Titel:
Beschlussklage gegen die übrigen Eigentümer
Normenkette:
WEG § 44, § 45
Leitsatz:
Eine nach dem 1.12.2020 weiter gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtete Anfechtungsklage wahrt die Anfechtungsfrist nicht. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beschlussklage, Anfechtungsklage, Klagegener, übrige Wohnungseigentümer, Wohnungseigentümergemeinschaft
Rechtsmittelinstanzen:
LG München I, Endurteil vom 13.07.2022 – 1 S 2338/22 WEG
BGH Karlsruhe, Urteil vom 24.02.2023 – V ZR 152/22
BGH Karlsruhe, Berichtigungsbeschluss vom 19.04.2023 – V ZR 152/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 19233
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Beklagte ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die Klägerin Eigentümerin einer Wohnung in dieser Gemeinschaft. Am 20.07.2021 fand eine Wohnungseigentümerversammlung der Beklagten statt. Hinsichtlich der Durchführung und Beschlussfassung wird Bezug genommen auf Protokoll der Eigentümerversammlung vom 20.07.2021 (Anlage K2).
2
Mit Klage vom 12.08.2021 wurde seitens des Klägervertreters eine Beschlussanfechtungsklage gegen „Alle im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit im Grundbuch eingetragenen Wohnungs- und Teileigentümer der Liegenschaft …, beziehungsweise deren Rechtsnachfolger mit Ausnahme der Klägerin“ eingereicht. Die Wohnungseigentümer wurden nicht benannt, sodass eine Zustellung nicht erfolgen konnte. Mit rechtlichem Hinweis vom 16.09.21 wurde der Klägervertreter darauf hingewiesen, dass Anfechtungsklagen aufgrund des neuen Wohnungseigentumsgesetzes gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur richten sind. Mit Schriftsatz vom 22.09.2021 erweiterte der Klägervertreter die Klage gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Die Wohnungseigentümer wurden benannt. Nachdem zu diesem Zeitpunkt die Anfechtungsfrist hinsichtlich der Beschlüsse vom 20.07.2021 bereits abgelaufen war, wurde beim Klägervertreter nachgefragt, ob eine Zustellung an die einzelnen Wohnungseigentümer tatsächlich erfolgen sollte, worauf der Klägervertreter mit Schriftsatz vom 21.10.2021 um eine Zustellung an die WEG, vertreten durch den Verwalter bat, was am 22.10.2021 auch erfolgte.
3
Der Klägervertreter ist der Auffassung, die Beschlüsse vom 20.07.2021 seien aufgrund diverser Fehler unwirksam. Hinsichtlich der diesbezüglichen Ausführungen wird Bezug genommen auf Klägerschriftsatz vom 07.12.2021 sowie Klageschriftsatz vom 12.08.2021.
4
Die Klägerin stellt daher den Antrag,
die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 20.07.2021 werden allesamt für ungültig erklärt.
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Sie ist der Auffassung, aufgrund einer Versäumung der Anfechtungsfrist gemäß § 45 WEG könne eine Unwirksamkeit nicht festgestellt werden. Nichtigkeitsgründe seien nicht ersichtlich.
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Hinsichtlich des gesamten weiteren Parteivorbringens wird Bezug genommen auf sämtliche gewechselten Schriftsätze.
Entscheidungsgründe
8
Die Klage war abzuweisen. Die Klagezustellung vom 22.10.2021 erfolgte nach Ablauf der Anfechtungsfrist des § 45 WEG und damit verspätet.
9
Gemäß § 9 a I WEG in Verbindung mit § 44 II WEG sind Anfechtungsklagen gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten. Diese ist rechtsfähig. Gemäß § 45 WEG ist eine Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung zu erheben. Dies ist vorliegend nicht erfüllt. Die streitgegenständliche Klage wurde erstmals mit Schriftsatz vom 22.09.2021 gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerichtet. Zu diesem Zeitpunkt war die Anfechtungsfrist bereits abgelaufen. Nachdem eine Nichtigkeit der Beschlüsse nicht ersichtlich ist und auch nicht vorgetragen wurde, war die Klage abzuweisen.
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Die in der Vergangenheit zum alten Wohnungseigentumsrecht ergangenen Entscheidungen des BGH hinsichtlich der Umdeutung von Klageanträgen, bzw. deren Heilung sind nicht mehr einschlägig. Mit der Einführung des § 9 a I WEG ist nunmehr geklärt, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ein rechtsfähiger Verband ist. Es ist nicht ersichtlich, weshalb eine Fehlbezeichnung anders als bei anderen rechtsfähigen Parteien geheilt werden könnte. Auch bei einer verjährungsunterbrechenden Handlung, beispielsweise gegenüber einer GmbH, kann eine fehlerhafte Bezeichnung nicht geheilt werden.
11
Lediglich ergänzend ist zudem festzustellen, dass die einzelnen Wohnungseigentümer in der Klage vom 12.08.2021 nicht benannt worden sind, sodass eine Zustellung auch an die einzelnen Wohnungseigentümer erstmals am 22.09.2021, damit nach Ablauf der Anfechtungsfrist, möglich gewesen wäre.
12
Die Klage war daher abzuweisen.
13
Kosten gemäß § 91 ZPO.
14
Vollstreckbarkeit gemäß § 709 ZPO.