Titel:
Erfolglose Nachbarklage gegen Bauvorbescheid für Mehrfamilienhaus
Normenketten:
BauGB § 34 Abs. 1
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
BayBO Art. 71
BauNVO § 4, § 12 Abs. 2
Leitsätze:
1. Eine Anfechtung eines Bauvorbescheids ist nur insoweit möglich, als sich die Baugenehmigungsbehörde hinsichtlich einer Fragestellung, die subjektive Rechte des Nachbarn berührt, bindet, so dass bei der Erteilung der folgenden Baugenehmigung eine nachbarschützenden Normen gerecht werdende Entscheidung nicht mehr möglich ist. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Nachbar hat keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Antragsteller einwandfreie und vollständige Bauvorlagen einreicht. Nachbarn müssen lediglich zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt daher nur vor, wenn eine Unbestimmtheit ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die mit der Festsetzung eines Baugebiets einhergehende Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Grundstückseigentümer (desselben Baugebiets) diesen Beschränkungen gleichermaßen unterworfen sind. Derselbe Nachbarschutz besteht im unbeplanten Innenbereich, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung entspricht. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Grundstücksnachbar hat die Errichtung notwendiger Garagen und Stellplätze für ein Wohnbauvorhaben und die mit ihrem Betrieb üblicherweise verbundenen Immissionen der zu- und abfahrenden Kraftfahrzeuge des Anwohnerverkehrs grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nachbarklage gegen Bauvorbescheid, Bestimmtheit des Vorbescheids, Rücksichtnahmegebot, Stellplätze, Bindungswirkung des Vorbescheids, Abstandsflächen, Bauvorlagen, Gebietserhaltungsanspruch, Immissionen der zu- und abfahrenden Kraftfahrzeuge
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 20.07.2022 – 9 ZB 22.1112
Fundstelle:
BeckRS 2022, 19861
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene zu 1) und die Beigeladene zu 2) tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen einen dem Beigeladenen zu 1) erteilten Bauvorbescheid hinsichtlich der Errichtung eines Mehrfamilienhauses.
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1. Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …8 der Gemarkung S., das nordwestlich an das Grundstück der Beigeladenen mit der Fl.Nr. …3 der Gemarkung S. angrenzt (im Folgenden: Baugrundstück). Beide Grundstücke liegen nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans.
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Die Beigeladene stellte hinsichtlich der Errichtung eines Mehrfamilienhauses auf dem Baugrundstück mit Antrag vom 29. März 2019 eine Bauvoranfrage in Bezug auf Anzahl der Wohneinheiten, Dachform, Abstandsflächen und Anzahl der Stellplätze.
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2. Die Bauvoranfrage beantwortete das Landratsamt Sch. mit Vorbescheid vom 2. November 2020 und stellte die bauaufsichtliche Genehmigung für das Vorhaben des Beigeladenen zu 1) unter den nachfolgenden „Nebenbestimmungen“ in Aussicht: Die Errichtung eines Wohngebäudes mit maximal fünf Wohneinheiten im nördlichen Teil des Baugrundstücks ist zulässig (Ziffer 1.1.). Die erforderlichen Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO sind zu allen Grundstücksgrenzen und zum Wohnhaus auf dem Baugrundstück im südlichen Grundstücksteil einzuhalten. Die Erteilung von Abweichungen wird nicht in Aussicht gestellt (Ziffer 1.2.). Das Gebäude hat sich hinsichtlich der Dachform der Umgebungsbebauung anzupassen. Es ist ein Satteldach nach Maßgabe der Variante 2, Planfassung vom September 2019, zu errichten (Ziffer 1.3.). Bis zu abschließenden Fertigstellung ist auf dem Baugrundstück je Wohneinheit ein Stellplatz auszubauen und dauerhaft zu markieren (Ziffer 1.4.). Weiter wurde das Einvernehmen der Beigeladenen zu 2) ersetzt (Ziffer 3).
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3. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 26. November 2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ der Kläger gegen den Vorbescheid der Beklagten vom 2. November Klage erheben und beantragen,
Der Vorbescheid des Beklagten vom 02.11.2020 wird aufgehoben.
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Begründet wurde die Klage im Wesentlichen damit, dass der Vorbescheid unvollständig bzw. zu unbestimmt sei, das Vorhaben sich hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht in die nähere Umgebung einfüge und rücksichtslos sei. Weiter sei bereits jetzt abzusehen, dass die zukünftigen Bewohner des vom Beigeladenen zu 1) geplanten Mehrfamilienhauses unzumutbaren Immissionen durch Rauch ausgesetzt sein werden. Das Nebengebäude auf dem Grundstück des Klägers, welches direkt auf der Grenze zum Baugrundstück errichtet worden sei, verfüge über einen Kamin, an dem ein funktionstüchtiger Waschkessel mit Holzbefeuerung angeschlossen sei. Außerdem sei an einem zweiten Anschluss ein Holzofen angeschlossen, der in kälteren Monaten genutzt werde. Außerdem werde das Nachbarrecht des Klägers durch die Situierung bzw. Nutzung der Stellplätze verletzt. Zudem würden die Abstandsflächen zum klägerischen Grundstück nicht eingehalten.
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4. Das Landratsamt Sch. stellte mit Schriftsatz vom 16. April 2021 den Antrag:
Die Klage wird abgewiesen.
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Hinsichtlich der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben sei nach § 34 BauGB zu beurteilen und die danach erforderlichen Genehmigungsvoraussetzungen lägen vor. Zur Überprüfung des Maßes der baulichen Nutzung sei die Bebauung der Grundstücke im näheren Umgriff im Bauquartier südlich der G. straße bis zur S. straße und östlich der K. straße in der ersten Bauzeile sowie westlich der K. straße herangezogen worden. Es seien einzelne Einfamilienhäuser vorhanden; in der überwiegenden Zahl der Wohngebäude fänden sich zwei bis drei Wohneinheiten. Im Wohnhaus auf dem Grundstück Fl.Nr. …9/1 seien sechs Wohneinheiten und im Wohnhaus auf Fl.Nr. …0/6 seien vier Wohneinheiten vorhanden. Weitere Beispiele für rückwärtige Bebauung fänden sich auf den westlich benachbarten Grundstücken Fl.Nr. …8 und …8/2, die über Privatwege erschlossen seien. Insgesamt sei festzustellen, dass das geplante Mehrfamilienhaus hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung die Größen der umliegenden Wohngebäude nicht in einem nicht mehr vertretbaren Umfang überschreite und sich insofern in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Es seien darüber hinaus keine Gründe erkennbar, wonach es das Bauvorhaben der gebotenen Rücksichtnahme auf die sonstige, vor allem auf die in unmittelbarer Nähe vorhandene Bebauung fehlen lasse. Um den nördlichen Grundstücksbereich von Störung durch den Parkverkehr der Bewohner freizuhalten, seien die Stellplätze möglichst nahe an der Straße angeordnet worden. Die Abstandsflächen würden eingehalten und vom Gebäude sei keine erdrückende Wirkung für die Bewohner der umliegenden Grundstücke zu erwarten.
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5. Der Beigeladene zu 1) und die Beigeladene zu 2) äußerten sich schriftsätzlich nicht und stellten auch keinen Klageantrag.
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6. Aufgrund des Beschlusses vom 26. Juli 2021 führte die Kammer am 12. Oktober 2021 im Bereich des Grundstücks Fl.Nr. …3 der Gemarkung S., … S., einen Augenschein durch. Auf das entsprechende Protokoll und die dabei gefertigten Lichtbilder wird Bezug genommen.
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7. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Über die Klage konnte ohne mündlichen Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten hierauf im Rahmen des durchgeführten Augenscheintermins verzichtet haben (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO).
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1. Soweit der Kläger mit seiner Klage Ziffer 1.2 des Bauvorbescheids vom 2. November 2020 angreift, fehlt dem Kläger die gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis, da insoweit die Möglichkeit der Verletzung in eigenen Rechten, insbesondere in Bezug auf das Recht auf Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften, bereits nicht ersichtlich ist.
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Dem Vorbescheid vom 2. November 2020 fehlt es nämlich in Bezug auf die Einhaltung der Abstandsflächen an einer für den Kläger nachteiligen Feststellungswirkung. Denn insoweit enthält der Vorbescheid lediglich die Bestimmung, dass die erforderlichen Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO zu allen Grundstücksgrenzen und zum Wohnhaus auf dem Baugrundstück im südlichen Grundstücksteil einzuhalten sind. Die Erteilung von Abweichungen wird nicht in Aussicht gestellt (Ziffer 1.2 des Bescheids). Auch in den Gründen des Bescheids wird lediglich ausgeführt, dass die nach Art. 6 BayBO erforderlichen Abstandsflächen zu den Grenzen und zum Wohnhaus auf dem Baugrundstück einzuhalten sind. (S. 4 des Bescheids vom 2. November 2020). Der Bescheid beschränkt sich damit im Wesentlichen auf eine sinngemäße Wiedergabe des Gesetzeswortlauts des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BayBO.
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Ein Vorbescheid entfaltet aber nur insoweit Bindungswirkung, als einzelne Fragen tatsächlich und verbindlich geregelt werden. Eine Anfechtung des Bauvorbescheids ist daher nur insoweit möglich, als sich die Baugenehmigungsbehörde hinsichtlich einer Fragestellung, die subjektive Rechte des Nachbarn berührt, bindet, so dass bei der Erteilung der folgenden Baugenehmigung eine nachbarschützenden Normen gerecht werdende Entscheidung nicht mehr möglich ist (vgl. BayVGH, B.v. 27.1.2005 - 14 ZB 04.2619 - juris Rn. 4). Eine solche Bindung der Baugenehmigungsbehörde durch den streitgegenständlichen Vorbescheid ist mangels Feststellung im Hinblick auf die Einhaltung der Abstandsflächen vorliegend jedoch nicht gegeben. Diese Auffassung teilt offenbar auch der Klägerbevollmächtigte im Schriftsatz vom 26. Februar 2021, in dem dieser ausführt, dass zur Frage der Einhaltung der Abstandsflächen im Bescheid vom 2. November 2020 „keinerlei Feststellungen getroffen“ werden (Bl. 29 d.A.).
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Im Übrigen ist die Anfechtungsklage des Klägers hingegen zulässig, insbesondere kann der Kläger hinsichtlich der Ziffern 1.1, 1.3 und 1.4 des streitgegenständlichen Vorbescheids eine mögliche Verletzung in eigenen Rechten, insbesondere in Bezug auf eine mögliche Verletzung des Rücksichtnahmegebots geltend machen.
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2. Die Klage ist in der Sache aber unbegründet, da der angefochtene Vorbescheid keine im Prüfumfang des Vorbescheides enthaltenen, drittschützenden Vorschriften verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 VwGO i.V. m. Art. 59, 71 BayBO).
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a) Ein Rechtsanspruch auf Aufhebung eines Vorbescheides steht einem Nachbarn nicht schon dann zu, wenn der Bauvorbescheid bzw. die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr gelten für Rechtsbehelfe gegen einen Vorbescheid dieselben Grundsätze wie für Rechtsbehelfe gegen eine Baugenehmigung (VG Würzburg, U.v. 4.8.2015 - W 4 K 15.32 - juris Rn. 21; Decker in: Busse/Kraus, Stand: September 2021, BayBO, Art. 71 Rn. 149). Der Nachbar eines Vorhabens kann einen Vorbescheid demnach nur dann mit Erfolg anfechten, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn es das Vorhaben an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt (BayVGH, B.v. 2.9.2013 - 14 ZB 13.1193 - juris Rn. 11). Ein Bauvorbescheid bzw. eine Baugenehmigung ist demnach im Rahmen einer Anfechtungsklage des Nachbarn nur daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen Vorschriften verstößt, die dem Schutz des um Rechtschutz nachsuchenden Nachbarn dienen (vgl. BVerwG, U.v. 28.10.1993 - 4 C 5/93 - NVwZ 1994, 686; OVG RP, B.v. 8.2.2012 - 8 B 1001/12. OVG - BauR 2012, 931 f.).
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Ob ein angefochtener Vorbescheid den Nachbarn in seinen Rechten verletzt, beurteilt sich dabei grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erteilung des Vorbescheids (st. Rspr.; vgl. z. B. BayVGH U.v. 3.12.2007 - 1 B 05.3080 - BayVBl. 2008, 728/729).
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b) Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben und der im Rahmen des Augenscheintermins vor Ort festgestellten Gegebenheiten ist eine Rechtsverletzung des Klägers durch den dem Beigeladenen zu 1) erteilten Vorbescheid vom 1. April 2020 nicht zu erkennen. Der Vorbescheid verstößt nicht gegen nachbarschützende Vorschriften.
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aa) Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt der streitgegenständliche Vorbescheid nicht zu Lasten des Klägers gegen den Bestimmtheitsgrundsatz.
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(1) Ein Vorbescheid muss - wie eine Baugenehmigung - inhaltlich hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz - BayVwVfG). Er muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 -15 CS 17.2523 - juris Rn. 30). Diesem Erfordernis ist genügt, wenn die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens - gegebenenfalls nach Auslegung - eindeutig zu erkennen und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich ist. Bei einem Vorbescheid muss der Inhalt der vorgezogenen Zulässigkeitsprüfung vollständig, klar und eindeutig zum Ausdruck kommen. Dies betrifft insbesondere die mit dem Vorbescheidsantrag eingereichten Bauvorlagen. Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO - der über Art. 71 Satz 4 BayBO auch im Vorbescheidsverfahren entsprechend anwendbar ist - bestimmt, dass mit dem Vorbescheidsantrag alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Antrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen sind. Art, Umfang und Inhalt der vorzulegenden Bauvorlagen ergeben sich dabei aus der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV), vgl. Art. 80 Abs. 4 BayBO. Nach § 5 BauVorlV sind diejenigen Bauvorlagen vorzulegen, die zur Beurteilung der durch den Vorbescheid zu entscheidenden Fragen des Bauvorhabens erforderlich sind. Die vorgelegten Bauvorlagen und die in ihnen enthaltenen Angaben müssen dabei vollständig, richtig und eindeutig sein (vgl. Gaßner in Busse/Kraus, BayBO, Stand: September 2021, Art. 64 Rn. 75). Stellt sich bei der Prüfung durch die Behörde heraus, dass die Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für den Vorbescheid ungeeignet sind, darf dieser nicht erteilt werden (vgl. Gaßner, a.a.O. Rn. 80; VG München, B.v. 28.11.2017 - M 8 SN 17.4766 - juris Rn. 57). Zu einer Unbestimmtheit gelangt man allerdings nur dann, wenn sich der Aussagegehalt des Verwaltungsakts nicht durch Auslegung ermitteln lässt (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.1998 - 4 C 9/97 - juris Rn. 19).
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Ein Nachbar hat keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Antragsteller einwandfreie und vollständige Bauvorlagen einreicht vgl. Gaßner, a.a.O. Rn. 84 m.w.N.). Nachbarn müssen lediglich zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt daher nur vor, wenn eine Unbestimmtheit ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft (BayVGH, B.v. 18.9.2008 - 1 ZB 06.2294 - juris, m.w.N.). Die Unbestimmtheit eines Vorbescheids ist somit nur dann nachbarrechtlich erheblich, wenn infolge des Mangels nicht beurteilt werden kann, ob das Vorhaben den geprüften nachbarschützenden Vorschriften entspricht (BayVGH a.a.O., m.w.N.; vgl. auch VG München, U.v. 2.7.2012 - M 8 K 11.2932 - juris Rn. 84). Wie weit das nachbarrechtliche Bestimmtheitserfordernis im Einzelnen reicht, beurteilt sich dabei nach dem jeweils anzuwendenden materiellen Recht (vgl. OVG NW, U.v. 6.6.2014 - 2 A 2757/12 - juris Rn. 73; NdsOVG, B.v. 26.1.2012 - 1 ME 226/11 - juris Rn. 22).
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(2) Die vorgenannten Maßstäbe zugrunde gelegt, ist bezüglich des konkreten Gegenstandes des Vorbescheids vom 2. November 2021 keine Unbestimmtheit zu erkennen, die sich zu Lasten des Klägers auswirken könnte. Sowohl der Umfang der Feststellungswirkung des streitgegenständlichen Bauvorbescheids als auch das geprüfte Vorhaben sind dem Vorbescheid in Zusammenschau mit den eingereichten Planunterlagen hinreichend bestimmt zu entnehmen. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass der Antrag des Beigeladenen zu 1) vom 29. März 2019 keine ausformulierten Fragen - insbesondere keine Fragen, die mit Ja oder Nein beantwortet werden können (vgl. die Empfehlung von Molodovsky/Waldmann in Molkovsky/Famers/Waldmann, Bayerische Bauordnung, Stand: Juli 2021, Art. 71 Rn. 10) - enthält (vgl. Bl. 3 d. Behördenakte). An die Bestimmtheit der Bauvoranfrage dürfen allerdings keine überzogenen Anforderungen gestellt werden (vgl. Decker a. a. O., Art. 71 Rn. 36). Daher kann sich die durch eine fehlende ausdrückliche Fragestellung ausgelöste grundsätzliche Unbestimmtheit des Vorbescheidsantrages im Einzelfall auch durch die Auslegung des Vorbescheidsantrages beseitigen lassen (BayVGH, U.v. 22.8.2006 - 1 B 04.3531 - juris Rn. 23; OVG NW, U.v. 20.2.2004 - 10 A 558/02 - NVwZ-RR 2004, 558/558; vgl. auch schon BVerwG, U.v. 3.4.1987 - 4 C 41/84 - NVwZ 1987, 884/884 f.). Das Landratsamt Sch. hat vorliegend den Antrag des Beigeladenen zu 1) im Hinblick auf die im Antrag genannten Aspekte des streitgegenständlichen Vorhabens - Anzahl der Wohneinheiten, Dachform, Abstandsflächen, und Stellplätze - ausgelegt und unter Bezugnahme auf die Bauvorlagen im Hinblick auf diese Punkte zur baurechtlichen Zulässigkeit Feststelllungen getroffen (vgl. Ziffer 1.1. bis 1.4 des Bescheids vom 2.11.2020). Der Prüfungsumfang ist somit klar abgegrenzt.
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Das streitgegenständliche Vorhaben ist auch bestimmt genug dargestellt. Dem im Vorbescheidsantrag vom 29. März 2019 enthaltenen „Fragen“ liegt das in den eingereichten Plänen näher dargestellte Vorhaben zugrunde. Insoweit ist der auch im Rahmen des Vorbescheids notwendige konkrete Vorhabensbezug (vgl. BayVGH, U.v. 14.2.2008 - 15 B 06.3463 - NVwZ-RR 2008, 377 m.w.N.) hergestellt. Auch enthalten die vorgelegten Planunterlagen in Bezug auf die von der Feststellungswirkung des Vorbescheids betroffenen Zulässigkeitsfragen die relevanten Darstellungen. Die genehmigten Pläne sind mit dem Prüfvermerk des Landratsamts Schweinfurt vom 29. Oktober 2020 versehen. Die Planunterlagen enthalten insbesondere einen Lageplan, Abstandsflächenplan, verschiedene Schnitte und die Berechnung der Abstandsflächen. In den Plänen ist das Vorhaben sowohl hinsichtlich seiner Situierung auf dem Grundstück als auch im Grundriss und der Höhenentwicklung präzise dargestellt. Im Hinblick auf die Vorbescheidsfrage nach der Dachform sind auch die zwei verschiedenen Dachvarianten klar voneinander abgrenzbar und die Unterschiede (Dachform, Dachhöhe) aus den Planunterlagen ersichtlich. Auch die Anzahl und Situierung der Stellplätze ist in den Planunterlagen dargestellt (Bl. 91 d. Behördenakte).
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Für den Kläger ist demnach zweifelsfrei - insbesondere in Bezug auf das Gebot der Rücksichtnahme - feststellbar, ob und in welchem Umfang er durch das streitgegenständliche Vorhaben betroffen ist. Eine Unbestimmtheit im Hinblick auf ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal liegt nicht vor.
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bb) Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung fügt sich das Bauvorhaben in die nähere Umgebung ein. Insoweit werden Rechte des Klägers, hier insbesondere in Form des sog. Gebietserhaltungsanspruchs, nicht verletzt.
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Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich vorliegend nach § 34 Abs. 1 BauGB, wonach innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig ist, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbebaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete im Sinne der Baunutzungsverordnung, beurteilt sich gemäß § 34 Abs. 2 BauGB die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre, wobei auf die nach der Baunutzungsverordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben § 31 Abs. 1 BauGB, im Übrigen § 31 Abs. 2 BauGB entsprechend anzuwenden ist.
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Der Gebietserhaltungsanspruch ermöglicht dem Eigentümer eines im Bebauungsplangebiet (§ 30 BauGB) oder in einem faktischen Baugebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB) gelegenen Grundstückes, Vorhaben, welche nach ihrer Art nicht zulässig sind, abzuwehren. Im Bebauungsplanbereich basiert dieser Anspruch auf der durch eine Baugebietsfestsetzung sich ergebenden wechselseitigen Eigentumsbindung dergestalt, dass die sich im selben Baugebiet befindlichen Grundstückseigentümer zu einer Gemeinschaft verbunden sind, bei der jeder in derselben Weise berechtigt und verpflichtet ist. Als Folge dieser wechselseitig wirkenden Inhalts- und Schrankenbestimmung des Grundeigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) ergibt sich das Recht eines jeden Eigentümers des betreffenden Baugebiets, sich - ohne dass es einer konkreten Beeinträchtigung bedarf - gegen eine „schleichende Umwandlung des Gebiets durch Zulassung einer gebietsfremden Nutzung zur Wehr zu setzen“ (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 16.3.1993 - 4 C 28.91 - NJW 1994, 1546/1547; B.v. 18.12.2007 - 4 B 55.07 - NVwZ 2008, 427/428). Die mit der Gebietsfestsetzung einhergehende Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Grundstückseigentümer (desselben Baugebiets) diesen Beschränkungen gleichermaßen unterworfen sind. Derselbe Nachbarschutz besteht im unbeplanten Innenbereich, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung entspricht, § 34 Abs. 2 BauGB (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 - NJW 1994, 1546/1547).
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Eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs des Klägers kommt vorliegend nicht in Betracht, da die nähere Umgebung unstreitig dem Charakter eines allgemeinen Wohngebiets entspricht und die von dem Beigeladenen zu 1) geplante Errichtung eines Mehrfamilienwohnhaues darin ohne Weiteres zulässig ist (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO).
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cc) Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass sich das Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht in die nähere Umgebung einfügt, vermag dieser Einwand der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Frage, ob sich das Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung und nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn die Regelungen über das Maß der baulichen Nutzung und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, sind nach ganz herrschender Meinung grundsätzlich nicht drittschützend. (vgl. BVerwG, B.v. 11.3.1994 - 4 B 53/94, UPR 1994, 267 - juris Rn. 4; B.v. 19.10.1995 - 4 B 215/95 - NVwZ 1996, 888 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 29.9.2008 - 1 CS 08.2201 - juris Rn. 1; B.v. 6.11.2008 - 14 ZB 08.2327 - juris Rn. 9; B.v. 5.12.2012 - 2 CS 12.2290 - juris Rn. 3; B.v. 30.9.2014 - 2 ZB 13.2276 - juris Rn. 4).
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dd) Auch eine Verletzung des subjektiv-rechtlichen Rücksichtnahmegebots liegt nicht vor.
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(1) Eine Rechtsverletzung des Klägers kommt in Bezug auf die vom Kläger geltend gemachten Einwände im Hinblick auf Geschossigkeit, überbaute Grundstücksfläche und Geschossflächenzahl des streitgegenständlichen Vorhabens lediglich unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Rücksichtnahmegebots in Betracht. Das Gebot der Rücksichtnahme kommt im vorliegenden Fall im Tatbestandsmerkmal des „Einfügens“ im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zum Tragen.
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Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position innehat (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn. 9 m.w.N.). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22.75, BVerwGE 52, 122 - juris Rn. 22; U.v. 28.10.1993 - 4 C 5.93, NVwZ 1994, 686 - juris Rn. 17; U.v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - NVwZ 2005, 328 - juris Rn. 22; U.v. 29.11.2012 - 4 C 8/11, BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 4).
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Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - juris Rn. 22). Das Gebot der Rücksichtnahme gibt den Nachbarn aber nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (BayVGH, B.v. 22.6.2011 - 15 CS 11.1101 - juris Rn. 17). Eine Veränderung der Verhältnisse durch ein Vorhaben, das den Rahmen der Umgebungsbebauung wahrt und städtebaulich vorgegeben ist, ist aber regelmäßig als zumutbar hinzunehmen (BayVGH, B.v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 6). Das Gebot der Rücksichtnahme schützt auch nicht vor der Möglichkeit, in andere Grundstücke von benachbarten Häusern aus Einsicht zu nehmen. Weder das Bauplanungsrecht im Allgemeinen noch das Gebot der Rücksichtnahme im speziellen vermitteln einen generellen Schutz vor unerwünschten Einblicken (vgl. BayVGH, B.v. 13.4.2018 - 15 ZB 17.342 - juris Rn. 15 m.w.N.). Dies gilt grundsätzlich auch im Falle einer neu geschaffenen Einsichtnahmemöglichkeit (vgl. BayVGH, B.v. 1.3.2018 - 9 ZB 16.270 - juris Rn. 18).
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So ist in der Rechtsprechung zum Rücksichtnahmegebot anerkannt, dass eine Verletzung dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1/78, DVBl. 1981, 928 - juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zu 2,5-geschossigem Nachbarwohnhaus; U.v. 23.5.1986 - 4 C 34/85, NVwZ 1987, 34 - juris Rn. 15). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung sind u.a. die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. Für die Annahme der „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung eines Nachbargebäudes ist somit grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes (BayVGH, B.v. 11.5.2010 - 2 CS 10.454 - juris Rn. 5; B.v. 5.12.2012 - 2 CS 12.2290 - juris Rn. 9).
37
Unter Anwendung der vorstehenden Maßstäbe vermag das Gericht unter Berücksichtigung der dem Bauvorbescheid zugrundeliegenden Planunterlagen und der im Rahmen des Augenscheintermins gewonnenen Erkenntnisse über die Verhältnisse vor Ort keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu erkennen. Ein solcher Verstoß wurde vom Kläger auch nicht substantiiert behauptet.
38
So hält das geplante Vorhaben in der im streitgegenständlichen Bescheid zugelassenen Dachvariante 2 (vgl. Ziffer 1.3. des Bescheids vom 2.11.2020) die Abstandsflächen zum Grundstück des Klägers ein (vgl. hierzu Abstandsflächenplan Dachvariante 2, Blatt 80 d. Behördenakte). Dem landesrechtlichen Abstandsflächenrecht nach Art. 6 BayBO kommt für die Beurteilung des bauplanungsrechtlichen (und daher bundesrechtlichen) Rücksichtnahmegebots unter dem Gesichtspunkt vorgetragener Belastungswirkungen aufgrund eines (vermeintlich) zu geringen Abstands eines großen Baukörpers zwar keine rechtliche Bindungswirkung zu. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots scheidet unter diesem Gesichtspunkt im Sinne einer Indizwirkung aber in aller Regel aus, wenn - wie hier - die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen eingehalten werden. Denn in diesem Fall ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Landesgesetzgeber die nachbarlichen Belange und damit das diesbezügliche Konfliktpotenzial in einen vernünftigen und verträglichen Ausgleich gebracht hat (vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2016 - 15 CS 16.1536 - juris Rn. 29).
39
Ausnahmen hiervon sind vorliegend nicht ersichtlich, zumal der Abstand zwischen der westlichen Außenwand des geplanten Vorhabens und der Grundstücksgrenze zum Kläger nach den vorliegenden Planunterlagen über 4,50 m beträgt und sich zwischen dem geplanten Vorhaben des Beigeladenen zu 1) und dem Wohnhaus des Klägers auch noch ein grenzständiges Nebengebäude des Klägers befindet. Eine konkrete Betroffenheit besonders schutzbedürftiger Räume, die über die herkömmliche Einsichtnahmemöglichkeit in Innenlagen hinausgehende Belastungen oder eine neue Qualität der Einsicht verursacht, wird nicht dargelegt und ist nach den vorstehenden Ausführungen auch nicht ersichtlich.
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(2) Weiter ergibt sich eine Nachbarrechtsverletzung des Klägers auch nicht in Bezug auf die durch die Beigeladenen zu errichtenden Stellplätze.
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In (faktischen) allgemeinen Wohngebieten sind Stellplätze und Garagen für den durch die zugelassene Nutzung notwendigen Bedarf zulässig (vgl. § 12 Abs. 2 BauNVO). Die Vorschrift begründet für den Regelfall auch hinsichtlich der durch die Nutzung verursachten Lärmimmissionen eine Vermutung der Nachbarverträglichkeit. Der Grundstücksnachbar hat deshalb die Errichtung notwendiger Garagen und Stellplätze für ein Wohnbauvorhaben und die mit ihrem Betrieb üblicherweise verbundenen Immissionen der zu- und abfahrenden Kraftfahrzeuge des Anwohnerverkehrs grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 17.5.2019 - 9 ZB 17.53 - juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 13.3.2014 - 15 ZB 13.1017 - juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 11.8.1999 - 27 ZS 99.1717 - juris Rn. 7; B.v. 18.9.2008 - 1 ZB 06.2294 - juris Rn. 34 ff.). Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten Anlagen allerdings unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Die Vorschrift findet auch auf die in § 12 BauNVO genannte Stellplatz- und Parksituation sowie den Zu- und Abgangsverkehr Anwendung (BVerwG, B.v. 20.3.2003 - 4 B 59/02 - juris Rn. 6). Besondere örtliche Verhältnisse und sonstige Umstände des Einzelfalls können dazu führen, dass für die Nachbarschaft das Maß des Zumutbaren überschritten ist. Das Maß an Rücksichtnahme, das von den Beteiligten verlangt werden kann, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind neben dem Charakter des Baugebiets bereits vorhandene Lärmbelastungen, die Ausgestaltung der Zufahrt und deren Lage sowie die Möglichkeit von Lärmschutzmaßnahmen an der Grenze der tatrichterlichen Beurteilung zugrunde zu legen (vgl. etwa OVG RP, U.v. 27.6.2002 - 1 A 11669/99 - juris Rn. 63 ff.).
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Besondere Umstände, die die Regelung der Parksituation auf den Stellplätzen oder die Zufahrt als für den Kläger unzumutbar erscheinen lassen, sind hier nicht ersichtlich. Nach den Bauvorlagen soll lediglich der Stellplatz Nr. 9 im westlichen Grundstücksbereich unmittelbar angrenzend an das Grundstück des Klägers Fl.Nr. …8 errichtet werden (Bl. 91 d. Behördenakte). Die Stellplätze Nrn. 5 bis 8 sind dagegen im östlichen - und damit dem klägerischen Grundstück abgewandten - Teil des Baugrundstücks geplant; der Stellplatz Nr. 4 soll westlich des bestehenden Wohnhauses und die Stellplätze Nrn. 1 bis 3 im vorderen Bereich, parallel zur S. straße auf dem Baugrundstück platziert werden. Durch die Zufahrt, die südlich über die S. straße erfolgt, ist eine unzumutbare Belästigung des Klägers, dessen Grundstück sich nordwestlich des Baugrundstücks befindet, nicht zu erwarten. Zudem handelt es sich um eine Zufahrt zu einem Wohnanwesen, sodass sich demgemäß die Fahrbewegungen in einem überschaubaren Rahmen halten, insbesondere eine Nutzung der Zufahrt zur Nachtzeit betreffend. Durch die Bebauungssituation „in der zweiten Reihe“ wird im Bereich der S. straße durch das streitgegenständliche Bauvorhaben auch nicht erstmals ein besonders schutzwürdiger Ruhebereich betroffen, da das streitgegenständliche Bauvorhaben nicht das einzige bzw. erste Vorhaben in der „zweiten Reihe“ in der näheren Umgebung darstellt (vgl. Bebauung auf der Fl.Nr …8, das im Eigentum des Klägers steht, und Fl.Nr. …8/2). Insgesamt ist daher nicht davon auszugehen, dass von der angestrebten Bebauung nicht hinnehmbare Beeinträchtigungen der Nachbarschaft, der Zu- und Abgangsverkehr unzumutbare Umgebungsbelastungen erzeugt und das Gebot der Rücksichtnahme verletzt ist.
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(3) Auch unter dem Aspekt der „heranrückenden Wohnbebauung“ verletzt das Vorhaben des Beigeladenen zu 1) nicht das Rücksichtnahmegebot. Nach der immissionsschutzfachlichen Stellungnahme des Umweltingenieurs vom 25. November 2019 soll zur Vermeidung von Rauchgasbelästigungen durch den Kamin am Nebengebäude des Klägers das Vorhaben des Beigeladenen zu 1) so ausgeführt werden, dass in einem Umkreis von 15 m zu diesem Kamin keine Lüftungsöffnungen bestehen (Bl. 28 d. Behördenakte). Entsprechend den Plänen sind diese Vorgaben für sämtliche Geschosse vorgesehen. Der entsprechende Nachweis ist im Baugenehmigungsverfahren zu erbringen. Der Kamin des Klägers wird durch das streitgegenständliche Vorhaben nicht eingeschränkt, soweit dieser bestimmungsgemäß genutzt wird.
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Ein Verstoß gegen das (subjektiv-rechtliche) Rücksichtnahmegebot ist somit zu verneinen.
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ee) Soweit der Kläger geltend macht, durch den streitgegenständlichen Vorbescheid in seinem Recht auf Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften verletzt zu sein, scheidet eine Rechtsverletzung des Klägers mangels Feststellungswirkung des streitgegenständlichen Vorbescheids bereits von Anfang an aus (vgl. oben Ziffer 1.).
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Im Übrigen hält das Vorhaben des Beigeladenen zu 1), wie bereits oben ausgeführt, nach den vorgelegten Planunterlagen in der im streitgegenständlichen Bescheid zugelassenen Dachvariante 2 die Abstandsflächen zum Grundstück des Klägers ein (vgl. Abstandsflächenplan Dachvariante 2, Blatt 80 d. Behördenakte).
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Eine Verletzung des Rechts auf Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften kommt liegt somit ebenfalls nicht vor.
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Da der Kläger nach alldem durch den streitgegenständlichen Vorbescheid nicht in seinen Rechten verletzt wird, war die Klage abzuweisen.
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3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladenen jeweils keinen Antrag gestellt und sich damit auch nicht dem Kostenrisiko ausgesetzt haben, entspricht es der Billigkeit, dass diese ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).
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4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.