Titel:
Erfolgreicher Eilantrag eines Brandmeisters auf Probe gegen Entlassung
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
BeamtStG § 23 Abs. 3 S. 2 Nr. 2, § 26 Abs. 2
Leitsatz:
Für die anderweitige Verwendung eines Probebeamten iSd § 23 Abs. 3 S. 2 iVm § 26 Abs. 2 BeamtStG kommt es darauf an, ob der Betroffene noch für einen ausreichend großen Teil der Dienstposten der gesamten bisherigen Laufbahn oder für eine andere Laufbahn, für die der Beamte die Befähigung besitzt oder voraussichtlich erwerben wird, mit insgesamt geringeren gesundheitlichen Anforderungen gesundheitlich geeignet ist (hier: Suchpflicht nicht ausreichend Rechnung getragen). (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt, Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe, Gesundheitliche (Nicht)-Eignung, Anderweitige Verwendung, Suchpflicht des Dienstherrn, Anforderungen an Nachweis für die Erfüllung der Suchpflicht, Entlassung, Beamtenverhältnis auf Probe, gesundheitliche Nichteignung, anderweitige Verwendung, Suchpflicht
Fundstelle:
BeckRS 2022, 20167
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom … Mai 2022 gegen den Bescheid der Landeshauptstadt München vom … Mai 2022 wird wiederhergestellt.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 9.183,10 EUR festgesetzt.
Gründe
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Der 1993 geborene Antragsteller stand bis … Juni 2022 als Brandmeister (Besoldungsgruppe A 7) in Diensten der Antragsgegnerin. Er wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit seiner Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Zum ... März 2016 wurde der Antragsteller bei der Antragsgegnerin als Brandmeisteranwärter eingestellt. Zum ... März 2017 wurde der Antragsteller in ein Beamtenverhältnis auf Probe übernommen.
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Nach vorheriger Anhörung sowie Hinweis darauf, dass der Antragsteller die Mitwirkung der Personalvertretung beantragen könne - was durch den Antragsteller nicht erfolgte - hat die Antragsgegnerin am ... Mai 2022 folgenden Bescheid erlassen:
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„1. Sie werden mit Ablauf des …06.2022 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen.
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2. Nr. 2 dieses Bescheids wird für sofort vollziehbar erklärt.“
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Unter Gründe II. wurde die Entlassungsverfügung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz/BeamtStG) im Wesentlichen darauf gestützt, dass sich der Antragsteller in der Probezeit hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung nicht bewährt habe. Nach den Feststellungen in einem Gutachten des Gesundheitsreferates vom … Januar 2022 habe sich der Antragsteller hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung nicht für das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit bewährt. Der Antragsteller sei daher nach Art. 12 Abs. 5 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz/LlbG) zu entlassen, da im Rahmen der eingeschränkten Ermessensprüfung des Art. 12 Abs. 5 LlbG kein milderes Mittel in Betracht gekommen sei. Eine weitere Probezeitverlängerung sei wegen der bereits erreichten Höchstdauer nicht möglich gewesen. Auch eine anderweitige Verwendung in einem anderen Amt derselben oder einer anderen Laufbahn sei auch unter Berücksichtigung der Vorqualifikation des Antragstellers aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen nicht möglich gewesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid verwiesen.
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Mit Schriftsatz vom 12. Mai 2022, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am selben Tag eingegangen, hat die Bevollmächtigte des Antragstellers für diesen dagegen Klage erhoben mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheids (M 5 K 22.2598) und zudem zuletzt beantragt,
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die aufschiebende Wirkung der gleichzeitig erhobenen Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom ... Mai 2022 wird wiederhergestellt.
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Die Annahme der Antragsgegnerin hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung sei ohne eigenverantwortliche Bildung eines Urteils und zudem auf ein fehlerhaftes ärztliches Gutachten gestützt worden. Auch sei eine anderweitige Verwendung des Antragstellers möglich und geboten.
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Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 25. Mai 2022 beantragt,
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der Antrag wird abgelehnt.
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Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit sei rechtmäßig. Hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung habe sich die Antragsgegnerin ein eigenes Urteil gebildet. Eine anderweitige Verwendungsmöglichkeit im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG sei nicht gegeben.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten in diesem Verfahren sowie im Verfahren M 5 K 22.2598, M 5 S 22.1921 und M 5 K 22.1893 verwiesen.
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Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist begründet.
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1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für das Begehren des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung der eingelegten Klage wiederherzustellen.
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Insbesondere liegt eine Anordnung des Sofortvollzuges vor, da es sich bei Nr. 2 des Bescheids vom … Mai 2022 „Nr. 2 (richtigerweise: Nr.1) dieses Bescheids wird für sofort vollziehbar erklärt.“ um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt, der nach Art. 42 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwfVG) jederzeit berichtigt werden könnte und auch nach dem objektiven Empfängerhorizont für den Antragsteller offensichtlich ist, dass nur die Anordnung des Sofortvollzugs für Nr. 1 des Bescheids gemeint sein kann.
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Zwar hat der Bescheid vom … Mai 2022 unabhängig von dem Umstand seiner Anfechtung mit der Klage mit Ablauf des … Juni 2022 seine Gestaltungswirkung (innere Wirksamkeit) entfaltet. Die Rechtsschutzmöglichkeiten des Antragstellers bleiben hiervon jedoch unberührt. Im Falle einer Aufhebung der Entlassungsverfügung würde diese Gestaltungswirkung rückwirkend entfallen, so dass das Beamtenverhältnis als durchgehend nicht berührt zu behandeln wäre (vgl. Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand März 2022, Art. 56 BayBG, Rn. 60 mit Rechtsprechungsnachweisen).
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2. Hinsichtlich der in Nr. 2 des Bescheides vom … Mai 2022 angeordneten sofortigen Vollziehung war die aufschiebende Wirkung der Klage bzgl. der Nr. 1 des Bescheids wiederherzustellen, da die Entlassungsverfügung voraussichtlich rechtswidrig ist.
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a) Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO hat eine Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat.
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Gegen die behördlich angeordnete sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts kann der Betroffene gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO beim Gericht der Hauptsache die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragen.
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Das Gericht trifft eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat dabei abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessensabwägung.
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b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze war antragsgemäß zu entscheiden, weil sich die in Nr. 1 des Bescheids vom ... Mai 2022 enthaltene Entlassung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe nach der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung als rechtswidrig darstellt und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt, so dass die hiergegen erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich Erfolg haben wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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aa) Die Antragsgegnerin stützt die Entlassung des Antragstellers auf § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz/BeamtStG). Danach können Beamtinnen und Beamte auf Probe entlassen werden, wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben.
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bb) Es kann dahinstehen, ob die gutachterliche Stellungnahme der Amtsärztin vom … Januar 2022 fehlerfrei zustande kam. Jedenfalls ist die Antragsgegnerin ihrer sogenannten Suchpflicht, den Antragsteller im Rahmen einer anderweitigen Verwendung zu beschäftigen, nicht in ausreichendem Maße nachgekommen.
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§ 23 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG bestimmt, dass in dem hier gegebenen Fall der allein mangelnden gesundheitlichen Eignung § 26 Abs. 2 BeamtStG entsprechend anzuwenden ist.
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Die sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift über die Versetzung eines Lebenszeitbeamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit auf den Fall der Entlassung eines Probebeamten wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung muss der gegenüber § 26 Abs. 2 BeamtStG geänderten Ausgangslage Rechnung tragen. Bei einem dauernd dienstunfähigen Lebenszeitbeamten soll entsprechend dem Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ von der Zurruhesetzung abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Dagegen kommt es für die anderweitige Verwendung eines Probebeamten darauf an, ob der Betroffene noch für einen ausreichend großen Teil der Dienstposten der gesamten bisherigen Laufbahn oder für eine andere Laufbahn, für die der Beamte die Befähigung besitzt oder voraussichtlich erwerben wird, mit insgesamt geringeren gesundheitlichen Anforderungen gesundheitlich geeignet ist (BayVGH, B.v. 31.7.2015 - 3 ZB 12.1613 - juris Rn. 51). Die aus § 26 Abs. 2 BeamtStG folgende Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung besteht im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die er wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist (vgl. BVerwG, U.v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - BVerwGE 148, 204, juris Rn. 40; U.v. 5.6.2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1-17, juris Rn. 34; BayVGH, B.v. 31.7.2015 - 3 ZB 12.1613 - juris Rn. 51).
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Vorliegend ist die Suchpflicht nicht entfallen. Entsprechend der Zielrichtung, der Bewährung in der Probezeit, kommt es darauf an, ob auf Grund einer Prognose über die (künftige) gesundheitliche Eignung von einer dem § 26 Abs. 2 BeamtStG entsprechenden Fallkonstellation auszugehen ist (vgl. Baßlsperger in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand März 2022, § 23 BeamtStG, Rn. 145). Die negative Prognose muss mit einer gebotenen Sicherheit sachlich gerechtfertigt werden (OVG Saarl, U.v. 13.1.2021 - 1 A 190/18 - juris Rn. 96; VGH BW, U.v. 20.7.2016 - 4 S 1163/14 - juris Rn. 51). Zwar werden im amtsärztlichen Gutachten vom … Januar 2022 erhebliche Leistungseinschränkungen in Bezug auf eine Tätigkeit als Brandmeister attestiert. Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass eine uneingeschränkte gesundheitliche Eignung für die Tätigkeit als Brandmeister nicht bestätigt werden kann. Weiter könne aufgrund der vorliegenden Gesundheitsstörung und des bisherigen Krankheitsverlaufs zum jetzigen Zeitpunkt keine abschließende Prognose zur Wahrscheinlichkeit des vorzeitigen Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit gestellt werden. Die gesundheitliche Eignung für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit könne daher derzeit nicht bestätigt werden. Es geht gerade nicht hervor, dass der Antragsteller in vollem Umfang dienstunfähig und damit für sämtliche der grundsätzlich in Betracht kommenden Dienstposten im Bereich der Dienstherrin gesundheitlich ungeeignet ist. Darüber hinaus ergibt sich aus der ergänzenden Stellungnahme des Gesundheitsreferates vom … Juli 2022, dass aus amtsärztlicher Sicht die gesundheitliche Eignung für die Beamtenlaufbahn im Branddienst bei der Berufsfeuerwehr nicht vorliege. Eine Prognose - bei einem leidensgerechten Einsatz - hinsichtlich der Frage, ob der Beamte nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbeding ausfallen und deshalb eine wesentlich geringe Lebensdienstzeit aufweisen würden, konnte nicht getroffen werden. Ein weiteres Indiz, welches gegen eine gesundheitliche Ungeeignetheit spricht, ist der Aktenvermerk der Antragsgegnerin vom ... März 2022, aus welchen hervorgeht, dass der Antragsteller die Anforderungen an eine Tarifbeschäftigung im Bereich Einsatzvorbereitung, Aus- und Fortbildung - ohne Feuerwehreinsatz - und die damit einhergehenden Arbeitsvorgänge ohne Einschränkungen durchführen kann. Zudem ging die Antragstellerin wohl selbst von einer Suchpflicht aus, da sie im Bescheid vom ... Mai 2022 auf Seite 5 ausführt, dass eine anderweitige Verwendung des Antragstellers in einer anderen Laufbahn nicht in Frage komme. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Beweislast im Fall der Feststellung der Dienstunfähigkeit bereits ernannter Beamter, auch Beamter im Probebeamtenverhältnis, beim Dienstherren liegt (BVerwG, B.v. 11.4.2017 - 2 VR 2.17 - IÖD 2017, 122, juris Rn. 13).
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Die Suche nach einer Verwendungsmöglichkeit muss sich regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn sowie auf Dienstposten erstrecken, die frei sind oder in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind (BVerwG, U.v. 19.3.2015 - 2 C 37.13 - NVwZ-RR 2015, 625, juris Rn. 17 f.; B.v. 6.3.2012 - 2 A 5.10 - IÖD 2012, 122, juris Rn. 4; OVG Saarl, U.v. 13.1.2021 - 1 A 190/18 - juris Rn. 100). Die Suchpflicht darf sich nicht auf die Nachfrage beschränken, ob eine andere Behörde im Bereich des Dienstherrn bereit ist, den Beamten zu übernehmen. Vielmehr sind konkrete, ggf. auch dialogische Bemühungen erforderlich, den Beamten anderweitig zu verwenden.
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In welcher Form die Verwaltung der Suchpflicht nachkommt, sei es durch schriftliche Anfragen oder aber durch E-Mail-Abfragen oder auf andere Weise, bleibt zwar ihrer Organisationsgewalt überlassen (BVerwG, U.v. 19.3.2015 - 2 C 37.13 - NVwZ-RR 2015, 625, juris Rn. 22). Die konkreten Bemühungen des Dienstherrn, seiner Suchverpflichtung in ausreichendem Maße nachzukommen, müssen jedoch schriftlich dokumentiert werden, wenn sie sich nicht evident aus dem Vorgang selbst ergeben. Die Durchsetzung und Sicherstellung des grundsätzlich bestehenden Lebenszeitprinzips als Teil der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (Grundgesetz/GG) erfordert eine rechtmäßige Gestaltung des Verfahrens der Entlassung eines Beamten (BVerfG, B.v. 10.12.1985 - 2 BvL 18/83 - BVerfGE 71, 255 - juris Rn. 44). Zu den von Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Grundsätzen des Beamtenrechts gehört auch, dass die Versetzung in den Ruhestand sowie jede Beendigung des Beamtenverhältnisses nur unter gesetzlich bestimmten Voraussetzungen zulässig ist (BVerfG, B.v. 30.7.2003 - 2 BvR 2116/01 - DVBl 2003, 1525, juris Rn. 4 zur einstweiligen Ruhestandsversetzung). Der Beamte wird grundsätzlich nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Erwägungen in die Lage versetzt, etwa anhand von Akteneinsicht sachgerecht darüber befinden zu können, ob der Dienstherr in ausreichendem Umfang seiner Suchverpflichtung nachgekommen ist und ob Rechtsschutz in Anspruch genommen werden sollte. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der konkreten Suchbemühungen dem Gericht die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit der Entlassung nachzuvollziehen. Dem Beamten ist es nicht zuzumuten, seine Entlassung durch seinen Dienstherrn gewissermaßen „ins Blaue hinein“ in einem gerichtlichen Verfahren angreifen zu müssen, um die konkreten Bemühungen hinsichtlich seiner anderweitigen Verwendbarkeit zu erfahren. Im Übrigen stellt nur die schriftliche Dokumentation der konkreten Suchbemühungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind, und erweist sich damit als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 5 GG (vgl. zur Auswahlentscheidung: BVerfG, B.v. 9.7.2007 - 2 BvR 206/07 - juris Rn. 21; zum Abbruch einer Stellenbesetzung: BVerfG, B.v. 28.11.2011 - 2 BvR 1181/11 - juris Rn. 23).
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Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der ihm obliegenden Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die gesetzlichen Vorgaben beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (BVerwG, U.v. 19.3.2015 - 2 C 37.13 - juris Rn. 20; OVG Saarl, U.v. 13.1.2021 - 1 A 190/18 - juris Rn. 101).
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Die konkreten Suchbemühungen der Antragsgegnerin genügen diesen Anforderungen nicht. Die Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung ist nicht deshalb entfallen, weil eine Weiterverwendung des Klägers wegen dessen körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen ausscheiden würde. Soweit sich die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid vom ... Mai 2022 darauf beruft, dass eine anderweitige Verwendung im feuerwehrtechnischen Dienst auch außerhalb des Einsatzdienstes sowie in einer anderen Laufbahn nicht in Frage komme, kann sie damit mangels hinreichender schriftlicher Dokumentation den Darlegungsanforderungen nicht genügen. Aus der vorgelegten Behördenakten ergeben sich keine Suchbemühungen. Zudem wird aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich, ob und inwieweit sämtliche Referate und Ämter der Stadtverwaltung in die Suchbemühungen einbezogen worden sind und ob ein erforderliches positives Leistungsprofil erstellt und kommuniziert wurde. Es kann nicht annähernd konkret belegt werden, ob und welche Einschränkungen des Antragstellers diskutiert und welche möglichen Einsatzfelder in Betracht gezogen worden sind.
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Mangels schriftlicher Dokumentation ist weder nachvollziehbar, auf welche Weise die aufgeführten Suchergebnisse zustande gekommen sind, noch, ob die erfolgten Suchbemühungen den aufgezeigten Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts entsprechen.
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Darüber hinaus ist - mangels unzureichender Dokumentation nicht nachprüfbar - eine anderweitige Verwendung des Antragstellers möglicherweise denkbar. Der Antragteller ist seit … Juli 2019 in der Abteilung VO Einsatzvorbereitung, Aus- und Fortbildung - ohne Feuerwehreinsatz - tätig. Dem Antragsteller wurde ermöglicht in dieser Abteilung als Ausbilder tariflich beschäftigt zu werden. Ein entsprechender Arbeitsvertrag wurde am … Juni 2022 (Anlage 2) geschlossen. Aus welchem Grund eine anderweitige Verwendung als Beamter - ebenfalls ohne Feuerwehreinsatz - als Ausbilder in der oben genannten Abteilung im Rahmen der Prüfung einer anderweitigen Verwendung nicht geprüft bzw. ermöglicht wurde, ist nicht ersichtlich.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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4. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. den Empfehlungen in den Nrn. 1.5 Satz 1 und 10.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (ein Viertel der maßgeblichen Jahresbezüge in Höhe von 36.732,40 EUR).