Titel:
Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wegen Leistungsdefizit
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
BeamtStG § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
SGB IX § 178 Abs. 2
Leitsätze:
1. Eine Entlassung wegen mangelnder Bewährung ist sachlich bereits dann gerechtfertigt, wenn sich während der Probezeit Zweifel an der persönlichen oder fachlichen Eignung des Beamten ergeben. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. In qualitativer Hinsicht sind auch bei der Beurteilung von schwerbehinderten Beamten die für alle Beamten geltenden Beurteilungsmaßstäbe anzulegen. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Entlassung, Beamtenverhältnis auf Probe, Mangelhafte Quantität, Mangelhafte Qualität, Kein Zusammenhang mit Schwerbehinderung, absolute Ermessensschranke
Fundstelle:
BeckRS 2022, 20166
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 6.460,31 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der 1981 geborene Antragsteller bestand im September 2016 die Qualifikationsprüfung für die zweite Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen. Mit Wirkung zum ... Oktober 2016 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Regierungssekretär ernannt. Er ist beim Zentrum Bayern Familie und Soziales in München tätig und war in verschiedenen Arbeitsbereichen eingesetzt. Er war durchgehend in Teilzeit mit einem Umfang von 32 Wochenstunden beschäftigt.
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Beim Antragsteller liegt nach dem Gesundheitszeugnis des Gesundheitsamtes der Stadt A. vom … April 2013 eine chronische Erkrankung mit Beeinträchtigung der Gehfähigkeit vor. Bei ihm ist eine Schwerbehinderung mit einem Grad von 100 mit den Merkmalen G, B und aG anerkannt (unbefristet gültiger Schwerbehindertenausweis vom …10.2000). Für längere Strecken benötige er einen Rollstuhl, grundsätzlich sei er frei gehfähig. Für die vorgesehene Tätigkeit als Verwaltungsfachwirt sei er gesundheitlich uneingeschränkt geeignet. Das wird im Gesundheitszeugnis des Referats für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München vom … September 2016 bestätigt.
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In der Probezeiteinschätzung vom … Oktober 2017 ist ausgesagt, dass der Beamte für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit voraussichtlich noch nicht geeignet sei. Er arbeite zwar sorgfältig und habe sich gute Fachkenntnisse angeeignet. Die Qualität und die Quantität seiner Arbeit müsse er jedoch noch deutlich steigern.
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Die Probezeitbeurteilung vom … September 2018 kommt zu dem Ergebnis, dass der Beamte für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit noch nicht geeignet sei. Er erreiche das für einen Bearbeiter erforderliche Pensum zu keiner Zeit. Auch im Bereich Qualität erziele er keine zufriedenstellenden Ergebnisse. Eine selbständige Bearbeitung der Akten komme nicht zustande. Die anfänglich hohe Einsatzbereitschaft habe der Beamte nicht aufrechterhalten. Trotz zunächst guter Aneignung von Fachkenntnissen hätten sich im weiteren Verlauf der Probezeit große Defizite ergeben.
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Mit bestandskräftigem Bescheid vom … September 2018 wurde die Probezeit um ein Jahr bis … September 2019 verlängert. Mit weiterem bestandskräftigem Bescheid vom … Oktober 2018 wurde der regelmäßige Stufenaufstieg der Besoldung ausgesetzt, da der Antragsteller die Mindestanforderungen nicht erfülle.
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Der Antragsteller war seit ... Mai 2018 durchgehend dienstunfähig erkrankt. Mit bestandskräftigem Bescheid vom ... Juni 2019 wurde die Probezeit bis … Juni 2020 erneut verlängert, da die Feststellung der Bewährung noch nicht haben getroffen werden können. Ebenfalls wurde der regelmäßige Stufenaufstieg der Besoldung mit bestandskräftigem Bescheid vom … September 2019 weiter ausgesetzt.
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Mit bestandskräftigem Bescheid vom … Februar 2020 wurde die Probezeit letztmalig bis … September 2021 verlängert. Ebenfalls wurde der regelmäßige Stufenaufstieg der Besoldung mit bestandskräftigem Bescheid vom … Mai 2020 weiter ausgesetzt.
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Am … Juni 2020 trat der Antragsteller den Dienst im Rahmen einer Eingliederung wieder an (Erkrankungszeitraum ...5.2018 bis …5.2020). In einem Gesundheitszeugnis vom … Juni 2021 kommt das Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller für die vorgesehene Tätigkeit als Regierungssekretär und für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gesundheitlich geeignet sei.
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Mit Anhörungsschreiben vom … Juli 2021 wurde der Beamte darauf hingewiesen, dass in der Probezeit bislang erhebliche Leistungsdefizite festgestellt worden seien. Ohne deutliche Steigerungen werde die Probezeitbeurteilung mit dem Urteil „nicht geeignet“ schließen und eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe erfolgen. Der Antragsteller wies in einer Stellungnahme vom … Juli 2021 darauf hin, dass die Quantität und Qualität seiner Arbeit mit seiner Behinderung zusammenhingen. Denn für ihn bedeute die Bewältigung des Arbeitsalltags eine enorme körperliche Anstrengung.
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Der Antragsteller legte ein fachärztlich neurologisches Attest vom … Juli 2021 vor. Aufgrund der zugrundeliegenden spastischen Cerebralparese sei der Antragsteller in seinem Arbeitstempo eingeschränkt. Bei einem regulären Tempo komme es zu einem generalisiert erhöhten Muskeltonus, der zu einer schnelleren allgemeinen Erschöpfbarkeit führe. Infolgedessen träten dann auch Einschränkungen der Konzentration mit erhöhter Fehlerrate auf.
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Die Probezeitbeurteilung vom ... Dezember 2021 kommt zu dem Gesamtergebnis, dass der Beamte für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet sei. Der Antragsteller habe sich in sämtlichen Tätigkeitsbereichen, in denen er während seiner Probezeit eingesetzt gewesen sei, nicht in der Lage gezeigt, sein infolge der Berücksichtigung seiner Schwerbehinderung deutlich vermindertes Arbeitspensum zu bewältigen. Eine Bearbeitung in angemessener Zeit gelinge ihm trotz Anleitung durch Vorgesetzte und Kolleginnen / Kollegen nicht. Die erzielten Arbeitsergebnisse wiesen zum Teil massive Fehler auf und genügten den Qualitätsanforderungen nicht. Weder die Quantität noch die Qualität seiner Leistungen habe er im Verlauf der Probezeit in ausreichendem Maße steigern können. Gegenüber den Antragstellern sei er um umfassende Beratung bemüht. Die Zusammenarbeit mit Vorgesetzten und Kollegen sei unzulänglich und gestalte sich schwierig.
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Der Antragsteller wurde zu der beabsichtigten Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe mit Schreiben vom … Dezember 2021 angehört. Hierzu hat er - soweit ersichtlich - keine weitere Stellungnahme abgegeben. Der auf Antrag des Beamten im Entlassungsverfahren beteiligte Personalrat stimmte der beabsichtigten Entlassung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe am … Februar 2022 zu.
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Die Vertrauensperson der Schwerbehinderten teilte in ihrer Stellungnahme vom … Februar 2022 mit, dass die Betreuung durch den Integrationsfachdienst regelmäßig und intensiv gewesen sei. Der Antragsteller habe verschiedene Arbeitsbereiche während der Probezeit durchlaufen. Im Austausch aller Parteien sei der Eindruck gewonnen worden, dass hinsichtlich der Ausstattung am Arbeitsplatz wie auch bei der Einteilung der Arbeitsmenge auf die individuellen Bedürfnisse des Beamten Rücksicht genommen worden sei. Die Schwerbehindertenvertretung bedauere, dass der Beamte die Probezeit nicht bestanden habe. Mit Blick auf die Konsequenzen einer Entlassung für den Antragsteller könne die Schwerbehindertenvertretung nicht eindeutig ohne Bedenken der Entlassung zustimmen (Enthaltung).
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Mit Bescheid vom … Februar 2022 wurde die Entlassung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe mit Ablauf des … März 2022 verfügt und deren sofortige Vollziehung angeordnet. Der Antragsteller habe sich in der gesamten verlängerten Probezeit in fachlicher Hinsicht nicht bewährt. Auch ein gegenüber vergleichbaren Bearbeiterinnen und Bearbeitern deutlich geringeres Pensum habe der Beamte nicht bewältigen können. Eine konsequente Bearbeitung der Fälle in angemessener Zeit sei nicht erfolgt. Das sei zum größten Teil seinen durchgehend zu ausführlichen und ausformulierten Vermerken, Anschreiben und Mails geschuldet. Trotz Hinweisen auf eine erforderliche effektivere und straffere Arbeitsweise habe der Antragsteller die Quantität seiner Arbeit nicht erhöhen können. Eine Vertiefung und Erweiterung seiner Fachkenntnisse sei ihm bis auf wenige Einzelheiten nicht gelungen. Die Arbeitsergebnisse seien bei einfachen Fällen korrekt gewesen, aber schon bei nur etwas schwierigeren Fällen seien diese des Öfteren fehlerhaft gewesen. Auch die Zusammenarbeit mit Vorgesetzten und Kollegen sei unzulänglich. Auch die persönliche Eignung liege nicht vor. Die häufigen Nachfragen belegten die mangelnde Auffassungsgabe und geistige Beweglichkeit. Auch die Einsatzbereitschaft und die Entscheidungsfreude seien im Vergleich mit anderen Anwärtern zu gering. Ein angemessener Einsatz als Bearbeiter sei in der Behörde nicht möglich. Der Antragsteller sei auch charakterlich ungeeignet. Denn es lägen Gehaltspfändungen vor. Der Beamte habe nicht erklärt können, wie es zu Zahlungsrückständen in fünfstelliger Höhe habe kommen können. Wer überschuldet sei, sei einer höheren Korruptionsgefahr ausgesetzt. Bei einer Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Besetzung der Stellen mit geeigneten Mitarbeitern sowie des permanenten Überprüfungsbedarfs der vom Antragsteller gefertigten Bescheide mit dem Individualinteresse des Antragstellers - auch unter Berücksichtigung dessen Schwerbehinderung - falle diese zugunsten eines Sofortvollzugs der Entlassungsverfügung aus. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am … Februar 2022 gegen Postzustellungsurkunde zugestellt.
15
Der Antragsteller hat am 3. März 2022 zur Niederschrift Klage gegen den Bescheid vom … Februar 2022 erhoben, über die noch nicht entschieden ist (M 5 K 22.1273). Gleichzeitig hat er zur Niederschrift beantragt,
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die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) wiederherzustellen (richtig statt: anzuordnen).
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Klage und Eilantrag wurden bislang nicht näher begründet.
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Das Zentrum Bayern Familie und Soziales hat die Akten vorgelegt und unter Hinweis auf die Ausführungen in seinem Bescheid vom … Februar 2022 beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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Der zulässige Antrag ist unbegründet.
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1. Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Diese Bestimmung stellt eine zentrale Norm der Verwaltungsrechtspflege dar, denn der Bürger hat nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) Anspruch auf eine tatsächlich wirksame Kontrolle der Verwaltung. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage aber nicht schlechthin. Die Behörde darf sie gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO durch Anordnung der sofortigen Vollziehung beseitigen, wenn dafür ein besonderes öffentliches Interesse besteht, das grundsätzlich über jenes Interesse hinauszugehen hat, welches den Erlass des Verwaltungsakts selbst rechtfertigt.
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Das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes ist nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich zu begründen. Die Begründung der Vollzugsanordnung des Antragsgegners vom … Februar 2022 genügt diesem gesetzlichen Erfordernis. Sie ist nicht lediglich formelhaft, sondern lässt erkennen, dass die Behörde eine Einzelfallprüfung vorgenommen und dementsprechend dem besonderen öffentlichen Interesse an einer sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung öffentlicher Mittel und an einem geordneten Dienstbetrieb wegen gravierender Leistungsmängel des Antragstellers den Vorzug gegeben hat.
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Über diese formale Prüfung hinaus bedarf es keiner weiteren (materiellen) Erörterung der von der Behörde genannten Gründe, da das Gericht nicht auf die Überprüfung dieser Gründe beschränkt ist, sondern im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO unter Abwägung der öffentlichen Belange gegen den Rechtsanspruch des Einzelnen selbst zu beurteilen hat, ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht. Daher kann es im Rahmen der Überprüfung der Anordnung des Sofortvollzugs dahinstehen, ob die Behörde die Interessen des Antragstellers in der Sache überhaupt bzw. hinreichend berücksichtigt hat.
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Auch eine Anhörung gem. Art. 28 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) im Hinblick auf die Anordnung des Sofortvollzugs ist nicht erforderlich, da es sich dabei mangels Regelung nicht um einen Verwaltungsakt gem. Art. 35 BayVwVfG handelt. Auch für eine analoge Anwendung des Anhörungserfordernisses ist mangels planwidriger Regelungslücke und vergleichbarer Interessenlage kein Raum. § 80 Abs. 3 VwGO stellt eine abschließende Regelung im Hinblick auf die formalen Voraussetzungen der Vollziehbarkeitsanordnung dar. Dem Bedürfnis nach rechtlichem Gehör und effektivem Rechtsschutz ist durch Überprüfung der Vollziehbarkeitsanordnung und ihrer Voraussetzungen im gerichtlichen Verfahren Genüge getan (BayVGH, B.v. 19.3.1996 - 21 CS 95.3505 - BayVBl 1996, 534/535; Schmidt in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 42).
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2. Eine summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt im vorliegenden Fall, dass keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung bestehen.
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Das Gericht hat im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO unter Abwägung der öffentlichen Belange gegen den Rechtsanspruch des Einzelnen zu beurteilen, ob ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht. Soweit dabei die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs oder der Klage bereits absehbar sind, hat das Gericht sie zu berücksichtigen. Ergibt diese im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes notwendigerweise summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf oder die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, so scheidet - sofern ein öffentliches Interesse für den sofortigen Vollzug spricht - ein Vorrang der privaten Interessen von vornherein aus, da an der Aussetzung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakts in der Regel kein überwiegendes privates Interesse bestehen kann (Schmidt in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 68 ff.; vgl. BayVGH, B.v. 4.10.1982 - 19 AS 82 A.2049 - BayVBl 1983, 23).
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a) Zu Recht hat der Antragsgegner die Entlassung auf § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz - BeamtStG) gestützt. Nach dieser Vorschrift kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit hinsichtlich seiner Eignung, Befähigung oder fachlichen Leistung nicht bewährt hat.
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b) In formeller Hinsicht begegnet die Entlassungsverfügung keinen Bedenken.
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Sie wurde nach Anhörung des Antragstellers vor Erlass des Entlassungsbescheids (Art. 28 BayVwVfG) erlassen. In der streitgegenständlichen Entlassungsverfügung sind sowohl der Grund (Nichtbewährung in der Probezeit, S. 4 ff. des Bescheids) sowie der Zeitpunkt der Entlassung (Ablauf des …3.2022) benannt (Art. 56 Abs. 3 BayBG). Da die Entlassungsverfügung dem Antragsteller am … Februar 2022 mit Postzustellungsurkunde zugestellt wurde, ist die gem. Art. 56 Abs. 5 Satz 1 BayBG vorgeschriebene Entlassungsfrist von sechs Wochen zum Schluss eines Kalendervierteljahres eingehalten.
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Der auf Antrag des Antragstellers beteiligte Personalrat hat der Entlassung zugestimmt (Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3, Art. 72 Bayerisches Personalvertretungsgesetz - BayPVG). Auch die Schwerbehindertenvertretung (§ 178 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen/SGB IX) wurde vor Ergehen des Bescheids angehört (Nr. 14.3.3.1 der Richtlinien über die Inklusion behinderter Angehöriger des Öffentlichen Dienstes in Bayern (Bayerische Inklusionsrichtlinien), Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 29. April 2019, BayMBl 2019, Nr. 165).
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c) Auch materiell weist der angegriffene Entlassungsbescheid nach summarischer Überprüfung keine rechtlich erheblichen Mängel auf. Es unterliegt keinen Rechtsfehlern, dass der Antragsgegner eine fehlende fachliche Bewährung des Antragstellers während des Laufs der Probezeit angenommen hat.
33
Die beamtenrechtliche Probezeit soll dem Beamten die Möglichkeit geben, während des gesamten Laufs der Probezeit seine Eignung und Befähigung zu beweisen. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob sich der Beamte bewährt hat, ist ein Akt wertender Erkenntnis seines für die Beurteilung zuständigen Organs. Dabei genügen bereits begründete ernstliche Zweifel des Dienstherrn, ob der Beamte die Eignung und Befähigung besitzt und die fachlichen Leistungen erbringt, die für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit notwendig sind, um eine Bewährung zu verneinen. Diese Entscheidung ist gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (BVerwG, U.v. 18.7.2001 - 2 A 5/00 - ZBR 2002, 184). Eine Entlassung wegen mangelnder Bewährung ist sachlich bereits dann gerechtfertigt, wenn sich während der Probezeit Zweifel an der persönlichen oder fachlichen Eignung des Beamten ergeben (BVerwG, U.v. 29.9.1960 - II C 79.59 - BVerwGE 11, 139/140). Der Feststellung der Bewährung während der Probezeit kommt als Voraussetzung für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit der Charakter einer Prognose im Hinblick darauf zu, dass der Beamte aufgrund der während der Probezeit erbrachten Leistungen, seines während der Probezeit gezeigten Verhaltens oder sonstiger während der Probezeit bekannt gewordener Umstände voraussichtlich auf Dauer den an einen Beamten seiner Laufbahn zu stellenden persönlichen und fachlichen Anforderungen gewachsen sein wird. Eine mangelnde Bewährung liegt also nicht erst dann vor, wenn endgültig die fehlende Eignung, Befähigung oder fachliche Leistung erwiesen ist, sondern schon dann, wenn begründete Zweifel bestehen, ob der Beamte den an ihn zu stellenden Anforderungen persönlich oder fachlich gewachsen sein wird (Zängl in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: November 2021, § 23 BeamtStG Rn. 136 m.w.N.). Bei der Feststellung der Bewährung oder mangelnden Bewährung, die von den zahlreichen Anforderungen des konkreten Aufgabengebiets sowie von der Beurteilung der Persönlichkeit des Beamten abhängt, handelt es sich um einen Akt wertender Erkenntnis, um ein an den Anforderungen der konkreten Laufbahn auszurichtendes, persönlichkeitsbedingtes Werturteil.
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Formale Grundlage für die Feststellung der fachlichen Bewährung sind in erster Linie die Probezeitbeurteilungen (BayVGH, B.v. 30.11.2009 - 3 CS 09.1773; vgl. Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, a.a.O., § 23 BeamtStG Rn. 146). Auch der Antragsgegner stützt seine Entscheidung im Wesentlichen auf die Probezeiteinschätzung und -beurteilungen des Antragstellers.
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Inhaltlich ist gegen die Einschätzung, der Antragsteller habe sich (auch in der verlängerten) Probezeit nicht bewährt, rechtlich nichts zu erinnern. Das gilt maßgeblich vor dem Hintergrund, dass die Probezeit den Zweck hat, unter Anlegung eines strengen Maßstabs festzustellen, ob ein Beamter allen Anforderungen des Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit dauerhaft genügen kann (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen - Leistungslaufbahngesetz/LlbG). Die in der maßgeblichen Probebezeitbeurteilung vom ... Dezember 2021 festgehaltenen Leistungsdefizite des Antragstellers tragen das Gesamturteil, dass der Beamte den Anforderungen an eine Tätigkeit als Regierungssekretär nicht genügt und sich in der Probezeit nicht bewährt hat. Dabei fällt auf, dass das festgestellte Leistungsdefizit im Kern mit fehlender Quantität, aber auch Qualität sowie fehlendem erweiterten Fachwissen in allen Bereichen, in denen er eingesetzt war, sowohl in der Probezeiteinschätzung als auch in den insgesamt zwei Probezeitbeurteilungen durchgängig beschrieben wird. Diese Einschätzungen sind im Entlassungsbescheid zusammen mit dem wesentlichen Inhalt der Beurteilungsbeiträge für die Probezeitbeurteilung wiedergegeben.
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Diese negative Prognose wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Beitrag zur Probezeitbeurteilung im Team … vom … Januar 2021 positiv gehalten ist und insbesondere angibt, dass der Antragsteller ausreichend viele Fälle erledige. In einer weiteren Stellungnahme der Vorgesetzten („zum Schreiben vom ...7.2021“) ist das allerdings dahin eingeschränkt, dass der Antragsteller noch keinen festen „eigenen“ Zuständigkeitsbereich gehabt habe. Ob er das erforderliche Tempo für einen eigenen Zuständigkeitsbereich habe und ob das Pensum erreicht werden könne, könne aufgrund der Kürze der Zeit (6 Monate nach Ende der Wiedereingliederung) und der umfangreichen erforderlichen Einarbeitung nicht abschließend geklärt werden. Zudem wird - wie im Entlassungsbescheid weiter ausgeführt wird - sich der Arbeitsbereich, in dem der Beamte im Team … tätig war, im Laufe der Zeit verringern und erledigen. Demgegenüber fallen die Leistungsbewertungen in den übrigen drei Teams, in denen der Antragsteller während seiner Probezeit eingesetzt war, durchgängig deutlich negativ aus. Diese negative Bewertung wird anhand der konkret zu bewältigenden Aufgaben nachvollziehbar und schlüssig begründet.
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Es ist auch nicht ersichtlich, dass bei der Leistungsbeurteilung die körperliche Behinderung und schnelle Erschöpfung des Klägers - unterstrichen mit dem ärztlichen Attest vom … Juli 2021 - durch den Beurteiler rechtsfehlerhaft nicht hinreichend berücksichtigt worden wäre. Es ist nicht ersichtlich, dass eine behinderungsbedingte Minderung der Arbeits- oder Verwendungsfähigkeit nicht berücksichtigt worden wäre (Art. 21 Abs. 2 LlbG; Nr. 9.2 der Richtlinien über die Inklusion behinderter Angehöriger des Öffentlichen Dienstes in Bayern (Bayerische Inklusionsrichtlinien), Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 29. April 2019, BayMBl 2019, Nr. 165). Der Teamleiter des Teams … hat ausdrücklich in seiner Stellungnahme vom … September 2021 angegeben, dass der Antragsteller sein bereits reduziertes Arbeitspensum nicht habe bewältigen können. Diese deutlich mangelhafte Quantität zeigte sich nach den Beurteilungsbeiträgen in drei von vier Arbeitsbereichen, in denen der Antragsteller eingesetzt war. Auch die Schwerbehindertenvertretung hat in ihrer Stellungnahme vom … Februar 2022 zum Entlassungsbescheid ausdrücklich angegeben, dass auch bei der Einteilung der Arbeitsmenge auf die individuellen Bedürfnisse des Antragstellers Rücksicht genommen worden sei. Hinsichtlich der Quantität der Arbeitsleistung ist auch darauf hinzuweisen, dass eine effektivere und straffere Arbeitsweise vom Antragsteller nicht gezeigt wurde. Vielmehr fielen insoweit seine zu ausführlichen Vermerke, Anschreiben oder E-Mails auf, die eine Erfüllung des erwarteten Arbeitspensums verhindert haben (siehe hierzu insbesondere Beurteilungsbeitrag des Teamleiters … vom ...7.2021).
38
Unabhängig davon bezieht sich das Leistungsmerkmal Qualität auch nicht auf die Quantität seiner Arbeitsleistung. Auch bei erschöpfungsbedingt nachlassender Konzentration muss ein erforderliches Maß an Arbeitsqualität gewährleistet sein. In qualitativer Hinsicht sind auch bei der Beurteilung von schwerbehinderten Beamten die für alle Beamten geltenden Beurteilungsmaßstäbe anzulegen (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 25.2.1988 - 2 C 72/85 - BVerwGE 79, 86, juris Rn. 17 m.w.N.). In allen zwei Probezeitbeurteilungen wie auch der Probezeiteinschätzung sind erhebliche Qualitätsmängel beim Antragsteller festgehalten. Hinzu kommt, dass die Amtsärzte den Beamten auch mit Blick auf seine körperlichen Einschränkungen, die einen Grad der Behinderung von 100 bedingen mit den Merkmalen G, B und aG bedingen, für gesundheitlich geeignet für die Tätigkeit als Regierungssekretär angesehen haben.
39
d) Schließlich sind Ermessensfehler nicht ersichtlich. Steht für den Dienstherrn die fehlende Bewährung eines Probebeamten endgültig fest, kommt ihm kein weiteres Handlungsermessen zu (BayVGH, B.v. 8.6.2020 - 3 ZB 19.2442 - juris Rn. 28; Reich, BeamtStG, 3. Auflage 2018, § 23 Rn. 16). Nach der zwingenden Vorschrift des § 10 Satz 1 BeamtStG darf ein Beamter nur dann in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen werden, wenn er sich in der Probezeit bewährt hat. § 10 Satz 1 BeamtStG wirkt sich wie eine absolute Ermessensschranke aus, die bei endgültig feststehender mangelnder Bewährung nur die Entlassung als sachgerecht („ermessensgerecht“) erscheinen lässt.
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e) Auf die vom Antragsgegner weiter geltend gemachten Eignungsmängel in persönlicher wie charakterlicher Hinsicht kommt es entscheidungserheblich nicht an. Denn die fehlende Eignung in fachlicher Hinsicht begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
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3. Auch eine isolierte Interessenabwägung des öffentlichen Vollzugsmit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers ohne Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache fällt zu Ungunsten des Antragstellers aus. Angesichts der in den Probezeitbeurteilungen angesprochenen grundlegenden Mängeln ist es dem Antragsgegner nicht zuzumuten, den Antragsteller bis zu einem rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens weiter zu beschäftigen. Der Umstand, dass aufgrund der gravierend fehlerhaften Arbeitsergebnisse des Beamten der Dienstbetrieb nachhaltig gestört und aufgrund der angefallenen Rückstände eine erhöhte Bearbeitungsdauer von Anträgen zu besorgen ist, wiegt so schwer, dass das Interesse des Antragstellers an einer Fortsetzung seiner Tätigkeit während des Rechtsbehelfsverfahrens hinter dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entlassung zurücktreten muss.
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4. Der Antragsteller hat nach § 154 Abs. 1 VwGO als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, im Ergebnis ein Viertel der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen ([2.028,45 EUR x 12 = 24.341,40 EUR Jahresgrundgehalt + 1.499,84 EUR Jahressonderzahlung] / 4 = 6.460,31 EUR).