Titel:
Begrenzung des Raumangebots für Wochenendhaus in durch Flächennutzungsplan ausgewiesenem Wochenendhausgebiet
Normenketten:
BayBO Art. 68 Abs. 1, Art. 71
BauGB § 34 Abs. 1, § 35 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 1, Nr. 5, Nr. 7
BauNVO § 10 Abs. 3 S. 3, § 17 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die Abgrenzung des dauerhaften Wohnens von der bloßen Ferien- bzw. Wochenendhausnutzung erfordert eine Gesamtbetrachtung sowohl der baulichen Gegebenheiten als auch des Nutzungszwecks. In ihrer baulichen Beschaffenheit zeichnen sich Wochenend- und Ferienhäuser häufig durch einen minderen Standard hinsichtlich der Bauweise und der technischen Installationen sowie einen begrenzten Raum aus. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
2. Von besonderer Bedeutung ist der Nutzungszweck. Während das Wochenend- oder Ferienhaus dem zeitlich begrenzten Wohnen zum Zweck der Erholung dient, wird ein Gebäude zum Dauerwohnen genutzt, wenn es als Ort der alltäglichen Lebensführung einem nicht zeitlich begrenzten, sondern auf Dauer angelegten Aufenthalt dient. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
3. Zwar enthält die Baunutzungsverordnung - abgesehen von den (relativen) Obergrenzen in § 17 Abs. 1 BauNVO - keine verbindlichen Größenvorgaben für Wochenendhäuser. Aus der Bestimmung, dass Sondergebiete nach § 10 BauNVO dem gelegentlichen Freizeitwohnen vorbehalten sind, folgt aber ebenso wie aus dem in § 10 Abs. 3 Satz 3 BauNVO enthaltenen Gebot, die zulässige Grundfläche der Wochenendhäuser nach der besonderen Eigenart des Gebiets festzusetzen, die Verpflichtung, einem Dauerwohnen in Wochenendhäusern durch die Begrenzung des Raumangebots entgegenzuwirken. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abgrenzung Innenbereich, Außenbereich, Wochenendhaus, Bauvorbescheid, Bauvorhaben, Festsetzungen des Flächennutzungsplans, Wochenendhausgebiet, Begriff des Wochenendhauses, zeitlich begrenztes Wohnen, Begrenzung des Raumangebots
Fundstelle:
BeckRS 2022, 19690
Tenor
1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt die Erteilung von Bauvorbescheiden über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung von jeweils einem Wochenendhaus mit zwei Stellplätzen auf den Grundstücken FlNrn. … sowie … der Gemarkung … (nachfolgend wird auf die Angabe der Gemarkung verzichtet; alle erwähnten Flurnummern beziehen sich auf die Gemarkung …*).
2
Mit Anträgen vom 6. November 2017, eingegangen bei dem Beklagten am 14. November 2017, beantragte die Klägerin, vertreten durch den Entwurfsverfasser Herrn …, die Erteilung zweier Bauvorbescheide über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung von jeweils einem „Wochenendhaus mit zwei Stellplätzen“ auf den Grundstücken FlNrn. … sowie …, welche im Süden an das Anliegerweggrundstück FlNr. … (u.a. im Miteigentum der Klägerin) angrenzen.
3
Ausweislich der hierzu vorgelegten identischen Grundrissplanungen verfügen die Gebäude mit den Maßen 10,49 m x 8,49 m jeweils über ein Unter-, Erdsowie Dachgeschoss (nebst Dachgaube). Vorgesehen sind im Erdgeschoss (80,72 qm Wohnfläche) ein offener Wohn-/Essbereich mit Küche (insgesamt 53,46 qm), ein Vorratsraum und ein WC sowie ein Flur nebst Garderobe, im Dachgeschoss (59,41 qm Wohnfläche) jeweils ein Schlaf-, Kindersowie Gästezimmer und ein Badezimmer sowie im Untergeschoss (72,87 qm Gesamtnutzfläche) jeweils ein Abstell-, Heizungs- und Kellerraum (Letzterer mit drei Tageslichtdoppelfenstern sowie einer Raumhöhe von rund 2,50 m). In den Baubeschreibungen wurden jeweils die Gesamtwohnfläche mit 140,13 qm, die Grundfläche mit 94,45 qm, die gewerbliche Nutzfläche mit 73 qm sowie der Bruttorauminhalt mit 850 m³ beziffert. Als Baukosten wurden 297.500,00 EUR benannt. Auf den Baugrundstücken sind des Weiteren zwei Stellplätze mit einer Gesamtgröße von 5x5 m vorgesehen. Ausweislich des Schnittplans sind jeweils Satteldächer mit einer Dachneigung von 38° sowie einem Kniestock von 75 cm vorgesehen.
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Der Flächennutzungsplan der Gemeinde … stellt in diesem Bereich ein Wochenendhausgebiet dar, ein Bebauungsplan existiert nicht.
5
Auf den benachbarten Anwesen FlNrn. …, … sowie gegenüber - südlich des Anliegerweggrundstückes … - auf dem Grundstück FlNr. … befindet sich jeweils ein dem Aufenthalt von Menschen dienendes Gebäude (hiervon eines mit Flachdach sowie zwei mit niedrigem Satteldach und keinem bzw. minimalem Kniestock). Westlich des Flurstückes FlNr. … verläuft zudem das Weggrundstück FlNr. … Weiter südwestlich hiervon befindet sich auf den Anwesen FlNrn. … sowie … ebenfalls jeweils ein dem Aufenthalt von Menschen dienendes Gebäude (jeweils mit Flachdach).
6
Die zu den Verfahren notwendig beigeladene Gemeinde … verweigerte ihr Einvernehmen zu den Vorhaben mit Stellungnahmen vom 9. Januar 2018 (gemäß Beschluss vom 8. Januar 2018). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Zufahrt der Baugrundstücke nicht gesichert sei. Des Weiteren sei für die Abwasserbeseitigung eine Kleinkläranlage erforderlich.
7
Ausweislich einer internen Stellungnahme des Beklagten bestünden gegen die Vorhaben aus wasserwirtschaftlicher Sicht keine Bedenken, wenn ordnungsgemäß an eine mechanisch-biologische Kleinkläranlage mit erforderlicher Reinigungsklasse angeschlossen werde.
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Mit Schreiben des Beklagten vom 12. April 2018 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Vorhaben in ihren Maßen momentan Einfamilienhäusern und nicht Wochenendhäusern entsprächen. Es sei eine Umplanung einzureichen, aus welcher eindeutig hervorgehe, dass es sich bei den beantragten Vorhaben um Wochenendhäuser handele.
9
Die Klägerin verwies in diesem Zusammenhang unter anderem auf ein (unbekannt adressiertes) Schreiben des damaligen 1. Bürgermeisters der Beigeladenen vom 9. November 1998, mit welchem die positive Verbescheidung einer Bauvoranfrage für die Erweiterung eines Wochenendhauses (Erd- und Dachgeschoss mit 50 cm Kniestock, Dachneigung zwischen 38°und 45° sowie Gesamtwohnfläche von 140 qm) in Aussicht gestellt wurde, Beitragsbescheide für die Verbesserung der Wasserversorgungsanlage betreffend die streitgegenständlichen Grundstücke vom 24. Oktober 2006 (wobei eine Geschossfläche von 222 qm bzw. 239,25 qm zugrunde gelegt wurden) sowie Planausschnitte, aus welchen sich ergebe, dass bereits in den 1960er-Jahren eine Baugenehmigung für das Grundstück FlNr. … erteilt worden sei.
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Ausweislich des Protokolls zu der am 10. August 2018 durchgeführten Baukontrolle befänden sich auf den umliegenden Anwesen FlNrn. …, …, …, … eingeschossige Gebäude mit Flachdach oder niedrigem Satteldach. Auf die Lichtbildaufnahmen hierzu wird verwiesen.
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Mit Schreiben des Beklagten vom 13. Februar 2019 wurde die Klägerin unter anderem darauf hingewiesen, dass eine positive Verbescheidung nur in Aussicht gestellt werden könne, wenn die Gebäudegröße reduziert sowie das sichtbare Untergeschoss wegfallen würden und die Beigeladene ihr Einvernehmen erteilen würde. Ferner sei das Erschließungsproblem zu lösen. Die wegemäßige Erschließung wäre voraussichtlich gesichert, wenn die Klägerin im Hinblick auf die Verengung durch das Grundstück FlNr. … als dessen Eigentümerin einen Teil dieses Grundstückes an das Anliegerweggrundstück abtritt oder insoweit eine dingliche Sicherung gewährleistet. Für die Abwasserbeseitigung sei eine Kleinkläranlage erforderlich; hierfür sei ausreichend, wenn deren wasserrechtliche Beantragung bis zum Einreichen des Bauantrages erfolge.
12
Ausweislich eines Aktenvermerks zu einer Besprechung im Landratsamt am 20. März 2019 habe der 1. Bürgermeister der Beigeladenen mitgeteilt, dass es sich bei der Zufahrt um einen Privatweg handele, welcher nicht geräumt werde und wo auch keine Müllabfuhr erfolge. Es existiere auch kein Abwasserkanal, weshalb Kleinkläranlagen erforderlich seien. Eine gemeindliche Wasserleitung sei in die Privat straße verlegt und abgerechnet worden. Der Vertreter der Klägerin, Herr …, habe auf Nachfrage erklärt, dass keine gewerbliche Nutzung angedacht sei und dies in der Baubeschreibung falsch angegeben worden sei. Der Beklagte habe nochmals darauf hingewiesen, dass die Vorhaben zu reduzieren seien; die Nutzfläche dürfe höchstens 80 qm betragen und das Kellergeschoss dürfe nicht sichtbar sein. Lediglich bei dem Innenbereichsvorhaben auf dem Anwesen FlNr. … werde die momentan geplante Größe zugestanden. Von Seiten der Gemeinde werde als größtes Problem die Zufahrt sowie Wendemöglichkeit (z.B. für Feuerwehrfahrzeuge) gesehen. Die von Herrn … vorgeschlagene Alternative einer Zufahrt über sein Privatgrundstück FlNr. … würde die Gemeinde begrüßen.
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Das Ergebnis der Besprechung wurde der Klägerin mit Schreiben des Beklagten vom 3. April 2019 mitgeteilt.
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Nachdem keine Einigung erzielt werden konnte, wurde die Erteilung der beantragten Bauvorbescheide mit Bescheiden des Beklagten vom 23. Juni 2020 (FlNr. …*) sowie vom 24. Juni 2020 (FlNr. …*) sodann abgelehnt. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass die Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig seien. Bei den streitgegenständlichen Grundstücken handele sich nicht um Baulücken innerhalb der vorhandenen Bebauung. Vielmehr würde die bestehende Wochenendhaussiedlung „…“ durch die Vorhaben in unbebautes Terrain ausgedehnt werden. Ein Privilegierungstatbestand sei nicht ersichtlich. Das Vorhaben würde den Festsetzungen des Flächennutzungsplanes nicht entsprechen und damit öffentliche Belange beeinträchtigen. Eine dauerhafte Wohnnutzung sei in dem Sondergebiet nicht vorgesehen, da ansonsten die Entstehung einer Splittersiedlung zu befürchten sei. Wochenendhäuser seien Wohngebäude, welche sich aufgrund ihrer beschränkten Größe und des sich daraus ergebenden Komforts nur einige Tage sinnvoll als Wohngelegenheit benutzen ließen. Ein Wochenendhaus sei ein Haus, das zu Freizeitzwecken am Wochenende sowie in den Ferien und damit für eine begrenzte Zeit und weniger intensiv als ein Ferienhaus oder Wohnhaus genutzt werde. Dies müsse sich auch im äußeren Erscheinungsbild niederschlagen; ein Wochenendhaus müsse sich anhand der Größe von einem normalen Einfamilienhaus unterscheiden. Obwohl das Gesetz keine Angaben hierzu mache, werde für ein typisches Wochenendhaus in der Praxis eine Größe von circa 40 bis 80 qm angenommen. Aus der Definition ergäben sich neben der geringen Größe des Weiteren als bauliche Besonderheiten eine bescheidene Ausstattung sowie allgemein keine bauliche Eignung zu längeren Aufenthalten.
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Vorliegend sei eine Grundfläche der Häuser von jeweils 94,45 qm beabsichtigt. Die gesamte Nutzfläche mit Keller- und Dachgeschoss betrage 213 qm. Die Dachneigung solle 38°, der Kniestock 75 cm betragen. Größe, Art und Ausstattung der geplanten Häuser würden auf längerfristig angelegte Aufenthalte und damit auf die Errichtung eines Einfamilienhauses hindeuten, welches nicht mit der besonderen Eigenart des Gebietes in Form seiner allgemeinen Zweckbestimmung, dem zeitlich begrenzten Aufenthalt von Menschen, einhergehe. Auch widersprächen die Häuser dem Gebot der größtmöglichen Schonung des Außenbereiches, welcher grundsätzlich von Bebauung freigehalten werden solle, um Natur und Landschaft so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Die Darstellung eines Sondergebietes Wochenende im Flächennutzungsplan habe das Ziel, solche Häuser im Außenbereich zuzulassen, die Freizeitaktivitäten und Erholung durch eine intakte Landschaft als Erholungsraum ermöglichen, wobei der Außenbereich gerade nicht durch ein dauerhaftes Wohnen unzumutbar beeinträchtigt werde. Hierfür sei jedoch eine Größe der Grundflächen nötig, die deutlich hinter den Grundflächen üblicher Einfamilienhäuser zurückbleibe. Die in der Umgebung bereits vorhandenen Wochenendhäuser seien eingeschossig und hätten entweder ein Flachdach oder ein niedriges Satteldach.
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Des Weiteren sei die Erschließung der inmitten stehenden Baugrundstücke nicht gesichert. Eine ausreichend gesicherte wegemäßige Erschließung könne nicht bejaht werden, nachdem die Grundstücke über einen nicht befestigten, schmalen Anliegerweg (FlNr. …*) erschlossen würden. Dieser Weg weise keine durchgehende Breite von 3 m auf. Üblich sei jedoch laut einschlägiger Kommentarliteratur eine erforderliche Breite von Zufahrten von 3 m, wenn kein regelmäßiger Kfz-Verkehr stattfindet und nur Müll-, Feuerwehr- und Krankenfahrzeuge passieren, sowie von 4 m bei Kfz-Verkehr zu Garagen und Stellplätzen. Auch nach Art. 5 Abs. 1 BayBO i.V.m. Ziffer 2 der Richtlinien über Flächen für die Feuerwehr in Bayern in der Fassung vom Februar 2007 müsse die Breite der Feuerwehrzufahrt mindestens 3 m betragen. Zwar verlange § 35 Abs. 2 BauGB dem Wortlaut nach - anders als § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB - nur die ausreichend gesicherte Erschließung. Jedoch sei auch insoweit, nicht zuletzt zur Gewährleistung der Sicherheit der Anwohner als öffentlicher Belang, die Zu- und Durchfahrt für die Feuerwehr zu gewährleisten.
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An dem Anliegerweggrundstück würden nördlich die FlNrn. …, …, …, …, … sowie … sowie südlich die FlNrn. …, …, … sowie … angrenzen. An der Engstelle zwischen den Grundstücken FlNrn. … und … bzw. … weise die Straße aufgrund des hinausragenden Stückes nur eine Breite von 2,50 m auf. Irrelevant sei, dass die Straße derzeit tatsächlich eine größere Breite aufweise, da diese Breite nicht rechtlich gesichert sei und jederzeit von privaten Eigentümern verändert werden könne. Die Zufahrt müsse nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich gesichert sein; eine privatrechtliche Sicherung etwa liege jedoch nicht vor. Ferner würden die Grundstücke auch nicht von der Müllabfuhr angefahren werden. Die Mülltonnen würden an der über 100 m entfernt liegenden nächsten, befestigten Straße abgeholt werden. Ferner werde der Weg im Winter auch nicht geräumt. Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge könnten das Grundstück zudem nicht erreichen, nachdem der unbefestigte Weg mit einer Breite von unter 3 m zu schmal sowie des Weiteren ohne Wendemöglichkeit sei. Mithin sei der Brandschutz nicht gewährleistet. Des Weiteren bestünden Bedenken, dass der für Baufahrzeuge ungeeignete Weg durch den zu erwartenden Baustellenverkehr beschädigt werden könnte. Außerdem sei für das Gebiet kein Kanalanschluss vorhanden, weshalb eine Kleinkläranlage erforderlich wäre. Ob ein rechtmäßiger Wasseranschluss vorhanden ist, sei nicht abschließend geklärt. Die Beigeladene habe derzeit keine planerischen Absichten bezüglich des Gebietes. Ein Bebauungsplan oder die Ertüchtigung der Straße sowie der Abwasser- und Wasserversorgung seien nicht geplant. Die bisher schon schlechte Situation solle nicht noch durch einen Neubau verschlimmert werden.
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Die Beigeladene habe das gemeindliche Einvernehmen unter Verweis auf die nicht gesicherte wegemäßige Erschließung rechtmäßig versagt, so dass eine Ersetzung nicht in Betracht komme.
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Auch eine Ungleichbehandlung sei vorliegend nicht erkennbar. Für die umliegenden Gebäude hätten keine Genehmigungen mehr aufgefunden werden können. Es seien lediglich einzelne Genehmigungen zur Erweiterung bestehender Wochenendhäuser erteilt worden (etwa Erweiterung Kellerraum sowie Terrassenüberdachung auf der FlNr. … oder Erweiterung Dachgeschoss auf der FlNr. …*), welche für die Erschließung unbedeutend und nicht mit der Neuerrichtung eines Gebäudes, welches auch noch weit größer als die bestehenden Wochenendhäuser ausfalle, vergleichbar seien.
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Am 21. Juli 2020 ließen die Kläger Klage erheben. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass der Beklagte zu Unrecht davon ausgehe, dass die streitgegenständlichen Grundstücke dem Außenbereich zuzuordnen seien und die Bauvorhaben den Festsetzungen des Flächennutzungsplanes widersprächen. Des Weiteren verneine der Beklagte unrichtig die gesicherte Erschließung sowie eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu den weiteren im maßgeblichen im Zusammenhang bebauten Ortsteils befindlichen Bauvorhaben. Das von der Beigeladenen verweigerte Einvernehmen sei rechtswidrig und hätte durch den Beklagten ersetzt werden müssen.
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Im Rahmen des Verwaltungsstreitverfahrens AN 3 K 15.01000 habe sich für die Klägerin nicht zuletzt im Lichte der Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung am 21. Januar 2016 als einziges Hindernis bei der Bejahung der planungsrechtlichen Zulässigkeit einer Bebauung der streitgegenständlichen Grundstücke die seinerzeit noch fehlende Sicherung der Erschließung dargestellt. Die Klägerin habe anschließend versucht, eine ausreichende Sicherung der Erschließung der inmitten stehenden Baugrundstücke zu bewerkstelligen. Nachdem eine ursprünglich angedachte Verbreiterung der bestehenden Privat straße gescheitert sei, habe die Klägerin letztlich im Einvernehmen mit dem Landratsamt das Grundstück FlNr. … erworben, um eine Erschließung der Vorhabengrundstücke zu gewährleisten.
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Im Hinblick auf eine ebenfalls angestrebte Bebauung des Grundstückes FlNr. … habe das Landratsamt mit Schreiben vom 13. Februar 2019 grundsätzlich festgestellt, dass sich das dort beabsichtigte Vorhaben in direkter räumlicher Nähe zu den Nachbarhäusern und damit innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils befinde und somit dem Innenbereich zuzuordnen sei. Dies habe auch das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr mit Schreiben vom 23. Mai 2019 bestätigt. Jedoch sei in diesen beiden Schreiben hinsichtlich der streitgegenständlichen Flurstücke fälschlicherweise die Lage im Außenbereich angenommen worden. Beide Grundstücke seien lediglich eine Baulücke zwischen der Bebauung auf den Anwesen FlNrn. … (Haus Nr. **) und … (Haus Nr. **). Die streitgegenständlichen Vorhaben würden sich auch nach Art und Maß der baulichen Nutzung in die maßgebliche Umgebungsbebauung einfügen. Zu berücksichtigen sei insoweit insbesondere, dass diese nicht nur durch als solche genutzte Wochenendhäuser, sondern insbesondere auch durch massiv gebaute und zum dauerhaften Wohnen genutzte Einfamilienhäuser geprägt sei.
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Doch selbst bei Annahme der Außenbereichslage würden die inmitten stehenden Bauvorhaben öffentliche Belange nicht beeinträchtigen, insbesondere nicht den Darstellungen des Flächennutzungsplanes widersprechen. Es handele sich um Wochenendhäuser, nachdem die bauliche Ausgestaltung nicht mit einem Einfamilienhaus vergleichbar sei und diese ausdrücklich nicht als solche genutzt würden. Die Größe als solche könne schon mit Blick auf die bereits vorhandene Umgebungsbebauung nicht entgegengehalten werden, nachdem dort auch eine erhebliche Anzahl der Häuser tatsächlich als Einfamilienhäuser genutzt werden würden.
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Unabhängig davon, dass die inmitten stehenden Baugrundstücke der Klägerin ebenso wie alle anderen angrenzenden und teilweise mit Einfamilienhäusern bebauten Grundstücke durch den Anliegerweg FlNr. … ausreichend straßenmäßig erschlossen seien, bestehe eine gesicherte Zu- und Abfahrt zu den Vorhabengrundstücken, auf welchen im Übrigen lediglich Wochenendhäuser errichtet werden sollen, jedenfalls über das im Alleineigentum der Klägerin stehende Grundstück FlNr. … Die in den Bescheiden enthaltenen Erwägungen seien nicht tragfähig, da diese letztlich auch einer baurechtlich legalen Nutzung der weiteren, an dem Weggrundstück anliegenden und durch dieses erschlossenen Anwesen nicht entgegenstünden. Selbst das Anwesen FlNr. … sei über den Anliegerweg ausreichend erschlossen. Ein Wasseranschluss könne ohne Weiteres sowohl über das Grundstück FlNr. … als auch über das Grundstück FlNr. … erfolgen. Das Erfordernis einer Kleinkläranlage stehe der Sicherung der Erschließung nicht entgegen.
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Zu Lasten der Klägerin könne es indes nicht gehen, dass für die weiteren Gebäude in dem maßgeblichen im Zusammenhang bebauten Ortsteil keine Genehmigung mehr aufgefunden werden könne. Tatsache sei jedoch, dass allein die tatsächlich bestehende Umgebungsbebauung für die Beurteilung der planungsrechtlichen Zulässigkeit nach § 34 BauGB bzw. § 35 BauGB maßgeblich sei.
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Die Klägerin beantragt,
Die ablehnenden Bescheide des Landratsamtes … vom 23. Juni 2020 sowie vom 24. Juni 2020 werden aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, die beantragten Vorbescheide für die verfahrensgegenständlichen Bauvorhaben „Errichtung eines Wochenendhauses mit zwei Stellplätzen“ auf den Grundstücken …,
…, FlNrn. … sowie … der Gemarkung … zu erteilen.
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Der Beklagte beantragt,
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Zur Begründung wird unter Bezugnahme auf die Ablehnungsbescheide sowie das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr vom 23. September 2019 im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klagebegründung keine neuen Erkenntnisse enthalte, welche die streitgegenständlichen Bescheide oder das ministerielle Schreiben entkräften könnten. Lediglich ergänzend sei auszuführen, dass das Grundstück FlNr. … im Hinblick auf das konkret beantragte Vorhaben dem Innenbereich zugeordnet worden sei. Die Umgebungsbebauung bestehe nachweislich der vorgenommenen Baukontrolle am 10. August 2018 und der in diesem Zusammenhang angefertigten Lichtbilder nicht aus Einfamilienhäusern ähnlicher Größe wie die streitgegenständlichen Vorhaben.
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Die Klägerseite erwidert hierauf, dass es nicht nachvollziehbar sei, weshalb der Beklagte in den letzten Jahren noch Baugenehmigungen für die Erweiterung der dauerhaft bewohnten Anwesen erteilt habe, zugleich aber die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung von Wochenendhäusern verweigere. Des Weiteren habe die Beigeladene für die streitgegenständlichen Grundstücke von der Klägerin Erschließungskosten verlangt. Dies belege, dass aus Sicht der Beigeladenen eine Bebaubarkeit bestehe. Ferner hätten sowohl die Beigeladene als auch der Beklagte der Klägerin gegenüber vor dem Kauf der Vorhabengrundstücke bestätigt, dass diese dem Innenbereich zuzuordnen seien und mit einem oder zwei Häusern bebaut werden könnten. Dass sich die vorhandene Wochenendhaussiedlung in unbebautes Terrain ausdehnen würde, sei indes falsch. Insoweit sei insbesondere auch die den streitgegenständlichen Grundstücken gegenüberliegende Bebauung zu berücksichtigen.
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Der Beklagte führt hierzu aus, dass aus einem Beitragsbescheid nicht auf die Bebaubarkeit eines Grundstückes geschlossen werden könne. Indes sei die Bauaufsichtsbehörde, welche letztlich über die planungsrechtliche Zulässigkeit entscheide, nicht identisch mit der für den Erlass der Beitragsbescheide zuständigen Beigeladenen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die beigezogenen Behörden- und Widerspruchsakten, die Gerichtsakten sowie die Niederschrift über den gerichtlichen Augenschein und die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2022
Entscheidungsgründe
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Die Verpflichtungsklagen sind zulässig, jedoch unbegründet. Die Ablehnungsbescheide des Beklagten vom 23. Juni 2020 (FlNr. …*) sowie vom 24. Juni 2020 (FlNr. …*) sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO); sie hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Vorbescheide gemäß Art. 71 Satz 4 i.V.m. Art. 68 Abs. 1 BayBO.
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1. Gemäß Art. 71 Satz 4 i.V. m. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 i.V. m. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO, §§ 29 ff. BauGB können im Rahmen des Bauvorbescheides Fragen, die in einer Baugenehmigung zu entscheiden sind, in antizipierter Weise einer Klärung zugeführt werden. Die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der inmitten stehenden Vorhaben ist ein zulässiger Gegenstand des Bauvorbescheidsverfahrens.
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2. Die beantragten Bauvorbescheide wurden seitens des Beklagten zu Recht abgelehnt, da sich die Bauvorhaben als bauplanungsrechtlich unzulässig erweisen. Die Vorhabengrundstücke liegen nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB, sondern im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 BauGB. Als sonstige Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB beeinträchtigen sie öffentliche Belange gemäß § 35 Abs. 3 BauGB und sind damit bauplanungsrechtlich unzulässig.
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a) Mangels Vorhandenseins eines Bebauungsplanes, der die inmitten stehenden Grundstücke erfasst, ist die planungsrechtliche Einordnung dieser Grundstücke aufgrund einer durchzuführenden Abgrenzung von Innenbereich (§ 34 BauGB) und Außenbereich (§ 35 BauGB) vorzunehmen. Unter Zugrundelegung der hierfür von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sowie des Eindruckes, den die Kammer bei der vorgenommenen Inaugenscheinnahme gewonnen hat, sind die streitgegenständlichen Anwesen dem Außenbereich zuzuordnen.
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Gemäß § 34 Abs. 1 BauGB ist der Innenbereich durch einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil gekennzeichnet. Zum Bestehen eines insoweit erforderlichen Bebauungszusammenhangs führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 27. April 2022, 9 ZB 21.2885, juris Rn. 10 unter anderem Folgendes aus:
„Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, B.v. 8.10.2015 - 4 B 28.15 - juris Rn. 5 m.w.N.) ist ausschlaggebend für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs im Sinn dieser Vorschrift, inwieweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden (BayVGH, U.v. 16.6.2015 - 1 B 14.2772 - juris Rn. 17 m.w.N.). „Bebauung“ im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist dabei nicht jede beliebige bauliche Anlage. Den Bebauungszusammenhang selbst herstellen oder zu seiner Entwicklung beitragen können nur Bauwerke, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter zu prägen (BVerwG, U.v. 30.6.2015 - 4 C 5.14 - juris Rn. 15). Der Bebauungszusammenhang endet regelmäßig am letzten Baukörper. Örtliche Besonderheiten können es im Einzelfall aber ausnahmsweise rechtfertigen, ihm ein oder mehrere Grundstücke zuzuordnen, die unbebaut sind, wobei es maßgeblich darauf ankommt, ob diese besonderen topografischen oder geografischen Umstände den Eindruck der Geschlossenheit bzw. Zugehörigkeit einer Fläche zum Bebauungszusammenhang vermitteln. Wie weit der Bebauungszusammenhang im Einzelfall reicht, kann stets nur das Ergebnis einer Bewertung des konkreten Sachverhalts sein. Bei dieser Einzelfallbetrachtung ist zu fragen, ob sich tragfähige Argumente dafür finden lassen, mit denen sich die Anwendbarkeit der Vorschriften über den unbeplanten Innenbereich rechtfertigen lässt; fehlt es hieran, so liegt aus diesem Grund Außenbereich vor (BVerwG, B.v. 8.10.2015 - 4 B 28.15 - a.a.O. Rn. 6 m.w.N.).“
37
Für den vorliegenden Fall ist unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles, wie sie sich der Kammer aus den Verfahrensakten und den bei dem durchgeführten Augenschein gewonnenen Erkenntnissen darstellen, von einer Außenbereichslage der streitgegenständlichen Grundstücke auszugehen. Eine nach den zuvor genannten rechtlichen Maßstäben zu bewertende Prägung der Vorhabenstandorte durch die Umgebungsbebauung kann aufgrund des gewonnenen Gesamteindrucks nicht bestätigt werden.
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Selbst wenn man neben der Bebauung auf dem - etwa auf der Höhe der streitgegenständlichen Flurstücke gelegenen - Grundstück FlNr. … zugunsten der Klägerin darüber hinaus auch die Bebauung auf den in Folge der Hanglage deutlich tiefer situiert liegenden und somit topografisch abgegrenzten Anwesen FlNrn. …, …, …, … ebenfalls mit in den Blick nimmt, vermögen diese - so das Ergebnis der Inaugenscheinnahme - erkennbar keinen Bebauungszusammenhang herzustellen. Vielmehr handelt es sich hierbei lediglich um eine Splittersiedlung, welche einen Bebauungszusammenhang nicht vermitteln kann. Eine Verklammerung im Sinne eines „übersprungenen“ Bebauungszusammenhangs ist insoweit nicht erkennbar. Den Bebauungszusammenhang selbst herstellen oder zu seiner Entwicklung beitragen können indes nur Bauwerke, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, sodass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt werden oder in einem weiteren Sinn „Nebenanlagen“ zu einer landwirtschaftlichen, (klein-)gärtnerischen oder sonstigen Hauptnutzung sind, sind in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element darstellen (BVerwG, B.v. 16.7.2018 - 4 B 51.17 - NVwZ 2018, 1651; B.v. 5.4.2017 - 4 B 46.16 - ZfBR 2017, 471; U.v. 19.4.2012 - 4 C 10.11 - BauR 2012, 1626; BayVGH, B.v. 8.10.2020 - 1 ZB 17.2319 - BeckRS 2020, 26747; B.v. 13.5.2020 - 1 ZB 19.1663 - juris; B.v. 31.3.2020 - 1 ZB 19.1961 - juris). Der Charakter als Splittersiedlung folgt vorliegend in erster Linie aus dem als üppig zu bezeichnenden Verhältnis von Grundstücksgrößen zu deren Baulichkeiten, die - so der Eindruck der Kammer im Rahmen der Inaugenscheinnahme - nicht dem dauerhaften Aufenthalt von Menschen dienen und indes in schlichter Ausführung errichtet wurden, und dem daraus folgenden Eindruck der „Leere“ zwischen den einzelnen baulichen Anlagen. Die Kammer gewann durchweg den Eindruck von Einzelobjekten, die - vor allem aufgrund des starken Baum- und sonstigen Grünbewuchses, insbesondere auch auf den beiden Baugrundstücken, sowie der unterschiedlichen Höhenlagen in Folge der starken Hanglage und Böschungen - ohne Beziehung zueinander zu stehen.
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b) Die nichtprivilegierten Außenbereichsvorhaben sind bauplanungsrechtlich unzulässig, da sie öffentliche Belange gemäß § 35 Abs. 2 und Abs. 3 Nrn. 1, 5 und 7 BauGB beeinträchtigen. Auf die Frage der gesicherten Erschließung gemäß § 35 Abs. 2 BauGB kommt es mithin vorliegend nicht an.
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aa) Die Vorhaben widersprechen gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB den Darstellungen des inmitten stehenden Flächennutzungsplanes, welcher in dem hier relevanten Bereich ein Wochenendhausgebiet darstellt. Bei den streitgegenständlichen Vorhaben handelt es sich hingegen nicht um Wochenendhäuser, sondern um zur dauerhaften Wohnnutzung bestimmte Einfamilienhäuser. Zwar wurden die Vorhaben in den Antragsunterlagen jeweils als „Wochenendhaus mit zwei Stellplätzen“ bezeichnet. Ausweislich der vorgelegten Pläne handelt es sich jedoch objektiv nicht um Wochenendhäuser.
41
Zwar bestimmt grundsätzlich der Bauherr durch die Bezeichnung seines Bauvorhabens, was zur Genehmigung gestellt wird. Mit dem Bauantrag bestimmt er Inhalt und Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens und legt das Bauvorhaben fest (BVerwG, B.v. 6.3.1992 - 4 C 32.91 - juris; B.v. 21.8.1991 - 4 B 20/91 - juris; Busse/Kraus/Gaßner/Reuber, 142. EL Mai 2021, BayBO Art. 64 Rn. 21-23 m.w.N.). Doch nicht nur die Bezeichnung des Bauvorhabens im Bauantrag, sondern auch die in Vorlage zu bringenden Pläne bestimmen das zur Genehmigung gebrachte Bauvorhaben (Busse/Kraus/Gaßner/Reuber, a.a.O.).
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Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt zur Abgrenzung des dauerhaften Wohnens von der bloßen Wochenendhausnutzung in seinem Urteil vom 27. November 2018, 1 B 16.1879, juris Rn. 30 unter anderem Folgendes aus:
„Die Abgrenzung des dauerhaften Wohnens von der bloßen Ferien- bzw. Wochenendhausnutzung erfordert eine Gesamtbetrachtung sowohl der baulichen Gegebenheiten als auch des Nutzungszwecks. In ihrer baulichen Beschaffenheit zeichnen sich Wochenend- und Ferienhäuser häufig durch einen minderen Standard hinsichtlich der Bauweise und der technischen Installationen (BVerwG, U.v. 12. März 1982 - 4 C 59.78 - BauR 1982, 359) sowie einen begrenzten Raum aus (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: August 2018, § 10 BauNVO Rn. 16). Von besonderer Bedeutung ist der Nutzungszweck. Während das Wochenend- oder Ferienhaus dem zeitlich begrenzten Wohnen zum Zweck der Erholung dient, wird ein Gebäude zum Dauerwohnen genutzt, wenn es als Ort der alltäglichen Lebensführung einem nicht zeitlich begrenzten, sondern auf Dauer angelegten Aufenthalt dient (BayVGH, U.v. 15. Oktober 2013 - 1 N 11.421 u.a. - BeckRS 2014, 45769; OVG NRW, U.v. 23. Oktober 2006 - 7 A 4947.05 - juris Rn. 87 ff.).“
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Zu den Größenvorgaben für Wochenendhäuser führt er in seinem Urteil vom 15. Oktober 2013, 1 N 11.421, 1911, 2385, 2388 und 2396, juris Rn. 18 des Weiteren aus:
„Zwar enthält die Baunutzungsverordnung - abgesehen von den (relativen) Obergrenzen in § 17 Abs. 1 BauNVO - keine verbindlichen Größenvorgaben für Wochenendhäuser. Aus der Bestimmung, dass Sondergebiete nach § 10 BauNVO dem gelegentlichen Freizeitwohnen vorbehalten sind, folgt aber ebenso wie aus dem in § 10 Abs. 3 Satz 3 BauNVO enthaltenen Gebot, die zulässige Grundfläche der Wochenendhäuser nach der besonderen Eigenart des Gebiets festzusetzen, die Verpflichtung, einem Dauerwohnen in Wochenendhäusern durch die Begrenzung des Raumangebots entgegenzuwirken (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauNVO, Stand 2013, § 10 Rn. 22). Ebenso wie Gartenlauben entsprechend ihrer Zweckbestimmung, sich in ihnen gelegentlich aufzuhalten und dort Gartengeräte und Gartenmöbel unterzustellen, keinen Platz für Übernachtungsmöglichkeiten bieten dürfen (vgl. BVerwG, U.v. 18.8.1989 - 4 C 12.86 - NVwZ 1990, 362), sind Wochenendhäuser in der Bauleitplanung so zu dimensionieren, dass sie nicht für einen dauernden Aufenthalt geeignet sind (vgl. Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Aufl. 2003, § 10 Rn. 20 f.). Auch wenn sich eine absolute Obergrenze für Wochenendhäuser nach Grundfläche, Gebäudehöhe oder Baumasse nur schwer bestimmen lässt (vgl. HessVGH, U.v. 1.9.1981 - IV N 16/80 - BRS 38 Nr. 11 sowie OVG RhPf, U.v. 22.8.1985 - 1 A 62/84 - NVwZ 1986, 677, die eine Grundfläche von 150 m² bzw. 190 m² für unzulässig halten), liefert die Einschätzung der Antragsgegnerin, wonach ein optisch wahrnehmbares Bauvolumen von bis zu 350 m³ dem heute üblichen Verständnis von einem Wochenendhaus entspreche (s. A.5.2 der Begründung zum Bebauungsplan), einen brauchbaren Anhaltspunkt für die Bestimmung der Größe, die ein Wochenendhaus im Regelfall nicht überschreiten darf. Berücksichtigt man, dass ein Gebäude mit einer Grundfläche von 70 m² bei einer Wandhöhe von 4 m und einem Satteldach mit einer Firsthöhe von 6 m denselben umbauten Raum (350 m³) aufweist wie ein Gebäude mit einer Grundfläche von 116 m², das über eine Wandhöhe von 3 m und ein Flachdach verfügt, wird deutlich, dass ein derartiges Bauvolumen bereits an das Raumangebot heranreicht, das mehreren Personen ein dauerhaftes Wohnen gestattet, ohne dass die Benutzung des Gebäudes mit nennenswerten Einschränkungen des Wohnkomforts verbunden wäre.“
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Vorliegend die bauliche Beschaffenheit und den in den Plänen dargestellten Nutzungszweck der Räume betrachtet, steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die streitgegenständlichen Bauvorhaben nicht alleine der Freizeitgestaltung, sondern dem dauerhaften Aufenthalt von Menschen und der alltäglichen Lebensführung dienen. Entgegen der Auffassung des Beklagten kann insoweit zwar nicht pauschal auf eine Begrenzung der Nutzfläche auf maximal 80 qm verwiesen werden. Vorliegend ist gerade auch keine Bebauungsplanfestsetzung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 3 BauNVO erfolgt. Bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung ist auch nicht alleine darauf abzustellen, dass die Gebäude, deren Baukosten im Jahre 2017 mit jeweils 297.500,00 EUR beziffert werden, mit einem Bruttorauminhalt von 850 m³ großzügig dimensioniert sind. Gleichwohl kommt der baulichen Gestaltung neben dem Nutzungszweck eine indizielle Wirkung zu (BVerwG, B.v. 9. April 2019 - 4 B 10/19 - juris). Betrachtet man diese, so kann vorliegend kein minderer Standard im Vergleich zu einem zur dauerhaften Wohnnutzung vorgesehenen Gebäude festgestellt werden. In den zur Genehmigung gestellten Plänen sind jeweils neben einer großzügigen Gesamtwohnfläche von 140,13 qm ein Dachgeschoss nebst Erker sowie mit einer Dachneigung von 38° und einem Kniestock von 75 cm sowie des Weiteren ein sogenannter „Kellerraum“, welcher über drei Doppelfenster sowie eine Raumhöhe von rund 2,50 m verfügt, dargestellt. Neben der Ausstattung entspricht auch der in der Baubeschreibung zum Ausdruck gebrachte (teilweise) Nutzungszweck nicht dem eines Wochenendhauses; einer ausschließlichen Nutzungsbestimmung zu Erholungs- und Freizeitzwecken steht bereits die in der Baubeschreibung genannte gewerbliche Nutzfläche von 73 qm, welche sich offenbar auf das Untergeschoss, dessen Gesamtnutzfläche mit 72,87 qm beziffert wurde, bezieht, entgegen. Dass es sich laut dem Entwurfsverfasser insoweit um ein Schreibversehen in der Baubeschreibung handele, ist unbeachtlich. Eine korrigierte Baubeschreibung wurde nicht vorgelegt, so dass maßgeblich für die streitgegenständlichen Vorhaben ausschließlich die jeweiligen Baubeschreibungen vom 6. November 2017 sind. Eine rein mündliche Korrektur der Baubeschreibungen genügt bereits aus Gründen der Rechtssicherheit nicht. Für Bauvoranfragen sowie deren Änderung oder Tektur gilt gemäß Art. 71 Satz 4 i.V.m. 64 Abs. 1 Satz 1 BayBO das Schriftformerfordernis.Die für einen Bauantrag erforderliche Schriftform wird auch nicht durch eine Erklärung zu Protokoll des Verwaltungsgerichts - wie vorliegend indes nicht erfolgt -gewahrt (BayVGH, U.v. 29.6.1990 - 2 B 88 2629 - juris); erst recht gilt dies für eine mündliche Erklärung des Entwurfverfassers im Rahmen einer Besprechung im Landratsamt. Die Klägerin hat sich insoweit an den streitgegenständlichen Bauvorlagen festhalten zu lassen.
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Nach alledem sind nach der hier vorgenommenen Gesamtbetrachtung die inmitten stehenden Bauvorhaben nicht mehr als Wochenendhäuser zu bewerten, so dass diese den Darstellungen des Flächennutzungsplanes widersprechen.
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bb) Des Weiteren würden die Bauvorhaben die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB beeinträchtigen. Zweck dieses öffentlichen Belanges ist die Wahrung der natürlichen Eigenart der Landschaft, um eine wesensfremde Bebauung des Außenbereichs zu verhindern. Die natürliche Eigenart der Landschaft wird geprägt von der naturgegebenen Art der Bodennutzung, einschließlich von Eigentümlichkeiten der Bodenformation und ihrer Bewachsung. Dieser Belang verfolgt den Zweck, dass der Außenbereich mit seiner naturgegebenen Bodennutzung für die Allgemeinheit erhalten bleibt. Die Landschaft soll in ihrer natürlichen Funktion und Eigenart bewahrt bleiben. Unter Hinweis auf die Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft sind zumeist Vorhaben mit anderer als land- und forstwirtschaftlicher Zweckbestimmung unzulässig. Dies gilt insbesondere für neu zu errichtende Wohngebäude, Wochenendhäuser, Altenheime und gewerbliche Vorhaben.
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Eine Beeinträchtigung liegt indes nicht vor, wenn sich das Baugrundstück wegen seiner natürlichen Beschaffenheit weder für die Bodennutzung noch für Erholungszwecke eignet oder es seine Schutzwürdigkeit durch bereits erfolgte anderweitige Eingriffe eingebüßt hat; dabei sind aber bereits genehmigte Anlagen, deren Verwirklichung noch ungewiss ist, nicht zu berücksichtigen (BVerwG, B.v. 8.7.1996 - 4 B 120.96 -juris; U.v. 24.8.1979 - 4 C 8.79 - juris; U.v. 25.1.1985 - 4 C 29.81 - juris). Vorliegend sind die inmitten stehenden, geradezu in idyllischer Lage situierten Baugrundstücke - so insbesondere auch der im Rahmen der Inaugenscheinnahme gewonnenen Eindruck der Kammer - nach wie vor für Erholungszwecke geeignet. Die Errichtung der beiden großzügig dimensionierten Gebäude würde die Landschaft in ihrer natürlichen Funktion und Eigenart erkennbar beeinträchtigen.
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cc) Darüber hinaus würde die Errichtung der streitgegenständlichen Vorhaben, insbesondere aufgrund ihrer Lage auf den Baugrundstücken sowie der baulichen Dimensionierung, die Erweiterung bzw. Verfestigung einer Splittersiedlung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB befürchten lassen. Eine weitere Ausdehnung der Bebauung nach Nord/Nordwesten birgt die Gefahr des Lückenschlusses mit der bereits vorhandenen Splittersiedlung und stellt erkennbar einen unerwünschten Zersiedlungsvorgang dar. Der Gedanke einer siedlungsstrukturell unerwünschten Zersiedlung kommt als beeinträchtigter Belang bereits dann zum Tragen, wenn eine Bebauung in den Außenbereich als potenzieller Bezugsfall geeignet ist, Nachfolgebebauungen nach sich zu ziehen (BayVGH, B.v. 8.2.2022 - 15 ZB 21.2602 - juris Rn. 18). Durch die Zulassung der streitgegenständlichen Bauvorhaben würden erkennbar unerwünschte Bezugsfälle zur Bebauung weiterer Freiflächen geschaffen werden.
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Nach alledem sind die geplanten Bauvorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig.
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c) Für die baurechtliche Betrachtung ist indes ohne Belang, dass seitens der Beigeladenen gegenüber der Klägerin Beitragsbescheide für die Verbesserung der Wasserversorgungsanlage betreffend die streitgegenständlichen Grundstücke erlassen wurden. Unabhängig von der hier nicht zu entscheidenden Frage der Rechtmäßigkeit dieser durch die Beigeladene erlassenen Beitragsbescheide vom 24. Oktober 2006 entfalten diese keine Bindungswirkungen für eine bauplanungsrechtliche Beurteilung, hier durch das Landratsamt als Behörde des Beklagten. Der Regelungsgehalt eines solchen Bescheides beinhaltet gerade keine allgemeine und verbindliche Aussage in Bezug auf die Bebaubarkeit (oder auf Vorfragen dazu). Auch eine Zusicherung (Art. 38 BayVwVfG), einen bestimmten Genehmigungsbescheid zu erlassen, die im Übrigen nur von der zuständigen Behörde abgegeben werden könnte, ist damit nicht verbunden (vgl. u.a. BayVGH, B.v. 1.3.2022 - 9 ZB 21.85 - juris Rn. 18 m.w.N.).
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Eine Zusicherung gemäß Art. 38 BayVwVfG ist des Weiteren auch nicht dem Schreiben des damaligen Ersten Bürgermeisters der Beigeladenen vom 9. November 1998, mit welchem die positive Verbescheidung einer Bauvoranfrage für die Erweiterung eines Wochenendhauses in Aussicht gestellt wurde, zu entnehmen. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei der Beigeladenen bereits nicht um die für die Erteilung eines positiven Bauvorbescheides zuständige Behörde im Sinne des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG i.V.m. Art. 53 Abs. 1 BayBO. Des Weiteren sind diesem Schreiben, welches noch dazu die Erweiterung eines offenbar bereits bestehenden Wochenendhauses zum Gegenstand hat, weder ein Adressat noch ein Baugrundstück zu entnehmen.
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Ein Anspruch auf Erteilung der inmitten stehenden Bauvorbescheide ergibt sich ferner auch nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die Genehmigung anderer, ebenfalls nicht privilegierter Außenbereichsvorhaben bewirkt keinen Anspruch auf Erteilung der inmitten stehenden Vorbescheide. Es erscheint zwar durchaus nachvollziehbar, dass es für die Klägerseite unverständlich ist, dass betreffend das ebenfalls im Eigentum der Klägerin stehende Grundstück FlNr. … für ein vergleichbares bzw. gar identisches Vorhaben ein Genehmigungsbescheid erlassen und insoweit seitens des Beklagten die Innenbereichslage sowie das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen gemäß § 34 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BauGB bejaht wurde. Dies erschließt sich auch der erkennenden Kammer, nach deren Ansicht das Anwesen FlNr. … in Gänze ebenso Teil der inmitten stehenden Splittersiedlung und damit im Außenbereich gelegen ist, nicht. Unabhängig davon, dass über den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) keine Gleichheit im Unrecht gewährt wird, ist ein Bauvorbescheid gemäß Art. 71 Satz 4 i.V.m. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO indes lediglich bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen zu erteilen. Der zuständigen Bauaufsichtsbehörde steht insoweit kein Ermessen zu.
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Nach alledem waren die Klagen abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO; da sich die Beigeladene durch den Verzicht auf eine Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. etwa BayVGH, U.v. 4.8.2017 - 15 N 15.1713 - juris Rn. 50). Die Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.