Inhalt

VG München, Urteil v. 19.05.2022 – M 31 K 20.30911
Titel:

Unbegründete Asylklage eines peruanischen Staatsangehörigen 

Normenketten:
GG Art. 16a Abs. 1
AsylG § 1 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, § 3 Abs. 1, Abs. 4, § 3c Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, § 3e, § 4 Abs. 1
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
EMRK Art. 3
Leitsätze:
1. In Peru besteht keine Situation im Sinne des § 3c Nr. 2 AsylG, wonach Parteien oder Organisationen den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es ist davon auszugehen, dass der peruanische Staat und seine Sicherheitsbehörden grundsätzlich willens und in der Lage sind, den Bürgern des Landes Schutz vor Verfolgung durch private Dritte zu bieten. (Rn. 27 – 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asylverfahren, Herkunftsland Peru, Bedrohung durch Terroristen, nichtstaatliche Akteure, Schutz durch Sicherheitsbehörden, Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit, interner Schutz, Gesundheitsversorgung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 19369

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

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Der Kläger ist p. Staatsangehöriger. Er reiste am 14. Oktober 2019 auf dem Landweg aus S. kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am 6. Dezember 2019 einen Asylantrag.
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Nach vorheriger persönlicher Anhörung am 29. Januar 2020 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Bescheid vom 28. Februar 2020, dem Kläger zugestellt am 13. März 2020, den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) sowie auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes (Nr. 3) ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Peru oder in einen anderen Staat angedroht, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).
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Am 16. März 2020 erhob der Kläger persönlich zur Niederschrift beim Urkundsbeamten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München. Beantragt wird sinngemäß,
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den Bescheid der Beklagten vom 28. Februar 2020, Aktenzeichen 7...-361, aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen, hilfsweise ihm die Flüchtlingseigenschaft oder weiter hilfsweise den subsidiären Schutz zuzuerkennen, und noch weiter hilfsweise festzustellen, dass bei ihm Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Peru vorliegen.
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Zur Begründung verweist der Kläger im Wesentlichen auf seine Angaben im Rahmen des behördlichen Verfahrens.
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Die Beklagte übersandte die Behördenakten; sie stellt keinen Antrag.
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Mit Beschluss vom 25. April 2022 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Mit Beschluss vom 19. Mai 2022 wurde das vorliegende Verfahren des Klägers mit dem seiner Schwester (M 31 K 20.30900) zur gemeinsamen Verhandlung verbunden.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der sonstigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Über den Rechtsstreit konnte auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 2022 trotz des Ausbleibens des Klägers entschieden werden (§ 102 Abs. 2 VwGO). Der Kläger ist mit am 28. April 2022 abgesandter Verfügung, ihm zugestellt am 29. April 2022, form- und fristgerecht geladen worden; er wurde in der Ladung auf die Möglichkeit der Verhandlung und Entscheidung auch bei Ausbleiben eines Beteiligten hingewiesen. Nach Auskunft der Schwester des Klägers und zugleich Klägerin in der zur gemeinsamen Verhandlung Sache (M 31 K 20.31900) ist der Kläger aus gesundheitlichen Gründen mittlerweile zum dauerhaften Aufenthalt nach Peru zurückgereist; er sei dort mit der gemeinsamen Mutter in ein neues Haus in einer abgeschiedenen Regenwald-Gegend umgezogen und werde dort von ihr betreut.
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Die zulässige Klage ist sowohl im Hauptantrag als auch in den Hilfsanträgen unbegründet.
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Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Asylberechtigung oder der hilfsweise begehrten Flüchtlingseigenschaft oder des weiter hilfsweise angestrebten subsidiären Schutzes. Gleiches gilt für die noch weiter hilfsweise beantragte Feststellung, dass bei ihm ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Peru besteht. Vielmehr erweist sich der streitbefangene Bescheid des Bundesamts vom 28. Februar 2020 als rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Asylberechtigung nach Art. 16a Abs. 1 GG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylG oder des internationalen Schutzes nach § 1 Abs. 1 Nr. 2, §§ 3 ff. AsylG.
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Der Vortrag des Klägers vor dem Bundesamt ist nicht geeignet, seine Verfolgung oder das Drohen eines ernsthaften Schadens in Peru i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG oder §§ 3 ff. AsylG ausreichend zu belegen.
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1.1 Weder die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Asylberechtigung nach Art. 16a Abs. 1 GG noch der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4 AsylG liegen beim Kläger vor.
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Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Asylberechtigte oder Flüchtling rechtfertigen würde, ist aus dem Vortrag des Klägers nicht ableitbar.
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Gemäß Art. 16a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
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Die Furcht vor Verfolgung (Art. 16a Abs. 1 GG, § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) ist begründet, wenn dem Ausländer die oben genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich drohen. Der in dem Tatbestandsmerkmal „… aus der begründeten Furcht vor Verfolgung …“ des Art. 2 Buchst. d der RL 2011/95/EU enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG übernommen worden ist, orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Er stellt auf die tatsächliche Gefahr ab („real risk“; vgl. EGMR, Große Kammer, U.v. 28.2.2008 - Nr. 37201/06, Saadi - NVwZ 2008, 1330); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 18.4.1996 - 9 C 77.95, Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 4; B.v. 7.2.2008 - 10 C 33.07, ZAR 2008, 192; U.v. 27.4.2010 - 10 C 5.09, BVerwGE 136, 377; U.v. 1.6.2011 - 10 C 25.10, BVerwGE 140, 22; U.v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936). Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine qualifizierende Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23.12, NVwZ 2013, 936; U.v. 5.11.1991 - 9 C 118.90 - BVerwGE 89, 162).
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Das Gericht muss dabei sowohl von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals als auch von der Richtigkeit der Prognose drohender Verfolgung bzw. Schadens die volle Überzeugung gewinnen. Dem persönlichen Vorbringen des Rechtssuchenden und dessen Würdigung kommt dabei besondere Bedeutung zu. Es ist Sache des Ausländers, die Gründe seiner Verfolgung und Bedrohung in schlüssiger Form vorzutragen (vgl. §§ 15, 25 AsylG). Dabei hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmige Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei dessen Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung oder Bedrohung begründet ist, sodass ihm nicht zuzumuten ist, in das Herkunftsland zurückzukehren.
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Gemessen daran kann dem Vortrag des Klägers zur Überzeugung des Gerichts nicht entnommen werden, dass er von staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren (vgl. § 3c AsylG) vor seiner Ausreise aus Peru aus asylrelevanten Gründen verfolgt wurde bzw. bei einer Rückkehr nach Peru mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit von diesen verfolgt werden würde. Das Gericht geht davon aus, dass für den Kläger im Falle der Rückkehr keine Verfolgungsgefahr besteht.
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Der Kläger begründet seine Furcht vor Verfolgung und Bedrohung maßgeblich damit, er habe Peru aus Sicherheitsgründen verlassen, weil er und seine Familie von Terroristen bedroht worden seien. Denn sein im Jahr 2003 verstorbener Vater sei während der Amtszeit von Präsident F. als Polizeibeamter in der Terrorismusbekämpfung eingesetzt worden und habe in dieser Funktion die Mitglieder dieser terroristischen Vereinigung bekämpft. Da diese Terroristen lange in Haft waren und einige davon mittlerweile wieder auf freiem Fuß seien, sollen diese nun auf Rache aus seien. Im März und April 2019 habe die Familie an der Haustür schriftliche Todesdrohungen vorgefunden, die sie beim ersten Mal noch für einen Scherz gehalten, beim zweiten Mal aber ernst genommen hätten. Im Folgenden sei ca. im Juni 2019 die Schwester des Klägers (Klägerin im Parallelverfahren M 31 K ….) gemeinsam mit der Mutter der beiden von einem Mann mit dem Tode bedroht worden und ihr gesagt worden, dass die alle sterben müssten. Der Kläger selbst sei dann im Juli oder August 2019 auf der Straße bedroht worden. Auf Nachfrage schildert er die Begebenheit in der Anhörung vor dem Bundesamt dahingehend, dass während der Kläger spazieren ging, ein Mann mit dem Finger auf ihn zeigte und sagte, dass er sterben müsse, und anschließend in der Menschenmenge verschwand. Auf Nachfrage, woher der Kläger wisse, dass die Drohung mit der früheren Arbeit seines Vaters zu tun habe, gibt der Kläger in der Anhörung vor dem Bundesamt an, dies sei sehr wahrscheinlich, weil bei der Bedrohung seiner Mutter und seiner Schwester die Person zu seiner Mutter gesagt habe, dass ihre Kinder sterben würden. Er gehe auch davon aus, dass es in den Reihen der Polizei Kontakte zu den Terroristen gebe. Er selbst habe den Vorfall nicht bei der Polizei angezeigt, weil die Polizei korrupt sei und ohnehin nichts mache. Als die Mutter des Klägers am 4. Oktober 2019 sämtliche Vorfälle gegenüber der Polizei anzeigte, habe diese gesagt, es werde schon nichts passieren; das läge daran, dass die Polizei korrupt sei. Der Kläger berichtete diesbezüglich von einem Vorfall, der vor längerer Zeit geschehen sei, bei dem ihm sein Handy und Führerschein gestohlen worden war und er bei seiner Anzeige von der Polizei aufgefordert worden war, er solle ihnen Geld und Benzin geben. Auch von seiner Mutter hätten die Polizisten Geld für die Aufnahme von Ermittlungen verlangt. Daraufhin habe die Familie entschieden, zunächst der Schwester des Klägers (M 31 K 20.30900) die Ausreise zu ermöglichen, weil sie eine Frau sei, und wenig später, als er etwas Geld aus seiner Arbeit gespart hatte, habe auch der Kläger aus Angst um sein Leben Peru verlassen. Auf Nachfrage gibt der Kläger in der Anhörung vor dem Bundesamt an, dass ein Umzug innerhalb Perus nicht in Frage gekommen sei, da diese Mafia überall sei und alles miteinander vernetzt sei; es gebe keinen sicheren Ort. Das ganze Land sei im Chaos und überall seien schlechte Leute, auch weil viele V. ins Land kämen, gebe es viel Gewalt und Verbrechen. Er habe zwar keine Beweise dafür, dass die Verfolger Teil einer landesweit operierenden kriminellen Vereinigung seien, aber so etwas spräche sich herum, so auch an seiner Universität. Es sei allgemein bekannt, dass die Terroristen, zu denen man Linksradikale und Kommunisten zähle, auch in öffentlichen Institutionen, darunter auch die Polizei, gut vernetzt seien. Auf die Frage, warum der Kläger die Ermittlungen infolge der Anzeige durch seine Mutter nicht abgewartet hätte, sondern bereits am 14. Oktober 2019 ausgereist sei, führte der Kläger aus, dass er davon ausging, dass die Polizei ohnehin nicht reagieren werde.
Ferner berichtete der Kläger, dass ein Cousin von ihm am 25.November 2019 ermordet wurde, aber weil er zu dieser Zeit bereits in Deutschland war, wisse er nichts zu den näheren Umständen. Schließlich teilte der Kläger auf Nachfrage mit, dass ihm keine Fälle von ehemaligen Kollegen seines Vaters bekannt seien, die nach so langer Zeit nun behelligt würden; das liege aber daran, dass er während der Berufstätigkeit seines Vaters zu klein gewesen sei, um Kollegen seines Vaters zu kennen.
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Dieser Vortrag des Klägers vermag zur Überzeugung des Gerichts die vorgetragene Furcht vor Verfolgung und Bedrohung nicht zu begründen. Er stellt sich als in wesentlichen Punkten vage, widersprüchlich und insgesamt als unglaubhaft dar.
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Denn schon hinsichtlich der Datierung der verschiedenen Bedrohungsszenarien bleibt der Kläger im Ungefähren: Im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt nannte der Kläger erst auf Nachfrage jeweils einen groben Zweimonatszeitraum hinsichtlich der schriftlichen Drohungen („März und April 2019“) und der persönlichen Bedrohung auf der Straße („Juli oder August“). Eine solche Unklarheit bezüglich der geschilderten Ereignisse wirft Zweifel an der Glaubwürdigkeit auf. Denn nach der allgemeinen Lebenserfahrung können Betroffene zu solchen Vorgängen, die für ihre Biographie von besonderer Bedeutung sind - der Kläger schildert Drohungen, die unmittelbarer Anlass für die Flucht aus der Heimat gewesen sein sollen -, lebensnahe und detaillierte Angaben, die auch für Dritte - wie hier das Gericht - nachvollziehbar sind, geben. Daran fehlt es vorliegend eklatant hinsichtlich der zeitlichen Einordnung.
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Darüber hinaus steht seine zeitliche Einordnung der Bedrohung der Schwester und der Mutter im Widerspruch zu den Angaben der Klägerin im Parallelverfahren M 31 K …, derzufolge die Ereignisse „Ende Dezember 2019 oder Anfang Januar 2020“ stattgefunden haben sollen, wobei sich seine Angabe zumindest mit derjenigen der Mutter deckt, die in den Entscheidungsgründen der behördlichen Verfügung vom 12. November 2019 (Behördenakte, Bl. 102-103) zugrunde gelegt wurden. Auch hinsichtlich der zeitlichen Einordnung der erhaltenen schriftlichen Drohungen widersprechen sich die Angaben der beiden Geschwister: während der Kläger diese zeitlich im März und April 2019 und damit vor den jeweiligen persönlichen Drohszenarien auf der Straße verortet, gibt die Schwester auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung an, diese seien nach der Bedrohung auf dem Markt erfolgt.
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Auch die zwischenzeitlich erfolgte Rückkehr des Klägers nach Peru aus gesundheitlichen Gründen wirft Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Ausreisegründe auf: Denn selbst wenn die Schwere seiner gesundheitlichen Probleme eine Rückkehr in den Schoß der Familie begründen mag, so wäre es doch mit Blick auf die behauptete lebensbedrohliche Lage in Peru naheliegender, wenn auch die Mutter zumindest versucht hätte, das Land zu verlassen, um sich in Deutschland oder einem anderen Land um den Kläger zu kümmern; hierzu teilte die Schwester in der mündlichen Verhandlung lediglich mit, der Kläger sei mit der Mutter in eine andere Gegend von Peru umgezogen.
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Unabhängig vom Vorstehenden würde aus den geschilderten Ereignissen selbst bei Wahrunterstellung kein Verfolgungsgrund resultieren, da es sich allein um kriminelles Unrecht handelte, das von privater Seite gegen den Kläger begangen worden wäre.
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Dahinstehen kann dabei, ob überhaupt an ein für die Flüchtlingseigenschaft oder Asylberechtigung maßgebliches Merkmal i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b AsylG bzw. Art. 16a Abs. 1 GG angeknüpft wird. Denn wenn - wie vorgetragen - das Rachemotiv für die Bedrohung im Umstand begründet sein soll, dass der Kläger Sohn eines ehemaligen Akteurs in der Terrorismusbekämpfung ist, so müsste allein die familiäre Verbundenheit die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe i.S.d. § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG begründen. Die Familie wird in der Rechtsprechung zwar durchaus als soziale Gruppe anerkannt, aber gerade in politisierten Konflikten verliert die Familienzuschreibung an Relevanz, wenn der Person keine individuelle Verfolgung wegen politischer Überzeugung droht (vgl. Hruschka in Huber/Mantel, AufenthG, 3. Aufl. 2021, AsylG § 3b Rn. 30).
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Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass eine Verfolgung durch einen gemäß § 3c AsylG relevanten Akteur zu befürchten wäre. Es besteht zur Überzeugung des Gerichts auf Grundlage der Auskunftslage in Peru keine Situation im Sinne des § 3c Nr. 2 AsylG, wonach Parteien oder Organisationen den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen. Zwar wird in bestimmten ländlichen Gegenden Perus im Kampf gegen den Drogenhandel immer wieder der Notstand ausgerufen (etwa Provinzen des sogenannten V., also das Gebiet der Flüsse E., A. und M., und Grenzgebiete zu K. und B., vgl. Länderinformationen Peru, im Internet abrufbar auf der Seite des Auswärtigen Amtes, zuletzt aufgerufen am 19. Mai 2022) und in einigen Regionen, darunter auch J., woher der Kläger stammt, ist die Sicherheitslage als prekär zu bezeichnen (BAMF, Länderreport Peru, 2021, S. 5); dies erreicht aber jedenfalls nicht ein Ausmaß, dass davon auszugehen wäre, dass der peruanische Staat nicht willens oder nicht in der Lage wäre, Schutz vor Verfolgung zu bieten. Wird eine Verfolgung von privater Seite geltend gemacht, so bedarf es einer eingehenden Prüfung, inwieweit Schutz gegen Verfolgung durch staatliche Akteure erlangt werden kann.
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Die pauschale Behauptung, es sei allgemein bekannt, dass die Polizei in Peru korrupt sei und daher keine Hilfe zu erwarten sei, begründet nicht die nach § 3c Nr. 3 AsylG erforderliche Annahme, die in § 3c Nr. 1 und 2 AsylG genannten Akteure seien erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens, Schutz vor Verfolgung zu bieten. Anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Gericht herangezogenen Erkenntnismitteln, denen zufolge Drogenhandel, organisierte Kriminalität sowie Korruption auf allen politischen Ebenen einschließlich der Polizei in Peru zwar durchaus verbreitet ist (vgl. Human Rights Watch, World Report Peru 2020, S. 14), aber jedenfalls nicht berichtet wird, dass Sicherheitsbehörden generell nichts willens oder unfähig seien, einen effektiven Schutz der Bürger zu garantieren. Vielmehr wird seit einigen Jahren in öffentlichkeitswirksamen Gerichtsverfahren gegen Korruption auf höchster politischer Ebene vorgegangen (Human Rights Watch, ibid.). Auch der Kampf gegen die organisierte Kriminalität wurde in den letzten Jahren verstärkt, u.a. auf Grundlage eines neuen Gesetzes vom 1. Juli 2014 („Ley contra el Crimen Organizado - Ley N° 30077“, vgl. Immigration and Refugee Board of Canada, Responses to Information Requests, Peru: Criminality, including frequency, reporting of, and government response (2012-February 2015), S. 4 und 6). Mit Blick auf die behördliche Verfügung vom 12. November 2019, mit der zu Gunsten der Mutter des Klägers und deren Familie präventive Schutzmaßnahmen angeordnet wurden, zeigt sich bereits der Wille der zuständigen Behörden, die Familie vor Übergriffen zu schützen; konkrete Anhaltspunkte, dass hierdurch effektiver Schutz nicht erreicht werden kann, wurden nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Nach alledem kann allein aufgrund der pauschalen Behauptung des Klägers, die Polizei sei korrupt nicht davon ausgegangen werden, die Polizei sei nicht willens oder unfähig, sie vor Bedrohungen durch Nachfahren von Terroristen zu schützen.
Eine weitere Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 VwGO) war nicht geboten, da es der Kläger unter Verstoß gegen seine Mitwirkungslast unterlassen hat, von sich aus einen ausreichend schlüssigen und widerspruchsfeien Sachverhalt zu schilden (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 86 Rn. 47). Nach Auffassung des Gerichts hat sich der Kläger im Oktober 2019 aus ungeklärten, indes nicht verfolgungsrelevanten Gründen zu einem Verlassen Perus entschlossen; eine schutzrelevante Bedrohung in ihrer Heimat ist nicht gegeben. Bei einer Gesamtschau des klägerischen Vortrags erweist sich dieser als unglaubhaft. Es drängt sich dem Gericht der Eindruck auf, dass der Kläger zur angeblichen Bedrohung im Wesentlichen nicht ein von ihr selbst erlebtes, sondern ein in weiten Teilen erfundenes Geschehen schildert.
29
Eine Verfolgung in Peru durch staatliche oder insbesondere nichtstaatliche Akteure steht somit zur Überzeugung des Gerichts für den Kläger nicht zu befürchten.
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1.2 Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des hilfsweise angestrebten subsidiären internationalen Schutzes nach § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 4 AsylG.
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Der Vortrag des Klägers vor dem Bundesamt ist nicht geeignet, das Drohen eines ernsthaften Schadens in Peru i.S.d. § 4 Abs. 1 AsylG ausreichend zu belegen.
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Subsidiär schutzberechtigt ist, wer stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, ihm drohe in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden in Gestalt der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe (Satz 2 Nr. 1), der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung (Satz 2 Nr. 2) oder einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlich bewaffneten Konflikts (Satz 2 Nr. 3). Nach 4 Abs. 3 AsylG gelten die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend, wobei an die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens treten; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
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Es ist nach dem Vortrag des Klägers nicht ersichtlich, dass einer dieser Tatbestände einschlägig wäre. Ein hier einzig in Betracht kommender ernsthafter Schaden in Form einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG liegt nicht vor. Bei der vom Kläger vorgebrachten Furcht vor Angreifern aus dem familiären Umfeld von verurteilten Terroristen würde es sich lediglich um kriminelles Unrecht von privater Seite handeln, so dass es - wie vorstehend unter 1.1 ausgeführt - am erforderlichen Merkmal des relevanten Akteurs gemäß § 3c AsylG fehlt.
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Dem Kläger droht zur Überzeugung des Gerichts weder aufgrund der Sicherheitslage noch seiner persönlichen Situation als Auslandsheimkehrer ein ernsthafter Schaden. Auch der psychische Gesundheitszustand des Klägers, dem ausweislich der von der Schwester des Klägers in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen (u.a. Betreuungsbeschluss des Amtsgerichts Hamburg - St. Georg vom 11. Juni 2020, Kopie des ärztlichen Attests vom 5. Mai 2020) eine psychotische Störung attestiert wird, führt des Weiteren nicht dazu, dass ihr im Herkunftsland ein ernsthafter Schaden, hier in Gestalt einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung, drohte. Es ist weder vorgetragen noch entspricht es aktueller Erkenntnislage, dass in Peru eine derart defizitäre Gesundheitsversorgung bestünde, die überhaupt ein Fehlen angemessener Behandlungsmöglichkeiten oder gar eine Verweigerung medizinischer Versorgung im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung begründete (vgl. zum rechtlichen Maßstab im Lichte des § 4 Abs. 1 AsylG aktuell BVerwG, U.v. 20.5.2020 - 1 C 11/19 - juris Rn. 10ff.). Davon abgesehen ist der Kläger nach Auskunft seiner Schwester bereits nach Peru freiwillig ausgereist, was sich insoweit mit Angaben in der Behördenakte deckt, wonach eine Zuweisungsentscheidung mit Verweis auf die Absicht des Klägers, freiwillig nach Peru auszureisen, am 22. April 2021 storniert wurde (vg. Behördenakte, Bl. 186).
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1.3 Der Kläger hat zudem die Möglichkeit, internen Schutz gemäß § 3e i.V.m. § 4 Abs. 3 AsylG in Peru zu erlangen.
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Nach der Auskunftsklage besteht im Falle der Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure in Peru die grundsätzliche Möglichkeit einer inländischen Fluchtalternative, weil der Einfluss der Organisation „L. P.“ signifikant gesunken ist und sich auf Randgebiete Perus beschränkt (BAMF, Länderreport Peru, 2021, S. 33f). Die Umstände des Einzelfalls gebieten keine Abweichung hiervon. Selbst unterstellt, der Kläger wäre in ihrer Heimatstadt H. tatsächlich Nachstellungen von Angreifern aus dem familiären Umfeld von verurteilten Terroristen ausgesetzt, führt dies nicht zum Ausschluss der Möglichkeit des Erlangens internen Schutzes in Peru. Dies zunächst schon deshalb, weil der Kläger sich seit Oktober 2019 und somit bereits seit über zwei Jahren nicht mehr in ihrer Heimat aufhält. Zur Überzeugung des Gerichts ist es nach der allgemeinen Lebenserfahrung wenig wahrscheinlich, dass potentielle Verfolger willens wären, den Kläger nach mehreren Jahren außer Landes landesweit ausfindig zu machen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass mit der Ausreise des Klägers die Nachstellungen beendet wurden; Anhaltspunkte für eine landesweite, systematische, langfristige Verfolgung von Familienmitgliedern von (ehemaligen) Akteuren der Terrorismusbekämpfung durch Nachfahren der Mitglieder der Organisation „L. P.“ sind nicht ersichtlich. Vielmehr schreitet die weitere staatliche Verfolgung der Taten - wenn auch langsam - voran (vgl. Human Rights Watch, World Report Peru 2022).
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2. Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG scheiden unter Berücksichtigung der allgemeinen Situation in Peru und der individuellen Umstände des Klägers ebenfalls aus.
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Im Hinblick auf § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK reicht der Umstand, dass die Lage des Betroffenen und seine Lebensumstände im Fall einer Aufenthaltsbeendigung erheblich beeinträchtigt würden, allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen; anderes kann nur in besonderen - hier nicht vorliegenden - Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen (vgl. EGMR, U.v. 27.5.2008 - 26565/05 - NVwZ 2008, 1334; BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris; B.v. 25.10.2012 - 10 B 16/12 - juris). Unabhängig davon, in welchen Fällen existenzbedrohende Armut im Sinne von Art. 3 EMRK relevant sein kann, liegen Anhaltspunkte hierfür nicht vor.
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Der Kläger ist volljährig und nach Aktenlage arbeitsfähig. Denn weder das genannte ärztliche Attest, das sich auf die Reisefähigkeit des Klägers bezieht, noch der Betreuungsbeschluss, der die Gesundheitsfürsorge, Vertretung gegenüber Behörden etc. und Wohnungsangelegenheiten zum Gegenstand hat, äußern sich zur Arbeitsfähigkeit des Klägers. Zumindest ergibt sich darüber hinaus aus den Angaben der Schwester des Klägers in der mündlichen Verhandlung, wonach der Kläger nunmehr in Peru durch die gemeinsame Mutter in deren Haus betreut werde, dass der Kläger familiäre Unterstützung erhält, und daher keine Hinweise dafür ersichtlich sind, dass sein Existenzminimum für nicht gesichert ist.
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Auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor. Danach soll von einer Abschiebung abgesehen werden, wenn im Zielstaat für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
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Bei den in Peru vorherrschenden Lebensbedingungen handelt es sich um eine Situation, der die gesamte Bevölkerung ausgesetzt ist, weshalb Abschiebeschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG ausschließlich durch eine generelle Regelung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt wird. Eine extreme Gefährdungslage, bei der aufgrund der Schutzwirkungen der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG ausnahmsweise dann nicht greift (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 - 9 C 9/95 - juris; U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris), wenn ein Einzelner gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde, liegt nach dem vorstehend Ausgeführten nicht vor. Auch aus den Auswirkungen der SARS-CoV-2-Pandemie folgt schließlich nichts anderes, wie sich zur Überzeugung des Gerichts ohne weiteres aus der aktuellen Erkenntnislage ergibt (vgl. z.B. Länderbericht Peru des Auswärtigen Amts, online zuletzt aufgerufen am 19.5.2022; BayVGH, B.v. 5.8.2021 - 19 ZB 21.1143 - juris Rn. 26).
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Ferner liegt beim Kläger kein zielstaatbezogenes Abschiebungshindernis dergestalt vor, dass die Gefahr besteht, dass sich eine vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich die Krankheit im Heimatstaat aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten verschlimmert oder wenn der betroffene Ausländer die medizinische Versorgung aus sonstigen Umständen tatsächlich nicht erlangen kann (BVerwG, U.v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 - juris Rn. 20; BayVGH, U.v. 3.7.2012 - 13a B 11.30064 - juris Rn. 34; vgl. auch Hailbronner, Ausländerrecht, 4. Update Oktober 2021, § 60 AufenthG Rn. 104 m.w.N.). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands ist dabei nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden (OVG NRW, B.v. 30.12.2004 - 13 A 1250/04.A - juris Rn. 56). Posttraumatische Belastungsstörungen oder andere schwerwiegende psychische Erkrankungen können nur in Ausnahmefällen bei unzureichenden Behandlungsmöglichkeiten im Heimatland dann zu einem Abschiebungsverbot führen, wenn die konkrete erhebliche Gefahr besteht, dass sich die Krankheit des ausreisepflichtigen Ausländers alsbald nach seiner Rückkehr in seinen Heimatstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern wird (Hailbronner, aaO, Rn. 109). Nach §§ 60 Abs. 7 Satz 2, 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird gesetzlich vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen (§ 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG). Die normative Vermutung nach § 60a Abs. 2c AufentG ist mithin nicht widerlegt. Im vorliegenden Fall stellt es sich nach Aktenlage und laut Schilderung der Schwester des Klägers, dass sich der gesundheitliche Zustand des Klägers gerade in Deutschland signifikant verschlechtert hat und er aus diesen Gründen freiwillig zurück nach Peru gereist ist.
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3. Gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschließlich der Zielstaatsbestimmung nach § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG sowie gegen die Entscheidung über die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 AufenthG bestehen schließlich ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.
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Sonach war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen; das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.