und Munition dort nach Abschluss des Jagdvorgangs tatsächlich unversperrt belassen hat, kommt es dabei nicht an. Denn die Gefahren, die mit einer für Nichtberechtigte zugänglichen Verwahrung von Schusswaffen und Munition verbunden sind, bestehen nicht nur bei einer nicht sorgfältigen Unterbringung auf Dauer. Bereits eine nur äußerst kurzfristige Nachlässigkeit im Umgang mit Schusswaffen kann genügen, um diese Gegenstände in die Hände Nichtberechtigter gelangen zu lassen (vgl. VGH BW, B.v. 3.8.2011 - 1 S 1391/11 - juris Rn. 6).
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Zudem stellt § 36 Abs. 1 WaffG - ausweislich seines Wortlauts - weder auf die Umstände der Verwahrung noch auf das Verhalten des Waffeninhabers ab, sondern erfordert vielmehr ausschließlich, dass die erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden, um ein Abhandenkommen oder ein An-Sich-Nehmen durch unbefugte Dritte zu verhindern. Aus welchen Gründen diese nicht getroffen wurden bzw. welcher Verschuldensgrad dem zugrunde liegt, ist demgegenüber im Rahmen von § 36 Abs. 1 WaffG nicht maßgeblich. Entscheidend ist, dass der Antragsteller nicht alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen hat, die erforderlich gewesen wären, um seine Waffen und Munition angemessen zu sichern. Gemessen am Gesetzeszweck ist dem Verstoß gegen § 36 Abs. 1 WaffG damit mehr als nur ein geringes Gewicht zuzumessen. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Antragsteller geltend macht, seine erlaubnispflichtigen Waffen grundsätzlich vorschriftsgemäß aufzubewahren und auch nicht anderweitig polizeilich oder strafrechtlich in Erscheinung getreten zu sein. Es kommt zudem auch nicht darauf an, ob und in welchem Umfang durch den Verstoß im Einzelfall eine konkrete Gefährdung der Allgemeinheit eingetreten ist. Der Schutz der Allgemeinheit vor von Waffen und Munition ausgehenden Gefahren soll gerade durch die geltenden Aufbewahrungsvorschriften erreicht werden (vgl. BayVGH, B.v. 7.7.2015 - 21 ZB 14.2690 - juris Rn. 15). Die vom Gesetzgeber als besonders wichtig eingestufte sichere Aufbewahrung von Waffen und Munition soll nicht nur dazu dienen, unbefugt in der Wohnung befindlichen Personen den Zugriff zu erschweren, sondern sie soll darüber hinaus sicherstellen, dass Personen bei rechtmäßigem Aufenthalt in der Wohnung, also Familienangehörige und Besucher, nicht unkontrolliert Zugriff auf Waffen haben, was schon im Wortlaut der Vorschrift zum Ausdruck kommt, die beim unbefugten Ansichnehmen durch Dritte nicht nach dem Personenkreis differenziert (vgl. auch die Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Waffenrechts BT-Drs. 14/7758 S. 73 und Nr. 36.7 WaffVwV, wo darauf hingewiesen wird, dass nicht zuletzt der furchtbare Amoklauf von Winnenden im März 2009 erst durch eine nicht ordnungsgemäß verwahrte Waffe möglich gewesen ist). Somit dürfte auch der Einwand des Antragstellers, er würde die Wohnung alleine mit seinem Hund bewohnen, sodass ein Zugriff Dritter grundsätzlich und im Hinblick auf den anwesenden Schäferhund in besonderem Maße ausgeschlossen sei, nicht durchgreifen. Denn selbst bei Anwesenheit des Antragstellers und seines Hundes dürfte allein durch die Tatsache, dass sich die erlaubnisfreien Waffen in verschiedenen Gebäudeteilen (etwa im Garagenanbau) bzw. sich auch unverschlossen aufgefundene erlaubnispflichtige Munition im Kellergeschoss befanden und somit nicht jederzeit für den Antragsteller einsehbar waren, die abstrakte Gefahr des Abhandenkommens - etwa im Falle eines Einbruchs - nicht sicher ausgeschlossen gewesen sein.
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Die in den Verstößen gegen eine elementare und selbstverständliche Pflicht beim Umgang mit Waffen und Munition - hier die sichere Aufbewahrung - liegende Pflichtverletzung dürfte daher unter Berücksichtigung der besonderen Begleitumstände des Einzelfalls als so schwerwiegend anzusehen sein, dass sie auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Prognose rechtfertigen dürfte, der Antragsteller werde auch künftig mit Waffen nicht jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen, insbesondere diese nicht stets zuverlässig und sorgfältig verwahren. Die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit ist in Anbetracht der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, nicht unverhältnismäßig. Der Antragsteller dürfte - entsprechend den obigen Ausführungen - gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwahrung nach § 36 Abs. 1 WaffG verstoßen haben. Die Verstöße dürften unter Berücksichtigung des allgemeinen Zwecks des Gesetzes nach § 1 Abs. 1 WaffG, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren und damit die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienen, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen, die Prognose der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers rechtfertigen. In Anbetracht des gefahrenvorbeugenden Charakters der Regelung und der erheblichen Gefahren, die von Waffen für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ist es nicht hinzunehmen, abzuwarten, ob der Antragsteller seine Lehren aus dem Vorfall gezogen hat und künftig seine Waffen und Munition ordnungsgemäß verwahren wird. Dieses Restrisiko ist im Interesse eines umfassenden Schutzes der Allgemeinheit nicht hinzunehmen.
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Die festgestellten Tatsachen dürften in der Gesamtschau damit insgesamt die Annahme begründen, dass der Antragsteller auch zukünftig Waffen und Munition nicht jederzeit ordnungsgemäß verwahren wird und er somit als unzuverlässig i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Alt. 3 WaffG anzusehen sein dürfte. Die Waffenbesitzkarte des Antragstellers dürfte danach zwingend zu widerrufen gewesen sein, § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Es kommt daher vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob dem Antragsteller auch hinsichtlich des in der Speisekammer (vgl. Bilder 48 und 49 der Lichtbildtafel, Bl. 37 d. Behördenakte) aufgefundenen Luftdruckgewehrs (Prüfzeichen nicht dokumentiert und auf den Lichtbildern nicht erkennbar) ein weiterer Aufbewahrungsverstoß zur Last fällt.
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Des Weiteren sind auch gegen die mit dem Widerruf der Waffenbesitzkarte verbundenen notwendigen Folgeanordnungen durchgreifende rechtliche Bedenken nicht ersichtlich.
36
Die Anordnungen in Nr. I.2 des Bescheids wurden rechtlich zutreffend auf § 46 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 WaffG, die Anordnung in Nr. I.3 des Bescheids ebenfalls zutreffend auf § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG gestützt. Soweit der Behörde hierbei Ermessen eingeräumt ist, sind Ermessensfehler (vgl. zum diesbezüglichen Prüfungsumfang des Gerichts § 114 Satz 1 VwGO) nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Bemessung der Frist mit vier Wochen ab Bescheidszustellung nicht als unangemessen kurz anzusehen. Angesichts des dringenden Anliegens des Gesetzgebers, die Dauer des Besitzes von Waffen und Munition durch waffenrechtlich unzuverlässige Personen auf das geringstmögliche noch verhältnismäßige Maß zu begrenzen, ist eine Fristsetzung von vier Wochen - ohne das Vorliegen besonderer und begründeter Umstände - rechtlich nicht zu beanstanden. Auch gegen die Zwangsgeldandrohung in Nr. I.5 des Bescheids bestehen keine rechtlichen Bedenken. Mangels gegebener Erfolgsaussichten in der Hauptsache ist auch nicht erkennbar, dass die Zwangsgeldandrohung - wie von den Bevollmächtigten des Antragstellers vorgetragen - obsolet geworden wäre.
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Im Übrigen würde auch unabhängig von den Erfolgsaussichten der Klage bei einer reinen Interessenabwägung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der streitgegenständlichen Anordnungen das Interesse des Antragstellers überwiegen.
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§ 45 Abs. 5 WaffG beseitigt von Gesetzes wegen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage gegen den Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis wegen nachträglichen Wegfalls der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit. Der Gesetzgeber hielt in dieser Fallgruppe die Anordnung der sofortigen Vollziehung für dringend angezeigt. In derartigen Fällen sei im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung immer eine umgehende Beendigung des Waffenbesitzes geboten bzw. ein höherwertiges, legitimes, privates Interesse an einem weiteren Waffenbesitz bis zum Eintritt von Bestands- oder Rechtskraft (u.U. mehrere Monate oder Jahre) überhaupt nicht zu erkennen. Den berechtigten Belangen der Betroffenen könnte in Ausnahmefällen durch eine abweichende (Eil-) Anordnung der Verwaltungsgerichte Rechnung getragen werden (BT-Drucks. 16/7717 S. 33). In Fällen der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung unterscheidet sich die Interessenabwägung von derjenigen, die in den Fällen einer behördlichen Anordnung stattfindet. Während im Anwendungsbereich von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bei der Interessenabwägung die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers für die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen bedeutsam wird, ist in Fällen der Nummern 1 bis 3 zu beachten, dass hier der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Hat sich schon der Gesetzgeber für den Sofortvollzug entschieden, sind die Gerichte - neben der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache - zu einer Einzelfallbetrachtung grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist (vgl. BVerfG, B.v. 10.10.2003 - 1 BvR 2025/03 - juris Rn. 21 f.; BayVGH, B.v. 4.3.2016 - 21 CS 15.2718 - juris Rn. 16; B.v. 25.8.2020 - 24 CS 20.1596 - juris Rn. 23 f.).
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Der Antragsteller hat hier keine Gründe vorgetragen, die auf besondere, über die im Regelfall mit der Anordnung sofortiger Vollziehung verbundenen Umstände hingewiesen hätten, aufgrund derer eine Abwägung zugunsten seiner privaten Interessen ausfallen müsste. Der im streitgegenständlichen Bescheid des Landratsamts verfügte Widerruf dient dem besonderen Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit an einem sicheren und zuverlässigen Umgang mit Schusswaffen sowie Munition und daher dem Schutz überragender Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der Bevölkerung. Gegenüber diesem gewichtigen öffentlichen Interesse hat das private Interesse des Antragstellers zurückzustehen, zumal insoweit ohnehin kein besonderes, einen vergleichbaren Fall übersteigendes Interesse vorgetragen wurde.
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Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) aus Gründen der Gefahrenabwehr besteht regelmäßig auch für die nicht vom gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug erfassten, mit der Widerrufsentscheidung verbundenen notwendigen Anordnungen, die Waffen unbrauchbar zu machen oder sie einem Dritten zu übergeben (§ 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG) bzw. für die Anordnung der Rückgabe von Erlaubnisurkunden (§ 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG). Diese Folgeentscheidungen dienen der Umsetzung des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse und stellen die tatsächliche Umsetzung des Entzugs der formellen Erlaubnisberechtigung durch sofortige Abgabe von Waffen und Erlaubnisurkunden sicher. Die Verpflichtung, die Waffenbesitzkarten zurückzugeben, folgt ebenso wie diejenige zur Unbrauchbarmachung bzw. Abgabe der Waffen aus dem Widerruf der Waffenbesitzkarten. Nachdem der Widerruf der Waffenbesitzkarten kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist, ist im Regelfall davon auszugehen, dass hinsichtlich der Folgeentscheidungen dem öffentlichen Vollzugsinteresse der Vorrang einzuräumen ist (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2016 - 21 CS 15.2718 - juris Rn. 17; B.v. 25.8.2020 - 24 CS 20.1596 - juris Rn. 26).
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Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
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Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz - GKG - i.V.m. Nrn. 1.5 und 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.