Inhalt

VGH München, Beschluss v. 27.07.2022 – 9 ZB 22.376
Titel:

Erfolglose Nachbarklage gegen erteilte Befreiung für Sichtschutzzaun

Normenketten:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 4, Nr. 5
BauGB § 9 Abs. 4, § 31 Abs. 2
BayBO Art. 81 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2
Leitsätze:
1. Bei einer Befreiung von nicht nachbarschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans werden Nachbarrechte nicht schon verletzt, wenn die Befreiung aus irgendeinem Grund rechtswidrig ist, sondern nur dann, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ob Festsetzungen in einem Bebauungsplan ausschließlich aus städtebaulichen Gründen getroffen wurden oder (zumindest auch) einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen sollen, ist durch Auslegung ihres Schutzzwecks im konkreten Einzelfall zu ermitteln, wobei sich ein entsprechender Wille des Plangebers unmittelbar aus dem Bebauungsplan selbst, aus seiner Begründung, aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung oder aus einer wertenden Beurteilung des Festsetzungszusammenhangs ergeben kann. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
3. Abweichungen von den Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung lassen, ebenso wie örtliche Bauvorschriften, in aller Regel den Gebietscharakter unberührt und haben nur Auswirkungen auf das Baugrundstück und die unmittelbar anschließenden Nachbargrundstücke; zum Schutz der Nachbarn genügt insoweit das drittschützende Rücksichtnahmegebot des § 31 Abs. 2 BauGB. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nachbarklage, Bebauungsplan, örtliche Bauvorschriften (Höhe der Einfriedung), Drittschutz, Gebot der Rücksichtnahme.
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 02.12.2021 – AN 3 K 20.01152
Fundstelle:
BeckRS 2022, 19862

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 2.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Klägerin wendet sich gegen die den Beigeladenen mit Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2020 erteilte isolierte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … … … Gegenstand ist die Errichtung eines Sichtschutzzaunes an der Grenze des mit einem Wohnanwesen bebauten Grundstücks FlNr. …, Gemarkung H* … mit einer Höhe von 1,60 m und damit abweichend von der festgesetzten Höhe von 1,20 m bzw. 1.25 m. Die Klägerin ist Eigentümerin des benachbarten Grundstück FlNr. …, das ebenfalls mit einem Einfamilienhaus und einer Garage bebaut ist. Sie macht im Wesentlichen geltend, die Festsetzung sei drittschützend und die Voraussetzungen für eine Befreiung lägen nicht vor. Darüber hinaus verstoße der Zaun auch gegen das Rücksichtnahmegebot, weil von ihm eine erdrückende Wirkung ausgehe und er sie beim Ausfahren aus ihrem Grundstück unzumutbar beeinträchtige.
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Mit Urteil vom 2. Dezember 2021 hat das Verwaltungsgericht die gegen den Bescheid gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung führte es u.a. aus, dass die zugunsten der Beigeladenen erteilte Befreiung keine drittschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans betreffe und dass das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber der Klägerin nicht verletzt sei. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.
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Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
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Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
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1. Die Berufung ist nicht wegen geltend gemachter ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
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Ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel hier nicht.
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a) Das Verwaltungsgericht hat eine Verletzung der Klägerin in eigenen Rechten zu Recht abgelehnt. Es hat die streitgegenständlichen Festsetzungen im Bebauungsplan über die Höhenbegrenzung von Einfriedungen (Art. 81 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Satz 1 BayBO i.V.m. § 9 Abs. 4 BauGB) entsprechend ausgelegt und ist im Rahmen einer Gesamtschau - unter Einbeziehung des objektiven Gehalts, des Wortlauts, der Materialien sowie der Systematik - zum Ergebnis gelangt, dass diese ausschließlich städtebauliche Gründe haben, der Gestaltung des Ortsbildes dienen und damit nicht drittschützend sind. Darüber hinaus hat es eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots geprüft und nachvollziehbar verneint. Der Sichtschutzzaun habe weder eine abriegelnde oder erdrückende Wirkung noch entstehe eine Gefährdungssituation bei der Ausfahrt aus dem klägerischen Grundstück.
8
b) Das Verwaltungsgericht hat dabei - entgegen dem Vorbringen im Zulassungsverfahren - die zutreffenden rechtlichen Maßstäbe zugrunde gelegt. Der Umfang des Rechtsschutzes eines Nachbarn bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB hängt davon ab, ob die jeweiligen Festsetzungen dem Nachbarschutz dienen oder nicht. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist. Soweit dagegen eine Befreiung eine Festsetzung zum Gegenstand hat, die nicht (auch) den Zweck hat, die Rechte der Nachbarn zu schützen, sondern nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dient, richtet sich der Nachbarschutz lediglich nach den Grundsätzen des im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltenen Rücksichtnahmegebots (§ 31 Abs. 2 BauGB). Nachbarrechte werden in diesem Fall nicht schon dann verletzt, wenn die Befreiung aus irgendeinem Grund rechtswidrig ist, sondern nur dann, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 9.4.2021 - 9 CS 21.553 - juris Rn. 20 m.w.N.; B.v. 11.11.2021 - 9 ZB 21.2434 - juris Rn. 5). Das Verwaltungsgericht ist ferner ebenfalls zu Recht davon ausgegangen, dass Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung grundsätzlich generell und unabhängig davon, ob der Nachbar durch die gebietswidrige Nutzung unzumutbar oder auch nur tatsächlich spür- und nachweisbar beeinträchtigt wird, schon kraft bundesrechtlicher Vorgabe als drittschützend angesehen werden (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 - ZfBR 2013, 783 = juris Rn. 3 m.w.N.; BayVGH, B.v. 16.3.2021 - 15 CS 21.545 - juris Rn. 56). Bei sonstigen Festsetzungen darf der Plangeber regelmäßig selbst und ohne Bindung an das Eigentumsrecht des Nachbarn entscheiden, ob er diese auch zum Schutze des Nachbarn trifft oder ausschließlich objektiv-rechtlich ausgestaltet (BayVGH, B.v. 16.3.2021 - 15 CS 21.545 - a.a.O. m.w.N.). Ob sie nach dem Willen des Plangebers ausschließlich aus städtebaulichen Gründen getroffen wurden oder (zumindest auch) einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen sollen, ist durch Auslegung des Schutzzwecks der jeweiligen Festsetzung im konkreten Einzelfall zu ermitteln, wobei sich ein entsprechender Wille unmittelbar aus dem Bebauungsplan selbst (etwa kraft ausdrücklicher Regelung von Drittschutz), aus seiner Begründung, aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung oder aus einer wertenden Beurteilung des Festsetzungszusammenhangs ergeben kann (BayVGH, B.v. 18.6.2018 - 15 ZB 17.635 - juris Rn. 16 m.w.N.; B.v. 24.7.2020 - 15 CS 20.1332 - NVwZ-RR 2020, 961 = juris Rn. 23). Entsprechendes gilt bei Abweichungen von örtlichen Bauvorschriften, die gemäß Art. 81 Abs. 2 Satz 1 BayBO i.V.m. § 9 Abs. 4 BauGB auch in einem Bebauungsplan geregelt werden können. Sie dienen grundsätzlich nur dem öffentlichen Interesse - insbesondere der Durchsetzung gestalterischer Ziele der Gemeinde - und räumen den Nachbarn regelmäßig keine subjektiv-öffentlichen Abwehrrechte ein. Die entsprechende Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB ergibt sich in diesen Fällen aus Art. 81 Abs. 2 Satz 2 BayBO (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v 16.3.2021 - 15 CS 21.545 - a.a.O. Rn 57 m.w.N.).
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c) Die Auffassung der Klägerin, die streitgegenständliche Festsetzung habe nachbarschützenden Charakter und es hänge nicht vom Willen der Gemeinde als Plangeberin ab, ob eine Festsetzung, die nicht die Art der baulichen Nutzung zum Gegenstand hat, auch darauf gerichtet ist, dem Schutz des Nachbarn zu dienen, überzeugt angesichts dessen nicht (vgl. dazu auch BVerwG, U.v. 9.8.2018 - 4 C 7.17 - BVerwGE 162, 363 LS. 1 und Rn. 14 m.w.N.; OVG Hamburg, B.v. 25.6.2019 - 2 Bs 100/19 - juris Rn. 28). Besonderheiten in Fällen, in denen bei Aufstellung eines Bebauungsplans (vor Entwicklung des Gedankens des Nachbarschutzes im öffentlichen Baurecht ab 1960) allgemein noch nicht an einen nachbarlichen Drittschutz gedacht wurde, spielen dabei keine Rolle, weil der Plan erst im April 1964 beschlossen wurde (grundlegend dazu BVerwG, U.v. 9.8.2018 - 4 C 7.17 - a.a.O. Rn. 14 ff.; vgl. auch die Nachweise bei Schrödter, BBauG, 1964, § 31 Anm. 4).
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Entgegen der Darstellung der Klägerin ist das Verwaltungsgericht auch nicht davon ausgegangen, der drittschützende Wille der Gemeinde müsse sich unmittelbar aus dem Bebauungsplan selbst - kraft ausdrücklicher Regelung von Drittschutz, der Begründung oder sonstigen Vorgängen erkennbar - ergeben (Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 23.2.2022, S. 4). Vielmehr wird in den Entscheidungsgründen (UA S. 13) dargelegt, dass der Nachbarschutz aus den genannten Umständen abgeleitet werden und eine wertende Beurteilung des Festsetzungszusammenhangs ebenfalls zu einer solchen Auslegung führen kann. Die Forderung, für die Annahme des Drittschutzes einer Festsetzung müsse die Gemeinde die Schutzrichtung explizit erwähnt haben, lässt sich dem Urteil dagegen nicht entnehmen.
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Ebenso wenig kann sich die Klägerin mit Erfolg auf das Vorliegen eines Austauschverhältnisses und einer „Schicksalsgemeinschaft“ berufen, wie sie in Bezug auf die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung anzunehmen ist. Im Unterschied dazu lassen Abweichungen von den Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung, ebenso wie örtliche Bauvorschriften, in aller Regel den Gebietscharakter unberührt und haben nur Auswirkungen auf das Baugrundstück und die unmittelbar anschließenden Nachbargrundstücke. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung reicht daher zum Schutz der Nachbarn das drittschützende Rücksichtnahmegebot des § 31 Abs. 2 BauGB grundsätzlich aus, das eine Abwägung der nachbarlichen Interessen ermöglicht und den Nachbarn vor unzumutbaren Beeinträchtigungen schützt (vgl. BVerwG, B.v. 23.6.1995 - 4 B 52.95 - juris Rn. 3 f.; BayVGH, B.v. 14.1.2021 - 9 ZB 19.2168 - juris Rn. 11 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, U.v. 9.8.2018 - 4 C 7.17 - a.a.O. Rn. 21; OVG Hamburg, B.v. 25.6.2019 - 2 Bs 100/19 - juris Rn. 30). Das Verwaltungsgericht hat hier ein derartiges Austauschverhältnis zu Recht verneint und ist im Rahmen einer Gesamtschau zum Ergebnis gelangt, dass die streitgegenständlichen Festsetzungen ausschließlich städtebauliche Gründe haben und der Gestaltung des Ortsbildes dienen, was gerade auch der Typik örtlicher Bauvorschiften über besondere Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen entspricht (vgl. BayVGH, B.v 16.3.2021 - 15 CS 21.545 - a.a.O. Rn. 59 m.w.N.). Der Umstand, dass die Höhenbegrenzung ausnahmslos im gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplans gilt, ändert daran nichts. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass es an städtebaulichen Auswirkungen fehle, so dass nur eine nachbarschützende Zielsetzung verbleibe. Vielmehr können nach dem Willen einer Gemeinde auch Höhenbegrenzungen von Einfriedungen zwischen den Grundstücken aus städtebaulichen Motiven oder zum Schutz des Orts- und Straßenbildes festgesetzt werden, wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat. Es trifft gerade nicht zu, dass solche Einfriedungen - anders als diejenigen zu öffentlichen Straßen hin - aufgrund der mangelnden Sichtbarkeit keine derartigen Auswirkungen haben könnten, wie die Klägerin geltend macht. Vielmehr ergibt sich nicht nur aus der allgemeinen Lebenserfahrung, sondern auch aus den von den Beteiligten im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Lichtbildern, dass die Einfriedungen zwischen den einzelnen Grundstücken nach außen ohne Weiteres wahrnehmbar sind und etwa zu Beeinträchtigungen des Orts- und Straßenbildes führen können. Im Übrigen setzt das Zulassungsvorbringen lediglich die eigene Bewertung der Gesamtumstände an die Stelle der überzeugenden Darlegungen des Verwaltungsgerichts, ohne dadurch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der streitgegenständlichen Entscheidung aufzuzeigen. Es ist nicht erkennbar, dass - wie die Klägerin meint - die Festsetzungen hier ausnahmsweise deshalb Teil eines nachbarlichen Austauschverhältnisses sein könnten, weil mit ihnen die spezifische Qualität des Plangebiets und damit dessen Gebietscharakter begründet werden soll (vgl. dazu OVG Hamburg, B.v. 25.6.2019 - 2 Bs 100/19 - juris Rn. 29). Allein der Umstand, dass alle Planbetroffenen an eine (lediglich das Ortsbild gestaltende) Festsetzung in gleicher Weise gebunden sind, vermag noch nicht zu begründen, dass diese Festsetzung nach der Konzeption des Plangebers in einem wechselseitigen, die Planbetroffenen zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbindenden Austauschverhältnis steht, so dass ihr nach dem objektiven Gehalt Schutzfunktion zugunsten der am Austauschverhältnis beteiligten Grundstückseigentümer zukommen würde (vgl. BVerwG, U.v. 9.8.2018 - 4 C 7.17 - a.a.O. Rn. 15).
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Mangels einer Befreiung von drittschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans kommt es auf deren Rechtsmäßigkeit nicht an. Es kann daher dahinstehen, ob die Grundzüge der Planung berührt werden, ob Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern, ob die Abweichung städtebaulich vertretbar ist und ob die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde.
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d) Entgegen den Einwänden im Zulassungsverfahren verstößt das Bauvorhaben auch nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme (§ 31 Abs. 2 BauGB). Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Anforderungen, die das Rücksichtnahmegebot im Einzelnen begründet, wesentlich von den Umständen des Einzelfalls abhängen (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2018 - 9 CS 17.2099 - juris Rn. 19 m.w.N.). Es hat die tatsächlich vorhandene Bebauung sowie die maßgeblichen Gesamtumstände einbezogen und eine Verletzung nachvollziehbar verneint.
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Ausgehend von den übermittelten Licht- und Satellitenbildern der örtlichen Straßenverhältnisse ist es zu Recht zu der Überzeugung gelangt, dass ein gefahrloses Einfahren vom klägerischen Grundstück auf die öffentliche Straße „… …“ auch weiterhin ohne relevante Einschränkung möglich ist. Der Vortrag der Klägerin, es sei beim Ausfahren mit einem Pkw aus ihrem Grundstück erforderlich, zunächst annähernd bis zur Hälfte der Straße hinauszufahren, um vorfahrtsberechtigte Verkehrsteilnehmer wahrnehmen zu können, wiederholt lediglich das wenig überzeugende erstinstanzliche Vorbringen und setzt sich nicht mit den entsprechenden Darlegungen des Verwaltungsgerichts auseinander. Auch aus Sicht des Senats ist angesichts der in den Akten befindlichen Lichtbilder nicht nachvollziehbar, worin insofern eine mehr als unerhebliche Beeinträchtigung liegen soll.
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Eine Rechtsverletzung der Klägerin wegen erdrückender Wirkung des Zauns liegt ebenfalls nicht vor. Eine solche wäre erst gegeben, wenn nach der Gesamtschau der Umstände des konkreten Einzelfalls von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung im Sinne einer „abriegelnden“ oder „erdrückenden“ Wirkung ausgeht, die vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht kommt (BayVGH, B.v. 8.7.2021 - 9 ZB 20.1567 - juris Rn. 11 m.w.N.). Das ist angesichts der konkreten Grundstückssituation, der relativ geringen Höhe der Einfriedung, der tatsächlichen Abstände sowie der Bebauung auf dem Grundstück der Klägerin ersichtlich nicht der Fall.
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2. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargetan (vgl. BayVGH, B.v. 2.4.2019 - 9 ZB 16.597 - juris Rn. 15 m.w.N). Es fehlt an der Benennung divergierender, entscheidungserheblicher abstrakter Rechtssätze. Entgegen dem Zulassungsvortrag ist das Verwaltungsgericht nicht davon ausgegangen, dass „nachbarschützende Wirkung lediglich für die Festsetzung über die Art der baulichen Nutzung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 2 BauNVO begründet wird“. Vielmehr hat es die zutreffenden, von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe zugrunde gelegt und durch Auslegung - unter Einbeziehung der Umstände des Einzelfalls - eine drittschützende Wirkung der hier streitgegenständlichen Festsetzungen zur Höhe der Einfriedungen verneint (vgl. oben 1. b), c)). Ebenso wenig findet sich in der angegriffenen Entscheidung ein Rechtssatz, wonach sich der für den Drittschutz erforderliche Planungswille „unmittelbar aus dem Bebauungsplan, seiner Begründung oder sonstigen wertenden Beurteilungen“ ergeben müsse (vgl. oben 1. c)). Darüber hinaus betrifft das zitierte höchstrichterliche Urteil (BVerwG, U.v. 9.8.2018 - 4 C 7.17 - BVerwGE 162, 363) eine andere Fallgestaltung (vgl. oben 1. c)), in der ein nachbarliches Austauschverhältnis in der dargelegten Art und Weise bestand und in der der Bebauungsplan aus einer Zeit stammte, in der ganz allgemein an einen nachbarlichen Drittschutz noch nicht gedacht wurde. Hinzu kommt, dass auch kein diese Entscheidung tragender abstrakter Rechtssatz benannt wird.
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3. Die Zulassung der Berufung hat schließlich auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zu erfolgen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
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Ein solcher muss nach höchstrichtlicher Rechtsprechung sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substanziiert dargetan werden (vgl. BVerwG, B.v. 19.8.1997 - 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328 = juris Rn. 4 m.w.N.). Das ist nicht geschehen. Hierfür reicht der Vortrag, das Verwaltungsgericht habe schriftsätzliche Beweisangebote übergangen, nicht aus.
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Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat (§ 86 Abs. 2 VwGO). Wenn von einem solchen Beteiligten kein förmlicher, unbedingter Beweisantrag gestellt wird, muss sich dem Gericht eine entsprechende Beweisaufnahme von Amts wegen in der Regel nicht aufdrängen (BayVGH, B.v. 18.4.2007 - 22 ZB 07.222 - juris Rn. 17; B.v. 21.08.2014 - 22 ZB 14.1611 - juris Rn. 3, jeweils m.w.N.; vgl. auch BVerwG, B.v. 20.12.2012 - 4 B 20.12 - BRS 79 Nr. 73 = juris Rn. 7).
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Die Klägerin hat - ausweislich der Sitzungsniederschrift (vgl. Akte des Verwaltungsgerichts, S. 130) - keinen förmlichen Beweisantrag gestellt. Bei dem schriftsätzlichen Vortrag handelt es sich lediglich um eine Beweisanregung, die allerdings einem förmlichen Beweisantrag nicht gleichgestellt ist und die Folgen des § 86 Abs. 2 VwGO nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht auszulösen vermag (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.2006 - 4 BN 30.06 - juris Rn. 4; B.v. 20.12.2012 - 4 B 20.12 - a.a.O. Rn. 6 f.).
21
Dass kein förmlicher Beweisantrag gestellt wurde, ist nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht eine weitere Ermittlung des Sachverhalts (im konkreten Einzelfall) auch ohne einen solchen hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B.v. 20.12.2012 - 4 B 20.12 - a.a.O.; B.v. 29.7.2015 - 5 B 36.14 - juris Rn. 7). Die Geltendmachung eines derartigen Verfahrensmangels setzt wiederum eine hinreichend substanziierte Darlegung voraus (vgl. BVerwG, B.v. 13.7.2007 - 9 B 1.07 - juris Rn. 2). Hieran fehlt es. In der Zulassungsbegründung wird nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zur weiteren Aufklärung hätte sehen müssen. Angesichts der vorliegenden Lichtbilder, denen sich die wesentlichen tatsächlichen Umstände entnehmen lassen, konnte es vielmehr davon ausgehen, dass keine weitere Aufklärung des Sachverhalts erforderlich ist.
22
Die Kostenentscheidung des Zulassungsverfahrens ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da sich die Beigeladenen im Zulassungsverfahren nicht geäußert haben, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
23
Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.
24
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).