Inhalt

VG München, Urteil v. 31.05.2022 – M 31 K 20.1730
Titel:

Zuwendungsrecht, Reduzierung der Zuwendung im Schlussbescheid, Bayerisches Förderprogramm, Medizintechnik, Zuwendungsfähige Kosten

Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1
Schlagworte:
Zuwendungsrecht, Reduzierung der Zuwendung im Schlussbescheid, Bayerisches Förderprogramm, Medizintechnik, Zuwendungsfähige Kosten
Fundstelle:
BeckRS 2022, 19351

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, das die Entwicklung und den Vertrieb von Multifunktionsanlagen für den Fitness-, Medizin- und Wellnessbereich sowie allgemeine Beratung im technischen Umfeld zum Gegenstand hat. Sie wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten vom 7. Februar 2020, mit dem das das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (StMWi) eine staatliche Förderung reduziert hat, die der Klägerin nach dem Förderprogramm Medizintechnik gewährt worden war, und beantragt, den insoweit offenen Differenzbetrag i.H.v. 17.671,26 Euro an sie auszuzahlen.
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Die Klägerin beantragte am 15. Oktober 2017, nachträglich ergänzt am 6. November 2017, bei dem Beklagten, vertreten durch das StMWi, die Gewährung eines Zuschusses für das Projekt „Studie atemgasbasierte Connected Health Device zur Diagnostik von Stoffwechselvorgängen“ i.H.v. 97.500 Euro. Entsprechend dem Antrag hat der Beklagte am 20. Oktober 2017 den vorzeitigen Maßnahmenbeginn zum 1. Dezember 2017 zugelassen.
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Mit Zuwendungsbescheid vom 24. November 2017 (Az. 41-6618c/352/1-MED-1709-0003) bewilligte der Beklagte nach Maßgabe der Richtlinien zum Bayerischen Forschungsprogramm „Medizintechnik“ vom 18. Dezember 2014, Az. 41-6618/192/1 (nachfolgend „Förderrichtlinien“), für die Haushaltsjahre 2017 und 2018 antragsgemäß eine Förderung im Wege der Anteilsfinanzierung zu 50 Prozent an den zuwendungsfähigen Gesamtkosten von bis zu 195.000,00 EUR; der maximale Förderbetrag, abhängig von den zuwendungsfähigen Gesamtkosten beträgt demnach 97.500 EUR. Ferner wurde die Klägerin als Zuwendungsnehmerin verpflichtet, die beigefügten Nebenbestimmungen, darunter die besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen an die gewerbliche Wirtschaft (BNZW), zu beachten. Ferner wurde zur Abwicklung des Förderprogramms der Projektträger Bayern Innovativ Gesellschaft bestimmt.
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Die Klägerin reichte beim Beklagten einen Verwendungsnachweis ein, der vom 24. Mai 2019 (mit Ergänzung vom 26. Juli 2019) datiert. Mit Schreiben vom 6. November 2019 teilte der Projektträger der Klägerin mit, dass die Prüfung des Verwendungsnachweises die zweckentsprechende Verwendung der Zuwendung ergeben hat; beim Vergleich der Soll-/Istkosten bei den zuwendungsfähigen Gesamtkosten hat der Projektträger eine Differenz i.H.v. insgesamt 35.342,53 EUR ermittelt. Als Grund hierfür wurde unter anderem genannt, dass in der Kostengruppe für Instrumente und Ausrüstung zum einen bei den Mittelabrufen einige Positionen doppelt geltend gemacht wurden und zum anderen mit Blick auf die jeweils angegebene Gesamtnutzungsdauer eine Neuberechnung gemäß den Angaben im Anlagespiegel durchzuführen war; demnach wurde gegenüber der im Verwendungsnachweis geltend gemachten Summe i.H.v. 73.145,91 EUR lediglich ein Betrag i.H.v. 9.130,94 EUR anerkannt. Auch in den Rubriken Personalkosten, Sonstige Betriebskosten und Kosten für Auftragsforschung etc. wurden nur Teilbeträge anerkannt, so dass sich die anerkannten zuwendungsfähigen Gesamtkosten in der Summe auf 159.657,47 EUR belaufen. Im Übrigen wurde festgestellt, dass ein Betrag i.H.v. 72.300,00 EUR an die Klägerin ausbezahlt wurde, und mitgeteilt, dass der Restbetrag i.H.v. 7.528,74 EUR nach Eingang der schriftlichen Einverständniserklärung der Klägerin beim StMWi angefordert werde.
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Mit Schlussbescheid vom 7. Februar 2020 (Az. 41-6618c/352/9-MED-1709-0003) setzte der Beklagte auf Grundlage des Prüfberichts des Projektträgers die Zuwendung nunmehr auf 79.828,74 EUR (50 Prozent der anerkannten Gesamtkosten i.H.v. 159.657,47 EUR) fest und stellte fest, dass damit die der Klägerin bewilligte Zuwendung bereits in vollem Umfang ausbezahlt wurde.
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Hiergegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 3. März 2020, eingegangen bei Gericht am 6. März 2020, Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erhoben, die mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 26. März 2020 an das Verwaltungsgericht München verwiesen worden ist. Die Klägerin beantragt sinngemäß,
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unter Abänderung des Schlussbescheids vom 7. Februar 2020 den Beklagten zu verpflichten, den Förderhöchstbetrag aus dem Zuwendungsbescheid vom 24. November 2017 i.H.v. 97.500 EUR zu bewilligen und den insoweit offenen Differenzbetrag i.H.v. 17.671,26 EUR an die Klägerin auszuzahlen.
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Die Klage wurde mit Schreiben vom 31. März 2021 und 6. Juli 2021 begründet. Die Klägerin trägt vor, der Zuwendungsbescheid vom 24. November 2017 genüge nicht den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots aus Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG; der Beklagte verhalte sich widersprüchlich und verstoße gegen Treu und Glauben, indem er rechtliche Konsequenzen ziehe, ohne durch transparente Gestaltung des Zuwendungsbescheids über die entsprechenden Rechte und Pflichten aufgeklärt zu haben. Denn die Klägerin habe ausweislich des Schreibens ihres Steuerberaters vom 2. März 2020 eine Bewertung der kurzlebigen Anlagegüter mit einer Nutzungsdauer von ein bis zwei Jahren nach den üblichen handelsrechtlichen Grundsätzen vorgenommen, wonach diese nicht als Zugang, sondern als Aufwand und damit die in Rede stehenden Instrumente und Ausrüstungen richtigerweise als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben zu behandeln seien. Für den Fall, dass der Beklagte von diesen allgemeinen Grundsätzen abweichen wolle, hätte sie dies unter Zugrundelegung des Maßstabs eines durchschnittlich informierten Fördermittelempfängers transparent im Zuwendungsbescheid zum Ausdruck bringen müssen. Da dies unterblieben sei, könne die Beklagte die streitige Bewertung nicht unter Verweis auf ihre ständige Förderpraxis rechtfertigen.
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Der Beklagte beantragt
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Klageabweisung.
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Mit Schreiben vom 8. Dezember 2020 und 20. Mai 2021 verteidigt er den angefochtenen Bescheid und erläutert dazu insbesondere seine einschlägige Förderpraxis. Dabei wird auf eine Stellungnahme des StMWi vom 26. Oktober 2020 verwiesen, in welcher ausgeführt wird, dass nach ständiger Verwaltungspraxis bei allen Technologiefördervorhaben der Anlagespiegel des Jahresabschlusses für die Berechnung der projektbezogenen Kosten herangezogen werde. Es würden damit aus Gründen der Gleichbehandlung in der Kostengruppe für Instrumente und Ausrüstungen stets nur die projektanteiligen Kosten anerkannt, unabhängig davon, ob die Güter über die Projektdauer weiter einsetzbar seien. Ferner seien laut des von der Klägerin dem Projektträger vorgelegten Anlagespiegels sämtliche im Jahr 2017 auf das maßgebliche Anlagegut aktivierten Positionen mit vier Jahren Nutzungsdauer und alle weiteren Positionen aus dem Jahr 2018 jeweils zum 1. Januar 2018 mit 12 Monaten Nutzungsdauer aktiviert. Daher sei nach den vorgelegten Unterlagen keine Abschreibung von Prototypen innerhalb von Monaten erfolgt.
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Mit Beschluss vom 9. Mai 2022 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, namentlich die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2022, sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weitere Förderung über den mit Schlussbescheid des Beklagten vom 7. Februar 2020 festgesetzten Betrag i.H.v. 79.828,74 EUR hinaus inne, § 113 Abs. 5 VwGO.
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Die Festsetzung der anteiligen Zuwendung im streitbefangenen Schlussbescheid ist rechtmäßig. Der Beklagte hat die gesetzlichen Grenzen eingehalten, die Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV der Ausübung seines Förderermessens ziehen (Art. 40 BayVwVfG). Mit der anteiligen Festsetzung der Zuwendung unter Zugrundelegung des vorgelegten Anlagespiegels bewegt sich der Beklagte im Rahmen seiner ständigen Verwaltungspraxis (1.); dem steht der Umstand, dass die Verwaltungspraxis hinsichtlich der Abschreibungsmodalitäten nicht im Einzelnen für den Zuwendungsempfänger vorher erkennbar war, nicht entgegen (2.).
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1. Die mit Schlussbescheid vom 7. Februar 2020 abschließend festgesetzte Zuwendung in Höhe von 79.828,74 EUR ist eine freiwillige Leistung, die der Beklagte auf der Grundlage des Förderprogramms Medizintechnik, hier in der einschlägigen Fassung vom 18. Dezember 2014, gewährt. Diese Förderung erfolgt im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel ohne Rechtsanspruch (vgl. Förderrichtlinien, Vorbemerkung). In diesem Rahmen hat die Beklagte das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) in Verbindung mit dem damit einhergehenden Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis gemäß den einschlägigen Richtlinien zu beachten.
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Sind die Fördervoraussetzungen - wie hier - zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Förderrichtlinien als lediglich verwaltungsinterne, das Ermessen der für die Verteilung der staatlichen Leistung zuständigen Stellen steuernde Weisungen vermögen aufgrund ihrer daraus folgenden Rechtsnatur als Verwaltungsvorschriften eine anspruchsbegründende Außenwirkung ausschließlich durch den Gleichheitssatz und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes unter Beachtung des Förderzwecks und des materiellen Rechts im Übrigen zu begründen (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2013 - 10 C 1.17 - juris Rn. 15). Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder gegebenenfalls ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht - wie Gesetze oder Rechtsverordnungen - gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BVerwG, aaO; U.v. 16.6.2015 - 10 C 15.14 - juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 17.11.2010 - 4 ZB 10.1689 - juris Rn. 19; VG München, U.v. 10.4.2019 - M 31 K 17. 5785 - juris Rn. 25).
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Prüfungsmaßstäblich ist mithin allein die tatsächliche Förderpraxis der Beklagten im Vollzug der Nr. 6.1 2. Spiegelstrich der Förderrichtlinien hinsichtlich der Berücksichtigung der zuwendungsfähigen Ausgaben. Dazu hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2022 unwidersprochen und für das Gericht auch schlüssig nachvollziehbar ausgeführt, dass der Projektträger bei allen für das StMWi abgewickelten Technologiefördervorhaben im Rahmen der abschließenden Verwendungsnachweisprüfung den Anlagespiegel des Jahresabschlusses für die Berechnung der projektbezogenen Kosten heranzieht. Die Berechnung erfolgt dabei stets nach der Formel aktivierter Betrag gemäß Anlagespiegel / Nutzungsdauer gemäß Anlagespiegel in Monaten ... projektanteilige Nutzungsdauer in Monaten gemäß Angabe des Fördernehmers in den Mittelabrufen (maximal projektanteilige Nutzungsdauer ist von Aktivierungsmonat bis Ende Durchführungszeitraum)
(Nr. 1, Stellungnahme StMWi vom 26.10.2020).
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Des Weiteren wird in der Stellungnahme ebenfalls klargestellt, dass im Zuge der Gleichbehandlung aller Fördernehmer auch in dem streitgegenständlichen Förderverfahren die förderfähigen Kosten auf Basis des vom Zuwendungsempfänger vorgelegten Anlagespiegels berechnet wurde. Dies schließt nach der ständigen Verwaltungspraxis auch abgeschriebene Positionen ein, die für weitere Entwicklungen und Versuche nicht mehr einsetzbar sind, denn auch diese werden ausdrücklich aus Gründen der Gleichbehandlung in der Kostengruppe für Instrumente und Ausrüstungen nur projektanteilig entsprechend der Aktvierung anerkannt (Nr. 2, Stellungnahme StMWi vom 26.10.2020). Dementsprechend wurden im streitgegenständlichen Verfahren auf Grundlage des von der Klägerin vorgelegten Anlagespiegels verschiedene Positionen aus dem Jahr 2017 mit vier Jahren Nutzungsdauer und alle weiteren Positionen aus dem Jahr 2018 mit 12 Monaten Nutzungsdauer aktiviert (Nr. 3 und 4, Stellungnahme StMWi vom 26.10.2020).
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Folglich bewegt sich der Beklagte im Rahmen seiner ständigen Verwaltungspraxis, wenn er von den geltend gemachten Kosten für Instrumente und Ausrüstung i.H.v. 73.145,91 EUR nach Verwendungsnachweisprüfung lediglich eine Summe von 9.130,94 EUR anerkannt hat, wie sich nachvollziehbar aus den Aufstellungen der Verwendungsnachweisprüfung ergibt (Anlage 4, Behördenakte, S. C 221).
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Diese ständige Verwaltungspraxis ist nicht zu beanstanden. Die von dem Beklagten gleichmäßig in allen Technologiefördervorhaben angewandten Modalitäten der Abschreibung bewegen sich im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraums des Zuwendungsgebers. Hierbei können ohne Weiteres - etwa aus Gründen der Vereinfachung der Vorhabensabwicklung - vom Handelsrecht abweichende Bewertungsmodalitäten zugrunde gelegt werden. Da die konkrete Zuwendungspraxis des Beklagten allein maßgeblich für die Förderung ist und aufgrund des eingeschränkten gerichtlichen Prüfungsmaßstabs die Förderrichtlinien nicht - wie Gesetze oder Rechtsverordnungen - ausgelegt werden dürfen, kommt es auf Wertungen des Handelsrechts nicht an (vgl. zur vergleichbaren Konstellation von insolvenzrechtlichen Wertungen VG München, U.v. 23.2.2021 - M 31 K 21.418 - juris Rn. 27; sowie zur Frage der Verbundenheit von Unternehmen VG München, U.v. 14.7.2021 - M 31 K 21.2307 - juris Rn. 31). Schon mit Blick auf die beschränkten Haushaltsmittel erscheint es sachgerecht, die Kosten für Ausrüstung und Instrumente lediglich „zeit- und vorhabensanteilig“ (vgl. Nr. 6.1 2. Spiegelstrich der Förderrichtlinien) anzuerkennen. Die Grenze des Willkürverbots ist damit nicht überschritten.
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Auch die Differenzbeträge zwischen den geltend gemachten und den nach Verwendungsnachweisprüfung anerkannten Kosten in den weiteren Kostengruppen, die im Wesentlichen aufgrund von doppelter Geltendmachung entstanden, ergeben sich nachvollziehbar aus den Kostenaufstellungen und wurden des Weiteren auch nicht von der Klägerin bestritten. Mithin wurde auf Grundlage der anerkannten Gesamtkosten i.H.v. 159.657,47 EUR die anteilige Zuwendung mit einem Betrag i.H.v. 79.828,74 EUR zutreffend ermittelt (Behördenakte, S. C 237-238) und im Schlussbescheid rechtmäßig festgesetzt.
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2. Der Umstand, dass die Verwaltungspraxis des Beklagten hinsichtlich der Abschreibungsmodalitäten nicht im Einzelnen für den Zuwendungsempfänger vorher erkennbar war, steht der Rechtmäßigkeit des Schlussbescheids nicht entgegen. Insbesondere liegt hierin kein Verstoß gegen die rechtsstaatlichen Grundsätze der Bestimmtheit sowie des Vertrauensschutzes.
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Dem Zuwendungsgeber kommt auch bei den Abwicklungsmodalitäten des Fördervorhabens ein großer Gestaltungsspielraum zu. Gerade im Zuwendungsverfahren, in dem grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf eine Förderung besteht, kommt der Grundsatz des Art. 10 BayVwVfG besonders zum Tragen. Es ist in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass maßgeblich auf die tatsächliche Handhabung der einschlägigen Förderrichtlinien abzustellen ist und es dabei grundsätzlich unerheblich ist, ob dem Interessenten an der Zuwendung diese Verwaltungspraxis vorher bekannt gegeben war und wie er sich hierauf einstellten konnte (Hess. VGH, B.v. 1.11.2010 - 11 A 686/10 - juris Rn. 29; BVerwG, B.v. 11.11.2008 - 7 B 38/08 - juris Rn. 10 m.w.N.). So liegt der Fall auch hier.
25
Der Beklagte hat in ständiger Verwaltungspraxis bei Technologiefördervorhaben die oben ausgeführten Abschreibungsmodalitäten angewandt (s. Rn. 18). Es ist nichts dafür ersichtlich, woraus sich ausnahmsweise vorliegend ein Anspruch auf Bekanntgabe der Verwaltungspraxis hierzu bereits im Vorfeld der Förderung oder im Zusammenhang mit der Bewilligung der Zuwendung ergäbe.
26
Das Vorbringen des Klägerbevollmächtigten, wonach sich der Gestaltungsspielraum des Zuwendungsgebers zumindest in solchen Fällen, in denen die Verwaltungspraxis nach Ansicht des Klägervertreters offensichtlich atypisch, überraschend und entgegen dem allgemeinen Sprachverständnis und der handelsrechtlichen Regelungen ausgestaltet sei, zu einer Pflicht verdichte, diese Praxis dem Zuwendungsnehmer transparent zu machen, überzeugt nicht. Denn wie der Beklagtenvertreter zu Recht erwidert, wird der Gestaltungsspielraum des Zuwendungsgebers lediglich durch das Willkürverbot begrenzt. Anhaltspunkte für eine willkürliche Behandlung sind hier indes nicht ersichtlich. Vielmehr erweist sich die Vorgehensweise, die mit Blick auf die beschränkten Hausmittel eine lediglich zeit- und vorhabensanteilige Berücksichtigung der Kosten vorsieht, als sachgerecht (vgl. Rn. 21). Da dies auch entsprechend unter Nr. 6.1 2. Spiegelstrich in den Förderrichtlinien formuliert ist, besteht sogar ein entsprechender textlicher Anknüpfungspunkt für die Verwaltungspraxis des Beklagten. Ein darüber hinausgehender Anspruch des Zuwendungsnehmers, jedes Detail einer zuwendungsbehördlichen Verwaltungspraxis - hier also die spezifischen Modalitäten der Abschreibung von Positionen in der Kostengruppe für Instrumente und Ausrüstung - vorher zu kennen und sich darauf einstellen zu können, besteht nach den Grundsätzen der genannten Rechtsprechung indes gerade nicht.
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Schließlich fehlt es auch an einem schutzwürdigen Vertrauen des Klägers hinsichtlich der vollen Zuschusssumme i.H.v. 97.500 EUR, da der Beklagte die Förderung laut Bewilligungsbescheid vom 24. November 2017 ausdrücklich vorläufig als Höchstbetragsfinanzierung ausgestaltete und gerade nicht als Festbetragsfinanzierung. Auf die Prüfung des Verwendungsnachweises als Schlussnachweis und die Möglichkeit der (Teil-)Rückforderung des Zuschusses wurde ausdrücklich hingewiesen (vgl. Nummern 4.1 und 4.3 des Bescheids vom 24. November 2017). Folglich stand zum Zeitpunkt der Bewilligung ausdrücklich noch nicht fest, auf welche Höhe sich der endgültige Zuwendungsbetrag letztlich belaufen werde.
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Es ist insgesamt allein Sache des Beklagten als Zuwendungsbehörde und Richtliniengeber, für die Zwecke der Gewährung von Mitteln aus dem Förderprogramm Medizintechnik das Verständnis, Begriff und Modalitäten der Abschreibung von Positionen in der Kostengruppe für Instrumente und Ausrüstung zu definieren und zu vollziehen. Dem Richtlinien- und Zuwendungsgeber steht es frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute oder gegebenenfalls sogar bessere Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten (aktuell dazu VG München, U.v. 30.5.2022 - M 31 K 21.3379 - juris Rn. 34f; BayVGH, B.v. 8.11.2021 - 6 ZB 21.2023 - juris Rn. 13; VG München, U.v. 15.9.2021 - M 31 K 21.110 - juris Rn. 28).
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Im Lichte des vorstehend Ausgeführten ist dies vorliegend nicht der Fall. Eine Berücksichtigung der handelsrechtlichen Maßstäbe mag aus Sicht der Klägerin - auch mit nachvollziehbaren Argumenten - sinnvoll und wünschenswert erscheinen, um die konkrete Situation zu berücksichtigen; indes leitet sich daraus kein Anspruch auf einen entsprechenden Vollzug der Zuwendungsrichtlinie ab.
30
Die Klage war nach alledem abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.