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VG München, Urteil v. 14.03.2022 – M 5 K 17.41805
Titel:

Erfolglose Asylklage einer ugandischen Staatsangehörigen

Normenketten:
AsylG § 3, § 3d Abs. 1, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7, § 60a Abs. 2c S. 3
VwGO § 92 Abs.3
Leitsatz:
Der ugandische Staat ist grundsätzlich schutzbereit und schutzfähig. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asylklage, Uganda, (Teil-)Rücknahme, Abschiebungsschutz, Vortrag unglaubhaft, Asyl, Schutzfähigkeit, Schutzwilligkeit, Abschiebungsverbot, Hepatitis
Fundstelle:
BeckRS 2022, 19362

Tatbestand

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Die 1985 geborene Klägerin ist ugandische Staatsangehörige, reiste nach ihren Angaben am *. Oktober 2015 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am … April 2016 einen Asylantrag.
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Bei ihrer Anhörung am *. Oktober 2016 trug sie vor, dass sie ausgereist sei, da sie drei Mal verbal bedroht worden sei, da sie sich einer lesbischen Gruppe angeschlossen habe, obwohl sie selbst nicht lesbisch sei. Man habe ihr versprochen, Kleidung und ein Zuhause zu bekommen. Die letzte Drohung sei 2006 gewesen. Bis 2015 habe sie im Untergrund mit ihrem Cousin gelebt. Sie sei nach Südafrika gegangen, wo sie sechs Monate geblieben sei. Eine Frau dort habe ihr dann die Reise nach Europa ermöglicht. In Deutschland angekommen habe ihr die Frau gesagt, dass sie als Prostituierte ihre Schulden abarbeiten solle. Sie habe aber der Frau entkommen und Asyl beantragen können.
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Mit Bescheid vom … Mai 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) sowie auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Klagepartei auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung nach Uganda oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).
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Die Klagepartei hat am … Mai 2017 Klage erhoben mit dem Ziel, den Bescheid der Beklagten vom … Mai 2017 aufzuheben, und festzustellen, dass die Klägerin asylberechtigt ist, bei ihr die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus vorliegt sowie Abschiebungshindernisse gem. § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) bei ihr vorliegen. Nach Teilrücknahme der Klage in der mündlichen Verhandlung am 14. März 2022 (bis auf die Feststellung von Abschiebungsverboten) hat die Klagepartei zuletzt beantragt,
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festzustellen, dass bei der Klägerin Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 des AufenthG hinsichtlich Uganda vorliegen und den Bescheid vom … Mai 2017 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.
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Das Bundesamt hat die Akten vorgelegt und keinen Antrag gestellt.
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Am 14. März 2022 fand mündliche Verhandlung statt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren, die vorgelegte Behördenakte sowie insbesondere hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf die Niederschrift vom 14. März 2022 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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1. Soweit die Klage zurückgenommen wurde ist das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
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2. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
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Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Voraussetzungen für das Bestehen von Abschiebungsverboten vorliegen könnten.
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a) Soweit die Klägerin ein Abschiebungshindernis mit der Befürchtung begründet, in Uganda den Nachstellungen der Frau ausgesetzt zu sein, die sie angeblich in die Niederlande der Prostitution habe zuführen wollen, ist dieser Vortrag völlig unglaubwürdig.
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Es ist nicht nachvollziehbar, dass diese Frau für die Klägerin eine ernsthafte Gefahr bei einer Rückkehr nach Uganda darstellen könnte. Bereits die Schilderung, dass es ihr ohne Personaldokumente gelangen zu können, ist völlig unplausibel. Der Transitbereich ist grundsätzlich abgeschlossen, ein Verlassen wird streng kontrolliert. Selbst wenn es sich nicht um den Aufenthalt in einem Transitbereich gehandelt haben soll, sondern im allgemeinen Wartebereich auf einen Anschlussflug innerhalb des Flughafens, dann ist nicht nachvollziehbar, dass es der Klägerin ohne weiteres gelungen sein sollte, der Frau entkommen zu können. Denn das Ziel der Frau soll gewesen, sein, die Klägerin in die Niederlande zu schaffen, um sie dort der Prostitution zuzuführen. Entsprechend wird sie zu verhindern suchen, dass die Klägerin das verhindert. Dass der Klägerin bei einem Toilettengang ohne weiteres die Flucht vor der Frau gelungen sein soll, wirkt aufgesetzt und erfunden.
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Völlig unlogisch und als frei erfunden ist die Angabe der Klägerin zu werten, dass sie außerhalb des Flughafengebäudes „einen netten Herrn“ gefunden habe, der ihr eine Fahrkarte nach D* … gekauft habe. Es erscheint völlig abwegig, dass ein Fremder der Klägerin, die um Asyl nachsuchen will, D* … als Anlaufpunkt nennt und ihr die Fahrkarte in das über 200 km entfernte D* … (planmäßig über 2 Stunden Fahrzeit von F* …Flughafen) kauft. In einer solchen Situation drängt sich auf, dass eine Ausländerin an die Polizei verwiesen wird.
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Wenn diese Frau die Klägerin hätte bedrohen wollen, so hätte es sich aufgedrängt, dass entsprechende Nachstellungen von dieser Frau in Deutschland zeitnah nach der angeblichen Flucht am Flughafen erfolgten. Hierfür ist nichts ersichtlich. Schließlich ist nicht nachvollziehbar, warum die Frau der Klägerin nach über 6 Jahren Aufenthalt im Ausland in Uganda nachstellen sollte. Denn die Klägerin habe keinerlei Kontakt mehr zu dieser Frau gehabt. Ob und wann die Klägerin nach Uganda zurückkehrt, kann diese Frau nicht wissen, die zudem aus Südafrika stammt.
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Da die Darstellungen der Klägerin hinsichtlich ihrer angeblichen Flucht aus dem Flughafen F* … völlig unplausibel und frei erfunden wirken, ist deren gesamte angebliche Einreise auf dem Luftweg als unglaubhaft zu bewerten. Das gilt auch für die angebliche Finanzierung der Reise durch eine Frau aus Südafrika, die die Klägerin in den Niederlanden der Prostitution habe zuführen wollen. Denn die - völlig unglaubhafte - angebliche Flucht aus dem Flughafen stellt den Kern ihrer angeblichen Ausreisegeschichte mit der Frau aus Südafrika dar.
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Von der völligen Unglaubhaftigkeit des Vortrags der Klägerin abgesehen ist darauf hinzuweisen, dass der ugandische Staat grundsätzlich schutzbereit und -fähig ist (Länderinformationsblatt Uganda des Österreichischen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29. Juli 2017, S, 7 ff. -trotz Korruption). Nach dem Länderinformationsblatt Uganda des Österreichischen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29. Juli 2017 (S. 6 f.) kann die politische Lage in Uganda als relativ stabil bezeichnet werden.
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b) Es liegt auch kein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vor. Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG liegt eine erkrankungsbedingtes Abschiebungshindernis nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Die Gefahr muss zudem konkret sein, was voraussetzt, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustands alsbald nach der Rückkehr in das Heimatland eintreten würde (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.2012 - 1 C 3.11 - BVerwGE 142, 179, juris Rn. 34 m.w.N.; U.v. 25.11.1997 - 9 C 58/96 - juris).
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Soweit die Klägerin angibt, an Hepatitis B zu leiden, hat sie keinerlei fachärztliche Atteste nach § 60a Abs. 2 c Satz 3 AufenthG vorgelegt. Eine Angabe zum Schweregrad der Erkrankung sowie insbesondere zu den Folgen, die sich aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, liegt nicht vor. Es ist weder konkret vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin an einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung leidet, die sich durch die Abschiebung aufgrund mangelnder Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat wesentlich verschlechtern würde.
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c) Der Vortrag der Klägerin hinsichtlich ihrer angeblichen Ausreise aus Uganda mit einer Frau aus Südafrika ist - wie oben dargelegt - völlig unglaubhaft. Daher hat die Klägerin die nicht unerheblichen Kosten für eine Ausreise aus Uganda aufbringen können. Das zeigt, dass sie in Uganda nicht unerhebliche finanzielle Mittel aufbringen konnte. Es ist ihr daher zuzumuten, bei ihrer Rückkehr nach Uganda für ihren eigenen Lebensunterhalt wie auch den ihrer mittlerweile drei Kinder sorgen zu können. Dafür muss sie unter Umständen auch auf die Hilfe ihrer (Groß-)Familie zurückgreifen. Nach ihrer eigenen Aussage hat sie in Uganda noch eine Tante und damit einen familiären Anknüpfungspunkt. Beim Bundesamt hat sie weiter angegeben, auch mit einem Cousin mehrere Jahre im Untergrund gelebt zu haben, was einen weiteren familiären Anknüpfungspunkt darstellt.
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3. Die Klägerin hat als unterlegene Beteiligte nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen, hinsichtlich des zurückgenommenen Teil der Klage folgt die Kostenpflicht aus § 155 Abs. 2 VwGO.
Nach § 83 b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.