Titel:
Erfolgloser Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung in einem waffenrechtlichen Verfahren ("Reichsbürger")
Normenketten:
VwGO § 67 Abs. 4
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2 b, § 45 Abs. 2 S. 2
Leitsätze:
1. Die Erklärung eines Prozessbevollmächtigten im Anwaltsprozess, dass ein von seinem Mandanten verfasstes Schriftstück "in das Verfahren eingeführt und in der Anlage zur Akte gereicht" wird genügt nicht den Anforderungen des § 67 Abs. 4 VwGO, nach denen dem Vortrag grundsätzlich die Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs durch den Rechtsanwalt selbst zu entnehmen sein muss. (Rn. 11 – 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Waffengesetz ist ein allgemeines Gesetz im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG, weil es sich ersichtlich nicht gegen die Äußerung einer Meinung als solche richtet, sondern den Umgang mit Waffen und Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung regelt. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
3. Einer Person, die sich die Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zu eigen gemacht hat, muss anknüpfend an die Tatsache, dass sie die waffenrechtlichen Normen gerade nicht als für sich verbindlich ansieht, die nach § 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden (Fortführung von VGH München BeckRS 2018, 199). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ausgehend von dem Grundsatz, dass nur derjenige im Besitz von Waffen sein soll, der nach seinem Verhalten das Vertrauen darin verdient, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird, ist insoweit eine niedrigschwellige Prognose im Hinblick auf die jeweilige waffenrechtliche Zuverlässigkeit im Sinne des Waffenrechts ausreichend (Fortführung von VGH München BeckRS 2020, 26766). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis, Waffenrechtliche Zuverlässigkeit, Reichsbürger (bejaht), Vertretungszwang, wirksame Prozesshandlung, Bezugnahme auf den Vortrag Dritter, waffenrechtliche Erlaubnis, Zuverlässigkeit, Reichsbürger
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 07.08.2018 – AN 16 K 17.561
Fundstelle:
BeckRS 2022, 19911
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 6.500, - Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnis.
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Mit Bescheid vom 23. Februar 2017 widerrief die Beklagte nach Anhörung des Klägers die waffenrechtliche Erlaubnis des Klägers vom 4. Juni 1999 (...) und erließ weitere Nebenanordnungen. Der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis erfolge aufgrund § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Die nach § 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit des Klägers sei nicht mehr gegeben. Die vom Kläger in seinem Schreiben an das Einwohnermeldeamt, die Polizei und das Ordnungsamt geäußerten Meinungen und Rechtsauffassungen ließen befürchten, dass er sich nicht an die strengen Vorgaben des Waffengesetzes zum Umgang mit Waffen halten werde. Als Angehöriger der Gruppierung „Amt Deutscher Heimatbund“, die vom Verfassungsschutz der „Reichsbürgerszene“ zugeordnet werde, bestreite er die Verbindlichkeit der unter dem Grundgesetz geschaffenen Rechtsordnung, zu der auch das Waffengesetz zähle, sodass auch die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG vorlägen.
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Die hiergegen eingelegte Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 7. August 2018, zugestellt am 22. August 2018, ab. Die waffenrechtlichen Verfügungen seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Die von der Beklagten vorgetragenen Verhaltensweisen des Klägers sowie der Inhalt der vorgelegten Behördenakten würden die von der Beklagten dargelegten konkreten Befürchtungen, dass der Kläger aufgrund seines bisherigen Verhaltens keine hinreichende Gewähr für einen jederzeit verantwortungsvollen Umgang mit Waffen biete, begründen. Ob der Kläger sich selbst der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ zurechne, sei unerheblich, da maßgeblich allein sei, dass sein Verhalten gegenüber staatlichen und kommunalen Behörden wiederholt ein Muster aufweise, das unter dieser gegen den Staat gerichteten Ideologie bekannt geworden sei und gefördert werde.
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Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzziel weiter. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2018, eingegangen am 22. Oktober 2018, begründete der Klägerbevollmächtigte seinen Zulassungsantrag im Duktus einer Berufungsbegründung. Seine Ausführungen zur Frage seiner Staatsangehörigkeit würden seiner geschützten Meinungsfreiheit unterfallen. Ein waffenrechtlicher Bezug könne nicht erkannt werden. Es könne dem Kläger nicht vorgeworfen werden, wenn er zu dem Ergebnis komme, dass nach Abschaffung der Länder durch Hitler und deren Annullierung durch den Tribunal Général im Jahr 1947 das Königreich Preußen wohl wieder existent geworden sein müsse. Egal was man davon halte, bestehe jedenfalls kein waffenrechtlicher Bezug. Die Berufung müsse wegen Divergenz in der Rechtsprechung zugelassen werden, wie aus der vorgelegten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden (Beschluss vom 10.9.2018 - 4 L1369/17) folge. Zudem müsse geklärt werden, ob „das Verfahren der selektiven Sanktion über das Waffenrecht rechtsstaatlichen Grundsätzen“ entspreche. Es sei notwendig „in diesem Zusammenhang Art, Umfang und Grenzen des ´Hohen Gutes der Meinungsfreiheit´ (VG Dresden a.a.O.) neu zu definieren“.
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Mit Schreiben vom gleichen Tag legte der Klägerbevollmächtigte eine angeblich vom Kläger verfasste, nicht unterschriebene Zulassungsbegründung vom 7. September 2018 vor. Hierzu führte er aus, diese werde ebenfalls in das Verfahren eingeführt und in der Anlage zur Akte gereicht. In dem Schreiben vom 7. September 2018 macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache („Die Rechtssache werfe die Frage auf, ob reine verwaltungsrechtliche Anordnungen einzelne Artikel des Grundgesetzes außer Kraft setzen dürfen, auch wenn im Grundgesetz keine Einschränkungsmöglichkeiten vorgesehen sind“) und das Vorliegen eines Verfahrensmangels geltend.
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Im September 2019 verstarb der Bevollmächtigte des Klägers. Nach Unterbrechung des Verfahrens wurde das beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Berufungszulassungsverfahren (Az. 24 ZB 18.1949) auf Antrag der Beteiligten ab dem 4. März 2022 unter neuem Aktenzeichen (Az. 24 ZB 22.451) weitergeführt. Mit Schreiben vom 16. Mai 2022 bestellte sich der jetzige Klägerbevollmächtigte und begründete den Zulassungsantrag unter Bezugnahmen auf die Ausführungen des verstorbenen Bevollmächtigten ergänzend dahingehend, dass gegen den Kläger keinerlei Tatsachen vorlägen, auf deren Grundlage ihm gem. § 5 WaffG eine Unzuverlässigkeit nachgesagt werden könne. Es bestünde zwischen dem Handeln des Klägers und den Idealen eines sog. „Reichsbürgers“, wie sie sich aus dem Verfassungsschutzbericht entnehmen lassen, „keinerlei Übereinstimmung“. Dem Kläger sei kein unrechtmäßiges Handeln vorzuwerfen, er sei weder jemals gegen einen anderen Menschen noch gegen Sachen oder Rechtsgüter gewalttätig geworden. Eine Gefahr, die vom Kläger oder seinem Waffenbesitz ausgehen solle, lasse sich nicht begründen. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei daher fehlerhaft.
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Die Beklagte und die Beteiligte sind dem Antrag entgegengetreten und verteidigen das angefochtene Urteil.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
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1. Die im Schreiben des Klägers vom 7. September 2018 geltend gemachten Berufungszulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1, 3 und 5 VwGO) sind mangels Postulationsfähigkeit des Klägers nicht zu berücksichtigen, da diese nicht entsprechend § 67 Abs. 4 VwGO von einem Bevollmächtigten geltend gemacht wurden.
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Nach § 67 Abs. 4 VwGO müssen sich die Beteiligten vor dem Oberverwaltungsgericht durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen, mit der Folge, dass der Beteiligte mangels eigener Postulationsfähigkeit keine wirksamen Prozesshandlungen vornehmen kann (Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 67 Rn. 20). Hieraus folgt, dass einer Rechtsmittelbegründung die Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes durch den Rechtsanwalt zu entnehmen sein muss (BVerwG, B.v. 5.8.1998 - 4 B 74/98 - NVwZ 1999, 643/644). Dieser muss selbst darlegen, aus welchen Gründen im Einzelnen ein Zulassungsgrund im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO vorliegt. Eine bloße Bezugnahme auf Ausführungen eines Dritten oder deren Übernahme ist grundsätzlich nicht ausreichend, da es eine unzulässige Umgehung des Vertretungszwangs wäre, wenn der Prozessbevollmächtigte sich nur pauschal auf beigefügte Schreiben seines Mandanten beziehen könnte (Hoppe in Eyermann, VwGO, § 67 Rn. 20).
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Diese Ausführungen zugrunde gelegt, kann das Schreiben des Klägers vom 7. September 2019 nicht als Berufungszulassungsbegründung im Sinne des § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO gewertet werden, auch wenn der Klägerbevollmächtigte hierzu pauschal erklärt hat, die Begründung, die der Kläger selbst verfasst habe, werde „in das Verfahren eingeführt und in der Anlage zur Akte gereicht“. Denn dies genügt den Anforderungen des § 67 Abs. 4 VwGO nicht. Der Klägerbevollmächtigte hat sich die dortigen Ausführungen auch nicht zu eigen gemacht. Denn weder hat er nochmals in seinem eigenen Schreiben ausdrücklich die im Schreiben vom 7. September 2018 aufgeführten Zulassungsgründe geltend gemacht noch hat er sich auf diese ausdrücklich berufen. Hinzu kommt, dass das Schreiben vom 7. September 2018 wie der Entwurf eines Berufungszulassungsschreibens anmutet, da dieses weder eine Signatur trägt noch vom Kläger unterzeichnet worden ist und auch die Formulierung am Anfang des Schriftsatzes („Im Folgenden tragen wir … zur Begründung des Antrags des Klägers …, … auf Berufung vor“) den Eindruck erweckt, dass der Schriftsatz - auch wenn dieser eventuell vom Kläger selbst verfasst worden ist - jedenfalls noch hätte vom Klägerbevollmächtigten unterzeichnet werden sollen.
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2. Soweit der Klägerbevollmächtigte sinngemäß ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend macht, dringt er hiermit nicht durch.
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils liegen vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind und dadurch Anlass besteht, an der (Ergebnis-)Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zu zweifeln. Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (Kuhlmann in Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 124 Rn. 15 m.w.N.).
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Gemessen an diesen Maßgaben bestehen für das erkennende Gericht keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Der Senat folgt den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils und nimmt gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO darauf Bezug. Lediglich ergänzend ist im Hinblick auf das Zulassungsvorbringen zu bemerken:
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Soweit sich der Kläger als „Referenzentscheidung“ auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden (B.v. 10.9.2018 - 4 L1369/17) bezieht und weiter ausführt, dass seine Ausführungen zur Frage seiner Staatsangehörigkeit und die Gründe, warum er der Aufforderung zur Vernehmung durch das Polizeipräsidium Mittelfranken nicht nachgekommen sei, dem „Bereich von Meinungen und Rechtsauffassung“ zugeordnet werden müssten, geht sein Einwand ins Leere. Zwar gewährleistet Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind die Bürger rechtlich nicht gehalten, die der Verfassung zugrundeliegenden Wertsetzungen persönlich zu teilen. Das Grundgesetz baut zwar auf der Erwartung auf, dass die Bürger die allgemeinen Werte der Verfassung akzeptieren und verwirklichen, erzwingt die Werteloyalität aber nicht (vgl. BVerfG, B.v. 24.3.2001 - 1 BvQ 13/01 - juris Rn. 24; B.v. 15.9.2008 - 1 BvR 1565/05 - juris Rn. 11). Geschützt sind damit von Art. 5 Abs. 1 GG auch Meinungen, die auf eine grundlegende Änderung der politischen Ordnung zielen, unabhängig davon, ob und wie weit sie im Rahmen der grundgesetzlichen Ordnung durchsetzbar sind. Selbst eine radikale Infragestellung der geltenden Ordnung fällt nicht von vornherein aus dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG heraus (BVerfG, B. v. 4.11.2009 - 1 BvR 2150/08 - juris Rn. 50). Die Meinungsfreiheit findet ihre Grenze jedoch unter anderem in den Schranken der allgemeinen Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG). Dazu gehört auch das Waffengesetz, das ersichtlich nicht eine Meinung als solche verbietet und sich nicht gegen die Äußerung einer Meinung als solche richtet, sondern gem. § 1 Abs. 1 WaffG den Umgang mit Waffen und Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung regelt (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2018 - 21 CS 17.1519 - juris Rn. 20 ff.) Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist daher dann zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eingetreten sind, die zur Versagung hätten führen müssen (§ 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG).
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Auch der Einwand des Klägers, er gehöre nicht der „Reichsbürgerbewegung“ an, führt nicht zum Erfolg seines Zulassungsantrags. Das angefochtene Urteil hat ausdrücklich ausgeführt, dass es unerheblich sei, ob der Kläger sich selbst der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ zurechne (UA Seite 7). Denn maßgeblich sei allein, dass das Verhalten des Klägers wiederholt ein Muster aufweise, dass unter dieser gegen den Staat gerichteten Ideologie bekannt geworden sei und gefördert werde (UA Seite 8).
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Dies ist aus zulassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. So definiert der Verfassungsschutzbericht 2016 des Bundes (S. 90) „Reichsbürger“ als eine organisatorisch wie ideologisch äußerst heterogene Szene, der jedoch die fundamentale Ablehnung des Staates, seiner Repräsentanten sowie der gesamten Rechtsordnung gemein ist. „Reichsbürger“ sind Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven mit unterschiedlichen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen. Den Vertretern des Staates sprechen sie die Legitimation ab oder definieren sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Sie berufen sich in unterschiedlichster Form auf den Fortbestand des Deutschen Reiches.
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Vorliegend hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass der Kläger wiederholt ein „reichsbürgertypisches“ Verhalten an den Tag gelegt hat, da der Kläger u.a. die Existenz der BRD in Frage gestellt und deutlich gemacht hat, dass er deren Rechtssystem ablehne und auch den Vertretern des Staates die Legitimation abspreche. So ist seinem Schreiben vom 9. August 2016 zu entnehmen, dass er die Bundesrepublik Deutschland offenbar als eine nichtstaatliche Organisation (NGO) ansieht. In seinem Schreiben vom 28. September 2016 offenbarte der Kläger seine Ansicht, dass staatliches Handeln nach Gutdünken angenommen oder abgelehnt werden könne, nachdem er eine Vorladung des Polizeipräsidiums Mittelfranken deswegen abgewiesen hat, da er diese Vorladung lediglich als Angebot betrachte, die er abweise und ihr zu folgen eine konkludente Annahme der Geschäftsbedingungen der Polizei wäre. In dieselbe Richtung geht seine Stellungnahme im Schreiben vom 17. Oktober 2016, in dem er ausführte, das „handelsrechtliche Angebot, Mich als Treuhänder der Person … … zu dem gegen die Person vorgebrachten Vorwurf ´Volksverhetzung (§ 130 StGB)´ zu äußern, weise er ab“. Ferner kann seinen Äußerungen auch entnommen werden, dass er nicht gewillt ist, sich den geltenden Gesetzen zu unterwerfen, nachdem der Kläger in seinem Schreiben vom 17. Oktober 2016 ausdrücklich ausführte, er weise das „handelsrechtliche Angebot, „Mich somit in ihre Jurisdiktion zu begeben“, ausdrücklich ab. Dasselbe ergibt sich aus der Tatsache, dass er am Ende mehrerer seiner Schreiben unmittelbar über seiner Unterschrift in roter Schrift einen Stempel mit dem Inhalt „UCC 1-308 without prejudice“ bzw. „Alle Rechte vorbehalten ohne Einschränkung UCC 1-103 und UCC 1-308 - without prejudice“ setzte, um hiermit offenbar zum Ausdruck zu bringen, dass er sich nur an die rechtlichen Vorgaben halten werde, in die er wissentlich, freiwillig und absichtlich eingetreten sei. Schließlich erklärte er, dass er „* * * *, ein geistig-irdisches Wesen menschlicher Natur und weder eine natürliche noch eine juristische Person“ sei, und demgemäß „eine Treuhand für die Sachen/Dinge, die in der BRD-Jurisdiktion mit dem Namen … … und … … benannt wurden, nicht übernehme“ (Bl. 69 BA). All diese Äußerungen legen nahe, dass er nur eingeschränkt bereit ist, sich dem deutschen Recht zu unterwerfen. Als „reichsbürgertypisch“ sind schließlich seine Ausführung zu werten, dass seiner Information nach das Deutsche Reich mit seinen Bundesstaaten fortbestehe und er kein sogenannter deutscher Staatsangehöriger, sondern Staatsangehöriger des Königreichs Preußen nach dem RuStAG 1913 sei und er laut RuStAG auch die Staatsangehörigkeit des Königreichs Sachsen in Anspruch nehmen könne, weil er in Großschönau/Kreis Zittau geboren sei. (Bl. 53 BA).
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Soweit der Kläger einwendet, dass zwischen seinem Verhalten und dem WaffG keinerlei Bezug oder Zusammenhang bestehe, sodass er auch nicht als unzuverlässig im Sinne des Waffenrechts angesehen werden könne, hat das Verwaltungsgericht zutreffend auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B.v. 19.12.2017 - 21 CS 17.2029 - juris Rn. 13; UA S. 7) hingewiesen, wonach derjenige, der der Ideologie der „Reichsbürgerbewegung“ folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem vom Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennt, Anlass zu der Befürchtung gibt, dass er auch die Regelung des Waffengesetzes nicht strikt befolgen wird (BayVGH, B.v. 30.7.2020 - 24 BV 18.2500 - juris Rn. 13). Ausgehend von dem Grundsatz, dass nur derjenige im Besitz von Waffen sein soll, der nach seinem Verhalten das Vertrauen darin verdient, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird (vgl. BVerwG, B.v. 26.3.1997 - 1 B.97 - juris), muss eine Person, die sich die Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zu eigen gemacht hat anknüpfend an die Tatsache, dass sie die waffenrechtlichen Normen gerade nicht als für sich verbindlich ansieht, die nach § 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2018 - 21 CS 17.1519 - juris Rn. 14 m.w.N.).
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Der klägerische Einwand, dass er jede Art von Gewalt ablehne und sich von der „Reichsbürgerbewegung“ distanziere, führt zu keiner anderen Entscheidung. Ausgehend von dem Grundsatz, dass nur derjenige im Besitz von Waffen sein soll, der nach seinem Verhalten das Vertrauen darin verdient, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird, ist insoweit eine niedrigschwellige Prognose im Hinblick auf die jeweilige waffenrechtliche Zuverlässigkeit im Sinne des Waffenrechts ausreichend (BayVGH, B.v. 24.9.2020 - 24 ZB 19.1285 - juris Rn. 15). Der erkennende Senat teilt die Ansicht des Verwaltungsgerichts, das im Rahmen seiner Beweiswürdigung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO mit ausführlicher Begründung zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die vom Kläger gezeigten Verhaltensauffälligkeiten die von der Beklagten dargelegten konkreten Befürchtungen begründen, dass dieser aufgrund seines bisherigen Verhaltens keine hinreichende Gewähr für einen jederzeit verantwortungsvollen Umgang mit Waffen bietet (UA S. 7), also die Annahme seiner Unzuverlässigkeit im waffenrechtlichen Sinne rechtfertigt. Dass das Verwaltungsgericht bei seiner Beweiswürdigung gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung gem. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verstoßen hat, das Gericht also insbesondere von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen ist, namentlich Umstände übergangen hat, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder dass die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet (stRspr z.B. BayVGH, B.v. 14.12.2018 - 21 ZB 16.1678 - juris Rn. 20 m.w.N.), zeigt die Zulassungsbegründung nicht auf; sie sind auch nicht ersichtlich.
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3. Die Berufung ist auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
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Der Klägerbevollmächtigte führt aus, die Berufung sei zuzulassen, da geklärt werden müsse, „ob das Verfahren der selektiven Sanktion über das Waffenrecht überhaupt rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht“. Weiterhin sei es notwendig, in diesem Zusammenhang „Art, Umfang und Grenzen des ´Hohen Gutes der Meinungsfreiheit´ (VG Dresden a.a.O.) neu zu definieren“.
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Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erfordert, dass eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 22.1.2019 - 5 B 1.19 D - juris Rn. 2 m.w.N.; B.v. 25.8.2015 - 1 B 40.15 - juris Rn. 6 m.w.N.; BayVGH, B.v. 4.6.2018 - 14 ZB 17.390 - juris Rn. 14 m.w.N.). Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 7.2.2017 - 14 ZB 16.1867 - juris Rn. 15 m.w.N.).
25
Diesen Anforderungen entspricht die Zulassungsbegründung nicht. So erschließt sich dem erkennenden Senat vorliegend bereits nicht, was der Kläger mit der Formulierung „Verfahren der selektiven Sanktion über das Waffenrecht“ meint. Zudem fehlt es gänzlich an einer Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts, die verdeutlicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts dem aufgezeigten Klärungsbedarf nicht gerecht wird (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 72). Auch Ausführungen dazu, wieso die aufgeworfene Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich war und sich bei Durchführung eines Berufungsverfahrens erneut stellen könnte, trägt der Kläger nicht vor. Hinsichtlich der vom Kläger aufgezeigten Notwendigkeit Art, Umfang und Grenzen des „Hohen Gutes der Meinungsfreiheit“ neu zu definieren, fehlt es bereits an einer aufgeworfenen Rechts- oder Tatsachenfrage, sodass auch diese Ausführungen dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht gerecht werden.
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4. Schließlich liegt auch der sinngemäß geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht vor.
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Der Kläger trägt sinngemäß vor, die Berufung sei zuzulassen, da sich eine Divergenz in der Rechtsprechung abzeichne, wie aus der vorgelegten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden (B.v. 10.9.2018 - 4 L 1369/17) folge.
28
Die Darlegung der Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) erfordert nicht nur die genaue Benennung des Gerichts und die zweifelsfreie Angabe seiner Divergenzentscheidung. Darzulegen ist auch, welcher tragende Rechts- oder Tatsachensatz in dem Urteil des Divergenzgerichts enthalten ist und welcher bei der Anwendung derselben Rechtsvorschrift in dem angefochtenen Urteil aufgestellte tragende Rechts- oder Tatsachensatz dazu in Widerspruch steht. Dabei muss zwischen den Gerichten ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Die divergierenden Sätze müssen einander so gegenübergestellt werden, dass die Abweichung erkennbar wird (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 17.7.2008 - 9 B 15.08 - NVwZ 2008, 1115 Rn. 22 m.w.N.). Eine Divergenz ist gegeben, wenn das Verwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung eines Divergenzgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abweicht (Stuhlfauth in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, Verwaltungsgerichtsordnung, 8. Aufl. 2021, § 124 Rn. 50).
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Diesen Anforderungen kommt der Kläger nicht nach. Das vom Kläger genannte Verwaltungsgericht Dresden ist bereits kein in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genanntes Divergenzgericht.
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5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 50.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt bei Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019) und entspricht der nicht in Frage gestellten Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
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6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).