Titel:
Kürzung des Familienzuschlags bei Tätigkeit beim Europäischen Patentamt
Normenketten:
BayBesG Art. 36 Abs. 1 S. 2, Abs. 7 S. 2
Beamtenstatut EPA Art. 68
Leitsatz:
Da eine Tätigkeit beim Europäischen Patentamt einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst (Art. 36 Abs. 7 S. 2 BayBesG) gleichsteht, weil das Europäische Patentamt eine zwischenstaatliche Einrichtung ist, an der der Bund beteiligt ist, erhält der Ehegatte nur einen gekürzten Familienzuschlag der Stufe 1 (Art. 36 Abs. 1 S. 2 BayBesG). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kürzung des Familienzuschlags der Stufe 1, Tätigkeit des Ehegatten beim Europäischen, Patentamt, Haushaltszulage als dem Familienzuschlag entsprechende Leistung, Familienzuschlag
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 09.10.2019 – M 5 K 17.6086
Fundstellen:
BayVBl 2022, 312
BeckRS 2022, 195
LSK 2022, 195
Tenor
I.Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2019 wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
II.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die verheiratete Klägerin (Archivoberrätin, Besoldungsgruppe A 14) begehrt die Auszahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 rückwirkend ab Juli 2017 in vollständiger Höhe.
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Seit Juli 2017 erhält sie den Familienzuschlag der Stufe 1 um die Hälfte gekürzt. Zur Begründung führte das Landesamt für Finanzen (Landesamt) im Wesentlichen aus, dass der Ehemann der Klägerin beim Europäischen Patentamt (nachfolgend: EPA) beschäftigt sei und im Rahmen seiner Vergütung eine sogenannte Haushaltszulage und damit eine „vergleichbare Leistung“ im Sinne des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayBesG erhalte. Das EPA sei eine zwischenstaatliche Einrichtung, an der die Bundesrepublik Deutschland jedenfalls in anderer Weise beteiligt sei. Mit den im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Bescheiden vom 11. Juli und 7. August 2017 sowie dem hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 30. November 2017 lehnte das Landesamt eine Nachzahlung seit Juli 2017 ab.
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Mit dem angefochtenem Urteil verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten, der Klägerin unter entsprechender Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide ab dem Monat Juli 2017 den ungekürzten Familienzuschlag der Stufe 1 zu gewähren und den Nachzahlungsbetrag mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verzinsen. Da der Ehegatte der Klägerin nur 30% der monatlichen Haushaltszulage des EPA erhalte (34,56 Euro), betrage diese Leistung in ihrer Höhe nicht mindestens die Hälfte des Höchstbetrags der Stufe 1 des Familienzuschlags (2017: 65,83 Euro), so dass die Kürzungsregelung des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayBesG nicht anwendbar sei. Das Gericht ging dabei von einer ungekürzten Haushaltszulage des Ehemanns in Höhe von 115,20 Euro und einer Kürzung durch das EPA in Höhe von 80,64 Euro (70% von 115,20 Euro) aus.
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Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten mit der Begründung, die vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Werte über die Haushaltszulage des Ehemanns seien unzutreffend gewesen.
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Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 9. Oktober 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Ehemann der Klägerin stehe nicht in einem Beamtenverhältnis im öffentlichen Dienst im Sinne des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayBesG. Das EPA schließe seit Jahren fast ausschließlich auf fünf Jahre befristete Arbeitsverträge ab. Der Ehemann habe zwar einen unbefristeten Arbeitsvertrag, sei aber kündbar und habe keinen Treueeid geschworen. Das vom Beklagten zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 21.3.1996 - 2 C 20.95 - juris Ls 1 und Rn. 19) sei überholt. Die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat, im Ausnahmefall unter besonderen Voraussetzungen darlehensweise Zuschüsse zu gewähren, sei nie in Anspruch genommen worden und stamme aus einer Zeit vor mehr als 40 Jahren, als die Gründung des EPA vorbereitet worden sei und niemand den Erfolg des angedachten Modells habe absehen können. Mittel aus öffentlichen Kassen seien zu keiner Zeit geflossen, was aber Voraussetzung einer Beteiligung sei. Es sei äußerst unwahrscheinlich, dass dies je der Fall sein werde. Nach den geltenden Verwaltungsvorschriften zum Bayerischen Besoldungsrecht seien die Voraussetzungen des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayBesG nicht erfüllt. Nr. 36.1.12 BayVwVBes sei nur „gegebenenfalls“ anzuwenden. Eine Beteiligung der öffentlichen Hand liege nicht vor, weil das EPA, die ihm gewährten finanziellen Mittel lediglich weiterleite (Nr. 36.7.5 BayVwVBes) und es sich vollständig selbst finanziere. Der Vollzug einer Konkurrenzregelung würde zudem einen entsprechenden Datenaustausch voraussetzen. Das EPA versende aber keine Vergleichsmitteilungen an deutsche Behörden und sei hierzu auch nach Einlassung des Beklagten nicht verpflichtet. Die Haushaltszulage sei auch keine dem Familienzuschlag „entsprechende Leistung“. Beide Leistungen basierten auf unterschiedlichen Rechtsvorschriften und stammten nicht aus einer gemeinsamen öffentlichen Kasse. Zudem werde die Haushaltszulage im Gegensatz zum Familienzuschlag nur dann gewährt, wenn das Einkommen des Ehepartners eine gewisse Höhe nicht übersteige. Auch seien die Zahlungsmodalitäten nicht vergleichbar. Ansonsten müsste der Klägerin ein Anteil von 50% der Haushaltszulage ihres Ehemanns abgezogen werden, was aber keinen Sinn ergäbe.
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Mit Schreiben vom 8. Januar 2021 überreichte die Klägerin den vom Senat angeforderten Nachweis der Gehaltsmitteilung ihres Ehemanns für den Monat Dezember 2020 (Besoldungsgruppe 13 Gehaltsstufe 5). Demnach wurde dem Ehemann eine monatliche Haushaltszulage in Höhe von 756,19 Euro ausgezahlt. Die Haushaltszulage in Höhe von 806,43 Euro (6% des Grundgehalts des Ehemanns gem. Art. 68 des Statuts der Beamten und sonstigen Bediensteten des Europäischen Patentamts - Beamtenstatut) wurde dabei um 50,24 Euro gekürzt. Der Kürzungsbetrag entspricht 70% des an die Klägerin im Jahr 2020 tatsächlich ausgezahlten hälftigen Familienzuschlags in Höhe von 71,77 Euro (1/2 von 143,54 Euro Familienzuschlag Stufe 1 im Jahr 2020).
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behörden- und Personalakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten (Schriftsätze vom 17./24.6.2021) ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg.
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Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Bescheide des Landesamtes vom 11. Juli und 7. August 2017 und dessen Widerspruchsbescheid vom 30. November 2017 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die ungekürzte Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 rückwirkend ab Juli 2017.
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1. Nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayBesG erhält der Beamte oder die Beamtin den Betrag der Stufe 1 des maßgebenden Familienzuschlags zur Hälfte, wenn der Ehegatte in einem Beamten-, Richter-, Soldaten- oder Arbeitnehmerverhältnis im öffentlichen Dienst steht oder auf Grund einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst eine Versorgungsberechtigung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen hat (1.1) und dem Ehegatten ebenfalls der Familienzuschlag der Stufe 1 oder einer der folgenden Stufen oder eine entsprechende Leistung in Höhe von mindestens der Hälfte des Höchstbetrags der Stufe 1 des Familienzuschlags zustehen würde (1.2). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
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1.1 Die Tätigkeit des Ehegatten der Klägerin beim Europäischen Patentamt steht einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst gemäß Art. 36 Abs. 7 Satz 2 BayBesG gleich, weil das Europäischen Patentamt eine zwischenstaatliche Einrichtung ist (1.1.1), an der der Bund in anderer Weise beteiligt ist (1.1.2).
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1.1.1 Das Europäische Patentamt ist ein Organ der Europäischen Patentorganisation (EPO), die durch das EPÜ vom 5. Oktober 1973 gegründet wurde (BGBl 1976 II S. 649, 826). Die EPO ist eine zwischenstaatliche Einrichtung im Sinne des Art. 24 Abs. 1 GG (BVerfG, B.v. 3.7.2006 - 2 BvR 1458/03 - juris Rn. 2, 14). Eine solche liegt vor, wenn mit dem Akt der Gründung Hoheitsrechte zum Erlass von Rechtssätzen und Einzelfallregelungen, deren Adressaten unmittelbar die Rechtssubjekte und Rechtsanwendungsorgane der staatlichen Rechtsordnung sind, an die Organisation übertragen werden (Supranationalität), wenn die von ihr getroffenen Maßnahmen also über Durchgriffswirkung verfügen. Dem Patentamt als maßgeblichem Exekutivorgan der EPO sind dergleichen Hoheitsrechte zur Ausübung übertragen worden (vgl. BVerfG, B.v. 4.4.2001 - 2 BvR 2368/99 - juris Rn. 15; BGH, U.v. 3.11.1987 - X ZR 27/86 - juris Rn. 19). Entsprechend stellt Nr. 36.1.12 Satz 3 der Bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Besoldungsrecht und Nebengebieten (Bek.v. 22.10.2010 - FMBl 2011 S. 9, StAnz. 2011 Nr. 2, zuletzt geändert am 22.10.2018 - FMBl. S. 186 - BayVwVBes) klar, dass das EPA keine Einrichtung der EU, sondern eine zwischenstaatliche Einrichtung im Sinne von Art. 36 Abs. 7 BayBesG ist, bei denen gegebenenfalls die Konkurrenzregelungen zum Familienzuschlag anzuwenden sind. Das Wort „gegebenenfalls“ stellt die Zuordnung als zwischenstaatliche Einrichtung nicht - wie die Klägerin meint - infrage, sondern verdeutlicht lediglich, dass die Anwendung der Konkurrenzregelungen zum Familienzuschlag nur bei Vorliegen der weiteren hierfür notwenigen Voraussetzungen in Betracht kommt.
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Aus diesen Gründen steht die Tätigkeit des Ehegatten der Klägerin beim Europäischen Patentamt einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst gemäß Art. 36 Abs. 7 Satz 2 BayBesG gleich. Darauf, dass beim EPA seit Jahren fast ausschließlich - wie die Klägerin vorträgt - auf fünf Jahre befristete Arbeitsverträge abgeschlossen werden, der Ehemann kündbar sei und keinen Treueeid geschworen habe, kommt es nach der gesetzlichen Regelung hingegen nicht an. Davon abgesehen entspricht die Ausgestaltung der Beschäftigungsverhältnisse in dem vom Verwaltungsrat erlassenen Statut hinsichtlich der Einstellung, Verwendung, Probezeit, Rechte und Pflichten, Laufbahn, Besoldung, sozialen Sicherheit und Disziplinarordnung in den wesentlichen Punkten der eines öffentlichen Dienstes (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.1996 - 2 C 20.95 - juris Rn. 20).
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1.1.2 Das Verwaltungsgericht (UA - juris Rn. 21) führte zutreffend unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 21.3.1996 - 2 C 20.95 - juris Rn. 15, 19) aus, dass die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat des Europäischen Patentübereinkommens jedenfalls in anderer Weise am Europäischen Patentamt beteiligt ist.
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Dieses Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist auch nicht überholt, wie die Klägerin meint. Gemäß Art. 37 Buchst. c i.V.m. Art. 40 Abs. 2 bis 7 des Übereinkommens über die Erteilung Europäischer Patente (Europäisches Patentübereinkommen - EPÜ - BGBl 1976 II, S. 826) ist die Bundesrepublik Deutschland am Europäischen Patentamt nach wie vor zumindest in der Weise beteiligt, dass sie unter den dort genannten Voraussetzungen zur Zahlung von besonderen Finanzbeiträgen verpflichtet sein kann. Dies gilt auch dann, wenn berücksichtigt wird, dass die Höhe der Gebühren des Europäischen Patentamts so bemessen sein sollen und zur Zeit auch sind, dass die Einnahmen den Finanzbedarf der Organisation decken, und die besonderen Finanzbeiträge gemäß Art. 40 Abs. 6 EPÜ durch die Vertragsstaaten in Form von Darlehen gewährt werden. Eine Beteiligung in anderer Weise liegt bereits dann vor, wenn die Bundesrepublik Deutschland sich als Vertragsstaat - wie hier - verpflichtet, im Ausnahmefall unter besonderen Voraussetzungen darlehensweise Zuschüsse zu gewähren (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.1996 - 2 C 20.95 - juris Rn. 19).
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Obwohl die entsprechenden Regelungen aus dem EPÜ schon vor mehr als 40 Jahren in Kraft getreten sind, beanspruchen sie nach wie vor Gültigkeit. Ob die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, als Vertragsstaat im Ausnahmefall unter besonderen Voraussetzungen darlehensweise Zuschüsse zu gewähren, in der Vergangenheit in Anspruch genommen werden musste, ist genauso wenig von Belang wie die rein spekulative Annahme, eine solche werde auch in Zukunft nur äußerst unwahrscheinlich eintreten; denn die allein entscheidende Möglichkeit einer entsprechenden Beitragsverpflichtung ist unverändert in Art. 37 Buchst. c i.V.m. Art. 40 Abs. 2 bis 7 EPÜ für den Ausnahmefall vorgesehen.
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Auch nach den geltenden Verwaltungsvorschriften zum Bayerischen Besoldungsrecht sind die Voraussetzungen des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayBesG erfüllt. Das EPA ist in den Entsendungsrichtlinien des Bundes (RdSchr. des BMI vom 9. Dezember 2015, GMBl 2016 S. 34, in der jeweils geltenden Fassung) aufgeführt (vgl. Nr. 36.7.2 Satz 1 BayVwVBes). Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.1996 - 2 C 20.95 - juris Rn. 19) kann sich die Klägerin nicht etwa auf Nr. 36.7.5 BayVwVBes berufen, da - für den Fall der Leistung besonderer Finanzbeiträge durch die Vertragsstaaten nach Art. 37 Buchst. c i.V.m. Art. 40 Abs. 2 bis 7 EPÜ - das EPA finanzielle Mittel nicht lediglich weiterleiten und sich auch nicht selbst vollständig finanzieren würde.
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Die Voraussetzungen des Art. 36 Abs. 2 Satz 1 BayBesG sind unabhängig davon erfüllt, dass das EPA nur auf freiwilliger Grundlage und nur in dem von ihm selbst festgelegten Umfang, Vergleichsmitteilungen an deutsche Behörden versendet (vgl. Art. 36 Abs. 8 BayBesG). Zwar ist der Vollzug der Konkurrenzregelung grundsätzlich nur möglich, wenn die Bezügestelle des Beamten oder der Beamtin Kenntnis von den die Konkurrenz auslösenden Sachverhalten hat. Jedoch hat ein den Familienzuschlag beanspruchender Besoldungsempfänger unabhängig von einer entsprechenden Vergleichsmitteilung alle Angaben zu machen, aus denen sich sein Anspruch ergibt. Macht der Berechtigte keine ausreichenden Angaben und kann deshalb über den Anspruch nicht entschieden werden, ist ihm der beanspruchte Teil des Familienzuschlags nicht zu gewähren (Nr. 38.8.4 Satz 1 und 6 BayVwVBes; vgl. Möller in Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand September 2021, Art. 36 BayBesG Rn. 138 f.).
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1.2 Die Vergütung des Ehegatten der Klägerin umfasst einen ehegattenbezogenen Bestandteil, bei dem es sich um eine dem Familienzuschlag entsprechende Leistung (1.2.1) in Höhe von mindestens der Hälfte des Höchstbetrags der Stufe 1 des Familienzuschlags (1.2.2) handelt.
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1.2.1 Der im Zuge der Regelung des Neuen Dienstrechts in Bayern vom 26. Januar 2010 eingeführte Art. 36 BayBesG entspricht inhaltlich weitgehend dem bisherigen § 40 BBesG in der am 31. August 2006 geltenden Fassung (LT-Drs 16/3200 S. 387). Zweck der Regelung des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayBesG über die Kürzung des Familienzuschlages ist es demnach, zu verhindern, dass derselbe Tatbestand aus öffentlichen Kassen doppelt abgegolten wird (vgl. zu § 40 BBesG: BT-Drs. 7/4127 S. 40; Möller in Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand: September 2021, Art. 36 BayBesG Rn. 31). Derselbe Umstand soll nicht zugleich bei mehreren Personen berücksichtigt werden, wenn die Besoldung an familienbezogene Merkmale anknüpft. Von einer „Doppelzahlung“ kann allerdings nur dann die Rede sein, wenn die Entgeltbestandteile dem durch den Leistungszweck, die Leistungsvoraussetzungen und die Leistungsmodalitäten bestimmten Charakter des Familienzuschlags entsprechen (vgl. auch Nr. 36.1.9 VwVBesG). Auf die Bezeichnung kommt es nicht an. Ebenso wenig müssen die Vergütungskomponenten in allen Einzelheiten - insbesondere der Höhe nach - deckungsgleich sein. Es genügt eine strukturelle Übereinstimmung (BVerwG, U.v. 15.11.2001 - 2 C 69.00 - juris Rn. 19; Möller a.a.O. Rn. 36).
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Derartige strukturelle Gemeinsamkeiten mit der gesetzlichen Regelung über die Zahlung eines Familienzuschlages weist die Haushaltszulage nach Art. 68 des Beamtenstatuts auf. Gemäß Art. 67 des Beamtenstatuts haben die Bediensteten des Europäischen Patentamts Anspruch auf Familienzulagen unter die auch die, dem Ehegatten der Klägerin gewährte, Haushaltszulage fällt. Der Ehegatte der Klägerin hat gemäß Art. 68 Abs. 2 Buchst. a des Beamtenstatuts einen Anspruch auf Gewährung der Haushaltszulage aufgrund des Verheiratetseins. Dabei handelt es sich - wie bei dem Familienzuschlag - um eine monatlich gezahlte Entgeltkomponente, die grundsätzlich ohne Vorbehalt an den Personenstand und die familiären Verhältnisse des Beschäftigten anknüpft und die der zeitgleichen Deckung des familiär bedingten Bedarfs dient.
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Dass die Gewährung eines Familienzuschlags auf der einen Seite und einer Haushaltszulage auf der anderen Seite auf unterschiedlichen Rechtsvorschriften beruht, steht der Annahme einer „entsprechenden Leistung“ nicht entgegen. Zudem folgt bereits aus Art. 36 Abs. 7 BayBesG, dass die beiden Leistungen nicht aus einer „gemeinsamen öffentlichen Kasse“ gezahlt werden müssen.
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Die gehaltsbezogene Komponente in Art. 68 Abs. 3 des Beamtenstatuts ändert nichts an der strukturellen Übereinstimmung der beiden Leistungen, da sich das berufliche Einkommen des Ehegatten des EPA-Bediensteten allein auf die Höhe der Haushaltszulage auswirkt, die Vergütungskomponenten jedoch nicht - wie dargestellt - in allen Einzelheiten deckungsgleich sein müssen. Vor diesem Hintergrund ist es auch ohne Belang, dass die Zahlungsmodalitäten, insbesondere der Abzug der jeweiligen Leistungen der Ehegatten nicht in gleicher Höhe erfolgt.
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1.2.2 Die dem Ehegatten der Klägerin gewährte Leistung, die dem Familienzuschlag entspricht, beträgt in ihrer Höhe entgegen den Feststellungen des Verwaltungsgerichts auch mindestens die Hälfte des Höchstbetrags der Stufe 1 des Familienzuschlags.
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Aus der mit Schriftsatz der Klägerseite vom 8. Januar 2021 eingereichten Gehaltsmitteilung des Ehemanns der Klägerin für den Monat Dezember 2020 ergibt sich, dass die Haushaltszulage des EPA für den Ehemann (ungekürzt) 6% seines Grundgehalts der Besoldungsgruppe 13 Gehaltsstufe 5 (12/2020: 806,43 Euro) beträgt. Von diesem Betrag wurden 70% des an die Klägerin jeweils gewährten hälftigen Familienzuschlags abgezogen, und der Rest an den Ehemann tatsächlich ausbezahlt (12/2020: 756,19 Euro). Damit stand und steht dem Ehegatten seit 2017 - selbst unter Berücksichtigung der vorgenommenen Kürzung - eine Leistung von weit mehr als der Hälfte des Höchstbetrags des Familienzuschlags der Stufe 1 zu (2017: ½ von 131,66 Euro = 65,83 Euro; 2018: 67,38 Euro; 2019: 69,54 Euro; 2020: 71,77 Euro; 2021: 72,78 Euro), so dass hier dahingestellt bleiben kann, ob im Rahmen von Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayBesG auf die ungekürzte oder den Ehegatten tatsächlich ausbezahlte entsprechende Leistung abzustellen ist (vgl. Nr. 36.1.10 BayVwVBes; Möller in Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand: September 2021, Art. 36 BayBesG Rn. 37).
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2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
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3. Die Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2, § 191 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 127 BRRG nicht zuzulassen.