Inhalt

VGH München, Urteil v. 12.07.2022 – 1 N 17.1167
Titel:

Normenkontrollantrag gegen vorhabenbezogenen Bebauungsplan

Normenketten:
VwGO § 47
BauGB § 12
Leitsätze:
1. Ein vorhabenbezogener Bebauungsplan setzt voraus, dass die Gemeinde mit dem Vorhabenträger einen Durchführungsvertrag geschlossen hat, dessen Gegenstand ein Vorhaben- und Erschließungsplan ist. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ausnahmsweise können Vorhaben- und Erschließungsplan und vorhabenbezogener Bebauungsplan auf einer einheitlichen Planurkunde dargestellt werden, wenn der Vorhaben- und Erschließungsplan so erstellt wird, dass er von der Darstellung der Planzeichnung her nicht von einem normalen Bebauungsplan unterscheidbar ist. Es bedarf aber auch hierfür eines hinreichend konkretisierten Vorhabens. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrollantrag, Fehlender Vorhaben- und Erschließungsplan, Nicht hinreichend konkretisiertes Vorhaben bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan, fehlender Vorhaben- und Erschließungsplan, nicht hinreichend konkretisiertes Vorhaben, vorhabenbezogener Bebauungsplan
Fundstelle:
BeckRS 2022, 18953

Tenor

I. Der Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. … „GEe N. …“ - 1. Änderung - vom 3. November 2015, bekanntgemacht am 23. Juni 2016, ist unwirksam.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.  

Tatbestand

1
Die Antragsteller wenden sich gegen den Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. … „GEe N. …“ - 1. Änderung - (nachfolgend: Änderungsbebauungsplan), den die Antragsgegnerin am 3. November 2015 als Satzung beschlossen und am 23. Juni 2016 bekanntgemacht hat.
2
Der ursprüngliche Bebauungsplan „Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. … „GEe N. …“ (nachfolgend: Ursprungsbebauungsplan) vom 2. Februar 1999 weist ein „eingeschränktes Gewerbegebiet“ auf dem Grundstück FlNr. …4, Gemarkung H. …, aus. Nach seiner Begründung beabsichtigen die Beigeladenen bzw. deren Rechtsvorgänger die Errichtung einer Kartonagenfabrik und eines Wohnhauses. Der Ursprungsbebauungsplan sieht hierfür Baugrenzen, eine maximale Grundfläche von 4.600 m² und eine maximale Geschossfläche von 5.000 m² vor. Das Grundstück FlNr. …5 wird als private Grünfläche ausgewiesen.
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Die Kartonagenfabrik wurde in der Folge errichtet. Die Beigeladenen bzw. deren Rechtsvorgänger beantragten zur Erweiterung des Betriebsgebäudes eine Änderung des Bebauungsplans. Sie schlossen hierzu mit der Antragsgegnerin am 19. Oktober 2015 einen Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. … „GEe N. …“ - 1. Änderung“. Hierin verpflichteten sie sich, innerhalb von fünf Jahren nach Rechtskraft des vorhabenbezogenen Bebauungsplans eine Baugenehmigung zu beantragen und das Bauvorhaben nach Rechtskraft der Baugenehmigung innerhalb eines Jahres zu beginnen. In § 3 des Durchführungsvertrags wird das Vorhaben dahingehend beschrieben, dass die Beigeladene die Erweiterung ihres Betriebs beabsichtige. Hierfür würden insbesondere weitere Lagerräume, Büroräume, Betriebsleiterwohnraum und Flächen für Stellplätze benötigt. Die Baugrenzen des bisherigen Bebauungsplans sollten erweitert sowie eine Bebauung des Grundstücks FlNr. …5 ermöglicht werden.
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Am 3. November 2015 beschloss die Antragsgegnerin den Vorhaben- und Erschließungsplans Nr. … „GEe N. …“ - 1. Änderung - als Satzung. Die Satzung sieht ein eingeschränktes Gewerbegebiet „GEe1“ auf dem Grundstück FlNr. …4 und ein eingeschränktes Gewerbegebiet „GEe2“ auf dem Grundstück FlNr. …5 vor. Im „GEe1“ ist eine maximal zulässige Grundfläche von 4.800 m² und eine maximal zulässige Geschossfläche von 8.000 m² festgesetzt, im „GEe2“ eine maximal zulässige Grundfläche von 1.200 m² und eine maximal zulässige Geschossfläche von 2.400 m² bestimmt. Die maximal zulässige Wandhöhe beträgt 6,50 m (A.2.1). Nach der textlichen Festsetzung A.9.2 sind nur Betriebe und Anlagen zulässig, deren Geräuschimmissionen je m² Grundfläche näher bezeichnete Emissionskontingente nicht überschreiten. Weiter weist der Planteil eine rot gestrichelte Linie (Abstandsgrenze „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“) auf. Südlich hiervon ist nach der textlichen Festsetzung A.9.1 keine geruchsempfindliche Nutzung zulässig. Ständige Arbeitsplätze sind nur zulässig, wenn die Lüftung dieser Bereiche über den Bereich nördlich der Linie erfolgt. In der Begründung wird ausgeführt, es sei zur Standortsicherung der Kartonagenfabrik notwendig geworden, das Betriebsgelände zu erweitern. Hierzu erfolge einer Vergrößerung der bestehenden Baugrenzen.
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Die Antragsteller betreiben auf den südlich bzw. westlich an das Plangebiet angrenzenden Grundstücken FlNr. … und …3 einen landwirtschaftlichen Betrieb, der u.a. einen Bullenmaststall beinhaltet.
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Am 19. Juni 2017 stellten sie einen Normenkontrollantrag und beantragen,
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Die 1. Änderung des Bebauungsplans „Vorhaben- und Erschließungsplanes Nr. … eingeschränktes Gewerbegebiet N. …“, in Kraft getreten am 23. Juni 2016, ist unwirksam.
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Durch den Änderungsbebauungsplan komme es zu einem möglichen Heranrücken schutzwürdiger Bebauung an ihren emittierenden landwirtschaftlichen Betrieb. Zur Erweiterung des Betriebs sei bereits im Jahr 2015 die Genehmigung eines weiteren Bullenmaststalls erteilt worden, der bislang noch nicht verwirklicht worden sei. Die gegen diese Genehmigung gerichtete Klage der Beigeladenen habe das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 15. Dezember 2015 (Az. M 1 K 15.1050) abgewiesen. Weiter sei ein Antrag auf Genehmigung einer Biogasanlage anhängig. Die Festsetzungen im Änderungsbebauungsplan zum Schutz ihres landwirtschaftlichen Betriebs seien unzureichend. So bleibe offen, was eine geruchsempfindliche Nutzung sei. Ungeklärt sei weiter, wie die Beurteilung von Gerüchen zu erfolgen habe. Der Begriff „ständige Arbeitsplätze“ sei nicht ermittelbar. Ebenso erscheine es möglich, dass sie Immissionen aus dem heranrückenden Betrieb der Beigeladenen ausgesetzt würden. Die Unwirksamkeit des Änderungsbebauungsplan folge hier bereits aus der Unwirksamkeit des ihm zu Grunde liegenden Ursprungsbebauungsplans, jedenfalls aber sei der Änderungsbebauungsplan auch für sich betrachtet unwirksam. Es lägen zwar eine Planzeichnung und ein Durchführungsvertrag vor, allerdings fehle es an einem konkreten Vorhaben bzw. an einem Vorhaben- und Erschließungsplan. Es könne hier allenfalls von einem angebotsbezogenen Bebauungsplan ausgegangen werden, da ein separater Vorhaben- und Erschließungsplan nicht bekannt sei. Weiter seien insbesondere die immissionsschutzrechtlichen Festsetzungen zu unbestimmt bzw. widersprüchlich.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Der angegriffene Bebauungsplan sei rechtmäßig. Im Hinblick auf die vom Gewerbebetrieb ausgehenden Emissionen habe der Änderungsbebauungsplan der Fortentwicklung Rechnung getragen und aufgrund der zwischenzeitlich erlassenen DIN 45691 die Begrifflichkeit der Emissionskontingente eingeführt. Bezüglich der vom landwirtschaftlichen Betrieb der Antragsteller ausgehenden Emissionen sei in Abstimmung mit dem Landratsamt zeichnerisch die Abstandsgrenze „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ festgesetzt worden, um einerseits die Erweiterung des Betriebs der Beigeladenen sicherzustellen, andererseits die berechtigten Belange der Antragsteller zu schützen. Damit werde einer etwaigen Geruchsbelästigung Rechnung getragen.
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Die Beigeladenen sind (Mit-)Eigentümer der im Planungsgebiet gelegenen Grundstücke FlNr. …4 und …5. Sie stellten keinen eigenen Antrag.
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Die Fristen des Durchführungsvertrags zur Realisierung des Vorhabens wurden von der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 3. Dezember 2019 um fünf Jahre verlängert.
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Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2022 wird Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung wurde die Beiladung der früheren Eigentümer (vormals Beigeladene zu 1 und 3) der im Planungsgebiet gelegenen Grundstücke aufgehoben und der neue Miteigentümer auf seinen Antrag hin beigeladen (nunmehr Beigeladener zu 2). Weiter wird ergänzend auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Normaufstellungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Der zulässige Normenkontrollantrag hat Erfolg. Der am 3. November 2015 als Satzung beschlossene und am 23. Juni 2016 bekannt gemachte Änderungsbebauungsplan ist unwirksam.
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1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere sind die Antragsteller antragsbefugt.
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Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Antragsteller müssen hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt werden. Der Eigentümer eines Grundstücks, für das der Bebauungsplan Festsetzungen trifft, ist grundsätzlich nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt (vgl. BVerwG, B.v. 31.1.2018 - 4 BN 17.17 u.a. - BauR 2018, 814). Der Eigentümer eines außerhalb des Plangebiets gelegenen Grundstücks ist antragsbefugt, wenn er eine mögliche Verletzung des Abwägungsgebots geltend machen kann. Das in § 1 Abs. 7 BauGB normierte bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot hat drittschützenden Charakter hinsichtlich solcher privaten Belange, die für die Abwägung erheblich sind (vgl. BVerwG, B.v. 17.7.2019 - 3 BN 2.18 - NVwZ-RR 2019, 1027; B.v. 13.11.2012 - 4 BN 23.12 - juris Rn. 4; B.v. 22.8.2000 - 4 BN 38.00 - NVwZ 2000, 1413). Insoweit reicht es aus, dass die Antragsteller Tatsachen vortragen, die eine fehlerhafte Behandlung ihrer Belange in der Abwägung als möglich erscheinen lassen. Antragsbefugt ist hiernach, wer sich auf einen abwägungserheblichen privaten Belang berufen kann; denn wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat (BVerwG, B.v. 1.7.2020 - 4 BN 49.19 - juris Rn. 7). Die Antragsbefugnis ist jedoch dann nicht gegeben, wenn eine Rechtsverletzung offensichtlich ausscheidet. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn das Interesse des Betroffenen geringwertig, nicht schutzwürdig, für die Gemeinde nicht erkennbar oder sonst makelbehaftet ist (vgl. BVerwG, B.v. 2.3.2015 - 4 BN 30.14 - BauR 2015, 967; B.v. 10.7.2012 - 4 BN 16.12 - BauR 2012, 1771). Die Prüfung, ob das der Fall ist, ist allerdings nicht unter Auswertung des gesamten Prozessstoffes vorzunehmen und darf nicht in einem Umfang und in einer Intensität erfolgen, die einer Begründetheitsprüfung gleichkommt (BVerwG, B.v 1.7.2020 a.a.O.).
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Hieran gemessen sind die Antragsteller antragsbefugt. Sie machen als Eigentümer der außerhalb des Planungsgebiets gelegenen, benachbarten Grundstücke geltend, dass es durch die Änderung des Bebauungsplans zu einem möglichen Heranrücken schutzwürdiger Bebauung an ihren emittierenden landwirtschaftlichen Betrieb komme und die diesbezüglichen Festsetzungen im Bebauungsplan nicht hinreichend bestimmt seien. Das Interesse eines Landwirts, mögliche Einschränkungen seines landwirtschaftlichen Betriebs durch eine heranrückende schutzwürdige Bebauung zu verhindern, zählt zu den abwägungserheblichen Belangen (vgl. BayVGH, B.v. 29.9.2020 - 9 NE 20.770 - juris Rn. 19), wobei auch sein hinreichend konkretisiertes Interesse an einer Betriebsentwicklung in die Abwägung einzustellen ist (vgl. BayVGH, B.v. 4.5.2018 - 15 NE 18.382 - juris Rn. 23). Dass die Bebauung im Planungsgebiet offensichtlich keinen unzumutbaren Immissionen des landwirtschaftlichen Betriebs der Antragsteller ausgesetzt werden kann, ergibt sich entgegen der Ausführungen der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung auch nicht aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 15. Dezember 2015 (Az. M 1 K 15.1050). Dieses Urteil verhält sich bereits nicht zu den erweiterten Bebauungsmöglichkeiten auf den Grundstücken FlNr. …4 und …5. Im Übrigen lässt sich anhand der vorgelegten Normaufstellungsakten die festgesetzte Abstandsgrenze „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ auch nicht ohne weiteres nachvollziehen, da weder der Berechnungsvorgang noch die Eingangsgrößen dargestellt sind, sodass hier nicht ohne weiteres eine Verletzung der Antragsteller in eigenen Rechten ausgeschlossen werden kann.
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2. Der Normenkontrollantrag ist begründet. Der Änderungsbebauungsplan vom 3. November 2015, bekanntgemacht am 23. Juni 2016 ist unwirksam.
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Die Unwirksamkeit des Änderungsbebauungsplans ergibt sich hier aus dem Fehlen eines Vorhaben- und Erschließungsplans im Sinn des § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 BauGB.
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Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann die Gemeinde durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Abs. 1 BauGB verpflichtet (Durchführungsvertrag). Das Erfordernis eines Vorhaben- und Erschließungsplans für die Wirksamkeit eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans folgt aus § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan setzt nämlich voraus, dass die Gemeinde mit dem Vorhabenträger einen Durchführungsvertrag geschlossen hat, dessen Gegenstand ein Vorhaben- und Erschließungsplan ist (BVerwG, U.v. 9.2.2017 - 4 C 4.16 - BVerwGE 157, 315; U.v. 18.9.2003 - 4 CN 3.02 - BVerwGE 119, 45; BayVGH, B.v. 20.1.2021 - 15 CS 20.2892 - juris Rn. 23; OVG SH, U.v. 24.11.2017 - 1 KN 8/12 - juris Rn. 172). Ein entsprechender Vorhaben- und Erschließungsplan liegt hier nicht vor. Zwar können ausnahmsweise Vorhaben- und Erschließungsplan und vorhabenbezogener Bebauungsplan auf einer einheitlichen Planurkunde dargestellt werden (BVerwG, U.v. 9.2.2017 a.a.O.), wenn der Vorhaben- und Erschließungsplan so erstellt wird, dass er von der Darstellung der Planzeichnung her nicht von einem normalen Bebauungsplan unterscheidbar ist. Gleichwohl bedarf es aber auch hierfür eines hinreichend konkretisierten Vorhabens. Das Vorhaben ist mit all seinen städtebaulich relevanten Merkmalen textlich und zeichnerisch so konkret zu beschreiben, dass eine Umsetzung der Durchführungsverpflichtung des Vorhabenträgers eindeutig feststellbar ist. Zu konkretisieren ist nicht nur die Art der baulichen Nutzung, sondern mit (begrenzten) Spielräumen auch das Maß der baulichen Nutzung. Dabei genügt es jedenfalls nicht stets, nur Höchstmaße festzusetzen. Auch eine Unterschreitung von festgesetzten Maßfaktoren ist in den Blick zu nehmen. Ist sie in einem Umfang möglich, der die Identität des vereinbarten Vorhabens in Frage stellt und die durch den Vorhabenbegriff begrenzte Variationsbreite verlässt, bedarf es daher zusätzlich der Festsetzung von Mindestmaßen, d.h. es muss die Kubatur jedenfalls in ihrem wesentlichen Umfang festgelegt sein (vgl. BVerwG, B.v. 5.3.2019 - 4 BN 18.18 - BauR 2019, 1400; B.v. 2.5.2018 - 4 BN 7.18 - NVwZ 2018, 1235).
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Diesen Anforderungen wird hier nicht genügt. Der Änderungsbebauungsplan setzt zwar Baugrenzen, maximale Grund- und Geschossflächen sowie die maximalen Wandhöhen fest. Damit ermöglicht er aber eine Bandbreite an Ausführungsmöglichkeiten, die es der Antragsgegnerin unmöglich macht zu überprüfen, ob der Vorhabenträger seiner Durchführungsverpflichtung nachgekommen ist (z.B. eine nur geringfügige Erweiterung der Lagerhalle vorgenommen wird, die deutlich unter der maximal zulässigen Bebauung zurückbleibt, oder einzelne Teile wie die Betriebsleiterwohnung gar nicht verwirklicht werden), sodass hier ein Vorhaben- und Erschließungsplan nicht entbehrlich war. Auf den Durchführungsvertrag kann für die notwendige Festlegung der Kubatur nicht zurückgegriffen werden, weil er nicht Bestandteil der Bauleitplanung ist und von anderen Planbetroffenen nicht eingesehen werden kann (BVerwG, U.v. 18.9.2003 - 4 CN 3.02 - BVerwGE 119, 45). Im Übrigen enthält hier der Durchführungsvertrag auch keine hinreichenden Angaben. Der Sache nach handelt es sich um einen Angebotsbebauungsplan, der aber von der Gemeinde, die explizit einen Durchführungsvertrag verlangt hat, nicht beabsichtigt war. Zudem wäre die Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebiets in einem Angebotsbebauungsplans mangels Gliederung nach § 1 Abs. 4 BauNVO auch nicht zulässig.
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Der Mangel der fehlenden Konkretisierung des Vorhabens ist beachtlich und führt zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans (OVG NW, U.v. 15.11.2017 - 7 D 55/16.NE - juris Rn. 45).
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Ob der Änderungsbebauungsplan auch noch aus weiteren Gründen unwirksam ist, bedarf hier daher keiner Entscheidung. Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass bei Erlass eines neuen Bebauungsplans, der zur Verhinderung von möglicherweise vorliegenden Fehlern des Ursprungsbebauungsplans neu (planersetzend) erlassen werden sollte, die Erschließungssituation in Bezug auf die Anbindung an den öffentlichen Verkehrsraum in den Blick zu nehmen wäre sowie insgesamt auf hinreichend bestimmte, widerspruchsfreie Festsetzungen zu achten wäre.
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Die Antragsgegnerin trägt gemäß § 154 Abs. 1 VwGO als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladenen, die keinen eigenen Antrag gestellt haben, tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
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Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO hat die Antragsgegnerin die Entscheidung in Nummer I der Urteilsformel nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils in derselben Weise zu veröffentlichen wie den angegriffenen Bebauungsplan (§ 10 Abs. 3 BauGB).