Inhalt

VG München, Urteil v. 05.04.2022 – M 1 K 19.3691
Titel:

Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs

Normenketten:
BauGB § 34 Abs. 1, § 36 Abs. 1
BayBO Art. 67 Abs. 1 S. 1
Leitsatz:
Der Bebauungszusammenhang endet nicht – wie regelmäßig – mit deren letzter Außenwand, sondern kann durch einen Weiher ausnahmsweise topographisch begrenzt werden, mit dem die Bebauung ihren Abschluss findet. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Klage gegen Ersetzung gemeindlichen Einvernehmens, Bauvorbescheid, Anbau an ehemaliges Fischereigebäude, Abgrenzung Innenbereich vom Außenbereich, topographische Grenze (bejaht), Ortsteil, topographische Grenze, Bebauungszusammenhang, Innenbereich, Ersetzung, gemeindliches Einvernehmen
Fundstelle:
BeckRS 2022, 20146

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen die Ersetzung ihres gemeindlichen Einvernehmens bezüglich eines Bauvorbescheids, den der Beklagte der Beigeladenen für die Umnutzung eines fischerlichen Gebäudes, dessen bauliche Erweiterung und die Errichtung eines Lagerschuppens erteilt hat.
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Die Beigeladene ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 5...0/1 Gemarkung …, auf dem sich ein ca. 8400 m² großer Weiher, ein Altarm des Flusses …, befindet. Für das Grundstück wurde einem Rechtsvorgänger mit Bescheid vom 9. November 1964 die Baugenehmigung für ein fischereiliches Nutzungsgebäude mit Garage, gelegen auf der Nordseite des Weihers, erteilt. Die Gebäude sind noch heute vorhanden. Weiter nördlich, westlich und südwestlich hiervon befindet sich Wohnbebauung, die sog. G. … Au. Ein Bebauungsplan besteht für den Bereich nicht. Es besteht eine Satzung über die erleichterte Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich, in dessen Geltungsbereich die Wohngrundstücke nordwestlich des klägerischen Grundstücks liegen. Eingeschlossen in den Satzungsbereich ist nur ein kleiner Teil des Vorhabengrundstücks; das Fischereigebäude und die hiervon südwestlich und nordöstlich gelegenen Flächen liegen außerhalb des Geltungsbereichs.
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Die Beigeladene beantragte unter dem 26. Juni 2017 die Erteilung eines Vorbescheids mit folgenden sinngemäß gestellten Fragen:
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1. Ist die Umnutzung des fischereilichen Nutzungsgebäudes zu Wohnzwecken bauplanungsrechtlich zulässig?
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2. Ist die Erweiterung des Gebäudes nach den beiliegenden Plänen bauplanungsrechtlich zulässig?
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3. Ist die Errichtung eines Lagerschuppens zur Unterbringung von Geräten und Maschinen zur Grundstücks- und Gewässerpflege bauplanungsrechtlich zulässig?
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Die Klägerin wolle das Grundstück, das sie von ihrer Großmutter geerbt habe, zusammen mit ihrem Ehemann herrichten. Da sie nicht vor Ort wohnten, bedürfe es einer Übernachtungsmöglichkeit. Zur Pflege von Grundstück und Weiher werde ein Lagerschuppen zum Unterstellen der Gerätschaften benötigt.
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Der Gemeinderat der Klägerin beschloss in seiner Sitzung am 18. Juli 2017, dass mit der Umnutzung des fischereilichen Nutzungsgebäudes zu Wohnzwecken sowie der Errichtung eines Lagerschuppens gemäß den Planskizzen vom 21. Juni 2017 Einverständnis bestehe. Für den geplanten Anbau wurde das gemeindliche Einvernehmen nicht erteilt. Die Bauantragsunterlagen gingen am 27. Juli 2017 beim Landratsamt ein.
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Mit Schreiben vom 1. August 2017 hörte das Landratsamt die Beigeladene zunächst zur beabsichtigten Ablehnung der Bauvoranfrage an, weil das Grundstück im Außenbereich liege. Als sonstiges Vorhaben beeinträchtige das Vorhaben öffentliche Belange. Außerdem liege das gemeindliche Einvernehmen nicht vor. Mit weiterem Schreiben vom 10. Oktober 2017 teilte das Landratsamt der Beigeladenen mit, dass der beantragte Lagerschuppen durch seine Lage im Satzungsbereich genehmigungsfähig sei. Die Nutzungsänderung und die Erweiterung seien aufgrund der Lage im Außenbereich jedoch nicht genehmigungsfähig. Die Beigeladene bat sodann, den Antrag ruhen zu lassen, weil sie sich bei der Klägerin um Erweiterung der Außenbereichssatzung bemühe.
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Mit Schreiben vom 25. Juli 2018 teilte das Landratsamt der Klägerin mit, der bauliche Bestand im Bereich der Außenbereichssatzung bilde zwischenzeitlich einen Ortsteil. Die Grenze zum Außenbereich verlaufe entlang der Bebauung auf den Grundstücken FlNrn. 5258/6 und 5258/19 und weiter nach Osten bis zu dem Gewässer als natürliche Grenze. Es werde aufgrund des geänderten Sachverhalts um nochmalige Stellungnahme, insbesondere zu dem geplanten Anbau, gebeten.
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Die Klägerin behandelte die Angelegenheit erneut in der Gemeinderatssitzung vom 25. September 2018 und hielt an der Beschlussfassung vom 18. Juli 2017 fest. Es bestünden Zweifel an der Einordnung zum Innenbereich.
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Das Landratsamt teilte der Klägerin mit Schreiben vom 13. Mai 2019 mit, dass es beabsichtige, das verweigerte Einvernehmen zu ersetzen, woraufhin die Klägerin erklärte, dass sie an der Verweigerung des Einvernehmens bezüglich der Erweiterung des Gebäudes festhalte.
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Mit Bescheid vom 26. Juni 2019 wurde der Beigeladenen ein Vorbescheid erteilt, der die Umnutzung des fischereirechtlichen Nutzungsgebäudes zu Wohnzwecken (Nr. 1.1) und seine Erweiterung (Nr. 1.2) gemäß den Eingabeplänen als bauplanungsrechtlich zulässig feststellt, ebenso die Errichtung des Lagerschuppens (Nr. 1.3). Das gemeindliche Einvernehmen wurde ersetzt (Nr. 2). Das Bauvorhaben werde bauplanungsrechtlich nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB beurteilt. Das Einvernehmen sei zu ersetzen gewesen. Die Stellungnahmen der Klägerin enthielten keine Gründe, die die Klägerin zur Versagung des Einvernehmens berechtigen würden. Der Bereich der G. … Au bilde aufgrund der durch die Außenbereichsatzung ermöglichten Neubauten nunmehr einen Ortsteil. Die Umgebungsbebauung entspreche einem allgemeinen Wohngebiet, in dem das Vorhaben zulässig sei. Die Ansiedlung bestehe mittlerweile aus 16 Wohngebäuden, zwei davon seien Doppelhäuser. Bei der Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich sei eine natürliche Grenze vorhanden. Die Grenze zum Außenbereich verlaufe im Süden entlang der Bebauung auf den Grundstücken FlNrn. 5258/6 und 5258/19 und weiter nach Osten bis zu dem Gewässer (FlNr. 5...0/1). Das Vorhaben füge sich auch ansonsten ein. Weitere verfügte Bescheidsauflagen dienten dazu, negative Wirkungen des Vorhabens auf Natur und Landschaftsbild zu vermeiden, nicht vermeidbare Beeinträchtigungen auszugleichen und damit die naturschutzrechtlichen Voraussetzungen für den Erlass des Vorbescheids zu schaffen. Der Bescheid ging der Klägerin am 8. Juli 2019 über ihr Gemeindefach zu.
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Die Klägerin hat am 30. Juli 2019 umfassende Anfechtungsklage gegen den Vorbescheid vom 26. Juni 2019 erhoben. Nach Teilrücknahme der Klage bezüglich der Bescheidsziffern 1.1 und 1.3 wird nunmehr beantragt,
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Der Vorbescheid vom 26. Juni 2019 wird aufgehoben, soweit die Frage 1.2 (Erweiterung des fischereilichen Gebäudes zu Wohnzwecken) positiv beantwortet und das gemeindliche Einvernehmen diesbezüglich ersetzt wurde (Ziff. 2 des Vorbescheides).
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Das Einvernehmen habe nicht ersetzt werden dürfen, weil es sich um ein unzulässiges sonstiges Vorhaben im Außenbereich handele, das öffentliche Belange berühre. Das Gebäude nehme nicht an einem Bebauungszusammenhang teil. Der Außenbereich ende mit der letzten Bebauung auf den Grundstücken FlNrn. 5258/19, 5258/5, 5258/8 und 5258/20. Das bisher fischereilich genutzte Gebäude sei von dieser Bebauung zu weit abgesetzt, als dass man noch von einem Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit sprechen könne. Die Fläche um das Bestandsgebäude biete sich nicht für eine zwanglose Fortsetzung der westlich und nördlich gelegenen Bebauung an. Nehme man das bereits im Außenbereich gelegenen Bestandsgebäude sowie das nicht maßstabbildende Garagengebäude aus, öffne sich die an die Bebauung anschließende Freifläche nach Nordosten hin und gehe in die freie Landschaft über. Angesichts dessen sei es nicht gerechtfertigt, den Bebauungszusammenhang ausnahmsweise über den Abschluss der letzten Bebauung bis zum Altwasserarm zu ziehen, weil dieser keinen natürlichen Abschluss der Bebauung bilde. Als sonstiges Vorhaben beeinträchtige es öffentliche Belange. Hiervon sei auch das Landratsamt zunächst ausgegangen.
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Der Beklagte beantragt,
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Die Klage wird abgewiesen.
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Das Vorhaben sei im Innenbereich gelegen und planungsrechtlich zulässig. Die Klägerin hätte ihr Einvernehmen erteilen müssen. Auf den Bescheid werde verwiesen.
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Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
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Das Gericht hat aufgrund Beschlusses vom 25. Februar 2022 am 5. April 2022 einen Ortsaugenschein durchgeführt. Zu den dort getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift einschließlich der gefertigten Lichtbilder verwiesen. Für den Vortrag im Übrigen und den weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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I. Das Verfahren ist nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat. Die Teilrücknahme betrifft den Bauvorbescheid bezüglich der Nutzungsänderung zu Wohnzwecken sowie zu Errichtung eines Lagerschuppens unter Ersetzung ihres gemeindlichen Einvernehmens (Ziffern 1.1 und 1.3 in Verbindung mit Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids).
23
II. Soweit über die Klage noch zu entscheiden war, ist sie zulässig, jedoch unbegründet.
24
Die angefochtene Regelung, nämlich die Erteilung des Vorbescheids für den Anbau unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens (Ziffer 1.2 in Verbindung mit Ziffer 2), ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Beklagte hat der Beigeladenen zu Recht den beantragten Vorbescheid unter Ersetzung des Einvernehmens der Klägerin erteilt. Die Beigeladene hat einen Anspruch auf Erteilung des Vorbescheids, weil das Vorhaben planungsrechtlich zulässig ist. Die Klägerin hat dagegen ihr gemeindliches Einvernehmen nach § 36 BauGB in rechtswidriger Weise versagt, so dass der Beklagte es zu Recht gemäß Art. 67 Abs. 1 Satz 1 BayBO ersetzt hat.
25
1. Klagegegenstand ist die von der Bauaufsichtsbehörde erteilte Baugenehmigung, hier der Bauvorbescheid nach Art. 71 Satz 1 BayBO. Dieser bildet mit der darin enthaltenen Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens eine untrennbare Einheit. Das bedeutet, dass die Gemeinde, deren Einvernehmen zu Unrecht ersetzt worden ist, nicht die Ersetzung als solches, sondern den Vorbescheid anfechten muss (vgl. Dirnberger in Busse/Kraus, BayBO, Stand: 144. EL September 2021, Art. 67 Rn. 134).
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2. Rechtsgrundlage für die Erteilung des Bauvorbescheides ist Art. 71 Satz 1 BayBO. Hiernach ist über einzelne Fragen des Bauvorhabens bereits vor Einreichung des Bauantrages ein Bauvorbescheid zu erteilen, wenn dem Vorhaben hinsichtlich der Fragestellung öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen (vgl. Art. 68 Abs. 1 Satz 1, Art. 71 Satz 4 BayBO).
27
a) Gegenstand des insoweit angegriffenen Bauvorbescheides ist die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Anbaus an das Fischereigebäude. Nur insoweit kam auch die Erteilung des Einvernehmens der Klägerin überhaupt in Betracht, da sich § 36 BauGB auf die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens beschränkt.
28
b) Das Vorhaben der Beigeladenen, einen Anbau an das Fischereigebäude zu errichten, ist bauplanungsrechtlich nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig. Der Vorhabenstandort liegt im planungsrechtlichen Innenbereich und nicht im Außenbereich. Zu dieser Überzeugung ist das Gericht beim Augenschein durch den Eindruck der tatsächlichen Verhältnisse vor Ort gelangt.
29
aa) Ein Bebauungszusammenhang im Sinn von § 34 BauGB ist nach ständiger Rechtsprechung anzunehmen, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden. Grundlage und Ausgangspunkt einer solchen wertenden und bewertenden Beurteilung sind die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten, also insbesondere die vorhandenen baulichen Anlagen. Der Bebauungszusammenhang endet regelmäßig am letzten Baukörper. Örtliche Besonderheiten können es im Einzelfall aber ausnahmsweise rechtfertigen, ihm noch bis zu einem Geländehindernis, einer Erhebung oder einem Einschnitt (Damm, Böschung, Fluss, Waldrand o.ä.) ein oder mehrere Grundstücke zuzuordnen, die unbebaut sind oder trotz des Vorhandenseins von Baulichkeiten sonst nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beitragen. Maßgeblich ist dabei, ob diese besonderen topographischen oder geografischen Umstände den Eindruck der Geschlossenheit bzw. Zugehörigkeit einer Fläche zum Bebauungszusammenhang vermitteln. Ebenso wie ein Bebauungszusammenhang nicht unmittelbar mit dem letzten Baukörper zu enden braucht, verbietet sich umgekehrt die Annahme, dass notwendigerweise das letzte Grundstück in seinem gesamten Umfang vom Zusammenhang erfasst wird. Wie weit der Bebauungszusammenhang im Einzelfall reicht, kann daher stets nur das Ergebnis einer Bewertung des konkreten Sachverhalts sein. Bei dieser Einzelfallbetrachtung ist zu fragen, ob sich tragfähige Argumente dafür finden lassen, mit denen sich die Anwendbarkeit der Vorschriften über den unbeplanten Innenbereich rechtfertigen lässt (zu Vorstehendem: BVerwG, B.v. 8.10.2015 - 4 B 28/15 - juris Rn. 6).
30
Die Gebäude des betreffenden Bebauungskomplexes müssen grundsätzlich zum regelmäßigen Aufenthalt von Menschen geeignet und damit für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sein. Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, sind danach unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (etwa Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche schlagen. Insofern kommt es insbesondere auf Wohngebäude und gewerblich genutzte Anlagen an. Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt werden oder die in einem weiten Sinne „Nebenanlagen“ zu einer landwirtschaftlichen, (klein-)gärtnerischen oder sonstigen Hauptnutzung sind, sind in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element darstellen (BayVGH B.v. 19.5.2020 - 1 ZB 19.2395 - juris Rn. 4). Bei Vorliegen eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils solche Anlagen können unter bestimmten Voraussetzungen allerdings zu dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil gehören (zu Vorstehendem: Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 144. EL Oktober 2021, § 34 Rn. 15a).
31
bb) Die bestehenden Wohnhäuser nördlich des Vorhabenstandorts stellen für sich genommen eine Siedlung von hinreichendem Gewicht dar und sind damit kein Siedlungssplitter, sondern ein Ortsteil. Der in Rede stehende Teil des Grundstücks der Beigeladenen, auf dem der Anbau errichtet werden soll, gehört dem Bebauungszusammenhang dieses Ortsteils an.
32
Es kann offenbleiben, ob das ehemals fischereilich genutzte Gebäude, an das angebaut werden soll, seinerseits eine maßstabbildende Bebauung darstellt. Für einen dauerhaften Aufenthalt ist ein derartiges Gebäude von seiner Zweckbestimmung grundsätzlich nicht gedacht. Hingegen sprechen für die Annahme eines maßstabbildenden Gebäudes seine stattliche Größe mit einem Grundriss von 11,50 auf 7,30 m zuzüglich Balkon (vgl. S. 22 BA) und Garage, die heute als Wintergarten genutzt wird. Dafür spricht ferner die Ausstattung des Gebäudes, u.a. mit Toilette, die einen ständigen Aufenthalt von Menschen zumindest ermöglicht.
33
Entschieden werden muss dies hier nicht, weil auch ohne Berücksichtigung des Fischereigebäudes der Bebauungszusammenhang, den die G. … Au bildet, Richtung Süden bis zu der natürlichen Grenze des Weihers reicht, damit den Vorhabenstandort mitumfasst und dieser damit dem Innenbereich zuzurechnen ist. Der Bebauungszusammenhang, den die Häuser der G. … Au bilden, endet nicht - wie regelmäßig - mit deren letzter Außenwand Richtung Süden bzw. Osten, sondern wird hier ausnahmsweise topographisch begrenzt durch den Weiher, an dem das Fischereihaus anliegt; ferner ist ein deutlicher Geländeversprung in südlicher Richtung wahrnehmbar (vgl. Foto Nr. 8). Dabei sind, vom Vorhabenstandort aus betrachtet, die nördlich und westlich gelegenen Gebäude in nur geringer Entfernung gelegen (vgl. Fotos Nrn. 3 bis 6). So vermochte beim Augenschein auch kein Eindruck einer eigenen Freifläche mit Gewicht entstehen, sondern vielmehr der Eindruck der Zusammengehörigkeit des Vorhabenstandorts zu der nördlich und westlich vorhandenen Bebauung. Die Bebauung der G. … Au lässt sich auf dem maßgeblichen Grundstücksteil zwanglos fortsetzen und wird durch den Weiher an einer weiteren Ausdehnung gehindert. Durch diesen findet die Bebauung ihren Abschluss.
34
cc) Das Vorhaben fügt sich nach den Kriterien von § 34 Abs. 1 BauGB in die nähere Umgebung ein; auch die Erschließung ist gesichert. Damit hat die Beigeladene einen Anspruch auf Erteilung des Bauvorbescheids bezüglich des Anbaus. Das insoweit verweigerte gemeindliche Einvernehmen ersetzte der Beklagte zu Recht. Die Verfahrensvorschriften wurden hierbei beachtet, insbesondere hörte der Beklagte die Klägerin zuvor an und gab ihr Gelegenheit, erneut über die Einvernehmenserteilung zu entscheiden (Art. 67 Abs. 4 BayBO).
35
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 2 VwGO hinsichtlich der Teilklagerücknahme und im Übrigen auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil diese keinen eigenen Antrag stellte und damit ihrerseits auch kein Kostenrisiko einging (vgl. § 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO).