Titel:
Unglaubhafte Vorverfolgung bei georgischen Asylbewerbern
Normenketten:
AsylG § 3, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
EMRK Art. 3
Leitsätze:
1. Ist ein Ausländer vorverfolgt aus seiner Heimat ausgereist, spricht für ihn die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Der Vorverfolgte bzw. Geschädigte wird von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür vorzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Heimatland erneut realisieren werden; es gelten insoweit nicht die strengen Maßstäbe, die bei fehlender Vorverfolgung anzulegen sind (EGMR BeckRS 2008, 18841 - Saadi). (Rn. 15) (red. LS Clemens Kurzidem)
2. Die Glaubhaftmachung des Verfolgungsschicksals eines Asylbewerbers setzt voraus, dass die Geschehnisse im Heimatland schlüssig, substantiiert und widerspruchsfrei geschildert werden. Erforderlich ist eine anschauliche, konkrete und detailreiche Schilderung des Erlebten; bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann dem Ausländer nur geglaubt werden, wenn die Widersprüche und Ungereimtheiten überzeugend aufgelöst werden (BVerwG BeckRS 1998, 31253550). (Rn. 16) (red. LS Clemens Kurzidem)
3. Eine eventuelle strafrechtliche Verfolgung wegen eines Autounfalls führt hinsichtlich Georgiens nicht zu einem Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG. Es ist nach den aktuellen Erkenntnismitteln nicht ersichtlich, dass einem georgischen Staatsangehörigen im Falle eines Strafverfahrens eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen würde. (Rn. 22) (red. LS Clemens Kurzidem)
Schlagworte:
georgische Staatsangehörige, Vorverfolgung, Autounfall, Gehirnerkrankung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz, nationale Abschiebungsverbote, Glaubhaftmachung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 25.07.2022 – 15 ZB 22.30730
Fundstelle:
BeckRS 2022, 19894
Tenor
I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage zurückgenommen wurde.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
IV. Das Urteil ist in der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Kläger begehren die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung eines subsidiären Schutzstatus und weiter hilfsweise die Feststellung, dass in ihrer Person Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
2
Die ausweislich der vorgelegten Bundesamtsakte am …, …, … und … geborenen Kläger sind georgische Staatsangehörige, tschetschenischer Volkszugehörigkeit und islamischen Glaubens. Sie stellten am 26.1.2022 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Weiteren Bundesamt) einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte. Die Kläger zu 3) und 4) sind die minderjährigen Kinder der Kläger zu 1) und 2).
3
Bei der Anhörung durch das Bundesamt gem. § 25 AsylG am 27.1.2022 gab der Kläger zu 1) an, er habe die 10. Klasse abgeschlossen. Er habe keinen Beruf gelernt. Er sei Schafhirte gewesen. Außerdem habe er als Tankstellenwart und LKW-Fahrer gearbeitet. Er habe vor seiner Ausreise ungefähr 1800 bis 1900 Lari verdient. Das sei ausreichend gewesen, um eine eigene Familie zu versorgen. Zu seinen Fluchtgründen führte der Kläger aus, er sei im Pankissi-Tal geboren, aufgewachsen und habe dort gelebt. Er sei mit seinem Kind auf dem Weg ins Krankenhaus gewesen. An einer Kreuzung sei ein Pferdegespann mit einem Mann darauf gekommen. Er habe nicht mehr bremsen können und habe einen Unfall verursacht. Das Pferd sei auf der Stelle gestorben. Der Fahrer sei vom Gespann geschleudert worden. Er habe sein Kind schnell ins Krankenhaus bringen wollen. Deswegen sei er weiter ins Krankenhaus gefahren. Er habe später von Freunden telefonisch erfahren, dass er von der Familie des Unfallopfers gesucht werde. Als er zurück zu Hause gewesen sei, habe er zur Familie des Unfallopfers gehen wollen. Man habe ihm gesagt, dass das nicht üblich sei. Er sei dann zunächst zum Ältestenrat gegangen. Dieser sei dann zur anderen Familie gegangen. Die Familie habe gesagt, dass sie keine Hilfe oder Geldzahlungen wollten, sie wollten ihm dasselbe antun, was auch ihnen wiederfahren sei. Seine Nachbarn und Freunde meinten, er solle einmal eine Zeit aus dem Dorf verschwinden bis sich die Situation beruhigt habe. Er habe sich dann einen Monat versteckt gehalten. Er habe sich in ihrem Dorf, aber in einem anderen Haus versteckt. Seine Familie sei in ihrem Haus geblieben. Seiner Frau sei verboten worden, das Kind in den Kindergarten zu bringen, weil der Leiter des Kindergartens mit dem Unfallopfer verwandt gewesen sei. Er habe dann noch einmal den Ältestenrat zur anderen Familie geschickt. Die Situation habe sich nicht verändert. Der Sohn der anderen Familie meinte, es gäbe vielleicht in der Zukunft eine Möglichkeit zur Aussöhnung. Die andere Familie habe ihm gesagt, dass ihr Angehöriger jetzt im Rollstuhl sitzen würde. Sie hätten jetzt sogar seinen Bruder, der Invalide sei, zusammengeschlagen. Seine Mutter und sein Bruder säßen wegen dieser Situation nur daheim. Er habe bei einer Rückkehr nach Georgien Angst, dass auch seine Frau und seine Kinder in so eine Situation kommen könnten. Seine jüngere Tochter habe eine Erkrankung des Gehirns. Deshalb hätten sie so schnell ins Krankenhaus gemusst. Die jüngere Tochter sei in Georgien unter ärztlicher Aufsicht gewesen. es gebe in Tiflis eine Kinderklinik, in der sie immer wieder behandelt worden sei. In der Regel sei das einmal im Monat gewesen. Die Ärzte hätten ihr auch Medikamente verschrieben.
4
Im Rahmen der Anhörung am 27.1.2022 wurde der Kläger zu 1) auf die Möglichkeit des Erlasses eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots hingewiesen und dazu angehört.
5
Bei der Anhörung durch das Bundesamt gem. § 25 AsylG am 27.1.2022 gab die Klägerin zu 2) an, sie habe die 11. Klasse abgeschlossen. In der 12. Klasse habe sie die Schule abbrechen müssen, weil sie geheiratet habe. Sie sei Hausfrau gewesen und habe in der Landwirtschaft gearbeitet. Sie sei in die Berge gegangen, wo sie die Tiere hingebracht habe. Sie habe dann Milchprodukte hergestellt. Zu ihren Fluchtgründen befragt gab die Klägerin zu 2) an, ihrem Kind sei es plötzlich schlecht gegangen. Ihr Mann habe das Kind ins Krankenhaus gefahren. Dabei sei es zu einem Unfall gekommen. Sie seien trotzdem weiter ins Krankenhaus gefahren. Man habe ihren Mann später angerufen und ihm mitgeteilt, dass man ihm drohe. Ihr Mann habe dann die Ältesten zu dem Unfallopfer geschickt. Die Familie habe jede Hilfe und Geld abgelehnt. Am nächsten Montag sei ihr Kind in den Kindergarten gebracht worden. Man habe ihnen gesagt, dass sie das Kind nicht mehr dorthin bringen dürften. Sie sei fünf Tage mit ihrer Tochter im Krankenhaus geblieben. Ihr Ehemann sei nach Hause gefahren und habe die Ältesten erneut zur Familie des Unfallopfers geschickt. Sie hätten alle Angebote zur Aussöhnung abgelehnt. Sie wollten ihnen das, was ihnen ihr Mann angetan habe, auf die gleiche Weise zurückzahlen. Ihr Mann sei von der Bildfläche verschwunden. Zum Schluss sei ihnen klargeworden, dass sie ausreisen müssten. Ihr Mann habe sich nicht an die Polizei gewandt. Ihr Mann sei Anhänger der nationalen Bewegung. Ein Verwandter ihres Mannes sei Anhänger der Partei Georgischer Traum. Der Sohn dieses Verwandten arbeite bei der Polizei. Schon allein aus diesem Grund hätte die Polizei ihrem Mann nicht geholfen. Ihr Mann habe sich in der Türkei versteckt.
6
Im Rahmen der Anhörung am 27.1.2022 wurde die Klägerin zu 2) auf die Möglichkeit des Erlasses eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots hingewiesen und dazu angehört.
7
Mit Bescheid vom 28.1.2022 (Gz. 8595462-430), der den Klägern am 2.2.2022 ausgehändigt wurde, wurden die Anträge der Kläger auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nummer 1) und auf Anerkennung als Asylberechtigte (Nummer 2) abgelehnt. Der Antrag auf Gewährung eines subsidiären Schutzstatus wurde abgelehnt (Nummer 3). Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 AufenthG nicht vorliegen (Nummer 4). Die Kläger wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der Klageerhebung ende die Klagefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Für den Fall der Nichtausreise wurde den Klägern die Abschiebung nach Georgien oder einen anderen, noch nicht benannten Staat angedroht, in den sie einreisen dürften oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei. (Nummer 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nummer 6). Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigte lägen nicht vor. Es mangle an einem flüchtlingsschutzrelevanten Verfolgungsgrund. Die Voraussetzungen für einen subsidiären Schutzstatus seien ebenfalls nicht gegeben. Die Kläger würden lediglich vermuten, dass eine Rache demnächst ausgeführt werden solle. Eine bloße Vermutung reiche nicht aus. Unabhängig davon stehe den Klägern in Georgien ein staatlicher Schutzakteur zur Verfügung, sofern sie sich tatsächlich von der Familie Kangoshhvili bedroht fühlen sollten.
8
Der Kläger ließen hiergegen mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 10.2.2022, der am selben Tag bei Gericht eingegangen ist, Klage erheben (Az.: RN 9 K 22.30194). Eine Begründung erfolgte nicht. In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger die zunächst beantragte Anerkennung als Asylberechtigte zurückgenommen.
9
Die Kläger beantragen nunmehr:
1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28.1.2022 wird in den Nummern 1 und 3 bis 6 aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verpflichtet, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise den Klägern den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, weiter hilfsweise bei den Klägern Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG festzustellen.
10
Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf den streitgegenständlichen Bescheid,
11
Mit Schriftsatz des Rechtsanwalts … vom 15.2.2022, bei Gericht eingegangen am selben Tag, ließen die Kläger ebenfalls Klage gegen den Bescheid vom 28.1.2022 erheben. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen RN 9 K 22.30216 geführt. Die Klage wurde mit gerichtsbescheid vom 10.5.2022 abgewiesen.
12
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die in elektronischer Form vorgelegte Behördenakte, sowie die Gerichtsakte mit den eingereichten Schriftsätzen Bezug und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 1.6.2022 Bezug genommen. Die Gerichtsakte des Verfahrens RN 9 K 22.30216 wurde zum Verfahren beigezogen.
Entscheidungsgründe
13
Soweit die Klage zurückgenommen wurde, war das Verfahren gem. § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen. Im Übrigen ist die zulässige Klage unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28.1.2022 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Ein Anspruch der Kläger darauf, ihnen die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) zuzuerkennen, besteht nicht. Die hilfsweise zu prüfenden Voraussetzungen des subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG und die weiter hilfsweise zu prüfenden Voraussetzungen des nationalen Schutzes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) liegen hier ebenfalls nicht vor (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
14
1. Soweit das Gericht zu beurteilen hatte, ob die Kläger vorverfolgt aus Georgien ausgereist ist, folgt es im Wesentlichen der Begründung des angefochtenen Bescheides und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Neben dem im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführten Erwägungen bestehen beim Gericht durchgreifende Zweifel am Vortrag der Kläger zu ihrem Vorfluchtschicksal. Die Zweifel des Gerichts beruhen insbesondere auf den Angaben der Kläger zu1) und2) in der mündlichen Verhandlung am 1.6.2022.
15
Ist der Ausländer vorverfolgt aus seiner Heimat ausgereist, spricht für ihn die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Der Vorverfolgte bzw. Geschädigte wird von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür vorzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Heimatland erneut realisieren werden. Es gelten nicht die strengen Maßstäbe, die bei fehlender Vorverfolgung anzulegen sind (EGMR, Große Kammer, Urteil vom 28.2.2008, Nr. 37201/06 - Saadi -, NVwZ 2008, 1330). Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung (BVerwG, Urteil vom 27.4.2010, Az. 10 C 5/09, in: juris).
16
Bezüglich der vom Ausländer im Asylverfahren geltend gemachten Umstände, die zu seiner Ausreise aus dem Heimatland geführt haben, genügt aufgrund der regelmäßig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Flüchtlings die Glaubhaftmachung. Die üb-lichen Beweismittel stehen ihm häufig nicht zur Verfügung. In der Regel können unmittelbare Beweise im Verfolgerland nicht erhoben werden. Mit Rücksicht darauf kommt dem persönlichen Vorbringen des Ausländers und dessen Würdigung eine gesteigerte Bedeutung zu. Dies bedeutet anderseits jedoch nicht, dass der Tatrichter einer Überzeugungsbildung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO enthoben ist (BVerwG, Urteile vom 16.4.1985, BVerwGE 71, 180 und vom 11.11.1986, Az. 9 C 316/85, in: juris). Eine Glaubhaftmachung in diesem Sinne setzt voraus, dass die Geschehnisse im Heimatland schlüssig, substantiiert und widerspruchsfrei geschildert werden. Erforderlich ist somit eine anschauliche, konkrete und detailreiche Schilderung des Erlebten. Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann dem Ausländer nur geglaubt werden, wenn die Widersprüche und Ungereimtheiten überzeugend aufgelöst werden (BVerwG, Urteil vom 23.2.1988, Az. 9 C 273/86, in: juris sowie Beschluss vom 21.7.1989, NVwZ 1990, 171).
17
Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Kläger zu1) und 2) nicht.
18
2. Der Vortrag der Kläger zu ihren Vorfluchtgründen ist nicht glaubhaft.
19
Das Vorbringen des Klägers zu 1) in der mündlichen Verhandlung weicht in wesentlichen Punkten von seinen Angaben beim Bundesamt ab. So hat der Kläger zu1) beim Bundesamt ausgeführt, er sei nach dem Unfall weiter ins Krankenhaus gefahren und habe nicht an der Unfallstelle gewartet. In der mündlichen Verhandlung gab er an, nicht vom Unfallort geflüchtet zu sein, sondern dort auf die Polizei gewartet zu haben. Ein Freund habe seine Frau und das Kind von der Unfallstelle aus ins Krankenhaus gefahren. Die Klägerin zu 2) führte sowohl beim Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung aus, ihr Mann habe sie und das Kind ins Krankenhaus gefahren.
20
Auch hat der Kläger zu1) erstmals in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass wegen des Unfalls gegen ihn in Georgien ein Strafverfahren eingeleitet worden sei. Gegenüber dem Bundesamt hatte er noch ausgeführt, dass die Polizei nichts mache, solange die geschädigte Familie keinen Antrag stelle.
21
Für das Gericht ist nicht nachvollziehbar, warum der Kläger zu 1) vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung zu wesentlichen Punkten des Sachverhalts unterschiedliche Angaben gemacht hat. Auch stimmen seine Angaben und die der Klägerin zu 2) bezüglich der weiteren Abläufe nach dem Unfall nicht überein. Es erschließt sich aus dem Vorbringen des Klägers zu1) auch nicht, warum er sich wegen der angeblichen Bedrohungen durch die geschädigte Familie nicht an die Polizei gewandt haben will. Wie sich aus dem Vorbringen des Klägers zu 1) in der mündlichen Verhandlung ergibt, wurde das Unfallgeschehen seitens der Polizei ohnehin aufgearbeitet, sollten sich in diesem Zusammenhang Probleme zwischen Schädiger und Geschädigtem ergeben, wäre es naheliegend gewesen, diese in diesem Verfahren mitabzuarbeiten. Aufgrund dieser widersprüchlichen Angaben der Kläger hält das Gericht das Vorbringen hinsichtlich der Vorfluchtgeschichte nicht für glaubhaft und geht davon aus, dass die Kläger ihr Heimatland unverfolgt verlassen haben.
22
3. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Kläger einen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG oder nationalen Schutz nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) hätten. Auch insoweit wird auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist anzumerken, dass eine eventuelle strafrechtliche Verfolgung des Klägers zu1) aufgrund des behaupteten Autounfalls nicht zu einem Anspruch auf subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG führen würde. Es ist nach den in das Verfahren eingeführten Erkenntnissen nicht ersichtlich, dass dem Kläger zu1) im Falle eines Strafverfahrens eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen würde. Auch liegen keine Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich der Klägerin zu 4) vor. Zwar haben die Kläger zu1) und 2) geltend gemacht, dass ihre Tochter an Leukodystrophie leide. Sie haben aber bereits bei der Anhörung beim Bundesamt angegeben, dass die Klägerin zu 4) deswegen in Georgien in Behandlung gewesen sei. Es ist nichts ersichtlich, dass bei einer Rückkehr der Klägerin zu 4) nach Georgien dort nicht die bisherige Behandlung fortgeführt werden könnte. Nachweise über eine Behandlung der Klägerin zu 4) in Deutschland liegen nicht vor.
23
4. Gegen das in Ziffer 6 des streitgegenständlichen Bescheides angeordnete befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG bestehen keine rechtlichen Bedenken, solche wurden im Übrigen im Verfahren auch nicht vorgetragen.
24
Zur weiteren Begründung wird auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen und von weiteren Darstellungen der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
25
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 2, 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83 b AsylG. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO, §§ 708 ff ZPO.
26
Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.